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Full text of "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft"

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Si^syHigi 


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Zeitschrift 


ih'Y 


Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft. 


H**rau8gegfUui 

von  den  Geschäftsführern, 

in  Halle  Dr.  Maller,  in  Leipzig  Dr.  Fleischer, 

Dr. 'Selilottmann,  Dr.  Loth, 

unter  der  vorautwortliclien  Redaction 

des    Prot'.   Dr.    Otto    Loth. 


X>vei  lind  cli-eiHsio^tstei*  lin^ncl. 

Mit  8  Tafeln. 


Leipzig  187S 

in  Coniinissiiin   bei    F.  A.   Hrockhaus. 


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I  n  li  a.  1  t 

des    zwei   und   dreissigsten  Bandes   der  Zeitschrift   der  Deutschen 

Morgenländischen  Gesellschaft. 

Seite 
Nachrichten  über  Angelegenheiten  der  D.  M.  G I 

Protokollarischer  Bericht  über  die  Generalversammlung  zu  Wiesbaden  III 

Extract  aus  der  Rechnung  über  Einnahme  und  Ausgabe  bei  der  Casse  der 

D.  M.  G.   1876 Vin 

Personalnachrichten  ........       X.  XV.  XIX.  XXV 

Verzeichniss    der    für    die    Bibliothek    eingegangenen    Schriften    u.    s.    w. 

XI.  XVI.  XX.  XXVI 
Verzeichniss  der  gegenwärtigen  Mitglieder  der  D^  M.  G.  XXXI 

Verzeichniss    der ,  gelehrten    Körperschaften    und    Institute ,    die    mit    der 

D.  M.  G.  in  Schriftenaustausch  stehn        ......     XLII 

Verzeichniss  der  auf  Kosten  der  D.  M.  G.  veröffentlichten  Werke  .    XLIII 


Di«  SchnlfScher  und  die  Scholastik  der  Muslime.     Von  A.  Sprenger  1 

Das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen.     Von  F.    W.  M.  Philippi  .21 

PrAkrtica.     Von  Siegfried  Goldschmidt 99 

Geschichte  der  achtzehnten  ogyptischeu  Dynastie  bis  zum  Tode  Tutmes  III. 

Von  Alfred  Wiedemann.    U 113 

Proben  aus  Victor  von  Strauss'  Schi-king-Uebersetzung  mit  Text  und  Ana- 
lyse.   Von  Georg  von  der  Gabelentz 153 

Le   d^chiffiremont   des   inscriptions   du   Safa.     Par   Joseph  HaUvy  167 

IMe  neueren  Resultate  der  sumerischen  Forschung.    Von  Fritz  Homrtiel  .     177 
Zur  semitischen  Epigraphik.     V.   Metsum   und  Reim    auf  einer  ägyptisch- 

aramÜschen  Inschrift.     Von  K.  Schlottmann  .187 


Seite 
Christlich-palftstinensische  luschriften.     Von   Th,  Nöldeke  .199 

Ein  neuer  himJArischer  Fund.     Von  J.  H.  Mordtmann  jr.       .  200 

Einige    Bemerkungen    zu    Herrn    Müllers    „HirnjariHchen    Studien".      Von 

J.  U.  Mordtmann  jr 203 

Aus  einem  Briefe  des  Herrn  J.   HciUvy   .......  206 


Zu  Kückerts  Grammatik,    Poetik   und  Rhetorik   der  Perser.      Von  //.  L. 

FleUcher.   II 225 

lieber  den  Ursprung  der  Hitpersischen  Keilschrift.     Von    W,  Deecke  271 

Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahahh&rata.     Von  Adolf  HoUzmann^  290 

Ueber  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  al-kit&b.    Von  Ign.  GoUlziher  341 


Zur  polemischen  Literatur.     Aus  Briefen  der  Herren  A.  MÜUer  und  Stein- 

Schneider 388 

Aus  einem  Briefe  des  Bvmi  MüUvy .395 

Aus  Briefen  des  Herrn  K.  Himly 397 

Eine  Münze  von  der  malaiischen  Halbinsel.     Von  K.  Himly    .  .399 


Die  Sahosprache.     Von  Leo  Jieinisch 415 

Jakob   TOD  Edessa   über   den  Sehern   hammephorasch    und   andere  Gott(»- 

namen.     Von  Eberhard  Nestle 

Die  ^obhana  stutayas  des  ^'obhaua  muui.     Von  Herrn.  Jacobi 
Bericht  über  den  SsemnAnischen  Dialect.     Von  A.  H.  Schindler 
Die  Nunation  und  die  Mimation.     Von  David  Heinrich  Müller 
Mythologische  Miscellen.     Von  J.  H.  Mordtmann  jr. 


465 
509 
535 
542 
552 


Kiyanier  im  AwestÄ.     Von  Th.  Nöldeke 570 

Ueber  eine  Stelle  des  Aitareyäranyaka.     Von  Th.  Aufrecht  .573 

Nachträgliche   Bemerkungen    zu    der   zweiten  Aoflago   des  Rigveda.     Von 

Th.  Aufrecht 575 

Zur  Chemie  der  Araber.     Von  Eilhard   Wiedemann       ....       — 

Ueber  eine  Tabari-Handschrift.     Von  O.  Lotlt 581 

Aus  Briefen  der  Herren  Ernst  Kuhn  und  D.  H,  Müller  .584 


Beitrag  zur  Geschichte  der  chinesischen  Grammatikon  und  zur  Lehre  von 
der  grammatischen  Behandlung  der  chinesischen  Sprache.  Von  Georg 
von  iler  Gabelentz 601 


Seite 
Die  Lieder  des  Kurgvolkes.     Von  A.  Graeter 665 

Bemerkungen  su  dem  Wortlaute  der  Emunot  we-Dcot.     Von  M.    Wolff .     694 
*^TpN,  ursprüngliches  Substantiv  zu   trennen  von   "-^UJ    (— ^TD)  ,  ursprüng- 
lichem Pronominalstamm.     Von  Fritz  Hommd                                     .708 
Varena.     Von  Fr,  Spiegel 716 


Ueber  die  Endung  kart^  leerte  gird  in  Städtenamen.     Von  A.  D.  Mordt- 

nuinn  .724 

Arabische  Aerzte  und  deren  Schriften.     Von  M.  Steinachneider,     III.  728 

Ammudates-Elagabalus.     Von   G.  RednUth  .733 

Miscelle.     Von  Th.  Aufrecht 734 

Berichtigungen    und   Nachträge    zu    dem  Scholion   des  Jakob    von  Edessa 

über  den  Schem  hammephorasch.     Von  E.  Nestle  .735 

Zu  Nestle  s  Aufsatz  S.  465.     Von  G.  Hoffmann 736 

Zur  polemischen  Literatur.     Von  A.  Afüller    ......     737 

Bibliographische  Anzeigen :  Kft9ividy&sudh^idhih.  The  Pandit,  a  monthly 
Journal  etc.  —  Kaufmann ,  Geschichte  der  Attributenlohre.  — 
Oauäer,  ad-dourra  al-fäkhira 208 

—  —  Semitica  von  P.  de  Lagarde.  —  Bibliothoca  Indica.«  Nos. 
227—236.     New  Series  231—386 401 

—  —  Einleitung  in  das  Alte  Testament  von  Fr.  Bleek.  4.  Aufl. 
von  J.  Weühausen.  —  Le  papyrus  fun^raire  de  Soutimös  par 
Guieyeee  et  Lef^bure.  —  KoSut,  Fünf  Streitfragen  der  Basreuser 

und  Küfenser      ...........     586 

—  —  Gregorii  Bar  Ebhraya  in  evang.  loh.  comment.  Ed.  R. 
Schtoartz.  Gregorii  Abulfaragii  B.  E.  in  act.  apost.  et  epist.  cathol. 
adnot.  Syriace  e.  r.  M,  Klamroth.  —  C.  Abel,  Koptische  Unter- 
suchungen.    Ders.,  Zur  aegyptischen  Etymologie  .738 


Ueber   die  Frage   des  Metrums  und  des  Reimes  in  der  Inschrift  von  Car- 

pentras.     Von  Schlottmann 767 

Zur  Nachricht 768 


Berichtigungen (Vor)l.  414.  600 


Namenregister 
Saeliregiitei 


"eglster    \ 
nater        J 


769 


Beilagen: 

XXXin.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schulmänner. 
Mittheilung.     Von  D.  Chwolson. 
Erklärung.     Von  A,  Harkavy. 


Tafeln:  Za  Seite 

(Druck)  Chinesische  Texte 153 

{SaDEi-Inschriften  i 

}  PI.  I  &  II                             .     167 
„Alphabets  sud-ü^mitiques"    I 

CAutogr.)  Altpersische  u.  a.  Keilscliriften.  Taf.  I— IV                           .271 

(Lithogr.)  Malaiische  Münze  .399 


XX? 


Nftehrlehten  tber  Angelegenheltoii  der  D.  H.  Oesellsdiall. 

Zum  Ehrenmitglied  ist  in  Folge  einstimmigen  Beschlosses  des  Gesammt- 
TorstAndes  ernannt  worden: 

Herr  Professor  Dr.  Theodor  Benfey  in  Göttingen. 

Als  ordentliche  Mitglieder  sind  der  Gesellschaft  beigetreten: 

Für  1878: 

954  Herr  Dr.  H.  Uhle,  Gymnasiallehrer  in  Dresden. 

955  „       Dr.  ChrLitian  Bartholomae  in  Bayreath. 

956  „       Dr.  JuUos  FQrst,  Rabbiner  in  Mainz. 

957  ,,      Heinrich  Graf  von  CoudenhoTe  in  Wien. 

Für  1879: 

958  Herr  Dr.  H.  Geiz  er,  Professor  an  der  Universität  in  Jena. 

Die  Gesellschaft  beklagt  den  Verlust  zweier  ihrer  Ehrenmitglieder,  des 
Herrn  Baron  Mac  Guckin  doSlane,  f  den  7.  August  1878,  und  des  Herrn 
Professor  J.  H.  Garcin  de  Tassy,  f  den  2.  September  1878,  beide  in  Paris; 
and  zweier  ihrer  correspondirenden  Mitglieder,  des  Herrn  Professor  N.  L. 
Westergaard,  f  den  10.  September  1878  in  Kopenhagen,  und  des  Herrn 
Wirkl.  Staatsrath  Nie.  von  Chanikof,  f  den  3.  November  1878  in  Ram- 
bouillet bei  Paris;  sowie  des  ordentlichen  Mitglieds  Herrn  Pastor  Spoerlein 
in  Antwerpen,  f  im  Frai\}ahr  1878. 


XXVI 


Tei:xeiclinl88  der  bis  zum  20.  Not.  1878  fBr  die  Bibliotbelt 
der  D.  M.  0«  eingegangenen  Selirlften  n.  s;  w.  ^) 

(Vgl.     die    Nachrichten     über   Angelegenheiten    der    D.  M.  G.    i^   diesem    Bd. 

s.  XX— xxin.) 

I.     Fortsetzangen.  * 

Von  der  Kaiserl.  Unss.  Akud.  d.  Wiss.  zu  St.  Petersburg: 

1.  Zu  Nr.  9.  Bulletin  de  rAcademie  Imperiale  des  sciences  de  St.-P^tersbourg. 
Tome  XXV,  no.  2  (feuilles  7—14.)     1878.     Fol. 

Von  der  Deutschen  MorgenUtndiiM^en  Gesellschaft: 

2.  Zu  Nr.  155.     Zeitschrift  der  D.  M.  G.  Bd.  XXXII.   Heft  3.    Leipzig  1878.    8. 

Von  der  Königl.  Geograph.  Gesellschaft  in  London: 

3.  Zu  Nr.  609.  c.  Proceodings  of  tho  R.  Geograph.  Society.  Vol.  XXII.  No.  IV. 
Publ.  July  6th  1878.  JSo.  V.  Adress  at  the  Anniversary  Meeting  of  the 
R.  Geograph.  Society,  27th  May,  1878.  No.  VI.  Publ.  August  6th ,  1878. 
London.     8. 

Von  der  Königl.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  eu  Berlin: 

4.  Zt  Nr.  642.  Monatsbericht  d.  K.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin. 
Juni.  Juli  u.  August  1878.     8. 

Von  dem  Smithaon'schen  Institut: 

5.  Zu  Nr.   llOl^c.  .  Smithflonian  Miscellaneous  CoUections.     301.   List  of  publi- 
.  cations  of  the  Smithsonian  Institution,  July,  1877.     Washington  1877.     8. 

Vom  K.   Preussischen  Minbterium   der  geistlichen,   Unterrichts-  und 
Medicinal- Angelegenheiten : 

6.  Zu  Nr.  1175.  Die  Handschriften- Verzeichnisse  der  Königlichen  Bibliothek 
zu  Berlin.  Zweiter  Band.  Verzeichniss  der  Hobraebchen  Handschriften 
von  Moritz  Steinschneider.  Mit  drei  Tafeln.  Dritter  Band.  Verzeichniss 
der  Abessiuischen  Handschriften  von  A.  Dillmann.  Mit  drei  Tafeln.  Berlin 
1878.     4. 

Von  dem  historischen  Vereine  für  Steiermark: 

7.  Zu  Nr.  1232.  a.  Mittheilungen  des  histor.  Vereins  für  Steiermark.  XXVI.  Heft. 
Graz  1878.     8. 


1)  Die  geehrten  Einsender  werden  ersucht,  die  AuflfÜhrung  ihrer  Geschenke 
in  diesem  fortlaufenden  Verzeichniss  zugleich  ab  den  von  der  Bibliothek  aus- 
gestellten Empfangsschein  zu  betrachten. 

Die  Bibliotheksverwaltung  der  D.  M.  G. 
Prof  Müller.      Prof.  Fleischer. 


VerM.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  O.  eingeg.  Schriften  u.  e.  w.  XXTII 

8.  Zu  Nr.  2727.  Beiträge  zur  Kunde  stdermftrkbcher  Geschichtsquellon.  15. 
Jahrgang.     Graz  1878.     8. 

Von  der  Batavia'schen  Gesellschaft  fUr  Künste  u.  Wissenschaften: 

9.  Zu  Mr.  1422.  b.  Kotulon  van  de  algemeene  eu  Bestuurs-Vergaderingen  van 
het  BaUviaasch  Geuootschap  van  K.  en  W.  Deel  XV.  1877.  No.  2,  3, 
en  4.     BaUvia  1878.     8. 

10.  Zu  Nr.  1456.  Tj[jdschrift  voor  indische  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde. 
Deel  XXIV.     Afl.  6.     Batavia  1878.     8. 

Von  der  Geograph.  Geselbchaft  in  Paris: 

11.  Zu  Nr.  1521.  Bulletin  de  la  Soci^t^  de  Geographie.  Mai.  Juin  1878 
Paris  1878.     8. 

Von  dem  Königl.  Institute  fiir  die  Sprach-,  Länder-  und  Völkerkunde 
von  Niederländisch  Indien: 

12.  Zu  Nr.  1674.  B^jdragen  tot  de  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde  van  Neder- 
landsch  Indie.  Vierde  Volgreeks.  le  Deel,  3e  Stuk.  2e  Deel,  le  Stuk. 
's  Gravenhage  1878.     8. 

Von  der  Köuigl.  Bayer.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  München: 

13.  Zu  Nr.  2327.  Sitzungsberichte  der  philos.-philol.  u.  histor.  Cl.  der  k.  bayer. 
Akad.  d.  Wissensch.  zu  München.     1878.     Heft  IV.     München  1878.     8. 

Von  der  Kedaction: 

14.  Zu  Nr.  2452.  Revue  Arch^logique.  Nouvelle  S^rie,  19e  ann^e ,  VI, 
Juin,  VU,  JuiUet  1878.     Paris.     8. 

Von  der  Verlagsbuchhandlung  J.  C.  Hinrichs: 

15.  Zu  Nr.  2771.  Zeitschrift  für  ägypt.  Sprache  und  Alterthumskunde,  hrsgeg. 
von  R.  Lepsius  unter  Mitwirkung  von  H.  Brugach,  1878.  Zweites  Heft. 
Leipzig.     4. 

Von  der  Kab.  Kuss.  Geographischen  Gesellschaft: 

16.  Zu  Nr.  2244.  Soci^t^  Imperiale  Russe  de  g^ographie.  S^ance  pl^ni^re 
mensuelle  du  11  octobre  1878.  [Extrait  du  Journal  de  St-P^tersbourg, 
no.  276.]     4. 

17.  Zu  Nr.  2852.  Iziwjestya  Imperat.  Bussk.  Geograficesk.  Oblöestwa.  Wypusk 
perwyi.  Wypusk  wtoroi.  (God  cetymadzaty'i ,  1878,  Tom  cetyruadzatyi'.) 
Sankt-Peterburg  1878.  8.  —  Otöet  Imperat.  Russk.  Geograf.  Obsöestwa.  Za 
1877  god.    8.  Peterburg     1878.     8. 

Von  der  Königl.  Ungarischen  Akademie  der  Wissenschaften: 
1«.    Zu  Nr.  2936.     A  magyar  Tudom&nyos  Akad^mia  Evkönyvei.    Tizennegyedik 
Kötet.     Vn.   VUI.   Darab.     Tizenötödik  Kötet.     I.   II.   UI.   IV.   V.    Darab. 
Tlzenhatodik  Kötet.     I.  Darab.     Budapest  1876.  1877.     Fol. 

19.  Zu  Nr.  2938.  Nyelvtudom4nyi  Közlem^nyek.  Tizenkettedik  Kötet.  U. 
m.  Püzet.     Tfizenharmadik  Kötet.     I.  U.  UI.   Füzet.     Tizenegyedik   Kötet. 

I.  II.  Füzet.     Budapest  1876—1878.     Gr.  8. 

• 

20.  Z^  Nr.  2939.  A  magyar  Tudom&nyos  Akad^mia  Ertesitöje.  Kilenczedik 
ävfolyam.  18— 17.  Szim.  Tizedik  l^vfolyam  1— lö.SzÄm.  Tizennegyedik 
£vfolyam.     1—17.  SzÄm.     Budapest  1875—1877.     8. 

21.  Zu  Nr.  2940.  Magyar  Tudomimyos  Akad^miai  Almanach.  Budapest  1876. 
1877.    1878.     8.     (3  Hefte.) 

22.  Zu  Nr.  3100.  ]£rtekez4sck.  A  nyelv-4s  szeptumÄuyok  Kör^böl.  V.  Kötet. 
I— X.Ss4m.  1875—1876.  VL  Kötet.  I— X.  SzAm.  1876—1877.  VU.  Kötet. 
L  U.  Sz4m.     1877.     Budapest  1875—1877.     8. 

d^ 


XXJUI  Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  v.$.w. 

Von  der  ethnographiHchen  Gesellschaft  in  Paris: 

23.  Zu  Nr.  2988.    Aimuaire  de  Imstitution  ethnog[raphique.    1878.    Paris  1878.   8. 

Von  der  Numismatischen  Gesellschaft  in  Wien: 

24.  Zu  Nr.  3131.  Numismatisehe  Zeitschrift  hsg.  von  der  numismatischen  Ge- 
sellschaft in  Wien.     Jahrgang  IV— X.     Wien,  1872—1878.     8. 

Von  der  Redaction: 

25.  Zu  Nr.  3224.  Hamagid  (Hebr.  Wochenschrift,  erscheinend  in  Lyck,  redig. 
von  Rabb.  Dr.  L.  Sübermann).     1878.     Nr.  31—44.     Fiil. 

Von  dem   Verfasser: 

26.  Zu  Nr.  3382  b.  11  commeuto  medio  di  Averroe  alla  Ketorica  dl  Aristotelo 
pubbl.  da  F.  Lasinio.     Fase.  3«     JMrenzo  1878.     4. 

Vom  Record  Department,  India  Office  in  London : 

27.  Zu  Nr.  3411.  Archaeological  Survey  of  India.  Report  of  a  tour  in  Eastern 
I^jputana  in  1871—72  and  1872—73.  By  A,  C.  L.  CavIUyle,  Assistant, 
Archaeolog.  Survey,  under  the  superintendence  of  Mf^or-General  A,  Cuv- 
ningham,  Director-Ueneral ,  Archaeolog.  Survey.  Vol.  VI.  Calcutta  1878. 
Gr.  8. 

Von  der  Nationalbibliothek  in  Paris: 

28.  Zu  Nr.  3503.  Manuscrits  Orieutaux.  Catalogue  des  Manuscrits  Äthiopiens 
(Gheez  et  Amhariqno)  de  la  Bibliotli^ue  Nationale.  III  S4rie.  (Par  M. 
H,  Zotenbergj     Imprimerie  Nationale  (Parb).     1877.     Fol. 

Von  der  Regierung  der  N.-W .-Provinzen,  Indien: 

29.  Zu  Nr.  3563.  Catalogue  of  Sanskrit  Mss.  existing  in  Oodh.  Prepared  by 
John  C.  Nes/ieidf  assisted  by  Deviprasdda.  Editod  by  Rdjendraldla 
Miira.     Fasciculus  X.     Calcutta  1878.     8. 

Von  der  Redaction: 

30.  Zu  Nr.  3619.  Mangal  Sam&Mr  patra.  1877.  Nr.  5.  Fol.  (Dublette  von 
Nr.  27,  Bd.  31,  S.  XXXVI.) 

Von  der  Palaeographical  Society  auf  Subscription : 

31.  Zu  Nr.  3636.  Facsimiles  of  akcient  Manuscripts.  Oriental  Serio.s.  Part  III. 
Ed.  by   William    Wright.     London  1878.     Roy.  Fol.     (3  Exx.) 

Von  der  Redaction: 

32.  Zu  Nr.  3G40.  Soci^te  de  Geographie  commerciale  de  Bordeaux.  Bulletin. 
(2.  Sdrio.)  Noi  15  &  16.  Aoüt.  No»  17  &.  18.  No»  19  &  20.  Sept. 
No.  21   Oct.     No.  22    Nov.     1878.     8. 

Von  dem  Verleger  J.  G.  de  Bussy  in  Amsterdam: 

33.  Zu  Nr.  3664.  De  Indische  Letterbode.  Derde  Jaargang.  Mei  1878. 
No.  5.     Juli  1878.     No.  7.     Augustus  1878.     No.  8.     4. 

Von  dem  Deutschen  Verobi  zur  Erforschung  Palästinas: 

34.  Zu  Nr.  3877.  Zeitschrift  des  Deutschen  Palfistina- Vereins.  Herausgegeben  von 
dem  geschäftsführenden  Au.sschuss  unter  der  verantwortlichen  Redaction  von 
Lic.  Hermann  Guthe.  Band  I,  Heft  1.  Mit  5  Tafeln.  Leipzig  1878.  8. 
(Dublette  derselben  Nummer  oben  S.  XXJLII.) 

II.     Andere  Werke. 

Von  dem  Kaiserl.  Indischen  Staatssecretariat  in  London: 

3878.    Corpus  Inscriptionum   Indicarum.     Vol.   I.     luscriptions  of  Asoka.     Pre- 
pared by  Alexander  Canningham.     Calcutta  1877.    Fol. 


Vtrz.  der  Tür  die  Bibliothek  der  D.  M.  G  eingeg.  Schriften  u.  s,  w.   XXIX 

Von  der  Kftnigl.  Ungariscben  Akademie  der  Wissenschaften: 

3879.  Nyelveml^ktÄr.  R^gi  Mngyar  Codexok  ^s  Nyomtetvinyok.  IV.  Kötet. 
Erdy  Codex.  I.  Feie.  V.  Kötet.  Erdy  Codex.  U.  Feie.  Budapest 
1876.     8. 

3880.  R^gi  Magyar  Költök  tira.  I.  K6tet.  Köz^pkori  Magyar  Költöi  Marad- 
vÄnyok.     Budapest  1877.     8. 

3881.  A   Magyar  helyesiris  elvei  ^s  szabÄlyai.     Budapest  1877.     8. 

3882.  Kaxani-TatÄr  NyelvtaniümÄnyok.  I.  Ftizet.  KaiAni  -  Tatar  S»)vegek. 
n.  Füzet.      KazÄni- Tatar    Szotir.     IH.  Füzet.     Kazdni  -  Tatiir    Nyelvton. 

irU  SgentkatoUai  Bdünt  Gabor.    Budapest  1875—1877.     8. 

3883.  Magyar -Ugor  összebasonlito  SzotAr.  Irtti  ßudenz  Jözsef.  III.  Füzet 
(28—38  iV).     Budapest  1877.     8. 

3884.  Literarische  Berichte  aus  Ungarn ,  herausgeg.  ron  JPaid  Hunfalvy, 
I.  Bd.     1.  2.  3.  4.  Heft.     Budapest  1877.     8. 

Von  der  geographischen  und  statistischen  GeselhKshaft  in  Mexiko: 

3885.  Boletin  de  la  Sociedad  de  Geografia  y  Estadistica  de  la  Republica  Mexicana. 
Tercera  Epoca.  Tomo  IV  correspondiente  al  aiio  de  1878.  Nüm.  1. 
Nüm.  2  y  3.     Mexico  1878.     8. 

Von  den  Verfassern: 

3886.  Su  la  data  degli  sponsali  di  Arrigo  VI  con  la  Costanza  erede  dol  trono 
di  Bicilia  e  su  i  Divani  dell  'Azienda  Normanna  di  Palermo.  Lottora 
del  I>ott.  O.  Harttoig  e  Memoria  del  Socio  A/.  Amari,  Roma  1878. 
(Aus  den  Atti  della  R.  Accademia  dei  Lincei  1877—78.) 

3887.  Monnaies  d'Hierapolis  en  Syrie.  Par  M. «/.  P.  Six.  Extrait  du  ,»Numis- 
matic  Chronide",  N.  S.,  Vol.  XVIU,  p.  103—131.     Londros  1878.     8. 

3888.  JQdiscbe*  Elemente  im  Koran.  Ein  Beitrag  zur  Koranforschuug  von 
Dr.  Hartteig  Hirschfdd.    Berlin  1878.     8. 

3889.  HebrÄischer  Kalender  in  russischer  Sprache  für  d.  J.  5639  (1878 — 79.) 
Zweiter  Jahrgang.     Von  J.  N.   Gurland.     Warschau  1878.     Kl.  8. 

Von  der  Herzc^licben  Bibliothek  in  Gotha: 

3890.  Die  Arabischen  Handschriften  der  Herzoglichen  Bibliothek  zu  Gotha. 
Auf  Befehl  Sr.  Hoheit  des  Herzogs  Ernst  II.  von  Sachsen-Coburg-Gotha 
verzeichnet  von  Wilhelm  Pertsch.  Erster  Band.  1.  2.  Heft.  Gotha 
1877—1878.     8. 

Von  der  Kon.  Sfichs.  Gesellschaft  der  Wbsonschaften : 

3891.  Berichte  über  die  Verhandlungen  der  Königlich  Säehsischon  Gesellschaft 
der  Wissenschaften  zu  Leipzig.  Philologisch-TTistorischo  Ciasso  I — XVII. 
Band.     Leipzig  1849—1865.     8. 

Von  Herrn  G.  Keimer  in  Berlin: 

3892.  Einleitung  in  das  Alte  Testament  von  Friedr.  Blrek.  Horausg.  von 
Joh,  Bleek  und  Ad.  Kamphausen.  Vierte  Auflage  von  «/.  Wellhausen. 
Berlin  1878.     Gr.  8. 

Von  den  Verfassern,  Herausgebern  und  Uebersetzorn : 

:>»I»3.  VaitÄna  Sütra  the  Ritual  of  the  Atluirvaveda  edited  with  critical  Notes 
and  Indices  by  Richarti.  Garbe.  [Sanskrit  Text  Society).  London 
1878.     8. 

3894.  VaitJina  Sütra  das  Rituxl  de»  Atharvavcda.  Aus  dem  Sanskrit  übersetzt 
und  mit  Anmerkungen  versehen  von  Richard  Garbe,  Strassburg 
1878.     8. 


XXX     Verz,  der  für  die  Bibliothek  tier  D,  M.  G,  eingeg,  Schrifttn  v.  8.  w, 

3895.  Die  Tosifta  dos  Tractates  Sabbath  in  ihrem  Verhältnisse  xur  Mischna 
kritisch  untersucht  von  Adolf  Schtoarz.    Karlsruhe  1879.     8. 

3896.  Die  Agada  der  Babylonischen  Amoräer,  ein  Beitrag  zur  Geschichte  der 
Agada  und  zur  Einleitung  in  den  Babylonischen  Talmud  von  Wilhelm 
B€U:her.  [Jahresbericht  der  Landes-Rabbinerschule  in  Budapest  für  das 
Schuljahr  1877—78.]     Budapest  1878.     8. 

3897.  Quelques  notes  sur  la  guerre  de  Bar  Kßzdb&  et  ses  suites  par  •/.  Deren- 
bourg.  [Extrait  des  M61anges  publik  par  T^cole  des  hautes  ^tudcs]. 
Paris  1878.     8. 

3898.  Bericht  über  die  Ergebnisse  einer  zu  wissenschaftlichen  Zwecken  mit 
Unterstützung  der  Kais.  Akademie  der  Wissenschaften  unternommenen 
Rebe  nach  Constantinopel.  Von  David  Heinrich  MHUer.  [A.  d.  Sitzungs- 
berichten der  ph.-hist.  Cl.  der  Kais.  Akademie  der  Wissenschaften,  April 
1878.]     Wien  1878.     8. 

3899.  Indices  ad  Beidhawii  Commentarium  in  Coranum  confecit  Winand  Fell. 
Leipzig  1878.     4. 

3900.  Iranische  Studien.  Von  ff.  Hübechmann.  Mit  8  Tafeln  von  EtUing. 
[A.  d.  Zeitschrift  für  vergl.  Sprachf.  N.  F.  IV.  4.]     8. 

3901.  A.  Firkowitsch  und  seine  Entdeckungen.  Ein  Qrabstoin  den  hebräischen 
Grabschriften  der  Krim.  Von  Hermann  L,  Strack.  Leipzig  1876. 
Gr.  8. 

3902.  Die  fUnfieehnte  Erzählung  der  Vetälapantschavincati.  Sanskrittext  mit 
Uebersotzung  und  Anmerkungen  von  Heinrich  Ohle.  [Programm  des 
Gymn.  zum  heil  Kreuz].     Dresden  1877.     4. 

III.     Handschriften,  Münzen. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  Redslob: 

415.    Ein    dünnes  Heft,    enthaltend  Geschäftsnotizen  eines   chinesischen  Kauf- 
mannes, kl.  8. 


Yerzeiehniss  der  gegenwärtigen  Mitglieder  der  Deatsehen 
Morgenländisehen  Gesellsctiaft  in  alphabetischer  Ordnang. 

I. 

Ehrenmitglieder. 

Herr  Dr.  Theod.  Benfey,  Prof.  an  der  Univ.  in  Oöttingen. 

-  Dr.  O.  Ton  Höhtlingk  Exe,    kaiserl.  niss.  Geh.  Rath  und  Akademiker 

in  Jena. 

-  Dr.    B.    von    Dorn   Exe,   kaiserl.  mss.   Geh.   Kath    und   Akademiker   in' 

St.  Petersburg. 
•     Dr.  Johann   Paul   Freiherr   von  Falkenstoin    Kxc. ,    kön.  sächs.  Staat»- 
minister  a.  D.  und  Minister  des  königl.  Hausos  in  Dresden. 

-  Dr.  H.  L.  Fleischer,  Geh.  Hofrath,  Prof.  d.  morgenl.  Spr.  in  Leipzig. 
Sir      Alex.  Grant,  Baronet,  Principal  of  tho  University  of  Edinburgh. 

Herr  B.  H.  Hodgson  Rsq.,  B.  C.  8.,  in  Alderley  Grange,  Wotton-undor-Edgo, 
Gloucestershire. 

-  Dr.  F.  Max  Müller,  Prof  an  der  Univ.  in  Oxford,  Christ  Church. 

-  John  Muir  Esq.,  C.  I.  E.,  D.  C.  L.,  LL.  D.,  Ph.  D.,  in  Edinburgh. 

-  Dr.  Justus  Olshausen.  Geh.*  Ober-Regierungsrath  in  Berlin. 

-  Dr.  A.  F.  Pott,  Prof.  d.  allgem.  Sprachwissenschafl  in  Halle. 
Sir     Henry  C.  Rawlinson,  Mi^or-General  u.  s.  w.  in  London. 
Herr  Dr.  R.  von  Roth,  Professor  und  Oberbibliothekar  in  Tübingen. 

-  Whitley  Stokes  Esq.,  Seoretary  of  the  Legislat.  Council  of  India,  in  Calcutta. 

-  Snbhi  Pascha  Exe,  kais.  osman.  Reichsrath,  früher  Minister  der  frommen 

Stiftungen,  in  Constantinopel. 

-  Graf  Melchior   de  Vogü^,   Mitglied  des  Instituts,    Botschaftor   der    fran- 

zösischen Republik  in  Wien. 

II. 

Correspondirende  Mitglieder. 

Herr  Francis  Ainsworth  Esq.,   Ehren-Secretär   der  syrisch-ägyptischen  Gesell- 
schaft in  London. 

-  Bkhu  Rlijendra  LUla  Miträ  in  Calcutta. 

Dr.  O.  Blau,  Generalconsul  des  deutschen  Reichs  in  Odessa. 

-  Dt.  G.  Bühler,  Edncational  Inspector,  N.  D.,  Bombay. 

-  Alexander  Cnnningham,   Mfü^'^^^^i'^^i t    Director  of  the  Archaeological 

Survey  of  India. 
I>r.  J.  M.  E.  Gottwaldt,   kais.   russ.  Staatsrath,  Oberbibliothekar  an  d. 
Univ.  in  Kasan. 

-  t^vara  Öandra  Vidyäksagara  in  Calcutta. 

-  Dr.  J.  L.  Krapf,  Missionar  a.  D.  in  Kornthal  bei  ZufTerhausen,  Württemberg. 
•     Oberst  William  Nassau  Lees,  LL.  D.,  in  London. 


TXTir      VerzeichfUss  der  Mitglieder  der  D,  Af.  Gesellschaft. 

Herr  Dr.  A.  D.  Mordtmann  in  Constantinopel. 

-  Lieutenant-Colonel   R.   Lambert   Play  fair,    Her  Miyesty's  Consul-General 

in  Algeria,  in  Algier. 

-  Dr.  O.  Rosen,  kais.  deutscher  Generalcon^ul  a.  D.  in  Detmold. 

-  Dr.  Edward  E.  Salisbury,  Präsident  der  Amerikan.  morgenl.  Gesellschafl 

und  Prot  in  New  Haven,  N.- Amerika. 
Dr.  W.  G.  Sohauffler,  Missionar,  in  New  York. 

-  Dr.  A.  Sprenger,  Prof.  an  d.  Univ.  Bern,  in  Wabern  bei  Bern. 
Edw.  Thomas  Esq.  in  London. 

-  G.  K.  Tybaldos,  Bibliothekar  in  Athen. 

-  Dr.  Cornelius  V.  S.  Van  Dyok,  Missionar  in  Beirut. 

-  Dr.  W.   D.  Whitney,   SecretXr  der  Amerikan.  morgenl.  Gesellschafl   und 

Prot  in  New  Haven,  'N.-Amerika. 

ni. 

Ordentliche  Mitglieder^). 

Se.  Durchlaucht  Dr.  Friedrich  Graf  Noer  auf  Noer  bei  Gottorp  in  Schles- 
wig (748). 

Se.  Hoheit  Takoor  Giri  PrasAda  Sinha,  Ri^ah  von  Besma,  Purgunnah  Iglus, 
AUygurh  District  (776). 

Herr  Dr.  Aug.  Ahlqnist,  Prof.  in  Helsingfors  (589). 

-  Dr.  W.  Ahlwardt,  Prof.  d.  morgenl.  Spr.  in  Grei&wald  (578). 

-  Bfichele  Amari,  Senator  des  Königr.  Italien  und  Professor  in  Florenz  (814). 
Antonin,   Archimaodrit    und   Vorsteher   der   russischen  Mission  in  Jeru- 
salem (772). 

G.  W.  Arras,  Direetor  der  Handelsschule  in  Zittau  (494). 

•  Dr.  Joh.  An  er,  Prof.  am  akadem.  Gymnasium  in  Wien  (883). 

•  Dr.  Siegmund  Auerbach,  Rabbiner  in  Halberstadt  (597). 

-  Dr.  Th.  Aufrecht,  Prof.  an  der  Univ.  in  Bonn  (522). 

-  Freiherr  Alex,  von  Bach  Ezc.  in  Wien  (636). 

•  Dr.    Wilhelm   Bacher,    Prof.    an    der   Landes-Rabbinerschule   in  Buda^ 

pest  (804). 
Dr.  Seligman  Baer,  Lehrer  in  Biebrich  a.  Rh.  (926). 

-  Dr.  O.  Bardenhewer  in  Würsburg  (809). 

-  Dr.  Jacob  Barth,  Docent  an  der  Univ.  in  Berlin  (835). 
Dr.  Christian  Bartholomae  in  Bayreuth  (955). 

-  Dr.  A.  Bastian,  Professor  an  d.  Univ.  in  Berlin  (560). 

-  Lic.  Dr.  Wolf  Graf  von  Bandissin,  Prof  an  d.  Univ.  in  Strassburg  (704). 

-  Dr.    Gust.    Banr,     Consistorialrath ,.    Prof    und    Universitfttsprediger    in 

Leipzig  (288). 
J.  Beames,  Commissioner  of  Orissa  (732). 

-  Dr.  H.  Beck,  Cadetten-Gk>uvemeur  in  Bensberg  bei  Cöln  a.  Rh.  (460). 

-  G.  Bohrmann,  Pastor  in  Kiel  (793). 

-  Dr.  Ferd.  Benary,  Prof  an  d.  Univ.  in  Berlin  (140). 

-  Salvator   De   Benedotti,    Prof.   d.  hebr.  Sprache   an   d.  Universit&t   in 

Pisa  (811).  » 

-  R.  L.  Bensly,   M.  A. ,   Hebrew  Lecturer,   Gonville  and  Gaius  Ck>llege  in 

Cambridge  (498). 
Adolphe  Berg^  Exe,   kais.  russ.  wirkl.  Staatsmth,   Präsident  der  kaukas. 
arohXolog.  Gesellschaft  in  Tlflis  (637). 


1)  Die  in  Parenthese  beigesetzte  Zahl  ist  die  fortlaufende  Nummer  und 
bezieht  sich  auf  die  nach  der  Zeit  des  Eintritts  in  die  Gesellschaft  geordnete 
Lbte  Bd.  H.  S.  505  ff. ,  welche  bei  der  Anmeldung  der  neu  eintretenden  Mit- 
glieder in  den  Nachrichten  fortgeführt  wird. 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  GeselUchaft.     XXXIII 

Herr  Dr.  Ernst  Bitter  von  Bergmann,  Custos  des  k.  k.  Münz-  and  Antiken- 
Cabinets  in  Wien  (713). 

-  Aug.  Bernus,  Pastor  in  Basel  (785). 

-  Dr.  £.  Bertheau,  Hofrath  u.  Prof.  d.  morgenl.  Spr.  in  Göttingen  (12). 

-  Dr.  A.  Bezsenberger,  Docont  an  der  üniv.  in  Göttingen  (801). 

-  Dr.  Gast.  Bickell,  Prof.  an  der  Universität  in  Innsbruck  (573). 

•  Freiherr  von  Biedermann,  königl.  sfichs.  General-Major  z.  D.  aaf  Nieder- 

forcbheim,  K.  Sachsen  (189). 

-  Rev.  John  Birr  eil,  A.  M.,  Professor  an  d.  Universität  in  St.  Andrews  (489). 

-  Dr.  Eduard  Bohl,  Prof.  d.  Theol.  in  Wien  (579). 

-  Agenor  Boissier  in  Genf  (747). 

-  Dr.  Fr.  BoUensen,  Prof.  a.  D.  in  Witzenhaasen  an  d.  Werra  (133). 

-  Peter  von  Bradke  in  Jena  (906). 

-  M.  Fredrik  Brag,  A<^unct  an  d.  Univ.  in  Land  (441). 

-  Dr.  Edw.  Brandes,  Cand.  phil.  in  Kopenhagen  (764). 

•  Dr.  Heinrich  B.  C.  Brandes,  Prof.  an  der  Univ.  in  Leipzig  (849). 

-  Rev.  C.  A.  Briggs,    Prof..  am   Union  Theol.  Seminary,  New  York  (725V 

-  Rev.  Charles  H.  Brigham,   Professor  in  the  Meadville  Theological  Semi- 

nary,  in  Ann  Arbör,  Michigan  (850). 

-  Dr.  Ebbe  Gastav  Bring,  Bischof  von  Linköpingsstift  in  Link5ping  (750). 

-  J.  P.  Broch,  Prof.  der  somit.  Sprachen  in  Christiania  (407). 

-  Dr.  H.  Bragsch-Bey  in  Kairo  (276). 

-  Dr.  Adolf  Brüll  in  Frankfurt  a.  M.  (769). 

-  Dr.  Kehem.  Brüll,  Rabbiner  in  Frankfurt  a.  M.  (727). 

-  Brüning,   Konsul  des  deutschen  Reichs  für  Syrien,  in  Beirut  (727). 

-  Salom.  Bub  er,  Litterat  in  Lemberg  (430). 

-  Lic.  Dr.  Karl  Budde,   Docent   an  der  ev.-theol.  Facultfit  in  Bonn  (917). 

-  Frants  Buhl,  Cand.  theol.  in  Leipzig  (920). 

•  Freiherr   Guido    von    Call,    k.    n.    k.    Österreich  -  ungar.    Viceconsol    In 

Constantinopel  (822). 
.     L.  C.  Casartelli,  M.  A.,  St.  Bedes  College,  Manchester  (910). 

-  Dr.  C.  P.  Caspari,  Prof.  d.  Theol.  in  Christiania  (148). 

-  David  Castelli,    Prof.   des  Hebr.    am  R.  Istituto    di    stu^)    superiori    in 

Florenz  (812). 

•  D.  Henriques    de   Castro,    Mz.,  Mitglied    der  königl.  archäolog.  Gesell- 

schaft in  Amsterdam  (596). 
.  -     Dr.  D.  A,  Chwolson,   Prof.    d.   hebr.   Spr.   u.  Literatur    an  der  Univors. 
in  St.  Petersburg  (292). 

-  Hyde  Clarke  Esq. ,  Bfitglied  des  Anthropolog.  Instituts  in  London  (601). 

-  Dr.  Joseph  Cohn  in  Breslau  (896). 

.  -     Lic.  Dr.  Carl  Heinr.   Cornill,    Docent  an   der  Univ.   und   Repetent   am 
Seminarium  Philippinum  in  Marburg  (885). 

-  Heinrich  Graf  von  Coudenhove  in  Wien  (957). 

-  Edw.  Byles  Cow eil,  Professor  d.  Sanskrit  an  d.  Universität  Cambridge  (410). 

-  Rev.  Dr.  Ifieh.  John  C ramer,    Ministerresident  der  Verein.  Staaten   von 

Nord- Amerika  in  Kopenhagen  (695). 
- .    Dr.  Sam.  Ives  Curtis.8,  Pfiarrer  d.  amerik.  Kirchengemeinde  in  Leipzig  (923). 

-  Dt.  Georg  Curtlus,    Geh.  Hofrath,  Prof.  d.  class.  Philologie  an  d.  Univ. 

in  Leipzig  (530). 

-  Robert  N.  Cust,  Barrister-at-law,  late  Indian  Civil  Service,  in  I^ondon  (844). 
Dr.   Ernst    Georg   Wilhelm    Deecke,    Conrector    am    kais.    Lyceum    in 

Strassbarg  (742). 

-  Dr.  Berth.  Delbrück,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Jena  (753). 

.  -  Dr.  Franz  Delitzseh,  Prof.  d.  Theologie  an  d.  Univ.  in  Leipzig  (135). 

-  Dr.  Friedrich  Delitzsch,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Leipzig  (948). 

-  Dr.  Hart^  Dorenbourg,  Buchhändler  in  Paris  (666). 

-  Dr.  Lndw.  Diestel,  Prof.  d.  Theol.  in  Tübingen  (481). 

-  Dr.  F.  H.  Dieterici,  Prof.  der  arab.  Litt  in  Berlin  (22). 


XXXIV     Verzeichniaa  tfer  MügUeder  der  D,  M,  GeseUaehaft. 

Herr  Dr.  A.  Pillmann,  Prof.  der  Theol.  in  BerUn  (260). 

-  Dr.  Otto   Donner,  Prof.  d.  Sanskrit   u.   d.    vergl.  Sprachforschung   an   d. 

Univ.  in  ITolsingfors  (654), 

-  Dr.  R.  P.  A.  Dozy,  Prof.  d.  Gesch.  an  d.  Univ.  in  Leiden  (103). 

-  Sam.  R.  Driver,  Pellow  of  New  College  in  Oxford  (858). 

-  Dr.  Johannes  Dümiehen,  Professor  an  der  Univ.  in  Strasshnrg  (708). 

-  Frank  W.  Eastlake,  stud.  or.  in  Berlin  (945). 

-  Dr.  Georg  Moritz  Ebers,  Professor  an  d.  üniv.  in  Leipzig  (562). 

-  Anton  Edelspaeher  von  Gyoroki  in  Budapest  (767). 

-  Dr.  J.  Eggeling,  Prof  des  Sanskrit  an  der  üniv.  in  Edinburgh  (763). 

-  Dr.  Egli,  Pastor  emerit.  in  Engohof  b.  Zürich  (025). 

-  Dr.  J.  Ehni,  Pastor  emer.  in  Genf  (947). 

-  Dr.  Arthur  M.  Elliott  in  München  (851). 

-  Dr.  Adolf  Erman  in  Berlin  (902). 

-  Dr.  Carl  Hermann  Eth^,  Prof.  am  üniversity  College  in  Aberystwith  (641). 

-  Dr.  JuUns  Euting,   BibUothekar   d.  Univ.-Bibliothek  in  Strasshnrg  (614). 

-  Prof  Edward  B.  Evans  in  München  (84Ä). 

-  Dr.  Predrik  A.  Pehr,  Docent  dos  Hehr,  an  der  Univ.  in  Upsala  (864). 

-  C.  Feindel,    Dragomanats-Eleve    bei   der   k.  deutschen  Gesandtschaft   in 

Peking  (836). 

-  Dr.  Winand  Fell,  Religionslehror  am  Marzellen-Gymnasium  in  Cöln  (703). 

-  Dr.  Floeckner,  Gymnasialreligionslehrer  in  Benthen  (800). 

-  Jules  Fonrobert,  Fabrikbesitzer  in  Berlin  (784). 

-  Dr.  Ernst  Frenkel.  Gymnasiallehror  in  Halle  a.  S.  (859). 

-  Mi^or    George    Fryer,     Madras    Staff  Corps,     Deputy   Commissioner     in 

Rangun  (916). 

-  Dr.  JuUus  Fürst,  Rabbiner  in  Mainz  (956). 

-  Dr.  H.  G.  C.  von  der  Gabelentz,   Prof  an  d.  Univ.  in  Leipzig  (582). 

-  Dr.  Charles  Gainer  in  Oxford  (631). 

-  Dr.  Richard  Garbe,  Docent  an  d.  Univ.  in  Königsberg  (904). 
Gustave  Garrez  in  Paris  (627). 

-  Dr.  Lucien  Gautier,  Prof.  der  alttest.  Theologie  in  Lausanne  (872). 

-  Dr.  Wilhelm  Geiger,  Docent  an  d.  Univ.  in  Eriangen  (930). 

-  Dr.  Hermann  Gies,  Dragomanats-Eleve  bei  der  kais.  deutschen  Botschaft 

in  Constantinopel  (760). 

-  Dr.  F.  Giesebrecht,  Cand.  theol.  in  Berlin  (877). 

-  Dr.  J.  Gildemeister,  Prof  der  morgenl.  Spr.  an  d.  Univ.  in  Bonn  (20). 

-  Rev.  Dr.  Ginsburg  in  Liverpool  (718). 

-  Wladimir  Girgass,    Prof    d.  Arabischen    bei    der    orient.  Facult&t  in  St. 

Petersburg  (775). 

-  Dr.  M.  J.  de  Goeje,  Interpres  legati  Wameriani  u.  Prof  in  Leiden  (609), 

-  Dr.  W.  Goeko  in  Diedenhofen  (706). 

-  Dr.  E.  P.  Goergens,  Prof  d.  alttest.  Exegese  an  d.  Univ.  in  Bern  (911). 

-  Dr.  Siegfried  Goldsehmidt,    Professor   an  d.  Univ.  in  Strassburg  (693). 

-  Dr.  Ignaz   Goldziher,   Docent    an    d.   Univ.   und    Secret&r   der   Israelit. 

Cultusgemeinde  in  Budapest  (758). 

-  Dr.  B.  A.  Gosche,  Prof  d.  morgenl.  Spr.  an  d.  Univ.  in  Halle  (184). 

-  Rev.  Dr.  F.  W.  Gotch  in  Bristol  (525). 

-  Wassili  Grigorief  Exe,  kaiserl.  russ.  wirkl.  Staatsrath  u.  Prof.  der  Gesch. 

d.  Orients  an  d.  Univ.  in  St.  Petersburg  (683). 

-  Dr.  Julius    Grill,    Prof   am   ev.-theol.  Seminar   in  Manlbronn,  Württem- 

berg (780). 

-  Lic.  Dr.  B.  K.  Grossmann,  Superintendent  in  Grimma  (67). 

-  Dr.  phil.  et  theol.  Grotemeyer,   Gymnasialoberlehrer  in  Kempen  (894). 

-  Dr.  Max  Grünbaum  in  München  (459). 

-  Dr.  Max  Th.  Grüner t,  Docent  an  d.  Univ.  in  Prag  (873). 

-  Ignazio  Guidi,  Prof  des  Hehr,  und  der  somit.  Spr.  in  Rom  (819). 


Verzeichniss  tter  Miiglieder  der  D.  M,  Ge^elUchaft.       XXX  Y 

Herr  Jonas    Gnrland,    CollegienAssessor    und   Inspector    des    Lehrinstituts    in 
ScUtomir  (771). 

-  Lic.  Herrn.  Gut  he,  Docent  an  der  Univ.  in  Leipzig  (919). 

-  I>T.  Herrn.  Alfr.  von  Gutschmid,  Prof.  an  der  Univ.  in  Tübingen  (367). 

-  Dr.  Th.  Haarbrflcker,  Professor  an  d.  Univers,  und  Rector  der  Victoria- 

schnle  in  Berlin  (49). 

-  Dr.  E.  Haas,  Prof.  am  University  College  in  London  (903). 

-  Dr.  Julius  Caesar  Haentzsche  in  Dresden  (595). 

-  S.  J.  Halberstam,  Kaufinann  in  Bielitz  (551). 

-  J.  HaUvy  in  Paris  (845). 

-  Dr.  F.  J.  van  denHam,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Groningen  (941). 

-  Anton  Freiherr  von  Hammer  Exe,   k.  u.  k.  Geh.  Rath  in  Wien  (397). 

-  Dr.  Reimer  Hansen,  Gymnasiallehrer  in  Sondershausen  (866). 

-  Dr.  Alb.   Harkavy,   Professor    d.  Gesch.    d.  Orients  an   d.  Univ.    in  St. 

Petersburg  (676). 

-  Dr.  C.   de  Harlez,   Prof.  d.   oriont.  Spr.   an   der  Univ.  in  Löwen  (881). 

-  Dr.  Harlan  Hartmann,  Kanzler-Dragoman  bei  dem  k.  deutschen  Konsulat 

in  Beirut  (802). 

-  Dr.  H.  Heidenheim,  theol.  Mitglied  des  königl.  College  in  London,  d.  Z. 

in  Zürich  (570). 

-  Chr.  Hermansen,  Prof  d.  Theol.  in  Kopenhagen  (486). 

-  Dr.  G.  F.  Hertzberg,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Halle  (359). 

-  Dr.  K.  A.  Hille,  Arzt  am  königl.  Krankenstifl  in  Dresden  (274). 

-  Dr.  A.  Hillebrandt,  Docent  an  der  Univ.  in  Breslau  (950). 
.   -  K.  Himly,  kais.  Dolmetscher  a.  D.  in  Berlin  (567). 

-  Dr.  F.  Himpel,  Prof.  d.  Theol.  in  Tübingen  (458). 

-  Dr.  Val.  Hintner,  Professor  am  akad.  Gymnasium  in  Wien  (806). 

•     Dr.  A.  F.    Rudolf  Hoernle,    Principal,    Cathedral  Hission  College,    Cal- 
cutta  (818). 

-  Franz  Hoff  er  t  in  Budapest  (935). 

-  Lic.  C.  Hoff  mann,  Pastor  in  Frauendorf  bei  Stettin  (876). 
Dr.  Georg  Ho  ff  mann,  Professor  an  d.  Univ.  in  Kiel  (643). 

-  Dr.  Karl  Hoffmann,  Realschullehrer  in  Arnstadt  (534). 

-  Chr.  A.  Holmboe,  Prof  d.  morgenl.  Spr.  in  Christiania  (214). 

-  Adolf  Holtzmann,  Prof.  am  Paedagogium  in  Dnrlach  (934). 

-  Dr.  Fritz    Hommel,    Assistent    an    der    Staats-    und    Hofbibliothek    und 

Docent  an  d.  Univ.  in  München  (841). 

-  Dr.  H.  Hüb  seh  mann,  Prof.  an  der  Univ.  in  Strassburg  (779). 

-  Dr.  Eugen  Hultzsch  in  Leipzig  (946). 

-  Dr.  Hermann  Jacob! ,  Prof.  an  der  Akademie  in  Hünster  (791). 

-  Dr.  G.  Jahn,  Oberlehrer  am  KöUn.  Gymn.  in  Berlin  (820). 

-  Dr.  Julius  Jolly,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Würzburg  (815). 

-  Dr.  P.  de  Jong,  Prof.  d.  morgenl.  Sprachen  an  d.  Univ.  in  Utrecht  (427). 

-  Dr.  B.  Jülg,    Prof.    d.    klassischen  Philologie   u.  Litteratur   und  Director 

des  philol.  Seminars  an  d.  Univ.  in  Innsbruck  (149). 

-  Dr.  Ferd.  Justi,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Harburg  (561). 

-  Dr.  Abr.  Wilh.  Theod.  Juynboll,  Professor  der  niederländisch-ostindischen 

Sprachen  in  Delft  (592). 

-  Dr.  8.  J.  Kämpf,  Prof.  an  der  Universität  in  Prag  (765). 

-  Dr.  Adolf  Kamphausen,  Prof.  an  d.  evang.-theol.  Facultät  in  Bonn  (462). 
Dr.  Simon  Kanitz  in  Lugos,  Ungarn  (698). 

-  Dr.  Joseph  Karabacek,  Professor  an  d.  Univ.  in  Wien  (651). 

-  Dr.    David  Kaufmann,    Prof.    an   der  Landes-Rabbinerschule   in   Buda- 

pest (892). 

-  Dt.  Fr.  Kaulen,  Prof.  an  d.  Univers,  in  Bonn  (500). 

-  Dr.  Emil  Kautzsch,  Kirchenrath,  Prof.  an  der  Univ.  in  Basel  (621). 

-  I>r.  Camillo  Kellner,  Oberlehrer  aib  königl.  Gymn.  in  Zwickau  (709). 

-  Dr.  H.  Kern,  Professor  an  d.  Univ.  in  Leiden  (986), 


XXXTI      Verxeichmßs  der  Mitglieder  der  D.  Af.  Oeselhchaft 

Herr  Lic.  Dr.  Konnid  Kessler,  Docent  der  Theologie  und  der  orieut  8pr.  und 
Repetent  an  d.  Univ.  in  Marburg  (875). 

-  Rov.  Dr.  Gustavus  Kieme  in  Berlin  (874). 

-  Dr.  H.  Kiepert,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Berlin  (218). 

-  Rev.  T.  L.  Kingsbnry,  M.  A.,  Easton  Royal,  Pew»ey  (727). 

-  R.  Kirch  he  im  in  Frankfurt  a.  M.  (504). 

-  I>r.  Johannes  Klatt.    Assistent  an  der  konigl.  Bibliothek  in  Berlin  (878). 

-  Dr.  O.  Klein,  Rabbiner  in  Schfittenhofen  (931). 

-  Rov.  n.  A.  Klein  in  Kaisenlantem  (912). 

-  Dr.  F.  Kleine rt,  Prof.  d.  Theologie  in  Berlin  (495). 

-  Dr.  Heinr.  Aug.  Klostermann,  Prof.  d.  Theologie  in  Kiel  (741). 

-  Prof.  Adolph  Wilh.  Koch  in  Stuttgart  (688). 

-  I>r.  A.  Köhler,  Prof.  d.  Theol.  in  Erlangen  (619). 

-  Dr.  Kaufmann  K  oh  1  er ,  Rabbiner  der  Sinai-Gemeinde  in  Chicago,  Illinois  (723). 

•  Dr.  Samuel  Kohn,  Rabbiner  und  Prediger  der  Israelit.  Religiousgeracinde 

in  Budapest  (656). 

•  Dr.  Alexander  Kohut,  Oberrabbiner  in  Ffinfkirchen,  Ungarn  (657). 

-  Dr.  Eduard  König,  Oberlehrer  an  der  Thomasschnle  in  Leipzig  (891). 

.  -     Dr.  J.  König,  Prof.  d.  A.  T.  Literatur  in  Preiburg  im  Breisgau  (665). 

-  Dr.    Cigetan   Kossowicz,    Prof.    des    Sanskrit    an   d.   Universität    in    St. 

Petersburg  (669). 

-  Dr.   Jaromir  Kosut,  Docent  an  d.  Univ.  in  Prag  (899V 

-  Gottlob  Adolf  Krause,  Privatgelehrter  in  Leipzig  (821). 
Dr.  Rudolf  Krasse,  prakt.  Arzt  in  Hamburg  (728). 

-  Dr.  Ludolf  Krehl,  Prof.  an  d.  Univ.  und  Oberbibliothekar  in  Leipzig  (164), 

-  Dr.  Alfr.  von  Krem  er,  k.  u.  k.  Hofratb,  in  Cairo  (326). 

-  Dr.  Mich.  Jos.  Krüger,  Domherr  in  Frauenburg  (484). 

-  Jos.  Kubat,  Jurist  in  Prag  (939). 

-  Dr.  Abr.  Kuenen,  Prof.  d.  Theologie  in  Leiden  (327). 

-  Prof.  Dr.  A.  Kuhn,  Director  d.  Köllniscben  Gymnasiums  in  Berlin  (137). 

-  Dr.  E.  Kuhn,  Prof.  an  der  Univ.  in  München  (712). 

-  Dr.  E.  Kurz,  Gymnasiallehrer  in  Burgdorf,  Cant.  Bern  (761). 

-  Graf  G^a  Kuun  von  Ozsdola  in  Budapest  (696). 

-  W.  Lagus,  Professor  in  Helsingfors  (691). 

-  Dr.  J.  P.  N.  Land,  Prof.  in  Leiden  (464). 

•  Dr.  W.  Landau,  Oberrabbiner  in  Dresden  (412). 

-  Dr.  S.  Landauer,  Docent  an  der  Univ.  in  Strassburg  (882). 

-  Dr.  Charles  Lanman,   Associate   for  Sanserit,   Johns   Hopkins  Univorsity, 

Baltimore  (897). 

•  Fausto    Lasinio,     Prof.     der     semit    Sprachen     an     der     Univen.     in 

Florenz  (606). 

-  Prof.  Dr.  Franz  Joseph  Lanth,  Akademiker  in  München  (717). 

-  Dr.  S.  Lefmann,  Prof.  an  der  Univ.  in  Heidelberg  (868). 

-  Dr.   John  M.    Leonard,   Professor  of  Greek  and   Comparatiive  Philology 

in  the  State  University  of  Missouri,  Columbia,  N.- America  (733). 

-  Dr.  C.  R.  Lepsius,    Geh.  Regierungarath  ,  Oberhibliothekar  und  Prof.  an 

d.  Univ.  in  BerHn  (199). 

-  Rev.   J.  B.  Lightfoot,   D.  D.,   Hulsean  Professor  of  Divinity   in   Cam- 

bridge (647). 

•  Giaeomo  Lignana,  Professor  der  morgenl.  Spr.  in  Rom  (555). 
Arthur  Lincke,  stud.  phil.  in  Leipzig  (942). 

-  Dr.  H.  G.  Lindgrün,  Prof.  in  Upsala  (689). 

Dr.  Bruno  Lindner,  Docent  an  der  Univ.  in  Leipzig  (952). 

-  Dr.  J.  Lobe,  Pfarrer  in  Rasephas  bei  Altenburg  (S^). 

-  Dr.  L.  Loewe,   Seminardirector ,  Examinator   der  morgenl.  Sprachen  im 

Royal  College  of  Preceptors  in  Broadstairs,  Kent  (501). 

-  Dr.  Otto  Loth,  Prof.  an  d.  Univ.  in  Leiprig  (671). 

r     Jacob  LÜtschg,  Cand.  oriont.  in  St  Petenbnrg  (865). 


Verzeichni89  der  MügUeder  der  D.  M.  Oeselhehaft.    XXXTII 

Herr  A.  LQtsenkirchen,  Stud.  Orient,  in  Leipzig  (870). 

-  C.  J.  Lyall,  B.  8.  C,  in  Calcutta  (922). 

-  Charles  Mac  Don  all,  Prof.  in   Belf&st  (435). 

-  Dr.  £.  I.  Magnus,  Prof.  au  d.  Univ.  in  Breslau  (209). 

-  Karl  Marti,  Pfarrer  in  Baus,  Basellaud  (943). 

-  Abb«    P.    Martin,  Prof.  an  der  kathol.  Univ.  in  Paris  (782). 

-  Dr.  B.  F.  Matthes,  Agent  der  Am.sterd.  Bibelgesellschaft  in  's  Hertogen- 

bosch (270). 

-  Carl  Mayreder,  k.  k.  Ministerialbeamter  in  Wien  (893). 

-  Dr.  A.  F.  von  Mehren,  Prof.  der  semit.  Sprachen  in  KopenhAgen  (240). 

-  Dr.  Ludwig  Mendelssohn,  Prof  an  d.  Univ.  in  Dorpat  (895). 

-  Dr.  A.  Merx,  Professor  d.  Theologie  in  Heidelberg  (537). 

-  Dr.  £d.  Meyer  in  Leipsig  (808). 

-  Dr.  Leo  Meyer,  k.  russ.  Staatsrath  und  Prof  in  Dorpat  (724>. 

-  Dr.  Friedr.  Mezger,  Professor  in  Augsburg  (604). 

-  Dr.  Ch.  Michel  in  Brüs&el  (951). 

-  Dr.  J.  P.  Minayeff,  Prof.  an  der  Univ.  in  St.  Petersburg  (630). 

-  Dr.  H.  Fr.  Mögling,  Pfarrer  in  Esslingen  (524). 

-  Dr.  J.  H.  Mordtmann,  Dragomanats-Eleve  am  kais.  deutschen  Consulat 

in  Constantinopel  (807). 

-  Dr.  Ferd.  Müh  lau,  Staatsr.  u.  Prof.  d.  Theol.  an  d.  Univ.  in  Dorpat  (565). 
Sir  WiUiam  Muir,  K.  C.  S.  L,  LL.  D.,  in  London  (437). 

Herr  Dr.  Aug.  Müller,  Professor  an  d.  Univ.  in  Halle  (662). 

-  Dr.  D.  H.  Müller,  Docent  an  d.  Univ.  in  Wien  (824). 

-  Dr.  Ed.  Müller  in  Berlin  (834). 

-  Thomas    C.    Murray,    Associate    in    Shemit.    languages,    Johns   Hopkins 

University,  Baltimore  (852). 

-  Dr.  Abr.  Nager,  Rabbiner  in  Wronke  (584). 

Dr.  G.  H.  F.  Nesselmann,  Prof  an  d.  Univ.  in  Königsberg  (37 4j. 

-  Dr.  Eberh.  Nestle,  Repetent  an  d.  Univ.  in  Tübingen  (805). 

-  Dr.  B.  Neteler,  Vicar  in  Ostbevem  (833). 

-  Dr.  J.  J.  Neubürger,  Rabbiner  in  Fürth  (766). 

-  Dr.  John  Nicholson  in  Penrith,  England  (360). 

F.  Nicolai,  Oberlehrer  an  der  Realschule  in  Meerane  (890). 

-  l>r.  George  Karel  Nieman,  Professor  in  Delft  (547). 

-  Dr.  Friedrich  Nippold,  Professor  d.  Theol.  in  Bern  (594). 
l>r.  Nicolau  Nitzulescu,  Professor  in  Bukarest  (673). 

Dr.  Theod.  Nöldeke,  Prof  d.  morgenl.   Spr.  in  Strassburg  (453). 

-  Dr.  J.  Th.  Nordling,  Professor  in  Upsala  (523). 

-  Dr.  Geo.  Wilh.  Nottebohm  in  Berlin  (730;. 

-  Dr.  Nowack,  Lic.  theol.  in  Berlin  (853;. 

.     J.  W.  Nntt,  M.  A.,  Sublibrarian  of  the  Bodleian  Library  in  Oxford  (739). 
Dr.  Johannes  Oberdick,  Gymnaaial-Diroctor  in  Arnsberg  (62 8>. 
Dr.  A.  Oblasinski,  Lehrer  am   Richelieu-Gymnasium  in  Odessa  (838;. 
Dr.  Julius  Oppert,  Prof  am  College  de  France  in  Paris  (602). 
Dr.  Conrad  von  Orelli,  Professor  an  d.  Univers,  in  Basel  (707). 
Dr.  Georg  Orter  er,  Gymnasiallehrer  in  München  (856). 

-  August  Palm,. Professor  in  Schafi'hausen  (794).' 

-  Prof  E.  H.  Palmer,  A.  M.,  in  Cambridge  (701). 

Kerop^  Patkanian    Exe,    kais.   rus^  wirkl.  Staatsrath    und  Profe.ssor   an 

d.  Univ.  in  St.  Petersburg  (564). 
Dr.  Joseph  Perles,   Rabbiner  und   Prediger   der  braelitischen  Gemeinde 

in  München  (540). 

-  Rev.  S.  G.  F.  Perry  in  Tottington,  Lancasliire  (909). 

.      Prof  Dr.  W.  Pertseh,  Hofrath.  BibUothekar  in  Gotha  (328). 
Peter  Petersen,  Professor  d.  Sanskrit  in  Bombay  (789). 

-  Dr.  W.  Petr,  k.  k.  Prof  der  alttestamentl.  Exegese  und   der  semit.  Phi- 

lologie an  d.  Univ.  in  Prag  (388). 


XXXTIII     Vtrzeichnisa  der  Müglieder  tler  D.  M.  Oueüschafi. 

Herr  Dr.  Friedr.  Wilh.  Mari  Philippi,  Professor  an  d.  Univ.  in  Bostock  (699). 
Kev.    Geo.    Phillips,    D.    D. ,    President    of  Queen^s    College    in    Cam- 
bridge (720). 

-  Dr.  Bernhard  Pick,  ev.  P£Btrrer  in  Bochester,  New  York  (913). 

Dr.    Richard    Pietschmann,    Custos    der    Kön.    n.    Univ.-Bibliothek    in 
Breslau  (901). 

-  Dr.  Richard  Pischel,  Prof.  an  der  Univ.  in  Kiel  (796). 

Dr.  Italo  Pizzi,  Prof.  am  R.  Collegio  Maria  Luigia  in  Parma  (889). 

•  Stanley  Lane  Poole,  M.  R  A.  8.,  in  London  (907). 

-  George  U.  Pope,  D.  D.,  in  Bangalore  (649). 

-  Dr.  Geo.  Fr.  Franz  Praetor  ins,  Prof.  an  d.  Universität  in  Berlin  (685). 
Dr.  Engen  Prym,  Prof.  an  der  Univ.  in  Bonn  (644). 

•  M.    8.    Rabener,     Directionsleiter    an    der    Israelit.    djBatsch-ramSnischen 

Central-Hauptschule  und  Director  des  Nonschotz'schen  Waiseninstituts 
in  Jassy  (797). 

-  Dr.  Wilhelm  Radi  off,  Prof.  in  Kasan  (635). 

Dr.  G.  M.  Redslob,   Prof.    d.  bibl.  Philologie  an  d.  akadem.  Gymnasium 
in  Hamburg  (60). 

-  Dr.  Th.  M.  Redslob,   Custos  an   der  Königl.    und  Universitäts- Bibliothek 

In  Kiel  (884). 

•  Edward  Rehatsek  Esq.  in  Bombay  (914). 

-  Lic.  Dr.  Rein  icke,   Pastor  in  Jerusalem  (871). 

-  Dr.  Leo  Reinisch,  Professor  a.  d.  Universität  in  Wien  (479). 

-  Dr.  Lorenz  Reinke,  Privatgelehrter  und  Rittergutsbesitzer  auf  Langfurden 

im  Grossherzogtli.  Oldenburg  (510>. 

-  Dr.  E.  Reu  an,  Mitglied  der  französ.  Akademie  in  Paris  (433). 

-  Dr.  F.  H.  Reusch,  Prof.  d.  kathol.  Theol.  in  Bonn  (529). 

-  Dr.  E.  Reu  SS,  Prof.  d.  Theol.  in  Strassburg  (21). 

-  Charles  Rice,  Chemist,  Bellevue  Hospital,  New  York  (887). 

-  Dr.  E.  Riehm,  Prof.  d.  Theol.  in  Halle  (612). 

-  Dr.  H.  W.  Christ.  Rittershausen,   Kanzler  der  k.  niederländ.  Gesandt- 

schaft in  Constantinopel  (854). 

-  Dr.  James  Robertson,  Professor  in  Glasgow  (953). 

-  Dr.    Job.    Roediger,    BibUothekar    der    Kön.    u.    Univ. - BibUothek    in 

Königsberg  (743). 

-  Dr.  Albert  Rohr,  Docent  an  der  Univ.  in  Bern  (857 J. 
Gustav  Rösch,  ev.  Pfarrer  in  Langenbrand  (932). 

-  Baron  Victor  von  Rosen,  Prof.  an  der  Universität  in  8t.  Petersburg  (757). 

-  Dr.  R.  Rost,  Oberbibliothekar  am  India  Office  in  London  (152). 

-  Dr.  J.  W.  Rothstein,  Cand.  theol.  in  Bonn  (915). 

-  Dr.  Franz  RUhl,  Prof.  an  der  Univ.  in  Königsberg  (880). 

-  Dr.  Victor  Ryssel,   Oberlehrer  am  Nicolai-Gymnasium  in  Leipzig  (869). 

-  Dr.  Ed.  8  ach  au,  Prof.  d.  morgenl.  8pr.  an  d.  Univ.  in  Berlin  (660). 

-  Lic.  Dt.  Hugo  8achsse  in  Berlin  (837). 

-  Mag.  Karl  8alemann,  Docent  an  der  Univ.  in  8t.  Petersburg  (773). 

-  Dr.  Carl  8andreczki  in  Passau  (559). 

-  Dr.  Franz  Sasse  in  Rheine  (929). 

Archibald  Henry  8ayce,  M.  A.,  Fellow  of  Queens  College  in  Oxford  (762;. 
Dr.    A.    F.    Graf    von     8chack,    grosshorzogl.     mecklenburg.  -  Schwerin. 
Legationsrath  und  KamiMrherr,  in  München  (322). 

-  Ritter  Ignaz  von  8  ch  äff  er,   k.  u.  k.    österreich.-ungar.    diplomat.  Agent 

und  Generalconsnl  für  Egypten  (372). 

-  Celestino    8chiaparelli,    Ministorialrath    und    Prof.    des    Arab.    an    der 

Univ.  in  Rom  (777). 

-  Dr.  Ant.  von  Schiefner  Exe,    kab.   rnss.    wirkl.    Staatsrath   und  Aka- 

demiker in  8t.  Petersburg  (287). 

-  Dr.  Emil  Schlagin tweit,  Assessor  in  Kitzingen  i626>. 

-  O.  M.  Freiherr  von  Schlechta-Wssehrd ,  k.  k.  Hofrath  in  Wien  (272). 


Verteichnüs  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft,     XXXIX 

Herr  Dr.  Konstantin  Schlottmann,  Prof.  d.  Theol.  in  Halle  (346). 

-  Gostav  Schmeitzner,  Bachhändler  in  Schloss-Chemnitz  b.  Chemnitz  (888). 

•  Dr.  Otto  Schmid,  Prof.  d.  Theologie  in  Linz  (938). 

-  Dr.  Ferd.  Schmidt,  Bector  der  hohem  Lehranstalt  in  Gevelsberg,  West- 

falen (702). 

-  Dr.  Wold.  Schmidt,  Prof.  d.  Theol.  an  d.  Univers,  in  Leipzig  (620). 
Dr.  A.  Schmölders,  Pro£  an  d.  Univ.  in  Breslau  (39). 

Dr.    Leo  Schneedorfer,    ProC    aa    der   theolog.    Lehranstalt    in    Bud- 
weis  (862). 

-  Dr.  George  H.  Schodde  in  Wheeliug,  West-Virginia  (900). 

-  Erich  von  Schonberg  auf  Herzogswalde,  Kgr.  Sachsen  (289). 

-  Dr.  W.  Schott,  Professor  an  d.  Universität  in  Berlin  (816). 

•  Dr.  Eberhard  Schrader,  Kirchenrath,  Prof.  an  der  Univ.  in  Berlin  (655). 

-  Eduard  Sehranka,  Cand.  philos.  in  Prag  (933). 

-  Dr.   Paul  Sehröder,    Dolmetscher   bei    der    kais.   deutsch.  Botschaft  in 

Constantinopel  (700). 

-  Dr.  Leopold  Schroeder,  Doceut  an  der  Univ.  in  Dorpat  (905). 
Dr.  Fr.  Schröring,  Gymnasiallehrer  in  Wbmar  (306). 

-  Lic.  Dr.  Robert  Schröter  in  Breslau  (729). 

-  Dr.  Schulte,  Prof.  in  Paderborn  (706). 

-  Dr.  Martin  Schnitze,  Rector  der  hohem  Knabenschule  in  Oldesloe  (790). 

-  Dr.  G.  Schwetschke  in  Halle  (73). 

-  Emile  Senart  in  Paris  (681). 

-  Henry  Sidgwick,  Fellow  of  Trinity  Ck>llege  in  Cambridge  (632). 

-  Dr.  K.  Siegfried,  Prof.  der  Theologie  in  Jena  (692). 

-  J.  P.  Six  in  Amsterdam  (599). 

-  Dr.  Wm.  J.  M.  Sloane,    Prof   am  Priuceton  College   in  Princeton,  New 

Jersey  (928). 

-  Lic.  Dr.  Rudolf  Smend,  Docent  an  der  Univ.  in  Halle  (843). 

-  Henry  P.  Smith,  Prof.  am  Lane  Theological  Seminary  in  Cincinnati  (918). 

-  Dr.  R.  Payue  Smith,  Dean  of  Canterbury  (756). 

-  W.  S.  Smith,  Professor  an  d.  Universität  in  Aberdeen  (787^. 
Dr.  Alb.  So  ein,  Professor  an  d.  Univers,  in  Tübingen  (661). 

Arthur  Frhr.  von  Soden,  k.  württemb.  Lieutenant  a.  D.  in  Tübingen  (848). 

-  Dr.  J.  G.  Sommer,  Prof.  d.  Theol.  in  Königsberg  (303 j. 

-  Domh.  Dr.  Karl  Somogyi  in  Budapest  (731). 

.  Dr.  F.  Spiegel,  Prof.  d.  morgenl.  Spr.  an  d.  Univ.  in  Erlangen  (50). 

-  Dr.  Wilhelm  Spitta,   Director    der  vicekönigl.  Bibliothek  in  Cairo  (813). 

-  Dr.  Samuel  Spitzer,  Ober-Rabbiner  in  Essek  (798). 

-  Dr.  William  O.  Sproull  in  Alleghany  City,  Pennsylvania  (908). 

-  Dr.  Bernhard  Stade,  Prof  der  Theologie  in  Giessen  (831). 

-  K.  Steck,  Prediger  an  d.  reformirten  Gemeinde  in  Dresden  (698). 
Friedrich  Stehr,  Kaufmann  in  Leipzig  (924). 

Dr.  Heinr.  Steiner,  Professor  d.  Theologie  in  Zürich  (640). 

-  P.   Placidui^  Steininger,    Prof    des  Bibelstudiums    in   der  Benediktiner- 

Abtei  Admont  (861). 

-  Dr.  J.  U.  W.  Steinnordh,  Consistorialrath  in  Llnköping  (447). 
.-     Dr.  M.  Steinschneider,  Schuldirigent  in  Berlin  (175). 

-  Dr.  H.  Stointhal,  Prof  der  vergl.  Sprachwissenschaft  an  der  Universität 

in  Berlin  (424). 

-  Dr.  A.  F.  Stenzler,  Prof  an  der  Univ.  in  Breslau  (41). 

-  Dr.  Lud.  von  Stephani  Exe,   k.   russ.  wirkl.  Staatsrath   u.  Akademiker 

in  St.  Petersburg  (63). 

-  Dr.  J.  G.  Stickel,  Geh.  Hofrath,  Prof  d.  morgenl.  Sprachen  in  Jena  (44). 
G.  Stier,  Director  des  Francisceums  in  Zerbst  (364). 

-  E.  Rob.  Stigeler  in  Aarau  (746). 

.  '  J.  J.  Straumann,  Pfarrer  in  Muttenz  bei  Basel  (810). 

-  Dr.  F.  A.  Strauss,  Superintendent  u.  königl.  Hofprediger  in  Potsdam  (295). 


XL  Verzeichnüs  der.  Mitglieder  iler  D.  M.  OeeelUchaft, 

Herr  Lic.  Otto  Stranss,   Superintendent   lu  Pfkrrer   an   der   Sophienkirche   in 
BerUn  (506). 
Victor  von  Strauss  und  Torney  Exe,  wirkl.  Geh.  Rath  in  Dresden  (719,. 
Aron  von  Szilidy,  reform.  Pfarrer  in  Halas,  Klein-Kamanien  (697>. 
A.  Tappehorn,  Pfarrer  in  Vredeu,  Westphiüen  (568). 

-  C.  Ch.  Tauch nits,  Buchhändler  in  Leipzig  (238). 

-  Dr.  Emiüo  Teaa,  ordentl.  Prof.  an  d.  Univ.  in  Pisa  (444). 

•  T.    Theodores,    Prof.    der    morgenl.    Sprachen    an    Owen's    College    in 

Manchester  (624). 

-  F.  Theremin,  Pastor  in  Vandoeuvres  (389). 

-  Dr.  Q.  Thibaut,  Prof.  des  Sanskrit  in  Benares  (781). 

-  Dr.  H.  Thorbecke,  Professor  an  d.  Univ.  in  Heidelberg  (603). 

-  Dr.  C.  P.  Tiele,   Professor  der  Theologie  am  Seminar  der  Remonstrauten 

in  Leiden  (847). 
W.  von  Tieseuhausen,  k.  russ.  Staatsrath  in  Warschau  (262;. 

-  Dr.  Fr.  Trechsel,  Pfarrer  in  Därstetten,  Canton  Bern  (755). 

-  Dr.  Trieb  er,  Gymnasiallehrer  in  Frankfurt  a.  M.  (937). 
Dr.  E.  Trumpp,  Professor  an  der  Univ.  in  München  (408). 

-  Dr.  P.  M.  Tzschirner,  Privatgelehrter  in  Leipzig  (282). 

-  Dr.  C.  W.  Uhde.  Prof  u.  Medicmalrath  in  Braunschweig  (291). 

-  Dr.  H.  Uhle,  Gymnasiallehrer  in  Dresden  (954). 

-  Dr.  J.  Jacob  Unger,  Rabbiner  in  Iglau  (650). 

-  Dr.  J.  J.  Ph.  Valeton,  Prof.  d.  Theol.  in  Groningen  (130). 

-  Herrn.  Vimb^ry,  Prof  an  d.  Univ.  in  Budapest  (672). 

-  J.  C.  W.  Vatke,  Prof.  an  d.  Univ.  in  BerUn  (173). 

-  Dr.  WUh.  Vülck,  Staatsr.  u.  Prof.  d.  Theol.  an  d.  Univ.  in  Dorpat  (536). 

-  Dr.  Marinus  Ant.  Gysb.  Vorstman,  omer.  Prediger  in  Gouda  (345). 

G.  Vortmann,  General-Secret&r  der  Azienda  assicuratrice  in  Triest  (243). 

-  Dr.  J.  A.y  uliers,  Geh.  Studienrath,  Prof  d.  morgenl.  Spr.  in  Giessen  (386). 
Dr.  Jakob  Wackernagel,  Doceut  an  d.  Univ.  in  Basel  (921). 

•  Dr.  S.  J.  War  reu,  Conreetor  am  Gymnasium  in  Zwolle  (949). 

-  Rev.  A.  WUliam  Watkins,  M.  A.,  Kings  CoUege,  London  (827). 

-  Dr.  A.  Weber,  Profes.Hor  an  d.  Univ.  in  Berlin  (193). 

-  Dr.  G.  Weil,  Professor  der  morgenl.  Spr.  an  der  Univ.  in  Heidelberg  (28). 

-  Dr.  H.  Weiss,  Prof  der  Theol.  in  Braunsberg  (944). 

-  Dr.  J.  B.  Weiss,  Professor  d.  Geschichte  a.  d.  Univ.  in  Graz  (613). 
Weljaminov-Sernov  Exe,  kais.  russ.  wirkl.  Staatsrath  und  Akademiker 

in  St.  Petersburg  (539). 

-  Dr.  Julius  Wellhausen,  Prof  der  Theol.  in  Grei&wald  (832). 

-  Dr.  Joseph   Werner  in  Frankfurt  a.  M.  (600). 

-  Lic.  H.  Weser,  Psstor  in  Berlin  <799). 

\yr.  J.  G.  Wetzstein,  kön.  preuss.  (Jonsul  a.  D.  in  Berlin  (47). 

-  Rev.  Dr.   William  Wickes  in  London  (684). 

-  Dr.  Alfred  Wiedemann  in  Leipzig  (898). 

-  F.  W.  E.  Wiedfoldt,  Pfiurer  in  Estedt  bei  Gardelegen  (404). 

-  Dr.  K.  Wieseler,  Prof  d.  Theol.  in  Grei&wald  (106). 
Dr.  Eng.  Wilhelm,  Gymnasialprofessor  in  Jena  (744). 

-  Monier  Williams,    Professor  des  Sanskrit  an  der  Univ.  in  Oxford  (629). 

-  Dr.  W.  O.  Ernst  Wiudisch,  Professor  an  d.  Univ.  in  Leipzig  (737). 

-  Fürst  Ernst  zu  Windisch-Grätz,  k.  k.  Oberst  in  Gras  (880;. 

-  Dr.  M.  Wolff,  Rabbiner  in  Gothenburg  (263). 

-  Dr.  Ph.  Wolff,  StadtpfSurer  in  RoUweU  (29). 

-  Rev.  Charles  H.  H.  Wright,  M.  A.,  B.  D.,  Ph.  D.,  in  Belfast  (553). 

-  William  Wright,    D.  D.,   LL.  D.,   Prof   doa  Arabischen  in   Cambridge, 

Qneen's  College  (284). 

-  W.  AldU  Wright,  B.  A.,  in  Cambridge,  Trinity  CoUege  (556). 

Dr.  C.  Aug.  Wünsche,  Oberlehrer  au  d.  Rathstdchterschule  in  Dresden  (639)* 


VerzeichniM  der  Mitglieder  dei'  D.  M.  Gesellschaft.  XLI 

lierr  Dr.  H.  F.  Wfistenfeld,  Professor  und  Bibliothekar  an  d.  Ünlv.  In  Göt- 
tingen (13). 
•   -     Dr.  A.  Zehme,  Prorector  in  Frankfurt  a.  O.  (269). 

-  Dr.  J.  Tli.  Zenker,  Privatgelehrter  iu  Leipzig  (59). 

Dr.  C.  F.  Zimmermann,  Uector  dos  Gymnasiums  in  Basel  (587). 

-  Dr.  Pius  Ziugerle,  Suhprior  des Bonedictinorstifles  Marienberg,  Tirol  (27 1). 

-  Dr.  Herrn.  Zschokke,   k.  k.  Hofcaplan   and   Professor  an    der  Univ.    iu 

Wien  (714). 

-  Dr.  L.  Zunz,  Semiuardirector  in  Berlin  (70). 

-  Kitter  Jul.   von   Zwiedinek-Sfidenhorst,   k.   u.    k.   ö.sterroich-ungar. 

Generalconsul  in  Bukarest  (751). 

In  die  Stellung  eines  ordentlichen  Mitgliedes  sind  eingetreten: 

Das  Heine-Veitel-Ephraim'sche  Beth  ha-Midrasch  in  Berlin. 
Die  Stadtbibliothek  in  Uambarg. 

,.    Bodleiana  in  Oxford. 

..    Universit&ts-Bibliothek  in  Leipzig. 

..    Kaiserl.  UniTersitäts-  und  Landes-Bibliothek  in  Strassburg. 

,.    Fürstlich  llohenzollern'sche  Hofbibliothek  in  Sigmaringeu. 

„    Universitäts-Bibliothek  in  Giessen. 
Das  Rabbiner-Seminar  in  Berlin. 

The  Kector  of  St.  Francis  Xavier's  College  in  Bombay. 
Die  Universitäts- Bibliothek  in  Utrecht. 

,.    Königl.  Bibliothek  in  Berlin. 

„    Königl.  und  Universitäts-Bibliothek  in  Königsberg. 

„    K.  K.  Universitäts-Bibliothek  in  Prag. 

„    Universität  iu  Edinburgh. 

.,    Königl.  und  Uuivorsitäts-Bibliothek  in  Breslau. 

„    Kön.  Universitäts*Bibliothek  in  Berlin. 


XLU 


Verzeiehniss  der  gelehrten  Körperschaften  nnd  Institute, 
die  mit  der  D.  H.  Gesellschaft  in  8chriftenau8taasch 

stehen. 

1.  Das  Bataviaasch  Genootschap  van  Kunstun  en  Wetenschappen  in  Bntavia. 

2.  Die  Königl.  Preuss.  Akademie  der  Wissenschafton  in  Berlin. 

3.  The  Bombay  Brauch  of  the  Boyal  Asiaüc  Society  in  Bombay. 

4.  Die  Magyar  Tadom4nyos  Akad^mia  in  Budapest. 

5.  Die  Royal  Asiatic  Society  of  Bengal  in  Calcutta. 

6.  Die  KönigL  Gesellschaft  der  Wissenschaflen  in  Göttin  gen. 

7.  Der  Historische  Verein  für  Steiermark  in  Graz. 

8.  Das  Koninkiyk  lustituut  voor  Taal-Land-  en  Volkenkunde  van  Nederlandsch 

IndiS  im  Uaag. 

9.  Das  Curatorium  der  Universität  in  Leiden. 

10.  Die  Royal  Asiatic  Society  of  Great  Britain  and  Ireland  in  London. 

11.  Die  Royal  Geographica!  Society  in  London. 

12.  Die  British  and  Foreign  Biblo  Society  in  London. 

13.  Die  Königl.  Bayer.  Akademie  der  Wissenschaften  iu  München. 

14.  Die  American  Oriental  Society  iu  New  Haven. 

15.  Die  Sociale  Asiatique  in  Paris. 

16.  Die  Soci^t^  de  Geographie  in  Paris. 

17.  Die  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  St.  Petersburg. 

18.  Die  Kais.  Russ.  Geographische  Gesellschaft  in  St.  Petersburg. 

19.  Die  Soci^te  d'Archeologie  ot  de  Nnmismatique  in  St.  Petersburg. 

20.  The  North  China  Brauch  of  the  Royal  Asiatic  Society  in  Shanghai. 

21.  Die  Smithsonian  Institution  in  Washington. 

22.  Die  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien. 

23.  Die  Numismatische  Gesellschaft  in  Wien. 

24.  Der  Deutsche  Verein  zur  Erforschung  Palästinas. 


xuu 


Yeneichniss   der   auf  Kosten   der   Dentsohen   Horgen- 
ländischen  Oesellsehaft  Teröffentlichten  Werke. 

Zeitsehrift  der  Deutschen  Morgeiüändischen  Gesellschaft.  Ilerausj^egeben  von 
den  Geschäftsführern.  1— XXXII.  Band.  1847—78.  418  M.  (I.  8  M. 
II— XXI.  k  12  M.     XXII— XXXII.  ä  15  M.) 

Früher  erschien  and  wurde  später  mit  obiger  Zeitschrift  voreinigt: 
Jahresbericht  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft  für  das  Jahr 
1845    und    1846    (Ister   und    2ter   Band).      8.      1846—47.     5   M.     (1845. 
2  M.  —  1846.  3  M.) 

Register   zum  I.— X.  Band.     1858.     8.     4   A/.     (Für  Mitgl.  der 

D    M    G.  3  M.) 

Register  zum  XI.— XX.  Band.     1872.     8.     1   M.  60  Pf.     (Für 


Mitgl.  der  I).  M.  G.  1   A/.  20  Pf.) 

Regi.Hter    zum    XXI.— XXX.    Band.      1877.      8.      1    M.    60    Pf. 

(Für  Mitgl.  der  D.  M.  G.   1  A/.  20  Pf.) 

Da  von  Bd.  1 — 7.  11 — 18  der  Zeitschrift  nur  noch  eine  geringe  Anzahl 
von  Exemplaren  vorhanden  bt,  können  diese  nur  noch  zu  dem  vollen 
Ladenpreis  abgegeben  werden.  Bd.  8,  9  und  10  können  einzoln  nicht 
mehr  abgegeben  werden,  sondern  nur  bei  Abnalime  der  gesammten  Zeit- 
schrift, und  zvt'BX  auch  diese  nur  noch  zum  vollen  Ladenpreis.  Einzelne 
Jahrgänge  oder  Hefte  der  zweiten  Serie  (Bd.  21  AT.)  werden  an  die  Mitglieder 
der  Gesellschaft  auf  Verlangen  unmittelbar  von  der  Commissions- 
buchhandlnng,  F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig,  zur  Hälfte  des  Preises  ab- 
gegeben, mit  Ausnahme  von  Band  27,  welcher  nur  noch  mit  der  ganzen 
Serie,  und  zwar  zum  vollen  Ladenpreis  (15  M.)  abgegeben  werden  kann. 
. Supplement  zum  20.  Bande: 

Wissenschaftlicher  Jahresbericht   Über   die   morgenländ.  Studien    1859 — 
1861,    von   Dr.    Eich.    Ooache.      8.      1868.     4  M.     (Für  MitgUoder   der 
D.  M.  G.  8  M.) 
Supplement  zum  24.  Bande: 

Wissenschaftlicher  Jahresbericht  für  1862—1867,  von  Dr.  Rieh.  Goache. 
Heft  I.     8.     1871.     8  Af.     (Für  Mitglieder  der  D.  M.  G.  2  M.  25  Pf.) 
Abhandlungen  für  die  Kunde  des  Morgenlandes,  herausgegeben  von  der  Deutschen 
Morgenländischen  Gesellschaft.     I.  Band  (in  5  Nummern).     1859.    8.    19  M. 
(Für  MltgUedor  der  D.  M.  G.  14  M.  25  Pf.) 

Die  einzelnen  Nummern  unter  folgenden  besoudc>rn  Titeln: 

[Nr.  1.  Mithra.  Ein  Beitrag  zur  Mythengeschichte  des  Orients  von 
F,  Windi9Chmann,  1857.  2.  Af.  40  Pf  (Für  Mitgl.  der  D.  M  G. 
1   A/.  80  Pf.)     Vergriffen]. 

Nr.  2.  AI  Kindi  genannt  „der  Philosoph  der  Araber".  Ein  Vorbild 
seiner  Zeit  und  seines  Volkes.  Von  Gst.  Flügel.  1857.  1  A/.  60  Pf 
(Für  Mitglieder  der  D.  M.  G.   1   Af.  20   Pf.) 

e* 


XLIV      Vet'zeichniaa  der  auf  Kosten  d.  D.  M.  G.  veröffentlichten  Werke. 

Nr.  3.  Die  fünf  Gäth&s  oder  Sammlüugen  von  Liedern  und  Sprüchen 
Zarathustra's,  seiner  Jünger  und  Nachfolger.  Heraufigegeben,  Übersetzt  und 
erläutert  von  Mt.  Haug.  1.  Abtheilung:  Die  erste  Sammlung  (Q&thft 
ahunavaiti)  enthaltend.     1858.     6  M.    (Für  Mitgl.  d.  D.  M.  G.  4  M,  ÖO  Ff.) 

Nr.  4.  Uebor  das  Catrunjaya  M&hätmyam.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte 
der  Jaina.  Von  A,  Weber.  4858.  4  M.  50  Ff  (Für  Mitgl.  d.  D.  M.  G. 
3  M.  40  Ff.) 

Nr.  5.  Ueber  da&  Verhältniss  des  Textes  der  drei  syrischen  Briefe  des 
Ignatitts  zu  den  übrigen  Becensionen  der  Ignatianischen  Literatur.  Von 
Rieh.  Adlb.  Idpsiue.     1859.      4  M.   50  Ff.     (Für  Mitgl.   der   D.  M.  G. 

3  M.  40  Ff.) 

Abhandlungen    für    die   Kunde    des  Morgenlandes.     II.  Band    (in  5  Nummern). 

1862.     8.     30  M.    40  Ff.     (Für  Mitglieder    d.  D.  M.  G.    22  M.  80  Ff.) 

Nr.  1.     Hermae  Pastor.     Aetlüopice   primura    edidit   et  Aethiopica  latine 

vertu    AnL    d'Abbadie.     1860.     6    M.      (Für  Mitglieder   der   D.   M.   G. 

4  M.  50  Ff.) 

Nr.  2.  Die  fünf  G&thds  des  Zarathnstra.  Herausgegeben,  übersetzt  und 
erläutert  von  Mt.  Uaug.  2.  Abtheilung:  Die  vier  übrigen  Sammlungen 
enthaltend.     1800.     6  M.     (Für  Mitgüeder  der  D.  M.  G.  4  M.  50  Ff.) 

Nr.  3.  Die  Krone  der  Lebensbeschreibungen  enthaltend  die  Classen  der 
Ilanetiten  von  Zein-äd-din  Käsim  Ihn  Kutlübugä.  Zum  ersten  Mal  heraus- 
gegeben und  mit  Anmerkungen  und  einem  Index  begleitet  von  Qtt.  Flügel. 
1862.     6  M.     (Für  Mitglieder  der  D.  M.  G.  4  M.  50   Ff.) 

Nr.  4.  Die  grammatbchen  Schulen  der  Araber.  Nach  den  Quellen  be- 
arbeitet von  (x8t.  Flügel.  1.  Abtheilung :  Die  Schulen  von  Basra  und 
Kufk  und  die  gemischte  Schule.  1862.  6  M.  40  Ff.  (Für  MitgUeder 
der  D.  M.  G.  4  AI.  80  Pf.) 

Nr.  5.  Kathä  Sarit  S4gara.  Die  Märchensammlung  des  Somadeva. 
Buch  VL  VII.  VIII.  Herausgegeben  von  Um.  Brockhaua.  1862.  6  A/. 
(Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  4  M.  50  Ff.) 

m.  Band  (in  4  Nummern).     1864.     8.     21  M.     (Für  MitgUeder 

der  D.  M.  G.  20  M.  25  Ff.) 

Nr.  1.  Sse-schu,  Schu-king,  Schi-king  in  Mandschuischer  Uebersetzung 
mit  einem  Mandschu-Doutschen  Wörterbuch,  herausgegeben  von  H,  Conon 
von  der  Oabelentz.  1.  Heil.  Text.  1864.  9  M.  (Für  MitgUeder  der 
D.  M.  G.  6  M.  75  Ff)  ' 

Nr.  2. 2.    Hea.     Mandschu-Deutsches  Wörterbuch.     1864.     G    M, 

(Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  4  M.  50  Ff.) 

Nr.  3.  Die  Post-  und  Reiserouten  des  Orients.  Mit  16  Karten  nach 
einheimischen  QueUen  von  A.  Sprenger.  1.  Heft.  1864.  10  M.  (Für 
MitgUeder  der  D.  M.  G.  7  M.  50  Ff) 

Nr.  4.  Indische  Hausregeln.  Sanskrit  n.  Deutsch  heransg.  von  Ad.  FV, 
Stenzler.  I.  A^val&yana.  1.  Heft.  Text.  1864.  2  Ai.  (Für  Mitglieder 
der  D.  M.  G.   1  M.  60  Ff.) 

IV.   Band    (in   5    Nummern).      1865—66.     8.     25   M.    20    Ff 

(Für  Mitgl.  d.  D.  M.  G.  18  M.  90  Ff.) 

Nr.  1.  Indische  Hausregeln.  Sanskrit  u.  Deutsch  heraus,  von  Ad.  Fr. 
Stenzler.  I.  A^valftyana.  2.  Heft.  Uebersetzung.  1865.  3  M,  (Für 
MitgUeder  der  D.  M.  G.  2  M.  25  Ff.) 

Nr.  2.  ^'&ntanava's  Phitsftira.  Mit  verschiedenen  indischen  Commentaren, 
Einleitung,  Uebersetzung  und  Anmerkungen  heransg.  von  Ft,  Kielhom. 
1866.     3  M.     (Für  BfitgUeder  der  D.  M.  G.  2  M.  25  Ff.) 

Nr.  3.  Ueber  die  jüdische  Angeolologie  u.  Daemonologie  hi  ihrer  Ab- 
hängigkeit vom  Parsismus.  Von  Alx.  Kohul.  1866.  2  M.  (Für  Mitgl. 
d.  D.  M.  G.  1  M.  50  Ff.) 

Nr.  4.  Die  Orabschrift  des  sidonischen  Königs  Esohmnn-^zer  übersetzt 
mad  «rUirt  von  K  Meier.  1866.  1  M.  20  Ff.  (Für  Mitglieder  der 
B.  If.  a.  90  Pf.) 


mr. 


Verzeichnüs  der  auf  Kosten  d.  D.  M.  G.  veröffentlichten  Werke.    XLY 

Nr.    5.      KathA    Sarit    SAgarä.      Die    Mlrchensammlung    des    Somadeva. 

Buch  IX — XVIII.    (Schluss.)     Herausgegeben  von  hm.  Brockhaus.     1866. 

16  M.     (Pur  MitgUeder  der  D.  M.  6.   12   M.) 

Abhandlungen   fär   die   Kunde   des   Morgenlandes.     V.   Band    (in    4  Nummern). 

1868—1876.     8.     37  M.  10  Pf.     (Für   Mitgl.  der  D.M.G.  27  M.  85  Pf.) 

Nr.  1.  Versuch  einer  hebräischen  Formenlehre  nach  der  Aussprache 
der  beatigen  Samaritaner  nebst  einer  darnach  gebildeten  Transcription  der 
Genesis  mit  einer  Beilage  von  A.  Petermann.  1868.  7  M.  50  Pf.  (Für 
MitgUeder  der  D.  M.  G.  5  M.  65  Pf.) 

Nr.  2.  Bosnisch-türkische  Sprachdenkmäler  von  O.Blau.  1868.  9  M, 
60  Pf.     (Für  Mitglieder  der  D.  M.  G.  7  M.  20  Pf.) 

Nr.  3.  Ueber  das  Sapta^atakam  des  H&la  von  A^.  Weber.  1870. 
8  M.     (Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  6  M.) 

Nr.  4.  Zur  Sprache,  Literatur  und  Dogmatik  der  Samaritaner.  Drei  Ab- 
bandlungen nebst  zwei  bisher  unedirten  samaritan.  Texten  herausgeg.  von 
JStmi.  Kohn.     1876.     12  M.     (Für  Mitgl.  d.  D.  M.  G.  9  M.)     • 

VI.  Band.     No.  1.     Chronique   de  Josu^   le  Stylite,    ^crite  vers 

Van    515,    texte   et   traduction    par    P.  Martin,     8.     1876.      9  M.     (Für 
MitgUeder  der  D.  M.  G.  6  Jlf.  75  Pf.) 

Nr.  2.  Indische  Hansregeln.  Sanskrit  und  Deutsch  herausgeg.  von  Ad. 
Fr.  Stenzler.  U.  Paraskara.  1.  Heft.  Text.  1876.  8.  3  M.  60  Pf. 
(Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  2  J/.  70  Pf.) 

Nr.  3.  Polemische  und  apologetische  Literatur  in  arabischer  Sprache 
zwischen  Muslimen,  CHiristen  und  Juden,  nebst  Anhängen  verwandten 
Inhalts.  Von  Ai.  SUinschneider,  1877.  22  M.  (Für  Mitgl.  der  D.  M.  G. 
16  M.  50  Pf.) 

Nr.  4.     Indische  Hausregeln.     Sanskrit  und  Deutsch  herausg.  von  Ad.  Fr. 
Stemler.     II.     Paraskara.    2.  Heft.    Uebersetzung.    1878.    8.    4  M.  40  Pf, 
(Für  Mitgl.  der  D.  M.  G.  3  M.  30  Pf.) 
Vergleichungs-TabeUen  der  Muhammedanischen    und    Christlichen   Zeitrechnung 
nach  dem  ersten  Tage  jedes  Muhammedanischen  Monats  berechnet,  herausg. 
von   Ferd,    Wüstenfeld.      1854.     4.     2  M.     (Für    Mitgl.    d.    D.    M.    G. 
1  M.  50  Pf.) 
BibUoteca  Arabo-Sicula,  ossia  Kaccolta  di  testi  Arabici  che  toccano  la  geografia, 
la   storia,    le    biografie  e   la   bibliografia    della    SiciUa,    messi    insieme    da 
Miehele  Amari.     3  fascicoU.     1855—1857.     8.     12  M.     (Für  Mitglieder 
d.  D.  M.  G.  9  M.) 
Appendice  alla  BibUoteca  Arabo-Sicula  per  Miehele  Amari  con  nuove  anno- 
tazioni  critiche  del  Prof.  Fleischer,     1875.    8.    4  M.     (Für  MitgUeder  der 
D.  M.  G.  3  M.) 
Die  Chroniken  der  Stadt  Mekka  gesammelt  und  auf  Kosten  der  D.  M.  G.  heraus- 
gegeben, arabisch  und  deutsch,  von  Ferdinand  Wüstenfeld.     1857 — 61. 
4  Bände.     8.     42  M.     (Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.    31  M.  50  Pf.) 
Biblia   Veteris  Testamenti   aethiopica,  in   quinque   tomos   distributa.     Tomus  H, 
sive  libri  Regum,  Paralipomenon ,  Esdrae,  Esther.     Ad  librorum  manuscrip- 
torum   fidem   edidit  et  apparatu  critico  instruxit  A.  DiUmann.     1861.     4. 

8  M,     (Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  6  M.) 

Fase,  n,    quo   continentur  Libri   Kegum   HI   et  IV.     4.     1872. 

9  M.     (Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  6  üf.  75  Pf.) 

F'irdosi.      Das    Buch   vom   Fechter.     Herausgegeben   auf  Kosten    der  D.  M.  G. 

von    Ottokar  van  Üehtechta-Wssehrd.     (In   türkischer   Sprache.)      1862. 

8.     1  M.     (Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  75  Pf.) 
Subbi  Boy.     Compte-rendu  d'une  döcouverte  importante  en  fait  de  numismatique 

mnsnlmane    pubUÖ   en  langue   turque,  traduit  de  Toriginal  par  Ottocar  de 

Schleckta.     1862.     8.     40  Pf.     (Für  Mitglieder  der  D.  M.  G.  30  Pf.) 
Tbe  KAmil   of  el-Mubarrad.     Edited   for  the  German  Oriental  Society  from  the 

Manuscripta   of  Leyden,    St.   Petersburg,    Cambridge   and   Berlin,   by   W. 

Wright.     Ist.   Part.      1864.     4.      10  M.     (Für   Mitglieder   der   D.  M.  G. 


XLTl    Vereeickniss  der  auf  Kosten  iL  D.  M.  G.  veröffeniUchten  Werke, 

7  M.   50  Pf.)     «d— lOth  Part.      1865—74.     4.     Jeder  Part  6  M.     (Für 

MitgUeder  der  D.  M.  G.  k  4  M.  50  Ff) 
J acutes    Geographisches    Wörterbach    ans    den    Handschriften    m    Berlin ,    St. 

Potersborg,  Paris,    London  und  Oxford   auf  Koston   der  D.  M.  G.  heraosg. 

von  Ferd.   WüiUnfeld.     Band  1— IV.     1866—69.     8.     Jeder  Band  (in  2 

Ilalbb&nden)  33  M.     (Für  MitgUeder  der  D.  M.  G.  22  M.) 

Band  V.     Anmerkungen.      1873.     8.      24  M.     (Für  Mitglieder 

der  D.  M.  G.  16  M.) 

Band  VI.     Register.     1870—71.      8.     1.  Abth.   8  Af.;   2    Abth. 

16  M.     (Für  MitgUeder    der  D.  M.  G.     1.  Abth.  5   At,  40  Pf.-,    2.  Abth. 

10  A/.  60  Ff) 
Ibu  Jais   Commentar    su   Zamach$ari*s   Mufassal.      Nach    den   Handschriften   zu 

Leipzig,  Oxford,  Constantinopel  und  Cairo  herausgeg.  von  O.  Jahn.    1.  Heft. 

1876.     2.  Heft.     3.  Heft.     1877.     4.     Jedes  Heft  12  M.     (Für  MitgUeder 

der  D.  M.  G.  ä  8  A/.) 
Chronologie  orientalischer  Völker  von  Albirüni.     Uerausg.  von  C.  Ed.  Saehaa. 

1.  Hälfte.     1876.     4.     13  M.     (Für  Mitgl.  der  D.  M.  G.  8  M.  50  Pf.) 


Zu  den  für  die  MitgUeder  der  D.  M.  G.  festgesetzten  Preisen  können 
die  Bücher  nur  von  der  Commissionsbuchhandlung,  F.  A.  Bruck- 
haus  in  Leipzig,  unter  Francoeinsend  ung  des  Betrags  bezogen  wer- 
den; bei  Bezug  durch  andere  Buchhandlungen  werden  dieselben  nicht 
gewährt 


Nachrichten 


über 


Angelegenheiten 


der 


Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft. 


UI 


Protokollarischer  Bericht 

Aber  die  in  Wiesbaden  Tom  26.  bis  28.  September  1877 

abgehaltene  Generalyersammlung  der  D.  H.  G. 

Erste  Sitzung. 

Wiesbaden  d.  26.  September  1877. 

Nacb  Eröffnung  der  32.  Versammlang  deutscher  Philologen  und  Schul- 
minner  durch  den  Präsidenten  Oymnasialdirector  Paehler  und  Anhörung  des 
ersten  allgemeinen  Vortrags  constituirte  sich  die  orientalistische  Section  um  ^/,  1 
in  der  Aula  des  Realgymnasiums.  Der  in  Tübingen  gewihlte  Präsident  Prof. 
Gildemeister  begrüsste  die  Versammlung  mit  einem  Vortrage,  in  welchem 
er  das  Andenken  der  aus  Nassau  entstammten  Orientalisten  Amoldi  und  Lors- 
bach erneuerte  und  der  im  letzten  Jahre  verstorbenen  Fachgenossen  Brockhaus, 
Tobler,  Paul  Goldschmidt,  v.  Prokesch-Osten ,  B^in,  Perron,  Duncan  Weir  ge- 
dachte. Wegen  der  vorgerückten  Zeit  konnte  der  Vortrag  nicht  zu  Ende  ge- 
führt werden;  der  President  schritt  zur  Bildung  des  Bureaus  und  schlug  als 
Vicepräsidenten  Herrn  Prof  Ernst  Kuhn  aus  München,  als  Secretäre  Herrn 
Prof.  Prym  aus  Bonn  und  Herrn  Dr.  Cornill  aus  Frankfurt  a.  M.  vor,  welcher 
Wahl  die  Versammlung  beistimmte.  Nach  Feststellung  der  Tagesordnung  für 
den  nächsten  Morgen  schloss  der  Präsident  um  Vs  ^  ^^®  Sitzung. 

Zweite  Sitzung. 

Wiesbaden  d.  27.  September  1877. 

Beginn  der  Sitzung  um  9  Uhr.  Nach  Verlesung  und  Genehmigung  des 
ProtokoUes  der  vorigen  Sitzung  theilt  der  Präsident  mit,  dass  durch  uner- 
wartete Verhinderung  des  Herrn  Dr.  Cornill  die  Neuwahl  eines  zweiten  Secretärs 
nothwendig  geworden  sei,  und  schlägt  hierzu  Herrn  Prof  Jacobi  vor,  welchem 
Antrage  die  Versammlung  beistimmt.  Alsdann  verliest  er  einen  Brief  des  Herrn 
General-Consol  Blau,  welcher  die  Versammlung  mit  einer  Abhandlung  über 
„die  Elymäischen  Pyraethen  und  ihre  Münzen**  und  einer  andern  über  ,J>ie 
Herren  von  Sophene  und  deren  Münzen"  begrüsst,  und  legt  selbst  photographische 
Abbildungen  einer  arabischen  SchatuUe  mit  Arabesken  und  Au£ichrift  vom 
Jahre  355  d.  Fl.  zur  Ansicht  aus. 

Den  eisten  Gegenstand  der  heutigen  Tagesordnung  bilden  die  Angelegen- 
heiten  der  D.  H.  G.     Herr   Prof    Oildemeister   verliest   den   Kassenbericht 

a» 


IV    Protokollar,  Bericht  über  die  Generalversammlung  zu   Wiesbaden. 

für  1876,  und  die  Versammlung  ertheilt,  da  Monita  nicht  vorliegen,  auf  Antrag 
des  Hm.  Geh.-R.  Fleischer  dem  Kassirer  D^charge.  Eis  folgt  der  Redactions- 
bericht  des  Hm.  Prof.  Loth,  der  von  dem  Fortgange  der  Zeitschrift  und  der 
übrigen  Publicationen  der  Gesellschaft  Kenntniss  gibt.  BoUensen's  Ausgabe  des 
Mlilavikftgnimitra  bt  in  Angriff  genommen.  Jedem  einzelnen  Bande  der  Zeit- 
schrift soll  künftig  ein  alphabetisches  Verzeichniss  der  Autoren  und  Titel  bei- 
gefugt werden.  —  Den  von  Prof.  Schlottmann  abge£E»sten  Secretariatsbericht 
verliest  H.  6eh.-R.  Fleischer.  Nach  Ausweb  desselben  besteht  die  Gesell- 
schaft augenblicklich  aus  474  ordentlichen,  25  correspondirenden  und  16  Ehren- 
mitgliedern. Die  Gesellschaft  hat  für  die  bevorstebende  Ausgabe  des  Tabari 
einen.  Beitrag  von  mindestens  1500  Mark,  ^Ibar  bis  1880|  zugesichert  I>iis 
Fleischerstipendium  ist  im  Betrage  von  460^  H.  dem  Hm.  Dr.  Hommel  verliehen. 

Herr  Prof.  Kuhn  verliest  den  wissenschaftlichen  Jahresbericht  für  1876/77, 
und  zwar  den  des  Herrn  Dr.  v.  d.  Gabelentz  über  die  Ostasien  und  Afrika 
betreffende  Literatur,  und  alsdann  den  seinigen  über  die  literarischen  Er- 
scheinungen auf  dem  Gebiete  der  allgemeinen  und  vergleichenden  Sprachwissen- 
schaft, sowie  der  indischen  und  alteramschen  Philologie.  Es  folgt  der  Vortrag 
des  Hm.  Prof.  Savelsberg  über  lykische  Inschriften.  Nach  Feststellung  der 
nächsten  Tagesordnung  wird  die  Sitzung  um  llVt  U^i*  geschlossen. 

Im  Anschluss  an  diese  Sitzung  vereinigen  sich  um  12  Uhr  die  Mitglieder 
des  Deutschen  Vereins  zur  Erforschung  von  Palästina  zur  definitiven  Gründung 
desselben.  Hr.  Prof.  Kautzsch  gibt  Nachricht  von  den  bbherigen  Bemühungen 
des  Comit^s  und  stellt  die  von  demselben  vereinbarten  Statuten  zur  Debatte^ 
die  letztere  muss  wegen  vorgerückter  Zeit  um  1  Uhr  unterbrochen  werden;  ihre 
Fortsetzung  wird  auf  morgen  um  11  Uhr  angesetzt. 

Dritte  Sitzung. 

Wiesbaden  d.  28.  September  1877. 

Beginn  der  Sitzung  um  9*/^  Uhr.  Nach  Verlesung  und  (Genehmigung  des 
Protokolb  der  gestrigen  Sitzung  trägt  der  Präsident  den  Bibliotheksbericht 
des  Hm.  Prof.  Gosche  vor,  nach  welchem  ein  Zuwachs  von  137  neuen  Num- 
mern zu  verzeichnen  bt.  In  Bezug  auf  die  Herstellung  des  Katalogs  liegt  ein 
Antrag  des  Hm.  Prof.  Gosche  vor: 

,4)ie  (Generalversammlung  wolle  genehmigen,  daas  die  Artikel  der  Zeitschrift 
„in  den  anzufertigenden  Katalog  der  Bibliothek  der  Gesellschaft  mitauftunehmen 
„seien*',  und  femer  ein  Antrag  des  Hm.  Prof.  v.  Roth  folgenden  Inhalts: 

„Für  die  Anordnung  des  Katalogs  empfiehlt  die  G.-Vers.  folgende  Grundsätze : 

„1.  Verzeichnet  ^rerden  nur  selbstständige  Schriften,  unter  welche  die  be- 
„sonders  paginirten  Abdrücke,  nicht  aber  auch  Ausschnitte  aus  Sammelwerken 
„oder  Zeitschriften  zu  rechnen  sind. 

„2.    Die  Haupteintheilung  geschieht  nach  Sprachen  bez.  Literaturzweigen. 

„3.  Unterabtheilungen  nach  Sachen,  wie  Philosophie,  Medidn  u.  s.  w.  wer- 
„den  nur  da  gemacht,  wo  durch  das  Vorhandensein  einer  grösseren  Anzahl  von 
„Werken  dieses  Verfahren  wfinschenswerth  erscheint,  z.  B.  bei  Arabbch,  Sanskrit. 

^4.    Die  Anordnung    in  jedem  Theil    bez.    in  jeder  Unterabtheilung    soll 


Froivkallai'.  Bericht  über  die  Generalversammlung  zu  Wiesbaden.     T 

.^phabetisch  sein  nach  den  Namen  der  Verfasser.  Dabei  ist  nicht  aus- 
.^eschlossen,  dass  bekannte  Büchortitel  an  ihrer  Stelle  aofgefährt  und  die  Ver- 
^Weisungen  beigefügt  werden:  z.  B.  Mahabh&rata  siehe  Vjasa. 

„5.  Uebersetzungen  und  Erklärungen  werden  zum  Original  gestellt. 

„6.  Ein  Register  ist  nothwendig,  wogegen  bei  dieser  Anordnung  ein  bc- 
,^ndorer  Index  entbehrt  werden  kann. 

„7.  In  einem  allgemeinen  Theil  sind  alle  diejenigen  Werke  zusammen- 
„zusiellenf  die  sich  nicht  unter  die  Rubrik  einer  Sprache  bringen  lassen. 

^ttch  hier  sind  Unterabtheilungen  zulässig." 

Der  letztere  Antrag  wird  nach  kurzen  Erörterungen  von  der  Versammlung 
angenommen,  wodurch  der  engere  Antrag  Prof.  Gosche s  ohne  besondere  Ab- 
stimmong  als  erledigt  zu  betrachten  ist. 

Herr  Pfarrer  Rösch  stellt  den  Antrag,  dass  die  Wahl  der  Vorstands- 
mitglieder noch  während  des  Vormittags  voi^enommen  werden  solle,  zieht  den- 
selben -aber  nach  Gegenbemerkungen  des  Herrn  Präsidenten  wieder  zurück. 
—  Hierauf  erhält  Hr.  Prof.  Socin  das  Wort  zur  Abstattung  seines  Jahres- 
berichtes ;  wegen  Kürze  der  Zeit  beschränkt  er  sich  auf  die  Darlegungen  seiner 
Bemühungen  um  denselben.  Hr.  Prof.  Kautzsch  berichtet  über  die  Leistungen 
auf  dem  Gebiete  des  Hebräischen.  Dr.  Landauer's  Bericht  über  das  Rab- 
binischc  bleibt  unvorlesen.  Die  an  die  Jahresberichte  zu  knüpfende  Discussion 
wird  auf  den  Nachmittag  angesetzt.  Der  Präsident  spricht  den  Verfassern 
der  Jahresberichte  den  Dank  der  Gesellschaft  aus,  welchem  diese  durch  Erheben 
von  den  Sitzen  Ausdruck  verleiht. 

Sodann  spricht  Hr.  Consistor.-R.  Dr.  Wieseler  Über  die  Nothwendigkeit 
einer  neuen,  kritbchen  Ausgabe  der  Schriften  des  Josephus  und  knüpft  hieran 
den  Antrag:  „die  Generalversammlung  der  D.  M.  G.  möge  die  Ueborzeugung 
,,aiiasprechen ,  dass  wegen  der  mangelhaften  kritischen  Beschaffenheit  der  bis- 
,4ierigen  Ausgaben  der  Schriften  des  Josephus  eine  neue  kritische  Ausgabe  der- 
„selben  ein  dringendes  Bedürfioiss  sei,  und  den  Vorstand  ersuchen,  diese  An- 
„gelegenhoit  unausgesetzt  im  Auge  zu  behalten,  ohne  dadurch  die  Gesellschaft 
„zu  einer  Geldbeihülfe  zu  verpflichten."  Derselbe  wird  nach  einigen  Be- 
merkungen der  Herren  Fleischer,  Gildemeister  und  Roth  angenommen^). 

Um  11  Uhr  wird  die  gestern  abgebrochene  Debatte  über  die  Statuten  des 
Deutschen  Vereins  zur  Erforschung  Palästina's  fortgesetzt;  dieselben  werden 
sämmtlich  genehmigt;  der  Verein  ist  hiermit  definitiv  gegründet. 

Nach  einer  kurzen  Zwischenpause  hält  um  12  Uhr  Herr  Halövy  in  fran- 
zösischer Sprache  einen  Vortrag  Über  die  SafÄ-lnschriften*).  Die  Sitzung  wird 
um  l'/'4  Uhr  bis  Nachmittags  3  Uhr  ausgesetzt. 

Nach  Wiedereröflhung  derselben  wird  zunächst  zur  Neuwahl  des  Vorstandes 
geschritten.     Es  scheiden  statutengomäss  aus  die  Herren  Gosche,  Jülg,Krohl, 


1)  Dem  Herrn  Antragsteller  war  imbekannt  geblieben,  dass  eine  kritische 
Ausgabe  des  vollständigen  Josephus  durch  Hm.  Prof.  B.  Niose  in  Marburg  vor- 
bereitet ist,  zu  der  alle  in  Betracht  kommenden  Handschriften  in  Rom,  Venedig, 
Florenz,  Paris  u.  s.  w.  verglichen  worden  sind.  Sie  wird  im  Verlage  der  Woid- 
mannschen  Buchhandlung  erscheinen  und  der  Druck  voraussichtlich  noch  im 
Jahre  1878  begonnen  werden.  J.  G. 

2)  S.  u.  8.  167.  Red. 


YI     Protokoüar.  Bericht  Über  die  Oeneralversammlang  »u  Wietbaden. 

Schlottmann.  Es  werden  22  Stimmzettel  abgegeben:  die  Herren  JUlg, 
Krehl  und  Schlottmann  wiedergewählt,  die  beiden  ersten  einstimmig, 
letzterer  mit  21  Summen;  ausserdem  wird  gewählt  Hr.  Prof.  Aug.  Müller  mit 
21  Stimmen;  je  eine  Stimme  fiel  auf  die  Herren  Gosche  und  Riehm.  —  Der 
Vorstand  besteht  demnach  gegenwärtig  aus  folgenden  Mitgliedern: 
Gewählt  in  Rostock  1875  in  Tübingen  1876  in  Wiesbaden  1877 

Gildemeis^er  Fleischer  Jülg 

Köldeke  Loth  Krehl 

Pott  V.  Roth  Aug.  Müller 

Wüstenfeld  Schlottmann 

Da  als  Ort  der  nächsten  Versammlung  G«ra  in  Aussicht  genommen  ist,  so 
beschliesst  die  Versammlung,  Hm.  Geh.-Hofrath  Stickel  in  Jena  um  Ueber- 
nahme  des  Präsidiums  der  Orientalisten-Section  zu  ersuchen.  Auf  Antrag  des 
Hm.  Prof.  Kuhn  wird  beschlossen,  den  Jahresbericht  bis  zum  Jahresschlüsse 
1877  fortzusetzen  und  zum  Drucke  zu  befördern.  Hinsichtlich  der  rückständigen 
Jahresberichte  wird  folgender  Antrag  des  Präsidenten  zum  Beschluss  erhoben. 
„Die  Gesellschaft  nimmt  für  den  Fall,  dass  bei  der  nächsten  Generalversammlung 
„die  rückständigen  Jahresberichte  nicht  druckfertig  abgeliefert  seien,  das  vor- 
„läufige  Anerbieten  der  Herren  Kuhn  und  Sodn,  für  die  fehlenden  Jahre  einen 
kurzem  Nachtrag  zu  liefern,  an." 

Auf  eine  Aufirage  der  Herren  Kuhn  und  Socin  wird  erklärt,  dass  es 
nicht  wünschenswerth  sei,  die  geographische  Literatur  in  den  Jahresberichten 
weiter  zu  berücksichtigen,  als  es  philologisches  und  historisches  Interesse  habe. 
Hiermit  smd  die  geschäftlichen  Angelegenheiten  der  D.  M.  G.  erledigt. 

Es  folgen  die  Vorträge  der  Herren  Bfihler  über  die  Bestimmung  der 
Bussen  (präyaschitta^s)  in  Indien,  Frenkel  Über  Reim  und  Metrum  auf  einer 
ägyptisch-aramäischen  Inschrift  nach  Schlottmann^s  Mittheilungen '),Hoernle 
Über  die  Verwandtschaft  der  nordindischen  Dialekte*)  und  Hommel  über  das 
Sumerische").  An  die  drei  letzten  Vorträge  knüpfen  sich  Discussionen ,  an 
welchen  sich  die  Herren  Hal^vy,  Kuhn,  Gildemeister,  Kern,  Bühler, 
Steinthal  und  Fleischer  betheUigen. 

Der  Vicepräsident  schliesst  die  diesjährigen  Seotionssitzungen  um  7  Uhr 
und  spricht  dem  Präsidenten  den  Dank  der  Versammlung  aus. 


Präsenzliste  der  Orientalisten -Tersammliing  in 

Wiesbaden.  *) 

*1.  Dr.  Adolf  Brüll,  Frankfurt  a/M. 

*2.  Dr.  K.  Hoernle,  Principal  Cath.  Miss.  CoU.  CalcutU. 

*3.  H.  L.  Fleischer,  Leipzig. 


1)  8.  u.  S.  187.  Red. 

2)  Ein  Auszug  aus  diesem  Vortrage,  dessen  Inhalt  die  Einleitung  zu  der  Hindi- 
Grammatik  des  Hm.  Vf's  bilden  wird,  steht  in  der  Ztschr.  für  Gymnasialwesen 
und  in  den  Verhandlungen  der  Wiesbadener  Philologenversammlung.       J.  G. 

3)  S.  u.  S.  177.  Red. 

4)  Die  Aufführung  erfolgt  nach  der  eigenhändigen  Einzeichnung.  Die  mit 
*  Bezeichneten  sind  Mitglieder  der  P.  M.  G. 


Protokoüar,  Bericht  über  die  Generalversammlung  stu  Wiesbaden.    TII 

*4.  J.  Gildemeister,  Prof.  in  Bonn. 

*5.  O.  Loth,  Leipzig. 

*6.  Prof.  Redslob   aus  Hamburg. 

*7.  M.  J.  de  Goeje  aus  Leiden. 

*8.  Prof.  Kautzsch  aus  Basel. 

♦9.  Prof.  Roth,  Tübingen. 
*10.  Prof.  Kern,  Leiden, 
•ll.  Prof.  Prym,  Bonn. 
•12.  Prof.  Riehm,  Halle. 
•13.  Prof.  Socin,  Tübingen. 
♦14.  Dr.  Pell,  Cöln. 
•15.  Dr.  Cornill,  Prankfurt  a/H. 
•16.  Dr.  Fritz  Hommel,  München. 
*17.  Dr.  Heinrich  Th orbecke,  Heidelberg. 
•18.  Dr.  Jaromir  Kosut,  Prag. 
♦19.  Prof.  Philipp!,  Rostock. 
•20.  Prof.  Kuhn,  München. 
♦21.  Prof.  Jacobi,  Münster  i.  W. 
♦22.  Dr.  J.  W.  Rothstein,  Bonn. 

23.  Dr.  H.  Geizer,  Heidelberg. 
♦24.  Prof.  Dr.  Lefmann,  Heidelberg. 
♦25.  Dr.  £.  Frenkel,  HaUe  aS. 
♦26.  Pfarrer  G.  Rösch   von  Langenbrand  in  Württemberg. 

27.  Oberlehrer  Job.  Hollenberg,  Moers. 

28.  A.  Leskien,  Prof.,  Leipzig. 
♦29.  Dr.  8.  Baer,  Biebrich. 
♦30.  Prof.  Steinthal  aus  Berlin. 
♦Sl.  Dr.  Grotemeyer  aus  Kempen. 
♦32.  K.  Himly  aus  Halberstadt. 

33.  Kessler,  Kempen. 

34.  Brüll,  Aachen. 

35.  Prof.  Karl  Wieseler  aus  Greifswald. 

36.  Prof.  Savelsberg  aus  Aachen. 

♦37.  D.  L.  Reinke,  Gutsbes.  aus  Langforden  (Oldenburg). 

♦38.  J.  HaUvy  de  Paris. 

♦39.  C.  Buddo,  Bonn. 

♦40.  G.  Bühler,  Surat. 

♦41.  Th.  Benfey,  Göttingen. 

♦42.  H.  Wenzel,  Mainz. 

43.  Fr.  Bodenstedt,  Wiesbaden. 

44.  Dr.  Trieber,  Frankfurt  a.  Main. 


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Einnahmen  u.  Ausgaien  der  D,  M.  Q.  1876. 


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Personalnachrichten. 

Als  ordentliche  Mitglieder  sind  der  D.  M.  Gesellschaft  beigetreten: 

Noch  mr  1877: 

941  Herr  Dr.  F.  J.  van  den  Harn,  Professor  an  der  Universität  in  Groningen. 

942  „      Arthur  Lincke,  stad.  phil.  in  Leipzig. 

Für  1878: 

943  Herr  Karl  Marti,  Pfarrer  in  Buns  (Baselland). 

944  „  Dr.  H.  Weiss,  Professor  der  Theologie  in  Braonsberg. 

945  „  Frank  W.  Eastlake,  stad.  or.  in  Berlin. 

946  „  Dr.  Engen  Hui  tisch  in  Leipzig. 

947  ,.  Dr.  J.  Ehni,  Pastor  emer.  in  Genf. 

948  „  Dr.  Friedrich  Delitzsch,  Professor  an  der  Universität  in  Leipzig. 


XI 


Yeneichnlss  der  bis  zum  12.  April  1878  f&r  die  Blbliotiiek 
der  D«  H.  Q.  eingegangenen  Schriften  n.  s.  w«  >) 

(Tgl.    die   Nachrichten    über  Angelegenheiten    der    D.  M.  G.    zn    Bd.    XXXI., 

s.  XXXIV— xxxvm.) 

I.     Fortsetzungen. 

Von  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft: 

1.  Zu  Nr.  155.     Zeitschrift  der  D.  M.  G.  XXXI.  Bd.    Heft  IV.     Leipzig  1877. 

Von  der  Konigl.  Bayer.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  München: 

2.  Zu  Nr.  183.  Abhandlungen  der  phiIos.-philol.  Cl.  der  k.  bayer.  Akad.  d. 
Wissensch.  14.  Bd.  2.  Abth.  (In  d.  Reihe  d.  Denkschriften  d.  XUX.  Bd.) 
München  1877.  4.  —  Aventin  und  seine  Zeit.  Rede  gehalten  im  Namen 
d.  histor.  Cl.  in  der  am  25.  August  1877  gehaltenen  öffentlichen  Sitzung 
der  k.  Akad.  d.  Wissensch.  von  •/.  v.  ÜöUinger.     München  1877.     8. 

Von  der  Asiatischen  Gesellschaft  in  Paris-: 

3.  Zu  Nr.  202.  Journal  Asiatique.  Septi^me  S4rie.  Tome  IX.  No.  3.  Avril- 
Mai-Juin.  —  Tome  X.     No.  2.  (sie)  Aoüt-Sept.     Paris.     8. 

Von  der  Königl.  Gesellschaft  d.  Wissensch.  in  Göttingen: 

4.  Zu  Nr.  239.  a.     Göttingische  gelehrte  Anzeigen.     Göttingen  1877.     2  Bde.    8. 

b.  Nachrichten  v.  d.  Königl.  Ges.  d.  Wiss.  und  d.  Georg-Augusts-Univer- 
sität aus  d.  J.  1877.     Göttingen  1877.     8. 

Von  der  Kaiserl.  Akad.  d.  Wissensch.  in  Wien: 

5.  Zu  Nr.  294.  a.  Sitzungsberichte  der  Kaiserl.  Akad.  d.  Wissensch.  Philos.- 
histor.  Cl.  LXXXIV.  Bd.  Heft  I.  II.  IH.  Oct.,  Nov.,  Dec.  Jahrg.  1876.  — 
LXXXV.  Bd.  Heft  I.  U.  HI.  Jänner,  Februar,  März.  Jahrg.  1877.  — 
LXXXVI.  Bd.  Heftl.  n.  m.  April,  Mai,  Juni.  Jahrg.  1877.  LXXXVn.Bd. 
Heft  I.     Juli.     Wien  1877.     Gr.  8. 

Im  Toiigen  EiosmoKtTerxdchnlii  S.  XXXIY  unter  4.  iit  ebenfklli  LXXXII  und  LXXXUI 
xa  schreiben. 

6.  Zu  Nr.  295.  a.  Archiv  für  österreichische  Geschichte.  FünfundfÜn&igster  Bd. 
Erste  und  zweite  Hälfte.  —  Sechsundfünfzigster  Bd.  Erste  und  zweite  Hälfte. 
Wien  1877.     Gr.  8. 

7.  Zu  Nr.  295.  c.  Fontes  rerum  austriacarum.  Zweite  Abth.  Diplomataria  et 
Acta.     XL.  Bd.     Wien  1877.     Gr.  8. 


1;  Die  geehrten  Einsender  werden  ersucht,  die  Aufführung  ihrer  Geschenke 
in  diesem  fortlaufenden  Verzeichniss  zugleich  als  den  von  der  Bibliothek  aus- 
gestellten Empfangsschein  zu  betrachten. 

Die  Bibliotheksverwaltung  der  D.  M.  G. 
Prof  Müller.      Prof  Fleischer. 


X 


Personalnachrichten. 

Als  ordentliche  Mitglieder  sind  der  D.  M.  Gesellschaft  beigetreten: 

Noch  für  1877: 

941  Herr  Dr.  F.  J.  van  den  Harn,  Professor  an  der  Universität  in  Oroningen. 

942  „      Arthur  Lincke,  stad.  phil.  in  Leipzig. 

Für  1878: 

943  Herr  Karl  Marti,  Pfarrer  in  Baus  (Baselland). 

944  „  Dr.  H.  Weiss,  Professor  der  Theologie  in  Braonsberg. 

945  „  Frank  W.  Eastlake,  stud.  or.  in  Berlin. 

946  „  Dr.  Engen  Hultzsch  in  Leipzig. 

947  „  Dr.  J.  Ehni,  Pastor  emer.  in  Genf. 

948  „  Dr.  Friedrich  Delitzsch,  Professor  an  der  Universität  in  Leipzig. 


XI 


Terzeichnlss  der  bis  zum  12.  April  1878  f&r  die  Bibliotiiek 
der  D.  M.  G.  eingegangenen  Schriften  u.  b.  w«  >) 

(Tgl.    die   Nachrichten    über   Angelegenheiten    der    D.  M.  G.    za    Bd.    XXXI., 

s.  XXXIV— xxxvm.) 

I.     Fortsetzungen. 

Von  der  Deutschen  Morgenländi.8chen  Gesellschaft: 

1.  Zu  Kr.  155.     Zeitschrift  der  D.  M.  G.  XXXI.  Bd.    Heft  IV.     Leipzig  1877. 

Von  der  Königl.  Bayer.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  München: 

2.  Zu  Nr.  183.  Abhandlungen  der  philos.-philol.  Cl.  der  k.  bayer.  Akad.  d. 
Wissensch.  14.  Bd.  2.  Abth.  (In  d.  Reihe  d.  Denkschriften  d.  XLIX.  Bd.) 
München  1877.  4.  —  Aventin  und  seine  Zeit.  Rede  gehalten  im  Namen 
d.  histor.  Cl.  in  der  am  25.  August  1877  gehaltenen  öffentlichen  Sitzung 
der  k.  Akad.  d.  Wissensch.  von  J.  v.  ÜöUtnger,     München  1877.     8. 

Von  der  Asiatischen  Gesellschaft  in  Paris-: 

3.  Zu  Nr.  202.  Journal  Asiatique.  Septiime  S4rie.  Tome  IX.  No.  3.  Avril- 
Mai-Juin.  —  Tome  X.     No.  2.  (sie)  Aoüt-Sept.     Paris.     8. 

Von  der  Königl.  Gesellschaft  d.  Wissensch.  in  Göttingen: 

4.  Zu  Nr.  239.  a.     Gtöttingbche  gelehrte  Anzeigen.     Göttingen  1877.     2  Bde.    8. 

b.  Nachrichten  v.   d.  Königl.  Ges.  d.  Wiss.  und  d.  Georg-Augusts-Univer- 
sität aus  d.  J.  1877.     Göttingen  1877.     8. 

Von  der  Kaberl.  Akad.  d.  Wissensch.  in  Wien: 

5.  Zu  Nr.   294.  a.     Sitzungsberichte    der  Kaiserl.   Akad.    d.  Wissensch.  Philos.- 

histor.  a.  LXXXIV.  Bd.    Heft  I.  U.  IH.    Oct.,  Nov.,  Dec.  Jahrg.  1876.  — 

LXXXV.  Bd.     Heft  I.   U.  HI.     Jänner,   Februar,   März.     Jahrg.  1877.  — 

LXXXVI.  Bd.    Heft  I.  U.  HI.    April,  Mai,  Juni.    Jahrg.  1877.    LXXXVU.Bd. 

Heft  I.     JuU.     Wien  1877.     Gr.  8. 

Im  Toriffen  EingangtTerxdchnlti  8.  XXXIY  unter  4.  ist  ebenfkllt  LXXXII  und  LZXXIII 
xa  tchreil»«!. 

6.  Zu  Nr.  295.  a.  Archiv  für  österreichische  Geschichte.  FünfundfÜn&igster  Bd. 
Erste  und  zweite  Hälfte.  —  SechsundfUnizigster  Bd.  Erste  und  zweite  Hälfte. 
Wien  1877.     Gr.  8. 

7.  Zu  Nr.  295.  c.  Fontes  rerum  austriacarum.  Zweite  Abth.  Diplomataria  et 
AcU.     XL.  Bd.    Wien  1877.     Gr.  8. 


1)  Die  geehrten  Einsender  werden  ersucht,  die  Aufführung  ihrer  Geschenke 
in  diesem  fortlaufenden  Verzeichniss  zugleich  als  den  von  der  Bibliothek  aus- 
gestellten Empfiorngsschein  zu  betrachten. 

Die  Bibliotheksverwaltung  der  D.  M.  G. 
Prof  Müller.      Prof  Fleischer. 


XIY     Verz.  der  für  die  BibUolhek  der  D,  M.  G.  eingeg,  Schriften  v.  9,  w. 

3844.  Collections  &c.  II.  Monnaies  des  Khalif^  &c.  inventori^es  sous  la  di- 
rection  de  M.  rAcad^micien  Dom,     St.-Petersbourg  1877.     8. 

Von  den  Redactionen: 

3845.  Proceedings  of  the  Ninth  Annual  Session  of  the  American  Philological 
Association,  held  in  Baltimore,  Md.,  July,  1877.     Hartford  1877.     8. 

3846.  Prospectus  von  Annales  de  TextrSme  Orient,  Revue  monsuelle  Asiatique 
et  Oc^anienne,  sous  la  direction  de  M.  le  Comte  G.  Henry  J.  Mey- 
ners  d*£strey.  Paris,  6,  Quai  du  March4-Neaf.  (Abonnement  in 
Leipzig  bei  Merzbach  u.  Falk.)     8. 

Von  den  Verfassern  und  Herausgebern: 

3847.  Come  gli  stu^j  orientali  possano  lyntare  Topera  del  Vocabolario.  Lezione 
del  Prof.  Faneio  Latimo,    Firenze  1877.     8. 

3848.  A  Fable  of  Jean  de  la  Fontaine  (sie),  translated  into  persian  versc. 
(Fram  the  Anglo-Arabic  Journal  An-Nahlah,  n^^  Bee^^ ,  March 
15<*,  1878.)  Unterzeichnet:  C.  E.  WiUon.  12,  King  WilUam  St., 
Charing  Gross.     (Ein  Octavblatt.) 

3849.  Monnaies  des  Satrapes  de  Carie.  Par  J.  P,  Six.  (Extr.  du  Numismatic 
Chronicle,' N.  S.     Vol.  XVII.)     Londres  1877.     8. 

3850.  Observations  sor  les  monnaies  Ph^niciennes.  Par  J.  P,  Six.  (Extr. 
du  Numismatic  Chronicle,  N.  S.     Vol.  XVII.)     Londres  1877.     8. 

3851.  Einladung  zur  Akademischen  Feier  ...  am  7.  Mkrz  1878  .  .  .  Bei- 
gefügt sind:  Arabische  Sprichwörter  und  Redensarten  gesammelt  und  er- 
klärt von  Albert  Soein.     Tübingen  1878.     4. 

3852.  063opi  coBepmeHHHXi  Bi  poccin  TpyxoBi  no  boctohhoü  HyxHSMaTHK'k. 
B.  THseHraysena.  C.-nerepÖypn  1878.    8. 

3853.  Imrvvlkaisi  Mv'allaka.    Ed.  AuguHue  Mueller.    Halis  MDCCCLXIX.    8. 

3854.  Godofredo  Bemhardy  .  .  .  congratulantur  scholarum  Franckianarum  Di- 
rectores  Professores  Magistri.  Halis  BfDCCCLXXH.  8.  Darin:  De 
exitu  Vesparum  Aristophaneae  Fabulae  Commentatio.  Scr.  Chr,  Muff.  — 
Die  Griechischen  Philosophen  in  der  Arabischen  Ueberlieferung  von 
Auguet  Müller. 

3855.  Dr.  C.  F,  Ccuparis  Arabische  Grammatik.  Vierte  Auflage  bearbeitet 
von  Auguel  MüUer.    Halle  1876.     8. 

3856.  Pancadandachattraprabandha.  Ein  Märchen  vom  König  Vikramftditya. 
Von  A,'  Weber.  [A.  d.  Abhh.  der  K.  Ak.  d.  W.  zu  Berlin  1877.J 
Berlin  1877.     4. 


Berichtigungen. 

S.  VII  u.  fehlt  *  vor  No.  44. 

S.   5,18  lies  oLk4JuJi  für  oLmlJI  . 

S.  7,2i  lies  J^.*J>  für  Jo . 

S.  52, 81   lies  „vorkommen  *)". 

S.  53, 18  lies  „dafür"  für  „dazu". 

„  .,  ,  33  lies  „des"  für  „das". 

S.  67,35    Zu  „darbietet,"   füge  hinzu:  „was  nach  anderen  Beispielen  zu  ur- 

theilen  ebensogut  em,  en  als  km,  an  lauten  konnte,". 

S.  78,8  V.  u.  ist  Sl3n  zu  streichen. 

S.  89,23  lies  DTtJ  für  S-nttJ. 

s.  93,31  lies  r::n—  für  n:n— . 


X 


Personalnachriebten. 


Als  ordentliche  Mitglieder  sind  der  D.  H.  Glesellschaft 

Noch  für  1877: 

941  Herr  Dr.  F.  J.  van  den  Harn,  Professor  an  der  Ui 

942  Arthnr  Lincko,  stud.  phil.  in  Leipsig. 


»» 


Für  1878: 

943  Herr  Karl  Marti,  Pfarrer  in  Bans  (Batelland). 

944  Dr.  H.  Weiss,  Professor  der  Theologie  in  Bi 
Frank  W.  Eastlake,  sind.  or.  in  Berlin. 
Dr.  Engen  Hui  tisch  in  Leipdg. 
Dr.  J.  Ehni,  Pastor  emer.  in  Genf. 
Dr.  Friedrich  Doli  tisch,  Professor  an  der  Ui 


945 
946 
947 
948 


Die  SchulßLcher  und  die  Scholastik  der  Muslime. 

Von 

A.  Sprenirer. 

Seitdem  die  orientalische  I[rage  in  Floss  gerathen  ist,  wird 
hie  und  da  das  Erziehungswesen  der  Türken  in  politischen  Blättern 
und  populären  Zeitschriften  besprochen.  Den  Verfassern  solcher 
Aufsätze;  selbst  wenn  sie  Land  und  Leute  genau  kennen  und  einen 
scharfen  Blick  und  gesundes  Urtheil  haben,  fehlt  immer  die  Haupt- 
sache —  die  Kenntniss  der  Gegenstände  des  hohem  Unterrichts, 
und  überhaupt  der  Wissenschaften  auf  deren  Studium  die  Muslime 
Werth  legen.  Bis  zur  Reformation  standen  die  Länder  Europas 
hinter  den  muslimischen  Reichen  in  Bezug  auf  die  Zahl  studirter 
Leute  und  auf  den  Ernst  womit  diese  die  Wissenschaft  pflegten, 
zurück.  Seit  der  Reformation  hat  sich  allerdings  das  Verhältniss 
geändert,  doch  gibt  es  in  muslimischen  Ländern  immer  noch  viele 
auf  ihre  Art  recht  gelehrte  Männer.  Es  ist  nicht  die  Quantität 
sondern  die  Qualität  gelehrter  Bildung,  welche  bei  Besprechung 
der  orientalischen  Zi^tände  berücksichtiget  werden  soll.  Das  hat 
aber  selbst  für  den  Orientalisten  vom  Fach  grosse  Schwierigkeiten. 
Abgesehen  davon,  dass  es  keine  leichte  Aufgabe  ist  in  die  scho- 
lastischen Wissenschaften  der  Muslime  einzudringen,  fehlen  unsem 
Gelehrten  die  Mittel  die  Grenzen  des  Cjclus  derselben  zu  bestimmen. 
Unsere  Sammlungen  arabischer  Handschriften  enthalten  vorzüglich 
solche  Werke  die  im  Orient  immer  selten  waren,  nie  viel  gelesen 
wurden  und  jetzt  geradezu  verschwunden  sind;  und  sie  geben  also 
durchaus  keinen  Massstab  der  gelehrten  Thätigkeit  der  Muslime. 
Wenn  wir  z.  B.  fast  in  jeder  grossem  Sammlung  geographische 
Werke  finden,  so  folgt  daraus  nicht,  dass  sich  die  Muslime  während 
der  letzten  vier  hundert  Jahre  viel  um  Geographie  bekümmert 
haben.  Ist  doch  eines  davon  für  einen  christlichen  König  verfasst 
worden.  Eine  Ausnahme  macht  die  Sammlung  arabischer  Hand- 
schriften im  Lidia  Office,  von  der  Prof  Loth  so  eben  einen  vor- 
lüglichen  Katalog  veröffentlicht  hat  In  Indien  war  stets  das  Per- 
sische die  Sprache  des  Hofes  und  gebildeter  Laien,  und  da  im 
Bd.  XXXII.  1 


X 


Personalnachriebten. 


AU  ordentliche  Mitglieder  sind  der  D.  M.  Gesellschaft  b^gelvolm^ 

Noch  für  1877: 

941  Herr  Dr.  F.  J.  van  den  Harn,  Professor  an  der  UniversitSI  In 

942  „      Arthur  Lincke,  stud.  phil.  in  Leipzig. 

Für  1878: 

943  Herr  Karl  Marti,  P&rrer  in  Bans  (Baselland). 

944  Dr.  H.  Weiss,  Professor  der  Theologie  in  BnumilMig. 

945  „  Frank  W.  Eastlake,  stad.  or.  m  Berlin. 

946  „  Dr.  Eugen  Hultzsch  in  Leipzig. 

947  „  Dr.  J.  Ehni,  Pastor  emer.  in  Genf. 

948  „  Dr.  Friedrich  Delitzsch,  Professor  an  der  UniTenliit  IhI 


n 


A 


Sprenger,  die  Sehtdfäoher  und  die  Scholaetih  der  MuaUme.         3 

—  d.  h.  die  Büchertitel  —  kennen,  sondern  sich  auch  in  die  einzebien 
Doctrinen  vertieft  haben  und  mit  dem  in  den  Madresas  befolgten 
Stadienplan  vertraut  sein.  Ich  fiihle  den  Beruf  einige  Auskunft 
über  diese  Dinge  zu  geben,  weil  es  zu  meinen  Amtspflichten  ge- 
hörte mich  damit  zu  beschäftigen. 

Die  einzige  wissenschaftliche  Berufsart  eines  Muslim  ist  die 
Gottesgelahrtheit,  und  für  die  Ulema,  Gelehrten,  ist  das  Arabische 
genau  dasselbe,  was  das  Lateinische  für  den  Klerus  im  Mittelalter 
war.  Der  Candidat  beginnt  daher  sein  curriculum  mit  dem  Studium 
der  arabischen  Grammatik.  Vorerst  lernt  er  ein  oder  zwei  ge- 
reimte  arabisch-persische  Vokabulare    (das   -.jUaaö  v-;Laj  oder  das 

\\X^  iJÜI  oder  das  (^«b  vjüui»  auswendig.  In  Oberindien  ver- 
folgen die  Pandits  dieselbe  Methode,  imd  die  erste  Au%abe  die 
sie  dem  Schüler  geben  ist  das  Amarakosch  dem  Gedächtniss  ein- 
zuprSgen,  imd  erst  wenn  er  es  auswendig  weiss  erklären  sie  ihm 
den  Sinn.  Jeder  der  arabisch  lernen  will,  muss  erst  im  Persischen, 
worin,  da  es  als  die  Schriftsprache  der  indischen  Muslime  gilt, 
auch  die  für  den  Laienstand  bestimmten  Knaben  unterrichtet  werden, 
einige  Fertigkeit  haben,  und  desswegen  sind  die  Elementarbücher 
des  Arabischen  persisch  geschrieben.  Für  Ta^rlf  sind  die  ge- 
bräuchlichsten das  ,eijS  ,öJo  und  \^^\  jy^  und  für  Na^w  das 
^y«  j^^   dessen   Verfasser   der  in    816   verstorbene  *Aly   b.   Mo- 

bammad  Gorgäny  ist.  Damach  gehen  sie  schon  zu  der  in  arabischer 
Sprache  geschriebenen  ^^^uil  KjIj^  (vgl.  Loth  no.  941)  über.     Es 

ist  dieses  eine  sehr  fEussliche  Umarbeitung  der  K&fija  mit  gelegent- 
licher Erweiterung  der  praktischen  Regeln  und  enthält  nach  dem 
Urtheile  der  besten  Lehrer  alles  was  zum  Verständniss  der  Syntax 
nöthig  ist,  und  darum  schliesst  mit  diesem  Büchlein  der  sachliche 
Cursus  der  arabischen  Granmiatik.  Diese  Elementarbücher  müssen 
dem  G^ächtnisse  eingeprägt  werden. 

Wenn  der  Schüler  die  Hidäjat  anna^^w  hinter  sich  hat,  ist  er 
etwa  16  Jahre  alt;  er  tritt  nun,  nach  unserer  Sprachweise,  in  das 
Obergynmasium  ein  und  macht  einen  Anlauf  über  die  Eselsbrücke 
der  arabischen  Grammatik  zu  setzen.  Ich  meine  den  Schart^u  Mollä 
(Loth  no.  921).  Dieser  Name  für  Mollä  Gämy's  Commentar  zur 
K&fija  ist  alt  imd  allgemein  gebräuchlich,   schon  'l9äm  (Isfaräyny, 

starb  943  oder  925)  heisst  ihn  iU  -^^  ^^>*mJ1  OjjJuJI  -^I  . 

Der  Zweck  des  Studiums  dieses  Buches  ist  nicht  die  arabische 
Sprache  zu  erlernen,  sondern  den  Schüler,  der  unterdessen  im 
Studium  der  Logik  schon  einige  Fortschritte  gemacht  hat,  in  der 
Dialektik  zu  üben.    Von  der  Käfija  gilt  als  Handbuch  der  Granmiatik 

in  einem  mindern  Masse,  was  ich  weiter  unten  von  der  ^^yfjtl\  a. 

1* 


6  Spremffer,  die  Schulfäeker  und  tUe  SchoUuUk  der  MuMÜme. 

^y^mlA  abrogiit  und  welcher  i^s^Js^  an  seine  Stelle  getreten  sei. 
Das  von  Ibn  Anbary  den   jüüüt  iy-*o\  nachgebildete   Werk  über 

Grammatik  war  also  inductiv  und  wählte  sich  die  Sprache  wie  sie 
im  Qorftn.  der  Hadyth,  den  alten  Gedichten  und  Sprichwörtern  und 
im  Munde  der  Nomaden  erscheint,  und  nicht  die  dicta  der  alten 
Grammatiker  zum  Gegenstand,  oder  yielmehr  Ibn  Anbary  drang 
darauf  dass  dieses  geschehe  und  stellte  Regeln  auf,  wie  man  Yor- 
zugehen  habe.  So  ganz  neu  dürfte  der  Gedanke  des  Ibn  Anbary 
nicht   gewesen   sein,   denn   schon  Ibn  Ginny  (geb.  330  gest.  392) 

hinterliess  j^oJl  ^yto\  (auch  ^jajUaü  v^U^  geheissen),  und  viel- 
leicht diente  auch  dessen  ^^\  (vgl.  Bibl.  Sp.  no.  1007)  dem 
Ibn  Anbary   als  Vorbild  zu  seinem   ÄJj^l  <^.     und  in  der  That 

waren  die  Ältesten  philologischen  Forschungen  der  Araber  wie  das 
Wort  für  Syntax  yS\il\  JLc  d.  h.  Wissenschaft  der  Analogie  (von 

^j^o  analog)    andeutet,    rein   inductiv^).     Sojü^y,   dem  ich  diese 

Einzelheiten  entnehme,  hat  diese  zwei  Werke  des  Ibn  Anbary  um- 
gestaltet Die  jüüül  ^  iJ^  iJi^  hatte  imterdessen  eine  neue 
Gestalt  angenommen  und  man  hiess  sie  und  heisst  sie  noch  sUd&t 
-iL^3  und  er  bildet  seine  Arbeit  dieser  nach,  wie  sich  Ibn  Anbary 
die   altere  Form   zum  Vorbild  gewählt  hatte.     Er  sagt  ojuad  ^t 


1)  Ein  interessantes  Werk  dieser  Art  befand  sich  im  Besitse  des  Mogtahid 
von   Lakhnau.     Es  war  alt   und   wahrscheinlich   das  Autograph   eines  Schülers 


dos  Verfassers.     Der   Titel    lautet   vy^^iXJl  q    a    r  J>  *  >n  <Ci   V^LjL^ 
y^jj.   ;^\  bUJ  y;*Jl   oljl^  ^  i  voiH  ^y^  ^sXma  ^ 

^1  idJb  JuiaÄÄjJ  iüU«J^|5  ^^^a^*m3^  J^^--5  ^.-^^^-S  O^  '9S^\ 

'^    ^    *^   ..^  J^ü^  1^  Ol    »    r  ^.^£>    (vgl.    Gayangos   Höh.    Dyn.   in   Spain 

8.  197).     Der  Verfasser    geht  durch   die  von  Sibawayh  ab  Belege  angeführten 
Verse,  erklärt  sie  und  leitet  daraus  Regeln  ab.     Er  düägt  mit  folgendem  Vene  an 

linb    keine    Angst,   mein    Weib,     wenn    ich    Wcrthvolles  su   Grunde  gerichtet 
(verschwendet)  habe,  aber  wenn  ich  zu  Grunde  gehe,  da  be&ngatige  dich. 


Darauf  folgt  die  Nutzanwendung  Jut^  jU^b  yj*JLÄA  v^A^ai  ^  «APUmJ! 


Sprtmger^  die  Schulfächer  und  die  Scholastäe  der  Muslime,  7 

Jji  vi  e^jiii«  o^i  y^  r^^«  /^  005  ^LkJi^  »L^i«  v^ 
v^  i  t*^-^*  r!5  uA-^'  o^'  s^*  L^*^  /^^^l5  «W-ä:« 

^.jiküj^  »L-j^:«  j  bur  ^^)i\  ^^1  vju^  r^yi  vjütj  ^ 
»L^^j  vur  vi^aJt^  vl^^^i  J*  Wy  o*^'  c^  o^'  s'r"  r^^l? 

XA5ÜI  ^  (  jCajmJI).     Ernest  Benan,    welcher  mich   zuerst  auf  die 

Wichtigkeit    von   Sojüty's  sLi:^!  \^[xf   aufinerksam   machte   und 

es  für  ein  wahrhaft  philosophisches  Werk  hält,  gedachte  es  zu 
veröffentlichen. 

Das   andere  Werk   des   Sojüty   hat  den   Titel  ^  ^j  JyÄK 

^j^=<j^\  iyo\   originelle  Ideen  über  Gnunmatographie   und  handelt: 

1)  Ueber  den  Sprachgebrauch,  d.  h.  über  die  Ausdrucksweise 
Solcher,  deren  Reinheit  der  Sprache  anerkannt  ist  ^c^\^  cUjmJI  ^ 

&Ä^>LaÄ3  vJÜ^  ^  *bl^  vj  w .     2)  Uebereinstimmung  der  Ba^rier 

und  Küfier  ^^^jjJLJl  hLäS  gU>t  w  oUllj  e!^*^^'  ^-     ^^  ^®^®^ 

Generalisirung ,  d.  h.  Anwendung  dessen  was  vom  Primitiven  gilt 
auf  das  üebertragene ,   so  lange  dieses  im  Sinne  des  erstem  steht 

4)  Ueber  die  Auffassung  eines  Wortes  in  seiner  Grundbedeutung 
und  Beibehaltung  der  entsprechenden  Construction  wo  kein  Grund 

vorhanden  ist  eine  Uebertragung  zu  erblicken  jj>^  v^L^UoÄ^^I  ^ 
JJUJ!  JuJj  (pAfi)  Ju^  J^^il  ^  wiÄÄ^  U  ^  JxÄJÜt  i^'«-jujj. 

5)  Allerlei  Demonstrationen  ^cä  xJot.  6)  Widersprüche  in  den 
Erscheinungen  und  Wahl  der  Erscheinungen  die  als  Norm  hin- 
zunehmen sind  ^,-c>-tjdl^  (jto.LjüJl  ^^.  7)  Geschichte  des  Erfinders 
und  des  Fortpflanzers  der  Grammatik  ^JUl  \yXS>  ^y,"-,^  Jt^l  v5 

^wU«^»  .     Ini  Möti-Ma)^all  zu  Lakhnau  befand  sich  ein  Exemplar 


g  Sprenger,  die  Schulfäeher  und  die  Sehokutik  der  MuaUme. 

dieses  Büchleins,  welches  in  974  vom  Antograph  abgeschrieben 
worden  war.  In  1857  fiel  die  Bibliothek  des  Möti-Matall  den 
Engländern  bei  der  Einnahme  von  Lakhnau  als  Kriegsbeute  in  die 
Hände  and  wie  ich  höre  sind  einige  Handschriften  in  das  British 
Musexun   gewandert,    andere   aber  scheinen   auf  unverantwortliche 

Weise  verzettelt  worden  zu  sein.   Wir  wollen  hoffen,  dass  das  -t  Jü^l 

zu  den  geretteten  gehöre. 

Die    Rhetorik    wird    in    den   obem    Klassen   gelehrt  und   ist 
obligatorisch,   d.  h.  wer  Anspruch  auf  den  Titel  Maulawy  machen 

will,   soll   das   ykoÄ^Äj!   studirt  haben.     Wer   sich  zum  Munschy 

ausbildet,  d.  h.  Laie  bleibt  aber  humanistische  Bildung  anstrebt, 
sucht  sich  die  nöthige  Kenntniss  über  Stylistik,  Rhetorik,  Prosodie, 
Poetik  etc.  in  persischen  Werken  (siehe  die  Titel  in  Cat  BibL 
Spr.  1564—1600),  womit  sich  auch  der  Maulawy  bekanntmachen 
muss,  wenn  er  nicht  hinter  der  Zeit  zurückbleiben  will,  doch  wer- 
den solche  populäre  Abhandlungen  in  Hochschulen  nicht  gelehrt. 
Loth  no.  846  sagt  vom  dritten  Theil  des  Mift&h:  it  has  become 
the  basis  of  all  later  works  on  that  science  (Rhetoric).  Dem  Mift&h 
liegt  eine  neue  (recht  barbarische)  Eintheilung  der  humanistischen 
Wissenschaften    zu   Grunde,    welche    einer   seiner   Commentatoren 

(Sajjid  Scharlf,  welcher  seinen  -LXft^Jt  ^--ii  in  803  vollendete  und 
in  816  starb)  ausspricht  wie  folgt  Jyol  U.m*j>  Jh^  ^\  iUjytl!  ^ 

oUjLäJI  ^  jÄJJj  LäJ^it  ^  jjuiJt  05_3  ^  Ja  ^  ^ 
^.t^l  ikJwOj.  In  den  ersten  zwei  Theilen  des  Mifbät,  wovon 
ich  nie  ein  Exemplar  gesehen  habe,  wird  die  Grammatik  behandelt, 
im  dritten  qLaJI  JLc^  ,3ljtj5  Jlt.  Es  ist  jedoch  weniger  der 
Mift&b  selbst  als  der  -UaJJ  ^jo^^^j  (vgl.  Loth  no.  849),  welcher 
als  Textbuch  in  den  Schulen  dient.     Man  liest  den  ^A3Ä.5?v4Jt  (Loth 

no.  877)  und  darnach  noch  einiges  aus  dem  ,\IxJl  (Loth  no.  865). 

Im  Mutawwal  kommen  598  Verse  als  Belegstellen  vor.  Auch  in 
anderen  Commentaren  findet  man  ähnliche  Belege.  Diese  haben 
die  Gelehrten  herausgefordert  sie  zu  erklären,  durch  ähnliche  Verse 
zu  beleuchten  und  über  die  Dichter  zu  berichten.  Von  solchen 
Werken  habe  ich  in  Indien  nur  zwei  je  in  Einem  Exemplar  gesehen, 

nämlich   ^^oÄi^V J!^  ^J^IaJl  oLol  ^  ^  ^^jJt  O^JLc   von   ^losayn 

b.  Schihäb  aldin  Schämy  *Amily  und  cX^I^     As.  ^J,aAAaJLÄJl  iX^lju« 

^jo^äIäJI  von  *Abd  al-Rahmän  b.  Ahmad  *Abbäsy,  vollendet  zu 
Cairo  in  984. 


Sprenger,  die  Schulfächer  und  die  Schoicutik  der  Muslime,         9 

Der  Logik  schenkt  man  in  allen  muslimischen  Schalen  viel 
Aofinerksamkeit  und  in  Indien  beginnt  man  das  Stadium  derselben 
schon  in  den  imtem  Klassen.  Wie  in  der  Grammatik  sind  die 
Elementarbücher   persisch    geschrieben    und    verdienen    vom  päda- 


gogischen Standpunkte  Anerkennung.  Aus  der  Qoghr^  (kS/^^  ^^) 
lernt  der  Schüler  die  nothwendigsten  Begriffe  xmd  die  termini  tech- 
nici  dafür ;  so  lautet  z.  B.  der  Anfang  Jul  jJ  -JS*^  .J  «^^  iJol Ju 

^  ü^'  }y^  oy^  ^1>^  jy^  'ß  ^^  c^  j'  J"^  /' 

tc>^l  »JCumo^  «Aj;  ^XjLJL:^.  cXJot^  sJu^X^ali  Lil  <X^b  /»X:^  ß\^ 

\J\J^\    I  J|5    gLfljl    /k_J>5  ^  ^^\   b  v4>-MO^^I  vi^A.^  ^^   iUL^ 

Lil^    ^Ui!   ä:>^  ^  Lj   v:i^!    v^'Ü'  ^.^L^Jt    q^H^   cXJJ!y> 

^  v^ir  ^.jL^I  ^.^y^  J^l^i>.  In  der  Kobrüi  {^^S  JL-^) 
behandelt  derselbe  Verfasser  (Sajjid  Moh.  Scharif)  denselben  Gegen- 
stand  ausführlicher;    so   fängt   er   z.  B.  an     ^jy»  L     wOt  jJüt«Ju 

oL-^w«M^  jyo  j^  vV^^  cXJot^  Jjiftj  ^3  ^^y^  ly!  ij^  itf^^*^' 

Auf  diese  psychologischen  Bemerkungen  baut  er  dann  die  Er- 
klftrung  der  Begriffe:  Vorstellung  (  .^jwaj),  Ürtheil  (^S^)  ^-  <igl-  ni. 

Am  Schluss  fügt  er  ein  Verzeichniss  von  Wörtern  bei,  welche 
synonym   scheinen,   in   der  Logik   aber  nicht   synonym   sind,    wie 

v^joü  und  KftAD .  Wer  dem  Inhalt  der  ^oghrä  und  Kobra  dem  Ge- 
dächtnisse eingeprägt  hat,  wird  keine  Schwierigkeit  finden  Abhary's 
Isagoge  (Loth  no.  497),  obschon  sie  arabisch  geschrieben  ist,  zu 
verstehen.  Dann  schreitet  man  gewöhnlich  zum  Tahdzib  (Loth 
no.  634)  fort  und  endlich  zur  Schamsija  (Loth  no.  502),  zu  der 
man  immer  einen  Comm.  gewöhnlich  den  des  Qo{b  aldln  (Loth  503) 
mit  oder  ohne  die  Glossen  des  Sajjid  Scharif  (Loth  507 — 515) 
Uest.  Loth  gibt  in  no.  510  das  Colophon  und  in  511  den  Titel 
eines  Exemplars  der  Glossen  wieder  und  man  ersieht  daraus,  dass  es 
die  Logiker  mit  der  Sprache  so  genau  nicht  nehmen.  Wer  besondere 
Freude    an    der  Räihselhaftigkeit  des  Ausdruckes  hat   (das  ist  das 


10        Sprenger i  die  Schulfächer  und  die  Scholastik  der  MusUrne. 

Ziel  das  die  Scholastiker  in  Textbüchern  anstreben)  arbeitet  sich 
dnrch  das  Sollam  (Loth  no.  563)  durch. 

In   der  Philosophie  ist  „Maybody''   (d.  h.  dessen  Commentar 

zu  Abhary's  K4X&  '^l«^^  hoth  487)  das  vorzüglichste  Schulbuch 
und  es  werden  besonders  iuiUJ!  j^^t  ^^  allgemeinen  Begriffe  und 

Distinctionen  in  der  Metaphysik  studirt,  vom  Scharia  almawäqif 
(Loth  no.  438)  wird  nur  eine  kleine  Partie  gelesen.  Üeber  Reli- 
gionsphilosophie  sind   die  ^a^maJÜI  sXjUc   (Loth  no.  386)    das  ge- 

lesenste  Büchlein.     Auch   der  JuypJ   (Loth   no.  405)   ist  in   die 

meisten  Hochschulen  eingeführt 

Das   canonische  Becht  wird   in  den  Schulen  nach  der  Hidftja 

(Loth  no.  211)  studirt  imd  die  ^Äill  ^y^o]  jetzt  meist  nach  dem 
s\yS^\  jj-5   (Loth   no.  816),   bisweilen  nach  dem  ^  ^  ^  v  (Loth 

no.  319). 

Damit  schliesst  das  curriculum  eines  muslimischen  Candidatus 
theologiae  et  juris.  Im  Studium  der  Elementarbücher  wird  darauf 
gesehen,  dass  der  Schüler  den  Inhalt  dem  Gedächtnisse  einpräge, 
nicht  so  in  den  hohem  Werken,  hier  handelt  es  sich  nur  darum, 
dass  er  den  Text  und  Commentar  verstehe,  und  obschon  der  ganze 
Lehrkurs  eigentlich  nur  eine  Vorbereitung  zum  Studium  des  cano- 
nischen Rechtes  ist,  gibt  es  doch  selbst  unter  den  Lehrern  nicht 
viele,  welche  die  Hidftja  ganz  durchgelesen  hätten;  man  geht  nur 
so  weit  bis  man  die  Fertigkeit  besitzt  sie  ohne  viel  Anstand  lesen 
zu  können.  Bekanntlich  hat  die  Zeit  selbst  in  rein  muslimischen 
Staaten  das  canonische  Recht  viel^sich  durchlöchert  —  man  denke 
an  die  qorftnischen  Gesetze  bezüglich  der  Sklaverei,  der  Stellung 
der  Muslime  zu  andern  Völkern,  der  Steuern,  der  Strafen  u.  s.  yir. 
Als  Gesetzbücher  haben  Werke  wie  die  Hid&ja,  wenigstens  in  Indien, 
etwa  den  Werth,   welchen  das  römische  Recht  in  unsem  Schulen 

hat.     Volle   Giltigkeit    hat    nur  noch   das  Erbrechtf  (g^a-jl— ft-Jt) 

und  das  Eherecht,  und  mit  diesem  suchen  auch  die  Schüler  bekannt 
zu  werden.  Sie  schöpfen  aber  ihre  Eenntniss  nicht  aus  den  ge- 
lehrten Werken,  sondern  aus  persisch  geschriebenen  populären 
Büchern  oder  gar  aus  der  hindustanischen  Uebersetzung  von  Macnagh- 
ten's  Moohunmiudan  Law,  Calcutta  1825.  Als  Examinator  der 
Candidaten  für  Stellen  als  Mufti  hatte  ich  Gelegenheit  zu  beobachten, 
dass  die  jungen  Leute  sogar  von  den  Bestimmungen  über  religiöse 

Pflichten  (wie  etwa  der  ^jji  «5Lm#IJwo)  blutwenig  wussten. 

Weder  der  Qorftn  und  die  Commentare  noch  die  Sunna  gehören 
zu  den  Schulstudien.  Der  Qor&n  ist  ftir  einen  frommen  Theologen, 
was  das  Brevier  für  einen  katholischen  Geistlichen  ist  —  er  macht 
es   sich  zur  Aufgabe  ihn  in  einem  bestimmten  Zeitraum  (alle  acht 


Sprenger,  die  Schulfächer  und  die  Scholastik  der  Muslime,       H 

Tage,  oder  alle  Monate)  durchzubeten ;  und  was  die  Sunna  betrifft, 
so  besteht  die  Meinung,  es  sei  Pflicht,  wenigstens  vierzig  Tradi- 
tionen auswendig  zu  lernen  (daher  gibt  es  so  viele  Sammlungen 
von  „vierzig  Traditionen").  Für  grosse  Gelehrte  jedoch  sind 
Qorftncommentare  und  Hadyth  Lieblingsstudien  und  zu  allen  Zeiten 
scheinen  alte  Herrn  gerne  an  die  Aufgabe,  die  Welt  mit  einem 
Qor&ncommentar  zu  bereichem,  herangetreten  zu  sein.  Zu  den 
neuesten  mir  bekannten  Arbeiten  dieser  Art  gehört  ein  Tafsfr  des 
Mogtahid  von  Lakhnau,  welcher  gedruckt  wurde,  von  dem  es  mir 
aber  nicht  gelungen  ist  ein  Exemplar  aufzutreiben.  Das  einzige 
das  ich  zu  sehen  bekam  war  in  Besitz  des  Maul.  Miran,  eines 
Bruders  des  Verfassers.  Ma|mnüd  Effendy  in  Damascus  beschäftigte 
sich  in  1855  mit  einer  Spielerei  wie  Faydy's  sogenannter  tafislr-i- 
btooqat  (Loth  no.  104)  —  er  schrieb  einen  Tafslr  indem  er  Buch- 
staben mit  Punkten  vermied.  Er  machte  sich  die  exegetische 
Arbeit  sehr  leicht  —  er  benützte  ein&ch  Fleischer's  Ausgabe 
des  Baydhawy.  Am  beliebtesten  ist  in  Indien  der  persische  Qor&n- 
commentar  des  Hosajm  KÄschify,  weil  er  das  Verständniss  des 
heiligen  Buches   Gebildeten   aus   allen  Ständen   zugänglich  macht 

Unter  Gelehrten  sind  der  oLÄy  und  der  ^^aJ^LS.    rÄ«*MAj  am  ver- 

breitetsten.  In  1284  sind  Gtunäls  Glossen  zum  Gal&layn  in  Delhi 
lithographirt  worden  (4  Bände)  aber  so  schlecht,  dass  es  klar  ist, 
dass  wenigstens  der  Herausgeber  den  Inhalt  nicht  verstanden  hat. 
Eine  sehr  günstige  Aufiiahme  fand  meine  Ausgabe  des  Itq&n,  und 
ein  mir  unbekannter  Gelehrter  gab  sich  die  Mühe  sie  mit  einem 
vorzüglichen  Codex  zu  vergleichen  und  mir  die  Varianten  zuzusenden. 
Ich  liess  sie  drucken  und  die  Besitzer  meiner  Ausgabe  können  sie 
von  der  as.  Ges.  von  Bengalen  gratis  beziehen.  In  1280  ist  zu 
L4h6r  eine  lithographirte  Ausgabe  des  Itq&n  erschienen. 

Baghawy's  Ma9äbl);L  (Loth  no.  149),  der  Mischkät  (Loth  n.  152) 
und  Schayb&ny's  (st.  950)  sehr  bequem  eingerichteter  Tayslr  sind 
Versuche,  die  Kenntniss  der  Traditionen  unter  allen  gebildeten 
Klassen  der  Muslime  zu  verbreiten.  Dieses  fiir  die  Volksbildimg 
so  wichtige  Streben  ist  vom  ^Abd  al-^aqq  Dihlawy  (st  1052)  da- 
durch fortgesetzt  worden,  dass  er  eine  persische  Uebersetzung  des 
^Gschkät  anfertigte,  in  die  er  manche  Erklärung  von  T^by's  (Loth 
no.  157  schreibt  *  Taiyibl)  Comm.  einfliessen  liess.  Einige  davon 
finden  sich  in  Matthews  englischer  Uebersetzung  wieder.  Von  den 
sechs  kaponischen  Sammlungen  sind  Bochäry  und  Moslim  häufig, 
Tirmidzy  und  Abu  Dawud  nicht  gerade  selten  in  Indien  und  es 
gibt  auch  indische  Ausgaben  davon,  unter  denen  sich  die  Dihli- 
Ansgabe  des  Boch&ry  durch  ihre  gut  gewählten  Glossen  auszeichnet. 
Ihn  Mftgah  und  Därimy,  dessen  Sammlung  Manche  ebenfalls  fiir 
kanonisch  halten,  sind  überhaupt  selten.  Man  darf  behaupten,  dass 
die  Traditionen  viel  gelesen  aber  von  sehr  wenigen  kritisch  studirt 
werden.     Unter  einem  kritischen  Studium  verstehe  igh  cUq  Prüfung 


12        Sprenger,  die  Sckulfächer  und  die  Scholastik  der  Mnelime. 

der  Isnftd    einer   Tradition,    die    man   für   die   Feststellung   einer 

Lehre  benutzen  will,  nach  den  Regeln  der  v3oJ^  viv^l.     ^  1856 

brachte   ich   eine  ziemlich  vollständige  Sammlung  der  Werke  über 

die   eow>il  iyo\   nach   Kalkatta   (vgl.   Bibl.   Spr.   no.  467 — 489) 

und  ich  suchte  die  Professoren  der  Madresa  für  ein  kritisches 
Studium  der  Tradition  zu  gewinnen,  weil  ich  darin  einen  Ausweg 
aus  der  Sackgasse  in  der  sich  die  Muslime  (besonders  die  Hanlfiten) 
befinden,  erblicke;  es  gelang  mir  aber  nicht  Enthusiasmus  dafür 
zu  erwecken. 

Der  9^smus  hat  weder  in  muslimischen  Hochschulen  noch 
in  den  Kreisen  zünftiger  Gelehrten  seinen  Platz,  sondern  unter 
Schwärmern  und  desswegen  sind  unter  den  zahlreichen  Schriften 
darüber,  welche  in  Indien  verbreitet  sind,  die  persischen  über- 
wiegend. Speculative  theologische  (pantheistische)  Abhandlungen 
werden  am  meisten  von  Männern  der  hohem  Klassen  der  Gesellschaft 
gelesen,  mit  deren  Orthodoxie  es  in  der  Regel  nicht  weit  her  ist. 
Unter  Akbar  war  Pantheismus  die  Hofyhilosophie  und  diplomatische 
Depeschen  fingen  mit  theosophischen  Tiraden  an.  Das  hatte  eine 
gewaltige  geistige  Gährung,  welche  noch  mehr  die  Hindus  als  die 
Muslime  ergriff,  zur  Folge.  Es  ist  schwer  zu  sagen,  wie  sie  sich 
abgeklärt  hätte,  wenn  sie  von  Akbar's  Nachfolgern  nicht  gewaltsam 
erstickt  worden  wäre.  Die  poetische  Seite  des  Qufismus,  in  der 
sich  eine  freie  religiöse  Weltanschauung  abgespiegelt,  ist  schon  im 
8.  Jahrhunderte  der  Flucht  in  Indien  schöner  und  deutlicher  als 
damals  in  Persien  (besonders  durch  Myr  Ghosraw  und  Hasan)  zum 
Ausdruck  gekommen.  Da  diese  Bemerkungen  nicht  der  mus- 
limischen Literatur  in  Indien  im  Allgemeinen,  sondern  den  Schul- 
fächem  gewidmet  sind,  kehre  ich  zu  diesen  zurück. 

Den  Muslimen  ist  bei  der  Vertheilung  der  Arbeit  die  Aufgabe 
zugefallen,  der  Scholastik  xmd  Mystik  die  grösstmögliche  Aus- 
bildung zu  geben.  Ihre  Leistungen  in  diesen  beiden  geistigen 
Thätigkeiten  sind,  sowohl  extensiv  als  intensiv,  wahrhaft  riesig, 
und  das  Schaffen  des  Doctor  subtilissimus  z.  B.  gibt  uns  keine 
Idee  von  dem,  was  sein  Namensvetter  und  älterer  Zeitgenosse,  der 
Mobaqqiq  T^sy  geleistet  hat.  Sie  haben  sich  auch  volle  Tausend 
Jahre  ausschliesslich  damit  beschäftigt;  die  Pflege  der  Er- 
fahrungswissenschaften war,  wo  sie  auftrat,  inmier  nur  sporadisch 
und  persönlich,  d.  h.  irgend  ein  Gelehrter  oder  ein  Herrscher  hatte 
Sinn  dafür  und  sie  wurden  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  gepflegt, 
aber  diese  Pflege  ist  weder  aus  dem  Zeitgeist  hervorgegangen, 
noch  wirkte  sie  auf  denselben  zurück,  auch  standen  die  Träger 
allemal  auf  dem  Boden  der  Dialektik,  so  z.  B.  Biruny  und  Ibn 
Chaldün.  Die  Geschichte  des  muslimischen  Mysticismus  und  ihrer 
Scholastik  lässt  sich,  ehe  nicht  viribus  unitis  recht  bedeutende 
Vorstudien  gemacht  sind,  nicht  verfolgen,    zwei  Dinge  lassen  sich 


Sprenger y  die  Schulfächer  und  die  SchoUatik  der  Muslime,        13 

jedoch  schon  jetzt  mit  Sicherheit  behaupten  —  erstens,  dass  sich 
die  Scholastik  in  einigen  Disciplinen,  namentlich  in  Abu  ^anifa's 
System  der  Theologie  sehr  firüh^  geltend  machte,  mid  dass  die 
philosophische  Begründung  des  ^i^smus  ebenso  alt  ist  oder  noch 
älter  als  die  scholastische  Theologie  und  jedenfalls  zu  Ende  des 
dritten  Jahrhunderts  schon  vollendet  war.  Eine  dogmatisch  so 
streng  definirte  positive  Religion  wie  der  Islam  trägt  den  Keim 
der  Scholastik  in  sich.  Was  den  Mysticismus  betriflFt,  so  lebte  er 
in  den  Kulturvölkern  des  Orients  schon  vor  dem  Auftreten  des 
Mohammad.  Nach  ihrer  Bekehrung  durchgährte  er  den  Islam  und 
der  ^uiismus  ist  nur  eine  neue  Firma  der  uralten  orientalischen 
Schwärmerei  Zweitens,  dass  zu  Anfang  des  siebenten  Jahrhunderts 
der  Flucht  im  Orient  (vielleicht  etwas  später  in  Spanien)  schon 
alle  in  den  Schulen  gelehrten  Doctrinen  scholastisch  bearbeitet  waren 
und  zwar  endgültig,  denn  die  meisten  Texte  der  nodi  jetzt  üblichen 
Schulbücher  stammen  aus  den  nächsten  zwei  Jährhunderten. 

In  der  Logik  wetteifern  die  anglikanischen  Scholastiker  mit 
den  muslimischen  und  bieten  uns  einen  Massstab  für  die  Würdigung 
der  letztem.  Vergleichen  wir  die  Bisäla  Schamsija  mit  Aldrich's 
Handbuch  der  Logik,  dem  Leitfaden  den  man  vor  dreissig  Jahren 
noch  in  der  Universität  Oxford  den  Vorlesimgen  zu  Grunde  legte, 
so  finden  wir  keinen  wesentlichen  Unterschied.  Aldrich  und  noch 
mehr  sein  Nachfolger  Whately  haben  den  Gegenstand  besser  durch- 
dacht, auch  wohl  das  Organen  im  Urtexte  angeschlagen  und  gehn 
tiefer  und  mit  mehr  Verständniss  in  die  Sache  ein.  Der  Verfasser 
der  Risäla  Schamsija  hingegen  war,  wie  alle  Verfasser  scholastischer 
Textbücher,  bestrebt,  die  Lehren  seiner  Vorgänger  wie  Gesetze,  wo 
kein  Wort  zu  vieL  oder  zu  wenig  sein  und  jedes  an  seinem  Platze 
stehen  soll,  zu  codificiren.  Nach  der  Absicht  der  Verfasser  sollen 
Texte  wie  die  Bisäla  Schamsija  einem  Gewebe  gleichen  in  dem 
eine  Masche  die  andere  hält,  oder  einem  Gewölbe  das  erst,  wenn 
der  Schlussstein  eingefügt  ist,  Festigkeit  erlangt.  In  der  Form 
ist  daher  die  Schamsija  viel  vollendeter  als  Aldrich's  Handbuch  — 
der  im  breitspurigen  Predigerstyl  geschriebenen  Logik  Whately 's 
gar  nicht  zu  erwähnen  —  die  Begriffe  sind  strenger  gesondert  und 
genauer  definirt  imd  die  Kunstsprache  ist  vollständiger  entwickelt 
und  —  da  sie  ein  Resum^  früherer  arabischer  Arbeiten  über  den 
Gegenstand  ist  —  so  zu  sagen  krystallisirt  *).  Doch  ist  zu  be- 
zweifeln, ob  der  Verfasser  das  was  er  sagt  auch  immer  ganz  ver- 
standen habe,  so  führt  er  unter  den  Beispielen  von  Trugschlüssen 

das  folgende    an   ^J**-i3  ^.jL*ol  JJ'^  ^.jL*ol  y^  lt^— b   qL-oI   J^T 

jj»3  y^ .     Unter  Menschpferd  ist  ein  Kentaur  zu  verstehen ,   dass 

1)  Die  LeLstungen  dor  Muslime  in  der  Rhetorik  Hessen  sich  an  Whately's 
Etements  of  Rhetoric,  London  1867  messen.  Ich  kann  di<»es  nicht  thun ,  weil 
ich  mir  nie  die  Mühe  gegeben  habe  mich  in  letzteres  Werk  zu  vertiefen. 


14        Sprenger y  die  Sehulf ächer  und  die  Scholastik  der  Muslime, 

er  aber  nie  von  den  Kentauren  gehört  habe  ist  ziemlich  sicher. 
Ich  benntze  diese  Gelegenheit  ausser  dem  in  Bd.  XI  S.  737  dieser 
Zeitschrift  bemerkten   Fehler   meiner  Uebersetzung   der  Schamsija 

einen  andern  zu  berichtigen.     Der  Satz  xa.ai<uÜI  ^  Jh-^   .tJüU  ^)S 

...liJxIt  au  j^^^^^  U  fclj^  j^  bedeutet:  die  mittlere  (geometrische) 

Proportionale  ist  die  Seite  eines  Quadrats,  welches  gleich  ist  dem 
unter  den  beiden  äussern  Gliedern  der  Proportion  enthaltenen  Recht- 
ecke. Wir  würden  dieses  algebraisch  ausdrücken  wie  folgt:  wenn 
a:b  =  b:c,  so  ist  b*  =  ac. 

Philosophie  ist  nach  der  Definition  der  Muslime  eine  Kennt- 
niss  —  so  weit  eine  solche  nach  menschlichen  Kräften  möglich 
ist  —  der  Merkmale   des  Wesens   der   concreten  Dinge  in  seinem 

thatsächlichen  Befund  U    JLx;  otJ^^^t  o^'  ^'j^'^  (^  iUJCS. 

iüyi^l  iÜJLLJl  ^Jüb  ^)i\  ^J  JL  auJL«:  ^    und    zerfällt   natur- 

gemäss  in  zwei  Abschnitte,  in  Physica  und  Metaphysica.  Sie  beruht 
auf  den  Speculationen  des  Aristoteles,  ist  aber  nicht  eine  blosse 
Uebertragung  aus  dem  Griechischen  ins  Arabische,  sondern  eine 
Verpflanzung  aus  dem  ethnischen  in  den  muslimischen  Ideenkreis, 
in  welchem  sie  sich  zu  neuem  Leben  entwickelte.  Von  den  Phi- 
losophen Europas  unterscheiden  sich  die  muslimischen  dadurch, 
dass  unter  erstem  auch  solche,  die  sich  Aristoteliker  Messen,  den 
Gedankengang  des  Stagiriten  nicht  in  allen  seinen  Wendungen  ver- 
folgten, sondern  sich  von  ihm  nur  anregen  Hessen ;  fär  diese  war  also 
die  Philosophie  ein  Gebäude  von  genialen  Einfällen.  Die  Muslime 
arbeiteten  die  einzelnen  i^ücher  des  Aristoteles  um  und  behielten 
davon  gerade  soviel  als  vor  ihrer  dialektischen  Prüfung  Stich  hielt 
und  erörterten  neue  Probleme,  die  sich  ihnen  im  Verlaufe  dieser 
Arbeit  aufwarfen,  auch  nahmen  sie  sehr  vieles  aus  der  sogenannten 
orientalischen  Philosophie  in  ihre  Umarbeitung  au£  Diese  Ver- 
schmelzung der  aristotelischen  und  orientalischen  Philosophie  wurde 
schon  vor  dem  Auftreten  des  Isl&ms  von  den  Harrftniem  und  An- 
tiochenem  so  weit  getrieben,  dass  die  muslimischen  Aristoteliker 
mehr  Phantastereien  daraus  auszuscheiden  als  hineinzutragen  hatten. 
Der  Boden  fär  die  aristotelische  Philosophie  wurde  durch  die 
Theologen  vorbereitet  Kremer  zeigt  in  seiner  Culturgeschichte, 
dass  die  Griechen  in  Damascus  einen  bedeutenden  Einfluss  auf  die 
Entwicklung  der^Dogmatik  des  Qor&ns  übten,  und  Qifty  erzählt, 
dass  *Amr  b.  al-*A9,  der  Eroberer  Aegyptens  mit  Johannes  Gram- 
maticus  über  metaphysische  Fragen  zu  disputiren  liebte.  Sei  dem 
wie  ihm  wolle,  so  steht  fest,  dass  schon  in  den  sieben  Rechts- 
gelehrten von  Madina,  die  doch  auf  historischem  Boden  —  auf  der 
!Hadith  —  standen,  philosophische  Neigungen  unverkennbar  sind, 
und  dass  die  frühesten  Asceten,  die  uns  bekannt  sind,  nicht  bloss 
Büsser  waren,  sondern  sich  zum  Pantheismus  hinneigten.    Es  waren 


Sprenger,  die  Schülfächer  und  die  üchokuUk  der  Mudime.       15 

also  schon  in  frühester  Zeit  die  Muslime  in  zwei  Lager  getheilt 
und  in  beiden  herrschten  philosophische  Anschauungen,  in  dem 
einen  die  Dialektik ,  in  dem  andern  die  Mystik.  Zu  voller  Be- 
deutung kam  aber  die  Philosophie  erst  durch  das  Auftauchen 
religiöser  Secten,  die  sich  mit  den  WaflFen  der  Dialektik  ver- 
theidigten. 

Die  Ausbildung  der  scholastischen  Wissenschaften  ist  im 
Orient  auf  andere  Weise  erfolgt,  als  wir,  die  wir  den  Einfluss  der 
Originalität  auf  historische  Entwicklimg  zu  überschätzen  gewohnt 
sind,  vermuthen.  In  der  Bearbeitung  eines  Themas,  das  gerade 
auf  der  Tagesordnung  stand,  warf  sich  eine  neue  These  auf;  es 
stürzte  die  ganze  Schule  über  dieselbe  her,  betrachtete  dieselbe 
von  allen  Seiten,  und  lieferte  Dutzende  von  Monographien  und 
Commentaren  über  dieselben.  Die  Aussöhnung  der  verschiedenen 
Meinungen  die  dabei  zu  Tag  kamen,  geschah  gewöhnlich  durch 
distinguo,  was  zu  endloser  Begriffsspcdtung  führte.     So  stiess  man 

z.  B.  als   äJ^jJI  v£>j5\^   an   die  Tagesordnung   kam  und  das  Ver- 

h&ltniss  des    cyjoyj^   Symbols   (bezw.   Wortes)   zum   xi   c.yj!oyjk 

(dem  was  es  repräsentirt  bezw.  Begriflf)  untersucht  wurde,  auf 
allerlei  Arten  von  mjo^  ^) ;  es  fragte  sich  wie  tropische  Ausdrücke, 

wie  die  oL»^>^,  wie  abgeleitete  grammatische  Formen  in  Bezug 
auf  die  Grundform  sich  dazu  verhalten  u.  dgl.  m.  Man  fand  sich 
am  Ende  bewogen  das  fJo^\  in  ^fi^  und  a^-q,,^  zu  theilen, 
andere  fanden  es  passend  ein  (j^L:>  *jo^  einem  aLc  %j:o^  gegen- 
überzustellen und  man  vermittelte  dann,  indem  man  beide  Ein- 
theilungen  combinirte.  Für  die  auf  diese  Weise  gewonnenen 
Begriffe  wurden  Kunstausdrücke,  wovon  manche  sehr  sinnreich 
sind,  eingesetzt,  in  diesen  krystallisirte  sich  die  Discussion,  die 
hunderte  von  Geistern  beschäftigt  hatte,  und  sie  dienten  als  Bau- 
steine für  den  Weiterbau  des  Systemes.     Auf  diese  Weise  wurden 

Bezeichnungen  wie  ^y>y^  v^«c>>!^t  »das  Wesen,  dessen  Existenz  eine 

innere  Nothwendigkeit  ist*^  für  Gott  zum  Gemeingut  der  Schulen 
und  aller  Gebildeten  und  erhielten  die  Resultate  der  Speculation, 
aus  der  sie  hervorgegangen  sind,  lebendig. 

Selbst  in  der  Syntax,  worin  die  Muslime  durch  die  Erhebimg 
von  Thatsachen  und  Entdeckung  von  neuen  Gesichtspunkten  doch 
recht  bedeutendes  geleistet  haben,  trat  das  Sachliche  immer  mehr 
zurück,   bis    endlich   vielmehr   die- grammatikalischen  Begriffe  und 


1)   In    meiner    Uebenetzang    der    Kis&la    Schamsija    gebe    ich    »„/i^^Jl.  j 

aüt  by   appointment  wieder.     Flebcher  bat  die   Bedeutung  in   dieser  Zeitschr. 
XXX  S.  487  ganz  richtig  festgestellt. 


16        Sprenger y  ilie  Sekulfächer  und  die^  Scholctstik  der  MusUms. 

Theorien  als  die  Sprache  Gegenstand  der  Untersuchung  wurden. 
Die  späteren  Grammatiker  berufen  sich  nur  höchst  selten  auf  die 
lebende  Sprache  und  stellen  nie  Vergleiche  mit  einer  andern  Sprache, 
etwa  dem  Persischen,  das  die  meisten  von  ihnen  kannten,  an,  son- 
dern standen  auf  dem  Boden  der  Abstraction  —  der  grammaire 
generale,  welche  de  Sacy  ganz  im  Geiste  der  Muslime  seiner 
arabischen  Granmiatik  zu  Grunde  legte  —  und  ihr  System  gleicht 
dem  der  Logik  mit  Zayd  und  'Amr  statt  Barbara  und  Celarent 
als  Schema. 

Der  Scharon  Mollä  und  ähnliche  Geistesproducte  werden  daher 
weniger  um  die  Qoränsprache  zu  erlernen,  als  um  sich  in  der 
Dialektik  zu  üben  studirt.  Sogar  die  Qoränexegese  wurde  in  den 
Händen  gewandter  Scholastiker  wie  Imäm  Bäzy  und  Baydhawy 
zur  üebung  in  der  Scholastik.  Für  Baydhawy  z\  B.,  dessen  TaEsir 
was  den  grammatischen  Theil  anbelangt  die  grösstmögliche  Voll- 
endung erreicht  hat,  war  es  viel  zu  unwissenschaftlich,  den  Sinn 
von  schwer  verständlichen  Sätzen  durch  Umschreibung  deutlich  zu 
machen ;  er  thut  es  durch  Analyse  in  möglichst  bündiger  technischer 

Sprache.     So  hat  er  z.  B.  wo  tJt  ^cs^*  vorkommt  gewöhnlich    ^ 

iüj^jüj  -iXj^  ^  ^^iC^i,  lAx«  ^:)UJi  ,y^  ^\  j^.  Wie 

viel  einfacher  und  deutlicher  wäre  es,  wenn  er  die  Ellipse  die 
in  solchen  Fällen  allemal  vorhanden  ist  so  ausgefüllt  hätte,  dass 
der  conditionelle  Satz  von  selbst  als  directe  Bede  erschienen  wäre, 

etwa  wie  iö,yo  »wXP  i^O^t  H^  OUjI  ^t  'fcjÜLit  ,5^5>.     Nebenbei 

hätte  er  uns  belehren  können  (wenn  er  es  gewusst  hätte)  ob  diese 
elliptische  Ausdrucksweise  ausser  dem  Qorän  auch  sonst  noch  vor- 
kömmt Was  ich  als  Zweck  der  scholastischen  Lehrmethode  hin- 
stelle, ist  nach  der  Beobachtung  Lumsden  s,  meines  Vorgängers  in 
der  Kalkatta-Madresa,  dem  die  Scholastik  wenig  Sorge  verursachte, 
das  Resultat  derselben.  While  an  Indian  Moulvee,  sagt  er,  is  able 
to  expound  ydth  no  contemptible  skill  the  opinion  maintained  by 
Arabic  writers  on  the  most  abstruse  questions  of  Grammar,  Logic, 
Bhetoric,  Law,  Metaphysics  and  absü-act  Theology,  he  has  little 
knowledge  of  Arabic  idiom,  and  has  acquired  a  very  limited  com- 
mapd  of  words.  Of  history  he  can  hardly  be  said  to  know  any 
thing,  and  the  great  body  of  Arabic  poetry  is  utterly  beyond  the 
reach  of  bis  attainments.  Er  hätte  hinzufügen  können,  dass  sich 
die  Maulawis  in  der  arabischen  Schul  spräche,  deren  Geist  von 
dem  der  Sprache  des  Qor&ns  und  der  ^adlth  himmelweit  ver- 
schieden ist,  mit  grosser  Sicherheit  bewegen.  *Abd  al-Ba^^tm  war 
als  Lumsden  dieses  schrieb,  schon  in  der  von  ihm  geleiteten  Lehr- 
anstalt und  er  hat  später  einen  arabischen  Conmientar  zur  Alf^a 
geschrieben,  der  sich,  obschon  Arabisch  so  wenig  die  Muttersprache 
*Abd  al-Rafcim's  als  de  Sacy's  war,  vortheilhaft  vor  de  Sacy's  höchst 
peniblen  Erklärungen  der  AlfSja  auszeichnet.   Der  indische  Maulawy 


Sprenger^  die  Schui fachet  und  die  Scholastik  der  MutlirM,        17 

bewegt  sich  mit  der  Sicherheit  eines  Meisters,  während  de  Sacy 
in  der  Erklärung  eines  Schulbuches,  das  Schüler,  die  mit  unsem 
Secondanem  zu  vergleichen  sind,  studiren,  akademische  Wichtigkeit 
annimmt;  und  es  passirte  ihm  dabei  das  Malheur,  den  ersten  Vers 
den  er  davon  in  die  Anthologie  gramm.  S.  313  aufnahm,  miss- 
znverstehen.      u3lc  Ju;  heisst  nicht  ZeYd  fait  des  excuses,  sondern 

der  ganze  Satz   bedeutet   Zayd   entschuldigt   den   ( .yo   nicht  ..yo) 

der  Entschuldigungen  vorbringt 

Die  Philosophie  ist  die  eigentliche  Domäne  der  Scholastik, 
denn  was  die  Metaphysik  anbetrifft,  so  sind  die  übersinnlichen 
Wesen  Begriffe  oder  blos  vocis  flatus: 
Denn  eben  wo  Begriffe  fehlen, 
Da  stellt  ein  Wort  zur  rechten  Zeit  sich  ein. 
Mit  solchen  Materialien  lässt  sich  Metaphysik  treiben !  und  was  die 
Physica  anbetrifft,  so  konnte  ihr  Widerstand  gegen  -eine  ähnliche 
Behandlungsweise ,  so  lange  es  eine  beobachtende  Naturforschung 
gar  nicht  gab,  leicht  überwunden  werden.  Die  übrigen  scho- 
lastischen Wissenschaften  sind  eigentlich  nur  eine  Propädeutik 
zur  Philosophie  und  das  ganze  Quadrivium  eine  Jakobsleiter,  auf 
der  die  Geister  zum  Hinunel  hinaufstiegen  um  eine  Eenntniss 
des  Gröttlichen  zu  erlangen.  Die  Mystiker  erreichten  dieses  Ziel 
durch  Intuition,  die  Scholastiker  durch  den  Aufbau  des  begriff- 
lichen Bildes  des  Universums.  Die  Annehmbarkeit  der  Resultate 
4er  scholastischen  Metaphysik  hängt  also  von  der  Geschlossen- 
heit des  Baues  ab.  Es  ist  kein  Zweifel ,  dass  die  von  den 
Muslimen  befolgte  Methode  die  einzig  rationelle  ist;  und  ihre 
Philosophie  ist  auch  ein  Gebäude,  das  in  Bezug  auf  Vollendung 
einzig  in  seiner  Art  dasteht  Die  Begriffe  sind  so  behauen,  dass 
sie  genau  in  ihre  Stelle  passen  und  sie  sind  folgerichtig  zusammen- 
gefügt, so  dass  ein  Schluss  den  andern  trägt,  und  mit  den  Be- 
griffen hat  sich  im  Verlaufe  der  Jahrhunderte  eine  Sprache  gebildet, 
die  für  den  Schulmann  so  handig  ist  wie  eine  Drehorgel.  Schon 
im  siebenten  Jahrhunderte  der  Flucht  war  das  ganze  Gebiet  der 
Philosophie  von  der  Schule  bearbeitet  worden  und  die  Meister 
konnten  nun  das  vorliegende  Material  zusanunenstellen.  Ihrer 
Originalität  war  dabei  eine  nicht  viel  grössere  Aufgabe  gestellt, 
als  der  der  Kinder,  welche  ein  in  Stücke  geschnittenes  Nürnberger 
Bild  einer  Landschaft  zusammensetzen.  Ihre  Meisterschaft  konnte 
sich  aber  in  dem  richtigen  Verständniss  des  Gegebenen  und  in  der 
Gewandtheit  des  Ausdruckes  zeigen.  Als  das  in  jedem  Bezug 
beste  Werk  über  Philosophie  gilt  die  ^^jJl  iUii^  (d.  h.  Philosophie 

der  Realität,   ein  Wortspiel  auf  jUJC^  ^^*a£    die   Quelle   oder   das 

Wesen  der  Weisheit) ;  nach  meinem  Urtheile  ist  sie  auch  das  Voll- 
endetste ,   was   die  Scholastiker  aller  Länder  und  Zeiten   geleistet 
haben.     Ich  hatte  die  Absicht  sie  mit  einer  englischen  Uebersetzung 
Bd.  X2LXU.  i 


18        Sprenger,  die  Sehulfächer  und  die  Scholastik  der  Muslims, 

herauszugeben,  fand  aber,  als  ich  mich  durch  die  Hälfte  durch- 
gearbeitet hatte,  wie  thöricht  ein  solches  Unternehmen  sei.  Schon 
in  der  Grammatik,  die  doch  auf  etwas  Sachlichem  beruht,  decken 
sich  unsere  Begriffe  und  die  der  Araber  nur  selten,  und  in  der 
Philosophie  decken  sie  sich  fast  nie,  so  dass  der  Uebersetzer  inmier 
zu  viel  oder  zu  wenig  sagen  muss.  Ausserdem  ist  die  sinnreiche 
Bezeichnimg  der  Begriffe  meist  das  einzige  Interessante.  Diese 
lässt  sich  aber  so  wenig  als  ein  Wortspiel  in  einer  andern  Sprache 
wiedergeben. 

Mit  dem  Inhalt  der  scholastischen  Philosophie  steht  es  schlecht. 
Da  man  in  jedem  Scholastiker  ohne  viel  Kratzen  auf  einen  Theo- 
logen konmit,  so  mag  es  mit  dem,  was  uns  diese  Herrn  von  dem 
üebersinnlichen  berichten,  seine  Richtigkeit  haben,  aber  ihre  ganze 
Naturphilosophie  ist  heller  Blödsinn.  Wir  wollen  hören  was  ein 
Muslime,  der  keine  europlüsche  Sprache  kannte,  darüber  sagt 
Kerämat  *Aly  schickte  mir  eine  in  hindustanischer  Sprache  ver-. 
öffentlichte  Abhandlung   und   sagt   in   dem  Begleitschreiben,  datirt 


4.  Juli  1865  v:>.^!  j^^A^l  J^t  uäj^vÄj  JL-^  ^J  j!  ß\j^  J^l  iyo^ 

«■ 
I»^JLjl«^  v:>w^t  ^-^.^  ^^^  jJ  LoLq;  ^  iS  ifJL^  s:>.4Xf»>    J^y^o^Oü 

^fiLw  ^.^t  jL>  ^gAfcl  »M^  ftJÜ!   Xm6  (£^J^   ^UX>  jlXaÄ4JC:>^  Jüj^^mj 

vi;/wM*t  vi^^L^I^  (Xcpu  ..jtjÄ^  vJuÜa^  Jut.     »Der  eigentliche  Zweck, 

den  ich  in  dieser  Abhandlung  im  Auge  hatte,  ist  die  Muslime  mit  dem 
Verlangen  nach  der  wahren  Philosophie,  die  in  unserer  Zeit  unter 
den  Firingis  gangbar  ist,  zu  beseelen.  Es  ist  bekannt,  dass  von 
früherer  Zeit  bis  auf  den  heutigen  Tag  eine  nichtige  Philosophie 
unter  den  Anhängern  des  Islam  verbreitet  ist,  obschon  der  Qor^ 
und  die  Hadlth  selbe  verurth eilen.  Die  Gelehrten  unter  den  Mus- 
limen jedoch  haben,  dem  Winke  despotischer  Herrscher  folgend, 
all  ihr  Bemühen  auf  die  Ausbildung  dieser  Nichtigkeiten  verwendet 
Sie  haben  sich  aus  dem  Qorän  und  der  Hadlth  ihre  Glaubens- 
lehre im  Allgemeinen  zurecht  gelegt,  aber  der  Schöpfung  des 
Himmels  und  der  Erde,  deren  Betrachtung  eine  Stund  lang  (nach 
einem    Ausspruche   des   Propheten)   besser   ist,    als   sechzig   Jahre 


Sprenger,  die  Sckulfächer  und  die  SScholaatih  der  Mudme.        IQ 

langes  Beten,  haben  sie  ihre  Au&nerksamkeit  durchaus  nicht 
geschenkt.  Die  Philosophie,  welche  die  Gelehrten  Europas  pflegen, 
—  möge  es  ihnen  Gott  verdanken  —  ist  in  Uebereinstinunung  mit 
dem  Qor&n  und  der  J^adlth/ 

Für  die  Erfahrungswissenschafken ,  wie  z.  B.  für  arabische 
Philologie  war  die  scholastische  Bearbeitung  ein  viel  grösserer 
Rückschritt  als  man  beim  ersten  Anblick  der  betreffenden  Literatur 
glauben  sollte,  man  darf  also  behaupten,  dass  Scholastik  und  Ver- 
dummung  gleichbedeutend  sei.  Nicht  nur  in  Bezug  auf  die  in- 
dischen Maulawis,  sondern  auch  in  Bezug  auf  die  ülemas  und 
Mollas  aller  Länder  gilt  folgendes :  the  sophistries  of  dialectics 
leamed  in  a  sacred  language  puff  up  the  professors  with  conceit, 
render  them  hostile  to  eveiy  thing  pracücal  or  founded  on  ex- 
perience,   and    exstinguish   in   them   the   sense  for  art  and  beauty 

and  blunt  the  sentiment  of  equity  and  morality. The  school- 

men,  not  contented  with  proscribing  the  study  of  history,  of 
nature,  and  of  every  science  founded  on  facts,  perverted  other 
sciences  which  are  useful  in  themselves,  like  Grammar  and  Natural 
Philosophy,  and  their  spirit  pervades  every  brauch  of  knowledge*). 
Das  Verhältniss  zwischen  Schule  und  Kirche  ist  im  Islftm  viel  freier, 
und  auch  viel  inniger  und  fester  als  es  je  im  Christenthum  war. 
Der  Mäm  kennt  keine  geschlossene  Hierarchie  mit  einem  Papst 
an  der  Spitze  und  desswegen  war  immer  viel  mehr  Lehrfireiheit 
als  in  katholischen  Ländern  und  es  werden  in  der  Schule  Philo- 
sopheme  docirt,  welche  mit  dem  Qorftn  im  Widerspruch  stehen. 
Der  Isl&m  ist  aber  auch  viel  logischer  als  das  Christenthum  und 
enger  mit  der  Philosophie  verwandt.  Die  Philosophie  ist  daher 
vielmehr  die  ältere  Schwester  als  die  Magd  der  Theologie,  und 
vereint  mit  den  andern  scholastischen  Doctrinen  erzieht  sie  den 
Geist  zum  Verständniss  für  die  Dogmatik.  Uebungen  im  Ab- 
strahiren  und  in  der  Dialektik  ohne  andere  intellectuelle  Be- 
schäftigung und  ohne  dem  Geist  irgend  welchen  objectiven  Stoff 
zum  Verarbeiten  zu  bieten,  sind  die  allemachhaltigste  Gynmastik 
des  Geistes  die  es  gibt  und  muslimische  Lehrer,  welche  auf  der 
Höhe  ihres  Berufes  stehen,  erblicken  in  den  hohem  Schulstudien 
nichts  anderes  als  eine  solche  Gymnastik  und  sind  sachlichen  Studien, 
¥ne  Qoränexegese  und  die  Hadlth ,  für  die  Jugend  nicht  günstig 
gestimmt;  —  Qorän  und  Hadlth  würden  Sachliches  zum  Nach- 
denken bieten  und  könnten  zu  einer  historischen  Auffassung  der 
Theologie  fuhren.  Die  natürliche  Folge  solcher  Exercitien  ist,  dass 
die  Individualität  des  jungen  Gelehrten  ganz  und  gar  verwischt 
und  die  Anlage  zum  selbstständigen  freien  Denken  verkümmert 
wird.     Da  die  auf  diese  Weise  dressirten  Schriftgelehrten  im  Islam 


1)  E^  ist  dies»  eine  Stelle  aus  einem  von  mir  in  1852  der  Regierung  vor- 
gelegten Stadienplan  für  die  Kalkatta-Madresa.  £r  bt  in  den  Selection«  from 
the  Reeords  of  the  Bengal  Government  No.  XIV,  Appendix  S.  XVI  abgedruckt. 

2* 


20        Sprenger,  die  Schulfäeher  und  die  Scholastik  der  Muelime. 

die  Stelle  unseres  Clerus  und  Richterstandes  einnehmen  und  das 
Salz  der  Erde  bilden,  so  theilen  sich  die  Folgen  dieser  einseitigen 
Dressur  dem  Volke  mit,  und  daraus  erklärt  sich  die  von  den  Eth- 
nographen viel  zu  wenig  beachtete  Thatsache,  dass  die  Muslime, 
seien  sie  Semiten,  Arier  oder  Turanier,  und  leben  sie  im  heissen 
Indien  oder  im  öden  Chiwa,  überall  dasselbe  Gepräge  haben.  Ihre 
bedenklichste  Eigenthümlichkeit  ist  die  Verachtung,  welche  sie 
gegen  die  moderne  Gesittung  zur  Schau  tragen.  Die  ünversöhn- 
lichkeit  der  hundert  Millionen  Muslime,  welche  Länder  bewohnen, 
die  zu  den  schönsten  der  Erde  gehören,  und  die  nicht  im  Stande 
sind  sich  selbst  zu  regieren  und  doch  Fremdherrschaft  nicht  dulden 
wollen  noch  dürfen,  werden  nicht  nur  den  Engländern  und  Russen, 
sondern  der  ganzen  im  andern  Sinne  civilisirten  Welt  noch  viel 
zu  schaffen  geben. 


21 


Das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen. 

Von 
F.  W.  M.  Philipp!. 

So  klar  auch  auf  den  ersten  Blick  der  Zusammenhang  zwischen 
den  sich  entsprechenden  Formen  des  Zahlwortes  Zwei  im  Semi- 
tischen und  ihr  Verhältniss  zu  der  vorauszusetzenden  Form  der 
semitischen  Grundsprache  zu  sein  scheint,  so  viele  Unrichtigkeiten, 
Unklarheiten  und  Ungenauigkeiten  herrschen  doch  noch  in  der 
näheren  Darlegung  beider,  die  die  folgende  Abhandlung  womöglich 
beseitigen  möchte.  Dabei  werden  wir  zugleich  Gelegenheit  finden, 
'noch  eine  Beihe  anderer,  nicht  unwichtiger  Punkte  der  vergleichen- 
den semitischen  Grammatik  einer  genaueren  Untersuchung  zu 
unterziehen. 

I.  Alle  semitischen  Dialecte  bieten  uns  denselben  Ausdruck 
f&r  das  Zahlwort  Zwei  dar,  mit  Ausnahme  des  Assyrischen  und 
Aethiopischen.  Denn  für  das  Assyr.  ist  die  Cardinalzahl  Zwei 
überhaupt  noch  nicht,  wenigstens  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen. 
Zwar  fairen  die  meisten  Assyriologen  als  assyr.  Cardinale  xmserer 
Zahl  die  Formen  masc.  *«3V3  ^),  fem.  "«n:^  *)  auf.  Indess  sind  diese 
beiden  Formen  in  den  beiden  einzigen  Stellen,  aus  denen  sie 
Schrader  in  seiner  ABK.  belegt,  nämlich  Assurb.  Sm.  185,  54, 
wo  auch  Smith  richtig  „an  other  opinion"  übersetzt,  und  Nimrod- 


1)  So  Oppert  (Elements  de   la  gramm.   assyr.  sec.   id.  39),   der  die  Form 

^yO    TocalUirt,   und  daneben  noch  eine  andere  bisher  aber  noch  nicht  belegte 

Form  yyp  anfuhrt,  s.  dagegen  Schrader  ZDMG  XXYI,  239  Anm.  1,  femer 
Schrader  (a.  a.  O.  237  flgd.)  der  sani  transscribirt ,  M^nant  (Ezpos^  des 
ä^ents  de  la  gramm.  assyr.  91),  der  genau  sa-ni-e,  und  Sayce  (an  Assyr. 
g;ramm.  130),    der   sane'e   san*u    umschreibt.         2)   So   Oppert,  a.    a.    O.,    der 

die  Form  ^ri^^  vocalisirt  (daneben  eine  von  ihm  selbst  als  fraglich  bezeichnete 

Form  1P2p),  Schrader  (a.  a.  O.),  der  sanit,  sannt,  M^nant  (a.  a.  O.),  der  sa-ni-ti, 
Siyce  (a.  a.  O.),  der  sanetu  transscribirt. 


22  PhiUppi,  das  Zahhoort  Zwei  im  Semitisehen^ 

Obelisk  Z.  11,  wo  sanuti-SÜ  zum  zweiten  Mal  bedeutet,  jedenfalls 
Ordinalia.  Und  diese  Auffassung  der  Masculinform ,  die  übrigens 
wobl  sanö,  nicht  sani  auszusprechen  ist^),  wird  bestätigt  durch 
das  analoge,  gleichfalls  als  Ordinale  gebrauchte  sanu  in  lY  R.  5 
(15a  ff.)*).  Ein  sa-ni-tuv  kommt  aber  in  ordinalem  Sinne  Behist 
51  vor  (Mönant  transscribirt  hier  in  seiner  gramm.  assjr.  13  sa-ni-ti) 
und  in  demselben  Sinne  ib.  55  ein  sa-ni-ti  (wo  es  Schrader  im 
Text  ideographisch  geschrieben  angiebt,  anders  im  Lexicon  und 
M^nant  a.  a.  0.) ').  Damach  werden  wir  übrigens  das  it  in 
sanit  nicht  mit  Schrader  als  Schwächung  aus  at  wie  in  irsit 
(Schrader  1.  c.  217)  ansehen,  sondern  zur  Erklärung  desselben  das 

hebr.  n*«!3;D,  und  arab.  jUiU  heranziehen.     Ob  dagegen   ein  assyr. 

Cardinale  „zwei"  in  der  Redensart  a-di  si-na  IV  R.  22,63  a,  wie 
Herr  Prof.  Friedr.  Delitzsch   nach  gütiger  brieflicher  Mittheilung 

meint,   oder  in  dem   {^w^  ^  ^^^   (si-na)   IV  R.  pl.  2  col.  V.  59; 

pl.  2  col.  n.  7,  vorliegt,  müssen  wir  hier  dahingestellt  sein 
lassen  ^).  Das  Aethiopische  besitzt  aber  in  seinem  ^ ^/i^  *  jQ Al 
iV^  :  ^lAÄ-t  :  (Geez),   5lAt:  (Tignüa),  U.^^  ;   (Am- 

harisch)^)  ein  eigenes,  von  dem  in  den  anderen  Dialecten  vor- 
konomenden  Ausdruck  für  Zwei  ganz  abweichendes  Wort,  das  dem 
allerdings  analog  gebrauchten  hebr.  Q^MbD  (zweierlei)  und  dem  arab. 

^^,  imIJ^    (beide)    genau    entspricht     Indess    können   wir  aus 

dem   schon  angeführten   assyr.  Ordinale   wie   den   äthiop.  Ordinal* 

Wörtern   jf|f.JB;,  »*li^I»   welche  in  dem  Consonantismus  des 


1)  Denn  die  letzte  Keilgrappe  ^f!  der  unser  Wort  phonetisch  dar- 
stellenden Zeichen  dürfte  doch  wohl  den  Vccal  e  (so  seihst  Friedr.  Delitzsch, 
Assyr.  Stadien  16)  nicht  aher  ein  'i  oder  hi,  *i  oder  i'  (so  Schrader  1.  c.  198. 
199.  219  und  Delitzsch  1.  c.  16.  18)  bezeichnen  sollen,  darnach  aber  unser  Wort 
genau  sa-ni-e  ib  sane  zu  transscribiren  sein.  Doch  darauf  können  wir  hier 
nicht  nAher  eingehen.  2)  Auf  diese  Stelle  hatte  Herr  Prof.  Friedr.  Delitzsch 
die  Freundlichkeit  mich  aufinerksam  zu  machen.  Daselbst  finden  sich  noch 
andere  Ordinalia  (saisu,  ri-bu-u,  ba-ma-su,  sis-su,  si-bu-u,  sam-nu),  welche  be- 
weisen, dass  die  von  Schrader  ABK.  243  als  Cardinalia  aufgeführten  Zahlen 
fast  alle  vielmehr  als  Ordinalia  au&ufassen  sind.  Wie  da.s  dem  Zusammen- 
hange nach  als  Ordinale  aufisu&ssende  Wort  für  Zwei  in  der  Höllenfahrt  der 
Istar  ed.  Schrader  Av.  45  und  Rev.  40  auszusprechen,  ist  nicht  festzustellen,  da 
die  Zahl  selbst  hier  ideographisch  dargesteUt  ist  Vgl.  aber  noch  sa-nuv-va  ein 
anderer  bei  Friedr.  Delitzsch  (Assyr.  Studien  37  auch  ib.  Anm.  2).  3)  Vgl. 
auch  sani-ti  bei  Schrader  (KAT.  94,20),  wo  allerdings  nur  ti  phonetisch  ge- 
schrieben ist.  4)  Auch  Sayce  giebt  eine  Form  sin'u  an.  Bei  Norris  (Assyr. 
Diction.  287)  finden  wir  aber  su-un-ni-e  uzunsu  =s  seine  beiden  Ohren.  5)  Im 
Amhar.  wird  oft,  wie  auch  öfter  in  einigen  Tigrina- Dialecten  k  durch  die 
Mittelstufe  der  palatalen  Spirans  ch  (unser  ch  in  Nacht)  zu  h,  s.  Praetorius, 
Oramm.  der  Tigr.  Sprache  95,  auch  ZDHO  XXYHI,  445. 


PhUippi^  das  2kthlwort  Zvoei  im  Semitischen.  23 

Stammes,  wie  wir  gleich  noch  näher  zeigen  werden,  vollkommen 
mit  der  Gardiaal-Fonn  der  übrigen  Dialecte  übereinstimmen,  mit 
Sicherheit  erschliessen,  dass  ursprünglich  anch  in  diesen,  und  also 
ursprünglich  in  allen  Dialecten,  ein  und  dasselbe  Wort  für  Zwei 
existirt  hat,  das  somit  schon  der  semit  Grundsprache  angehört 
haben  muss  und  im  Aeth.  erst  allmälig  von  dem  jetzigen  Aus- 
druck unserer  Zahl  verdrangt  worden  ist  Allerdings  weichen  jetzt 
auch  abgesehen  vom  Aethiopischen  die  Formen  unseres  Zahlwortes 
in  den  einzelnen  Dialecten  bald  im  Consonantismus  bald  im  Voca- 
lismus  mehr  oder  weniger  von  einander  ab.  Allein  alle  hier  vor- 
kommenden Verschiedenheiten  beruhen  auf  den  innerhalb  dieser 
Dialecte  bestehenden  Lautwandelgesetzen,  so  dass  an  der  ursprüng- 
lichen Identität  dieser  Formen  nicht  gezweifelt  werden  kann.  Be- 
weisen wir  das  zunächst  an  den  Masculinformen  der  in  Frage 
kommenden  Zahlwörter,  indem  vfir  diese  vorerst  mit  Nichtberück- 
sichtigung ihi'er  Endung  nur  ihrem  Stamm  nach  betrachten  wollen. 


.-   o  o   ^   o 


Sie  lauten  arab.  .jLjlS!,  ^^w^JLSt  (vulgär  gesprochen  etnein  und 
t'nein  *) ) ,  himj.  ■'in  *) ,  m^hr.  dsero  *)  oder  terln  *) ,  hebr.  D*^:« . 
phoen.  d:tö,   aram.   ']"»'in    (so   altsyr.   -.^I,   ebenso   christl. -paläst, 

• 

mand.   neben   V"^^^!   neusyr.    j^J.,   bibl.  aram.  nur   nachweisbar  in 

der  Verbindung  ^«3^'»'nn,   targ.  y'y\  und  ^'nn,  talm.  •^'in).     Wenn 

sich  nun  bekanntlich  der  Regel  nach  arab.  und  himj.  t,  mehr,  t 
oder  d*),  hebr.-phoen.  8,  aram.  t  entsprechen,  so  entsprechen  sich 
auch  genau  die  eben  aufgeführten  Formen  in  den  betre£fenden 
Dialecten,  was  wenigstens  zunächst  den  Anlaut  der  Wortstämme  # 
anlangt  Und  wenn  weiter  dieser  Anlaut  im  Aethiop.  der  Regel 
nach  durch  s  oder  \  reflectirt  wird,  so  gehört  ebenfalls  die  Wurzel 
der  äth.  Ordinalia  ihrem  Anlaute  nach  hierher.  Dasselbe  gilt  ohne 
Frage  von  dem  assyr.  Ordinale.  Doch  ist  in  diesem  wie  ähnlichen 
Fällen  der  assyr.  Reflex  der  in  Frage  konunenden  Laute  der 
anderen  Dialecte  noch  nicht  sicher  gestellt. 

Allerdings   behaupten   die  Assyriologen   in   seltener  Ueberein- 
stimmung,  dass  das  Assjrrische  nur  die  beiden  Zischlaute  s  und  s 


1)  8.  Caussin  do  Porceval,  Gramm,  arab.  vulg.  109,  und  über  dou  Uebergang 
ZDVLQ  XXX,  369.  2)  S.  Hai.   63,6;  353,4;   553,7;   600,5  u.  a.  Belcgo  in 

ZDMO  XXX,  707.         3)  So    nach  Krapf  in   d.  Z.  f.  W.  der  Spr.   von  Hoefer 
I,  1846   p.  311.  4)  So   nach   v.  Maltzan    ZDMG  XXVU,    283.         5)  Als  d 

werden  wir  doch  wohl  das  ds  Krapf's  fassen  müssen,  für  das  allerdings  Maltzan 
I  bietet.     Im  Mehri  geht  aber  öfter  t  in  d  über  (s.  Maltzan  a.  a.  O.  250,   vgl. 

tach    bei  Krapf  dsinit  =       ^   t  "^  ^    dse)6s  (30),    dsini  (80)   und   im   heutigen 
aeg.-arab.  öfter  z  für  t  so  lez  ==  vl^uJ  s.  ZDMG  XXV,  494). 


24  PhiHppi^  ilas  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen. 

d.  i.  die  dentale  und  complex  palatale  Spirans  besessen,  von  denen 
die  eine  zugleich  den  assyrischen  Reflex  des  arab.  c:^ ,  aram.  n  etc. 

gebildet,  sowie  dass  das  Assyrische  hinsichtlich  der  Zischlaute 
ursprünglich  ganz  auf  dem  Standpunkt  des  Hebr.  gestanden,  also 
assyr.  &  arabischem  \^ ,  aram.  n  ursprünglich  entsprochen  habe.    Sie 

gehen  aber  dann  auseinander ,  dass  nach  den  einen  ^)  der  speciell 
assyrisch  oder  ninivitisch  genannte  Dialect  so  wie  der  Babylonische 
auf  diesem  Standpunkt  immer  geblieben  ist,  während  sich  nach  den 
anderen  ^  dieser  ursprüngliche  Zustand  nur  im  Babylonischen 
erhalten  hat,  im  Assyrischen  dagegen  eine  fast  totale  ümkehrung 
sowohl  der  Aussprache  wie  der  Zeichen  der  Zischlaute  erfolgt  ist, 
so  dass  hier  s  Reflex  der  betreffenden  Laute  der  anderen  Dialecte 
geworden  ist.  Jedenfalls  ist  zunächst  den  Vertretern  beider  An- 
nahmen bis  auf  Schrader  in  seiner  neusten  Abhandlung  —  der 
endlich  eine  rationalere  Transscription  einzuführen  bemüht  ist  — 
der  Vorwurf  einer  heillos  verwirrenden  Transscriptionsweise  dieser 
beiden  assyr.  Zischlaute  zu  machen.  Während  nämlich  von  Oppert 
die  Transscription  des  dentalen  s  durch  s  stammt,  des  complex 
palatalen  durch  ä,  daneben  aber  des  dentalen  durch  TS,  des  complex 
palatalen  durch  c,  weil  diese  hebr.  Laute  den  betreffenden  assyrischen 
etymologisch  entsprechen,  das  dentale  s  im  Assyr.  auch  erst  aus 
dem  complex  palatalen  und  umgekehrt  hervorgegangen  sein  sollen, 
—  transscribiren  die  anderen  ihr  assyr.  dentales  bezw.  complex 
palatales  s  hebiiLisch  richtig  durch  D  bezw.  TS,  dagegen  lateinisch 
falsch  durch  i  bezw.  s,  indem  sie  hier  offenbar  ohne  Sinn  die 
Oppert'sche  Transscription  desselben  Zeichens  herübergenommen 
haben.  Sonst  verdient  aber  die  letztere  Annahme  entschieden  den 
^  Vorzug.  Denn  die  erstere  ergiebt  das  unseres  Erachtens  ganz 
unerklärliche  Resultat,  dass  bei  Herübemahme  assyr.  Wörter  in's 
Hebräische  und  Aram.  oder  umgekehrt  ein  Lautwechsel  der  Zisch- 
laute stattgefonden  haben  müsste,  indem  nach  ihr  bestinmit  einem 
hebr.  ^Tn»©  z.  B.  ein  assyr.  Sam'irina^,  einem  assyr.  Sarrukin  ein 
hebr.  iiano*)  entsprechen  würde.  Schrader  hat  früher  eine  Er- 
klärung dieser  Erscheinung  zu  geben  versucht  ^).  Allein  wir 
brauchen   auf  dieselbe  um  so  weniger  einzugehen ,   als  er  ^)ffenbar 


1)  So  können  wir  wenigstens  die  AnsfUhmngen  Schraders  in  ZDMG  XXVI, 
195,  196,  197  Z.  16;  160,  161,  168  Anm.  1;  175  Anm.  1;  176  Anm.  3  nnr 
▼erstehen,  s.  aach  Friedr.  Delitzsch  1.  c.  22;  Sayce  1.  c.  25.  Stade  hat  in 
seiner  sonst  trefflichen  Kritik  der  bisherigen  Transscriptionsweise  der  Zisch- 
laute bei  den  Assyriologen  (Morgenl.  Forschungen  182.  183  Anm.)  diese  Aaf- 
fassung  eines  Theils  der  Ass3rriologen  von  den  assyr.  Zbchlauten  fibersehen. 
2)  So  Oppert,  Theol.  Stud.  and  Krit.  1871  p.  706  s.  auch  Joum.  asiat.  V.  9, 
1857  p.  134  und  Ezp4d.  en  Mesopotam.  II,  12;  Schrader,  Ueber  die  Aus- 
sprache der  Zischlaute  im  Assyr.  (Monatsber.  der  k.  A.  d.  WW.  zu  Berlin  1877 
p.  79  ff.).  3)  Von    diesen  Forschem    wie   eben  bemerkt   fälschlich    äamirina 

transscribirt.  4)  S.  z.  B.  Schrader  ZDMG   XXVI,  196.  5)  Jenaer  Lite- 

raturz.  1874  p.  219. 


Phüippi,  das  Zahlwort  Ztod  im  Semitischen.  25 

selbst  dieselbe  nickt  far  ziireicbend  haltend  sieb  jetzt  der  Ansiebt 
Opperts  angescblossen  bat,  der  er  nur  eine  solidere  Grundlage  zu 
geben  strebt^).  Aber  aueb  dieser  letzteren  können  wir  nicbt 
beipflicbten.  Zunäcbst  müssen  wir  aucb  gegen  sie  den  rein  aprio- 
ristischen  Ausgangspunkt  für  die  Bestimmung  des  Lautwerthes  der 
assyr.  Ziscblautzeicben  geltend  macben.  Denn  Oppert  wie  Scbrader 
nehmen  ebenso  wie  alle  anderen  Assyriologen  von  vom  berein  als 
etwas  Selbstverständliches  an,  dass  das  Assyrisch-Babylonische  ur- 
sprünglich und  noch  zur  Zeit  der  Einführung  der  Keilschrift  hin- 
sichtlich der  Zischlaute  ganz  auf  bebr.  Standpunkt  gestanden  haben 
müsse,  und  bestimmen  darnach  den  ursprünglichen  Lautwerth  der 
fraglichen  assyr. -babyl.  Zeichen,  nur  dass  sie  dann  die  hiebei  zu 
Tage  tretende  Differenz  zwischen  den  Zischlauten  der  einheimischen 
assyr.  bezw.  aram.-hebr.  Wörter  und  den  Zischlauten  der  iden- 
üschen  Wörter  als  Fremdwörter  der  einen  oder  anderen  dieser 
Sprachen  durch  die  Annahme  der  totalen  Umkehrung  der  Aus- 
sprache und  Zeichen  dieser  Laute  im  speciell  assyrischen  Dialect 
in  geschickterer  und  ansprechenderer  Weise  zu  erklären  suchen. 
Allein  womit  will  man  denn  diese  rein  aprioristische  Behauptung 
beweisen  ?  Etwa  mit  dem  im  Uebrigen  constatirten  hebräischartigen 
Charakter  des  Assyrischen?  Wenn  man  dem  späteren  Assyrischen 
eine  vom  Babylonischen,  dem  das  Assyrische  doch  viel  näher  steht 
als  beide  dem  Hebräischen,  hinsichtlich  der  Zischlaute  ganz  isolirte 
SteUung  glaubt  anweisen  zu  können,  kann  man  da  nicht  mit  dem- 
selben Rechte  a  priori  annehmen,  dass  das  Assyrische  und  Baby- 
lonische gemeinsam  einen  Frozess  durchmachten,  wodurch  beide 
sich  in  diesem  Funkte  vom  Hebräischen  in  derselben  oder  ähnlicher 
Weise  entfernten,  wie  nach  jenen  Forschem  das  Assyrische  vom 
Babylonischen?  Als  die  einzig  exacte  Methode  zur  sicheren  Fest- 
stellung des  Lautwerthes  der  assyrischen  Zischlautzeichen  können 
wir  nur   die  gelten  lassen,   welche  den  Lautwerth  derselben  nach 


1)  Am  ersten  Hesse  sich  diese  Erscheinung  noch  darch  die  Annahme 
erklären,  dass  die  Assyrer  ihr  s  aihn&lig  za  s  verschoben,  nach  historischer 
Schriftmethode  aber  in  der  Schrift  l  stehen  gelassen  hätten.  Das  scheint  auch 
Delitz5ch*s  Meinung  in  den  Beigaben  zu  Smith  chald.  Genesis  279  zu  sein. 
Dann  könnte  von  jener  anfflUligen  Verschiebung  der  Zischlaute  wenigstens  in 
den  Fällen  nicht  mehr  die  Rede  sein,  wo  in  assyr.  Lehnwörtern  assyrischem  s 
im  Hebr.-Aram.  ein  s  entspräche,  und  ebenso  wenig  in  den  Fällen,  wo  in  hebr.- 

aram.  Lehnwörtern  hebr.-aramäischem  TZ?  im  Assyr.  ein  s  gegenüberstände,  denn 
das  Assyr.  hatte  dann  eben  allmälig  den  s-Laut  ganz  eingebiisst  und  sub- 
stitnirte  daher,  wie  das  Griechische,  hebräischem  l  sein  s,  —  sie  bliebe  indess 
m  noch  unerklärlicherer  Weise  für  die  Fälle  bestehen,  wo  in  assyr.  Lehnwörtern 
aayr.   s  regelmässig  durch  hebr.-aram.    s  vertreten  wird,  z.  B.  Salmannasir  &= 

*^^M  ]P7^,   Rab-sak   =   npiZ3^^.     Auch    würde    sich    nicht  recht   begreifen 

laaien,  woher  hebr.-aram.  s  stets  durch  assyr.  s  und  nicht  auch  bisweilen  durch 
daa  später  ganz  gleichwerthige  assyr.  s  wiedergegeben  wäre. 


26 


PhÜippi,  das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen. 


der  Wiedergabe  der  assyrischen  Zischlaute  in  assyr.  Lehnwörtern 
anderer  Sprachen,  sowie  der  Zischlaute  anderer  Sprachen  in  den 
diesen  entlehnten  Wörtern  des  Assyrischen  zu  bestimmen  sucht. 
Allerdings  können  wir  nun  auch  durch  Anwendung  dieser  Methode 
zu  der  Annahme  Oppert-Schrader's  gelangen,  wenn  wir  nämlich 
bei  Bestimmung  der  assyr.  Zischlautzeichen  von  der  Wiedergabe 
der  Zischlaute  offenbar  aus  Babel  stammender  Wörter  im  Hebräischen, 
sowie  der  Zischlaute  persischer  Namen  im  Hebr.  und  Babylonischen 
der  Achämenideninschriften  ausgehen,  und  in  der  That  hat  Schrader 
(1.  c.  82  ff.)  seine  aphoristische  Beweisführung  durch  dieses  Argu- 
ment a  posteriori  zu  stützen  gesucht^).  Wir  gelangen  jedoch  zu 
einem  ganz  abweichenden  Resultat,  sobald  wir  der  fraglichen  Be- 
stimmung die  Wiedei^gabe  der  Zischlaute  speciell  assyr.  Wörter  im 
Hebräischen  oder  Aramäischen  bezw.  hebr.  oder  aram.  Wörter  im 
Assyrischen  zu  Grunde  legen.  Denn  gemäss  den  schon  oben  gemachten 
Andeutungen  müssen  wir  nach  dieser  Art  der  Bestimmung  gerade 
dasjenige  s  des  Assyrischen,  das  Oppert-Schrader  als  dentale  Spirans 
bestimmen,  als  complex  palatale  fassen  und  umgekehrt  ^.  Damach 
müssen  wir  aber  natürlich  auch  ein  total  verschiedenes  Ergebniss 
hinsichtlich  der  Entsprechimg  der  Zischlaute  des  Assyrischen  und 
der  verwandten  Dialecte  gewinnen,  das  die  folgende  Tabelle  ver- 
anschaulichen soll: 


Arab. 


1. 


LT 

US 


Aeth. 

(•nfin :) 


u. 


lebr. 

Aram. 

Assyr. 

D 

D 

0,  doch  gewöhn 
lieber  TD 

m 

nP? 

ka  -  aS  -  pu ,    da 

# 

neben    kas-pi 

noD 

noD 

ki-5i-ti  3) 

c|no  u. 

ano   tino 

5abap  *) 

2. 


LT 


Afhn: 

1^,  selten  ^J    D  od.  ^        Dod.U9  D,  seltener  m 


1)  Bestimmen   wir  s.  B.  deu   Zischlaut  des  Sylbeiizeichens  sa  in  Ni-sa-uu 

nach  dem  D  im  hehr,  ^f^^,  als  s,  oder  des  Sylhenzeichens  as  in  Ku-ra-as  nach 

dem  U3  des  hehr.  U$^!D  als  I,  so  erhalten  wir  allerdings  das  Resultat  der 
vollständigen  Uehereinstimmung  des  Assyr.-Bahyl.  mit  dem  Hehr,  in  den  Zisch- 
lauten, da  die  Sylhenzeichen  mit  dem  so  hestimmten  s  hezw.  s  sich  in  den  dem 

Hebr.  und  Assyr.  gemeinsamen  Wörtern  überall  da  finden,  wo  hebr.  D  bezw.  TD . 

2)  Den  näheren  Beweis  für  diese  Bestimmung  s.  bei  SUde  182  f.    Wir  fügen 
noch  hinzu:   ^f   —  mi  —  Bil  Name   eines  Königs   von   Gaza  (Sanli.   Tayl. 

lU,  25),    daher   in   seinem  ersten  Theile  =  einem    lianaanitischon    973TS^    und 

also  die  erste  Keilgruppo  ^  is,  und  Balat  —    ^]]  —  "?**''  ^®^^'   iSfcKÄDba 

(Dan.  1, 7) ,  jene  Keilgruppe  also  =  su  etc.  3)  Norris,  Assyr.  Diction.  11,  592. 
4)  Friedr.  Delitzsch,  Assyr.  Stud.  23. 


FhäippL,  das  Zahheort  Zwei  im  Semititehen. 


27 


Arab. 

Aeth. 

Hebr. 

Aram. 

Assyr. 

^) 

fif^: 

DTD 

DU9 

su-mu 

JaJL, 

AAm: 

üb« 

tab« 

sa-lat  0 

AAf^: 

Dib« 

ob« 

sulmu  und 
Salmu  *) 

c^ 

A-no: 

^3« 

3^5TÖ 

Siba  u.siba*) 

*o  * 

saVW 

bö]30  u. 

(».B.^^) 

( AC7(D :) 

bcap« 

saVtAl  *) 

JLm  stopfen 

fi5i4: 

•nDD  ver- 

'IDDU.'lSttJ Si-ku-ru 

u.  trunken  sein 

trunken  sein 

stopfen 

wie    im 

Verschluss*) 

^Dttj  trunken  s 

.     Hebr. 

O^ 

A-ni: 

pO  u.  p« 

pö  (po) 

1 

{jr^ 

«nm: 

055 

05D  U. 

kis-sa-tu  aus 
kin-sa-tu  ^ 

V£>wXjkM 

A'ni': 

n»,  üp« 

&aa 

(.biu.) 

3.  ^^ 

auch  ^ 

fe 

D 

D  (di&lectisdi 
aueh  vi) 

UJ 

ii^Ä: 

MiD3 

MD3 

na-su-u  ^ 

ltt<^: 

önfe 

DI? 

sa-a-mu  ^ 

J 

mto 

»m^^o 

sar-ru 

'l'liD 

sa-ar-ri 

^yi,  5yi^ 

* 

rr^iö 

Sa-ru-ki-na**) 

1)  DeUtfflch  171.  2)  Stade  181  Anm.  2;  vgl.  Schrador  ABK.  146:  Mu- 
sal-lim  —  Nabu  und  175:  Nabu-i&al-lim  etc.  3)  Delitzsch  25  Anm.  87;  Sayce  6. 
4)  Beispele  b.  Schrader  ABK.  275.  Ebenso  gehören  natürlich  hierher  die 
entsprechenden  im  Arab.  und  Aethiop.  bekanntlich  ab  Refleziva  dos  Causat. 
allein  Yorhandenen  Reflexiva.  5)  Vgl.  Delitzsch  162.  6)  Beide  Formen 

im    Targ.;    letztere   nur  im    Bibl.-Aram.   und   Syrischen.  7)  Delitzsch  157; 

Schrader  ABK.   376.  8)  Delitzsch   23.  9)  Der  Grundbegriff  der    Yj^ 

scheint  der  des  Zerstrenens,  Zertheilens,  Ans-,  Vertheilens  zu  sein.  Dieser  Grund- 
begriff ist  noch  erhalten  im  arab.   J^J^,  vom  Begriff  des  Zerstrenens  geht  aus 

einerseits  der  des  Ausstreckens ,  Zeigens  (  .La)  ,  andererseits  der  dos  Ans- 
einandergehens ,  sich  Entzweiens  (1.^)  und  endlich  der  des  Zerstreut,  Un- 
geordnet, Böse  sein's  {jj^y   das  Gute  ist  dagegen  das  Gesammelte  ^y^'^^y 

vom  Begriff  des  Aus-,  Vertheilens  aber  der  des  Disponirens,  Ordnens,  Herrschens 
(Hebr.  und  Assyr.).         10)  8.  Schrader  ABK.  158.  160.    Delitzsch  172. 


28  Pkäippif  das  ZahhoaH  Zto»  im  Semüitehm, 

Arab. 


Aeth. 

Hebr. 

Aram. 

Assyr. 

(l^  UF 

ti 

n 

D 

fi<l>A: 

bp« 

bpn 

is-ku-ul, 
i-sa-ka-ln  ^) 

ab\ö 

abn 

sal-gu*) 

f^C:") 

^w 

^in 

su-u-ru  *) 

Die  Entscheidung  in  dieser  schwierigen  Frage  wird  demnach 
schliesslich  von  der  Untersuchung  abhängen  müssen,  ob  die  beiden 
eben  dargelegten  verschiedenen  Ausgangspunkte  für  Bestimmung 
der  assyr.  Zischlaut-Zeichen  als  gleichberechtigt  zu  betrachten,  oder 
aus  irgend  welchen  Gründen  der  eine  vor  dem  anderen  den  Vor- 
zug verdient?  Wir  haben  aber  als  Resultat  dieser  Untersuchung 
gefunden,  dass  dem  letzteren  unbedingt  der  Vorrang  zuzuerkennen, 
ja  wir  ihn  allein  als  berechtigt  und  zulässig  gelten  lassen  können, 
da  die  Consequenzen  des  ersteren  ims  in  mannigfache  und  unlös- 
bare Schwierigkeiten  verwickeln,  die  sich  jedenfalls  in  dem  Masse 
und  der  Grösse  von  dem  letzteren  aus  nicht  darbieten.  Einmal 
ist  es  doch  mehr  als  unwahrscheinlich,  dass,  wie  wir  bei  der  ersten 
Art  der  Bestimmung  der  assyr.  Zischlautzeicben  mit  Schrader  an- 
nehmen müssten,  in  einer  verhältnissmässig  späten  Zeit,  längst  nach 
Einführung  des  Keilscbrifbsystems  und  Beginn  einer  Literatur- 
periode, die  beiden  Zischlaute  s  und  s  im  Assyrischen  ihre  Werthe 
einfach  und  consequent  vertauscht  haben  sollten,  zumal  wenigstens 
nach  unserer  Auffassimg  von  der  Entwickelung  der  nordsemitischen 
Zischlaute  das  Assyr.  diesen  Prozess  dann  zweimal  hinter  einander 
durchgemacht  haben  müsste.  Dass  diese  Vertauschung  jedenfalls 
nicht  consequent  durchgeführt  gewesen  sein  kann,  ersehen  wir  aus 
Beispielen  wie  assyr.  sin-a^i-ir-ba  *)  =  hebr.  nnriSO.  Sodann  ör- 
scheint  es  uns  undenkbar,  dass,  da  dieser  Prozess  sich  doch  nur 
allmälig  entwickelt  haben  kann,  in  einer  Zeit  wo  bestinmite  Eeil- 
gruppen  traditionell  den  §-Laut,  andere  den  s-Laut  darstellten,  und 
er  sich,  wie  wir  eben  gezeigt,  nicht  einmal  ganz  consequent  voll- 
zogen hat,  wir  gar  kein  Schwanken  oder  gar  keine  Confusion 
zwischen  den  Keilgruppen  für  die  beiden  verschiedenen  Laute,  wie 
wir  es  naturgemäss  bei  solchem  Vorgang  erwarteten,  finden  sollten, 
sondern  durchgehends  oder  mindestens  der  Regel  nach  das  Zeichen 
für  ursprüngliches  §  Zeichen  für  s  und  umgekehrt  geworden  sein 
sollte. 


1)  Schrader  ABK.  20.         2)  Stade  183.        3)  Beispiele,  wo  \JJ  arab.  C^ 

entspricht,  s.  DiUmann   äth.  Gr.  49.  4)  Delitzsch  23.         5)  Denn  so  mit  s 

müssten  wir  nach  dieser  Zischlaotbestimmong  schreiben,  d.  h.  der  Zischlaut  der 
betreffenden  Zoichengruppe  bezeichnete  ursprünglich  und  noch  stets  im  Babyl.  ein 
s,  das  allerdings  der  Kegel  nach  assyr.  s  gesprochen  ward. 


PhiUppi,  doM  Zahhoort  Zwei  im  SemüiBchen*  29 

Schrader  will  allerdings  ein  solches  Schwanken  entdeckt  haben. 
Er  beruft  sich  dafür  in  seiner  Abhandlung  freilich  nur  auf  ein 
Beispiel :  sa-am-si-Bin  statt  des  sonst  gewöhnlichen  ^-am-Si  ^). 
Indess  fragt  es  sich  doch,  ob  das  Schwanken  in  der  Schrift  dieser 
und  ähnlicher  Beispiele  in  der  That  nur  für  die  Schrift  anzunehmen 
und  nicht  vielmehr  auf  ein  Schwanken  in  der  Aussprache  selbst 
zurückgeht,  so  dass  man  wirklich  in  einigen  Wörtern  —  zunächst 
vielleicht  dialectisch  unterschieden  —  s  und  S  neben  einander 
sprach.  So  lange  wenigstens  dieses  Schwanken  nicht  in  der  Wie- 
dergabe hebr.  oder  aram.  Wörter  im  Assyr.  nachgewiesen,  müssen 
wir  dieser  Ansicht  sein,  die  durch  Analogieen  in  den  verwandten 
Dialecten  bestätigt  wird.  Schliesslich  dürfte  aber  die  Art  der 
Bestimmung  des  Lautwerthes  der  fraglichen  assyr.  Zeichen,  nach 
der  den  identischen  Zeichen  in  den  identischen  Wörtern  zweier 
sich  so  nahe  stehender  Dialecte  wie  des  Assyrischen  und  Baby- 
lonischen auch  identischer  Lautwerth  beigelegt  werden  kann,  doch 
von  vorne  berein  den  Vorzug  verdienen.  Das  ist  aber  nur  bei 
der  letzteren  der  Fall.  Denn  die  Schwierigkeiten,  die  sich  bei  ihr 
von  der  Differenz  her  einerseits  zwischen  den  Zischlauten  babyl. 
bezw.  assyr.  Wörter  im  Hebr.  und  Assyr.  selbst  und  andererseits 
den  Zisclüauten  persischer  Eigennamen  in  babyl.  imd  hebr.  Trans- 
scription erheben  ^,  lassen  sich  beseitigen,  ohne  dass  man  zu  einer 
der  Schrader  sehen  analogen  gewaltsamen  Annahme  einer  totalen 
XJmkehrung  der  Aussprache  und  Schriftbezeichnung  der  Zischlaute 
im  BabyL  seine  Zuflucht  zu  nehmen  braucht.  Die  erstere  Differenz 
erklärt  sich  nämlich  sehr  leicht,  sobald  man  nur  die  Entwickelung 
der  Zischlaute  im  Nordsemitischen  überhaupt  richtig  aufPasst,  wobei 
man  zugleich  erkennen  wird,  dass  das  Assyr.  hinsichtlich  seiner 
Zischlaute  in  der  Tbat  gar  nicht  so  isolirt  dasteht,  wie  es  nach 
dieser  Art  der  Bestimmung  der  betreffenden  Sylbenzeichen  zunächst 
den  Anschein*  hat  Die  so  oft  aufgestellte  Behauptung  nämlich, 
dass  ursemitisches  \  im  Hebr.  und  Aram.  gerade  in  denjenigen 
Wörtern,  in  denen  es  im  Südsemitischen  blieb,  zu  s  verschoben 
ward,  während  umgekehrt  ursemitisches  S,  das  im  Hebr.  und 
Aram.  blieb,  im  Südsemitischen  zu  s  wurde,  enthält  für  uns 
eigentlich  einen  Nonsens.  Unseres  Eracbtens  ist  die  Entwickelung 
hier  vielmehr  folgende  gewesen.     Das  Semitische  hat  ursprünglich 


1)  Vgl.  aber  noch  a^-pa-uu  Lay.  13,11,  auch  12,3  iä-pu-na  statt  as-pu-un, 
a«-ha-ap  Tigl.  PU.  I  col  V,  100,  si-ga-ru  Asurb.  Sm.  281,  uS  st.  si-gar-ru,  1-ri- 
is-ta-na  Asorb.  Sm.  93,63  neben  'I-ri-is-ta-na,  auf  die  mich  Herr  Prof.  Schrader 
brieflich  anfinerksam  zu  machen  die  Freundlichkeit  hatte,  und  die  Schwan- 
kungen von  8  und  IL  in  der  Tabelle  unter  Nr.  1.  2.  3.  2)  Hier  entsprechen 
sich   allerdings   assyr.    (ursprüngUch   babyl.)    Si-va-nu  oder   ni-sa-nu    und    hebr. 

^l^Dy  ^0^2  etc.,  assyr.  Bil-sar-usur  und  hebr.  (ausBabel  stammendes)  ^SCK^blä 

etc.,  babyl.  Ku-ra-as  und  hebr.  V?*^D,  babyl.  Par-su  und  hebr.  D'HD    etc. 


30  Phüippiy  dcLH  Zahboort  Zwei  im  Semiüschen. 

die  3  Zischlaute  t,  s  und  i  besessen  ^)  und  das  Altarabische  spiegelt 
uns  diesen  ursemit.  Zustand  noch  getreu  wieder.  Ueber  die  Ur- 
sprünglichkeit des  t  wie  die  Entwickelung  dieses  Lautes  in  den 
anderen  Dialecten  zu  s  bezw.  ^  s.  schon  ZDMG  XXX,  368  f..  Was 
die  Entwickelung  der  anderen  beiden  Zischlaute  speciell  im  Nord- 
semitischen betrifft,  so  begannen  die  Nordsemiten  (mit  Einschluss 
der  Assyrer)  nach  ihrer  Trennung  von  den  Südsemiten  das  ur- 
sprüngliche Tb  (S)  zu  iD  (§)  zu  verschieben,  oder  abzuschwächen, 
d.  h.  sie  gewöhnten  sich  statt  des  vollen  und  scharfen  S  =  unserem 
deutschen  seh  in  Schall,  schön  etc.  ein  dünneres  und  milderes  seh 
=  dem  seh  von  „stehen",  «spannen*'  etc.  in  vielen  Theilen  Deutsch- 
lands   oder   dem  sanskr.   ^  und   dem  altpers.  9  (nach  Schleichers 

Transscription)  der  Bequemlichkeit  halber  zu  sprechen  *) ,  und  im 
Ganzen  nur  selten  hat  sich  in  diesen  Dialecten  ein  ursemit.  ^  allein 
oder  neben  ä  (s)  erhalten.  Als  sich  nun  aber  dieses  b  in  seiner 
Aussprache  allmftlig  immer  mehr  dem  einfachen  dentalen  s  näherte, 
mit  dem  es  ja  schliesslich  in  allen  Dialecten  wenigstens  der  Aus- 
sprache nach  zusammengefallen  ist,  fing  man  an  das  ursprüngliche 
dentale  s  zur  Differenzirung  von  diesem  neu  entstandenen  ä  bezw.  s 
—  zunächst  wohl  in  Wörtern,  die  sich  von  anderen  der  Bedeutung 
nach  ganz  verschiedenen  und  wurzelhaft  gar  nicht  zusammenhängen- 
den nur  durch  diesen  s-Laut  unterschieden  —  zu  dem  früher  auf- 
gegebenen S  zu  verschieben.  Auf  solchem  Wege  haben  ja  die 
verschiedensten  Sprachen  aus  irgend  einem  Grunde  früher  auf- 
gegebene Laute  später  wiedergewonnen  ^.  Dieser  letztere  Prozess 
drang  aber  nicht  mehr  in  dem  Umfange  durch,  wie  die  Verschiebung 
von  S  zu  8  (s),  —  spätere  Sprachprozesse  pflegen  gewöhnlich  dieses 
Schicksal  zu  haben  —  und  daher  erklärt  sich  nun,  dass  dem  ur- 
semitischen und  noch  arabischen  s  bald  in  den  nordsemit.  Dialecten 
8,  bald  l,  bald  in  einigen  derselben  noch  neben  einander  s  und  §,  — 
öfter  dann  mundartlich  geschieden^),  —  bald  in  einem  noch  s,  in 
dem  anderen  schon  i  gegenübersteht^).  Wenn  hier  Hebr.  und 
Aram.  gegenüber  dem  Assyrischen  mehr  zusammenstinmien,  so  ist 
das  einfach  in  dem  auch  sonst  nachweisbaren  engeren  Yerhältniss 
dieser  beiden  Dialecte  zu  einander  gegenüber  dem  letzteren  be- 
gründet, von  einer  isolirten  Stellung  aber  des  Assyrischen  in  diesem 
Punkte  kann   nicht  mehr   die  Bede   sein.     Von  dieser  Auffassung 


1)   Nicht    vier ,    nämlich    ausser   diesen   dreien  noch    ein  iD ,   so  Nöldeke, 
Orient  und   Occid.   I,    763,    Nachrichten  G.  Gel.  G.  der  WW.  1868   p.  491  f., 

ZDMG  XXIV,  95  Anm.  2)  Vgl.  auch  die  Aussprache  des  Altarah.  ijü   im 

heutigen   Aeg.-Arah.,    s.    ZDMG   XII,   614    und  Anm.   2.  3)    Z.    B.    das 

Aethiop.,  wo  das  s  gleichfiAlls  durch  Uehei^^g  in  s  alhnälig  fast  ganz  schwand, 
im  Amharischen  dann  aher  wieder  eine  Verschiehung  von  s  (sei  es  nun  ur- 
sprüngliches    oder    aus    ursprünglichem    s    hervorgegangenes)    zu    s    stattfand. 

4)  Vgl.  hehr,  nbäti  und    nbSlD  Jud.  12,6  «  äLJLim.         ö)  Beispiele  in  der 

ohigen  Tabelle  1  und  2. 


Fhüippi,  das  Zahlwart  Ztcei  im  iiemüischen.-  31 

der  eigenthümUchen  Entwickelang  der  nordsemii  Zischlaute  aus  ist 
nun  aber  eine  leichte  Erklärung  der  Differenz  möglich.  Im  babyl. 
Dialect  scheint  sich  nämlich  noch  öfter  die  ursprüngliche  Aus- 
sprache des  ursemitischen  i  bezw.  die  ursprüngliche  Aussprache 
des  daraus  zunächst  hervorgegangenen  ä  erhalten  zu  haben  als  im 
Assyrischen.  Daher  in  bebr.  aus  dem  Babyl.  stammenden  Wörtern 
hebr.  v5^)  assyrischem  s  gegenübersteht,  vgl.  assyr.  Bil-sar-usur, 
liebr.  ^äSÄOljn  Dan.  5,  i.  2,*  assyr.  Nirgal-sar-usur,  hebr.  ^3tfc<^^  b^^^l 
(Jer.  39,8.  is  vgl.  auch  ^^«^«5  2  Reg.  19,37;  Jes.  37,  ss),  assyr. 
sa-ba-tu'),  hebr.  t3^V.  Diese  Auffassung  erhält  eine  gewichtige 
Bestätigung  durch  die  Beobachtung,  dass  in  dem  Namen  ^i:i^D 
dem  assyrischeu  s  in  sar  (vgl.  das  assyr.  Sarrukin)  hebräisch 
ein  s  entspricht.  Ebenso  dürfte  das  Babylonische  in  einigen 
Wörtern  noch  das  ursprüngliche  s  bewahrt  haben,  wo  das  Assyr., 
das  diese  Wörter  zum  Theil  wohl  erst  aus  Babel,  wenn  auch 
in  sehr  früher  Zeit  erhalten,  das  s  in  der  oben  dargelegten 
Weise  zu  §  verschob.  Daher  in  diesen  aus  Babel  zu  den  Juden 
gekommenen  Wörtern  hebr.  s  assyrischem  §  entspricht,  vgl.  hebr. 
^D^;,  assyr.  NiSanu,  hebr.  'jt'O,  assyr.  Sivanu,  hebr.  ibps,  assyr. 
la-H-li-vu,  hebr.  taVsDp,  assyr.  Sin-ballit*).  Eine  ernstlichere  Schwie- 
rigkeit bereitet  die  andere  schon  dargelegte  Differenz  der  von  uns 
allein  gebilligten  Art  der  assyr.  Zischlaut  -  Bestinunung.  Indess 
lässt  sich  auch  diese  Schwierigkeit  durch  die  Beobachtung  der 
Entwickelung  der  Zischlaute  im  Altpersischen  heben.  Wo  nämlich 
in  den  persischen  Eigennamen  dem  hebr.  s  im  Babylonischen  der 
Achämenideninschriften  ein  §  gegenübersteht,  da  findet  sich  im 
Persischen  selbst  ein  Laut,  der  ursprünglich  identisch  ist  mit  sanskr. 


1)  Sprach  man  hier  babylonisch  vielleicht  schon  &,  so  h&tten  die  Hebräer, 
was  leicht  erklärlich,  dieses  als  H  percipirt.       2)  Schrader,  KAT.  247 ;  vgl.  auch 

noch    assyr.    si'-*i-da    and    hebr.   D^^.^,    und    assyr.    Naba-si'-zib-an-ni ,    hebr. 

^^TISU^   (Jer.  39,13).     Uebrigens  gehören  assyr.  A-sur  (s.  Schrader,  ABK.  ^118. 

138.  140.  175  und  Monatsb.  der  K.  A.  der  WW.  1877  p.  91)  wie  assyr.  is-tar 

ia-U-ri-tnv  (ABK.  169;  Monatsb.  91)  =  hebr.  ^W»  und  rTlin^y  nicht  unter, 
die    eben    besprochenen    Ausnahmen.      Denn    wie    die  Vergleichung    von    arab. 

jj2\ ,    aram.   .jJt ,   ^I^FlK    bezw.  südarab.   j^ülft    (vgl.   auch    !in!?"in!?)   zeigt, 

haben  wir  es  hier  mit  der  regelmässigen  Lautentsprechung  der  somit.  Dialecte 
zu  thun,  was  Schrader  gänzlich  übersehen.  Hervorheben  wollen  wir  nur  noch, 
dass   wo    die  Hebräer   den   Namen  Assur   direct  den   Assyrern    entlehnt  haben, 

uch  auch  im  Hebr.  richtig  s  in  demselben  findet,  vgl.  pm^Dfit  =  Asur-ah- 
iddina.  Wenn  aber  assyr.  Ku-u-su  in  der  Inschrift  von  Naksch-i-Bustam  Z.  19 
Ku-u-su  gegenübersteht,  so  dürfte  an  letzterer  Stelle  wohl  ein  leicht  erklärlicher 

Schreibfehler  vorliegen.  3)  Dagegen   zeigt  hebr.  !3^^n2D   gegenüber  assyr. 

sina^irib,  dass  die  Aussprache  des  Sin  im  Assyr.  selbst  geschwankt  haben  muss. 
Analeren  für  das  Nebeneinanderbestehen  von  s  und  s  haben  wir  oben  gegeben. 
Oder  man  könnte  annehmen,  dass  in  allen  eben  genannten  Wörtern  babyl.  Ur- 
s^nngs  und  ebenso  in  sin  s  der  ursprüngliche  Laut  war,  der  noch  (bezw.  das 
daraus  entstandene  s)  zur  Zeit  der  BÜnführung  der  Keilschrift  gehört  ward  und 
nch  nun  in  der  Schrift  festsetzte,  während  man  später  in  Babel  wie  Asur  s  sprach. 


32  Phäippij  das  Zahhoort  Ztoei  im  Semäüehen, 

aus  k  hervorgegangenem  ^,  und  wo  hier  einem  hehr.  Ik  ein  hahyl. 

s  entspricht,  da  hietet  sich  im  Pers.  seihst  ein  Laut  dar,  der  mit 
sanskr.  s  hezw.  S  zu  identificiren  ist  Nun  unterliegt  es  aher  für 
uns  keinem  Zweifel,  dass  die  pers.-sanskr.  aus  k  hervorgegangene 
sogenannte  palatale  Spirans,  gewöhnlich  mit  9  umschriehen,  als 
letzter  Best  des  Quetschlautes  tsch  ursprünglich  etwa  wie  ein 
hehr.  iD  gelautet  hahe,  und  dass  das  Persische  und  Sanskrit  danehen. 
ursprünglich  nur  ein  dentales  s  hesessen,  aus  dem  unter  gewissen 
umständen  zum  Theil  schon  in  der  indisch- iranischen  Periode  ein 
^  hervorzugehen  hegann.  Allmälig  ist  allerdings  im  Persischen  ganz 
analog  dem  Aram.-Hehr.  eine  Yerschiehung  dieser  heiden  Zischlaute 
in  der  Weise  eingetreten,  dass,  als  das  9  sich  inmier  mehr  dem  s 
näherte,  mit  dem  es  schliesslich  zusammengefallen  ist^),  ursprüngliches 
8,  soweit  es  nicht  schon  zu  h  geworden,  sich  in  immer  grösserem 
Umfang  zu  §  zu  verschiehen  hegann,  so  dass  im  Neupers.  9  der 
Kegel  nach  durch  ^ ,  ursprüngliches  s  aher  soweit  es  nicht  durch 

h,  meist  durch  ,ji  reflectirt  wird  *).     Aber  bei  dieser  Entwicklung 

der  pers.  Zischlaute  dürfte  sich  die  beregte  Differenz  durch  die 
Annahme  erklären,  dass  die  betreffenden  pers.  Eigennamen  in  das 
Assyr.-Babyl.  schon  zu  einer  Zeit  kamen,  wo  die  Zischlaute  der- 
selben noch  ihre  ursprüngliche  Aussprache  besassen,  während  das 
Hebr.  und  ebenso  das  Aegypt.  ^)  sie  erst  nach  der  vollzogenen 
Verschiebung  erhielten.  Diese  muss  allerdings  schon  zur  Zeit  des 
babyl.  Exils  der  Juden  eingetreten  sein,  da  Ezechiel  DID  =  pers. 
Pftr9a,  Jes.  IE  aber  d^3  =  pers.  E'ur'us  und  Haggai  wie  Zacharja 
tDT»nT  =  pers.  D&rajavus  darbieten. 

Demnach  erscheint  uns  der  letztere  Ausgangspunkt  zur  Be- 
stinmiung  der  assyr.  Zischlautzeichen  allein  als  gerechtfertigt  Der- 
selbe ergab  aber  das  Resultat,  dass  s  der  assyr.  Beflex  des  arab. 
\Sj,  hebr.  c',  aram.  n  ist.  Und  wenn  nun  dieses  s  auch  den  An- 
laut- des  assyr.  Ordinale  san6  bildet,  so  stinunt  dieses  seinem  An- 
laut nach  genau  zu  den  oben  au^eführten  Cardinalformen  der 
übrigen  Dialecte. 

n.  Wenn  somit  die  ursprüngliche  Identität  der  jetzt  in 
den  einzelnen  Dialecten  abweichenden  Anlaute  des  Cardinale  bezw. 
Ordinale  für  Zwei  nicht  bezweifelt  werden  kann,  so  liegt  sie 
hinsichtlich  des  Auslauts  des  Wortstammes  wenigstens  in  den 
meisten   der   oben   angegebenen  Gardinalzahlen  wie  in  dem  äthiop. 


1)  Beweiü  dafür  iitt,  dass  im  Altpersischen  wie  Altbaktrischen  das  Zeichen 
f&r  9  auch  Zeichen  für  ursprüngliches  s  geworden  ist,  soweit  sich  dieses  noch 
gehalten  hat.  2)  Vullers,  Gramm,  ling.  Pers.  ed.  alt.  54.  58.  3)  Schrader, 
Honatsb.  86  f.  Da  wohl  schon  in  der  indisch>^rän.  Periode  s  nach  k  zu  af 
geworden,  das  Sylbenzeichen  für  sat  aber  auch  lat  gesprochen  werden  kann, 
so  werden  wir  wohl  Artaklatlu  zu  lesen  haben.  In  Hisi'arsa'  dürfte  die  starke 
Umformung,  welche  die  pers.  Form  erleiden  musste  um  den  semit.  Munde  ge- 
recht zu  werden,  die  Wandlung  des  pers.  s  in  s  veranlasst  haben.  Zu  babyl. 
Par^u  vgl.  aber  indisch  Pftrafika,  allerdin^  neben  Pftrasika. 


PhiUppiy  da»  ZahUnori  Ztcd  im  SemüUchen,  33 

and  assyr.  Ordinale  ja  noch  vor,  so  dass  wenigstens  über  die  Iden- 
tität der  Wurzel  aller  dieser  Formen  kein  Zweifel  erhoben  werden 
kann.  Nur  im  Aramäischen  und  im  M^hri  erscheint  statt  des  aus- 
lautenden n  aller  anderen  Dialecte  ein  r.  Und  wegen  dieser  Ab- 
weichung haben  allerdings  gar  manche  Forscher  das  aram.  Gardinale 
ähnlich  wie  das  äthiop.  für  ein  mit  dem  betreffenden  Zahlwort  der 
anderen  Dialecte  gar  nicht  zusammenhängendes  Wort  erklären  wollen. 
So  war  schon  Jo.  Buxtorf  der  Meinung,  dass  wie  hebr.  u^z^  «ad 
n30  refertur,  sie  T»nn  ad  nnn  pertinebit*,  ohne  indess  den 
Beweis  auch  nur  für  die  Möglichkeit  dieser  Ableitung  anzutreten. 
Diesen  Beweis  hat  nun  allerdings  Fleischer  erbracht,  der  früher  *) 
unser   y^n   von   einem   secundären,    aus    der  Vlll.  Form  von  ß^ 

bezw.  dem  Etp***el  von   \l^   entsprungenen  Stanmi  ic^^   ö^*in    ab- 

leiten    wollte,    so    dass    v^r^  so    viel    wäre   wie   etwa  ...I^V  = 

zwei  einzelne,  und  Wright  (Gram.  IT.  ed.  I,  288  rem.  b.)  schwankt 
wenigstens  zwischen  dieser  und  der  gewöhnlichen  Erklärung,  welche 
einen  dialecüschen  Lautwechsel  von  n  mit  r  statuiri  Indess 
finden  wir  im  Aramäischen  keine  Spur  eines  solchen  im  Arabischen 
allerdings  vorhandenen  secundären  ^Ji*.  Denn  obwohl  das  Ara- 
mäische zwei  verschiedene  Wurzeln  «nn  darbietet,  haben  doch 
beide  nichts  mit  der  für  unseren  Fall  postulirten,  lautlich  freilich 
ganz  identischen  zu  thun.     Die  eine,  syrisch  jiL,  targ.-rabb.  sin, 

nin  unterrichten,  belehren,  verwarnen,  ist  entweder  ein  Denomi- 
nativ von  Jrnn ,  oder  aber ,  wie  dieses  vielleicht  selbst ,  eine 
secundäre  Bildung  aus  dem  Etp**el  eines  «-)*'  bezw.  •»n*»,  und  die 
andere  mit  dieser  im  Laut  übereinstinunende  aber  in  der  Bedeutung 
ganz  abweichende  (=  emollire,  macerare,  in  liquore  dissolvere) 
entspricht  dem  arabischen  ^  J;  feucht,  weich  werden.    Dazu  konunt 

noch,  dass  im  Aramäischen  anders  als  im  Arabischen  auch  keine 
Ableitung  der  Wurzel  St^  eine  Bedeutung  aufweist,  aus  der  sich 

das  Zahlwort  Zwei  hätte  entwickeln  können.  Es  wird  also  wohl 
bei  der  gewöhnlichen  Annahme,  nach  der  hier  ein  Uebergang  von 
n  in  r  vorliegt,  sein  Bewenden  haben  müssen.  Denn  eine  dritte 
Annahme,  nach  der  uns  das  Aramäische  in  seinem  r  das  Ursprüng- 
liche darböte,  ist  gewiss  verwerflich,  da  einmal,  wo  ein  einziger 
Dialect  allen  übrigen  gegenübersteht,  die  Ursprünglichkeit  auf 
Seiten  der  Majorität  gesucht  werden  muss,  und  sodann  alle  Dialecte, 
das  Aramäische  selbst  mit  eingeschlossen,  nur  eine  unserem  Zahl- 
wort entsprechende  Wurzel  mit  n  als  mittlerem  Radikal  aufweisen. 


1)  BB.    üb.    d.   Verhandl.   der    K.  S.  G.   der  WW.    18C3    p.  146    uiid    in 
Delitttchs  Commentar  üb.  d.  Buch  Job  363  Anm.  1.     Jetzt  hat  Flebcher  diese 

Ansiebt  aufgegeben,   und   erkennt  in  X'^^J)   einen  Uebergang  des  ursprünglichen 
D  in  r  an,  a(.  die  Beiträge  zu  Levy's  neuÄebr.  und  chuld.  W.  287. 

Bd.  XXXU.  .i 


34  Philippi^  das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen. 

von  der  es  der  Bedeutung  nach  abgeleitet  werden  kann.  Aller- 
dings wird  diese  Annahme  erst  dann  als  vollständig  erwiesen  gelten 
können,  wenn  der  betreffende  Lautwechsel  auch  sonst  im  Ara- 
mäischen angezeigt  werden  kann.  Denn  die  blosse  Berufung  auf 
die  lautphysiologisch  leichte  Erklärbarkeit  dieses  Wechsels  kann  fiir 
einen  solchen  im  Aram.  noch  ebensowenig  etwas  beweisen,  als  die 
Herbeiziehung   von  Beispielen   aus    anderen   verwandten  Dialecten, 

in  denen  derselbe  sich  finden  soll,  wie  z.  B.  in  arab.  ^3    neben  jjü 

vilis ,   abjectus  fuit  ^)    oder   arab.     L  --=  ma .     Noch  weniger  kann 

natürlich  der  Hinweis  auf  Beispiele  aus  verwandten  Dialecten 
nützen,  die  den  umgekehrten  Lautwechsel,  üebergang  von  r  in  n 
darbieten'),  ebensowenig  wie  der  Nachweis  dieses  umgekehrten 
Lautwechsels  innerhalb  des  Aramäischen*)  das  erwünschte  Re- 
sultat ergiebt.  Es  konmit  für  unseren  Fall  lediglich  auf  den 
Nachweis  eines  sonstigen  unbestreitbaren  Uebergangs  von  n  in 
r  innerhalb  des  Aramäischen  selbst  an.  Dieser  ist  aber  nicht 
so  leicht  zu  fuhren.  Wenigstens  halten  die  meisten  der  hiefür 
angezogenen   Beispiele    einer   näheren  Prüfung   nicht  Stich.     Denn 

weder   das   targ.   n^,    syr.  yol    das  =  hebr.    "(Wu)    sein  soll  und 

1)  Da   die  zu  Grunde  liegende  zweibuchütabigo  Wurzel  wohl  jö  ist    (vgl. 

v>3)  und  sich  wohl  kaum  eine  Wurzelerweiterung  durch  Vorsatz  eines  Wurael- 
determinativs  r,  wohl  aber  öfter  eines  Doterminativs  n  nachweben  l&sst,  so 
dfirfte  ein  jcXi  die  ursprüngliche  Form  der  dreibuchstabigen  Wurzel  dar- 
bieten,  aus  der  erst  ,>>«  hervorgegangen   ist.         2)  Z.  B.  arab.    .  >  ,a  ^   neben 

Q^..^»^,    ,-j>,_9— S    neben   r^   :,  '^     ^,    &th.    ^^7  -=»  arab.   fO^^  hebr.  Ip9 

neben  ID:?,  ^,  auch  aram.  ^D3?,  hebr.  nat«31Din3  neben  ^atÄ^lDiaS, 
nach    den    Keilinschriften    die    ursprünglichere    Form    (Schrader,    KAT.    283). 

3)  Vgl.  z.  B.  aram.  HSl,  «mJI  =  hebr.  n"1T,  die  jedenfalls  auf  eine  ur- 
sprüngliche zweiconsonantige  Wurzel  mit  r  als  zweitem  Radikal  zurückgehen, 
was    sich    durch  Vergleichung   mit    dem   arabischen  ^  S   und  den  verwandten 

I^T,  jjj  Jl*1T,  tj3  ergiebt;  ferner  aram.  \5H*ä^«  1^^  "^  hebr.  *1513,  vgl. 
auch  hebr.  ^H^  in  nm,  syr.  ;,»,,^^ZDMG  XVII,  756,  arab.  r-^^,  viel- 
leicht auch  J.J?=U2». ,  Äth.  'Y*^\}IjY  \  "^^  U^^'t'  I  (DiUmann,  lex. 
1136),   die  sämmtUch   auf  die  zweiconsonantige  Urwurzel   HS    (vgl.  hebr.  T\X\^ 

in   pnu,   arab.  ^l->,    ^^   ^^   beugen)   zurückgehen,    und    von    der    drei- 

corisonantigen  Grundwurzel  ^HA  ausgegangen  sein  dürften,  wo  dann  also  im 
Aram.  meist  das   r  zu  n,  während  in  einigen  Formen  des  Hebr.  und  Syrischen 

das  n  zu  tl  geschwächt  wäre,  u.  s.  w. 


ft  r 


Phäippi^  dcu  Zahlwort  Ztoei  im  Semituchen.  35 

von  den  meisten  in  erster  Linie  für  diesen  Uebergang  angeführt 
wird  *) ,    noch   das   targ.   ^n^,   syr.  ;-,^*n^    das   mit   dem  hebr.  ^ns 

identificirt  wird  ^,  sind  beweiskräftige  Belege.  Was  nämlich  erstere 
Wurzel  anbetrifft,  so  bietet  das  Targ.  neben  ^"nu  noch  yoxi  dar,  und 

im  Arab.  findet  sich  nicht  nur  gleichfalls  ^^J?,  —  was  jedenfalls 

die  Ursprünglichkeit  des  n  im  hebr.  i;nX2  höchst  zweifelhaft  er- 
scheinen liesse,  falls  hier  überhaupt  ganz  identische  Wurzeln  vor- 
ISgen  —  sondern  daneben  noch  ebenfalls  eine  Form  mit  n  als 
drittem  Badikal ').  Was  die  andere  Wurzel  anbetrifft,  so  besitzt  das 
Aramäische   neben   nnn  im  Sinne  des  hebr.  yro,  auch  noch,  wenn 

auch   seltner,    ein  ^nn  in  gleichem  Sinn,   so  sjr.     ^n*^  und 

targ.  ^ro  und  ^na,  im  Hebr.  aber  konmit  neben  inn  auch  nna, 
wenn  schon  seltner,  doch  ganz  im  Sinne  des  aram.  ^nn  vor^),  im 
Aramäischen  endlich  steht  auch  iro,  ganz  im  gewöhnlichen  Sinn 
des  hebr.  nnn  (wählen).  Wir  haben  also  hier  in  beiden  Fällen 
schon  ursemitische  ParaUelformen  zu  statuiren,  und  ^73U  bezw.  ^XX2, 
sind  so  wenig  aus  pu  bezw.  ^n^  entsprungen,  als  aus  diesen 
et¥ra  das  dem  ersteren  bedeutungsverwandte  aram.  ya^  (sinken, 
versinken,  verdecken)  oder  das  mit  dem  letzteren  in  der  Bedeutung 

ganz   übereinstimmende   arab.   \S><^^   hervorgegangen    sind.     Eher 

liegt  dieser  Lautwechsel  im  sjr.  piOf  und  ^M6i  vor,   die  auch 

nach  Merz  (gr.  syr.  179)  aus  |hj6)    un^  ^büOf   entstanden  smd. 

Allerdings   werden   wir   dieses  ^   nicht   mit  Merx   mit   dem  syr. 

Pron.  demonstr.  ^  idenüficiren  können.  Denn  das  Fron,  demonstr. 
ist   in    keinem    semitischen    Dialect    zur   Verstärkung    einem    de- 


1)  HoffioAxin,  Orunm.  s]rr.  124;  Herx,  Gramm,  sjrr.  99;  Fürst,  hebr.-chald. 
W.  11.  8;  Lerjr,  chald.  W.  s.  v.;  Dietrich,  hebr.-chald.  Hdw.  s.  v.;  Flebcher, 
Beitr.  zu  Levy's  neuhebr.  W.  287.  2)  Ewald,  Ausf.  Lehrb.  der  hebr.  Spr. 
8.  Aufl.  188;  auch  Fürst  s.  v.  3)  Gesenius,  Thes.  s.  v.,   vgl.  auch  die  wohl 


^  o  .. 


hergeborigen    arab.  Verba   .-tU-b   oder   ^^Ü.  *)  So  Jes.  48,10  und  im 

K«tib  von  2  Chron.  34,6,  wo  das  Ketib  wohl  dem  K^f  vorzuiiehen,  s.  Ge- 
seniiu,  Thes.  I,  199.  Diese  Bedeutung  des  ^H^  ist  jedenfalls  ursprünglicher 
als  die  gewöhnliche   elegit,   delegit.     Und   den  Uebergang    von  der  ersteren  in 

die  letstere  seigt  Job  34,4,  wo  Delitzsch  z.  St  das  ^H^  gut  durch  „prüfend 
erkieaen**    wiedergiebt.      Den    ursprünglichsten    sinnlichen    Grundbegriff    dieser 

Wnrcel  bietet  aber  das  Arab.    r^^  =  spalten,  aufreissen  dar,  dessen  ursprüng- 

üehe  zweiconsonantige  Wurzel  in  den  beiden  ersten  Consonanten  zu  sehen  ist 
(MorgMiL  Forschungen    100;.     Dieselbe    Bedeutungsentwickelung    liegt   übrigens 

weh   im   wurzelverwandten  arab.  vi>s.^U  vor. 

5* 


36  PfdUppi^  (las  ZaJdivori  Zwei  im  SemÜMchen. 

monstr.  Adverb  vorgesetzt  und  die  parallelen  talm.  Formen  Nr!n  *) 

• 

und    cm   wie   mand.  Q«n«n    zeigen   klar,    dass   in   dem   syr.  lOf 

das  in  den  verschiedensten  semit.  Dialecten  den  verschiedensten 
demonstr.  Formen  zur  Verstärkung  vorgesetzte  interjeci  hinweisende 
hft  steckt,  hier  allerdings  auslautend  durch  ein  r  erweitert  Nun 
findet  sich  sonst  in  keinem  semit  Dialect  je  eine  demonstr.  oder 
interject  Form  auslautend  durch  r  verstärkt,  wohl  aber  gar  nicht 
selten  durch  die  nächstverwandten  Laute  n  und  1,  und  wenn  sich 
weiter  in  den  anderen  semit  Dialecten,  ja  im  Syr.  selbst  aus  hft 
durch  angetretenes  n  erweiterte  Formen,  und  nur  diese  verstärkten 

So 

Formen  von  hä  nachweisen  lassen  (vgl.  nsü,    ^n,    ..t,    ..I,  »V) » 

so  dürften  wir  doch  wohl  unser  hftr  als  aus  hän  erst  hervor- 
gegangen betrachten^.     Ein   sicheres  Beispiel   für   den  fraglichen 

Lautwechsel  im  Aram.  haben  wir  aber  an  dem  aram.  1^,  •^  fem. 
n'na,   \:^,  =  ^ö^'^-  15  >  ^'^    (*^s  bant),   arab.  ^t ,  äJLjI,  vi>Jb, 

himj.  p,  nsa'),  na*),  assyr.  bin  (bi-in  binuv  =  Urenkel*), 
ban  (?)«),  binit  (bint)'),  bat»)  (vgl;  auch  ban&ti) »).  Falls  hier 
überhaupt  von  Lautwechsel  die  Rede  sein  kann,  kann  nach  dem 
schon  Bemerkten  nur  ein  üebergang  von  n  in  r  im  Aram.  statuirt 
werden,  nicht  etwa  der  umgekehrte  in  den  übrigen  Dialecten  und 
im  Plur.  des  Aram.,  wie  Fürst  will,  der  ^a  als  Urwort  aufstellt, 
aus  dem  durch  Vermittelung  eines  ba  erst  p  geworden.  Aller- 
dings scheint  dieses  Beispiel  nicht  sehr  sicher  zu  sein,  da  viele 
Forscher  früher  und  jetzt  den  fraglichen  Lautwechsel  gerade  für 
dieses  Wort  in  Abrede  stellen.  So  schreibt  schon  Schultens  in 
seiner  clavis  dialect  arab.  258,  wo  er  den  Wechsel  von  n  und  r 
bepricht:  ,,Ad  quam  rationem  revocari  solet  "in  filius  pro  p,  de 
quo  vehementer  tamen  ambigo:  malimque  alio  e  fönte  filium  deri- 
vare.*^  Die  meisten  neueren  Forscher  erklären  mit  Entschiedenheit 
nn  für  eine  Parallelform  von  p,   die  sie  dann  allerdings  auf  sehr 


1)  Diese  Form   entspricht   der  Bedeutung  nach   genau   dem  syr.    y^^Qf^ , 

nicht  wie  Merx  falsch  angiebt,  6(»!|rt,  das  vielmehr  es  10900^.  2)    Mit 

diesem   h&r  dürfte  das  im  Daniel  vorkommende  I^M    (erweicht  zu   ibfit,  sp&ter 

aram.  Formen  C1*1Ä,   ^"'fi^j   ^Itl)  zusammenhängen,  in  dem  wir  einen  aus  den 
Intoiject.  här  (har,  'ar)  horausgebildeten  ursprünglichen  Imper.  sehen  möchten, 

.      t 
vgl.  ilP,  ^L^,  äth.  ne'ü  etc.,  hebr.  10^.       3)  Os.    15,2;  ZDMG  XXIV,  198. 

4)   Oesn.   m,   2    und   dazu   Hal^vy  Joum.   asiat.    VH,   4   p.   553,  und  Praet., 
Boitr.    3.  Heft    11,   aber    auch  ZDMG    XXIV,    179.  ö)  Schrader,   ZDMG 

XXVI,  193,  auch  Delitzsch,  Assyr.  Studien  142.         6)  Norris,  Assyr.  Dict.  104. 
7)  Schrader  a.   a.  O.,  auch  217.  8)  Norris   a.  a.  O.         9)  Schrader  KAT. 

172.  173.  185. 


PhiUppi^  das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen,  37 

verschiedene  Weise  ableiten.  J.  D.  Michaelis  und  nach  ihm  Ge- 
senios  bringen  es  in  Zusammenhang  mit  der  Wurzel  K^3  und 
&ssen  es  als  den  ^Gezeugten*  ^) ,  Bernstein  und  Levy  wollen  es 
dagegen  von  nn^  ableiten,  indem  ersterer  es  wohl  als  rudis  im- 
peritus,  oder  purus,  insons  erklären  will,  letzterer  es  aber  als 
Schössling,  der  vom  Stamjn  ausgeht,  fasst  ^,  und  Delitzsch  endlich 
meint,  dass  wir  jetzt  durch  das  Assyrische  belehrt  seien,  dass  wie 
•p  auf  nra,  so  bar  (conf.  assyr.  nibra)  auf  n*nn  =  ö^"in  hervor- 
bringen, zurückgehe  *).  Für  diese  Annahme  darf  man  nicht  geltend 
machen  wollen,  dass  die  auf  r  ausgehende  Form  sich  gleichfalls  in 
einer  Reihe  nord-  wie  südsemitischer  Dialecte  zum  Theil  neben  der 
auf  n  nachweisen  liesse,  so  im  Hebr.  auch  n?,  im  Assyr.  auch 
bir(?),  im  Mehri  hebr  und  heberlt,  und  in  allen  südarab.  Dialecten 
'faeut  zu  Tage  Formen  wie  beruro,  embara*).  Denn  das  hebr.  na  ist 
sicher  aram.  Ursprungs  und  findet  sich  bestimmt  nachweisbar  nur 
in  dem  aram.  gefärbten  Stück  Prov.  31,2.  Das  assyr.  bir  ist  aber 
noch  zu  wenig  gesichert,  als  dass  es  zur  Entscheidung  beitragen 
könnte,  die  südarab.  Dialecte  aber  und  ihr  genaueres  Verhältniss 
zu  den  übrigen  Dialecten  sind  noch  zu  wenig  klar  gelegt,  um 
daraus  irgend  welchen  bestimmten  Schluss  ziehen  zu  können.  Dagegen 
spricht  aber  entschieden  die  bei  dieser  Annahme  ebenso  auffallende 
wie  unerklärliche  Thatsache,  dass  im  Plural  des  Masc.  wie  Femin. 
des  aram.  Wortes  uns  nur  oder  doch  fast  nur  Formen  mit  n  als 
zweitem  Badikal,  die  den  Singular-  wie!  Plural-Formen  der  anderen 
Dialecte    genau   entsprechen,    begegnen,    indem   im  Syrischen    der 

Plural    nur  ^J3   bezw.     t^    oder   fco^   lautet,   in   den  Targ.  wie 

Talmud  sich  aber  gewöhnlich  die  gleichen  Formen  und  nur  ganz 
vereinzelt  in  den  Targumim  Pluralformen  mit  r  finden  *).  Allerdings 
könnte  man  gegen  diesen  Einwand  bemerken,  dass  sich  doch  ebenso 
wenig  bei  der  anderen  Fassung,  die  hier  einen  Lautwechsel  an- 
nehme, erklären  lasse,  dass  dieser  sich  nur  in  der  Singularfonn 
und  fast  nirgends  in  der  Pluralform  des  Aram.  finde.  Indess  hat 
unseres  Erachtens  schon  Dietrich  diese  auffallende  Erscheinung 
Yollkonmien  genügend  durch  die  Annahme  erklärt,   dass  aram.  na 


1)  Vgl.  Fleischer,   BB.  der  K.  S.  G.  der  WW.  1863  p.  146  Aum.     Blan, 
ZDM6  XVI,  357.  358.         2)  Diese  Auffassung  lässt  sich  übrigens  mit  dem  vor- 

übenden  Sprachgebrauch  des  aram.  *1^I3  nicht  recht  vereinigen.  3)  Comment. 
zum  Hohenl.  und  Kohel.  61.  Das  wäre  also  im  Grunde  die  Auffassung  von 
Mich,   und    Gesen.   gestützt   durch    das  assyr.  ni-ib-ru  Sohn ,  das  als  Part.  Niph. 

«na:    oder   iTlSj  gefasst  wird,  s.  Friedr.  Delitzsch  1.  c.  142.  4)  S.  Maltzan, 

ZDMG  XXVU/265;     XXV,  213.  5)    Aber    nicht    im   Palmyr.    s.    ZDMG 

XXIV,    98.     Wie  tief  eingewurzelt   der  Wechsel    von    n    und   r    dieser  Formen 

in  der  Sprache  gewesen  sein  muss,   beweben  die  neusyr.  Formen  Sing.  JJOV^, 

Flor.  |iQJ2^  .  wo  dieser  alte  Wechsel  trotz  angetretener  Diminutivbildung  bei- 
behalten ist,  s.  INöldeke,  Nous.  Gr.  146. 


38  Philippiy  daß  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen, 

aus  p  wahrscbeinlich  zunächst  in  der  im  Aramäischen  so  häufigen 
Verbindung    syr.   «ajJv^,    gewöhnlich    schon    geschrieben    )  ^  t*^  '^ 

(vgl.   auch  das   denominai  «aj;^L/),  mand.  fittDSfit  *i^  (Nöld.  182), 

bibl.  aram.  u? Jfft  "i^  (Dan.  7,  is) ,  auch  in  den  Targum.  gewöhnlich 
C3^3  geschrieben,  entstanden  ist.     Diese  Annahme  erhält  eine  er- 

hebliche  Stütze  durch  die  Thatsache,  dass  im  Aramäischen  Dissi- 
milationen von  Doppelconsonanten  besonders  beliebt  sind.  Wie 
also  z.  B.  ein  Nn3.«i  zu  «»na^a,  yn'Q  zu  y^^iz,  ein  O'na  zu  m'^^y 
Döp  ZU  D0^J5 ,  ISD  ZU  "iS'np  dissimilirt  sind  ^) ,  so  wäre  unseren 
Falls  in  ganz  analoger  und  sehr  erklärlicher  Weise  bannä^  zu 
bamäS  geworden.  Von  dieser  Verbindung  aus  hätte  sich  dann 
das  bar  für  den  Singular  des  Worts  überhaupt  festgesetzt,  während 
im  Plural  des  ursprünglichen  ben  in  dieser  Verbindung  weniger 
Grund  zur  Dissimilation  des  n  vorlag,  da  hier  die  beiden  n  durch 

den  Diphtong  ai  (d)  getrennt  waren  (|jü/  ^^X^) ,   desshalb   aber  in 


diesem  Fall  und  überhaupt  das  ursprüngliche  n  der  Regel  nach 
sich  hielt,  und  erst  später,  aber  ganz  vereinzelt  sich  von  der  Sin- 
gularform bar  aus  ein  neuer  Plural  mit  r  bildete.  Wenn  also 
schon  der  fast  ständige  aram.  Plural  von  einer  Singularform  p  aus 
für  unsere  Auffassung  spricht,  wenn  sich  allein  von  ihr  aus  das 
fast  ausschliessliche  Vorkommen  des  r  dieses  Wortes  im  Singular 
leicht  und  beMedigend  erklären  lässt,  so  können  wir  wohl  nicht 
mehr  zweifeln,  dass  hier  wirklich  ein  sicheres  Beispiel  vom  Ueber- 
gang  eines  n  in  r  im  Aram.  vorliegt^.  Damach  haben  wir  die 
volle  Berechtigung  auch  in  unserem  "{^^n  einen  solchen  fürs  Ara- 
mäische eben  nachgewiesenen  üebergang  anzunehmen,  und  zwar 
um  so  mehr  als  einmal  der  Giiind  für  diesen  Üebergang  in  der 
aram.  Zahl  ganz  derselbe  oder  doch  ein  ganz  analoger  gewesen 
sein  dürfte,  als  in  dem  eben  besprochenen  Fall,  nämlich  die  Dissi- 
milation der  beiden  hier  gerade  nicht  unmittelbar  aufeinander- 
folgenden, aber  doch  nur  durch  einen  Vocal  getrennten  n^),  und 


1)  Vgl.  Merx,  gr.  syr.  104;   Nöldeke,  Mand.  Gramm.  75  f.  2)  So  auch 

Böttcher,  §  283;  Ewald,  134;  Merz,  99.       3)  AUerdings  ist  in  der  unserem  *p^n 

nm   meisten   entsprechenden  Form   Y^^j  bezw.  J^*-**^  die  Dissimilation  noch 

nicht  eingetreten.  Allein  einmal  lag  hier  die  Dissimilation  noch  nicht  so 
nahe  wie  in  dem  anderen  FaU,  und  sodann  dttrften  fUr  die  Pluralform  dieses 
Wortes    überhaupt    die    wohl    am   häufigsten    gebrauchten    Formen    des    statns 

constr.  "^3^,  bezw.  des  stat.   omphat.  fit'^33,  yX^  massgebend  gewesen  sein,   in 

denen  jeder  Grund  zur  Dissimilation  fehlte.  Wenn  dagegen  das  Zahlwort  Zwei 
diese  Dissimilation  erfahren,  so  mag  sich  das  daraus  erklären,  dass  hier  einmal 
umgekehrt  die  Stat.  abs.-Form  mehr  in  Gebrauch  war  als  die  Stat.  constr.-Form, 
sodann  die  ursprüngliche  Aufeinanderfolge  der  drei  Dentalen  in  diesem.  Wort 
das   Bedürfniss   der  Dissimilation    verstärkte,   und   endlich   bei   den   häufig  ge- 


PkiUppi^  doB  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen.  39 

als  sodann  auch  in  diesem  Fall  noch  klare  Spuren  der  ursprünglichen 
Form  mit  n  sich  zeigen.  Bekanntlich  lautet  im  Bibl.  Aram.,  Targnm. 
wie  Talmud,  das  Ordinale  noch  stets  y^in  (fem.  «n'^'^in,  vgl.  auch 
ttn^r;n  das  zweite  Mal,  und  n^d^sn  iterum,  secundum),  wo  sich 
die  Erhaltung  des  ursprünglichen  n  wieder  in  ganz  analoger  Weise 
erklärt,  wie  in  dem  obigen  |jluO,  nftmlich  daraus,  dass  der 
Ghrund   für   die  Dissimilation   im  Ordinale  durch  das  die  beiden  n 

trennende  ^  wegfiel,   während  das  Syrische  in  seinem  IxJiL   das  r 

schon  hat  durchdringen  lassen;  doch  vgl.  auch  syr.  jColüL  =» 
M3'»5n.  In  dem  Fem.  T'n'nn  dürfte  aber  gerade  so  wie  in  dem 
Fem.  nn:)  das  r  von  der  Masculinform  aus  eingedrungen  sein. 
Wenn  daher  Niemand  an  der  Identität  des  neusyr.  *nnX  I  mit 
dem  altsyrischen  und  auch  gewöhnlich  neusyr.  *  ry\  ^41    zweifeln ,  und 

erstere  Form  nur  für  eine  auch  sonst  im  Neusyr.  nachweisbare 
Dissimilation  aus  letzterer  halten  wird  ^) ,  so  werden  wir  ebenso 
wenig  ein  Bedenken  tragen  können,  'j^'^n  als  Dissimilation  von  ^"^^n 
au&ufassen,  da,  wie  wir  eben  gesehen,  auch  hier  wenigstens  noch 
Spuren  der  ursprünglichen  Form  existiren,  und  die  hier  an- 
genommene Art  der  Dissimilation  auch  sonst  nachweisbar  ist  Eine 
gleiche  Dissimilation  werden  wir  aber  wohl  für  die  Möhrl-Fonn 
unseres  Zahlwortes  anzunehmen  haben.  Denmach  werden  wir  ^^^^n 
bezw.  dsero  nur  für  den  aramäischen  bezw.  m^br.  Reflex  des  in  den 
übrigen  Dialecten  mit  Ausnahme  des  Aethiopischen  erhaltenen  Aus- 
drucks  für  Zwei   ansehen  können. 

in.  Wir  haben  schon  bei  einer  andern  Gelegenheit  dar- 
zuthun  gesucht,  dass  bei  der  den  ersten  Radikal  unseres  Zahl- 
wortes treffenden  Lautverschiebung  der  semitischen  Dialecte  uns 
das  .Arabische  in  seinem  t  den  relativ  ursprünglichsten  Laut  er- 
halten  hat     Jetzt  möchten   wir   noch   einen  Schritt  weiter  gehen 


bnmcliten  Zahlwörtern  sich  auch  in  den  anderen  Dialecten  leichter  lautliche  De- 
generationen einstellen  als  sonst,  vgl.  *|<vnX  I    und  hebr.  D^Fl^, ,  s3rr.  JMt  w.  u. 

Knen  weiteren  Beweis  ftir  die  Richtigkeit  unserer  Erklärung  von  ^^^D  Uefem 

die   analogen  Dissimilationen   wie   sie   in  jöL^Olf  =  fi<373bK,   dem   schon   sehr 

firfih  erscheinenden   syr.  ^^^/  statt  ^Q^/    (s.  ZDMG  XXV  271)   oder  dem 

mand.  ttb:i^'*:i   sUtt   ^bÄ^   (s.  Nöldeke,   Gr.  55,    auch   Neusyr.  Gramm.  190) 
vorliegen.     Vgl.  auch   noch  arab.  t^»^    st.   ^j»». ♦  am ,    und  hiny.  rbtD   st.   rOP 

(Fresn.  IX,  2,  s.  Praet.  Beitr.  25),  0-ITD«  st.  Ono,  s.  ZDMG  XXIX,  606, 
Anm.  i  und  XXVI,  120  f.  Uebrigens  finden  sich  ähnliche  Dissimilationen  in 
den  verschiedensten  Sprachen.  Ich  will  hier  nur  noch  verweisen  auf  hebr. 
rabiva,  leb&vkimma  etc.  nach  samarit.  Aussprache  statt  ravava,  levavkimma 
I  Petermann,  Abb.  für  d.  K.  d.  M.  V,  1  p.  7)  und  lat.  aris  für  alis  an  Wörtern, 
wo  der  Wortstamm  schon  ein  1  enthält,  s.  Corssen,  Aussprache  des  Lat.  I,  222. 
1)  Nöldeke,  Neusyr.  Gramm.  53.  103. 


40  Pf^^VP^  '^  Zahboori  Ztod  im  Semitisehen. 

mit  der  BcliMi|ytiiiig.  dass  ans  das  Arabische  in  diesen  Fällen  wohl 
«imIi  dis  «bsohit  ürspröngliche  darbiete.  Denn  die  Annahme,  dass 
dfts  tfdbbcke  t  wi»  das  analoge  d  gleich  den  entsprechenden  indo- 

Lamten  aus  einer  wirklichen  Aspirata  th,  dh  hervor- 
,  würde  auf  reiner  Willkür  beruhen,   da  sich  für 

S«aiiltsclie  überhaupt  gar  keine  wirklichen  Aspiraten  nach- 
Wir  dürfen  vielmehr  mit  demselben  Recht  für  die 
$^«uffe$cW  Gromdsprache  ein  dem  t,  d  ganz  paralleles,  ihnen  gleich 
ttT^Nnfandklies  und  vollständig  ebenbürtiges  t,  d  ansetzen,  als  man 
itt  \ler  indogermanischen  Grundsprache  eine  solche  Stellung  den 
A^iwüMi  gb,  dh,  bh  gegenüber  den  entsprechenden  nicht  aspirirten 
LdMLKtt  einrSnmi  Denmach  wird  der  Stamm  unseres  Zahlwortes 
iia  dw  semitischen  Grundsprache  bestanden  haben  aus  den  beiden 
Lattittt  i  und  n. 

Untersuchen  wir  nun  die  ursprüngliche  Yocalisation  dieses 
;i^läa»iiM>$.  Diese  dürfte  kein  Dialect  mehr  bewahrt  haben.  Denn 
vJb  d«$  Himjar.  sein  •*:n  mit  einem  Vocal  nach  dem  n  (also  viel- 
l^cht  noch  tinß)  oder  wie  das  Arab.  vor  demselben  gesprochen 
iMkt«  ist  jetzt  ebenso  wenig  zu  entscheiden,  wie  ob  es  p  ben 
vhW  'ibn  gesprochen  hat^).  Das  Arabische  zeigt  aber  ein  an 
^i^itter  eventuellen  Waslirung  erkennbares  prosthetisches  Elif ,  hat 
a)$o  den  Vocal  des  ersten  Radikals  ebenso  eingebüsst  wie  die 
heKr.-aram.  Formen  u^^XD ,  V'nn.  Das  Arabische  führt  uns  indess 
iHK'h  selbst  auf  eine  ursprüngliche  Yocalisation  dieses  Wortstanmies 
luit  i  also  ein  tin  . . . .     Wir  glauben  diese  erschliessen  zu  können 

aus   der   arab.  Femininform    ..LxjlS.     Wir   werden  nämlich  noch 

wt»it4jr  unten  sehen,  dass  das  Feminin-t  dieser  Form  nur  eine 
Verkürzung   der   vollen  und  gewöhnlichen  Feminin-Endung  at  des 

Arab.   ist.     Somit   weist  ..XxSji   auf  ein  ursprüngliches  ...LäJo   hin. 

Man  könnte  dagegen  geltend  machen,  dass  ja  im  Arabischen  öfter 
in  der  geschlossenen  Vortonsylbe  a  zu  i  geschwächt  wird.  So 
namentlich  wenn  der  Vocal  der  Tonsylbe  ein  langes  i  ist  z.  B.  in 

der  Form  J^.Ää.  daneben  noch  J-üCi,  wie  die  Form  im  Hebr. 
(ausgenoDMnen  nur  etwa  ^"^'r)  und  Aram.  gewöhnlich  lautet,  vgl. 

>UuJLj,   jLLaJL^,  und  JolJLj  =    i'^tf'sn,    --aäIIp,    ^a:>*1>*).     In 

»*  **  *  '^^•^ 

allen  diesen  Formen  findet  wohl  eine  regressive  Vocal-Assimilation 
statt.  Femer  wenn  sich  als  Vocal  der  Tonsylbe  ein  langes  a  findet,  wie 


i)  S.  Praetoriiu,  Beitr.  3.  H.  10—12.  2)  Hariri  (Durrat  al-Gaw-^Äs  ed. 

Tborbecke  \X)  tadelt  die  Anssprache  mit  a  der  ersten  Sylbe. 


PhiUppi,  dcu  ZcüUwort  Zwü  im  Semitischen,  41 

in  den  Formen  ^Ud  (nicht  ^U^  =  bicsg)  ^ixh  der  allerdings 


seltneren  Nebenform  des  in  den  anderen  Dialecten  allein  sich 
findenden  JUäS*,  vgl.  *^'??n,  ri-»b?n,   n-»3?nO,   vJLiöl  u.s.w.    Dar- 

nach  könnte  aber  auch  in  unserem  Falle,  wo  die  Tonsylbe  ein  & 
oder  ai  hat,  nach  vollzogener  Contraction  der  Form  ein  ursprüng- 
liches a  des  ersten  Radikals  zu  i  geschwächt  sein,  so  dass  also  als 

^  ^  ^ 
Grundform   ein  ...UJu  anzusetzen  wäre,   etwa  wie  in  der  heutigen 

••  ^  ^ « 
Sprache    des   Ma^b    aus    einem   j^**SXi    ein    titkesser  geworden 

jst  (ZDMG  XXm,  670).  Allein  bei  einer  solchen  im  Altarabischen 
gerade  nicht  häufigen  Contraction  scheint  stets  der  ursprüngliche 
Vocal   der   ersten  ursprünglich   offenen,  jetzt  geschlossenen  Sylbe 

erhalten   zu   sein,   so   wenigstens   in   v^^sJL^,  ri'-^^^)  O^y^^  ^^^ 

v:>iJu« ,  r)^-ÄJuQ  *).     Dagegen  lassen  sich  nicht  etwa  arab.  i^^JJ  neben 

-  o 

i^b  und  v^>jj  neben  hebr.  n^  anführen.   Denn  ersteres  ist  nicht  aus 

^  ^  ^ 

ujüb  sondern  aus  i^jüLü  (vgl.  vs^Lc)  neben  \£\:i) ,  letzteres  aber  nicht 
aus  KJü.  sondern  aus  ä^  contrahirt,  worauf  mit  Bestmuntheit  die 

Go  O  o 

Mascülinformen  arab.  _jt  (doch  wohl  aus  ^  wie  das  parallele  ^»^t 
aus  ^  =  DO,  welche  letztere  Form  sich  auch  im  Arab.  findet),*) 
hebr.  t5,  assyr.  bin  fähren*),  und  es  liegt  also  im  arab.  Wort  keine 


1)  Fleischer,  BB.  der  K.  S.  G.    der  WW.  1866  p.  335.     Wright  I,  132  f.; 
aach  Nöld.,  Mand.  Gr.  14  Anm.  1.         2)  Fleischer,  BB.  der  K.  S.  G.  der  WV^T. 

1874,  p.  150.       3)  Ob  das  himj.  1^  bin  oder  'ibn    gelautet,   ist  nicht  mehr  aus- 
somachen,  s.  Praet.,  Beitr.  3.  H.  10 — 12.     Dagegen  sagt  man  im  heutigen  Süd- 

arab.  ben,  s.  ZDMG  XXV,  495.     Ueber  ^  s.  L4uie,  Arab.  Engl.  Lex.  ü,  1435; 
auch   Beidiwi   f ,  5  ff.  4)   Wenn   nach    den   arab.   Grammatikern  die  Ur- 

form    von    ...jI    ein    x  '"^  \  oder  wohl  richtiger     Jü  sein  soll  (s.  Fleischer,  BB. 


der  K.  S.  G.  der  WW.  1866  p.  311;  auch   Lane  s.  v.,   der  sich  gloichfidls  für 

die  letztere  Form  entscheidet),  so  mögen  sie  mit  Rücksicht  auf  die  Pluralformen 

o 

^jjjü  =  0*^25,  oLJL-J  =  nisn  und  die  Nisbe-Bildung  ^^j^  Recht  haben. 
Aber  ebenso  gewiss  ist  es,  dass  die  Femininform  oJü  schon  von  der  ver- 
kürzten  Form  ..«J  (über  den  Ursprung  des  i  dieser  Form  s.  Fleischer,  BB.  der 
K.  S.  Ges.  der  WW.  1870  p.  295)  ausgegangen  ist.     Denn  von    Aj  bezw.  yji 


42  Phüippi^  das  ZahUoort  Zioei  im  Semitischen, 

Schw&ohnng  von  a  zu  i  vor,  sondern  vielmehr  im  Hebr.  n^  ans 
^Vlj  n^:3  ein  üebergang  von  i  in  a.  Dieser  ist  ja  im  Hebr.  auch 
ausseilialb  Pansa  in  doppelt  geschlossener  und  betonter  Sylbe  oder 
auch  in  geschlossener  betonter,  auf  die  noch  eine  Sylbe  folgt,  gar 
nicht  selten,  was  Olshausen  nicht  hätte  in  Abrede  stellen  sollen. 
Denn  wenn  wir  neben  ib**  ein  nsnbn  haben,  so  werden  wir  doch 
kaum   eine  Nebenform   *ib;.  aufstellen  können,   sondern  jene  Form 


«    o 


direct  aus  einer  Grundform  Jip.bn  (..jJJLj)  ableiten.     Ebensowenig 

werden  wir  neben  Trh  Grundform  lidat,  nn  aus  nsn  Grundform 
tinat,  wegen  nb,  nnb,  njn  diesen  beiden  Grundformen  parallele 
ladat  und  tanat  anerkennen  können,  sondern  aus  den  allein  ur- 
sprünglichen lidat,  tinat  ist  auf  der  einen  Seite  geworden  Silb,  n^r 
und  mit  Assimilation  des  n  an  das  t  nn,  nn^),  auf  der  andern 
Seite  nnb,  mb,  und  daraus  entweder  nb,  nb*)  oder  mb,  und 
ebenso  nin,  nan,  njn  *).  Für  diese  Auffassung  spricht  auch,  dass 
sobald  der  Grund  für  die  vocaüsche  Umwandlung  wegf&Ut,  d.  h. 
der  Ton  die  betreffende  Sylbe  nicht  mehr  trifft,  sich  das  ursprüng- 
liche i  zeigt,  so  ^pn,  ''n^b.     Ganz  denselben^Vocalübergang  bietet 

auch   das  Aethiopische   7*fl21I   aber   *lt\C^f\\  =— '   hebr.   "i» 

aber  n^JD,   tlifX^'*  a^er  AlHA^."  =  hebr.  -i-^aa,  nn-^a^ 

aber  n-iaa,  ^AJP*!  «=»  hebr.  nb*^.*).  Somit  dürfte  hebr.  *  na, 
aber  "^ra  ganz  analog  dem  eben  besprochenen  nb  aus  n^ta  durch 
die  Mittelstufe  nsa  entstanden  sein,  und  Schrader  ist  unseres  Er- 
achtens  im  Irrthum,  wenn  er  meint,  dass  schon  nach  Analogie  des 
hebr.  n^  im  Assyrischen  eine  Stat  constr.-Form  banat  zu  ver- 
muthen  wäre,  welche  er  dann  auch  wirklich  für  das  Assyrische 
entdeckt  haben  will  (Höllenf.  d.  Istar  25).  Wir  haben  übrigens 
diese  assyr.  Form  im  Vorhergehenden  absichtlich  nicht  berück- 
sichtigt, da  sie  uns  durchaus  noch  nicht  gesichert  erscheint.  Denn 
an  zwei  Stellen  finden  wir  ideographische  Schreibung  des  Wortes 
(Avers  1.  2),  an  der  dritten  aber  (Revers  25)  bietet  Talbot  babat, 
und  können  wir  nach  Schraders  Transscription  sehr  wohl  ein 
ban&t  als  Abstractum  im  Sinne  von  Erzeugniss  lesen.     Auch  ist  es 

ans   h&tte  das  Fem.   lauten  müssen  BLJü   wie   »Las  oder  SL^^^,    vgl.    hebr. 

n:a,  nTan,  oder  syL*  wie  b^Lö,  vgl.  hebr.  nin«,  niTan. 

1)  So  natürlich  ist  diese  Form  entstanden,  nicht  etwa  durch  Contraction  ans 

njn  (woher  denn  das  Dagesch  forte  in  Formen  wie  ^nn?),  wie  man  noch 
immer  in  den  meisten  hebr.  Grammatiken  lesen  muss.       2)  Selbst  nach  Ewald  soll 

nb  aas  n*lb  susammengeüdlen  sein!  §  288  c,  s.  auch  Ges.-Röd.  §  69  Anm.  1. 
3)  So  auch  Tegn^r,  De  vocibus  primae  radic.  w  55.  4)  Dillmann,  Gramm, 
d,  9^  Spr.  92.  U6. 


PkUippi,  das  Zahlwort  Ztoei  im  SemüUchen,  43 

von   Torne  herein  mehr  als  unwahrscheinlich,   dass  das  Assyrische 
neben  binit  und  bint  noch  ein  banat  besessen  haben  sollte. 

Demnach  dürfte  nns  also  das  Arabische  wenn  auch  indirect 
auf  eine  ursprüngliche  Yocalisation  der  ersten  Sylbe  unseres  Zahl- 
worts mit  i  führw  ^).  Zu  demselben  Besultat  gelangen  wir  durch 
eine  genaue  Beachtung  der  vocalischen  Lautgesetze  im  Hebräischen, 
nach  denen  bei  einem  Nomen  in  offener  dem  Hauptton  unmittelbar 
vorhergehender  Sylbe  der  Begel  nach  ursprüngliches  a  bleibt  und 
nur  die  Dehnung  zu  S  erhält,  dagegen  ursprüngliches  i  bald  aus- 
bJleü,  bald  sich  behaupten  und  dann  zu  e  dehnen  kann.  So  finden 
wir  neben  biT^,  ^nnö  (Grundform  ?atÄl)  ein  an?,  ?ib«,  ^lÄj 
(Grundform  Ei^),  neben  einem  ^''OK,  ^"^ati  (Grundform  ^t^) 
ein  b-^a,  'r^ii    (Grundform  Kitll),  neben  einem  'Tiny,  Ü^y,  ÜV^y 

(Grundform  ^aföl)  ©in  ^''^5 »  bin; ,  bli-j  (Grundform  K^tül),  neben 
dnem  ^ifiWQ,  «iM,  niaa  theils  ein  on^n,  yi^tt,  theils  ein  ni«l9, 
•pyri,  neben  trntD,  onj,  ninj,  "^nj,  D*«?©,  ö"^?©,  o*»aT,  -»tTj,  nin« 
■^3«',  traa  theils  ein  niTa«),  n«"»,  ni«73,  mb,  nny,  D-^b«,  -^b«, 
iat?  und  n^?,  riKS,  O^m,  theils  ein  -«n©,  nnn  (Gen.  46,8), 
"ca,  neben  D-^Tobis^,  D^innin,  ni^xiN,  innin  theils  ein  mate,  nnbi*«, 
theils  imd  zwar  häufiger  ein  M^ttfe^,  njtzJ'',  weiter  ein  O'^nah, 
tr*iafct,  D-'i^h,  vnatr,  neben  einem  nibj«  (stat.  constr.  Form  nnbj«) 
theils  ein  D'^^'bilä,  theils  ein  nibpn,  neben  einem  D'^V^i^  theils  ein 
niüöTO,  theils  ein  D"»b^V  (von  bbi^),  D-^at^ft  von  )^arib,  neben 
einem  D'^^DiD  ein  D'^^A^^  (dessen  Singular  im  Hebr.  nicht  nach- 
weisbar,  aber  nach  aller  Analogie  nxi^  gelautet  haben  wird),  neben 
einem  t3-«%T3  ein  D**K7atp2  (von  »ndi  aus),  neben  einem  D*<3Kb7a, 
ntebt»,  D'^i^'^jjn  theils  ein  nia'nnn,  nteö»,  nnasw,  theils  ein 
D'^ü^inia  (von  ißin) ,  ninar»  >).  Im  Grunde  können  wir  kein 
einziges  sicheres  Beispiel  fiir  den  Ausfall  eines  ursprünglichen  a 
unter  besagter  Bedingung  anführen.  Denn  er  liegt  weder  in  dem 
Dual  W^^D  (1  Reg.  12,24;  2  Reg.  5,28)  vor, —  was  schon  dess- 
halb  unwahrscheinlich  ist,  weil  der  Plural  stets  D^^33  und  der 
Dual  in  pausa  ib.  O^^S?  lautet  •);  noch  in  dem  Dual  D^n^ilän, 
dessen  Singular  nicht  nachweisbar,  der  aber  ebensogut  ns^p  wie 
TE^sn  gelautet  haben  und  nach  aller  Analogie  nur  den  ersten 
Vocal  gehabt  haben  kann;  noch  nach  dem  schon  oben  Bemerkten 
in  D'^nana;  noch  in  dem  Plural  OTr,  dessen  Singular  im  Hebr. 
nur  in  der  mchts  entscheidenden  Form  MM2  vorkommt,  der 
aber  schon  nach  dem  äthiop.  ^^^'  zu  schliessen  nur  n73  (Grund- 
form  mit)   gelautet  haben  kann;   noch  in  fi^K,  für  das  wir  aller- 


1)  Vgl.  übrigens  auch  m^hr.  dserö,  terin,  mit  vollem  e  des  ersten  Radicals. 
2)  8.  auch  König,  Gedanke,  Laut,  Accent  140  £  3)  8.  über  diese  Form  mein« 
Abb.:   Wesen  und  Ursprung  des  Stat.  constr.  im  Hebr.  88  Anm.  8. 


44  Phäippi,  das  ZaJdwari  Zioei  im  SemUucheH 

dings   nach   dem  syr.   Jlso^J  (von  )09[  aus)    ein    fi^iM   erwarteten, 

dessen  Aussprache  aber  entschieden  durch  das  Westaram.  beein- 
flusst  ist^);  noch  in  ^"n:^  (Proy.  31,2),  das  gleichfalls  aramaisirende 

Form  ist  und  daher  nichts  beweisen  kann;   noch  in  ^^T  =  ^X^x, 

das  wohl  erst  aus  dem  Aram.  in's  Hebr.  gekommen,  noch  endlich  in 
dem  Plural  D'^^T,  dessen  Singular  allerdings  tp  144,  is  ^T  lautet,  indess 
da  das  Wort '  ib.  an  zweiter  Stelle  in  i?ausa  nach  den  besten 
Autoritäten  mit  Pathach  vocalisirt  ist,  uns  eher  auf  eine  ursprüng- 
liche Vocalisation  mit  i  als  a  weist.  Denn  ä  hält  sich  in  der 
Pausa  betonter  einfach  geschlossener  End-Sylben  öfter  nur  da,  wo 
entweder  das  S  auch  schon  ausserhalb  Pausa  für  i  eintritt  (so 
nbjtn,  pn^rt  etc.)  oder  das  Wort  ursprünglich  auf  eine  Doppel- 
consonanz  schloss^,  während  i  unter  gleichen  Bedingungen  nicht 
selten  in  a  umschlägt ').  Dass  aber  unser  ^T  nicht  etwa  von  einer 
Wurzel  i:t  sondern  von  n3T  herkommt,  zeigt  klar  der  Plural  0'»3T . 

• 

Dazu  kommt  noch,  dass  auch  das  Syrische  die  Form  ^  (vgl.  ^ 
bei  Payne-Smith  s.  v.  und  ^  ^/,  \0/)  bietet,  währdhd  das  übrige 

Aram.  hier  keinen  Ausschlag  geben  kann,  da  im  Bibl.  ArauL  sich 
nur  die  Form  "^pt  findet  (Dan.  3, 5.  7.  lo.  15),  in  den  Targumim  aber 
die  Form  nur  mit  Sufßxen  vorkommt,  wo  natürlich  der  Tonvokal 
abgefallen  ist  (s.  die  Stellen  bei  Levy  s.  v.),  übrigens  hier  einmal 
(2  Chron.  16, 14)  das  Wort  in  der  Gestalt  yi  erscheint*).  Dar- 
nach glauben  wir  mit  Sicherheit  die  Behauptung  aufstellen  zu 
können,  dass  die  Form  0^3;^  nur  von  einem  0*"^^  ausgegangen  sein 
kann,  das  zu  D^?©*  (vgl.  O'^n'i)  ¥rie  D^:tt3  werden  konnte,  aber  zu 
letzterem  geworden  ist,  während  ein  ursprüngliches  CJ^^)  zu  W^^s: 
hätte  werden  müssen.  Diese  Annahme  wird  uns  noch  bestätigt 
durch  das  hebr.  Ordinale  "^su?.  Dieses  dürfte  kaum  aus  '^'>3ti  con- 
trahirt  sein,  da  ein  "^  als  dritter  Badical  nach  geschlossener  Sylbe 


1)  Dass  der  Penonenname  D^K  im  Hebr.  jedenfalls  auch  die  regelmässige 
Aussprache   D^^K    neben   der  aram.  gefiirbten  D^K  besessen,  zeigt  das   davon 

abgeleitete  syr.  |lad^/  s.  ZDMG  XXV.  119  f.       2)  S.  die  ^Boi' n:n«:i  ^HTC 

^1*^K   "^DODI   tl'^!r\D'^    in    der  Ausgabe   von  Baer   und  Delitzsch  82,  bezw.  64; 
Olshansen   §  91b,   §   129  b;    Böttcher  §§  491.    492.  848.     Eine   nicht   seltene 

Ausnahme  von  der  gegebenen  Regel  bildet  die  Pausalform  1^.     Das  in  Pausa 

stehende  anni  ?.eyofiBvor  bl^  (2  Sam.  6,7)  d&rfte  dagegen  auf  eine  Grundform 

b;D  zurückgehen,  s.  Olsh.  §  146  a.         3)  Olshausen,  §  91d,  129,3;   146  a,  auch 
§  230,5    und  Böttcher  491.  492.     Wenn   aber  in  der  in  Rede  stehenden  Stelle 

auch   das  erstero  Mal  ausserhidb  Pausa  ^T   steht,    so  dürfte  diese  Form  nur  des 

Gleichklangs  wegen   mit  dem  folgenden  "JT  gewählt  sein.  4)  Nach  Nöldeke 

lautet   das  Wort   im  Mand.   allerdings  ^KT    (Mand.  Gr.    97>.  5)  Das  unter 

anderen  Böttcher  §  756  als  Gmndform  an&tellt. 


PhiUppif  dcut  Zahhoort  Zwei  im  Semitischen,  4«'S 

and  vor  einer  folgenden  vocalisch  anlautenden  Endung  sich  sonst 
im  Hebr.  hält,  sondern  ist  yon  einem  schon  des  dritten  Radikals 
beraubten  Stamm,  der  auch  Q-^rTD  zu  Grunde  liegt,  abzuleiten,  also 
aus  einem  yai  +  Nisbe  1 ,  weist  dann  aber  in  seiner  Vocalisation 
auf  die  ursprüngliche  Vocalisation  dieses  Stanmies  mit  i  hin.  Da- 
gegen wollen  wir  auf  die  Form  der  babylonischen  Punctation 
u^riö  und  die  aram.  Form  ^*«3n  kein  zu  grosses  Gewicht  legen, 
da  das  i  hier  Schwächung  aus  a  sein  könnte,  obwohl  übrigens 
ursprüngliches  a  in  geschärfter  Sylbe  sich  der  Regel  nach  im 
Hebr.  hält  (Olshausen  267  f.). 

Gegen  diese  aus  dem  Arabischen  wie  Hebräischen  erwiesene 
ursprüngliche   Vocalisation    unseres   Wortstammes   mit  i   scheinen 

nun  die  aram.  Femininformen  T'nnn,  ^üL  entschieden  zu  sprechen. 

Allein  wenn  die  Differenz  in  der  Vocalisation  von  "ni  und  p  sich 
offenbar  nur  aus  der  Verschiedenheit  der  auf  den  Vocal  folgenden 
Liquiden  erklärt,  und  hier  nur  durch  den  oben  nachge¥riesenen 
üebergang  yon  n  in  r  auch  der  Vocalwechsel  von  i  mit  a  bedingt  ist, 
und  wenn  dieser  durch  den  Einfluss  eines  r  hervorgerufene  Vocal- 
wechsel auch  sonst  im  Aram.  gar  nicht  selten  ist '),  so  dürfte  der- 
selbe Vorgang  auch  für  unseren  Fall  anzunehmen  sein,  und  also 
das  Aram.  auch  in  seiner  Vocalisation  dieses  Wortes  durchaus 
nichts  Ursprüngliches  mehr  darstellen  *).  Denmach  erhalten  wir 
als  Resultat  unserer  bisherigen  Untersuchung:  Der  aus  den  beiden 
Lauten  t  und  n  bestehende  Stamm  unseres  Zahlwortes  war  ur- 
sprünglich mit  i  vocalisirt,  lautete  also  in  der  semitischen  Grund- 
sprache tin  .... 

IV.  Werfen  ¥rir  nun  einen  Blick  auf  die  bisher  nicht  berück- 
sichtigte Endung  unseres  Zahlwortes,  ohne  die  es  in  keinem 
Dialecte  mehr  erscheint.  Wir  sind  bisher  von  der  wohl  bis  in  die 
neueste  Zeit  allgemein  als  selbstverständlich  geltenden  Annahme 
ausgegangen,  dass  der  Stamm  imseres  Wortes  in  allen  Dialecten, 
in  denen  es  vorkommt,  nur  in  den  beiden  besprochenen  Consonanten 


nur 


1)  Z.  B.  »yr.  m>a^*^^  von    einem   girgir  =   f^J^   *"*'  ^®™®'^    < 

j* -^  -        V^JlS,    jv^g^,  i^ch  der  Form  -|\-v>^    |2\20,  '«Iso    e    zu    a 

wegen  des  r,;SfiD^  \iQ£D  (-|£D),  «C^^  j«^^^^^  ^^^  ^«'  ^^^^  }^^j 
jv^V.-  ebenso.  2)  Im  Ncusyr.  ist  das  a  dieser  Form  wieder  zu  e  geschwächt: 
\ÜL  5  vgl.  T^a  im  jerusal.  Talmud  (bei  Levy  s.  v.  und  Luzzatto,  Gramm,  der 
bibl.  ehald.  Spr.  und  des  Idioms  des  Talmud  Babli  ed.  Krüger  68),  sowie  die  syr. 
Formen   mit  Suffix:    w^-^,    ^*^i  ^ ,    ^O^-^  i    <^uch    von    )  V>  -  =    DH, 


46  Philippi^  iku  Zahhoori  Zwei  im  SemiUschen, 

mit  entsprechendem  Yocale  bestehe  und  der  übrige  Bestandtheil 
desselben  zur  Endung  zu  ziehen  seL  Wir  werden  sie  aber  jetzt 
noch  näher  begründen  müssen,  da  sie  neuerdings  das  Schicksal 
der  meisten  solcher  Annahmen  gehabt  hat,  auch  einmal  vom  Scharf- 
sinn eines  Gelehrten  angezweifelt  und  als  unrichtig  hingestellt  zu 
werden.  Bedslob  hat  nämlich  behauptet  (ZDMG  XXVU,  157), 
dass  im  hebr.  0*^319  gar  kein  Dual,  sondern  ein  Plural  eines  auf 
Jod  mobile  ausgehenden  Wortes,  also  eines  *^^c  vorläge,  wie  ihn 
uns  die  hebr.  Wörter  O"*»,  D'^^tb  darbieten,  wo  der  Plural  nur 
durch  Antritt  eines  m  gebildet  sei  0-  Natürlich  müssten  wir  dann 
die  dem  hebr.  D^3TD  in  ihrer  Endung,  ¥de  wir  gleich  sehen  werden, 

entsprechenden   arab.    -,   ;^  ^  "^t   und   aram.  y^V)  auf  ein   analoges 

Jo  bezw.  "^sn   zurückführen   und   also  schon  einen  ursemitischen 

Stamm  tinaj  statt  unseres  oben  gefundenen  tin  ansetzen.  Aus 
diesem  wäre  dann  übrigens  nicht  durch  Antritt  eines  blossen  m 
der  Plural  gebüdet,  da  diese  Art  der  Pluralbildung  für  das  semi- 
tische Nomen  überhaupt  nicht  nachweisbar  ist  Denn  so  wenig  in 
D'^iQ,  0*^7312)  wie  den  aram.  Formen  rb:i7:3  etc.  eine  ältere  Plural- 
Endung  ai,  aj  steckt,  die  dann  noch  durch  ein  hinzugefügtes  m,  n 
verstärkt  wiüre^),  so  wenig  hier  aus  ursprünglichen  Pluralformen 
0*^7^  etc.  nur  aus  Missverständniss  umgewandelte  Duale  vorliegen  ^, 
so  wenig  sind  diese  Formen  in  der  Weise  Redslobs  entstanden, 
sondern  wir  haben  in  allen  diesen  Fällen  ganz  regelmässig  ge- 
bildete Pluralformen.  Denn  nach  allgemein  semitischen  Laut- 
gesetzen musste  ein  ai  (aj)  bezw.  au  (aw)  als  Auslaut  eines  Wortes 
-f-  fm  (tn)    oder   auch   um  (ün)    zunächst   zu   aim,   ain  oder  aum. 


«   O  ^    Oo  O  « I 


aun  verschmelzen,  vgL  arab.  <^yy^y>  ti^s  tar4ai  -{-  fnä,  t^  aus 
ramai  -f-  ü,  .j^äLmxa  ^^ph^r»-»  aus  mustafai  +  üna  bezw.  Ina, 
syrisch  J^s^  ans  galai  4~  I»  g\^.  ^^^  galai  -|-  ^*     ^^^  Aramäischen 

und  Hebräischen  zog  sich  aber  ein  so  entstandenes  aim,  ain  nach 
den  hier  herrschenden  vocalischen  Lautwandelgesetzen  entweder  zu 

6m,  ön  bezw.  noch  weiter  zu  Im,  In  zusammen  (vgl.  syr.  ^^s&i»  = 

hebr.  l^ban  aus  taglai  +  In,  chald.  -^ba  =  hebr.  "hy  aus  galai  + 1,  aber 

syr.   J\^,  auch  talmud.     Formen  ¥de  ^«nn  (Luzzatto  89),  femer 


1;  Vgl.  ZDMG  XXVI,  752  Anm.  2.  2)  So  BickeU,  Qrundriss  der  hebr. 
Grmmmat  §  91;  Amheim,  Orammat  der  hebr.  Sprache  §  185.  3)  So  Arnold, 
Abriss  der  kebr.  Formenlehre  61  Anm.  und  Land,  The  principles  of  Hebr. 
gramm.   88    §    121.      Uebrigens    £ust    schon    Abraham   ben   Ezra    in    seinem 

^D073  *11D^»   O'^P^  ^  I>ual  s.  Pinsker,  Einleitung  in  das  babyl.  hebr.  Punc- 
tationssystem  139  t 


PhiUppif  das  Zaltlwart  Zwei  im  Semitisehen.  47 

hebr.  ^ba  =  chald.  ibi ,  aber  syr.  g>\      aus  galai  +  ü  etc.)  —  und  diese 

Gcmtraction  liegt  aacb  im  syr.  ^s^=  bebr.  D'^bi^),  syr.  ^u   von 

jj[i  «3  bebr.  D'^a»  von  nj»  (Grundform  manaj  oder  manai)  vor,  — 

oder  es  löste  sieb  zu  ajim,  ajin  auf,  und  so  ist  es  im  aram.  yh^ , 
^^b^n,  im  Hebridscben  seltner,  aber  docb  in  einigen  altertbümlicben 
Formen  wie  eben  unser  D'j»,  D"^?®,  aucb  D^'ncK  geschehen*). 
Damacb  würden  wir  also  für  den  nach  Bedslob  aufzustellenden 
ursemitbcben  Plural  unseres  Wortes  jedenfalls  eine  ganz  regel- 
milssige  nach  Analogie  der  eben  besprochenen  Plurale  entstandene 
Bildung  annehmen  müssen.  Redslob's  Auffassung  scheint  uns  aber 
aus  einem  doppelten  Grunde  unhaltbar.  Einmal  dürfte  der  Plural 
an  unserem  Zahlwort  schwerlich  eine  genügende  Erklärung  zulassen. 
Denn  dass  diese  Plural-Endung  erst  zu  einer  Zeit  an  dasselbe 
gekommen  wäre,  wo  es  schon  seine  ursprünglich  concrete  Be- 
deutung eingebüsst  und  schon  die  abstracto  der  Zweizahl  an- 
genommen hatte,  wird  sich  nicht  behaupten  lassen,  da  alle  anderen 
Zahlen  von  1 — 19  im  Singular  auftxeten.  Es  müsste  sich  also 
der  Plural  schon  an  unserem  Worte  in  seiner  noch  ursprünglichen, 
concreten  Bedeutung  entwickelt  haben.  Mag  dann  nun  aber  die 
ursprüngliche  Bedeutung  der  Wurzel  iterum,  alterum  fecit  (so 
Bedslob),  oder  inclinavit,  plicavit  gewesen  sein  und  der  Stanmi 
ursprünglich  Wiederholung  oder  Wiederholtes,  Biegung,  Falte  oder 
Gefaltetes  bedeutet  haben,  immer  yrürde  sich  nicht  erklären  lassen, 
wie  sich  aus  einem  Plural  Wiederholungen  u.  s.  w.  der  Begriff 
des  Zahlwortes  Zwei  entwickeln  konnte.  Sodann  haben  schon  fast 
sämmtliche   Dialecte   den   Ausgang   desselben   als   reine  Numerus- 

Endung  angesehen.  Denn  wenn  das  &ni  des  arab.  ...U^t  nur  als 
Dual-Endung  betrachtet  werden  kann,    so  kann  auch  das  aini  von 


1)  Ffir  den   Uebergang   von   ai   in   i  im   Hebr.,   vgl.   noch   "^ri^bjl   neben 
"»ri^T^,  beide  aas  "^Fl^bj  bezw.  "^XH^b^-         2)  Vgl.  übrigens  aram.  Formen  wie 

^^WQTO  von  ^13^]2>  V^^y^  ^^^  ^^t^y   ^^  denen  noch  die  ganx  ursprüngliche 

Formation  dieser  Wörter   erhalten  ist.     Allerdings   geht  hier  dem  j  auch  ein  k 
Torsos.    Auch  das  Hebr.  besitzt  noch  ein  Beispiel  solch  ursprünglicher  Formation 

in  D^npn  Jes.  25,6.     Im   stat.  constr.  plur.  des  Syrischen  hat  sich  gleichfiills 
noch   der  Begel   nach   der  dritte  Badikal  gehalten,   so  -l^-iS^^^     m^V f      doch 

vor  Suffixen  schon  -t^h  neben «^mOJ..  während  im  Stat.  emph.  auch  schon 

Omtraetion  eingetreten  ist:  j«lXJ  ^  r^y  sprich  gala\|a  aus  galtjaQa  etc.    Unter 
den  neueren  Ghrammatikem  üasst,  soweit  wir  sehen,   nur   Böttcher   I  §   671b 

(ach  S  456,8)  die  Farmen  D';^   etc.  richtig    auf,    während  Ewald  §  189  e  wie 
OUtauaen  §  111b  sie  jedenfalls  nicht  genügend  erklären. 


48  PhiUppi,  doM  Za?äwart  Zwei  im  Semitischen. 

^^^t   nur   als  Dual   in   der  Sprache   gegolten  'haben,   und  -j-yo^ 
selbst  nur  als  Dual  von  ^S  bezw.  ^  ^  nicht  etwa  als  Plural  oder 


,  <i  0- 


Dual   von   einem     Jo,   da   wir  im   ersteren  Fall  ^   ^  *<\   neben 


^  <t  ^  »i^  _  c^* 


^^jJLjI,    im  letzteren   ein    ..jUlSt   neben  qajJ5!  erwarten  müssten. 

Weiter  finden  wir  aber  nicht  nur  im  Arab.  sondern  auch  in  den 
anderen  Dialecten  den  betreffenden  Lautcomplex  unseres  Wortes 
als    offenbare    Numerus-Endung   in    den    entsprechenden   Feminin- 


b  ^*u 


formen,    so    in  ,..^^jjat.    O'^n«   bezw.   0*^mD,    v^^^ri.     Und   wenn 

zudem  das  Femininum  in  allen  diesen  Dialecten  nur  mit  dieser 
Endung  behaftet  auftritt,  so  werden  wir  daraus  schliessen  können, 
dass  sich  die  Form  schon  in  der  semitischen  Grundsprache  festgesetzt 
hat.  Dann  hat  aber  auch  schon  dieser  Ausgang  der  Masculinform 
unseres  Zahlwortes  im  ürsemitischen  für  nichts  als  eine  an  den 
Stamm  tin  getretene  Numerus-Endung  gegolten  und  es  wird  ge- 
wichtiger Gründe  bedürfen,  um  nicht  nur  alle  einzelnen  Dialecte, 
sondern  auch  die  semitische  Grundsprache  selbst  eines  groben  Miss- 
verständnisses zu  zeihen.  Das  thut  nun  allerdings  Redslob,  der  zu- 
gleich unserem  ersten  Einwand  damit  begegnen  könnte,  dass  auch 
wir  nicht  um  die  Annahme  eines  ursprünglichen  Plurals  in  D*^?^ 
herumkämen.  Nach  Bedslob  bezeichnet  nämlich  die  Endung  ajim 
(und  also  auch  die  analogen  ain,  ön)  ursprünglich  den  PluraL 
Denn  in  dieser  Bedeutung  soll  sie  sich  noch  fast  stets  im  Hebr. 
finden.  Allerdings  soll  diese  Endung  hier  schon  vorwiegend  einen 
etwas  nüancirten  Sinn  erhalten  haben,  nämlich  den  Sinn  einer 
Mehrheit  je  zwei  oder  paarweise  auftretender  Gegenstände,  indess 
doch  erst  in  wenigen  Beispielen  zu  einem  wirklichen  Dual  fort- 
geschritten sein.  Damach  hätten  wir  aber  auch  in  d^:;d  einen 
ursprünglichen  Plural  anzuerkennen,  zumal  kein  Grund  vorhanden 
sei,  in  dem  Wort  duale  Bedeutung  der  Endung  anzunehmen.  Und 
gerade  von  diesem  Plural  d;2;d  erkläre  sich  nun  sowohl  der  Ur- 
sprung der  Plural-Endung  aim  (ain)  gegenüber  der  gewöhnlichen 
auf  im,  wie  die  Bedeutungsentwickelung  jener  auf's  Einfachste. 
Es  läge  hier  nämlich  dann  dieselbe  Pluralbildung  vor,  wie  in  D'^p, 
D^pti.  Diese  wäre  an  unserem  Worte  der  anderen  möglichen 
(D"<5C)  vorgegangen,  um  der  Verwechselung  mit  D'»:^  Jahre  aus- 
zuweichen. „Einmal  in  diesem  Worte  constant  geworden,  ist  diese 
Endung  dann  als  zur  Bezeichnung  der  Zweiheit  mitgehöriger  Be- 
standtheil  des  Wortes  erschienen  und  weiterhin  zur  Bezeichnung 
derjenigen  Mehrheit,  wie  sie  bei  D"J3©  stattfindet,  verwendet  wor- 
den.*^ —  Jedenfalls  wäre  nun  diese  ganze  Entwickelung  nach  dem, 
was  wir  eben  bemerkt,  schon  in  die  semit  Grundsprache  zu  ver- 
legen  und   wäre  in  ihr  also  in  der  That  aus  Missverständniss  des 


Pküippif  das  Zahkoort  Zusei  im  Semitüehen.  49 

%jim  in  D'^wC,  das  übrigens  diesen  Falls  nach  uns  nur  aus  einer 
Verschmelzung  des  Auslauts  ai  +  tm  entstanden  sein  könnte,  als 
eine  Endung  angesehen,  und  von  hier  aus  gleichfalls  schon  in  der 
Grundsprache  sowohl  an  das  Femin.  unseres  Zahlwortes  wie  an 
andere  Wörter  gekommen.  —  Indess  beruht  dieser  ganze  künstliche 
Aufbau  auf  der  luftigen  Annahme,  die  hebr.  Endung  ajim  habe 
pluralische  Bedeutung.  Redslob  weiss  diese  nur  durch  Jes.  6,2: 
irjS?  «5tb  zu  stützen,  wo  das  0'»d:3  nur  als  Plural  gedacht  werden 
könne.  Indess  müsste  dann  D'^D3?  hier  wie  sonst  und  wie  wenigstens 
der  Regel  nach  stets  O^py  in  jenem  nüancirten  Plural-Sinn  stehen, 
denn  woher  fftnde  sich  sonst  bei  diesen  Wörtern  in  ihrer  ursprüng- 
lichen Bedeutung  als  Bezeichnung  eines  Gliedes  des  thierischen  Or- 
ganismus nie  die  Endung  tm?  D^QSD  U?^  wäre  also  =^  6  paarweise 
vorhandene  Flügel,  —  nicht  etwa  6  Flügelpaare;  denn  nach  dem 
klaren  Wortlaut  der  Stelle  hatten  die  Seraflm  nur  6  Flügel.  Wie 
konnte  man  dann  aber  D^:*^?  n^S^ä  Zach.  3,9  oder  D"»!©  rtttjb» 
1  Sam.  2,13  sagen,  was  nach  der  Analogie  von  D^SSD  'OXß  nicht 
etwa  7  Augenpaare  (dagegen  auch  klar  Zach.  4, 10)  oder  3  Zacken- 
paare bedeuten  könnte,  sondern  7  paarweise  vorhandene  Augen  bezw. 
3  paarweise  vorhandene  Zacken  bedeuten  müsste !  In  diesen  beiden 
FSdlen  ISge  also  jedenfalls  schon  eine  missbräuchliche  Anwendung  der 
Endung  ajim  vor.  Und  wenn  nun  der  Regel  nach  diese  Endung 
im  Hebräischen  den  Dual  zum  Ausdruck  bringt,  —  wie  Redslob 
das  in  Abrede  «stellen  kann,  verstehen  wir  nicht  —  so  müssen  wir 
diese  Bedeutung  für  die  eigentliche  im  Hebr.  halten  und  wie  be- 
stimmt in  den  beiden  letzten  Beispielen,  so  auch  in  dem  ersteren 
(0^03D  TÖ«  vgl.  Ez.  1,6;  10,21  s.  Aehnliches  im  Bibl.  Aram.  Dan. 
7, 7)  gleichfalls  schon  eine  missbräuchliche  Anwendung  der  Endung 
statoiren,  indem  wir  annehmen,  dass  der  Dual  hier  für  den  Plural 
gesetzt  ist,  weil  diese  Wörter,  die  nur  paarweise  gedacht  wurden, 
die  Fähigkeit  der  Pluralbildung  schon  vollständig  einbüssten  ^). 
Dass  dann  aber  auch  D^*:^  vom  hebr.  Standpunkt  aus,  der  das 
ajim  hier  als  Endung  fasste,  als  Dual  galt,  kann  keinem  Zweifel 
unterliegen.  Im  Arabischen  femer  ist  für  die  dem  hebr.  ajim  ent- 
sprechende  Endung    aini    nur    die   duale   Bedeutung  nachweisbar. 


o* 


Diese   muss   sie    daher   auch  vom  arab.  Standpunkt  aus  in  <^*AÄ3t, 

wo  aini  gleichfalls  als  Endung  galt,  gehabt  haben.  Dasselbe  muss 
von  der  ursprünglichen  Bedeutung  der  entsprechenden  Endungen 
im  Aethiopischen  wie  Aramäischen  behauptet  werden.  Denn  mag 
auch  in  diesen  Dialecten  das  Bewusstsein  von  der  ursprünglichen 
Bedeutung  jener  Endung  ziemlich  geschwunden  sein,  so  findet  sie 
sich   doch  nur  an  Wörtern,  die  auch  im  Hebr.  und  Arab.  mit  ihr 


1;   80   Ndldoke,    Z.    fUr    Völkerpsycbol.    VII.    405;    Ewald    475;    Land  88 
IlSOd. 

Bd,  XXXII.  4 


^)  Phiiippiy  das  Zahlioart  Zwei  im  Setnüischen. 

und  zwar  in  offenbar  dualer  Bedeutung  versehen  auftreten,  so  im 

aram.  ^n^),  äth.  51AA,;  =  O:«^?  o^'  ÄÄ."  =  ^^J^'^'^^' 
Daraus  folgt  aber  für  uns,  dass  schon  in  der  semitischen  Grund- 
sprache unsere  Endung,  oder  eine  ihr  lautlich  entsprechende  nur 
vollkommenere  Form  derselben,  die  duale  Bedeutung  sowohl  über- 
haupt als  speciell  an  dem  Zahlwort  Zwei  gehabt  haben  muss. 

Wollte  man  nun  noch  behaupten  einmal,  dass  trotz  alle- 
dem die  Endung  ursprünglichst  Pluralbedeutung  gehabt,  wenn  sie 
auch  schon  im  ürsemitischen  selbst  duale  erhalten  habe,  und  so- 
dann, dass  sie  zunächst  noch  in  ihrer  ursprünglichen  Bedeutung 
an  unser  Zahlwort  gesetzt  sei,  ja  sich  vielleicht  doch  erst  an 
unserem  Zahlwort  sowohl  formell  in  der  Weise  Redslobs  als  ihrer 
dualen  Bedeutung  nach  entwickelt  habe,  wenn  auch  diese  ganze 
Entwickelung  noch  in  die  Periode  des  Ursemitischen  zu  setzen  sei, 
so  mag  an  der  ersteren  Behauptung  etwas  Wahres  sein,  die  beiden 
letzteren  wären  aber  nicht  nur  willkürlich,  sondern  unhaltbar,  da, 
wie  wir  gesehen,  sich  ein  Plural  an  unserem  Zahlwort  durchaus 
nicht  erklären  lässt,  der  Dual  aber,  wie  wir  noch  sehen  werden, 
eine  einfache  und  leichte  Erklärung  zulässt  Demnach  werden  wir 
wohl  mit  der  bisherigen  Scheidung  Recht  behalten,  nach  der  arab. 
äni  und  aini  wie  hebr.  ajim  und  aram.  ^n  als  Endungen  und  zwar 
Dual-Endungen  des  Zahlwortes  Zwei  anzusehen  sind. 

V.  Es  dürfte  uns  nun  wohl  weiter  zugestanden  werden,  dass 
die  sich  hier  darbietenden  Endungen  der  verschiedenen  Dialecte 
mit  Ausnahme  des  arab.  äni  mindestens  als  eng  verwandt  zu  be- 
trachten seien.  Die  Endungen  des  sogenannten  Status  constructus, 
die,  wie  wir  noch  weiter  zeigen  werden,  nicht  als  Verkürzungen 
der  Endungen  des  sogenannten  Status  absolutus,  sondern  als  im 
Verhältniss  zu  letzteren  ursprünglich  kürzere  Endungen  aufzufassen 
sind,  entsprechen  sich  ja  genau  nach  den  in  den  Dialecten  herrschen- 
den vocalischen  Lautwandelgesetzen,  nämlich  arab.  ai  =  himj.  ai 
oder  6,  hebr.  ö,  ostaram.  ai,  westaram.  6.  Es  liegt  hier  also  in 
allen  Dialecten  dieselbe  Endung  vor,  deren  ursprünglichste  Grestalt 
uns  noch  das  Arabische  und  Syrische  erhalten  haben.  Dagegen 
lassen  sich  die  Differenzen  der  Stai  AbsoL-Endungen ,  die  theils 
in  der  Verschiedenheit  des  auslautenden  Nasals  (arab. -aram.  n. 
hebr.  m)  theils  in  der  Existenz  bezw.  dem  Mangel  eines  auslauten- 
den  Vocals    bestehen ;   nicht    so    leicht    lösen  •).      Unsere   firühere 


1)  Ob    das  Aram.   sonst  noch   diese   Endung   besitzt,   muss   als   zweifelhaft 
erscheinen.     Wenigstens  ist  es  nicht  sicher,  ob  nicht  in  bibl.-aram.  Formen  wie 

^^"1*^,  1^?51  etc.  die  Endung  erst  durch  die  massoret.  Punctation  hinein- 
gekommen ist.  Ueber  einige  im  Syrischen  und  Mandfiischen  erhaltene  Sparen 
von  anderen  Dualen  s.  Nöldeke,  Mand.  Gramm.  170  Anro.  3.  2)  Ueber 
einen  erstarrten  amhar.  Dual  s.  ZDMG  XXIX,  668.  3)  Die  dem  Schlussnasal 
voraufgehenden  Vocale  entsprechen  sich  aber  auch  hier  genau.  Uebrigens  wer- 
den wir  ein  hebr.  D^2C  (und  eben.so  O^nü)  in  der  Phrase  I^T  0^3^ 
••  •  .                     -           "  i                                            »  » 

•  -  :  -   ••    !  ;  .'•:  : 


Philippi^  doM  Zahiwart  Zwei  im  äemUiacktii,  5l 

Annahme,  nach  der  das  arab.  n  der  Plural-  und  Dual-Endungen 
als  das  Ursprüngliche  anzusehen  und  das  hebr.  m  spätere  Ver- 
dichtung dieses  n  zu  m  wäre,  müssen  wir  jetzt  ebenso  verwerfen, 
wie  die  umgekehrte,  neuerdings  wieder  von  Eneberg  (de  pron.  ar. 
n,  17)  vertheidigte ,  nach  der  das  hebr.  m  dieser  und  aller  mit 
ungerer  Endung  zusammenhängender  Endungen  im  Arab.  wie  den 
anderen  Dialecten  zu  n  abgeschwächt  ist.  Denn  lässt  sich  auch 
sporadisch  die  Verdichtung  eines  n  zu  m  im  Hebr.  nachweisen  ^\ 
so  fehlt  doch  beiden  Annahmen  die  sichere  Grundlage,  nämlich 
der  Nachweis,  dass  sich  regelmässig  oder  auch  nur  gewöhnlich 
hebr.  m  und  arab.  n  entsprechen  *).     Selbst  das  eine  von  uns  firüher 

für  diesen  Lautwechsel  angeführte  Beispiel   hebr.  DK  =»  arab.    ..| 

halten  wir  jetzt  für  höchst  zweifelhaft,  da  hebr.  DM  wohl  mit  äth. 

^^O^   und  arab.  ^\    zusanmienzustellen   ist').     Und   selbst   wenn 

dieser  Lautwechsel  erwiesen  werden  könnte,  müssten  wir  doch  bei 
dem  gegen  beide  Annahmen  gefällten  Urtheil  beharren,  da  wir  den 
unseres  Erachtens  sicheren  Nachweis  für  das  Nebeneinanderbestehen 
einer  auf  n  und  einer  auf  m  ausgehenden  Plural -Endung  schon 
in  der  semitischen  Grundsprache  führen  können.  Wir  finden  näm- 
lich noch  im  Südsemitischen  klare  Spuren  einer  auf  m  auslauten- 
den, und  im  Nordsemitischen,  speciell  Hebräischen  ebenso  klare 
Spuren  einer  auf  n  auslautenden  Plural-Endung.  Die  erstereu 
liegen  vor  in  dem  Plural  des  arab:  wie  äthiop.  Pronomens  2.  und 

3.  Person  masc.  und  des  himjar.  3.  Person  masc:  arab.  ^^t  und 
noch   ursprünglicher  j,^5  ^  ^  und  noch  ursprünglicher  j^   (vgl. 


*  *  o  > 


und  ^\,  äthiop.  antemmü,  emüntu  (emäntü),  hömü,  kenmiü. 

himj.  inrt,  die  letzteren  in  den  seltneren  aber  anerkanntermassen 
ursprünglicheren  Plural-Endungen  des  hebr.  Verbums  auf  1*1 :  l^bop, 

uud  ri*lTSJ  D^HTD  nicht  für  eine  aramaisirende  Dualform  (Gesenius,  Lehrgeb. 
615)  oder  für  eine  ganz  abnorm  gebildete  Stat.  constr.-Form  mit  Beibehaltung 
des  m   (Obbansen   445;   auch   Pinsker   144   Z.  14   v.  u.)  ansehen,    sondern  die 

Ponctation  einfach  als  zu  einem  K^i  ^!31D  "^H^  gehörig  erachten ,  so  dass  wir 
hier  ^n  K«Ti  perpetuum  anzunehmen  haben  (Ewald  §  268  a).  Die  LXX  haben 
allerdings  die  Dualendung  wohl  schon  dm  ausgesprochen,  vgl.  0^*^011  =  Afa~ 
^ffia.  D^riT3*1   Pdfin 9" eil  u.  a. 

1)  So  vieUeicht  in  b«73:n  Jer.  32,7  für  b«:3n,  oder  t2"«2n  Jer.  14,6  für 
^''Sr.  Letzteres  Beispiel  ist  indess  ebenso  zweifelhaft  wie  Jes.  35,1:  ullDlS^, 
Tfi-  Nöldeke,  G.  Gel.  Anz.  1871  p.  895.  2)  Eher  lassen  sich  Beispiele  Vür 
dm  umgekehrten  Lautwechsel   zwischen  Arab.  und  Hebr.  nachweisen,    nämlich 


o  > 


W»r.  n  «=  arab.  m,  so  pn    =   ^l^\ ,    D-'rüa    =   ^ ,   l«"!    =  ^ . 
3)  Vgl.  Nöldeke  1.  e.  898. 


52  PkUippiy  da»  ZahUcort  Zwei  im  Semüut^en. 

^^bC3p^ .  Wir  haben  nun  freilich  früher  die  Behauptung  angestellt, 
dass  das  arab.  'antuni  und  die  analogen  Formen  erst  aus  einem 
'antuna  etc.  hervorgegangen  seien.  Allein  wenn  auf  der  einen  Seite 
auch  das  Hebr.-Phönic. ')  in  den  betreffenden  Pronominalformen 
ebenso  wie  das  Arab.-Aethiop.  eine  auf  m  auslautende  Pluralform, 
und  auf  der  anderen  Seite  auch  das  Arab.  ebenso  wie  das  Hebr. 
wenigstens  im  Imperfectum  eine  auf  n  ausgehende  Pluralform  dar- 
bietet, so  müssen  jedenMls  schon  in  der  semitischen  Grundsprache 
jene  Pronominalformen  eine  auf  m  imd  jene  Yerbalformen  eine 
auf  n  auslautende  Plural-Endung  besessen  haben.  Allerdings  bieten 
die  entsprechenden  aram.  Pronominalformen  meist  als  Auslaut  ein 
n,  das  sich  im  aram.  Nomen  wie  Verbum  allein  als  Schluss- 
consonant  unserer  Endung  findet  (linSK,  113«,  yi'n,  ^ID),  und  man 
könnte  vielleicht  meinen,  dass  uns  das  Aramäische  hier  noch  das 
Ursprüngliche  bewahrt  habe.  Allein  das  Aram.  besitzt  noch  selbst 
einige  pronominale  Pluralformen  mit  auslautenden  m,  die  sich 
zum  Theil  von  selbst  den  mit  n  auslautenden  gegenüber  als  die 
ursprünglicheren  zu  erkennen  geben  und  sämmtlich  nur  den  ältesten 
aram.  Documenten,  freilich  schon  neben  den  mit  n  auslautenden 
Formen,  angehören.  So  bietet  uns  das  Westaram.  für  3.  plur. 
masc.  noch  die  Formen  vz'n,  V'^'^i  von  denen  die  erstere  sich 
schon  dadurch  als  die  ursprünglichere  zu  erkennen  giebt,  dass  die 
ältesten  bibl.-aram.  Urkunden  im  Buche  Ezra  nur  erst  diese  Fonn 
besitzen  *).  Dieses  iTirj  ist  aber  offenbar  nichts  weiter ,  als  der 
genaue   aram.  Beflex  des  hebr.  nipn    und  stellt  im  Verhältniss  zu 

•jin  (^oOf)  Ti3fiJ  V^\*j  welche  letzteren  nach  dem  rabbinischen  1M3^» 
(für  ■jinS'^»)  aus/jK  (^ri)  +  im  entstanden  sind,  ohne  Zweifel  eine 
vollere  und  ursprünglichere  Form  dar.  Damit  stimmt  überein,  dass 
auch  ^iTSti  sich  nur  im  Bibl.-Aram.  und  auf  den  Papyrus  findet 
Aehnliches  gilt  von  den  Formen  D^t  und  Ds,  die  allerdings 
neben  den  auf  n  auslautenden  Formen  vorkommen.  Damit  dürfte 
die  schon  an  sich  wahrscheinliche  Annahme  einer  Schwächung 
des  auslautenden  n  in  den  aram.  Formen  aus  m  ihre  vollste  Be- 
stätigung erhalten  haben.  Ganz  dieselbe  Schwächung  liegt  übrigens 
in  den  Pronominalformen  der  Mischnah  '['n  (Separatum)  statt  an, 
15»   V^y   X-r   statt  DD,  ün,   D^-   vor*).      Wenn   wir   aber   in   den 

1)  Wie  sich   wenigstens  uis   den  nachgewiesenen  Soffizformen  der  8.  pers. 
plur.  im  Phönicischen  ergiebt.  2)  Vgl.  Böttcher  II,  22.     Dazu  kommt,  dass 

sich  dies  auslautende  n  der  aram.  Form  nur  noch  in  den  äthiop.  Formen  emüntü, 
oraäntü  findet,  das  Aram.  aber  bekanntlich  gerne  Vocalisch  auslautende  Pro- 
nominalformen durch  einen  domonstr.  Laut  n  oder  k  versttirkt   (vgl.  6t3n3  und 

X^9  SiVM,  ^^t  und  aram.  ^^^  **f^^)  ^^^  ^^  Aethiopische  vor  das 
Deutewörtchen  td  öfter  ein  „corroboratives"  n  einschiebt  (zentü,  ellöntü,  elULntü). 

3»  Doch  findet  sich  auf  dem  Pap.  Blac.  nur  Dtl.  Dasselbe  auch  in  nabat 
Inschriften  s.  do  Vogu^:  Syrie  centr.   107.  122.  4)  Geiger,  Lohrb    z.  Spr.  d. 

Mischnah  34  f. 


Phä^fpij  doH  Zahkoori  Zwei  im  Semiiitchen,  53 

entsprechenden  assyr.  Pronominalformen  gleichfalls  n  und  zwar 
nur  n  als  Schlnssconsonanten  finden,  so  in  attunu,  knnn,  snna 
(ann,  sona),  so  werden  wir  hier  ebenfalls  eine  Schwächung  des 
nrsprfinglichen  m  zu  n  amiehmen  müssen  ^).  Diese  Schwächung 
dürfte  übrigens  im  Assyr.  wie  im  Aram.  durch  das  Streben ,  die 
beiden  geschlechtlich  differenzirten  Formen  einander  mehr  anzu- 
gleichen, mit  hervorgerufen  sein.  Diese  Tendenz  finden  wir  in 
allen  Dialecten,  und  sie  ist  erreicht  entweder  durch  Angleichung 
der  Yocale  (Arab. ,  Aethiop.,  Hebr. :  humu  hunna,  h^ü  h^n, 
hönmAh  h^nnäh)  oder  der  Consonanten  (Aram.  und  Assyr.  hun 
hen,  sunu  sina).  Demnach  werden  wir  schon  für  das  Ursemitische 
2  parallele  Plural-Endungen,  eine  auf  m  und  eine  auf  n  auslautend 
anerkennen  müssen.  Wollte  man  mm  aber  behaupten,  dass  unseren 
Falls  das  m  aus  n  oder  umgekehrt  hervorgegangen  sei,  nur  dass 
dieser  Wechsel  schon  der  ursemitischen  Epoche  angehöre,  so 
müsste  man  vorher  erweisen,  dass  die  Plmü-Endung  aus  irgend 
welchen  Gründen  ursprünglichst  entweder  auf  m  oder  auf  n  aus- 
gehen musste.  Wenn  man  sich  dazu  auf  die  Priorität  der  Nunation 
der  Singular-Endungen  vor  der  Mimation  beruft;,  so  würde  dieses 
Argument,  ganz  abgesehen  von  seiner  Richtigkeit,  schon  desshalb 
nichts  verschlagen,  weil,  wie  wir  sogleich  näher  begründen  werden, 
die  Plural-Endungen  schwerlich  in  irgend  welchem  Zusammenhang 
mit  jenen  Singular-Endungen  stehen,  was  wir  allerdings  früher 
fUschlich  behauptet  haben.  Wenn  also  jene  Behauptung  bisher 
nicht  erwiesen  und  schwerlich  je  zu  erweisen  ist,  so  werden  wir 
die  beiden  Plural  -  Endungen  nicht  nur  als  in  der  semitischen 
Grundsprache  schon  vorhanden,  sondern  auch  als  vollständig  gleich 
ursprünglich  ansehen  müssen.  Es  liegt  nun  aber  am  Nächsten, 
das  n  der  arab.  Plural-  wie  Dual-Endung  des  Nomens  (üna,  Ina, 
aini)  mit  dem  n  des  verbalen  üna,  ebenso  wie  das  m  der  hebr. 
nominalen  Plural-  und  Dual-Endung  Im,  ajim,  mit  dem  m  der 
pronominalen  Plural -Endungen  in  Zusammenhang  zu  bringen,  und 
wenn  dazu  nicht  einmal  die  Möglichkeit  des  Ursprungs  das  n  der 
arabischen  Endungen  aus  m,  oder  des  m  der  hebr.  Endungen  aus 
n  nachgewiesen  werden  kann,  so  dürfte  jeuer  Zusanmienhang  als 
unzweifelhaft  dastehen.  Denmach  werden  wir  zwei  schon  im  Ur- 
semitischen vorhandene  und  gleich  ursprüngliche  Dual -Endungen, 
eine  auf  n  und  die  andere  auf  m  auslautend,  von  denen  sich  die 
eine  im  Arab^  die  andere  im  Hebr.  erhalten  hat,  anerkennen  müssen. 
Die  aram.  Plural-  und  Dual-Enduj^  des  Nomens  werden  wir  aber 
nicht.  —  was  auf  den  ersten  Blick  das  Nächstliegende  zu  sein 
scheint  —  mit  den  entsprechenden  arab.  Endungen,  sondern  —  bei 
ctem   engeren  Zusanmienhang   des  Aram.   mit   dem  Hebr.   und  der 


1)  Hier  dfiiffce  also  wohl  die  Schwächung  eines  inlautenden  m  zu  n  an- 
aurkeimen  sein,  deren  Vorkommen  Nöldeke  (G.  Gel.  Anz.  1871  p.  890;  iSlb 
p.  1405  Aum.)  für  das  Semitische  durchaus  in  Abrede  stellt. 


54  PhiUppiy  Hos  Zahhonrt  Zfoei  im  SemiUächtti, 

für  die  aram.  pronominalen  Plnral-Endungen  schon  nachgewiesenen 
Schwächung  eines  auslantenden  m  zu  n  —  mit  den  entsprechenden 
hebr.  Endungen  identificiren  und  also  auch  hier  dieselbe  Schwächung 
annehmen.  Ebenso  ist  auch  wieder  in'  der  Mischnah  hebr.  Im  zu 
In  geschwächt*). 

VI.  Es  fragt  sich  nun  weiter,  ob  der  vocalische  Auslaut,  den 
jetzt  nur  die  arab.  Endung  des  Duals  aufweist,  als  etwas  specifisch 
Arabisches  oder  aber  als  etwas  ürsemitisches  anzusehen  ist,  das 
die  übrigen  Dialecte  nur  eingebüsst  haben.  Zunächst  muss  con- 
statirt  werden,  dass  das  auslautende  i  des  arab.  aini  Schwächung 
aus  a  ist.  Denn  das  Arabische  bietet  noch  dialectisch  die  Form  ' 
aina  dar^).  Dies  a  kann  aber  nach  arab.  Lautgesetzen  kaum  au's 
i  entstanden  sein,    dagegen  geht  öfter  a  nach  langem  &  in  i  über, 

vergleiche  <^y*>Ä)Cj  aber   ..LjoCj,  und  ebenso  ot als  Accus,  wohl 

aus   Lj1 .     Daher   also    auch   hier  äni  aus  &na  und  ebenso  unser 

aini  aus  aina  ^.  Dieses  na  der  Dualendung  werden  wir  aber  kaum 
von  der  gleichlautenden  Sylbe  im  arab.  Plural  üna,  fna  trennen 
können.     Wir  haben  nun  bereits  in  unserer  o.  a.  Abhandlung  188 

darauf  hingewiesen,  dass  wir  aus  den  aram.  Formen  ^oajcISAo 
und  ,f|^Ml|VX<^^  auf  den  ursemitischen  Charakter  des  auslauten- 
den a  der  arab.  Formen  üna,  Ina  werden  schliessen  müssen.  Nöl- 
deke  hat  dann  weiter  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  eben 
erwähnten  aram.  Formen  zugleich  die  ursprüngliche  Länge  des 
auslautenden   a   ergeben*).     In   der  That   kürzt  ja   auf  der  einen 

Seite  das  Arabische  gerne  auslautende  Vocale,  z.  B.  Ü!  =  'änä  =» 
aram.  K3»,  hebr.  ''pbK  (aus  'anäku),  arab.  o  =  äth.  kü,  ^  noch 
neben    *  t  ^_    während    das   Aram.   auf   der    anderen   Seite   keine 


Dehnung  des  ursprünglich  kurzen  Vortonvocals  kennt,  sondern 
letzteren  einfach  abwirft  und  also  aus  einem  ursprünglichen  ka^a- 
lünSkun  bezw.  nektulünäkun  nur  ein  katlün*kun,  nekt*lün*kun  (vgl. 

.^o\Ka ^  ^^a^Qi£jQj)  hätte  werden  können  ^).     Dann  werden  wir 

aber  auch  als  die  ursprünglichste  Form  unserer  Dualendung  ein 
ainä  (^Ä)  ansetzen  müssen  •).     Aus  dieser  ursprünglichen  Form  der 


1)  Die  Pluralendungen  auf  im  im  Bibl.  Aram.  (Dan.  4,U;  7,10;  £zra 
4,13)  dUrfen  wohl  nichts  beweisen,  sondern  sind  als  Hebraismen  aufzufassen. 
2»  Wright  I,    264.  3)    So   auch  Nöldeke,   Z.   f.  Völkerpsychol.   VII,    406. 

4)  Q.  G.  An«.    1871    p.  889.  6)  Daher  ist   Merx'  Annahme  zu    verwerfen, 

der  unser  langes  a  als  Dehnung  von  K  fasst  Or.  syr.  355.  358.  6)  So  auch 

Nöldeke  O.  Oel.  Anz.  1875  p.   1404,  Anm. 


PhiUppi,  flas  Zahlwart  Zwei  im  Semäitchen,  55 

arabischen  Plural-  und  Dnal-Endungen  des  Nomens  folgt  übrigens 
für  uns  zweierlei.  Einmal  werden  sich  die  Plnral-Endungen  des 
Arab.  kaum  nur  als  Dehnung  der  nunirten  Singular-Endungen  fassen 
lassen,  was  wir  selbst  früher  annahmen  ^).  Denn  schon  ein  kurzes 
auslautendes  a  würde  bei  dieser  Auffassung  nicht  recht  erklärlich 
sein,  da  wir  das  arab.  Lautgesetz,  nach  dem  ein  langer  Yocal  sich 
nur  in  offiier  Sylbe  hält,  ein  Gresetz,  von  dem  es  schon  im  Altara- 
bischen, wenigstens  in  pausa,  genug  Ausnahmen  giebt,  und  welches 
das  Vulgär- Arabische  so  wenig  kennt,  wie  einer  der  anderen  Dialecte, 
nicht  als  ursemitisohes  ansehen  können,  —  geschweige  denn  ein 
ursprünglich  langes.  Sodann  werden  die  Endungen  der  Status  con- 
structus-Form  im  Plural  wie  Dual  nicht  als  Verkürzungen  der 
Endungen  des  Status  absolutus,  wie  bisher  fast  allgemein  geschieht, 
anzusehen  sein.  Denn  es  liesse  sich  nicht  erklären,  dass  in  der 
engen  Verbindung  des  Status  constr.,  die  sonst  bekanntlich  aus- 
lautende Vocale  wie  Consonanten  schützt  (z.  B.  die  Bindevocale 
vor  den  Sufi&xen,  und  die  Feminin-Endung  at  im  Stat.  constr.  des 
Hebr.,  Aram.  und  Vulgär- Arab.) ,  eine  volle  Sylbe  nä  sollte  aus- 
gefiallen  sein.  Da  aber  ein  grosser  Theil  der  nordsemitischen  Dia- 
lecte  (Hebr.,  Aram.,  auch  Phönic.)  und  unter  den  südsemitischen 
das  Arabische  genau  in  derselben  Weise  die  Endungen  des  Stat. 
abs..  von  denen  des  constructus  scheiden,  muss  diese  Scheidung 
wohl  schon  in  der  ursemitischen  Periode  eingetreten  sein  und 
müsste  also,  falls  das  gewöhnlich  angenonmiene  Verhältniss  zwischen 
den  Status-Endungen  wirklich  bestanden  hätte,  der  Ausfall  eines 
nA  im  Stat  constr.  statuirt  werden.  Wir  werden  daher  vielmehr 
annehmen  müssen,  dass  die  Stat.  constr. -Endungen  ü,  i,  ai  (&) 
relativ  ursprünglichere  Formen  darbieten,  die  sich  in  der  engen 
Verbindung  zweier  Wörter  zu  bequemerem  Anschluss  beider  er- 
halten, im  Stat  absol.  aber  durch  ein  hinzugefügtes  nä  verstärkt 
haben  ^.  Wenn  wir  nun  schon  durch  einen  Schluss  ex  analogia 
auch  den  auf  m  ausgehenden « hebr.  Plural-  und  Dual-Endungen 
einen  ursprünglich  auslautenden  Vocal  zu  vindiciren  geneigt  sein 
dürften,  so  erhalten  wir  dazu  die  vollste  Berechtigung  durch  die 
Thatsache,  dass  die  pronominalen  Plurale  auf  m,  mit  denen  wir 
das  in  Bede  stehende  Plural-  und  Dual-m  glaubten  in  Zusanmien- 
hang  bringen  zu  müssen,  noch  in  fast  allen  Dialecten  in  ihrer  offen- 
bar ursprünglichsten  Form  auf  einen  Vocal  auslauten  (s.  ob.  51.  52). 
Zwar  differiren  hier  die  Dialecte  im  auslautenden  Vocal.  denn 
während  die  südsemit.  Dialecte  und  das  Assyrische  ein  auslauten- 
des u,  bieten  die  übrigen  nordsemit.  Dialecte  ein  auslautendes  & 
bezw.  ö    dar.     Indess    scheint  uns  hier  das  Hebr.  in  seinem  &  das 


1)  8.  m.  o.  a.  Abh.  137.  157.    181).  2)  Dagegen  dürfte  man  sich  kaum 

ffkr  diese  Auffassung  de»  Verhältnisses  der  Status-Endungen  auf  die  nur  poetiscfie 
Ueens  mrab.  Dichter,  die  Stat.  constr.  Endungen  bisweilen  auch  für  den  Stiit. 
absol.  SU  gebrauchen  (s.  Hamasa  ed.  Freytag  .SO 2;  auch  Wright  II,  404  f,» 
berufen. 


56  PhiUppi^  da9  Zakboort  Ztoei  im  Semitischen, 

Ursprünglichste  erhalten  zu  haben,  und  dürfte  das  ü  der  übrigen 
Dialecte,   zu   dem  das  6  im  Hebr.  173--  wie  aram.  rrrr  wohl  den 

Uebergang  bildet  *),  unter  ESinfluss  des  yoraufgehenden  m,  vielleicht 
auch  des  ü  der  yoraufgehenden  Sylbe,  erst  aus  ft  getrübt  sein. 
Demnach  müssen  wir  aber  als  die  ursprünglichste  Gestalt  der 
fraglichen  arab.  wie  hebr.  Dual -Endung  die  Formen  ain&  und 
aim&  au&tellen,  die  wir  nach  dem  Vorhergehenden  ebenso  als  schon 
im  Ursemitischen  vorhanden,  wie  als  ganz  gleich  ursprünglich  an- 
sehen. Wenn  aber  alle  semitischen  Dialecte,  soweit  sie  überhaupt 
noch  unser  Zahlwort  besitzen,  dasselbe  mit  einer  Endung  versehen, 
die  sich  auf  eine  der  eben  besprochenen  ursemitischen  Endungen 
zurückführt,  imd  zwar  selbst  die,  welche  diese  Endung  sonst  fast 
ganz  eingebüsst  haben  wie  das  Aram.,  und  wenn  weiter  in  allen 
diesen  Dialecten  unser  Zahlwort  nur  mit  dieser  Endung  versehen 
erscheint,  so  werden  wir  daraus  schliessen  müssen,  dass  sich  schon 
in  der  semitischen  Grundsprache  der  feste  Usus  ausbildete,  unser 
Woi*t  der  Regel  nach  mit  dieser  Endung  behaftet  zu  gebrauchen. 
Damach  wird  also  das  Zahlwort  der  semitischen  Grundsprache 
jedenfalls  schon  der  Regel  nach  in  den  beiden  Dual -Formen 
tinaimä  und  tinainft  aufgetreten  sein.  Wenn  sich  übrigens  schon 
in  der  semit.  Grundsprache  die  Dualform  für  unser  Zahlwort  fest- 

gesetzt,    so  können  wir  das  arab.  ^-^t  nicht  von  einem  Singular 

^ysS  ableiten,    wie   die  arab.  Grammatiker  thun,    nach  denen  das  t 

hier   wie    in   ^^1^  ^\  für   den   abgefallenen  dritten  Radikal  sub- 

stituirt  sein  soll  ^) ,  ähnlich  wie  nach  ihnen  die  Feminin-Endung 
öfter   als   Ersatz   für   eine   starke  Verkürzung   des  Wortes   dienen 

soll ,  z.  B.  BjJ ').     Denn   dieser   arab.  Dual   kann    dann   nicht   als 

auf  arab.  Boden  entstandener  Numerus  eines  specüisch  arabischen 
Singulars  gefasst  werden,  sondern  nur  als  Weiterentwickelung  jener 
ursemitischen  Form,  die  wieder  ihrerseits  nicht  auf  ein  itn  zurück- 
gehen kann,    da  solche  Bildungen  eben  specÜisch  arabische  Eigen- 


o,o 


thümlichkeit   sind,     ^-«^y^t    ist   also   direkt   von   tinainä  abzuleiten, 

und  das  prosthetische  Elif  ist  hier  nach  einem  anderen  im  Arab. 
häufigen  Lautgesetz  zu  erklären,  nach  dem  der  Vocal  des  ersten 
Radikals  am  Anfang  eines  Wortes  in  oflöier  Sylbe  vor  dem  Ton, 
um  sich  halten  zu  können,  dem  Consonanten  und  zwar  event.  in 
geschwächter  Gestalt   (statt   a   ein   i  pder  u)   vorgeschlagen,    oder 


1)  Vgl.  noch  hebr.  selbst  ^73  nach  ü  Ex.  15,6.  2)  S.  Lane  s.  v.,  auch 

Fleiücher    leitet    unseren   Dual    von    einer    Singularform    itn    ab,    s.    Delitzsch. 
C'omment.   z.  Uiob  363.  8)  Tegner.   de  vocibu»  primae  rad.   w    46;    Al^a 

ed.  Dietorici  fll ;  ZDMO   XXV,  668. 


PhiUppij  da»  Zakliwort  Zwei  im  SemiHtehen.  57 

wie  man  e8  gewöhnlich  ausdrückt,  ein  Vocal  unter  den  besagten 
Verhftltiiissen  abgeworfen  und  dem  vocallosen  Consonanten  dann 
ein  mit  i  vocalisirtes  Elif  vorgesetzt  ¥drd.  Wir  sehen  übrigens  an 
diesem  Beispiel  wiederum  recht  deutlich,  von  welcher  Wichtigkeit 
die  chronologische  Betrachtungsweise  der  Sprache  ist. 

VJi.  Eine  andere  Frage  ist  ob  wir  für  die  semitische  Grund- 
sprache nur  diese  Dual-Form  unseres  Zahlwortes  ansetzen  können, 
oder   vielleicht   noch  eine  andere,  der  anderen  arab.  Form  auf  kni 


«o 


(  ..JL3!)  entsprechende?    Da  wir  in  keinem  semitischen  Dialect  mehr 

auch  nur  eine  Spur  einer  anderen  Dual-Endung  an  unserem  Zahl- 
wort entdecken  können,  so  flült  diese  Frage  mit  der  anderen  zu- 
sammen, ob  wir  für  das  Ursemitische  überhaupt  noch  eine  andere. 
der  arabischen  auf  ^i  entsprechende  aufstellen  können  ?  Fast  alle 
Forscher,  die  sich  über  diese  Frage  näher  ausgesprochen  haben, 
bejahen  sie  ^) ,  ja  behaupten  zum  Theil ,  dass  ursprünglichst  die 
Endung  ä  oder  &n  (Am)  allein  zum  Ausdruck  des  Duals  im  ür- 
semitischen  gedient  habe,  und  sich  erst  später  aus  ihr  bezw.  neben 
ihr  die  andere  Endung  ain  (aim)  entwickelt  habe.  Diese  Auf- 
fiassong.  der  wir  früher  selbst  huldigten,  ist  neuerdings  besonders 
von  Priedr.  Müller  *)  vertheidigt  worden,  nach  dem  i^  die  ursprüng- 
lichste Form  der  Dual-Endung  gewesen,  aus  der  erst  durch  Com- 
position  mit  den  Plural-Endungen  die  anderen  Dual-Endungen  (so 
aus  Ina  bezw.  Im  -4-  4  —  aina  bezw.  aim  und  aus  üna  +  A  — 
ü-&-na  —  Ana)  entstanden  sind.  Indess  das  ngtoTOV  tfftvdog  dieser 
Auffassung  wie  übrigens  aller  anderen,  nach  denen  A  oder  An 
ursprünglich  die  alleinige  Dual-Endung  des  Semitischen  gewesen 
ist,  scheint  uns  darin  zu  liegen,  dass  man  anstatt  zunächst  so  zu 
sagen  die  ursemitischen  Thatsachen  festzustellen  sich  gleich  an  die 
Erklärung  der  in  den  verschiedenen  Dialecten  vorliegenden  That- 
sachen macht,  d.  h.  anstatt  zunächst  durch  eine  genaue  Unter- 
suchung und  Vergleichung  der  hergehörigen  Endungen  der  ver- 
schiedenen Dialecte  zu  constatiren,  welche  Endungen  wir  überhaupt 
als  ursemitische  anzusehen  berechtigt  sind,  gleich  eine  Erklärung  des 
Ursprungs  der  in  den  verschiedenen  Dialecten  vorhandenen  Dual- 
Endungen  und  ihres  Verhältnisses  zu  einander  zu  geben  bemüht  ist. 
Denn  wenn  jene  Untersuchung  das  Resultat  ergäbe,  dass  wir  in  keinem 
Dialect  ausser  dem  Arabischen  eine  sichere  Spur  einer  selbständigen 
Endung  A  oder  An  (Am)  in  der  Function  eines  Duals  fUnden,  und  die- 
selbe daher,  wenigstens  in  dieser  Verwendung,  nur  für  eine  speciüsch 
arabische  Schöpfung  halten  dürften,  so  könnte  einfach  ein  als  ur- 
semiäsch  erwiesener  Dual  auf  ain,  aim  gar  nicht  in  der  Weise  Müllers 


i)  So   Böttcher  §  678;  Olshutison  §  113b;   Schrader,  ZDMG  XXVII,  410; 
Dcrenbourg,   Joiiru.   a»iat.  1867,    II;    Morgenl.  Forschungen  112  Anm.  2,   auch 
o.  a.  Abh.   161  ff.         2)  „Der  Dual  in  den  semit.  Sprachen''  8  ff. 


58  PhiUppif  das  Zahlwort  Ztoei  im  Semitischen, 

ans  Ina  bezw.  Im  +  ä  entstanden  sein  ^).  Daraus  würde  wiederum 
noch  gar  nicht  folgen,  was  Müller  zu  meinen  scheint,  dass  nun 
umgekehrt  ft,  bezw.  &ni  von  aini  abzuleiten,  und  ä  etwa  durch  Ab- 
straktion aus  aini  entstanden  zu  denken  wäre,  was  allerdings  „einen 
Sprachzustand  voraussetzen  würde,  welcher  dem  der  Flexion  gerade 
entgegengesetzt  wäre*'.  Zu  einem  solchen  Resultat  führt  uns  aber 
allerdings  eine  Untersuchung  der  von  uns  verlangten  Art  wie  wir 
nunmehr  kurz  zeigen  wollen. 

Ob  das  dem  Arabischen  am  nächsten  stehende  Himjansche 
eine  der  arabischen  entsprechende  Dual-Endung  besitzt,  —  woraus 
übrigens  noch  gar  nichts  für  den  ursemitischen  Charakter  dieser 
Endimg  folgen  würde,  —  scheint  uns  mindestens  noch  nicht  aus- 
gemacht. Die  gewöhnliche  hing.  Dual-Endung  am  Yerbum  wie 
Pronomen  und  Nomen  ist  ^,  wohl  auszusprechen  ai  oder  ö,  vgl. 
z.  B.  '^nrM  Os.  34,4;  "^Tan  Os.  34,6.  ?,  Os.  11,2,  Hai.  3,2,  Reh. 
VIII,i;  -rbw  Os.  34,2.8;  Tinb«  Os.  29,6.6;  -^abö  und  ••'n»; 
^if)  u.  s.  f.  Daneben  soll  sich  nun  allerdings  im  Stat  abs.  des 
Nomens  eine  Dual-Endung  ^^  finden^,  die  Praetorius')  &ni  lesen 
will.  Dann  würden  sich  im  Dual  die  Endungen  des  Stat.  abs.  und 
constr.  ähnlich  gegenüberstehen  wie  im  Plural  Stat  constr.  "^  (i  oder 
6  ?)  *)  und  abs.  ]  (An  ?)  ^).     Indess  muss  einmal  dahingestellt  bleiben, 


1)  Uebrigpens  ist  dieser  ürspruDg  der  betreffenden  Dual>£ndangen  scbon  an 
sich  mehr  aht  anwahrscheinlich;  vgl.  Nöldeke  G.  G.  A.  1875  p.  1404 f.  Einen 
analogen  methodischen  Fehler  begeht  aber  Müller,  wenn  er  das  k  in  der  Dnld- 
Endung  Ani  von  dem  am  Verbum  und  Pronomen  im  Arabischen  den  Dual  be- 
zeichnenden k  zunächst  trennen  und  aus  einer  Contraction  von  ü  -  &  -  (na) 
erklären  will.  Denn  wenn  wir  auch  am  arab.  Nomen  ein  für  sich  den  Dual 
bildendes  ft  finden,  nämlich  im  Stat.  constr.  desselben,  das  nicht  Abkürzung  des 
vollen  äni  sein  kann  (s.  auch  Praetorius,  ZDMG  XXIX,  669)  und  eine  un> 
befangene  Betrachtung  dieses  ft  doch  nur  mit  dem  ft  der  gleichlautenden  Pro- 
nominal- und  Verbal-Endung  identificiren  kann,  wir  aber  weiter  ebensowenig 
das  ä  des  nominalen  (und  dann  natürlich  auch  des  verbalen)  äni  von  jenem  ä 
des  Stat.  constr.  trennen  können  als  das  ü  in  ünä  oder  das  i  in  inä  von  dem 
i  und  ü  der  entsprechenden  Stat.  constr.-Endungen,  so  folgt  ans  dieser  zunächst 
angestellten  unbefongenen  Würdigung  der  hier  vorliegenden  thatsächlichen  Ver- 
hältnisse des  Arab.  die  vollständige  Unmöglichkeit  der  MÜller^schen  Erklärung 
des  äni,  Wesshalb  wir  aber  gerade  am  Pronomen  wie  z.  Theil  am  Verbum 
die  kürzere  Endung  ä  finden,  hat  schon  Nöldeke  vollkommen  genügend  dar- 
gelegt, Zeitschr.  für  Völkerpsychol.  VH,  407;  G.  Gel.  Anz.  1875  p.  1407. 
2)    Joum.    asiat.    1873,    I,    485.  3)  Beitr.    3.    Heft    und    ZDMG    XXIX. 

666.    •      4)  So  Oslander,   ZDMG    XX,   223.     Die  Aussprache  e  bezw.  ai  kann 

aUerdings  nicht  mit  Osiander  aus  Wörtern  wie  'n3?T»3a  (Fr.  III,  s.  ZDMG  X,  36) 
erschlossen  werden,  denn  das  ist  wahrscheinlich  ein  Dual,  vgl.  dafür  aber  Formen 

wie  ^^3^^^{t.  Nach  Praet.  soll  wohl  ^  nur  !  zu  sprechen  sein  (s.  ZDMG 
XXVI,    436  und  Beitr.  18).  5)  Eine  Endung    des   stat.    absol.  plur.    auf  i 

oxistirt  nicht.  Denn  die  Zahlwörter  auf  "^  die  man  so  gefasst  hat  (Halevy 
Joum.  asiat.  1873,  I,  485.  509,  und  schon  Osiander  ZDMG  XX,  223),  sind 
vielmehr  als  Constructformen  anzusehen,  s.  ZDMG  XXX,  708.     Dass  die  Endung 

1  aber  an  gelautet  (s.  dagegen  ZDMG  XXX,  708),  dürfte  sich  daraus  ergeben, 
dass  das  n  auch  vor  Suffixen  bleibt  (Joum.  ajiiat.  1873,  I,  486),  also  hier  doch 
wohl    eine    mit  dem   analog   behandelten   äth.    äu  identbche  Endung  vorliegt. 


Fhäippi,  das  Zahlwort  Zu>ei  im  Semitischen.  59 

ob  dieser  Endung,  falls  sie  in  den  wenigen  Beispielen,  an  denen 
sie  bisher  nachgewiesen,  überhaupt  als  Dual  zu  fassen  ist,  nicht 
vielmehr  die  Aussprache  aini  beizulegen  ist.  Freilich  sollten  wir 
dann  nach  regelrechter  himjar.  Orthographie  die  Schreibung  '«S'^ 
erwarten.  Doch  ist  die  defective  Schreibung  des  Diphthongs  im 
Himjar.  gar  nicht  so  selten,  und  es  wäre  daher  immer  möglich, 
dass  in  den  paar  FlQleU',  die  bisher  für  unsere  Endung  nur  an- 
gefahrt werden  konnten,  dieselbe  gerade  zufitllig  defectiv  ge- 
sehrieben wäre.  Sodann  scheint  uns  aber  der  sichere  Nachweis 
für  eine  solche  Dual-Endung  überhaupt  noch  nicht  erbracht.  Denn 
nur  an  zwei  der  für  diese  Endung  angezogenen  sicheren  Beispiele 
findet  sich  ein  volles  "^2:  Hai.  535,5 — 6  in^^noHTa  und  Hai.  520,  lo 
^snonSK*),  an  allen  anderen  nur  ein  n  ohne  nachfolgendes  '^.  Wo 
nun  das  n  allein  im  Inlaut  steht  könnte  nach  himjar.  Orthographh^ 
defective  Schreibung  für  ^3  angenommen  werden.  Kaum  dürfte 
das  aber  fclr  die  Fälle  angehen,  wo  das  n  frei  auslautet  wie  z.  B. 
HaL  63,6:  in^iita  "^nrni  pTann  ■'Sn.  Man  müsste  sich  also  angesichts 
solcher  Beispiele  schon  zu  der  Annahme  verstehen,  dass  neben  der 
volleren  Endimg  äni  ein  verkürztes  an  in  Gebrauch  gewesen  wäre. 
Indess  unterliegt  diese  unseres  Erachtens  grossen  Bedenken,  da  das 
Himj.  schon  eine  ganz  gleichlautende  Plural-Endung  besass.  In 
manchen  der  zahlreicheren  Beispiele  aber,  wo  das  n  im  Inlaut  steht, 
führt  zunächst  der  Zusammenhang  durchaus  nicht  auf  eine  Dual- 
bedeutnng  dieser  Endung,  vgl.  Hai.  437,  i  it-onoiiTa  '*^^'0  bd  Hai.  466,4 

p3Pünati  Ticnn  n^iatn  Hai.  444,2,  Os.  29,2  (Hai.  36,2)  n-apo 

IM'JM'I  *).  Vor  Allem  finden  wir  sodann  zum  Theil  dieselben  Wörter 
in  ganz  analogem  Zusammenhang  theils  mit  inlautender,  theils  mit 
auslautender  Endung  n  behaftet,  wo  in  letzterem  Falle  nach  dem  eben 
Bemerkten  an  eine  Dual-Endung  nicht  zu  denken  ist,  in  keinem 
Falle  aber  irgend  ein  Erklärer  bisher  an  eine  solche  gedacht  hat. 
So  lesen  wir:  Hai.  520,8  parr  «333  "^bb^p  p  nbm  ptn»  "^aMi; 
HaL  256,3  pn"^  pon»  "«SM  bD,  Praetorius  (Beitr.  3.  H.  26.  29): 
«den  ganzen  Bau  (sämmtliche  Baulichkeiten)  dieses  Thurmes  Jartban*; 
HaL  453,-2  0330  ptn»  -»sa  Ol"»,  wo  Hal6vy  „ces  tours*  übersetzt, 
das   er  aber  selbst  mit  einem  Fragezeichen  versieht*);   Hai.  480,4 

Da«M  pDn»;  Hai.  504,6  bfi-^  «333  ü'^yn  incnat  ^latm  "^3350  bD, 


1)  p'f33^11S   Hai.   401,  S;  374,3   ist  njimlich  überhaupt  noch  nicht  erklärt, 

^3^b915  Hai.  353, 7  steht  aber  jedenfidls  in  einem  noch  sehr  dunklen  Zusammen- 
hang,   und    wenn    es    „zwei  Höhen"    zu   fassen  wäre,   bliebe  doch  noch  immer 

zweifelhaft   ob    das   "^   zum   Stamm   oder  zur  Endung  zu  ziehen  ist.     Falls  aber 

TCnat  Hai.  375,2  mit  Praot.,  Beitr.  3.  H.  7  in  '^3'^nDnit  wiederherzustellen 
wire,  erhielten  wir  hier  immer  nur  eine  Endung  aini.  2)  Journ.  asiat. 
1874,  IV,  523.  Eher  dürfte  jenes  der  Fall  sein  in  den  Stellen:  Fr.  45,2; 
HaL  49,9  (s.  Praet.  1.  c.  19.  20);  ZDMG  XXIX,  615;  XXX,  685.  3)  S.  Journ. 
Miat  VI,  19   p.  507.     Diese  Uebersetzung  ist  jedenfalls  falsch,  da  der  Flur,  des 

Wortes  n*7Dnn  lautet. 


(jO  Phäippi,  fias  Zahlwort  Zwei  im  SemiUschen^ 

Praet.  (1*  c.  30):  «die  ganzen  Baulichkeiten  und  Festungswerke 
dieser  Warte  Ta^ram  im  Umkreis  von  Jatil*,  Müller  (ZDM6  XXX, 
118):  «der  ganze  Bau  und  die  Befestigung  der  Warte*;  Hai.  535,4 
03^3n  intn»,  Praet.  (ib.  37  f.):  «diese  Warte  Tan^am*;  ib.  Z.  9: 
inDHÄ  "^^ao  p'iDÄT  imMa,  Praet  (ib.  41):  «wi  dieser  Ehre  und 
Verehrung  (nämlich)  dem  Bau  dieser  Warte*;  Hai.  187,«  "^^ü»  bs 
•^Si^  pDnn,  Praet.:  «das  ganze  Gebäude  dieses  Thurmes  Jahir*; 
Hai.  529,«  inDHÄ  "niÄm  niy  bs;  HaL  465,8  Ti  pDn»  nmatn  bs 
ppan;  Hai.  34,2  ptTi,  Hal6vy  <JounL  asiai  VII,  4  p.  520)  «l'or*; 
Os.  1,8  prinn  D^ü*);  Mil.  1,4,  Reh.  6,4.6  larrTi  pbat*);  Hai. 
47,18  Dr^M  pan'^ai,  Hai.  z.  Si:  «les  maisons  de  Abjan*;  HaL 
31,3  (Os.  31)  inbo  in"»3  •^om,  Hal^vy:  «et  pour  le  salut  du.bourg 
de  SiHin*;  Hai.  25,^4  Tnam  ^nbo  in'»:i,  Hal6vy:  («pour  le  salut)  du 
ch&teau  de  Sil^  et  la  ville  de  Marjab*.  Uns  scheinen  nun  diese 
Formen  kaum  von  den  obigen  ganz  identischen  getrennt,  und  wenn 
nicht  hier,  so  auch  nicht  dort  eine  Dual-Endung  an  (&nl)  anerkannt 
werden  zu  können.  Man  möchte  vielleicht  einwenden,  dass  die 
Endung  n  notorisch  im  Himjar.  sehr  verschiedenen  Ursprung  und 
daher  sehr  verschiedene  Bedeutungen  haben  könne').  Indess  scheint 
es  uns  doch  höchst  willkürlich,  dieselbe  Endung  an  demselben 
Worte  in  demselben  Zusanunenhang ,  ja  wir  können  sagen  zum 
Theil  ÜEtöt  in  stereotypen  Formeln  in  verschiedenem  Sinne  &ssen 
zu  wollen.  Wir  könnten  uns  daher  nur  in  dem  Falle  entschliessen, 
in  einem  der  in  Frage  konmienden  Beispiele  einen  Dual  anzu- 
erkennen, wo  die  nicht  dualische  Bedeutung  der  Endung  n  in  den 
anderen  Beispielen  desselben  Wortes  schlechterdings  keinen  Sinn 
ergäbe.  Dieser  Fall  findet  aber  nicht  statt.  Denn  in  Os.  29,2 
(Hai.  36,2)  werden  wir  zwar  das  '\n  in  irrarrn  ebensowenig  wie 
das  blosse  *)  in  dem  parallelen  pnn  (s.  p.  60)  für  das  sog.  enclit. 
Demonstr.  halten^),  da  ,,sie  haben  geweiht  ein  Geschenk  von  diesem 
Gold,  oder  eine  Statue  von  diesem  Gold'^  doch  keinen  recht  er- 
träglichen Sinn  giebt  Man  müsste  denn  mit  Halevy  annehmen^), 
dass  in  diesem  in,  ^  die  ursprüngliche  demonstr.  Bedeutung  schon 
ganz  zum  blossen  Artikel  abgeschwächt,  der  dann  in  diesen  Stellen 

j-jL^OÜ  gesetzt  wäre,  —  eine  Auffassung,  die  uns  noch  höchst  be- 

streitbar  zu  sein  scheint.  Wir  möchten  vielmehr  das  yn  bezw.  i 
dieser  Wörter  für  die  im  Himj.  so  beliebte  Adjectiva  und  Ab- 
stracta  bildende  Endung  an  halten,  also  ^narrn  =  .•jL*^'3.  Aller- 
dings dürfte  man  daran  Anstoss  nehmen,  dass  wir  ein  ^n  ohne 
Weiteres    einem  an  (i)   gleichsetzen?     Indess    scheint  ims  im  Him- 


1)  ZDMG  XIX,  161.  168,  nach  Osiandor  ist  ^.ini  hior  Plur.  oder  A6j. 
auf  an.  2)  ZDMG  XXX,  680.  686:  Müller  übersetzt  einmal  „diese  goldene 
Statue",  das  andere  Mal:  „ein  Bild  aus  Gold".  S)  S.  Praetor.,  Neue  Beitr. 
13   und   ZDMG   XXVI,   423  Amn.  1.  4)  Wie  Osiander,  ZDMG  XIX,  246. 

5)  Joum.  asiat.  VU,  1   p.  489—94. 


PkiUppi,  ikuf  Zahlwort  Zwei  im  S&nutüehsa.  61 

jarischen  gar  nicht  selten  t^  als  Vocalbuchstabe  für  ft  \u(d  bisweilen 
selbst  &  (ä?)  verwandt  zu  sein.  Daför  sprechen  Schreibweisen, 
die  besonders  im  minftischen  Dialect  hänfig  sind,  wie  nn  ■»  n-^ 

on  für  die  einfiache  Mimation  0  (wohl  5m?),  ^Sttnn  neben  "^STan 
(^LmSn?),  "»ana  (Hai.  465,  i;  504,3),  pa,  i^D^rra  neben  dem  gewöhn- 
Heheren  ^D3  etc.;  die  Stat.  constr.-Endung  des  Singul.  n,  auch 
vor  Suffixen,  gewöhnlich  gar  nicht  bezeichnet,  offenbar  =  ä,  vgl. 
z.  B.  0»p  nsbü  (äth.  negnsa  aksum),  0)Drn3ip73  ihr  Ort;  endlich 
die  Stat.  constr.-Endung  des  Plur.  -»rr  neben  ^j  doch  wohl  =  ai 
(bezw.  6),  indem  hier  das  n  zur  Bezeichnung  des  ersten  Elementes 
(a)   diestö  Diphthongs   dient,   analog  wie    M  in  ^K    (=  '»«^r-)    des 

Mand.,  Targ.  und  Talmud,  vgl.  -»rr^nn»,  "»nrÄn  ("^STaSin),  •^rrTa'^TD*). 
^  Es  ist  uns  in  der  That  nicht  recht  begreiflich,  wie  Praetorius  in 
seinen  die  Entzifferung  der  himjar.  Inschriften  so  fördernden  Ar- 
beiten Hal6vy  wegen  seiner  Auffassung  dieses  H  so  scharf  tadeln 
und  dasselbe  überall  für  ein  demonstr.  Element  ausgeben  konnte. 
Wo  fände  sich  denn  auf  dem  ganzen  Gebiet  des  Semitismus  nur 
die  geringste  Analogie  für  die  unerhörte  Erscheinung,  dass  eine 
Numerus-  bezw.  Flexions-Endung  von  dem  Wortstamm  durch  ein 
dazwischen  geschobenes  demonstr.  Element  getrennt  wäre?  Der 
unterschiedslose  Wechsel  von  yn  mit  ]  *)  berechtigt  uns  aber,  das  T\ 
in  ^n  gleichfalls  für  das  besprochene  rein  orthographische  Zeichen 
zu  halten  und  demgemäss  yn  wie  ^,  an  auszusprechen.  Die  vollere 
Schreibung  scheint  besonders  gern  einzutreten,  wenn  schon  ein  ^ 
vorhergeht,  vgl.  p:nDn)3,  psnonÄ,  pan-^a,  p3bn2,  pronn  (Os. 
17,4),  ^MITaiS»  (Os.  4,12).  In  einem  solchen  an  könnte  nun  event 
ein   enclit.  demonstr.  Element  stecken.     Es  dürfte  dieses  dann  aus 

hän  entstanden  und  hftn  mit  syr.  ^  (aus  .  jof  contrahirt)  zu- 
sammenzustellen sein  ').  Doch  lassen  wir  es  hier  dahingestellt,  ob 
die  Inschriften  wirklich  die  Annahme  eines  solchen  Elements,  das 
dann  öfter  störend  in  die  stat  constr. -Verbindung  eingetreten  sein 
müsste,  erheischen.  Jedenfalls  kann  demnach  ein  yn  ebensogut 
wie  das  einfache  1  event.  auch  die  Bildxmgs-Endung  an,  oder  die 
Plural-Endung  an,  oder  aber  das  Suffix  der  1.  Pers.  plur.  (an?) 
bezeichnen.  Und  in  ersterem  Sinne  glaubten  wir  es  in  unserem 
parri  fassen  zu  müssen.  In  in:bn3  (ZDMG  XXX,  685)  femer 
dürfte  dem  einfachen  ersten  n  gleichfalls  diese  Bedeutung  beizulegen 


1)  Praetorins,  N.  Boitr.  83;  3.  Heft  VII.  23  ote.  Halö^-y,  Jouni.  aslat. 
VII  1  p.  463.  .'1O9.  ZDMG  XXX,  708.  2)  Vgl.  ausser  den  in  Frage  kommen- 
den prri  und  pann  noch  p^ian  ••nnb«  (Os.  29,6)  neben  pan  ••nnb« 

(«r.   Insch.    von  Abian    15)    und    p^n    Os.    20, 1;    34,3.  4.     Fresn.   XI,  2    etc. 

pny   neben  p^^  (ZDMG  XXVI,  437  etc.).  3)  Auf  keinen  Fall   dürfte   in 

ima  hing.  ^^   ein   mit  dem  hebr.   ^H   verwandtes   demonstr.  Element   fTl  vor- 
liegen  (Journ.   asiat.    1873 ,   VII,    1    p.  493).      Denn    aus    dem   inteijoctionoUen 

Vn,   Kn,   fri  hat  sich  in  keinem  semitischen  Dialect  ein  adject.  Fron,  demon- 
«trmtivnm  herausgebildet. 


62  mUppi,  das  ZahUoart  Zwei  im  Semituchtn, 

sein.     Wif  glauben  diese  Annahme  mit  ziemlicher  Sicherheit  durch 

die  in  derselben  Inschrift   Z.  2 — 3   vorkommenden  pp5  ^bfia  imd 

^"0^3  ^bn3  begründen  zu  können,   in  denen  das  ^bn3  wohl  am  ein- 
er «  o  ^ 

fachsten  als  ein  von  J^ÄJ  abgeleitetes  ...^L5\i  im  Sinne  von  Palmen- 

pfianzung   zu   fassen   ist     ^n^bns    dürfte   dann  aber   einfach  Plur. 
dieses  ^bri3  sein. 

Das  1  in  dem  häufigen  ponTS  und  pcnat  sowie  das  erste  "| 
in  den  fast  gleich  häufigen  ^n3nDn73,  ^nsncnss  kann  dagegen  diese 
Endung  nicht  darstellen.  Denn  der  Stamm  beider  Wörter  lautet 
nachweisbar  inon  und  riDn^  (vgl.  Hai.  43^8;  535,5.  «.  9;  465,3  etc.). 
Aber  auch  die  Pluralendung  an  können  wir  in  diesem  ^  nirgends^ 
sehen.  Denn  abgesehen  davon,  dass  die  hier  dann  vorliegende 
Pluralbildung  eines  Fem.  auf  at  durch  Antritt  der  Endung  des 
Masc.  plur.  an  die  Feminin-Endung  des  Singulars  (^~nDns)  für  das 
Himjar.  nicht  sicher  nachgewiesen  ist,  ist  der  notorische  Plural 
von  non»  —  nnDnö,  vgl.  Fr.  56,4;  55,«;  Hai.  192,4;  203,»;  192,6. 
Ebensowenig  kann  in  dem  ersten  n  von  ^?i3lDn73,  ^nsnonat 
(wegen  des  folgenden  ^n),  daher  aber  auch  nicht  in  dem  Schluss- 
n  der  entsprechenden  kürzeren  Formen  ein  enclit.  demonstr.  "j 
vorliegen.  Es  bleibt  also  nichts  übrig  als  dies  ^  für  das  Suffix  der 
1.  Pers.  plur.  zu  halten.  Diese  Fassung  giebt  in  allen  Beispielen 
einen  durchaus  genügenden  Sinn.  Schon  Praetorius  hat  nämlich 
darauf  hingewiesen,  dass  die  Weihenden  von  sich  öfter  abwechselnd 
in  der  3.  und  1.  Person  reden,  imd  fasst  daher  ein  '\  öfter  mit 
Recht  als  Sufßx  der  1.  Pers.  plur.^),  wo  andere  wiederum  in  diesem 
'\  das  nichtssagende,  und  oft  geradezu  störende  enclit.  Demonstr. 
finden  wollen.  So  dürfte  auch  in  den  oben  angeführten  Stellen 
überall  von  ^»unserem  Thurm*  (^ncn»)  bezw.  „diesem  unserem 
Thurm**  (in:*TDn73),  „unserer  Warte*  (pcnat)  *)  bezw.  „dieser  unserer 
Warte*  (inanenat)  die  Rede  sein*).  In  inyai  yyn  •,n3n'»n  endlich 
dürfte  das  erste  n,  wie  öfter  in  dem  einfachen  in^!ä,  Zeichen  des 
Plurals  sein,  so  dass  wir  also  zu  übersetzen  hätten:  „in  diesen 
oder  in  imsem  Häusern  Hirrftn  und  Nainftn*.  Nach  alle  dem  werden 
wir  aber  auch  ":t»0  in  ^n3*T^0  nicht  als  Dual,  sondern  wie  das 
eben  besprochene  ^'^n^n  als  Plural  zu  fassen  haben.  Die  Belege 
für  die  Dual-Endnng  *«3  schrumpfen  also  schliesslich  zu  den  beiden 


1)  S.  Beitr.   7.    11.  16.  36;  N.  Beitr.  7.  15.  16;  Beitr.  3.  H.  7  Anm.  ZDMG 
XXVI,   432.     Analoges   im  Phönic.    s.  Jotum.  asiat.  VI,    11;    96.  97.  2)  Die 

Etymologie  dieses  Wortes  ist  noch  donkel.  Die  von  Praetorius  (Beitr.  3.  H.  34) 
gegebene    können  wir   nicht  für  gelungen  halten.         3)  Beilftufig  möchten  wir 

die  Frage  aufn^erfen,  ob  das  Hin\j.  nicht  vielleicht  neben  einer  Form  ^  (an  oder 

anä)  für  das  Suffix  der  1.  Pers.  plur.  noch  eine  Form  ^3  (iHD,  anÄn?)  besitae? 
Wenigstens  liebt  es  das  Himj.  wie  das  Aram.  (und  zum  Theil  das  Aethiop.)  vo- 
calisch  auslautende  Pronominalformen  durch  ein  demonstratives  n  xu  verstärken ; 

vgl.  hinO-  p  aram.  yi,  hiny.  "jb«  (ZDMG  XXIX,  601),    aram.    Vb«.      Dann 

könnten  Wörter  wie  ^n3*ICn73,   ^HSnönS  u.  a.  nur  Nebenformen  von  "I^DTTO 

und    /HCnik  sein. 


PkiUppi^  das  Zähhoort  Ztüei  im  Semüüch&ti.  63 

Beispielen  ^3nsn^  und  ^n^sionis  zusammen,  die  fär  sich  zum  Er- 
weise dieser  Endung  doch  noch  nicht  ausreichen,  zumal  ersteres 
in  einem  durchaus  noch  nicht '  entzifferten  Zusammenhange  steht, 
wenn  auch  das  ihm  unmittelhar  vorausgehende  *«  '  '  n  wohl  *«n3n 
zu  lesen  ist.  Sollte  übrigens  nicht  vielleicht  in  diesen  beiden 
Wörtern  eine  Verschreibung  für  T^nonx,  und  ina'^norra  vorliegen 
«unsere  beiden  Warten*^  und  „diese  unsere  beiden  Thürme*  bezw. 
«unsere  beiden  Thürme*  (i^'^iDn»)  ?  Dann  hatten  wir  hier  wieder 
nur  die  gewöhnliche  Dual-Endung  \ 

Dagegen  scheint  in  dem  heutigen  Mehri  dserö  noch  ein  Best 
einer  ursprünglichen  Dual-Endung  ä  zu  stecken.  Denn  im  Mehri 
wird  ganz  gewöhnlich  ft  zu  ö  getrübt  (ZDMG  XXVII,  254.)  Doch 
ist  zu  beachten,  dass  Maltzan  das  Zahlwort  nur  in  der  Form  tertn 
zu  kennen  scheint 

VUJ.  Dass  das  Hebräische  auch  am  Verbum  und  Pronomen 
noch  öfter  eine  Dual -Endung  zeige,  die  dann  gewöhnlich  ft  oder  An 
laute,  hat  nur  Böttcher  (§  931,  auch  §  574)  behauptet  Dagegen 
scheint  sich  am  Nomen  noch  wirklich  eine  Duul-Endung  am  oder 
An  zu  finden.  In  wenigen  Nomin.  propr.  erscheint  nämlich  neben 
der  Endung  ajim,  ajin  die  Endung  am  bezw.  an,  so  "ph  Gen.  37, 17; 
2  Reg.  6,1s,  y.rh  Gen.  37, 17;  orjn  Jos.  15,84,  ül^yr^  Gen.  38, 21; 
Tn^2  Jos.  21,82;  Dnpp,  Ez.  25,9  (sonst  aber  O^n'^'^p.),  und  aus 
der  parallelen  ersteren  Endung  scheint  hervorzugehen,  dass  auch 
die  letztere  eine  Dual-Endung  ist '). 

Indess  zunächst  noch  abgesehen  von  dem  Verhältniss  dieser 
beiden  Endungen  zu  einander  hinsichtlich  ihrer  Ursprünglichkeit, 
scheint  es  uns  höchst  fraglich,  ob  wir  es  hier  und  ebenso  in  den 
meisten  der  nicht  seltenen  Beispiele  eines  Nom.  propr.  auf  ajim 
überhaupt  wirklich  mit  ursprünglichen  Dual-Endungen  zu  thun 
haben.  Es  ist  heute  ziemlich  allgemein  anerkannt,  dass  der  Dual 
ursprünglich  nicht  die  Zweiheit  schlechthin,  sondern  die  Doppelheit, 
die  paarweise  Yerbindimg  bedeutete,  und  dass  sich  diese  Bedeutung 
im  Hehr,  (und  zimi  Theil  auch  noch  im  Aram.)  klar  erhalten  und 
erst  im  Arab.  und  Himjar.  auf*  den  der  Zweiheit  überhaupt  aus- 
gedehnt hat^).     Allerdings    ist  dieser   Uebergang  im  Hebr.    schon 


1;  Dagegen   können   wir   weder  *|ri^3k  wie  Ewald  (^§  180  d)  und  Böttcher 

(I,  472)  wollen,  noch  DMbtl,  wie  letzterer  will,  hierher  ziehen.  Denn  da  be- 
kanntlich im  wie  an  (6m,  ön)  auch  eine  häufige  Nominalstämme  bildende  En- 
dung ist,  die  sich  besonders  oft  gerade  an, Nomin.  propr.  findet,  so  kann  das 
im  (in)  nur  deijenigen  Nomina  propria  hier  in  Betracht  kommen,  die  neben 
dieser  Endung  noch  ein  igim  (i^in)  aufweisen.    Nach  Dietrich  (s.  v.)  wäre  übrigens 

DMVn  ans  QS^b'^n  corrumpirt,  für  welche  Ableitung  allerdings  die  Nebenform 
nnfilbn  (2  8am.  10,17)  nichts  beweisen  kann.  Auch  das  Appellativ  DriS")** 
Es.  46,19  gehört   nicht  hierher,    da   in   diesem  Wort  wohl  einfach  ein  Schreib- 

(Mer  Torliegt,  den  auch  die  Ueberlieferung ,  die  D'^HS^^  lesen  will,  annimmt. 
2)  Vgl.  Dietrich,  Abh.  z.  hebr.  Gramm.  6;  Nöldeke,  Z.  für  Völkerpsych. 
VU.  405.  410  f..  auch  G.  Gel.  Anz  1875  p.  1407,  Maud.  Gramm.  170;  auch 
Fr.  MUUer  1.  c.  3.   1^. 


(54  Fhäippi,  da»  Zahboort  Zwei  im  SemitiMehen, 

angebahnt  in  einer  Reihe  von  Wörtern,  wo  nur  von  znflOliger  oder 
willkürlicher  Paarung  die  Bede  sein  kann ').  Indess  beschränkt 
sich  dieser  (xebrauch,  mit  Ausnahme  des  dichterischen  D'^rm^ 
.lud.  5,30  =  ein  Mftdchenpaar  (in  uyin^  D^K  ist  eine  Ausnahme 
von  der  Regel  kaum  anzunehmen),  nur  auf  Zahlen,  Zeit-,  Mass'«^ 
und  Gewicht-Bestimmungen*).  Denn  T^^nau?  tff  10, lo  ist  über- 
haupt kein  Dual,  und  in  den  anderen  Beispielen,  in  denen  man 
eine  Ausnahme  von  der  gewöhnlichen  Regel  gesehen,  ohne  dass 
sie  einer  der  eben  bezeichneten  Kategorien  angehören,  steht  der 
Dual  überall  in  seiner  nächsten  Bedeutung  der  Doppelheit;  so 
C^TOi^T  (zweiseitig  Buntgewirktes  Jud.  5, so),  D^p*J*|  (Doppelweg), 
u^r^yz  (Doppelabfall)'),  o^na^wn  itöid*)  (Doppelfrevel),  D^n?!^^ 
(Doppelhürde),  D-^^bn  (Doppeleimer),  0"^nb^  (Qoh.  10,  is,  die  beiden 
faulen,  bildliche  Bezeichnung  der  beiden  Hände,  und  daher  der 
Analogie  dieser  folgend),  O^be?  (duplum),  D^nfcn  (Doppelmauer), 
D'^nND  (die  beiden  Seiten).  Den  Anlass  aber  zu  der  Ueberschreitung 
der  engsten  Grenzen  des  ursprünglichen  Dualgebrauchs  hat  offen- 
bar das  Zahlwort  O*;?^  gegeben.  In  diesem  ist  der  Dual  aller- 
dings ursprünglich  ganz  der  Grundregel  gemäss  gesetzt,  wie  wir 
weiter  darthun  werden.  Indess,  da  das  Bewusstsein  von  der  ur- 
sprünglichen Bedeutung  des  Wortes  sehr  bald  verloren  gehen 
musst«,  bezeichnete  sein  Dual  für  die  spätere  Sprache  etwas,  was 
weder  als  ein  durch  Natur  noch  Kunst  zu  einem  Paare  Verbundenes 
jiufgefasst  werden  konnte.  Die  weitere  Ausdehnung  des  ursprüng- 
lichen Dualgebrauchs  im  Hebräischen  findet,  wie  wir  gesehen,  mit 
ganz  vereinzelten  Ausnahmen  aber  nur  bei  Wörtern  statt,  die  der- 
selben Kategorie  wie  das  Zahlwort,  oder  einer  ihr  auf's  nächste 
verwandten  von  Zeit-  und  Massbestinmiungen  angehören.  Es  müsste 
nun  aber  in  hohem  Masse  befremden,  wenn  der  hebr.  Dual  in 
einer  Reihe  von  Nomin.  propr.,  deren  Ursprung  dazu  meist  in  hohes 
Alter  zurückgeht,  schon  in  seiner  erweiterten  Bedeutung  gesetzt 
sein  sollte,  ohne  dass  sie  einer  der  genannten  Kategorieen  ein- 
gereiht werden  könnten.  Das  müssten  wir  aber  für  die  meisten 
der  auf  ajim,  ajin  (und  daneben  auf  am,  an)  ausgehenden  Orts- 
namen annehmen,  falls  darin  überhaupt  ursprüngliche  Dual-Endungen 


1;   Abraham   b.  Ezra   nennt   sie    141    H'^pTS   ly    D^TD   Ü\yO    gogenfiber 

don  n^Dn"»«)  pn-»  «btD  bDOa  D^rtD  und  den  mn-^Tana  O-^a«.  2)  Ewald 
§  180  a;  OLshausen  §  122d;  Böttctior  §§  6S3.  686.  3)  Nach  Pinsker,  141 

Anm.  ist  O"  hier  nblS^Dfl  pTlH  by  M^IIO  "»DlOrT,  wohin  er  aber  fiUschUch 
auch  D^r)Z3n*1,  D^ribütS^,  Q^rtTDp^  rechnet  lieber  einen  analogen  Gebrauch 
des  Duais  im  Arab.  s.  Fleischer/ BB.  der  K.  S.  O.  der  WW.  1874  p.  90 f. 
4)  In  D'^rUiZ^^  liegt  wohl  ohne  Frage  eine  Corruption  eines  auslftndischen 
Namens  vor.  Das  Bebpiel  gehört  also  nor  insofern  hierher,  ab  die  Corruption 
vielleicht  mit  von  der  Tendenz  geleitet  ward ,  eine  passende  Iiobr.  Etymologie 
SU  gewinnen» 


/^li%piV  da»  ZahUooTt  &oei  im  SemäiBdien.  65 

vorlfigeiL  So  in  ü^JS^y  (o?*^?)  2  Quellen,  '\']rh  (inh)  2  Bronnen, 
»;b5«  2  Teiche,  irnon  2  Gruben,  D'y^  2  Höhlen,  D^tl'^fi^  2  Hügel, 
trrran  2  Höhen,  c^m  2  Keltern,  D':n;'n]5  (in-jg)  2  Städte,  D^Vaj  t^; 
2  Küber-Quell,  D^l^i]?  2  Haufen,  D'j'iy^  2  'thore,  O^nbii  2  Feigen- 
kuchen. Denn  dass  in  allen  diesen  und  ähnlichen  Fällen  der 
Dual  gesetzt  sei,  um  die  obere  und  \^itere  Stadt  zu  bezeichnen  ^), 
ist  mehr  als  unwahrscheinlich.  Dazu  kommt,  dass  in  allen  Fällen, 
wo  wir  die  Localität  kennen,  sich  in  dieser  nirgends  ein  Anhalt 
für  den  Dual  des  Namens  nachweisen  lässt.  Man  beachte  nun 
einmal,  dass  die  Adjectiva  oder  Abstracta  bildenden  Endungen 
ftm  (öm)  und  ön,  deren  letztere  wir  übrigens  nicht  als  Abschwächung 
der  ersteren,  sondern  analog  dem  Yerhältniss  der  Plural-Endungen 
auf  n  zu  denen  auf  m,  als  der  ersteren  durchaus  parallel  und 
gleich  ursprünglich  auffassen  möchten,  sich  besonders  häufig  in 
alten  Eigennamen  von  Menschen  und  Orten  finden  ^),  sodann,  dass 
die  Endungen  am,  an,  wo  sie  in  Ortsnamen  neben  äjim»  Sjin  vor- 
kommen,  wenn  wir  sie  mit  den  eben  besprochenen  gleichlautenden 
identificiren ,  jeden&lls  einen  passenderen  Sinn  für  diese  ergeben, 
als  in  der  Bedeutung  einer  Dual-Endung  gefasst.  So  wäre  doch 
eine  passendere  Bezeichnung  filr  einen  Ort  D2^;  =  der  quellen- 
reiche  (vgL  das  synonyme  "jrj  und  ^pjr  »^xn)  als  D^2"'3^  2  Quellen, 
]nn  der  brunnenreiche,  als  ^^nh  2  Brunnen,  on^  der  kelterige, 
die  Kelterstadt  als  2  Keltern.  Endlich  lässt  sich  notorisch  eine 
Umsetzung  der  Endung  dm,  ön  (an)  in  ajim  bezw.  ajin  sowohl 
im  Hebr.  wie  im  Aram.  nachweisen.  Denn  es  unterliegt  keinem 
Zweifel,  dass  das  aram.  V.'nnti  aus  dem  hebr.  ^i'^no  (aram.  ge- 
sprochen &ftm^r&n)  entstanden  ist.  Ebenso  hat  sich  im  Hebr.  selbst 
"jnD^,  das  sich  erst  2  Chron.  13,  i9  im  K^ri,  aber  auch  im  talmud. 
IT'^'WJ')  und  in  *E(pQaifi  Job.  11,54  findet,  erst  aus  li^C^,  genauer 
wohl  aus  der  Aussprache  'efr&n  bezw.  'efrän,  dem  sonst  gewöhn- 
lichen Namen  unseres  Ortes  entwickelt  Femer  ist  Q*«b37  (in 
D^bx^  yy)  aus  Db:»^,  einer  allerdings  sonst  nicht  vorkommenden 
NelHenform  von  yA^y  (^eglän),  das  als  Personen-  wie  besonders 
Ortsnamen  im  alt  Test  nicht  selten,  hervorgegangen,  da  ein  'Eglftm- 
Quell  —  sei  es  nun,  dass  ^Eglon  hier  eine  Person  oder  einen  Ort 
bezeichnet  —  einen  guten,  durch  die  Analogie  mit  lib:;^  wohl- 
begründeten  Sinn  giebt,  während  wir  mit  einem  2  Kälber-Quell 
nichts  anfangen  können.  Damach  werden  wir  aber  ohne  Bedenken 
in  allen  Nomin.  propriis,  die  auf  ajim,  ajin  auslauten,  und  in  denen 
es,  sei  es  von  Seiten  der  Grammatik,  sei  es  des  Sinnes,  Schwierig- 
keiten hat,  diese  Endungen  als  Dual-Endungen  anzusehen,  dieselben 


1)  So  Füwt  ».  V.   D^ni«.  2)  Ewald,  426.  672;    Olshausen,  405.  408. 

8)  So  in  dem   talmud.   Sprfichwort:    D'i't^ICS^b   0'^:D72  nDM   ^ST)  »   er  trägt 
Ealen  nach  Athen  (Buxtorf;. 

Bd.  XXXU.  0 


66  Fhäippi^  das  ZahUcort  Zwei  im  SeimUiichen, 

für  keine  ursprünglichen  Doalbezeichnungen  halten,  sondern  für 
gleiche  Umwimdlungen  aus  den  häufigen  Nominal-Endungen  Am, 
&n,  wie  die  eben  besprochenen.  Dies  gilt  insbesondere  von  den 
Fällen,  auf  die  es  hier  zunächst  ankommt,  wo  noch  neben  den  mit 
den  Dual-Endungen  lautlich  identischen  Endungen  sich  ein  am,  &n 
findet  ^).  Eine  andere  Frage  ist  es ,  wie  in  all  diesen  Fällen  die 
Umwandlung  von  &m  (&n)  hi  ajim  (ajin)  zu  erklären  ist?  Man 
kann  hier  entweder  annehmen,  dass  die  spätere  Sprache,  der  natür- 
lich die  ursprüngliche  Bedeutung  dieser  Nomina  propria  ganz  fremd 
geworden,  in  diesen  Endungen  eine  Dual-Endung  sah  und  diese 
nun  in  die  gewöhnlichere  Endung  umsetzte,  wie  nach  den  meisten 
Grammatikern  aus  diesem  Grunde  ursprüngliches  Dbtil"i'*inD^b^l")'^ 
gewandelt  ist,  und  man  kann  den  Anlass  dazu  in  dem  Streben  der 
betreffenden  Stadt  einen  emphatischeren  Namen  zu  geben  suchen  ^. 
Oder  man  nimmt  an,  dass  auf  rein  phonetischem  Wege  öfter  aus 
am,  dn  ein  aim,  ain  (ajim,  sgin)  ward,  sich  aber  dann  ^diese  Aus- 
sprache hier  wahrscheinlich  des  willkommneren  Dual-Scheines  und 
imposanteren  Sinnes  wegen  befestigt'  habe  ^).  Die  erstere  Annahme 
hat  allerdings  zur  Voraussetzung,  dass  entweder  in  früherer  fSeit 
eine  Dual-Endung  am,  an  neben  der  anderen  existirt  habe,  oder 
wenigstens  in  der  Volkssprache  die  Dual-Endung  aim,  ain  öfter 
zu  am,  an  contrahirt  ward.  Denn  sonst  würde  es  sich  ja  nicht 
begreifen  lassen,  wie  man  überhaupt  in  einer  Endung  &m,  &n  einen 
Dual  sehen  konnte.  Wir  werden  uns  aber  für  die  zweite  dieser 
beiden  Voraussetzungen  entscheiden  müssen.  Denn  es  lässt  sich  sonst 
nirgends  eine  Spur  einer  ursprünglichen  hebr.  Dual-Endung  ftm,  ftn 
aufdnden.  Dagegen  ist  der  Uebeigang  von  ai  in  ft  auch  sonst  für  das 
Hebr.  nachgewiesen'*)  und  jedenfalls  für  den  Dual  des  Aram.  nach- 


1)  Dagegen  glauben  wir  nicht,  dass  das  höhere  Alter  sowie  der  arsprüng- 
lichere  Charakter  der  Endung  ftm,  ftn  an  diesen  Kom.  propr.  sich  noch  urkund- 
lich wird  beweisen  lassen.  Blau  glaubt  freilich  diesen  Beweis  noch  führen  zu 
können,  indem  er  sich  auf  die  stftndige  Transcription  der  Endung  ^jim,  s^in  in 
Nom.  propr.  des  A.  T.  durch  ftm,  ftn  in  der  KArnaktafel  beruft  (Merxs  Archiv 
I,  351  f.).  Indcss  einmal  scheint  der  Vocal  vor  dem  m  bezw.  n  dieser  Namen 
im  Altägyptischen  wenigstens  mebt  durch  kein  ausdrückliches  Zeichen  darge- 
stellt zu  sein  (vgl.  Blau  selbst  ZDMG  XV,  233  ff.).  S.  auch  Mariette,  listes  g^ograph. 
des  pyl6nes   de  Kamak    14:    Quant   ft  la  syllabe   (na)    eile  repond  aox  formes 

hebr.   y\   ou   IT».     So  p.  20:   Mat'nä  =  -jn»,   p.  43  Bet-Anta  «  mM^   IT^n, 

auch  ib.  Atamm,  nach  Brugsch  (G«sch.  Aeg.  332)  «»  D^dM  und  daher  von 
ihm  mit  Äthamem  wiedergegeben.  Es  Iftsst  sich  also  aus  der  ägypt.  Schreibung 
der  hebr.  Nomina  propr.  ebensowenig  ein  sicherer  Schluss  auf  die  palftst.  Aus- 
sprache   dieser  Namen    zur  Zeit    des  Sbak    oder  Rohabeam    thun    als  aus   der 

Schreibung  der  Wörter  imn,  IplXÜ,  W^'^V^  inbm  auf  dem  Mesasteine 
auf  ihre  Aussprache  zur  Zeit  des  Königs  Mesa.     Sodann  finden  wir  nach  Brugsch 

661  in  oben  dieser  Kamaktafel  ein   ägypt.  Ha-pu-re-man  »=  D^HSH,  Ma-ha-ne- 

ma  s=  0*^31173,  A-ro-ma-then  k=  D^PTS^,  wo  also  doch  auch  im  Aegypt.  das  i^im 
dieser  Nomina  im  A.  T.  angedeutet  wäre.  2)  Vgl.  Ewald    476  Anm.;  auch 

Gesch.  d.  V.  Israel  III,  165  f.         3)  Böttcher  473,  4,  2.         4)  Ib.  §  454.  463. 


Phüippi^  das  Zahlwart  Zwei  im  SenUÜiehen.  Q'J 

weisbar,  wo  wir  im  BibL  Aram.  nur  l^ran  Ezr.  6,17,  dagegen  in 
den  Taigom.  wie  babyl.  Taknud.  ¥dederam  nur  ein  dualisches  ^nM73 
finden^);  er  ist  daher  aber  fiir  die  hebr.  Yolksaussprache  auch  in 
diesem  Fall  wohl  annehmbar,  da  sie  gewiss  dem  Aram.  sehr  nahe 
gestanden  hat.  Entweder  vnirde  dann  die  Yolksaussprache  in  Ge- 
staltung der  Eigennamen  auch  für  die  Schriftsprache  massgebend  und 
indem  in  jener  dual  ai  zu  ft  und  in  Folge  davon  auch  ¥deder  eveni 
ursprüngliches  &  als  dualisches  angesehen  imd  in  ai  ver&ndert  ward, 
setxte  sich  der  auf  diesem  Wege  entstandene  letztere  Wechsel  in 
Nomin.  propr.  auch  fiir  die  Schrifbsprache  fest.  Oder,  da  man 
im  YulgSrdialect  aim,  ain  zu  &m,  an  zusammenzog,  so  sah  die 
Schriftsprache  event  in  den  Endungen  &m,  An  der  Nom.  propr. 
solche  corrumpirte  Yolksaussprache  und  setzte  sie  daher  in  das 
ihr  alleingültige  ajim,  ajin  um.  In  einer  oder  der  anderen  Weise 
muss  auch  D^bisi^^  aus  Db^si"^^  entstanden  sein,  falls  man  hier 
keinen  rein  lautlichen  Uebergang  anerkennt  Denn  eine  Aussprache 
6m  der  Dual-Endung  ajim  ist  gleichfalls  in  der  Schriftsprache  nirgends 
nachweisbar').  Die  andere  Annahme  erfordert  aber  den  Nachweis, 
dass  sich  auch  sonst  im  Hebr.  der  Lautwechsel  von  ai  mit  &  findet 
Wenn  sich  derselbe  aber  auch  für  das  Aram.  erweisen  Iftsst,  z.  B. 
in  Pai^el  statt  Pft^el,  so  dürften  doch  wenigstens  alle  Beispiele,  die 
man  bisher  für  ihn  aus  dem  Hebräischen  angeführt  hat,  nicht  recht 
beweisend  sein.  Damach  dürfte  aber  die  erstere  Annahme  den 
Yorzug  verdienen  und  wir  also  in  den  in  Bede  stehenden  Fällen 
einen  aus  Missverständniss  hervoigegangenen  Dual  sehen.  Für 
welche  der  beiden  Erklärungen  man  sich  aber  auch  entscheiden  mag, 
die  Thatsache  selbst  dieses  Wandels  steht  fest,  und  damit  auch 
unsere  Berechtigung,  in  jenen  Fällen,  wo  ein  ursprünglicher  Dual 
nicht  erklärlich  wäre,  gar  keine  ursprüngliche  Dual-Endung  anzu- 
nehmen. Demnach  ist  eine  ursprüngliche  Dual -Endung  ft,  &m 
oder  An  für  das  Hebräische  überhaupt  nicht  erweisbar.  Dass  das 
Moabitische  eine  solche  besessen,  ist  jedenfalls  nicht  mit  Sicher- 
heit zu  erweisen  und  sollte,  nachdem  schon  Nöldeke  ')  darauf  hin- 
gewiesen, dass  die  betreffende  Endung  des  Mesasteines  nur  ein  n 
bezw.  m  darbietet,  nicht  noch  inmier  als  Thatsache  verwerthet 
werden. 


1)  Lery  nnd  Bnxtorf  s.v.,  auch  Luxzatto  78.  8)  Eine  treffende  Ana- 
logie zu  dieser  Umsetzung  würde  die  aram.  Umwandlung  von  Formen  wie  *^r)'^ri 
(so  noeb  Dan.  3,15;  6,18)  oder  l^S^Sl  (so  noch  stets  im  Dan.)  entstanden  aas 
^n«n,  1?Ä?7»   ^P?v7»  T??0  ^^  '^^l'ö  (Dan.  8,13;  5,2.  8.13.  SS.  6,85)  syr.  stets 

^ fj^  f J  y^rOf  bilden,  wo  das  anlautende  e  dieser  Verba  offenbar  nach  Ana- 
logie der  ^  Dy  die  in  den  analogen  Formen  der  Kegel  nach  anlautendes  ai 
(daneben  aber  auch  schon  h  und  vulgär  wohl  noch  öfter!)  darbieten,  in  ai 
OBgesetzt  ward.  3)  Inschrift  des  Königs  Mesa  33  und  G.  Gel.  Anz.  1871 

p.  898. 


68  PMUppiy  das  Zahlwort  Zwei  im  Semüischen. 

IX.  Ebenso  wenig  führen  irgend  welche  Sparen  im  Aramäischen 
auf  den  Besitz  einer  ursprünglichen  Dual-Endung  dieser  Art  Demi 
dass  das  An  von  ^riKn  nur  eine  Contraction  aus  ain  sein  kann,  geht 
aus  dem  schon  oben  Oesagten  unzweifelhaft  hervor.  Dagegen 
scheint  das  Assyrische  in  der  That  nur  einen  auf  (k  ausgehenden 
Dual  zu  besitzen.  Denn  wenn  die  Assyriologen  auch  meist  zu- 
geben, dass  am  assyrischen  Yerbum  überhaupt  noch  kein  Dual 
nachgewiesen  ist^),  so  versichern  sie  uns  doch  j^mit  Zuversicht*, 
am  Nomen  einen  Dual  aufgefunden  zu  haben,  der  auf  &  auslaute. 
Und  dieses  ä  wird  natürlich  als  Verkürzung  der  arab.  Endung  An 
betrachtet.  Indess  scheint  uns  die  Sicherheit  dieser  Angaben  im 
umgekehrten  Verhältniss  zu  der  Sicherheit,  mit  der  sie  vorgetragen 
werden,  zu  stehen.  Wir  verzeichnen  zunächst  die  Worte,  in  denen 
besagter  Dual  vorliegen  soll,  soweit  wir  sie  haben  controliren 
können.  Sen.  T.  DI,  78 *)  (I,  121):  bir-ka-ai;  16  11  Raw.  16,8©b 
(ib.):  bir-ka-ai;  Botta  150,4  (I,  209):  id  —  Dualideogramm  —  ai 
(Norris  transscribirt  idaja(?));  Sen.  B.  lY.  43  cf.  Layard,  inscripl 
42,58  (209):  ida-a-sa;  Sen.  T.  IV,  40  (210)  id  —  Du&lideogr. —  su 
(N.  transscribirt  idisu)');  Birs.  I,  5  (I,  287):  u-zu-na-a-su;  Seh. 
T.  I,  33  (ib.  I  Baw.  29,  ss):  uz-na-a-su;  Sard.  I,  117  (ib.)  Idec^. 
für  uzn  —  Dualideogr.  —  sunu  (N.  transscribirt  wieder  uzni-sunu); 
Botta  167,  18  (I,  99):  Ideogramm  für  uzn  —  Dualideogramm  — 
ja^).  Gegen  die  Annahme  der  Assyriologen,  dass  die  in  den 
meisten  dieser  Beispiele  unleugbar  vorliegende  Numerus-Endung 
ä  ein  Dual  sei,  dürfte  nun  schon  der  Umstand  Misstrauen  erwecken, 
dass  mit  dieser  Endung  ganz  willkürlich  notorische  Plural-Endungen 
ideogrammatisch  wie  phonetisch  wechseln.  So  lesen  wir  neben 
birkfti  Sen.  T.  III,  64  (I,  287):  bir-ki-ja^);  neben  idftsu  E.  J.  H. 
IV,  26  (n,  473):  i-da-ti-ja;  Sen.  T.  V,  24  (II,  474):  i-da-a-ni-i  = 
idäni;  Tig.  I,  81  (ib.):  i-da-at;  neben  id  —  Dualideogr.  —  ai  Sard. 
in,  35  (I,  209)  id — Pluralideogr. —  sunu  oder  Sard.  II,  105  (ib.) 
id  —  Pluiulideogramm;  neben  uznftsu  Sen.  Gr.  42  (I,  287):  uz-ni- 
ja  etc.  Ja  in  Varianten^  und  Parallelstellen ^)  finden  wir  an  der 
Stelle  des  betreffenden  Dualideogramms  die  phonetische  Schreibung 
der  Plural-Endung!    Daraus  folgt  wenigstens,  dass  die  assyrische 


1)  Anders  Sayce,  Gramm.  41;  ZDMG  XXX,  310.  2)  Die  Angaben  der 
Stellen  erfolgen  nach  Korrii^  Assyr.  Diction.  Wir  fügen  in  Klammem  die  Seite 
aus  Norrb  hinza.  3)  Vgl.  Schrader,  die  Höllenfahrt  der  Istar,  wo  wir  in  der 
Transcription  des  Bittgebets  Nr.  1  p.  48  ein  i-da-ai  finden.  4)  Norris  giebt 
noch  eine  Parallelstelle  zu  der  eben  angeführten,  In  der  anstatt  der  sich  hier 
findenden  Ideogramme  phonetisch  us-ni  geschrieben  ist.  Die  Stellen,  in  denen 
die  Endung  des  Wortes  nur  durch  das  Dualideogramm  bezeichnet  ist,  können 
natürlich  in  der  obschwebenden  Frage  keinen  Ausschlag  geben.  Hierher  ge^ 
kören  auch  das  von  Schrader  transcribirte  uznU-su  ZDMG  XXVI,  109  und 
uznft-sa  HöUenf.  der  Ist.  12,i;  20,1.  Ausserdem  finden  wir  noch  bei  Schrader, 
ZDMG  XXVI,  226.  264  in  phonet.  Schreibung  si'-pa-ai  und  ka-ta-ai.  5)  S.  auch 
Schrader,  KAT.  225.         6)  Schrader,  ZDMG  XXVI,  226  f.  *     7)  S.  Anm.  4. 


Fhikppi,  das  Zahlwort  Zum  im  SemüücherL  69 

Sprache  gar  kein  Bewnsstsein  mehr  von  dem  ursprünglichen  Dual- 
diarakier  der  Endung  gehabt,  and  sie  als  eine  der  Plural-Endung 
▼oUstftndig  parallele  au^efasst  hai  Sodann  ist  die  auffallende 
Thatsache  zu  constatiren,  dass  die  in  Frage  stehende  Dual-Endung 
soweit  wir  sehen  bisher  nur  vor  Suffixen  nachgewiesen  ist  ^).  und 
wenn  wir  nun  einer  Endung  ä  auch  sonst  vor  Suffixen  in  Wörtern 
begegnen,  in  denen  gar  kein  Dual,  sondern  nur  ein  Plural  vor- 
liegen kann,  wo  sie  also  notorisch  pluralische  Function  hat^),  so 
yeratehen  wir  in  der  That  nicht,  wie  man  noch  „mit  Zuversicht** 
behaupt^i  kann,  dass  für  das  Assyrische  eine  Dual-Endung  ft  nach- 
gewiesen sei  *).  Ist  aber  das  ä  in  gabrftsu  und  den  analogen  Bei- 
spielen Plural-Endung  und  dann  ohne  Zweifel  in  Zusammenhang 
mit  der  sonst  im  Assyrischen  und  auch  im  Aethiopischen  vor- 
kommenden Endung  &a  zu  bringen,  so  ist  auch  das  mit  diesem 
Itfutlich  vollkommen  identische  &  in  idäsu  etc.  weder  von  diesem 
noch  von  dem  ft  der  Plural-Endimg  an  zu  trennen,  da  es  sich  hier 
durch  den  eben  nachgewiesenen  Wechsel  mit  anderen  Plural- 
Endungen  gleichfalls  als  solche  bekundet  Von  id  wenigstens  findet 
sich  auch  noch  sicher  ein  Plural  auf  an,  parallel  der  vermeintlichen 
Dual-Endung  auf  &.  Dazu  kommt  schliesslich ,  dass  nach  den 
Assyriologen  selbst  das  Assyr.  notorisch  eine  Plural -Endung  & 
verkürzt  aus  ftn  besitzt,  nämlich  an  den  Zehnem  von  20  ab:  isrft 
silasä  etc.^).  In  der  That  scheinen  uns  die  Assyriologen  zu  ihrer 
Annahme   nur   durch  den  Schluss  verleitet  zu  sein,  dass  weil  das 


1)  Danm  können  uns  auch  Fonneu  wie  as-mä  in  Stellen  wie  sa  katA-su 
a^-mA  (Sm.  Assurb.  217,  k)  nicht  beirren.  Denn  falls  man  dieses  k  als  Dual 
fitfaen  wollte,  hätten  wir  hier  einen  Dual  an  einem  prfidic.  A^ectiv.  Wir 
mfiflsen  aber  sehr  bezweifeln,  dass  eine  Sprache,  die  den  Dual  nur  erst  fUr 
paarweis  Verbundenes  besitzen  soll,  —  und  nur  dieser  Gebrauch  des  Duab  soll 
sieh  im  Assyr.  finden  —  schon  von  einem  praedic.  Adj.  bezw.  Verbum  einen 
Dual  bilden  sollte!    Falls^also  in  dem  asmä  kein  Schreibfehler  vorliegt,  werden 

wir   die  Form  für  ein  Abstr.  auf  ä    (vgl.  arab.  s^\  ^ —  und  äth.  k)  halten. 

2)  So  in  gab-ra-a-su  ss  gabrAsu  (33  B.  M.  4,  Norris  I,  164),  ganz  =  dem  obigen 
idisa  oder  oznlsu;  gab*ra-ai  (Botta  145,1;  Norr.  I,  164)  =  gabr&i,  ganz  <=  dem 

obigen  birkM.  Oppert,  §  74  giebt  noch  an  ein  ItDUlDM  und  ItD^K"^.,  letzteres 
auch  bei  Sayce  129.  3)  AUerdings  soll  nach  Fried.  Delitzsch  (Ass.  Stud.  121  ff.) 
gabrlL  in  beiden  eben  erwähnten  Bebpielen  ein  akkadisches  Participium  sein. 
Allein  wir  kSnnen  zu  der  von  ihm  gegebenen  Etymologe  kein  rechtes  Zutrauen 
IhMinn ,   und  würden   noch  lieber  an   der  von  anderen  Assyriologen  behaupteten 

Identitit  von  assyr.  gabr  mit  hebr.  aram.  ^!ä^  festhalten.  Und  jedenfalls  werden 
wir  xonJkhst  ganz  abgesehen  von  der  Etymologie  in  beiden  Fällen  gabr  als 
Stamm  and  k  als  Endung  ansehen  müssen.  Denn  dafür  spricht  nicht  nur  die 
uomoglich  zu  ignorirende  volktändige  Analogie  der  Formen  id-ä-sü,  birk-ä-i,  son- 
dern aneh  der  Umstand,  dass  in  einem  Beispiel  wie  malki  gabräi  in  dem  k 
doch  nur  eine  Plural-Endung  gesehen  werden  kann.  Natürlich  kann  dann  aber 
das  4  in  gabrftsu  gleichfalls  nur  Plural-Endung  sein.  Und  gegen  diese  Erklärung 
anserer  Formen  lässt  sich  wohl  um  so  weniger  Einspruch  erbeben,  als  wenigstens 
aaeb  Oppert  und  Sayce  eine  solche  Plural-Endung  sich  auch  sonst  noch  vor 
Svffizen  zu  finden  scheint.  4)  S.  Schrader  ABK.  240,  womit  mand.  k  st.  an 
■Bd  analoger  Abfall  des  plur.  n  im  Talm.  zu  vergleichen,  s.  Nöldeke,  Mand.  Qr.  53. 


70  FkUippif  das  Zahlwort  Zwei  im  Semitisehen, 

Assyrische  einen  ideogrammatischen  Dual  hat,  es  auch  einen  phone- 
tischen  gehaht   haben   müsse.     Indess   wenn   die  Assjrer  zu  einer 
Zeit,  wo  die  Sprache  den  Dual  und  Plural  nicht  mehr  klar  unter- 
schieden haben  kann,    doch  noch  in  der  Schrift  Plural  imd  Dual 
schieden,  —  wenigstens  findet  sich  das  sogenannte  Dualideogramm, 
der   Doppelkeil  nur  bei  paarweise  verbundenen  Gegenständen  -^ 
ist  es   dann  nicht  denkbar,   dass  die  Sprache  schon  zu  der  Zeit, 
wo   die  Assyrer  das  vorliegende  Schriftsystem  von  einem  fremden 
Volke  überkamen  oder  aber  selbst  ausbildeten,  den  Dual  verloren 
hatte,  die  Assyrer  aber  trotzdem  ein  Dualzeichen  erfanden  ^),  weil 
sie  eben  begrifflich  den  Dual  vom  Plural  zu  scheiden  verstanden  *). 
Es   könnte  uns   also   gar  nicht  Wunder  nehmen,   wenn  im  Assyr. 
trotz  der  ideogrammatischen  Bezeichnimg  des  Dual  eine  phonetisdie 
Endimg  dieser  Art  gar  nicht  mehr  zu  entdecken  wäre.     Jedenfalls 
scheint  xms  unzweifelhaft,  dass  eine  solche  bisher  noch  nicht  nach- 
gewiesen ist'),  und  zweifelhaft  kann  nur  sein,  wie  man  näher  das 
Yerhältniss  jener  nur  vor  Sufßxen  sich  findenden  Plural-Endung  ft  zu 
der  Endung  an  fasst.     Nach  Sayce  128  wäre  ein  gabr&i  entstanden 
aus  gabri  -{-&(&  &^u  j^)  durch  Umsetzung.    Allein  dann  wäre,  von 
allem  Andern  abgesehen  (z.  B.  Tig.  I,  57,  Norr.  I,  165  gab-ri-a,  wohl 
zu  sprechen  gabrija)  —  das  lange  a  von   gabräi,  das  wir  nach  der 
phonetischen  Schreibimg  dieses  wie  der  analogen  Wörter  ansetzen 
müssen,  nicht  recht  erklärt.   Auch  spricht  gegen  diese  Erklärung,  dass 
wir  dann  das  offenbar  ganz  parallel  gebildete  gabräsu  von  unserer  Form 
dem  Ursprünge  nach  trennen  müssten.  Letzteres  soll  nun  nach  Sayce 
aus  gabränsu  durch  Assimilation  des  n  an  das  folgende  s,  also  eigent- 
lich zu  sprechen  gabrftssu,  hervorgegangen  sein.  Wir  wollen  die  Mög- 
lichkeit dieser  Erklärung,  die  dann  natürlich  auch  für  die  parallelen 
Formen  idäsu,  uznftsu  etc.  gelten  würde,  zugeben,   da  einmal  die 
Assimilation   eines   n    an   den  folgenden   Consonanten  im    Assyr. 
nachweisbar  ist^),  sodann  die  Suffixe  auch  sonst  an  die  Pluralform 
an  ohne  Bindevocale  antreten  ^),  und  endlich  sich  auch  die  Formen 
gabr&i,  id&i  auf  diese  Weise,  als  Abkürzungen  eines  gabrftjja  idt^a 
erklären  lassen  würden.     Indess  hat  diese  Erkärung  doch  nirgends 
in  der  phonetischen  Schreibung  jener  Wörter  einen  Anhalt,  da  sich 
nirgends  in  der  Schrift  die  Verdoppelung  des  s  (nirgends  eine  Schreibung 
wie    etwa    gab-ra-as-su) ,    nachweisen    lässt.     Es  dürften  sich  viel- 
mehr unsere  Formen  durch  Ausfall  des  n  der  Endung  an  zwischen 
dem  voraufgehenden  ä  und  dem  folgenden  Bindevocal  des  Suffixes  i 
und   dann   erfolgte  Zusammenziehung   dieser  beiden  Vocale   zu   & 
erklären  lassen.     Dergleichen  Vorgänge  sind  wenigstens  in  den  ver- 
schiedensten   semit   Dialecten    belegbar.     So    besonders  im   Man- 
däischen  ^ ,   aber  auch   im   Aethiopischen.     Denn  nach   den  jetzt 


1)  Denn  das  sog.  Akkadische  soll  dieses  Zeichen  nicht  besitzen.  2)  Aach 
unsere  Sprache  bringt  ja  noch  den  Begriff  des  Duals  in  Phrasen  wie  „ein  Paar 
Augen"  zum  Ausdruck.  3)  S.  auch  M^nant  49.  4)  S.  Schrader,  ZDM6 

XXVI,  204.       5)  Schrader  a.  a.  O.  249.      6)  S!  Nöldeke,  Hand.  Gramm.  272  ff. 


PhiUppi^  das  Zakkocri  Zioei  im  Setnüischen.  71 

«i%efimdenen  Formen  wie  basankenfthü  etc.^),  in  denen  der  so- 
genannte Bindelant  ft  offenbar  der  ursprüngliche  Anslant  des 
AfformaÜTS  ist,  der  sich  hier  im  Schatze  der  engen  Yerbindimg 
und  zwar  in  seiner  ursprünglichen  Länge  gehalten  hat  (vgL  die 
l.Pers.  plur.Perf.  vor  Suffixen  mit  auslautendem  ursprünglich  langem 
a)  ist  ohne  Frage  ein  äth.  nagark&hü  aus  einer  solchen  volleren 
ursprünglicheren  Form  wie  nagarken&hü  contrahirt.  Und  auch  im 
Hebräischen  wird  man  Formen  wie  •>rn'»byrT  Num.  20,6;  21,6: 
^3P1Q^  Zach.  7,5  am  einfachsten  als  Contractionen  aus  he'^'lltumän!, 
^amtomAm  fiissen,  mit  Aufgabe  des  Dag.  forte  des  m.  Eine  solche 
Formerleichterang  ist  im  Hebr.  gar  nicht  selten   (vgl.  z.  B.  i'ü-^- 

aus  io?7  -_  )  und  liegt  auch  im  äth.  kenfthü*)  vor.  Aller- 
dings müssten  jene  Contractionen  zu  einer  Zeit  erfolgt  sein,  wo 
das  u  des  Afformativs  noch  nicht  zu  Segol  geschwächt  war  und 
wobei  dann  aus  u  +  ft —  ü  ward,  während  im  Aethiop.  aus  8  +  ft 
—  ä.  So  sind  nun  wohl  auch  die  assyrischen  Formen  auf  analoge 
Weise  entstanden,  gabrftsu  und  idäsu  also  aus  gabrftnisu,  idAnisu, 
aber  gabräi,  idäi  aus  gabränija,  idänija,  woraus  zunächst  gabrftja, 
idftja,  und  sodann  —  nicht  etwa  durch  Uebersetzung  von  ja  in  ai, 
sondern  einfach  durch  Abfall  des  auslautenden  a,  wie  in  assyr.  abt 
statt  abija  oder  idäni  statt  idänija,  —  ein  gabr&i,  idfti  ward'). 

Wollte  man  aber  noch  gegen  unsere  Auffassung  geltend  machen, 
dass  sich  damit  nicht  erkläre,  woher  nur  Formen  wie  idäsu,  katäsu, 
nicht  aber  auch  gelegentlich  ein  iläsu  (seine  Götter)  sondern  nur 
il4nisu  erscheine,  so  können  wir  (ganz  abgesehen  wieder  von  den 
Formen  gabräsu)  diesem  Einwand  durch  die  Gegenfrage  begegnen: 
warum  sich  denn  nur  Formen  wie  isrä  etc.  zeigten,  nicht  aber  ge- 
legentlich auch  ein  ilä?  Die  Sprachen  pflegen  nun  einmal  Laut- 
veränderungen  nicht  consequent  durchzuführen,  und  in  ofb  ge- 
brauchten Wörtern,  zu  denen  die  unsem  gewiss  gehörten,  zeigen 
sich  schon  oft  Lautwandlungen,  welche  sonst  nicht  nachweisbar 
sind.  Demnach  lässt  sich  aber  im  Assyr.  mit  Sicherheit  überhaupt 
keine  Dual-Endung  auf  ft,  ftn  nachweisen.  Wo  'sich  also  in  den 
anderen  Dialecten  ausser  dem  Arab.  die  Spur  eines  dual,  ä  (^ 
&m)  zeigt,  müssen  wir  dieses  als  Contraction  aus  der  anderen 
Endung  ai  (ain,  aim)  ansehen.  Dass  das  Arab.  ä  (an)  auf  dem- 
selben Wege  erst  entstanden,  lässt  sich  allerdings  nicht  nachweisen, 
wäre  aber  sehr  wohl  möglich.  Immerhin  sind  wir  nach  diesem 
Resultat  durchaus  nicht  berechtigt,  die  fragliche  Endung  wenigstens 
schon   in   dieser   Function   der  semit.  Grundsprache    zuzusprechen, 


1)  Comill,    das  Buch   der    weisen   Philosophon    öl.     C.s  Erklärung   dieser 
Formen    ist  wunderlich.  2)  Denn  in  oiner  Form  kennähu  und  ebenso  tum- 

nuLni    wäre    die    Contraction    kaum    möglich    gewesen.      Aus    dem    Hebr.    vgl. 

fibrigens  noch  l2Kaus  13n3K.         3)  Vgl.  hebr.  Formen  wie  '^'^^l  aus  d«'barajja 

nüt  Abfall  des  auslautenden  a  und  darauf  erfolgter  Aufgabe  des  Dag.  forte,  oder 

den  syr.  Stat.  emphat.  plur.  auf  e  aus  a^a  =  NJJ,  ,  —  aij. 


72  Ail^RP*y  d(u  ZahlwoH  Zwei  im  Semitischen, 

und  können  als  ursemitische  Dual-Endungen  nur  aänk  und  aimÄ 
gelten  lassen.  Darnach  können  wir  aber  auch  für  unser  Zahlwort 
als  Formen  der  semit.  Ghrundsprache  nur  tinainft  resp.  tmairnft  auf- 

stellen,   und   das   arabische   ...LjlJ;I   kann  nur   als  eine  specifisch 


o« 


arabische,  nach  der  Analogie  von  ^^y*S^^  geformte  Bildung  ange- 
sehen werden. 

X.  Diese  beiden  ursemitischen  Duale  scheinen  nun  nur  als 
Dualbildungen  eines  ursemitischen  Singulars  ^  angesehen  werden 
zu  können.  Liegt  aber  in  diesem  |in  die  Verkürzung  eines  ur- 
sprünglich aus  drei  Badicalen  bestehenden  Wortstanmies  vor,  der 
aus  der  in  allen  Dialecten  vorhandenen  und  daher  als  i^rsemitisch 
zu  betrachtenden  dreiradicaligen  Wurzel  tanaj  herausgebildet  ist, 
oder  aber  eine  Bildimg  direct  aus  der  ursprünglichen  zweiradicaligen 
Wurzel  tn  imd  somit  ein  Best  eines  früheren  Sprachzustandes? 
Jedenfalls  müsste  in  ersterem  Falle  die  Verkürzung  schon  in  ur- 
semitischer Zeit  vor  sich  gegangen  sein.  Das  Fehlen  eines  j  als 
dritten  Radicals  in  den  Dualformen  unseres  Wortes  in  allen  Dia- 
lecten lässt  darauf  schliessen.  und  zwar  dürfte  sie  schon  an  der 
Singularform  erfolgt  sein.  Denn  es  ist  nicht  nachzuweisen,  ^s 
je  im  Ursemitischen,  wo  der  Singular  einer  Form  ki^  oder  ki^al 
—  und  nur  diese  beiden  stehen  hier  zur  Frage  —  von  einer 
Wurzel  tertiae  radicalis  j,  das  j  bewahrt  hat,  etwa  im  Dual  das  j 
abgefallen  wäre.  Wo  in  allen  einzelnen  semitischen  Dialecten  j  als 
dritter  Badical  der  besagten  Formen  im  Singular  sich  gehalten  hat, 
oder  doch  Spuren  seines  Daseins  in  einem  auslautenden  Vocal  dar- 
bietet, und  also  für  den  tirsemitischen  Singular  nur  eine  volle  aus 
drei  Badicalen  bestehende  Form  angesetzt  werden  kann,  haben  ent- 
weder alle  Dialecte  das  j  vor  vocalisch  beginnender  Endung  be- 
wahrt, so  in  der  Form  kitl,  oder  doch  wenigstens  das  Arabische 
vor  der  Dual-Endung,  so  in  der  Form  kifal.  Daraus  folgt,  dass 
wenigstens  im  ürsemitischen  noch  in  beiden  Fällen  das  j  auch  im 
Dual  vorhanden  war.  Auch  hätte  aus  einem  ursemitischen  tinaja- 
tainä  arabisch  ein  itnätaini,  nicht  aber  itnStaini  werden  sollen.  Da- 
gegen ist  der  Abfall  eines  j  als  dritten  Badicals  im  Singular  der 
genannten  oder  einer  analogen  Formation  nicht  nur  für  die  einzelnen 
Dialecte   constatirt   (hebr.  r*i  neben  ns^^n,   bn  neben  •'Va,   -^b»  und 

nby  =     J|  und  ^.iß  neben  b«  und  b3^,   1??  statt  n22?5,   a?  Ex. 

19j9  wohl  statt  -M,   ITÖ    Thren.  4,  s    =  aram.   in,  arab.   ^c\>^) 

sondern  auch  für  eine  Beihe  von  Fällen  schon  im  ürsemitischen  anzu- 
erkennen. Allerdings  darf  man  sich  in  unserem  Falle  nicht  auf  die 
aram.  Form  ^nnn  zur  Bezeichnung  der  determinirten  Zweizahl  berufen, 
wie  sie  sich  in  den  Targg.  (1  Sam.  20, 12 ;  2  reg.  2,  e.  7.  s),  im  Palmyren. 
(Nöldeke  ZDMG  XXIV,  101),  im  Talmud  (Luzzatto  78),  auch  im 


.  nä^ppij  da»  ZahhooH  Zwei  im  Semitischen.  73 

Nensyrisohen  (Nöldeke  Gr.  §  80)  finden,  und  wo  der  dritte  Radical 
in  dem  i  noch  erbalten  zu  sein  scheint.  Denn  wenn  wir  beachten, 
dass  in  diesen  Dialecten  die  Zahlen  von  3 — 10  in  der  bestimmten 
Bedeutung  besondere  Abstractformen  darbieten,  gebildet  durch  die 
Endung  ^rw  d.  h.  die  Feminin-Endung  ät,   an  die  dann  noch  die 

Phiral-Endung  des  Masc.  gefügt  ist '),  so  werden  wir  ^n*nn  ffir  eine 
analoge  vom  Singular  ^n  aus  erweiterte  Abstractbildung,  die  dann 
noch  die  Dualendung  erhalten,  ansehen  müssen,  sei  es  nun,  dass 
wir  ihm  einen  Singul.  ^^n  (^^n)  zu  Grunde  legen,  an  den  die  Dual- 
Endung  nach  Analogie  der  Plural-Endung  des  Fem.  ftn  getreten 
n^üre,  sei  es,  dass  wir  es  —  was  den  Vorzug  verdienen  dürfte  — 
von  einem  Singul.  ^^n  (^"ilj)  ableiten,  da  die  Endung  ai  bezw.  I 
notorisch  in  den  aramäischen  Dialecten,  ja  in  den  semitischen  Dia- 
lecten überhaupt  zur  Abstractbildung  dient  Denn  sie  ist  ohne 
Zweifel   auch   mit  der  arab.  Feminin-Endung  j^— ,  ^5—  iiod  der 

im  Aethiopischen  nicht  seltenen  Abstract- Endung  ä,  wie  den 
hebräischen    ursprünglich    Abstracta    bezw.    Collectiva    bildenden 

Endungen  auf  ti-^  oder  Ji-^r-  (njab  =  ^^Ih)  oder  v^  *),  der  ur- 
sprünglichsten Form  derselben  zu  identificiren.  In  unserem  Falle 
wäre  nur  das  j  vor  der  Dual-Endimg  in  w  übergegangen,  ein 
üebergang,  for  den  sich  eine  Beihe  von  Analogien  aus  dem  Aram. 
anfuhren  lassen. 

Dagegen  dürfte  für  diese  Annahme  sprechen,  dass  sich  für 
das  jetzige  Semitisch  überhaupt  kein  ursprünglich  zweiradicaliges 
Nomen  oder  Verbum  nachweisen  lässt,  da  auch,  wo  uns  alle  semi- 
tischen Dialecte  ein  aus  -zwei  Badicalen  bestehendes  Nomen  dar- 
bieten, dasselbe  doch  nur  als  schon  ursemitische  Verkürzung  aus 
einem  ursprünglich  dreiradicaligen  —  wenigstens  nach  den  meisten 
neueren  und  schon  den  arabischen  Grammatikern  —  gefasst  wer- 
den muss.  Neuerdings  hat  freilich  Nöldeke  die  durchgängige  Rich- 
tigkeit dieser  Auffassung  bestritten.  ^).  Indess  wenigstens ,  wo  in 
Nominibus  dieser  Art  noch  die  Sprache  selbst  uns  auf  eine  va- 
sprüngliche  dreiconsonantige  Wurzel  hinweist,  indem  in  Ableitungen 
sich  noch  ein  dritter  Radical  zeigt,  und  wo  dabei  der  ursprüngliche 
bezw.  ursprünglichere  Wurzelbegriff  nur  in  einer  dreiradicaligen 
Wurzel  vorliegt,  aus  der  sich  das  betreffende  Substantiv  formell 
entwickelt  haben  kann,  und  auf  deren  Zusammenhang  mit  dem- 
selben jene  Ableitungen  hinweisen  —  da  werden  wir  eine  Ver- 
kürzung allerdings  schon  in  ursemitischer  Zeit  aus  einer  dreiradi- 
caligen Wurzel  anzunehmen  haben.  Wir  werden  daher  z.  B. 
zorückfuhren: 

v  auf  •'1^    (iT^).     Denn  neben   n^   findet  sich  noch  im  Arab. 


1)  Nöldeke,    ZDMG    XXII,   484;    Neusyr.    Gramm.    155.         8)  OUhausen 
1 116  d.         3)    Mand.  Gramm.  96. 


74  PMüppi,  daa  Zahkoori  Zwei  im  Semüisehenm 

ein   .,Ljk\j^  \Sy^.  (dissimilirt  aus  ^^jfXJ)   und  der  Plural  Jut, 

und  im  Aethiopischen  vor  Suffixen  ein  T^Ä !  j  ™  Plural  aber  ein 
Tf^JiQPly  und  die  Grundbedeutung,  von  der  sich  erst  die  Be- 
deutung unseres  Wortes  ableitet,  liegt  noch  vor  in  einem  drei- 
buchstabigen  ^Ju  bezw.  ^Ju  des  Arab.,   worauf  die  angeführten 

Ableitungen  hinweisen,  und  in  einem  mit  diesem  aufs  engste  ver- 
wandten  dreibuchstabigen  ^ot  bezw.  j^^l,   mit  dem   Grundbegriff 

des  stark,   fest   seins  oder  Werdens  (daher  ^ot  von  der  Milch  in- 

crassuit,  auch  multa  fuit  res  und 'beide  in  IV  stärken,  rüsten,  rüstig, 

stark  sein),  so  dass  also  1^  i'^S^-  ^^  ^^^*  Nebenform  ot  j  ^)  ursprünglich 
„die  starke*,  „feste*  bedeutet  haben  wird  *). 

b  O 

Weiter  19  (^1)  auf  13a  bezw.  -^ra,  da  neben  ^\    das    Arab. 
noch   ein  ^_g^   aufweist   (wohl  dissimilirt   aus     ^-yü) '),   und  von 


1)  Dagegen  dürften  das  ätir  Sd  wie  das  samarit.  HM   aus  einem  jad  durch 
vocalische  Auflösung   des   beginnenden  j  comunpirt  sein,  vgl.  syr.  J^f  ,  mand. 

fi<"l^,  nenar.  id.  2)  In  den   Bedeutungen  von  I  ist  15 Ju  denom.    von 

uXj.     Von  dem  hebr.  tll**   darf  aber   H^    nicht    abgeleitet   werden,  so  dass  es 

ursprünglich    „eztensa"    im   Gegensatz   au   C|D   bedeutet    hätte    (Gesenius  tiies., 
Böttcher  I,   328   Anm.    will   es    als  die   „werfende"    fassen).     Denn   da    dieses 

tl"!"^    auf  ein  ursprüngliches   ^11  bezw.    1*11   surückgeht,   wie  sich   aus  Hiphil 

und    Hitpael    dieser    Wurzel    und    der    entsprechenden    arab.    Wurzel    lOJS 

ergiebt,  so  hätte  die  Form  diesen  Falles  im  Arab.  «3^  lauten  müssen.         3)  Auf 
die  ursprüngliche  Existenz  eines  j  als   dritten  Radicals  in  diesen  Formen  dürfte 


auch   das  i   von  121,  s^^fj^  im  Yerhältniss   zum  a  der  Formen  im^äj,  &^^2l, 

oLü,   rilSä  hinweisen,    das   sich   einfsch    nur    als    Schwächung    aus  a   durch 

Einwirkung  eines  folgenden  j  erklären  lässt;  vgl.  Fleischer  BB.  d.  K.  6.  6.  d. 
WW.  1866  p.  311.     Schon  arabische  Sprachforscher,  denen  Fleischer  gefolgt  bt, 

haben   als   Grundform   ein      JU   aufgestellt,    woraus  dann  also  nach  dem  eben 

Bemerkten     ^ÄJ ,    .»yi  geworden  wäre.     Dass   sich  in  den  Pluralformen  überall 

das  ursprüngliche  a  gehalten  hat,  dürfte  dann  in  der  Annahme  seine  Erklärung 
finden,  dass  in  der  semitbchen  Grundsprache  schon  zu  einer  Zeit,  wo  man  noch 
im  Singular  bani^  sprach,  im  Plural  dio  Coutraction  von  bauajüna  zu  banüna 
und  ebenso  von  baniy&t  zu  banat  eingetreten  war,  womit  aber  in  den  Plural- 
formen   der   Grund   für   die  Schwächung   des  a  zu  i  wegfiel;  erst  später  hätte 


Fhüippi,  das  Zdhhoort  Zwei  im  Semitiaehen,  75 

der  Bedentnng   der  Wurzel    ^   ans  bin  offenbar  erst  die  seinige 

erlangt  hat,  indem  es  namentlich  in  Hinblick  auf  Gen.  16,2;  Deut 
25, 9 ,  wie  schon  Kimchi  und  Parchon  richtig  gesehen,  ursprünglich 
als  Erbauer  (des  Hauses)  zu  fassen  ist  ^);  vgl.  sanskr.  putra — s, 
das  wegen  des  immer  activ  gebrauchten  Sufßxes  tra  wohl  als 
Zenger,  Fortpflanzer  des  Stammes  gefasst  werden  muss  (s.  Curtius, 
Omndz.  d.  griech.  Etym.*  p.  288),  während  sanskr.  ^ta — s,  sünu — s, 
goth.  sunu — s  den  Gezeugten  bezeichnet. 

Femer  ^  (Baid&wl  I,  4)  D^  (/mmI)  auf  ^4jm,  da  das  Arabische 
noch  einen  Plural  Hl^  statt  ^U^t ,   ein  Nomen   relativum  ^^4^ 


und  eine  dialectische  Nebenform    ^t^ ,  das  Aram.  aber  einen  Plural 
iritttp  (nriÄtö)  statt  ij»^    (vgl.  ina«  bezw.  nna«)  darbieten,  und 

die  Bedeutung  „Name^  ohne  Frage  von  U^  hoch  sein,  heraustreten, 

deutlich,  kenntlich  sein  ausgegangen  ist,  so  dass  sim  ursprünglich 
das  bezeichnet,  woran  eine  Person  oder  Ding  kenntlich  ist  ^. 


r. 


»5  ,, 


iidi  dann   aiu     ^Jü  in  besagter   Webe    ein  bin  entwickelt.     Aber  auffallend 

blieben  bei  dieser  Erklärung  immer  die  arab.  Formen  i*«^^^  j  O^^  9  ^  welche 

wir  Tielmehr  ein  im  3^,  Cyf^  erwarteten.  Man  müsste  also  annehmen,  dass 
in  diesen  vielgebrauchten  Wörtern  vielleicht  schon  im  Altarabischen  au  bezw. 
ai  weiter  zu  A  bezw.  1  zusammengezogen  wären,  eine  Contractionf  die  bekannt- 
lich im  Hehr,  ganz  gewöhnlich  und  auch  im  Vulgärarab.  gar  nicht  selten 
Ist  Im  Magfarib  wird  fast  stets  au  zu  ü,  wie  ai  zu  i  (ZDMG.  XXm, 
667),  und  schon  zu  Öaw&liki's  Zeit  setzte  man  oft  ü  für  au  (Morgenl. 
FoiBch.    149).    Indes«    dürften  wir   alle   Schwierigkeiten  vermdden  durch  Auf- 

stellang  einer  etwas  nüancirten  Grundform,  nämlich     ^Jb.     Denn  von  banij  aus 

würden    sich   sowohl   die  Formen   banüna,  banina    aus   banijüna,   ban^tna  als 


»j     , 


die    Nisbebildung    [^y^    (vgl-  {^y*^  von  j^  =     ^4^^)   ohne  Weiteres  er- 

klären.  Das  VerhMltniss  aber  der  Pluralformen  zu  den  Singularformen  würde 
auch  hier  auf  dieselbe  Weise  zu  fassen  sein  wie  bei  der  ersten  Annahme.  Für 
welche   dieser  Erklärungen  man   sich   auch  entscheiden  mag,  jedenfalls  werden 


O  o 


wir  nicht  mit  Ewald  (6r.  Ar.  I,  280  n.)  als  Grundform  für  bin  ein  gjj  auf- 
stellen (so  Übrigens  schon  einige  arab.  Philologen),  da  wir  dann  für  die  Plural- 
formen  ein  von  diesem  ganz  unabhängiges     ^Jü  bezw.     ^Jo  ansetzen  müssten. 

1)  Kach  den  arab.  Lexicographen  wohl  weniger  gut  als  des  Vaters  Bau 
(Eneugniss),  vgl.  übrigens  auch  assyr.  na-ab-ni-tu  Nachkommenschaft,  Sprössling 
«nd  bani  (Part.)  Erzeuger  (Fried.  Delitzsch,  Assyr.  Stud.  21.  192).  2)  Ver- 

fehlt ist  die  Ableitung  der  kufischen  Sprachgolehrton  von  a^m»^  ,  s.  BaitUwi  I,  3, 
neh  Delitzsch,  Comm.  Psalm.  109. 


76  mtippi,  das  ZaMwm^  Zioo»  »... 

>üuM  endlich  auf  ^Jum,  da  noch  eine  Ploralform  ot^JL^  (auch 

' « «  « « 

oL^Jum)   vorliegt,  KJLm  aber  von  derselben  Bedeutung  ausgeht,  die 

wenigstens  mehrere  Dialecte  in  einer  entsprechenden  dreiradicaligen 


Wurzel  "^  b  bezw.  i  b ,  auf  deren  formellen  Zusammenhang  mit 
unserem  Wort  schon  jene  Pluralformen  hinweisen,  noch  bewahrt 
haben  ^). 

Ebenso  werden  wir  demnach  auch  tin  als  eine  Verkürzung  einer 
ursprünglich  aus  drei  Badicalen  bestehenden  Form  ÜEissen  müssen. 
Denn   einmal   zeigt   sich  auch  hier  noch  in  Ableitungen  eine  drei- 


*y 


buchstabige  Wurzel,   so   im  aram.  'jjrn,  auch  arab.  ^.jLS,     Jl  und 

6  ^o> 

^UJo  ').     Sodann  ist  auch  die  Bedeutung  unseres  Zahlwortes,  wie 

wir  sogleich  zeigen  wollen,  von  der  Bedeutung  gerade  der  drei- 
buchstabigen  Wurzel,  die  wir  schon  nach  jenen  aram.-arab.  Ab- 
leitungen als  formellen  Ausgangspunkt  desselben  ansehen  mussten, 


1)  Daher  ist  es  in  der  That  nicht  einzusehen,  warum  wir  aJum  nicht  mit 
demselben  Rechte  von  l.JL^  ableiten  sollen  als  ÄJo^,  L^i^-  von  yix^^ 
iL^S>,    ^^^S>  von  ,^^4J>,   b)-ft,    j^jc  von  ^^^    ^ß  von  ^j,   iUi   von 

^^JÜ,   oder  ein  hebr.  nnd  targ.  r^*!3T5>  woneben  noch  hebr.   ^J'JJ?»    "vtm   ^p. 

Uebrigens  ist  es  auch  nicht  wahr,  dass,  die  ursprüngliche  Zweibnchstabi^eit  der 
im  Text  besprochenen  oder  analoger  Substantiva  vorausgesetzt,  die  UmbÜdong 
in  die  Dreibuchstabigkeit  unvermeidlich  gewesen  wftre,  sobald  man  von  ihnen 
gewisse  weitere   Ableitungen   machte   (Nöldeke,   Mand.   Gr.  96).     So   gut   man 

O«  ««  o^  %      ^ 

wenigstens  von  <Aj  ans  arab.  i«)t<Aj  bildete,  von  ^^  aus  .c*^t  ^<>i^^  ™<^ 
auch  von   einem  ursprünglichen   m^  aus  imI-a3  ableiten,   und   man  sieht  nicht 

^  ^  ^  ^  ^  ^ 

recht  ein,  wie  diesen  Falles  ^^y^  bezw.  ^^-t^  entstanden  wäre.     Eher  h&ttf 

man  dann   i-^wO  erwartet,   da,   wo   das  Arabische  sp&ter  notorisch  zweibnd 
stabig^  Wörter  lu  dreibuchstabigen  erhoben  hat,  es  der  Regel  nach  durch  V« 

doppelung  das  Auslautes  geschehen  ist,  so  in  <Aj  (Fleischer,  de  gloss.  Habicht. 

a  ^  o         2 « -  2     , 

in  a^Ju«  slaU  m^Jwo,    ^4/  neben  .c^.     Vgl.  auch  Nöldeke,  Neus.  Qr 

^<«m.  1.     Dagegen  ist  es  sehr  erklärlich,  dass  der  f 


Fhüippi^  doH  2Mkoort  Zwei  ün  Semititehen  77 

«osgogangeiL  Es  kann  nur  noch  die  Frage  sein,  ob  wir 
nnemitisches  tin  aus  tinj  oder  tinaj  i)  verkürzt  zu  denken 
liaben.     Indess  wenn  von  den   beiden   noch  im  Arab.  vorhandenen 

Fonnen     j>^  und   La  aus     J^   der   Bedeutung    nach    sich    nur 

das  erstere,  wie  wir  sehen  werden,  zu  tin  stellt,  —  denn  ersteres 
bedeutet  nach  Lane:  ,a  duplication  or  doubling  of  a  thing^,  „a 
folding  a  duplicature  or  fold'^,  letzteres  dagegen  ,|the  repetition  of 

a  thing%  ,or  an  affair  done  twice*^,   so  dürfte  im  arab.    ^  noch 

die  Urform  unseres  tin  erhalten,  letzteres  also  als  ursemitische 
Verkürzung  von  tinj  zu  betrachten  sein  ^). 

XL  Nachdem  wir  die  ursemitische  Form  des  Duals,  in 
dem  das  Zahlwort  Zwei  jetzt  allein  erscheint,  sowie  die  ur- 
semitische Form  des  Singulars,  von  dem  sich  dieser  Dual  gebildet, 
festgestellt  haben,  treten  wir  an  die  Frage  nach  der  ursprünglichen 
Bedeutung  dieser  Formen  heran,  deren  Beantwortung  zugleich  allein 
entscheiden  kann,  ob  schon  der  Singular  tin  oder  erst  der  Dual  dieses 
Wortes  im  Ursemitischen  die  Bedeutimg  der  Zweizahl  erhalten 
hat  Ueber  die  ursprüngliche  Bedeutung  unseres  Zahlwortes  hat 
im  Grossen  und  Ganzen  schon  Dietrich  (Abhandlungen  zur  somit 
Wortforschung  289)  das  Richtige  aufgestellt  Zunächst  entstammt 
tin  bezw.  tinainft  etc.,  wie  eben  dargethan  ist,  einer  dreiradicaligen 

Wurzel    Jo,  hebr.  513  o,  aram.  «2n,  |it.     Der  Grundbegriff  dieser 

Wunel  liegt  aber,  wie  auch  fast  allgemein  anerkannt  ist,  in  der 
Bedeutong:  beugen,   flechten,  falten  vor,   die  uns  noch  das  Arab. 

Ja  erhalten  hat').     Denn  mag  nun  die  Bedeutung:   wiederholen, 

die  sich  in  allen  in  Bede  stehenden  Dialecten  findet,  erst  De- 
nominativ unseres  Zahlwortes  sein^),  oder,  was  wahrscheinlicher, 
sich  direct  aus  der  Bedeutung  falten,  doppeln  entwickelt  haben, 
immer  wird  sie  erst  als  secundär  im  Verhältniss  zu  der  ersteren 
zo  betrachten  sein,  was  Bedslob  (ZDMG  XXVII,  157)  nicht  be- 
achtet zu  haben  scheint  Aus  der  Bedeutung  des  Wiederholens 
ist  dann  weiter  die  Bedeutung  des  Lobens,  Lobsingens,  Preisens 
im  Arab.  und  Hebr.  ^)  und  des  Erzählens,  Sprechens,  Mittheilens, 
Verabredens,  Lehrens  und  Lernens  im  Aram.  entsprungen. 


1)  So  z.  B.  Obhaasen.         2)  Auch  die  arab.  Grammatiker  leiten  das  Zahl- 

ö  o  ö  — 

Wort  TOD  einem  Singul.     ^JLS'  oder     ^Jui  ab  (Lane  s.  y.)         3)  Insbesondere  in 

^  Formen  I,  Y,  VII,  auch  dem  Substantiv  äjLu;  Strick,  Tau.         4)  So  schon 

&B  Ena  147.  5)  In  der  II.  und  IV.  Form  des  Arab.  und  dem  Pi*el  des 

Htbr.    Im  Hebr.   finden  wir   allerdings  in   dieser  Bedeutung  ein  ^Tdn.     Indess 


78  PkiUppi,  das  2kMu)ori  Ziwei  im  Semititchen. 

Dagegen,  um  dies  beiläufig  zu  bemerken,  gehört  das  hebr. 
nsd  in  der  Bedeutung:  anders,  verschieden  sein,  sich  verändern, 
ändern,  wechseLi,  dem  das  aramäische  fi<3tÖ,  }jjk    entspricht,    nicht 

hierher.  Deim  einmal  weichen  diese  Wurzeln  von  den  eben  be- 
sprochenen schon  in  der  Bedeutung  ab.  Und  wenn  sich  auch  die 
Bedeutungen:  anders,  verschieden  sein  oder  werden,  sich  ändern,  imd 
dann  weiter  verändern  etc.,  als  Denominativa  des  Zahlwortes  Zwei 
fassen  Hessen,  so  liegt  doch  diese  Fassung  gerade  nicht  nahe.  Sodann 
besteht  aber  auch  ein  lautlicher  Unterschied  zwischen  beiden  Wurzel- 
classen.  Denn  das  Aram.  bietet  hier  dem  hebr.  *d  gegenüber  nicht  t, 
sondern  gleichfalls  i.  Die  Annahme  aber,  dass  das  t  des  ursemitischen 
tansg,  wie  es  im  Hebr.  theils  zu  'd  theils  zu  t  ward,  so  im  Aram. 
theils  zu  t  theils  zu  §  verschoben  wäre,  oder  dass  hier  ein  späterer 
Uebergang  des 'aram.  n  in  c  vorläge^),  hätte  um  so  weniger  Grund, 
als  die  lautlich  geschiedenen  Wurzeln  des  Aram.  auch  der  Be- 
deutung nach  scharf  geschieden   sind.     Wenigstens   im  Syrischen 

hat  |iL  so  wenig  je  die  Bedeutung  von  |jjt^  d.  h.  des  anders, 
verschieden  Seins,  des  Aendems  oder  Verändems,  als  |jjt  je  die 
Bedeutung  von  |jtj  d.  h.  des  Wiederholens  oder  Lobens,  Er- 
zählens etc.  ^).  Dazu  kommt  endlich,  dass  uns  auch  das  Arabische 
eine  der  aramäischen  mit  iD  beginnenden  lautlich  ganz  entsprechende, 

in  ihrer  Bedeutung  von     Ja  ganz  verschiedene  Wurzel  U^  bezw. 

jLm   darbietet.     Also   hat  jedenfalls   schon   im  Ursemitischen   ein 

sanaw  bezw.  sanaj  mit  besonderer  Bedeutung  dem  tanaj  gegenüber- 
gestanden, und  nur  im  Hebr.  mussten  beide  Wurzeln  nach  den 
hier   herrschenden   Lautwandelgesetzen    in    eine   zusammenfliessen. 

Allerdings  lassen  sich  fiir  das  arabische  U^  bezw.  ^JLm  nicht  die- 
selben Bedeutungen  nachweisen,  die  die  lautlich  entsprechenden 
aram. -hebr.    Formen    besitzen.     Denn    wenn    auch   .die   Y   Form 


wenn   das  Arab.   auch   hier  ^6^j   ^uid  ebenso  das   Aram.  M3ri   darbieten,  so 

können   wir   nur   annehmen,    dass   das  ursemitische  t  sich  in  dieser  Wurzel  im 
Hebr.   gespalten  bat  und   auf  der   einen  Seite  in  der  im  Hebr.  sonst  Üblichen 

Weise  zu  V,  auf  der  anderen  in  aramSischer  zu  t  geworden  ist,  v^.  hebr.  n^n 


und  V9^n  neben  arab.  vil^-^-.  aram.  DlTl. 

1)  Vgl.  hebr.  und  aram.  ^ÖS  neben  hebr.  *iri&  =  arab.  J3 ,  oder  mand. 

fi<73T   =  Q"l  aller  anderen  Dialecte.         2)  Auch  im  Targum.  hat  M31D  nie  die 

Bedeutung  des  Wiederholens.  Denn  Proy.  17,  9  ist  ^30^1  zu  lesen  (Ha^ographa 
chald.  ed.  Lagarde  132),   wie   auch   die  LXX   und  die  Peschito  hier  das  hebr. 

n3V9   gefasst  haben.     Dagegen  findet  sich    M^H   einmal    (Hieb  14,  20)  in  der 

Bedeutung  des  Aendems.  Doch  dürfte  hier  eine  durch  das  Hebr.  '^^T^  veran- 
lasste Verwechselung  der  im  Aram.  sonst  überall  geschiedenen  Wurzeln  anzu- 
nehmen sein. 


Pkä^ppif  das  SScJdufOH  Zwei  im  SemiÜMckmi,  79 

der   arab.   Wurzel  in  der  Bedeatung:   it  became  altered  (for  the 
worse)  belegbar  ist,  so  dürfte  hier  doch  wohl  ein  Denominativ  von 


=  juLmÖ  in  derselben  Bedeutung,  vorliegen,  so  dass  sie  eigent- 

lieh  soviel  bedeutete,  als  „it  lost  its  freshness  by  the  lapse  of 
jeaiB*^).  Indess  dürfte  doch  das  Arabische  gerade  die  ursprüng- 
lichste Bedeutung  dieser  Wurzel  bewahrt  haben,  aus  der  sich  erst 
die  aram.  bezw.  hehr.  Bedeutungen  derselben  entwickelten.  Als 
Grundbedeutung  im  Arabischen  werden  wir  nämlich  die  des  Auf- 
strahlens,  Leuchtens,  Glänzens  aufisteilen  müssen.  Durch  diese  Be- 
deutung lässt  sich  übrigens  noch  weiter  eine  Verbindung  mit  der 

Wurzel  ^^j^  herstellen,   indem  diese   den   Grundbegriff  der  zwei- 

radicaligen   Urwurzel   ^_^  noch   bewahrt  hat,    nämlich   den  des 

Schfirfens,   Wetzens,  Polirens,   aus   dem  sich  in  LLm  erst  der  des 

blank,  glänzend  Seins,  bezw.  des  Glänzens,  entwickelt  hat.  Aus 
der  letzteren  Bedeutung  sind  dann  im  Arab.  selbst  die  des  Auf- 
sieigens  oder  Besteigens,  sich  Erhebens  oder  Erhebens,  Oeffiiens, 
offen  Seins,  des  Auf-  oder  Heraufziehens  (so  von  Wasser,  das  ver- 
möge des  Wasserrades  aus  dem  Brunnen  herangezogen,  geschöpft 
wird,  daher)  des  Bewässems,  oder  aber  des  auf-,  herauf-  oder  heraus- 
gezogen Seins,  df^er  des  trocken  Seins  ^),  endlich  für  gross,  schön 
Haltens  ')  hervorgegangen.  Von  der  Bedeutung  des  Aufsteigens,  sich 
Erhebens  dürfte  nun  aber  weiter  die  aram.  Bedeutung  der  Wurzel 
herzuleiten  sein,  die  schon  Bernstein  als  die  relativ  ursprünglichste 
des  Aram.    erkannt  hat,   die  Bedeutung   des  (sich)  Fortbewegens, 


1)  Nach  einigen  arabischen  Lezicographen  iteht  übrigens  j<a.m<^*  in  dieser 
B«d«atimg  für  ^^Ju»ö ,  s.   Lane  s.  v.     2)  So  ist  wohl  ÄJyM  (JSOj\  (aach  oJum) 


o^ 


od«r   ^yA*0t  SU  erklXren,  also  eigentlich  ein  herauf-  oder    ausgezogenes,  ansge- 
so^nes    Land,    ein  Land,    aus  dem    das  Wasser    herausgezogen    ist.      Wegen 

fiwOT'  Bedeatung   hat   dann   das  lautlich   identische   KJyw  =  Jahr  auch  schon 

Ar  sich  die  Bedeutung  eines  schlechten  oder  Mis^ahres  (^I^Jum  XJum)   erhalten. 

LaJLmI   they    ezperienced   drought  or   barrenness   (Freytag  falsch   I^JuCmH     ist 

■atftriich  nichts  als  ein  Denominativ  yon  äJum,  wie  schon  El-Ferrä  richtig  sah 

(Lane  v.  v4>JLm)  .  3)  X.  Form  Freytag  s.  v.  Man  beachte ,  dass  die  ent- 
ipechende  «th.  Wurzel  UJf  P  ^  bezw.  ^JP'  nur  in  der  Bedeutung: 
idkön  sein  und  anderen  daraus  abgeleiteten  vorkommt  (DiUmannf  lex.  25 1>. 


gO  ^kÜippi,  das  Zahhoorl  Z^oei  im  Senuiiachen. 

wie  sie  in  dem  syr.  Peal  und  Pael  vorliegt  *).  Diese  Bedentang  ist 
dann  schliesslich,  wie  sich  leicht  erklärt,  in  die  im  Aram.  wie  Hebr. 
am  häufigsten  belegbare,  des  Aendems,  Verändems,  Wechseins,  ver- 
schieden Seins  übergangen.  So  lassen  sich  diese  lautlich  identischen 
arab.  und  aram.  (hebr.)  Wurzeln  ohne  Schwierigkeit  auch  der  Be- 
deutung nach  vereinigen.  Wir  zweifeln  um  so  weniger  an  ihrem 
ursprünglichen  Zusammenhang  und  zugleich  ihrem  (Gegensatz  gegen 
die  andere  Gruppe  mit  anlautendem  t,  als  sich  uns  eine  Spur  der 
im  Aram. -Hebr.   gewöhnlichsten  Bedeutung    auch   noch   im  arab. 

KJuM  Jahr  =  hebr.  n:c,  aram.  M3V,  assyr.  §anat  findet.     Es  ist 

verkehrt,  wenn,  soweit  wir  sehen,  sämmtUche  neuere  Lexicographen 
und  Etymologen   dieses  Wort   an  die  Wurzel        A-J?^  nattJ,  »3n 

knüpfen  imd  es  erklären  als  Wiederholung,  (Gesenius)  oder  Um- 
kreistmg  (Dietrich)  oder  Wiederholung  des  Sonnenlaufes  (Fürst)  *) 
oder  Wiederholimg  der  ganzen  Reihe  von  Erscheinungen,  welche 
das  Jahr  bilden  ').  Denn  aus  einer  exacten  Vergleichung  des  Wortes 
in  den  verschiedenen  Dialecten  ergiebt  sich  mit  Sicherheit  ein  ur- 
semitisches sanat,  und  die  Bedeutung  dieses  Wortes  lässt  sich 
leicht  erklären,  sobald  wir  nur  annehmen,  dass  sie  schon  in  der 
semitischen  Grundsprache  die  im  Hebr.  und  Aram.  gewöhnliche 
Bedeutung  des  Verändems,  Wechseins  gewonnen  hat  Denn  dann 
würde  sich  für  sanat  die  sehr  passende  Bedeutung  ,» Wechsel*  er- 
geben, d.  h.  es  würde,  um  mit  Orelli  zu  reden,  zunächst  als  Er- 
scheinung den  regelmässigen  Wechsel  der  Reihe  von  Erscheinungen, 
die  das  Jahr  bilden^  der  Jahreszeiten,  als  Zeitmaass  die  Zeit»  inner- 
halb der  sich  dieser  Wechsel  vollzieht,  bezeichnen^). 

Doch  kehren  wir  zur  Darlegung  der  ursprünglichen  Bedeutung 
von  tin  bezw.  ünaimft,  tinainft  zurück.  Dieses  Wort  kann  also 
nach  der  obigen  Auseinandersetzung  im  Ursemitischen  entweder 
von  der  ursprünglichen  Bedeutung  der  Wurzel  tan%j  aus:  Falte, 
Beuge,  Faltimg,  Beugung,  (Gefaltetes,  Gredoppeltes ,  oder  von  der 
schon  secundären  aus:  Wiederholung,  Wiederholtes  bedeutet,  und 
von  der  einen  oder  anderen  Bedeutung  aus  zum  Begriff  Zwei  ge- 


1)  Die  transitive  Bedeutung  und  die  Constmction  des  aram.  Pael  findet  sich  mach 
im  hebr.  Fiel,  vgl.  Est.  2,  9.  Von  der  Bedeutung :  verändern  aus  liesse  es  sich 
kaum  erkl&ren,  vgL  z.  B.  Kell's  Uebersetzung  z.  St. :  Er  veränderte  sie  und  ihre 
Dirnen   in   das  beste   Gemach  des  Frauenhauses(!).  2)  So  schon  Abrah.  b. 

Ezra  147.         3)  So  v.  Orelli,   d.  hebr.   Synonyme  der  Zeit  und  Ewigkeit   60. 

4)  Die  arab.  Lexicographen  leiten  das  Wort  entweder  von  ^uLm  ab,  das  aber 
erst  DenominatiT  ist,  oder  von  LLm  „he  toumed  round  about  the  well" ,  so  dass 

es   eigentlich  bedeute  ,^  Single  rovolution  of  the  sun"  (Lane).     Indess  hat  LLm» 

doch  nie  die  allgemeine  Bedeutung  des  tJmdrehens,  sondern  heisst  in  jener 
Phrase  eigentlich  nichts  als  Wasser  aus  dem  Brunnen  durch  Drehen  des  Wasser- 
rades, das  durch  Herumgehen  des  Thieres  um  den  Brunnen  in  Bewegung  ge- 
setzt wird,  schöpfen. 


Philippij  da*  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen,  gl 

kommen  sein.  Indess  werden  wir  uns  für  die  erstere  Annahme 
entscheiden  müssen,  da  hei  der  zweiten  der  Dual  nicht  recht  he- 
greiflich wäre.     Das  Wort  ist  also  der  Bedeutung  nach  dem  arah. 

oder  dem  hehr.  Tiiwz   zu  vergleichen.      Ob   aher   schon   der 


Singular  tin,  —  wo  dann  die  Bedeutung  Zwei  wohl  von  der  Be- 
deutung des  GeMteten,  Doppelten  ausgegangen  wäre,  —  oder  erst 
der  Dual  die  Bedeutung  des  Zahlwortes  erlangt  habe,  müssen  wir 
darnach  dahingestellt  sein  lassen.  Man  könnte  sich  vielleicht  für 
die  erstere  Annahme  auf  die  allerdings  schon  ursemitischen  Feminin- 

formen  des  Duals  berufen,  die  auf  ein  singularisches  »j^  als  Fem. 

zu  ^   in   der   Bedeutung   Zwei    hinzuweisen  scheinen  ^).      Indess 

steht  doch  der  Annahme  nichts  im  Wege,  dass  erst  der  Dual  unseres 
Wortes  die  Bedeutung  der  Zahl  Zwei  erhielt,  dann  aber,  als  sich 
allerdings  schon  im  Ursemitischen  das  Bedürfiiiss  nach  einer  Fe- 
mininform für  dieses  Zahlwort  geltend  machte,  sich  nach  Analogie 
der  sonstigen  Duale  von  singularischen  Femininformen  das  Fe- 
mininum von  tinainä  bezw.  tinaimä  aus  bildete.  Jedenfalls  würde 
aber  auch  im  ersten  Falle  der  Dual  nicht  erst,  nachdem  das  Woi*t 
schon  die  Bedeutung  Zwei  erlangt,  an  dasselbe  gekommen  sein 
können,  sondern  es  müsste  dann  tin  und  tinainä  bezw.  tinaimä 
gleichzeitig  diese  Bedeutung  erlangt  haben,  vgl.  b&D  und  D^Vsr. 
Denn  sonst  würde  der  Dual  hier  im  Sinne  der  blossen  Zweiheit 
gesetzt  sein.  Wenn  sich  aber,  wie  wir  oben  gezeigt,  einmal  der 
Dual  des  Wortes  schon  im  Ursemitischen  festgesetzt  hat,  und  wenn 
der  ursemitische  Begriff  des  Duals  der  der  paarweisen  Verbindung 
war,  so  können  wir  einen  m-semitischen  Dual  in  jenem  Sinn  nicht 
annehmen.  Daher  kann  aber  auch  unser  Dual  ursprünglich  nicht 
2  Falten,  oder  2  Faltungen,  2  gefiältete  oder  gedoppelte  Dinge 
bedeutet  haben,  so  dass  der  daraus  entwickelte  Begriff  Zwei  am 
besten  unserem  zweiftltig,  engl,  twofold  zu  vergleichen  wäre 
(G^senius,  Sayce).  Der  Dual  wird  vielmehr  gesetzt  sein,  um  die 
beiden  nothwendig  zusammengehörenden,  gefalteten  oder  gebeugten 
Theile  einer  Falte  oder  Beuge,  bezw.  eines  gefalteten  oder  ge- 
beugten Dinges  zu  bezeichnen,  wie  er  so  ganz  der  Grundregel 
seiner  Anwendung  gemäss  auch  im  hebr.  D'^n'n,  D'^n];^?^,  D'^ns'CTa 
oder  dem  bedeutungsverwandten  d^bes  ^)  steht,  und  er  wird  von 
dieser  Bedeutung  aus  entweder  allein  oder  neben  dem  Singular 
tin  im  Sinne  des  Gefalteten  oder  Doppelten  die  Bedeutung  der 
Zweizahl  erhalten  haben. 


1;    Dietrich,    Abh.    z.   semit.    Wortf.    239.  2)  Von   zufälliger  Paarung 

(Böttcher  §  686,  76)  kann  in  diesem  Beispiel    so  wenig  wie  in  den  anderen  die 
Bede  seiD. 

Bd.  XXXTI.  6 


82  Phäippiy  das  Zahhoart  Zwei  im  Semitischen. 

Xn.  Wir  haben  jetzt  nur  noch  die  Femininformen  unseres 
Zahlwortes  sowohl  in  ihrem  Verhältniss  zu  einander  als  zu  der 
vorauszusetzenden  ursemitischen  Grundform  zu  besprechen.  Wir 
haben  sowohl  schon  darauf  hingewiesen,  dass  sämmtliche  semitischen 
Dialecte,  soweit  sie  überhaupt  unser  Zahlwort  besitzen,  auch  ein 
Femininum  desselben  darbieten,  also  schon  die  semitische  Grund- 
sprache eine  solche  Form  besessen  haben  muss,  als  auch  darauf, 
dass  in  sämmtlichen  hier  in  Betracht  kommenden  Dialecten  das 
Femininum  gleichfalls  in  der  Dualform  auftritt,  also  diese  sich 
auch  schon  für  das  Femininum  unseres  Zahlwortes  im  ürsemitischen 
festgesetzt  haben  muss.  Eine  Vergleichung  des  Arabischen  und 
Hebräischen  ergiebt  nun,  dass  sich  eine  Femininform  im  Ür- 
semitischen bildete  durch  Antritt  der  Dual-Endung  des  Masculinums 
an  das  Femininum  sing. ,  dessen  jedenfalls  gewöhnlichste  ursemii 
Form  auf  at  auslautete.  Damach  werden  wir  als  die  den  ge- 
fundenen ursemitischen  Masculin- Formen  tinainä  bezw.  tinaimft 
entsprechenden  Feminina  von  vorne  herein  die  Formen  tinatainä 
bezw.   tinataimä   aufstellen   können.     Auf  die   erstere  Form   führt 


0^,0 


uns  auch  sofort  das  arab.  ^^^aäaSL  Denn  diese  Form  ist  ohne 
Frage  auf  dieselbe  Weise  aus  tinatainä  entstanden,  als  ^^yJJ^\  ^^^s 
tinainä.     Schwieriger    scheint   es   aber   zu   sein,   die   andere  Form 


o  «& 


des   Altarabischen:    ^^aä^'   sowie   die  Femininformen   der    anderen 

Dialecte  auf  eine  der  beiden  eben  aufgestellten  semitischen  Grund- 
formen zurückzuführen.  Was  nun  zunächst  diese  arab.  Form  be- 
trifn^,  die  im  Altarabischen  seltner  als  die  andere,  jetzt  aber  bei 
den  Beduinen  der  syrischen  Wüste  in  der  Form  tint^n  die  gewöhn- 
liche ist  ^),  so  haben  schon  die  arab.  Nationalgrammatiker  mit 
Recht   darauf  hingewiesen,    dass   hier  eine   ganz   analoge  Bildung 

vorliege  wie  in  oJü,  o^l,  LäJL^.     Indess  sind  sie  in  Erklärung 


des  in  allen  diesen  Formen  in  Frage  kommenden  t  gerade  nicht 
glücklich  gewesen.  Denn  während  Harlrl  entschieden  den  Feminin- 
Charakter   dieses  t  bestreitet^),   ist   es  nach  Zama^Sari  u.  A.  eine 

Substitution   für   den   dritten   Radical  ^  oder  ^e  *).     Doch   dürfte 

es  heute  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen,  dass  in  allen  in  Frage 
kommenden  Fällen  ^)  das  t  als  eine  im  Verhältniss  zu  der  gewöhn- 


1)  ZDMG.  XXII,  127,  vgl.  auch  die  vulgärarab.  Fonn  tintfin.         2)  Durrat- 
al-6awwäs    IIa,  11  f.         3)  Mufassal  )vO  Z.  9;  Lane  s.  v.         4)  Wohl  aach  in 

y^iA»jS  und  yzy»^ ,   Hir   die   die  Araber   selbst   als  ursprünglichere  Formen  ein 
ÜJS  und   XJ>3  angeben,  Mufassal  vt^  Z.  4  v.  u. 


Philippi^  das  Zahküort  Zwei  im  Semitischen,  g3 

liehen  Endung  at  kürzere  Feminin-Endnng  aufzufassen^  ist.  Schon 
die  Nebenformen   KJül ,  i^jA^^'  ''weisen  klar  darauf  hin.   Ausserdem 

aber  bieten  sämmÜiche  semitischen  Dialecte  neben  der  vollen  Fe- 
minin-Endung  at  (ä)  eine  solche  kürzere  Form  dar.  Denn  im 
Aethiopischen  ist  bekanntlich  das  blosse  t  die  häufigste  und  ge- 
wöhnlichste Feminin-Endung,  im  Hebräischen  ist  es  nicht  selten  in 
dieser  Ftmction '),  im  aram.  Nomen  tritt  es  regelmässig  für  at  (ä) 
ein,  sobald  noch  ein  vocalisch  beginnender  Zusatz  folgt ^).  Hier 
liegt  aber  der  Ursprung  des  t  klar  auf  der  Hand.  Es  ist  nichts 
als  die  Verkürzung  des  volleren  at,  das  bei  Antritt  einer  vocalisch 
anlautenden  Endung  nach  den  im  Aramäischen  herrschenden  Laut- 
gesetzen seinen  Vocal  verlieren  musste,  wobei  dann  das  a  je  nach 
den  Lautverhältnissen   des   übrigen  Wortes   entweder  ganz   ausge- 

stossen  ward,  wie  in  »n^'^nT^,  jK^julo  ^  etc.  oder  in  einem  Schwa 

mobile  noch   einen  Rest  seines  Daseins  bewahrte,  wie  in  Jly^\v% 

Ebenso  finden  wir  im  Assyrischen  rapastu  neben  rapsat,  sapiltu 
neben  saplit*)  und  in  der  Aussprache  des  Hebräischen  bei  den 
heutigen  Samaritanem  neben  bardka,  bardkat  ein  barakti,  barektak  ^). 
Ganz  in  derselben  Weise  entsteht  aber  auch  im  heutigen  Arabisch 
der  Bedu  wie  Hadar  eventuell  fem«  t  aus  at^.  Allerdings  will 
Wetzstein  aus  dem  eventuellen  Fehlen  des  a  vor  dem  t  in  den  neu- 
arab.  Formen  schliessen,  dass  nicht  der  a-  sondern  der  t-Laut  die 
Urform  der  semitischen  Femininalbezeichnung  gewesen  sei.  Mit  dem- 
selben Rechte  aber  könnte  man  behaupten,  dass  die  beiden  Vocale 
der  Nominalformen  büg  gar  nicht  ursprünglich  zur  Form  gehörten, 
sondern  reine  Hilfsvocale  seien,  die  je  nach  Bedürfiiiss  eingesetzt 
oder  weggelassen  wären,  da  man  im  Hebr.  bald  bup  mit  Weglassung 
des  ersten,  bald  '^bu]^  Ol^PP.)  ^^  Weglassung  des  zweiten  sage. 
Wir  werden  also  im*  Aram.,  Assyr.  und  Neuarab.  at  als  die  ur- 
sprünglichere Form,  aus  der  erst  t  hervorgegangen,  ansehen  müssen. 
Demnach  dürfte  das  jedenfalls  nicht  ursprüngliche  blosse  t  als  Zeichen 
des  Feminins  im  Arab.,  Aethiop.  und  Hebr.  gleichfalls  erst  aus  dem 
allein  als  ursprünglichste  Form  der  Feminin-Endung  nachweisbaren 
at  verkürzt  sein,  zumal  da  letzteres  eine  einfache  etymologische 
Erklärung   zulässt   (entstanden  aus  einem  demonstrativen  t&  durch 


1)   Obhaosen   205.  2)    Merz  47.  124.  3)    So   auch    in  Fällen  wie 

,   was   natürlich  nicht    erst   aus   gäl^j^tä  entstanden  ist  (Merz  131), 


Jä^K^, 


dner  Unform,  die  gewiss  nie  in  der  Sprache  ezistirt  hat  —  sondern  aus  galijta 
Bit  vocalischer  Auflösung  des  j ,  das  schliesslich  auf  ein  gal^ata  zurückgeht. 
Gbnz  derselbe  Vorgang  zeigt  sich  übrigens  auch  in  den  entsprechenden  ver- 
Vtlen    Femininformen     bei     Antritt    vocalischer    Endungen.  4)    ZDMG 

XXVI,  217.  ö)  8.  Petermann,  Abb.  f.  d.  K.  d.  M.  V,  1  p.  126  f.  6)  ZDMG 
XXll,  190  ff. 

6* 


S4:  FhiUppi,  das  Zakboort  Zwei  im  Semiiiaehen, 

Vorwerfung  des  Vocals  behufs  besserer  Verschmebrang  der  Endung 
^  mit  dem  vorausgebenden  Nominalstamm).  Für  das  Altarabische 
liegt  diese  Annahme  um  so  näher,  als  einmal  hier  die  Verkürzung 
unter  denselben  Bedingungen  erfolgt  wäre  —  vgl.  besonders  die 
ganz  parallelen  assyrischen  Formen,  —  und  sodann  auch  sonst 
sich  schon  im  Altarab.  das  Streben  zeigt,  in  Formen,  in  denen 
mehrere  kurze  offene  Sylben  auf  einander  folgen ,  eine  Erleich- 
terung  bezw.   Beschleunigung   der    Aussprache    durch  Verkürzung 

eintreten  zu  lassen ,  z.  B.  ^^ ,  ^  ^  ^\ ,  ^  juJb  *).  Das  Alt- 
arabische hätte  allerdings  erst  in  wenigen  häufig  gebrauchten 
Wörtern  die  Contraction  der  Feminin-Endimg  eintreten  lassen,  aber 
es  hat  ja  überhaupt  meist  die  Formen  in  ihrer  ursprünglichen 
vocalischen  Integrität  bewahrt  Im  Aethiopischen  und  Hebräischen 
scheint  freilich  diese  Contraction  stattgefunden  zu  haben,  ohne  dass 
ein  vocalisch  anlautender  Zusatz  an  die  Feminin-Endung  antrat 
Indess  wäre  es  höchst  auffallend,  wenn  das  Hebräische  das  a  eines 
auf  at  auslautenden  Wortes  ausgestossen  haben  sollte,  —  nur  um 
dadurch  eine  ihm  unbeliebte  Doppelconsonanz  im  Auslaute  zu  er- 
halten, die  es  wieder  durch  Annahme  eines  neuen  Vocals  auflösen 
musste.  Und  wenn  wir  früher  nachgewiesen  zu  haben  glauben, 
dass  die  Nomina  im  Hebräischen  und  Aethiopischen  ursprünglich 
vocalisch  ausgelautet  haben  ^) ,  so  dürfte  die  beregte  Contraction 
schon  zu  eben  jener  Zeit  stattgefunden  haben,  also  z.  B.  im  Hebr. 
zunächst  aus  einem  nbüp  contrahirt  sein  ein  nb::jp  bezw.  nb^p  ^, 
und  dann  erst,  als  im  Lauf  der  Zeit  dieser  vo'calische  Auslaut  ab- 
gestreift ward,  sich  das  Bedür&iss  die  so  entstandene  Doppelcon- 
sonanz im  Auslaut  durch  Annahme  eines  Hülfisvocals  aufzulösen 
geltend  gemacht  haben.  Dazu  kommt  wieder,  dass  wenigstens  im 
Hebräischen  unter  analogen  lautlichen  Verhältnissen,  wie  sie  in 
käjilatu  etc.  vorlagen,  nicht  selten  eine  Verkürzung  der  Form  be- 
liebt ist.  So  ward  aus  nakatal  ein  naVW  (jetzt  nik^al),  aus  ta^a- 
tal  ein  tak^al  (jetzt  ti^tel)*).  Damach  dürfte  also  auch  im  Hebr. 
und  Aethiop.  die  Verkürzung  des  at  zu  t  ganz  unter  denselben 
Bedingungen  wie  in  den  anderen  Dialecten  eingetreten  sein,  und 
wir  werden  niuunehr  um  so  weniger  bezweifeln  können,  dass  das 
Feminin-t  in  allen  Dialecten  eine  secundäre,  erst  durch  Verkürzung 
aus  at  entsprungene  Endung  ist.     Wie  daher  hintun,  'uhtim,  kiltä 


\)  Vgl.  Fleischer,  BB.  der  K.  S.  G.  der  WW.  1874  p.  126.  Ganz  ge- 
wöhnlich sind  aber  Contractionen  dieser  Art  bei  den  heutigen  Bedu  und  Hadar, 
s.  Wetzstein  ZDMG  XXH,  119.  189 ff.  2)  Wesen  u.  Urspr.  des  Stat.  constr.-, 

vgl.    Nöldeke,    Gott.    Gel.    Anz.  1871    p.  886.      Dafür  legen    aber   Formen    wie 

n^Up  selbst    wenigstens    ein    indirektes   Zeagniss   ab.  3)    Analoges  dürfte 

Übrigens  von  den  aram.  Formen  auf  n^-^-  und  D^  ans  \)at,  üwat  bezw.  ij.itu  ete. 
gelten.         4)  Morgenl.  Forschungen  7  2  f. 


FhiUppi^  das  Zdhhoort  Zwei  im  SemiÜsclien.  g5 

aus   binatan ,  'uhatun ,   kilatft  ^)    entstanden  sind ,   ganz   ebenso  die 

Porm  -yjSj^  (c)^)  *^^  CT^^  ((-y^)*  ^^®  ^^^  ^^^  ^^  ^^ 
eine  etwas  andere  Weise  als  die  gewöhnliche  altarabische  Form 
^yfjiij^  direct  aus  der  Grundform  tinatainft  entsprungen  ^. 

Mit  dem  arabischen  .-«tyuu  stimmt  aber  die  Bildung  des  him- 

jarischen  ^nsn*)  vollständig  überein.  Denn  dass  dieses  tintö  ge- 
lautet und  also  gleichfalls  aus  einem  tinatd  entstanden,  beweist 
wifs  Klarste  die  Nebenform  "^nfi*),  die  nur  durch  Assimilation  des 
n  von  tint^  an  das  folgende  t  entstanden  sein  kann;  vgl.  die  neben 
einander  vorkonmienden  Formen  nsa  (bint)  und  na  (bitt). 

Dieselbe  Bildung  wie  die  arab.-himj.  Feminin-Form  unseres 
Zahlwortes  zeigt  aber  auch  die  entsprechende  aramäische  Foim 
TTÜP'  Penn  wie  wir  oben  schon  dargethan,  ist  tartön  nach  Ana- 
logie der  Masculinfoi*m  f'rön  aus  tintön  entstanden.  Letzteres 
erklSrt  sich  aber  nach  den  aramäischen  Lautgesetzen  einfach  aus 
tinatön.  Wie  sich  aber  dieses  tinatßn  zu  den  vorauszusetzenden 
Peminin-Formen  in  der  semitischen  Grundsprache  verhält,  darüber 
brauchen  wir  wohl  nach  dem ,  was  wir  über  das  Verhältniss  der 
betreffenden  Masculinformen  auseinandergesetzt,  kein  Wort  mehr  zu 
verlieren. 

Dieselbe  Bildungsweise  bietet  endlich  auch  die  entsprechende 
hebräische  Form  dar,  wenigstens  nach  der  sogenannten  baby- 
lonischen oder  assyrischen  Punctation.  Nach  dieser  lautet  die 
Form  im  Hebr.  stets  oder  doch  fast  stets  cn»  *).     Dieses  ist  aber 


1)  Letzteres   geht    noch  woiter  auf  ein  ursprüngliches    Lliili^   zurück     (vgl 

hebr.  D^KD^»    äth.  kül'c,   aus  dem  zunächst  \jJS  ward  wie  ^j^JL«  aus  »iiiLo , 

V  £i  können  demnach  keineswegs  \^^  a  .^  und  .»y^JÜJ^JS  als  Zusammen- 
gehangen   der    Formen    >Laj|   und  ^^yuuoj  gefasst  werden.  3)  Ilal.  598,5. 

♦)  H«I,   63,6;    667,2,    s.  auch  Praetorins,   Beitr.    3.  U.  11.  5)  Vgl.  Pinsker, 

Einleitong  in  das  bab.-hebr.  Punctationssystom  142,  und  Jes.  6,2;  Hos.  10,10 
*o  den  von  Strack  ver(>ffentlichten  Spcciminibus  des  babylon.  Propheten-Codex. 

Doch  findet   sich  Jes.  7,2    ^ritÜI    statt   ''riwT    und   in    der   sogenannten  kleinen 

Handschrift  Pinskers  D''rilS)73  statt  D"^ri\S73.  —  Das  Manuscript  vorliegender 
Abhandlung  war  schon  längere  Zeit  fertiggestellt,  als  uns  erst  die  Ausgabe  des 
Codex  babyl.  ed.  Strack  zu  Gesichte  kam.  In  der  dem  Text  voraufgeschickten 
«botat.  crit.  erklärt  nun  allerdings  Strack  zu  Jes.  6,2  (1.  c.  02);    Vera  codicis 

»oiptnra   (D"^.rtt| ,   C^riTZJ^   etc.)  ubique  (uno  ni  fallor  excepto  loco)  recontissima 

blaarii  manu  in  C'Flü  etc.  mutata  est  etc.  Und  dieselbe  Behauptung  hat  er  in 
der  Zeit»chr.    für    Inth.   Theol.    und    Kirche  1877    I,    28    wiederholt.     Darnach 

dirften  wir  also  von  einer  babyl.  Form  u'^ritD  nicht  mehr  sprechen.  Trotz- 
dem haben    wir    uns    nicht    veranlasst    gesehen    den  obigen  Text  der  Arbeit  zu 


86  Philippiy  da»  Zahlwort  Zioei  im  Semüiscken, 

ohne  Zweifel  nach  dem  im  Hebr.  herrschenden  Assimilations- Gesetz 
aus  tS'^ri^v  entstanden,   welches   eben   der  Bildungsweise  nach  mit 

dem  arab.  ^-yxÄJlS ,  dem  himj.  Tir,  noch  mehr  der  Nebenform  ^nn, 

und  dem  aram.  Yr\'^r  vollständig  identisch  ist  Es  stellt  also  eine,  wie 
wir  oben  gezeigt ,  *  auch  im  Hebräischen  nicht  seltene  Contraction 
aus  D^n:d  dar.  Denn  selbstverständlich  kann  DTO^  nicht  etwa 
erst  aus  D'^nsiö  hervorgegangen  sein,  wie  z.  B.  Schultens  und  Ge- 


verändom.  Denn  wir  müssen  die  durchgehende  Richtigkeit  der  Behauptung 
Stracks  stark  bezweifeln.  Wie  sollte  der  Fälscher  in  der  That  auf  den  Ge- 
danken gekommen  sein,  die  bekannte  Form  Ü^^tb  in  die  sonst  nirgends  über- 

lieferte  Q'^ri^  zu  verwandeln?  „Sehr  merkwürdig  ist  es  allerdings,  bemerkt  auch 
Nöldeko  (Centralbl.  1876  p.  1257),  dass  der  Fälscher  eine  Form  hersteUte,  die 
einmal  wirklich  im  Hebr.  existirt  haben  muss  und  aus  der  die  gewohnliche  erst 
hervorgegangen    sein    muss."     Mag    daher    auch    an  all  den  Stellen,    in   denen 

Strack  ausdrücklich  eine  Rasur  über  dem  TD  constatirt,  —  das  sind  aber  nur 
die  Stellen  Jos.  6,2;  Ez.  33,21;  37,22;  40,9;  Hos.  10,10,  wozu  noch  die  Stellen 

£z.  32,1;  32,17  kommen,  wo  sich  im  Texte  über  dem  3  von  "^riTD^  das  Zeichen 
der  Rasur  findet  —  die  sog.  babyl.  Form  wirklich  erst  durch  des  Fälschers 
Hand  in  den  Text  gekommen  sein,  so  bezweifeln  wir  doch,  dass  sie  dieser  über- 
haupt ihre  Entstehung  verdankt,  und  dass  überall,  speciell  aber  in  Stellen  wie 
£z.  1,11.  23;  43,16;  Am.  4,8;  Zach.  5,9  und  auch  £z.  41,23.  24,  wo  sich  weder 

im  Text  noch  in  adnot.  crit.  eine  Andeutung  von  einer  Rasur  im  1  des  D^FllDl 

bozw.  ^n\Z)1  oder  Hinzufügung  des  Schnra  über  dem  1  durch  spätere  Hand 
findet,  eine  Fälschung  vorliege.  Es  dürften  vielmehr  die  tiberiens.  und  babylon. 
Form  ursprünglich  in  unserer  Handschrift  öfter  als  jetzt  mit  einander  gewechselt 

haben,  sei  es  nun  dass  man  schon  in  den  babyl.  Schulen  das  corrumpirte  i3^r))23 

neben  dem  ursprünglichen  Q^r^D  sprach ,  sei  es  dass  dem  Abschreiber  unserer 
Handschrift  schon  die  tiber.  Form  geläufig  war  und  er  mehr  aus  Nachläsdgkeit 
diese  sich  einschleichen  liess.  Die  „recentissima  manus"  hat  dann  absichtlich 
fast  überall  die  tiberiens.  Form  in  die  dem  Babylon,  charakteristische  umcorri^rt 
und  nur  an  zwei  Stellen  (Jes.  7,21  und  51,19  —  die  zweite  SteUe  hat  Strack 
übersehen  —  vgl.  auch  noch  Ez.  41, 2i)  wohl  aus  Versehen  die  tiber.  stehen 
gelassen.     In   ganz  anal(^er  Weise  hat  ja  eine  spätere  Hand  das  Dagesch  forte 

von  J^5ab  (in  Jer.  40,15;   Mich.  4,9),  tl3K  (in  Jes.  38,3;   Jer.  15,2),  TTOn    (in 

Jes.  56,11;  Jer.  10,2.  5;   44,14;  51,64;  Ez.  25,4;  Hos.  6,7),  Sl^tl  (in  Jer.  81,8; 

48,47;   38,22),  Sl)aV9  (in  Jer.  13,7;    22,27;  29,7;  40,4)  sowie  das  Dagesch  forte 

des  Verbalsuffixes  ^^-7;-    (in  Jes.  27,3;  40,19;  62,2;  Jer.  10,19;  31,10;  Ez.  32,7; 

33,12;   Hos.  12,5;  Joel  2,11;  Am.  1,3.  6.  9.  13;  2,4.  6;  Mich.  2,12;  7,15),  des  3 

von  IS"??)?  (in  Jes.  53,3;   Jer.  30,21;  Ez.  48,14;  Hos.  10,6  etc.  etc.),  des  ^  von 

t|-rr   (in  Ez.  32,6;   Blich.  7,15.  17  etc.)  getilgt,  offenbar  weil  alle  diese  Formen 

der  Regel  nach  im  Babyl.  das  Dagesch  entbehren,  obwohl  sich  übrigens  auch 
hier  die  tiber.  Form  mit  Dagesch  noch  erhalten  hat  in  Jes.  34,15;   Jes.  14,25; 

17,10;    22,21;    28,4;    46,7;    63,14;    Mich.  6,6.     Einmal    seheint    übrigens    ^rW 

von  späterer  Hand  in  "^riTD  verwandelt  zu  sein  (Ez.  35,10).  Damit  wären  wie- 
der Fälle    zu    vergleichen,    wo    von   späterer  Hand    ein   Dag.  forte   nach  tiber. 

Lesung  hinzugefügt  ist,  wie  Jer.  47,6  "^^HT  (babyl.  gew.  ^ÖHl),  s.  die  adnot 
crit.  zu  Jer.  47,6  und  Micha  1,16. 


I^ü^ppif  deu  Zdhhoart  Ztoei  im  Semüüchen,  S7 

senius  annehmen  ^).  Vielmehr  hätte  sich  letzteres  selbst  nur  als 
Parallelform  zn  Q^njip  aus  jener  hehr.  Grundform  herausbilden 
können.  Die  Form  D'^n^tD  geht  aber  schliesslich  auf  die  schon  oben 
a  priori  erschlossene  ursemitische  Form  tinataimä  zurück.  Es  ist 
uns  unbegreiflich,  wie  Ewald  dieses  babylonische  ü^r\'ä  im  Verhält- 
niss  zu  der  tiberiensischen  Form  d:n^  als  eme  Verimmg  der  as- 
syrischen Schule,  hervorgegangen  aus  der  Neigung  zur  weicheren 
Aussprache  bezeichnen  kann  ^).  Denn  nach  den  meisten  Gram- 
matikern, denen  Ewald  selbst  zustimmt'),  ist  das  tiberiensische 
D'^rnp  jedenMls  direkt  aus  einer  Form  ü^ro^  entsprungen.  Aller- 
dings soll  nach  Olshausen  (§  88)  D^ni]3  direkt  aus  W^nyä  durch 
Ausstossung  der  Sylbe  na  hervorgegangen  sein^).  Zunächst  je- 
doch ist  die  Ausstossimg  einer  vollen  Sylbe  na  im  Hebr.  sehr 
selten:  sie  ist  höchstens  nachweisbar  in  dem  erst  spät  entstandenen, 
in  dem  A.  T.  nur  im  K^tib  von  Jer.  42,6  vorkonunenden  ^DM  aus 
^3^M,  das  wieder  auf  *i3n^K  zurückgeht,  indem  das  n  sich  in  der 
Aussprache  allmälich  zu*  rt  abschwächte  und  dann  ganz  schwand, 
▼gL  die  aram.  Form."  ^:m  aus  K^n|K.  Sodann  wäre  das  Dagesch 
in  dem  t  kaum  erklärlich.  Wird'  aber  der  Ursprang  von  D^riti 
aus  D^nra  zugegeben,  und  konnte  tS^Fitp  sich  nach  hebr.  Laut- 
gesetzen leicht  aus  tS^Fi^ti  entwickeln,  so  ist  in  der  That  nicht  be- 
greiflich, wie  man  D*rü  erst  aus  Ü^PpD  „durch  Verirrung"  ent- 
sprangen sein  lassen,  und  nicht  vielmehr  ersteres  als  die  jedenfalls 
noch  vollere  und  ursprünglichere  Form  anerkennen  will.  Uebrigens 
beachte  man  noch,  dass  auch  die  heutigen  Samaritaner  äittöm 
sprechen^),  eine  Aussprache,  die  sich  kaum  aus  Ü^V}'^  entwickelt 
haben  kann ;  man  würde  dann  vielmehr  §it^m  (vgl.  gevul  =  b^3^), 
mit  hartem  t  •)  oder  eStöm  (vgl.  eSkem  =  DD^ö),  welche  Aussprache 
schon  zur  Zeit  Abraham  ben  Ezra  s  bei  den  Juden  einiger  Gegenden 
in  Gebrauch  war,  erwarten. 

Betrachten  wir  aber  den  etwas  unklaren  Ursprung  der  tiberiens. 
Form  D^niD  und  ihr  Verhältniss  zu  der  klaren  babylon.  Form 
D^rnb  noch'  näher.  Zuerst  dürfte  die  Aussprache  des  Wortes 
genauer  festzustellen  sein.  Nach  neueren  Grammatikern,  wie  Ewald, 
Olshausen,  Bickell,  Land  hätte  man  ^tajim  gesprochen.  Allein 
diese  Aussprache  würde  die  einzige  Ausnahme  sein  von  dem  sonst 
constant  befolgten  Gesetz,  keine  Sylbe  mit  2  Consonanten,  zwischen 
denen    nicht    einmal    ein   Schwa  mobile   hörbar   ist,    beginnen   zu 


1)  So  auch   schon  Mose  Hanakdän   hei  Pinskor  142.  2)  Gott.  6.  Anz. 

1S63    p.  934,    auch  Lchrh.    der   hebr.  Spr.    127    Anm.  3.  3)  Lehrb.  168. 

4)  Aehnlich  auch  Geseiiius  im  Lchrgeh.  §  20  Anm.  2;  auch  §  33,  3  Anm.  1. 
IMese  starke  Verstümmelung  der  früheren  Form  des  Wortes  soll  nach  Olshausen 
{p.  163)  vermuthlich  durch  den  Umstand  begünstigt  worden  sein,  dass  das  Wort 

D^nSVp  auch  noch  eine  andere  Bedeutung  hatte  (2  Jahre),  mit  welcher  Ver- 
weehaelnngen  möglich  waren.  Aehnlich  schon  Abrah.  b.  Ezra  147.  b)  Peter- 
Bann,  Abh.  f.  d.  K.  d.  M.  V,  1  p.  145.  6)  Wenigstens  die  heutigen  Sama- 
ritaner kennen  eine  Spiration  des  t  nicht  mehr,  s.  Petermann  8.  Früher  haben 
At  dieselbe  allerdings  besessen,  s.  Nöldeke,  Gott.  Nachr.  1862  p.  352. 


S8  Philippi^  iias  Zahhoort  Zwei  im  Semitischen. 

lassen.     Auch    spricht  Alles,    was    wir   über    die  Aassprache   des 
Wortes   bei    den  Juden  früherer  Zeiten  wissen,  gegen  eine  solche 
Annahme.     Nach  anderen  soll  e&tajim  zu  sprechen  sein  (Gesenius, 
Pinsker,  Amheim,  Wright).     Dafür  lässt   sich  mit  vielem  Scheine 
anfuhren,    dass  jedenfalls   schon   zu  Abraham   ben   Ezra's  Zeit   an 
vielen  Orten  diese  Aussprache  herrschte ');   dass   dies    nach  Dav. 
Kimchi  *)  die  Aussprache  ben  A^ers  sowie  der  niTia  "^©3«  zu  seiner 
Zeit  war  (worunter  natüriich  nicht  die  Babylonier,  die  sogenannten 
•'«ns^o,  sondern  die  sonst  sogenannten  21^13  "»©i«,   d.  h.  die  Pa- 
lästinenser ,  Aegypter  und  Africaner    zu   verstehen   sind) ;    endlich 
dass    nach   Salomo  Parchon')   alle   Einwohner   Palästinas,   Airicas 
und  des  Maghreb  mit  Ausnahme  Spaniens  so  lasen.     Das  M  wäre 
dann    in    der  Schrift    weggelassen,  —   nicht   weil    man   sonst  das 
Wort   mit  tts:?   zu  verwechseln  gefurchtet  hätte  (Amheim),    son- 
dern weil   diese   Aussprache  erst  zu  einer  Zeit  entstanden   wäre, 
wo   man  schon  am  Gonsonantentexte  der  heiligen  Schriften  nichts 
mehr  zu   ändern  wagte.     Wir  hätten  dann  also  hier  ein  K  ri  per- 
petuum    anzuerkennen^).      Indess    scheint    noch    eine    dritte   Aus- 
sprache unseres  Zahlwortes  angenommen  werden  zu  müssen.     Nach 
Abraham  b.  Ezra,    Kimchi    und   Parchon    haben    die   Spanier   das 
tiberiensische   D'^n©  jedenfalls   nicht   a"jn©K    gesprochen,  ja   nach 
Parchon   wäre   diese  Aussprache   den  spanischen  Juden  erst  durch 
Abraham   b.  Ezra  und  Jehuda  Halevi  bekannt  geworden.     Bevor 
also    eine  Entscheidung    über   die   ursprünglichste  Aussprache  des 
tiberiens.  Q'jriD   erfolgen    kann,    müssen   wir   vor  Allem    das  Ver- 
hältniss  der  spanischen  Aussprache  zu  der  tiberiensischen,  notorisch 
auch  bei  den  Spaniern  üblichen  Schreibung  feststellen.     AUerdings 
sollen   nach  Pinsker    die  Spanier    keine  dritte,    sondern  die  baby- 
lonische   Aussprache    unseres   Wortes    besessen    haben.      Zunächst 
jedoch    ist  es   constatirt,   dass  die  Spanier  nicht  die  babylonische, 
sondern  die  tiberiensische  Schreibung  befolgten.     Pinsker,  der  dies 
natürlich   nicht  leugnet,    sucht  die  Differenz   zwischen  Schreibung 
und  Aussprache  durch  die  Annahme  zu  erklären,  dass  die  Spanier 
überall  die  Punctation  des  ben  ASer  wegen  ihrer  Correctheit  adop- 
tirt,   dabei  aber  doch  eventueU  und  so  in  unserem  Fall  die  baby- 
lonische Aussprache    beibehalten    hätten.     Dies    sei   unseren    Falls 
um  so   eher  möglich  gewesen,    als  auch  sonst  das  Schwa  mobile 
eine  bestimmte  Vocalftrbung  nach  dem  folgenden  vollen  Vocal  hin 
erhalten  habe  *).     Allein  vor  Allem  fragt  es  sich :    Haben  wir  über- 


1)  100)3  110^  *1D0  bei  Piiisker,  Eiiü.  in  d.  babyl.-hobr.  Punctatiotusystom 

143  Z.  1.         2)  blb^ö   od.  Constant.  1532  Abschnitt  »WTl   "iriD  (p.  88),  ed. 

Lyck.  1841  p.  72p.  3)  In  dor  Vorrede  dos  ^11^    s.   Hoidonhoim   "^SS&TDIQ 

D'*»3^Utl  p.  »IZ,  yo,  auch  Pinskor  142  Z.  3  und  Orientalia  ed.  JuyuboU  etc. 
II,  105.  4)  Vgl.  Pinsker,    143    Z.    22.  5)   Nach  Kimchi   übrigens    (ed. 

Constant.  «ItöH  1^10  (p.  87)  ed.  Lyck.  p.  übp)  wie  auch  schon  Jehuda  Chi^ü-V 
(Gramm.  Werke  od.  Dukes  4.  5.  202)  könnte  das  Schwa  in  un-serom  Worte 
nur  eine  Färbung  nach  Pathach  hin  erhalten  haben. 


Phäippi,  das  Zahlwort  Z%oei  im  SenuHschetu  89 

haapt  eine  solche  Differenz  anzuerkennen?  Pinsker  scheint  eine 
Statze  für  seine  Annahme  in  der  Erklärung  des  D'^n^  hei  Ahraham 
h.  Ezra  finden  zu  wollen.  Nach  letzterem  nämlich  ist  ÜTIO  das 
Feminin  zu  0*^:10,  indem  das  Nun  durch  die  Dagessimng  des  t 
yerschlimgen  ist,  ehenso  wie  das  Nun  von  "{S  in  inn  oder  das 
Nun  in  %M.  Aus  diesen  Worten  könnte  man  allerdings  auf  den 
ersten  Blick  eine  Aussprache  ti^n^s  aus  D^ri?^  ^^^  ^^^^  ^'  Ezra's 
erschliessen.  Allein  wenn  sich  dieser  wohl  hewusst  war  des  An- 
stosses,  den  die  Schreihung  tr\T\%  der  Aussprache  bot,  —  denn  er 
berichtet  ausdrücklich,  dass  man  an  einigen  Orten  D'^nt^K  gesprochen 
—  so  hätte  man  doch,  falls  die  Spanier  die  babylonische  Aus* 
spräche  hatten,  irgend  eine  Andeutung  der  Art  bei  ihm  erwartet, 
dass  dieser  Anstoss  in  der  spanischen  Aussprache  des  Wortes  weg- 
fiele. Auch  scheint  ims  gewiss,  dass  er  eine  babylon.  Schreibung 
bezw.  Aussprache  wie  D^fits?^  absolut  nicht  gekannt  hat,  sondern 
nur  die  tiberiensische  0'^nu5?3  bezw.  O^ms».  Denn  er  bemerkt: 
^'^Z'^y  ••riBTj :  ü:n  'non  «ifcTasi  und  weiter:  PN-^hpa  OtT'b:?  n'«tD5^b  tD"»! 
nB*i  v®^  iN'^p''  cm  ö:»n  na  «•'  -»^  »lan  n^toy  ta-'niö».    Oder 

sollte  er  auch  hier  nur  die  tiberiensische  Schreibung,'  aber  die 
babylonische  Aussprache  gekannt  bezw.  angewandt  haben?  Von 
der  letzteren  ist  doch  nirgends  die  Rede  *).  Wir  können  also  seine 
Erklärung  nur  so  verstehen,  dass  er  O^no  aus  0"^ri2TÖ  als  die 
ursprünglichere  Form  ansetzt,  aus  der  erst  0")FiiÖ  mit  Beibehaltung 
des  Dagesch  im  n,  als  Restes  der  ursprünglicheren  Aussprache, 
yerstümmelt  ist.  Damit  hätte  er  die  richtige  Fährte  aufgefonden, 
die  Kimchi  und  Parchon  wieder  verlassen  haben.  Demnach  kann 
die  spanische  Aussprache  der  tiberiens.  Schreibung  D'jri^  wenigstens 
zu  b.  Ezra's  Zeit  nur  S^'tajim  gewesen  sein.  Diese  Aussprache 
kennt  auch  nur  Kimchi.  Nach  ihm  erhält  nämlich  jede  littera 
PDDTaa  nach  einem  Schwa  mobile  Raphe  mit  Ausnahme  des 
Wortes  D^Plb.  Dieses  ist  aus  Ct^^  dadurch  entstanden,  dass 
das  Nun  ausfiel,  um  die  Form  zu  erleichtem,  und  man  dann  die 
Form  nach  dem  C^^tD  bpc»  punctirte,  das  P  aber  mit  Dagesch 
lene  wie  in  O-jP?«  punctirt  liess  "»bib  "»^  rtüDtD»  p  -»^  ')7a'»obi  Pi«b 
p  DDnSa  b3  aJni733  l^th  i'-'pn  n"»?!  nr  ^).  Wenn  nun  aber  die 
spanische  Aussprache  S'*tajim  jedenfalls  das  treuste  Abbild  der  tiberien- 


1)  Wir    verstehen   nicht,    wie    nach   Pinskor   ^144    Z.  18)    gerade   in   den 

letzteren  Worten   eine  Andeutung    der  babylon.  Aussprache  JZ^r?'?   lit^pen  soll. 

Ben  Ezra    will   hier   doch   nur  diejenigen,    welche  als  &^*k3  fiir    die  Aussprache 

*TiVTp    das  Dagesch    im   ^  und  das  dadurch  bedingte  Schwa  mobile  desselben 

ansahen,  durch  den  Hinweb  auf  das  C^PTLTS  der  Jonastelle  widerlegen,  wo  das 

n  dagessirt  ist,   wälirend  man  bezw.  sie  selbst  (die  Vertreter  jenes  IPN   Dyi!3) 

das    V^    Kaphe    lasen.     Einen    eigenen  Grund   fUr    diese    verschiedene  Lesung 
webs   er  aber  selbst  nicht  anzugeben.  2)  Ed.  Constant.  (p.  117);  ed.  Lyck. 


90  Phüippi^  das  Zakltoori  Zuoei  im  Semitischen, 

sischen  Schreibung  ist  und  wenn  zugegeben  wird,  dass  ein  eStajim 
ebenso  nothwendig  ein  S^tajim  zur  Voraussetzung  hat,  als  z.  B. 
ein  9'ntK  ein  9i^\ ,  so  werden  wir  wohl  annehmen  müssen,  dass 
die  Spanier  die  ursprüngliche,  von  der  palästinensischen  Masora 
durch  die  Schreibung  D^niQ  intendirte  Aussprache  bewahrt  haben, 
während  das  später  palästinensische  und  das  aMcanische  ä'^rnDK 
erst  eine  spätere  Form,  die  sich  aber,  wie  analoge  hebräische  Bei- 
spiele zeigen,  leicht  aus  der  ersteren  entwickeln  konnte,  darstellt. 
—  Noch  kann  zweifelhaft  sein,  ob  die  Spanier  das  n  von  Ö^n;^ 
gemäss  dem  Dagesch  in  demselben  nicht  spirirt  (also  %^jim)  oder 
aber  gemäss  dem  vorausgehenden  Schwa  mobile  spirirt  (also  ^Hajim) 
gesprochen,  bezw.  die  tiberiens.  Masora  die  eine  oder  andere  Aus- 
sprache mit  ihrer  Schreibung  bezeichnen  wollte.  In  letzterem  Falle 
könnte  man  das  Dagesch  nur  als  .monumentum  scriptum«  einer 
früheren  Aussprache,  in  der  das  Dagesch  seine  Berechtigung  hatte, 
also  etwa  eines  D^n^  oder  D'^n^t^  auffassen,  wie  z.  B.  Nägelsbach 
und  schon  Schultens  thun.  Zunächst  darf  man  sich  für  diese 
Auffassung  kaum  auf  Kimchi  berufen.  Denn  seine  Worte:  n^ÄWl 
"n^i  bp  105*1  Si;Dlin  T^nn  brauchen  nicht  bloss  von  der  Schreibung 
verstanden  zu  werden.  Man  könnte  doch  auch  zugleich  ^Hajim 
mit  nicht  spirirtem  t  gesprochen  haben  nüDtD»  p  "»^  ')iO"'Obl  m»b . 
Und  wenn  sich  bei  ihm  nirgends  ein  Gegensatz  von  Schrift  und 
Aussprache  findet,  so  liefern  seine  Worte  gerade  ein  Gegenargument 
gegen  jene  Auffassung.  Dieselbe  hat  femer  zur  nothwendigen 
Voraussetzung,  dass  das  Dagesch-Zeichen  zu  einer  Zeit  aufkam, 
wo  in  Palästina  noch  eine  Aussprache  unseres  Wortes  in  Grebrauch 
war,  für  die  sich  das  Dagesch-Zeichen  eignete.  Wenn  aber  die 
Entstehung  dieses  Zeichens  ungefUhr  in  dieselbe  Zeit  fILllt,  in  der 
die  übrige  Punctation  festgestellt  ward,  und  wenn  wir  eine  solche 
Wandlung  in  der  palästinensischen  Aussprache  und  Schreibung  der 
masorethischen  Zeit,  nach  der  man  ursprünglich  C'^niD  gesprochen 
und  geschrieben,  dann  aber  später  SHajim  gesprochen  und  Ü'rcs^ 
mit  Beibehaltung  des  ursprünglichen  Dagesch  des  n  geschrieben 
hätte,  kaum  annehmen  dürfen,  so  kann  in  unserem  wie  analogen 
Fällen  des  Dagesch  lene  nur  die  Nicht-Spiration  des  n  in  der 
Aussprache  bezeichnen.  Demnach  dürfte  als  die  ursprüngliche  Aus- 
sprache der  tiberiens.  Schreibung  Ü''ntt5  ein  ö*tajim  anzusetzen  sein. 
Und  gerade  von  dieser  Aussprache  aus  erklärt  sich  leicht  die  gewiss 
bald  entstandene  palästin.  Aussprache  D^n;i5K,  indem  hier,  eben 
wegen  der  ungewöhnlichen  Unterlassung  der*  Spiration  nach  Schwa 
mobile,  noch  ein  ganz  anderer  Antrieb  zum  Uebergang  aus  der 
einen  in  die  andere,  erleichternde  Aussprache  vorlag  als  in  dem 
analogen  Falle  von  ?i*lt»  aus  ?"i*iT .  Aus  demselben  Grunde  sprach 
man  auch  bi^tajim,  li^tajim  (1  Sam.  18, 21;  Jes.  6,2;  Job.  33, 14; 
Gen.  31, 41;  2  Reg.  21,6;  Ex.  26,i9;  Lev.  5,ii;  Ez.  23,is),  nicht 
biS*tajim,  liS'tajim,  d.  h.  man  ward  eben  durch  die  unregelmässige  Nicht- 
Spiration  des  n  veranlasst,  eine  geschlossene  Sylbe  zu  bilden,  wodurch 


PkiUppi,  das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen,  91 

das  Dagesch  wieder  in  seine  gesetzmässige  Function  eintrat  Ebenso 
sprach  man  nicht  ^ht^-Stw  d.  i.  maSSUö ')  bezw.  maS*tö  und  D^riTSTa 
d.  L  miSS^töm  bezw.  nn&'töm,  sondern  ma§tö  (Zach.  4,  is)  und  mi^t^m 
(Jon.  4,11),  wie  ^^imchi  ausdrücklich  bezeugt  ^X  d*  ^*  ^^^^  ^^^  ^ 
Hebiftischen  gewöhnlichen  Aufgabe  des  Dagesch  forte  vor  folgen- 
dem Schwa  mobile  zog  man  das  vi  als  Schlussconsonant  zur  voraus- 
gehenden Sylbe  (Vgl.  als  Analogie  '^;"'53"'ö  aus  ''?''5a^^  durch  die 
Zwischenstufen  mij'mlni,  mijmlni),  oder  mit  anderen  Worten,  man 
Terwandelte  das  Schwa  mobile  in  ein  quiescens.  Allerdings  findnt 
demnach  auch  hier  eine  Ausnahme  von  den  sonstigen  Lautgesetzen 
statt.  Jedoch  besteht  der  grosse  Unterschied  zwischen  beiden  Aus- 
nahmen, dass  die  in  ^tajim  vorhandene  lautliche  Anomalie  ganz 
einzig  dastünde,  während  die  von  ^'^tajim  sich  durch  Beispiele  im 
Hebräischen  belegen  lässi  Denn  so  sprach  man  ja  trotz  vorauf- 
gehenden und  zwar  vollen  Vocals  nicht  spirirtes  t  nicht  nur  in 
Formen  wie  rnbttj,  ny^aiD,  'nnn,  sondern  auch  in  n«  und  nnD. 
Allerdings  sollen  nach  vielen  Forschem  die  letzteren  Formen  ent- 
weder 'att,  natatt  (Böttcher,  Olshausen)  oder  'att*',  natatt*  (Ewald, 
Nöldeke)  gelautet  haben.  Die  erstere  Annahme  ist  jedoch  unwahr- 
scheinlich, insofern  die  Verdoppelung  eines  Lautes  im  Auslaute 
kaum  hörbar  gemacht  werden  konnte  und  daher  auch  sonst  stets 
angegeben  ist  Die  andere  kann  sich  allerdings  auf  die  gewichtigen 
Autoritäten  eines  Ghajüg^)  und  I^imchi^)  stützen,  nach  denen  das 
zweite  von  zwei  aufeinanderfolgenden  Schwas  in  der  Mitte  wie  am 
Ende  des  Wortes  mobile  ist.  Indess  erscheint  ims  diese  Regel, 
soweit  sie  das  Zusammentreffen  zweier  Schwas  am  Ende  eines 
Wortes  betrifiPt,  als  eine  rein  willkürliche  Bestimmung  der  jüdischen 
Grammatiker.  Sie  selbst  müssen  schon  eine  Reihe  von  Ausnahmen 
in  diesen  Fällen  ansetzen.  Denn  nach  Chajü^  und  Kimchi  sind  in 
pausa  die  beiden  auslautenden  Schwa  quiescentia.  Nach  I^mchi  ist 
femer  dasselbe  der  Fall,  sobald  das  folgende  Wort  mit  Schwa 
mobile  anlautet  Schliesslich  widerlegen  gerade  die  Stellen,  in 
denen  aus  der  masorethischen  Punctation  eine  Entscheidung  dieser 
Frage  geholt  werden  kann,  die  Annahme  der  jüdischen  Grammatiker. 
Denn  wo  auf  eine  Doppelconsonanz  am  Schlüsse  eines  Wortes  eine 
littera  nDSiaa  mit  vollem  Vocal  am  Anfang  des  folgenden  Wortes 
folgt,   hat  diese  Dagesch  lene.     So  Hiob  31,27   *iriOS  r]D';y,  Jud. 


1)  Nach  babylon.  Punctation   ''ri^"tl?  s.  Pinsker,  142.  2)  Ed.  Const. 

(p.   88),    ed.  Lyck.   p.   »pa:   tinS   VtDm    '?|'^^«73a   D»n   "D-'rilD»    nbwi 

"•»FiTD-n?  TOD  DrT':'«a  Cj-^pm  mb73  "»niDa  pi  i'^rn  «in  mara.    in 

Jon.  4,11    bt   aber   das   erste    Methog  in    *^^^^   nach  Baor  d.  Metheg-Setzung 

I  45  (s.  Merx  Archiv  I,  207)  zu  erklären.  3)  mSH  nT^m«  ^DO  cd.  Dukes 
in  Beitr.  zur  Gesch.  des  A.  T.  5  f.  mpSH  ^EO  ib.  203.  4)  Ed.  Const.  Cp.  87) 
fd.  Lyek.  p.  Obp, 


92  Phüippi,  das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen. 

18,3  15  r}lb'>i  ib.  V.  5  ^a  rj^ib^v,  Gen.  16,  u  13  nnV'T,  Jes.  49,  ii 
•Jfä^ba  p'nttt^T.  Die  Erklänmg,  welche  Kimchi  für  dieses  von 
seinem  Standpunkte  ans  höchst  auffallende  Dagesch  giebt  (i3*^M 
''la  0?  nnbi-'  «Vi   hnpa  W  rc^i  ^tpi),  ist  für  alle  angefahrten 

•    •  •  •  •   * 

Stellen,  höchstens  mit  Ausnahme  der  ersten,  nicht  stichhaltig,  Kimchi 
widerspricht  sich  übrigens  selbst,  wenn  er  hernach  als  Grund  fBb*  die 
Setzung   des  Schwas   unter   den  Schlussconsonanten   in  Fftllen  wie 

n^i^n,  *^jij  n^5t  angiebt:  »^rtn  Ni^ön  mipD  !T»5cbö  rnNmo  -»SCTa 
«loa  n«^5  ni  «-«o  n«tn  m«n  p  it»  i'ips  p  tsa  nwis  ns^). 

Jedenfalls  kann  aus  der  blossen  Setzung  des  Schwas  unter  den 
Schlussconsonanten  noch  nicht  auf  die  Aussprache  desselben  npt 
dem  Halbvocal  geschlossen  werden.  Das  geht  auch  mit  Evidenz 
aus  Schreibungen  wie  rnbtp,  n?^t5  hervor,  die  wohl  nie  Salähat* 
Ssma'at''  gesprochen  sind.  Und  wenn  wir  nun  aus  der  Aussprache 
Salahat  schliessen  können ,  dass  man  rnbtp  ursprünglich  nicht 
Salahf  sondern  Salaht  gesprochen,  da  bei  der  ersteren  Aussprache 
der  Grund  für  die  Annahme  eines  Hülfsvocals  eigentlich  ganz  weg- 
fiele, und  wenn  weiter  die  oben  angeführte  Punctation  der  Masora 
entschieden  für  die  vollständige  Vocallosigkeit  auch  des  zweiten 
von  zwei  mit  Schwa  punctirten  Schlussconsonanten  eines  Wortes 
Zeugniss  ablegt,  —  so  glauben  wir  den  vollständigen  Beweis  gegen 
die  Annahme  Chajü^'s  und  Kimchi's  erbracht  zu  haben  ^).  Für 
unsere  Auffassung  spricht  aber  auch,  dass  in  der  babylonischen 
Punctation  in  allen  in  Hede  stehenden  Fällen  das  Schwa  unter 
dem  schliessenden  Consonanten  des  Wortes  fehlt.  Hier  finden  wir 
sowohl  nbüp,  'i^a*;  als  auch  rr:?d,  n?p«;,  n«  punctirf).  n«,  nn2 
könnte  also  nach  dem  Gesagten  höchstens  att,  natatt  gelautet  haben. 
Und  wenn  das  nicht  möglich,  wie  wir  schon  oben  gezeigt,  so  bleibt 
nur  die  Salahat  ganz  parallele  Aussprache  at,  natat  übrig.  Das 
Dagesch  soll  in  allen  diesen  Fällen  anzeigen,  dass  man  trotz  vorauf- 
gehenden Vocals  das  t  nicht  spirirt  zu  sprechen  hat ,  während  das 
Schwa  verhüten  soll,  das  Dagesch  wegen  des  voraufgehonden  Vocals 
für  Dagesch  forte  zu  halten,  da  das  Wort  hier  überall  eben  nur 
auf  einen  Consonanten  schliesst*). 

Nachdem  wir  die  ursprüngliche  Aussprache  der  tiberien- 
sischen  Form  O^np  festgestellt,  bleibt  uns  noch  übrig,  die 
schon  oben  aufgeworfene  Frage  nach  dem  Verhältniss  dieser  zu 
der  babylonischen  D'^nc  zu  beantworten.    Wir  haben  schon  erkannt, 


1)  Vgl.  Delitzsch,  Comm.  üb.  d.  salom.  Spruchb.  493  Aiim.  1.  2)  Uobrigens 
babon  andere  jüdische  Grammatiker  in  obigen  Fällen  gleichfalls  beide  Schwas 
für    quiescontia    erklärt.  3)  Allerdings    soll    nach  Nöldeko    (Lit.  Centralbl. 

1876  p.   1257)    die   babyl.  Schreibang   ^???   wie    Pö<  violleicht   einen  kleinen 
Unterschied  in  der  Aussprache  andeuten.     Aber  auch  in  den  freilich  verhältniss- 

mässig    seltenen    Schreibungen    rH^Ü?    Und    wenn   kaum  in  den  letzteren,  so 
doch    wohl    auch    nicht    in   den  ersteren.  4)  Aehnlich   Land,    princlples  of 

Hebrew  grammar  §  34  b. 


FhiUppi,  fitu  Zahlwort  Zwei  im  SemitMclien.  93 

dass  D^rnb  nur  aus  D^nr^D,  und  nicht  etwa  aus  D^.roip  abgeleitet 
werden  dar£  Nach  Ewald  §  79  c  soll  nun  in  einigen  seltenen 
Fällen  ein  weiches  n  im  Hebr.  abprallen;  dies  soll  auch  in  D'^r^iD 
stattgefunden  haben,  und  auf  diesem  Wege  u^T\''ö  entstanden  sein. 
Analog  ISsst  Böttcher  §  263,  4  D^nib  aus  D'^n:iQ  durch  Ausstossung 
des  n  hervorgegangen  sein.  Im  Grunde  nehmen  dasselbe  schon 
^imchi  und  Parchon  an.  Denn  beide  gehen  für  die  Erkläixmg 
Ton  vrvm  von  der  Form  D'^n^tb  aus ,  welche  durch  Ausfall  des  n 
zu  a^niD  *  geworden  sei  ^).  Aber  ein  solches  Abprallen  bezw.  Aus- 
stossung eines  n  ist  im  Uebr.  unerhört  Ewald  beruft  sich  dafür 
zwar  auf  Beispiele  wie  n'*3kn72  statt  n'>3:a373.  Doch  ist  in  diesem 
Falle  wohl  einfach  die  durch  Assimilation  des  n  an  das  folgende 
b  bewirkte  Verdoppelung  des  letzteren  wegen  des  Schwa  mobile 
aushoben.  D^nib  dürfte  daher  aus  D'^.f^Jtd  nur  durch  die 
Mittelstufe  des  bäbylon.  D^nxb  zu  erklären  sein^),  indem  in  der 
schnellen  Aussprache  des  gewöhnlichen  Lebens  bezw.  zur  Er- 
leichterung der  Aussprache  eines  vielangewandten  Wortes  das 
Dagesch  forte  angegeben  und  in  der  nunmehr  offenen  Vorton-Sylbe 
anstatt  des  vollen  Vocals  i  ein  Schwa  mobile  gesprochen  ward(s.  p.  43). 
Aehnlich  erklären  die  Entstehung  desselben  schon  Schultens  und 
Luzzatto.  Denn  wenn  auch  D'^n:^  nicht  mann  nmüb  war,  wie 
Parchon  meint,  imd  auch  Pinsker  Unrecht  hat,  wenn  er  behauptet: 

p-iTn   TTi  -»SDb  npmon  m«  nnan  oDitob  ^y  rw'p  nn-^niD,  so 

dürfte  doch  das  unmittelbare  Zusammentreffen  des  \  mit  den  beiden 
organverwandten  t  in  D'^niD  der  Schnelligkeit  der  Aussprache 
hinderlich  gewesen  sein  ^).  Die  Aufgabe  eines  Dagesch  forte  ohne 
Ersatzdehnung  vor  folgendem  vollen  Vocal,  wie  sie  hier  vorliegt, 
findet  sich  aber,  insbesondere  bei  vielgebrauchten  Wörtern,  im  Hebr. 
wie  auch  in  den  anderen  Dialecten,  gar  nicht  selten.  So  lesen 
wir  im  Sufßx  stets  173  ,    bezw.  173  .    contrahirt  aus  n72n  _  ,  HTan  .  ; 

n3^  ,    bezw.  ns-^   contrahirt   aus  nsn— -    (vgl.  auch  1  Reg.  7,87 

nrn  —  );  femer  H^nN  statt  tisri^  (das  sich  übrigens  auch  in  einigen 

Codices  findet).  Die  babylonische  Punctation  lässt  aber  das  Dagesch 
forte  schon  fest  stets  auch  im  Separat-Pronom  n73n,  n^n  weg, 
ebenso  wie  in  nȟ  (tiberiens.  n?3^)  imd  nsN  (tiberiens.  ns^t)^),  und 
in   den  Sufiixformen  mit  sogenanntem  Nim  epentheticum  wie  *«:— 

1)  Pinsker  scheint  fälschlich  das  bD3  des  Kimchi  gaiiz  im  Sinne  des  S^b^nn 
des  b.  Ezra   gefusst  zu   haben,  wenn  nach  ihm  Kimchi's  Meinung  gewesen  sein 

»11,  "jirn  nb-'ss  in«  yz'n  pn-'nn  D"^nd  miTib   rr^n  •'iNin?:  -«d. 

2;  äo  auch  Nüideke,  Liter.  Centralbl.  18G3  p.  1019.  3)  Ebenso  ist  J es.  22,10: 
13Ü?.R1  aus  litnril  (dagegen  IDPri  Ez.  22,22;  entstanden.  Zu  vergleichen 
^rfte  auch  sein  das  targ.  fi^FlK,  syr.  ]]j^(    (Ewald,   Abh.    z.  orient.    Lit.  88), 

entstanden  aus  der  noch  daneben  oxistirenden  Form  fi^riPX  (aus  &(nn«&(,  gleich- 
UUnoch  vorhanden),  syr.  jLfcaf .       4)  Pinsker,  103;   vgl.  Hos.  7,i8  ed.  Strack. 


94  Phüippij  das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen, 

=  tiberiens.  "^SJ-^,  ^3^::-  =  tib.  ^3-^,  Ü3 —  =  tib.  tl2-T-*)-     Aus 
dem  Arabischen   gebort   beispielsweise   hierher    j^  '^   statt 


^j  statt  u».^),  jju«  statt  jjj«^  doch  wohl  =  aram.  ^3»,  aus  man 


y  9  i  » 


+  hü,  JÜ3   statt  vjLÄä'),  übrigens  wohl  auch  ^^  statt  ^^   (vgl. 

hemmah,  hinunö,  hömü)^).  Dass  aber  die  Explosiv- Aussprache  des 
t  in  ^^jim  nur  ein  Rest  der  ursprünglichen  Aussprache  äittajim 
ist;  kann  um  so  weniger  bezweifelt  werden,  als  sich  in  den  schon 
srngeführten  Beispielen  at,  Salahat  etc.  das  lautlich  unmotivirte 
Dagesch  lene  des  Schlussconsonanten  nur  auf  eine  entsprechende 
Weise  erklären  lässt^).  Treffende  Analogieen  zu  diesen  lautlichen 
Vorgängen  im  Hebr.  bietet  übrigens  das  Syrische.     Denn  auch  die 

Syrer  sprechen  fcj/  at  aus,  obwohl  der  Regel  gemäss  nach  Auf- 
hebung der  Verdoppelimg  am  Schluss  event  Spiration  des  Schluss- 
consonanten einüitt  Die  occidentalischen  Syrer  haben  aber 
bekanntlich  überall  auch  schon  im  Inlaut  die  ursprüngliche  Ver- 
doppelung eines  Consonanten  aufgegeben,  aber  stets  die  ursprüng- 
lich durch  diese  bedingte  Nicht-Spiration  des  betreffenden  Con- 
sonanten beibehalten  ^).    Eine  besonders  schlagende  Parallele  speciell 


1)  Hab.  1,7.  13;  3,16;  Jes.  7,6;  Hos.  2,5.  it;  5,3;  7,13;  8,4;  10,5;  12,5; 
14,6.  9;  Jo.  2,11  in  den  Ausgaben  wie  im  Cod.  Petrop.  selbst.  Vgl.  aber  auch 
ob.  86  Anm.  die  FäUe,  wo  sich  noch  Dag.  forte  findet.     Ebenso  fehlt  im  Babyl. 

Dag.  forte  in  Beispielen  wie  lÄT  (st.  I79l)  131"^  etc.,  s.  Strack,  Adnot.  crit 
021  zu  Jer.  47,6  und  031  zu  Micha  1,16.  Andere  Bebpiele,  wo  das  Dag.  forte 
und  zwar   nicht   in   der  Tonsylbe  im  Cod.  babyl.  fehlt,  bei  Strack  zu  Ez.  8, 10 

und  Hos.   7,4.  2)  Mufassal  1i.  »T.         3)  Fleischer,  BB.  der  K.  S.  G.  der 

WW.  1866  p.  336.  338.  4)  Vgl.  für  die  Vulgärsprache  (Sfaw&likt,  Morgenl. 

Forsch.  151.  5)  Etwas  ganz  Analoges  zeigt  sich  Übrigens  in  den  hebr.  Bei- 

spielen, wo  umgekehrt  nach  Schwa  quiescens  das  Dagesch  lene  im  Anfangscon- 
sonanten  der  folgenden  Sylbe  fehlt,  weil  ursprünglich  dem  betreffenden  Conson. 
ein  Vocal    vorherging.  6)  Nach  Merx    sollen    übrigens   sowohl   die  oriental. 

wie  occident.  Syrer  die  Verdoppelung  aufgegeben  und  beide  dafür  die  Ersatz- 
dehnnng  des  voraufgehenden  Vocals  haben  eintreten  lassen  (s.  l.  c.  58).  Das 
eine  ist  aber  so  falsch  wie  das  andere.  Schon  Ewald  hat  darauf  hingewiesen, 
dass  die  Syrer  bei  Aufhebung  der  Verdoppelung  dem  voraufgehenden  Vocale 
seine  ursprüngliche  Kürze  bewahrt  haben  (Abh.  z.  Orient,  und  bibl.  Lit.  87.  97) 
und  Merx  selbst  giebt  fi^ilich  im  Widerspruch  mit  sich  selbst  p.  64  an,  dass 
man  h^dSta  statt  hedatta  gesprochen.  Die  Beibehaltung  der  Verdoppelung  bt 
aber  gerade  eine  der  vorzüglichsten  Eigenthümlichkeiten  des  Ostsyrischen  im 
Verhältniss  zum  Westsyrischen  (s.  Joum.  Asiat.  1872  T.  XIX.  444.  464;  auch 
Köldeke,  Neusyr.  Gr.  26).     Wenn  Merx  sich   auf  ostsyrische  Schreibungen  wie 

JCD^   beruft,    so   beweisen    diese  nur,    dass   man  ostsyrisch  el6we  für  elauwe, 

nicht  elawwe  gesprochen;  au  wird  aber  im  Ostsyrischen  bekanntlich  gewohnlich 

zusammengezogen.     In  Fällen   aber  wie  ^^K^    ffir 


Phügppi,  das  Zahhcort  Zwei  im  Semitischen.  95 

la    t3^ni^    bildet    endlich    das    syrische    JK-jt    =    westaramäisch 

fitni^,  worauf  auch  sonst  schon  aufmerksam  gemacht  ist.  Denn 
hier  ist  nicht  nur  trotz  Aufhebimg  der  ursprünglichen  Ver- 
doppelung das  Dagesch  lene  bezw.  !^u§äjä  erhalten,  sondern  auch, 
was  im  Syrischen  sonst  nicht  gewöhnlich^),  nach  Aufhebung 
der  Verdoppelung  der  Vocal  der  nunmehr  offenen  Sjrlbe  aus- 
gefallen.    Wie   aber   aus    DTi^D    sich   0*^x112$^  entwickelte,   so   aus 

Jbjt  hier  Josjt/,  das  sich  schon  im  Altsyr.  findet,  im  Neusyr.  aber 
die   gewöhnliche  Masculin-Form   ist     Und   wie  man  hebr.  D^ni^TS 

sprach,  so  syrisch  j*AjtO.  jfc^Jtl.  Wir  erhalten  daher  die  voU- 
st&ndige  Gleichung:    hebr.    Ü']r\'ä  :  Ü^jrf^,    (c^inU^.K)    =    aramäisch 

Krnä  :  yh^tL  (Jm!^).     l^&s   Dagesch   in   ts^rnD  und   den   analogen 

Beispielen    ist    also    ganz    dem    syrischen  Kuääjä   in    JhkJt^  \^\^ 

zu  Tergleichen  imd  daher  als  Dagesch  lene  zu  bezeichnen,  —  wenn 
es  auch  Dagesch  lene  nur  als  Kest  eines  ursprünglichen  Dagesch 
forte  ist*).   —    Eine  andere  Frage  ist  noch,  ob  nicht  vielleicht  in 


>Bs  battil,    liegt    einfach    eine   in   ostsyrischen  Ifannscripten  gar  nicht 
leltene  Verwechselung   von  -^—  mit  -^-  vor  (vgl.  z.  B.   Bar  Ali  ed.  Hoffioiann 

6  Z.  15  93A  2'  1^  «^9  2  1^  1*W  uii<l  Nöldeke,  Kens.  Gr.  3  ff.).  Sie 
erkllrt  sich  daraus,    dass  man  im  Ostsyrischen  schon  oft  in  geschlossener  Sylbe 

•  •        • 

■nprfingliche  Längen  kürzte   und  z.  B.      -V>\\^  oder   |^V    '^^    'Umin   und 

Ir^A  qnch   (vgl.  Dan.  4,31   K»b9,    andere  Hdss.   fi^^b^;   3,16   VH^n)  und 

mm  auch  schon  _  ~v^V\  schrieb.     Daher   ward    den  gewöhnlichen  Schreibern 

die  Bedeutung  des  J—  unklar  und  sie  gebrauchten  es  gelegentlich  auch  schon 
fllr  -7-. 

1)  In  diesem  Fall  bt  die  Aufhebung  der  Verdoppelung  im  Inlaut  allgemein 

lyrisch ;   denn  auch  das  Ostsyr.  hat  jl^^ .     Sie  hat  daher  in  einer  viel  früheren 

Periode  stattgefunden  als  die  allgemeine  im  Westsyrischen,  wesshalb  auch  der 
Ans&ll  des  Vocab  unseren  Falls  sehr  erklärlich  ist.  Ebenso  gehört  die  spora- 
ditebe  Aufhebung  der  Verdoppelung   mit  Ersatzdehnung  in  allen  syr.  Dialecten 

wie  in  j^J*^,  «^i  «»ner  früheren  Zeit  an  (Nöld.,  Mand.  Gr.  §  18).  2)  Sollte 
dch  Übrigens  nicht  in  ganz  ähnlicher  Weise,  speciell  in  der  Weise  des  hebr. 
nnbOy  das  viel  besprochene  hebr.-aram.  D^r!ä,   .   -^-'^  höchst  einfach  erklären 


So  viel  steht  heute  ja  fest,  dass  der  Vocal  des  b  ein  langes  a  ist  (vgl. 
Herz'  Archiv  I,  66.  457).  Da  nun  im  Hebr.  und  Aram.  die  Zusammenziehung 
von  ai  zu  i  gar  nicht  selten  bt,  so  könnte  man  annehmen,  dass  allerdings 
idicm  in  einer  sehr  frühen  Zeit,  wo  sich  Hebr.  und  Aram.  nocli  nicht  scharf 
fWMidert  hatten,  und  wo  einerseits  das  aram.-hebr.  Spirationsgesctz  schon 
ihgetreten    war,    andererseits    aber    die   Diphtonge   ai   und   au  noch  allgemein 


i>(i  FkiUppif  da»  Zahhcori  Zwei  tm  Semäuehen. 

allen   diesen  hebr.  Beispielen  eine  besondere  Veranlassong  zur  Er- 
haltung des  Dagesch  lene  als  Bestes  der  ursprünglichen  Aussprache 
vorlag.     Und   diese  Frage   scheint  uns  in  der  That  bejaht  werden 
lu   müss<»u     Einmal    erhielt    sich   nSmlich   in   allen   diesen  Fällen 
die    ursprüniQ^clie  Form   neben  der  erst  daraus  entwickelten  noch 
lang«    im  Gebrauch.     Denn   was  unser  Zahlwort  betrifft,  so  bietet 
ja    die    babylonisehe  Punctation   noch    fast   ausschliesslich  das  ur- 
sprünglichex«  S*!^  ^)  ^^uid  eb«KS0  kennen  die  heutigen  Samaritaner 
nur  d&eoe  Aussi^raehe«     Neben  riK  sprach  man  aber  bis  in  die  letzte 
Zeit  der  lebenden  Sprache  noch'  T£t,  und  ebenso  neben  mbc  noch 
rnbc.     1>ejm  nicht  nur  finden  sich  solche  Formen  noch  sporadisch 
in  der  tiberiensischen  l^mcialion  (wie  rrcd  Jer.  13.36),  sondern 
die^   unsprünglioheren  Formen  sind  wieder  in  der  babjlon.  Punc- 
taliiui   die    gewi!ihnli«.''hervn  *i     Endlich  finden  sich  aber  neben  W^ 
noch  gewi^hnliclier  Formen  wie  fs^*  TtT*  1?I-     Sodann  existirim 
in  der  Sprache  noch  siels  Formen  wie  rs^  neben  res.  nrc  neben 
^^«  rnVc  neben  rrrVc.     Beide  Mon^ente  bewirkten  aber  erklir- 
Qcher  Weise,  dass  sich  in  den  de^eneiirten  Fonnen  die  Erinnerung 
an   die   ur^Mrün^^üclie  HSne   der  Wx.  I-Lame   firisch   efhielt.   und 
sich  S)^^  die  nicht  $|unne  Aik$&>|4rakrhe  de:s  :  1^?$(5e<zte.  tnolzdem  dass 
die   ui^wte^rticftMEi  Bedingungen >    die   sie  e!rf<c«deneB«  nidit  mdir 
xwrkoiden  warecL     Er^»^  ein  eiiui^ee»  M:&I  5ss  da^  Dagesch  lene  im 
r  xvMi  2*rc  ^^ftÄ-hwuttde».  nimfeÄ  in  der  Pknc^e  *T7  TSS  Jud. 


^^Mu»  jjhjBN^iJNi»    «^^«itr      4IH»    JmirK    :m<^    -mHic  Im»  (^««»ctt.  jbiki  r  F« 


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Pkäippi,  da9  Zahlwort  Zwei  im  Semititchen,  97 

16,  ts,  wo  wir  ein  "^n^  erwarten  sollten  0.  Der  Grund  für  diese 
»»müunsweise  Spiratibn  des  t  dürfte  darin  zu  suchen  sein,  dass 
das  dem  t  Yoran^ehende  Schwa  mobile  durch  das  im  TZi  erhaltene 
Dagesch  forte  mehr  Kraft  und  Deutlichkeit  erhielt  und  dadurch 
selbst  hier  seine  sonst  stets  auf  die  folgende  Explosiva  ausgeübte 
Spiralionskraft  wieder  gewann.  Denn  dass  das  Dagesch  forte  diesen 
Einfluss  auf  ein  folgendes  Schwa  mobüe  ausübt,  sehen  wir  daran, 
daas  die  Sprache,  wo  sie  eben  ein  Schwa  mobile  vernehmbarer 
machen  will,  den  voraufgehenden  Consonanten  dagessirt,  —  das 
sogenannte  Dagesch  forte  dirimens,  vgl.  ^]?Vn  Jes.  57,6,  auch 
Schreibungen  wie  "^bäitD   Zach.  4,is  st  "^b?!^. 

Das  Hebräische  bietet  nach  alledem  nur  noch  Formen,  welche 
auf  das  ans  Mnataim  schon  contrahirte  Sintaim  zurückgehen.  Und 
warn  nun  alle  hier  in  Betracht  kommenden  semitischen  Dialecte 
die  in  derselben  Weise  contrahirte  Femininform  unseres  Zahlwortes 
entweder  ausschliesslich  (Hehr,  xmd  Aram.)  oder  doch  neben  der 
noch  nicht  contrahirten  (Arab.)  besitzen ,  so  liegt  *  die  Annahme 
nahe,  dass  diese  Contraction  sich  vielleicht  schon  in  der  semitischen 
Ghmndsprache  vollzogen,  und  vielleicht  schon  hier  die  kürzere 
Form  neben  der  ursprünglichen  längeren  existirt  habe.  Vgl.  für 
solche  schon  ursemit.  Contractionen :  ja^^^  aus  ja^t^  (ZDMG 
XXIK,  173),  jankat^  aus  jana^t^^  und  wohl  auch  bintu  aus  binatu  *), 

Xni.  Fassen  wir  das  Resultat  unserer  Untersuchung  kurz 
msammen. 

Schon  die  semitische  Grundsprache  hat  ein  Zahlwort  Zwei 
besessen.  Dieses  ist  ausgegangen  von  einem  Nomen  tinj  in  der 
Bedeutung:  Falte,  Beuge,  Faltung,  Beugung  oder  Geflutetes,  Ge- 
beugtes, das  aber  schon  in  der  Grundsprache  zu  tin  verstümmelt 
ward.  Vielleicht  hat  schon  dieser  Singular  im  Sinne  des  Gefalteten 
oder  Gebeugten,  oder  erst  der  von  ihm  aus  gebildete  Dual,  der 
ursprünglich  die  beiden  gefalteten  bezw.  gebeugten  Theile  der 
Falte,  Beuge  etc.  bezeichnete,  die  Bedeutung  der  Zweizahl  erhalten. 
Jedenffdls  hat  sich  aber  schon  in  der  semitischen  Grundsprache 
der  Dual  des  Wortes  zur  Bezeichnung  unserer  Zahl  festgesetzt 
Dieser   hat   für   das  Masculinum  gelautet:    tinainä   bezw.   tinaimä. 


1)  Uebrigens  lesen  auch  Jon.  4,  ii  einige  Hdss.  nach   Norzi    D'^rit9?p,   und 
flo  anch  die  kleine  Hds.  Pinskers  (142).     Diese  Beispiele  zeigen  auch,  dass  das 

Dagesch  forte  in  tS^HlD  nicht  etwa  erst  in  einer  Zeit  verloren  ging,  wo  die 
Sprache  kein  Gefühl  mehr  von  dem  Grund  der  Spiraüon  der  litterae  DCS^^ID 
liatte.  2)  Wenigstens   findet  sich    auch  hier  die  contrahirte  Form  schon  in 

allen  Dialecten;  so  arab.  bint  (neben  'ibnat),  hin\j.  wohl  bint  oder  bitt,  assyr. 
bint  (neben  bimt),  hehr,  bat,  aram.  b«rat  wohl  aus  hart.     Dagegen  nicht  Formen 

nie  Kri'nn  (statt    MFII^);     denn    vgl.    aramäische    Formen    wie    JJLV^X«^  i»tatt 


|Iä8.  und  hebräische  wie  O-Onn  von  O^n,  D'»ÜTO ,  auch  nil«?,  ü^^\  etc. 
Bd.  XXXU.  7 


93  Phäippi^  iku  Zahlwort  Zwei  im  SemüUclyen. 

für  das  Femininum  tinatain&  bezw.  tinataimä.  Vielleicht  hat  sich 
schon  jetzt  für  das  Feminin  daneben  die  contrahirte  Form  ^tainä 
bezw.  tintftimft  gebildet.  Die  südsemitischen  Dialecte  haben  nun 
die  auf  ainä  ausgehenden  Formen  behalten  und  so  ist  denn  im 
Arabischen  imd  Himjarischen,  die  noch  das  ursemitische  Wort 
für  unsere  Zahl  besitzen,  während  das  Aethiopische  ein  anderes 
substituirt  hat,  aus  tinainft  geworden  arab.  'itnaini,  himj.  i^6(?) 
und  aus  tinatain&  bezw.  tintainft  arab.  'itnataini  bezw.  tintaini,  himj. 
tint^,  titt^.  Daneben  haben  sich  dann  auf  arabischem  Boden  noch 
die  Formen  'itnftni  und  'iüiatäni  bezw.  tint^kni  entwickelt  Die  nord- 
semitischen Dialecte  haben  dagegen  die  auf  aimä  ausgehenden 
Formen  aus  ^der  Grundsprache  herübergenonmien,  und  so  wurde 
aus  tinaimft  hebräisch  Sinaim,  S^najim  (vgl.  phoenicisch  §^^m), 
aramäisch  tinaim,  t^nßn,  t^6n,  aus  j^ataimÄ  bezw.  ^taimä  hebräisch 
Sinataim  bezw.  Sintaim,  Sittajim  und  ^Hajim,  aramäisch  ünataim  bezw. 
tintaim,  tintßn  und  sodann  nach  Analogie  der  Masculinform  tirt^ 
tart^n.  Zugleich  dürfte  aus  unserer  Untersuchung  mit  Sicherheit 
hervorgehen,  dass  das  semitische  Zahlwort  für  Zwei  in  absolut  gar 
keinem  verwandtschaftlichen  Zusanmienhang  mit  dem  entsprechen- 
den indogermanischen  Zahlwort  steht  ^).  Nur  das  haben  sie  mit 
einander  gemein,  dass  sie  in  beiden  Grundsprachen  in  der  Dual- 
form erscheinen.  Dagegen  dürfte  eher  eine  Verwandtschaft  zwischen 
dem  semitischen  Zahlwort  und  dem  altägypt  son(ui),  kopt.  snau 
fem.  snut  anzunehmen  sein.  Doch  liegt  diese  Frage  ausserhalb 
der  Grenzen  imserer  Untersuchung. 


1)  Benfey,   Das  indogerman.   Thema   des    Zahlwortes  Zwei  ist   Du  (Abhh. 
der  G.  G.  d.  W\V.  1876). 


99 


Präkrtica. 

Von 

Siegfried  Ooldsehmldt. 

1.    ana. 

m 

H&la,  S.  31  hat  Weber  eine  Reihe  von  Wörtern  zusammen- 
gestellt, die,  im  Gegensatz  zu  der  im  Prälq^t  meistens  —  freilich 
nicht  ausnahmslos  —  herrschenden  Gonstanz  der  urspiiinglichen 
Quantität,  an  Stelle  etymologischer  Doppelconsonanz  eii:i'ache,  ohne 
Ersatzdehnung,  zeigen.  Einige  derselben  fallen  hinweg  durch  die 
besseren  Lesarten  oder  die  richtigeren  Sainslqi-Uebersetzimgen  des 
spSter  (ZDMG  XXVUi.  345  ff.)  vom  Herausgeber  veröffentlichten 
kritischen  Apparats:  so  aruihd,  anud^),  sabhamiri^  samdasana ; 
eins,  nihaaana^  erledigt  sich,  wenn  man  statt  W.'s  Ableitung  (von 
nigharsh)  die  von  Vararuci,  Hemacandra  und  einem  der  Scholiasten 
des  Setu  gebotene  (von  nikash)  annimmt.  Mehrere  aber  sind  durch 
ihre  Häufigkeit  in  verschiedenen  Texten,  durch  das  Metrum  und 
durch  das  Zeugniss  der  Granmiatiker  so  gesichert  imd  zugleich  von 
so  evidenter  Etymologie,  dass  durch  sie  das  Yorkonunen  solcher 
Verkürzungen  vollständig  bewiesen  wird :  so  samuha  =  satnmukha, 
fnane  =  man^e,  pus^)  =  pronch  (alle  3  auch  bei  Hem.  imd  in 
Setu).  Zu  den  bisher  unerschütterten  Belegen  gehört  auch  ana  = 
ani/a,  das  sich  neben  der  in  der  Literatur  massenhaft  vorkonunen- 
den  und  von  den  Granmiatikem  ausschliesslich  anerkannten  Form 
anna  einmal  (da  anakd  =  anyathd  weggefallen  ist),  nämlich  in 
dem  Compositum  anakia^  =  anyahrdaya,  Häla  41,  finden  soll: 
das  Metrum  wie  der  kritische  Apparat  bestätigen  die  Lesart. 


1)  anua  käme  übrigens,  auch  wenn  es  richtig  wäre,  hier  nicht  in  Be- 
tracht, da  die  Doppelconsonanz  dem  Anlaut  des  zweiton  Gliedes  eines  Gom- 
poätiiiiis  angehört. 

2)  Für  den  ursprünglichen  Nasal  dieser  Wurzel  giebt  es  ausser  dem  Zeug- 
mm  der  Etymologie  und  Uomacandras  {pui'utaÜ  IV.  105)  auch  einen  merk- 
würdigen Beleg  in  der  Samskrt- Literatur:  Somadeva,  tar.  72.  323,  hat  sie 
ans  seiner  Präkrt- Vorlage  herübergenommen:  likhcUy  ut2yuilsayati  ca.  cf.  PW.  V 
Nmchtr.  ulptitutay. 


4 


100  GoldüchmüÜy  Präkrtica, 

Hern.  n.  190  lehrt  ana  als  eine  Prftkft-Form  fiir  nah,  also 
für  na  oder  für  das  a  privativiim,  das  ja  als  eine  Modification  von 
na  gilt  (P&n.  VL  3.  73).  Für  welches  von  beiden,  sagt  das  sütra 
nicht,  und  auch  die  abgerissenen  Worte  des  Beispiels :  anacitntiam  ^) 
amunamti , «  obgleich  sie  mir  am  natürlichsten  auf  die  Auffassung 
acintüam  ajänati  zu  führen  scheinen,  sind  nicht  durchaus  ent- 
scheidend und  in  der  That,  wie  die  Worttrennung  zeigt,  von  Pischel 
in  dem  andern  Sinne  au^efiEtöst  worden.  Das  Folgende  soll  zeigen, 
das  ana  in  Wahrheit  =  a  ist,  aber  nie  =  ant/a,  und  dass,  wo 
immer  es  so  übersetzt  wird,  ein  Missverständniss  der  Scholiasten 
vorliegt 

Setu  XI.  64,  als  Rävana,  um  Sft&  an  R&ma's  Tod  glauben  zu 
machen,  ihr  den  durch  Zauberei  nachgebildeten  Kopf  desselben 
bringen  lässt,  heisst  es:  sie  erblickte 

gaUa-nihiraddha-lahuafn 
anahiaümrnäla'idraafn  Rdma-siro  \\ 
„den  Kopf  R&ma's,  den  durch  Blutverlust  um  die  Hälfte  leichtem, 
bewusstlosen ,  dessen  Augensterne  weit  offen  standen.*  Die  Tra- 
dition in  ihren  verschiedenen  Zweigen  ist  über  diese  Auffassung, 
wie  über  den  Text,  vollkommen  einig :  R  ^) :  ahrdayam  acaüanydd 
anabhiprät/am ;  S:  gatiudUa-;  nur  K  überliefert  ausser  tmserer 
Erklärung  unter  der  Form  einer  Variante  noch  eine  andere,  die 
deutlich  den  Stempel  eines  Interpretations-Eunststücks  trägt:  atha 
vd  anadhikonmUttatdrakam  itt  pdfhah, 

XI.  19,  20:  Bäva^a,  durch  seine  unerwiderte  Leidenschaft  in 
den  Zustand  der  Geistesabwesenheit  (günyakrdayatva  B)  gerathen, 
redet  und  handelt  unsinnig  in  Gregenwart  seiner  von  Eifersucht 
gereizten  Frauen  und  hält  den  Ausdruck  des  Zorns  in  ihren  Ge- 
sichtern fiir  Zeichen  der  Liebe :  anahiao  vi  ptdnam  . . .  ahinandaX 
Dahavaano . .  ,pnlaiam  \\  19  ||  „und  in  (resp.  trotz)  seiner  Geistes* 
abwesenheit  macht  der  Zehnköpfige  den  Geliebten  Complimente  über 
ihre  (zornigen)  Blicke*.  S:  sa  hi  günyö 'pi  ftrdd;  E:  anahrdayak 
I  ahrdaya  ity  arthah  |  atha  vd  anyahrdayaa  (Ms.  atnanya^)  «oim 
api  I  pi'dJcriulakalmwuydtaniryarn  ^)  (Ms.  pra^)  etat  \  und  später : 
ahrdayo  *py  amyaJtrakrdayo  'py  ahhinandati,  R:  tütägatadUa- 
tvdd  anyahrdayah. 


1)  So  alle  Quellen,  Pischel  emendirt  ^'furm;  warum? 

2)  Die  im  Verlauf  citirten  Handschriften,  resp.  Handschriften -Classen  sind 
folgende:  C:  Colebrooke's  Ms.,  den  Text  entlialtend,  A.  D.  1596  (s.  o.  XXVHI. 
S.  493).  C*:  moderne,  indirect  von  demselben  Original  stammende,  aber  viel 
geringere  Abschrift,  von  Bühler  fELr  das  Bombay  Government  besorgt,  A.  D. 
1874  (s.  Monatsber.  der  Berl.  Akad.  1874,  S.  282).  R:  die  Recension  des 
Bftmadftsa,  Text,  chftyft  und  Conmientar,  in  4  Mss.  (RHhlb),  dasttlteste,  Dr.  F.  E. 
Hall  gehörig,  von  A.  D.  1631.  K:  die  südliche  Recension,  von  Krshna  com- 
mentirt,  bloss  chAyA  und  Commentar,  moderne  Teluguhandschrift,  von  Dr.  Bumell 
mir  geschenkt    S:  die  Sarani,  das  Berliner  Ms.  Ch.  437. 

3)  cf.  Pisehel  de  gramm.  Pr&cr.  S.  4. 


UoldschmifU,  Prdkrtica,  101 

hasaS  khanam  appänam 
aiMkuia'VÜajjidsana^tcUtantafn  |{  20  || 
,er  lacht  einen  Augenblick  sich  selbst  aus,  indem  er  zu  seinem  in 
der  Geistesabwesenheit  verlassenen  Sitze  zurück  kehrt**.  S:  ama- 
naafyaktagrhUapUhaprahfham  \  (Ms.  amara^);  E:  ahrdayatodd^) 
vümitäaainam;  B:  anyahrdayena  SUärüpänyagaiacittcUvena 
vür^am  . . .  yiui  daanam  etc. 

Obgleich  in  den  beiden  letzten  FlQlen  die  Tradition  schwankt 
und  auch  anya  einen  passabeln  Sinn  giebt,  kann  uns  doch  auch 
hier  nur  diejenige  Erklärung  genügen,  die  auf  alle  3  Stellen  passt 
Dasselbe  gilt  natürlich  von  Hdia  41 :  man  soll  sein  Herz  an  keinen 
Herzlosen  verschenken. 

X  3  heissen  die  Gipfel  des  Suvela:  rainä  vi  anacchunnd 
,p8elbst  von  der  Sonne  nicht  betreten*.  So  C;  B  (und,  was  für 
die  Kritik  nicht  ins  Gewicht  fällt,  C^)  liest  anucchunnd  =  antU- 
kshunnäh  b=  ürdkvam  andkräntäh;  S,  die  hier  frei  übersetzt, 
kommt  nicht  in  Betracht;  E  hat  in  der  Uebersetzimg  anava' 
kskunnäh^  nachher  aber,  bei  der  Wiederholung  des  Wortes  im  Com- 
mentar,  akahunnäh  —  woraus  mit  Sicherheit  nur  folgt,  dass  er 
nicht  anucchunnd  las,  seine  Lesimg  (ob  ano^  oder  ana^)  aber 
zweifelhaft  bleibt.  Da  nun  offenbar  amicchunna  ebenso  leicht 
Schreibfehler  für  anu^  sein  kann,  wie  anu^  eine  Conjectur  für 
das  unverstandene  ana^  (wie  sich  deren  viele  bei  B  finden),  so 
-Itest  sich  zwischen  beiden  Lesarten  nur  entscheiden,  wenn  etwa 
gezeigt  werden  kann,  dass  das  Compositum  luxihund  überhaupt 
oder  in  dem  hier  nothwendigen  Sinne  unmöglich  ist. 

Ohne  Präposition  kommt  ckund  noch  einmal  im  Setu  vor^), 
IX.  70:  ckundanii  jaäha  vanthe  (sie)  „wo  sie  die  Pfade  betreten*; 
sonst  stets  mit  (wa,  X  55  in  einer  Schilderung  der  täuschenden 
Wirkung  des  Mondlichts: 

occkundai^  viscUÜiam 

jonhä-nwuha-bhartafn  Üialam  miva  vrvaram  \\ 
«vertrauensvoll ,  wie  auf  festen  Boden,  wird  in  ein  von  der  Pluth 
des  Mondlichts  erfülltes  Loch  getreten*'.  XIII.  19:  occhundanti^) 
jardam  parena  paävam  \  (=  pauruaharn  babhanjuh  E)  „sie  be- 
wältigen die  vom  Gegner  geäusserte  Kjraft**.  XI.  111  sieht  Sita 
den  Eopf  Bftma's  nisdarocchunna'fnaht-ala'paholantarn  \  „von 
den  Nachtwandlern  getreten^)   auf  dem  Boden  rollen**.     XIQ.  63: 


1)  So  im  Comm.,  in  der  ch&yä  dagegen  anya^i  diess  ist  unzweifelhaft  ver- 
ichrieben,  weil  anya  im  Comm.  mit  anyatra  oder  ähnlich  erklärt  sein  würde. 

2)  Der  Wortindex  zum  Setu,  dessen  ich  mich  hier  bediene,  ist  von  Paul 
Goldzchmidt  nach  dem  Berliner  Ms.  allein  angelegt  und  von  mir,  nach  Fest- 
rtgtinng  des  Textes,  revidirt  und  vervollständigt  worden.  Ich  werde  ihn  mit 
meiner  Ausgabe  des  Setu  veröffentlichen. 

3)  C  apphundat. 

4)  C  ocdhodcmÜ,  lies  ^cchanda^  =  sie  verdunkeln;  cf.  auch  Hem.  IV.  160  v.  1. 

5)  BS  erklären  fälschlich  Icftta^  lüna. 


102  Ooldaehmidf,  Brdkrtica. 

occkunna-duggama-pahd  «sie,  welche  nnwegsame  Pfade  betreten*. 
XV.  13  heisst  es  von  dem  goldnen  Wall  Lafikft's:  occkunna  ^y 
rat  -  raha  •  vaho  ^er  betrat  den  Pfad  des  Sonnenwagens"  d.  h.  er 
reichte  bis  zmn  Hinunel.  Uebersetzt  wird  chund,  occhund  theils 
in  üebereinstimmung  mit  Hem.  IV.  160  mit  dkraw,  theils  eiymo- 
logisirend  mit  kskud,  aüoJcshud;  und  mancher  wird  geneigt  sein, 
diese  Ableitung  anzxmehmen  ^)  und  aus  der  Bedeutung  der  y^AtfAiM^ 
die  Unmöglichkeit  der  Composition  mit  ud  zu  deduciren.  So  weit 
will  ich  nicht  gehen;  das  aber  folgt  klar  aus  den  Belegstellen, 
dass  in  der  Bedeutung  (betreten ,  angreifen,  bewältigen)  diund, 
occhund  sich  durchaus  mit  dkram  decken,  und  kein  Kenner  der 
Sprache  wird  es  für  möglich  halten,  dass  ud  -)-  chund  dieselbe  Be- 
deutung wie  ava  +  chund  haben  könne.  Die  Erkl&rung  B's  vollends: 
uücahud  =  ürdhvam  dkram  =  oben  betreten,  bedarf  keiner  Wider- 
legung. Wir  können  daher  mit  Bestimmtheit  onuccAtftina  for  eine 
Gonjectur  erklären  und  anacchunna  für  die  richtige  Lesung.  Frei- 
lich lässt  anacchunna  zwei  verschiedene  Erklärungen  zu:  es  kann 
=r  ana  -f-  chunnaj  es  kann  aber  auch  =  an  -f-  acchunna,  von  dchund, 
sein.  Da  die  Bedeutung  der  y^c^tid  sich  der  Composition  mit  d 
durchaus  fügt,  so  sehe  ich  in  dem  Mangel  eines  Belegs  für  dieses 
Compositum  keinen  entscheidenden  Grund  gegen  die  zweite  Auf- 
fassung. Gegen  dieselbe  spricht  aber  allerdings  der  Umstand,  dass, 
so  nahe  es  zu  liegen  scheint,  keine  Tradition  hier  auf  dchund  ver- 
fallt: war  diess  Wort  vorhanden,  so  hätte  es  kaum  durch  das  un- 
mögliche ucckund  verditogt  werden  können-  Ich  sehe  daher  in 
anachunna  einen  wahrscheinlichen,  aber  keinen  sichern  Beleg 
für  ana. 

m 

VI.  65  —  es  handelt  sich  um  das  Verderben,  das  über  die 
Thiere  der  Wälder  und  Flüsse  kommt,  als  die  Affen  die  Berge 
entwurzeln  —  heisst  es: 

mina-uldt  avi  a  su^hilenti  ßviam  na  a  nadi^hardim 

viaaante  muanti  dharanihara-sambhame  naana'dihardim 

.  .  .      .  • 

von  S  folgendermassen  übersetzt: 

talhdvidhakshauntdharaat/a  sambhrame 

vijrmbhamdne  vata  jimteaho  api  \ 

qlathaprayajtnafn  nayandyaiam  punar 

jakdti  no  mtnakulam  nadigrhdn  || 
womit  R  und  K  in  Allem,  worauf  es  uns  hier  ankommt,  überein- 


1)  Bbh  icchunna  RH«»,  Cocchanna',  avakahunnay  dkrdnta  die  Ueber- 
setzungen,  woraus  mit  Sicherheit  folgt,  dass  t®  und  u^  Fehler  für  o"  sind. 

2)  Eine  andere  —  von  V  «Ä"awrf  —  ist  vorgeschlagen  von  Paul  Gk>ldschmidt 
Göttinger  Nachrichten  1874,  S.  526  Note. 

3)  Diese  in  der  Mfthftr&shtri  eigentlich  unzulässige  Form  ist  hier  durch  den 
Reim  veranlasst.  Aber  auch  sonst  finden  sich  vereinzelt  ^auraseniformen  im 
Setu,  deren  Echtheit  um  so  sicherer  bt,  als  es  fast  lauter  solche  sind,  die  Hem. 
ausdrücklich  verwirft,  also  schon  vorfand:  z.  B.  udu  =  rtu,  Abstracta  auf 
'dd,  AbUtiYo  auf  -ddo. 


CMdschmidt,  Prährtiea,  103 

stimmen:  «Und  auch  die  Scharen  der  Fische,  lang  von  Augen, 
lassen  ihr  Leben  fahren,  aber  geben  nicht  ihre  Fluss -Wohnungen 
aof ,  da  das  Beben  der  Berge  los  bricht**.  Die  Worte  naana- 
dShardim  erklärt  K:  nayafnavad  dirghatardni^),  B:  nayanavcui 
dSrghäni  nayanena  cKrghdni  d^rghanayandniti  vd  \  etena  tcuivf/d- 
pakam  dkdratnahatvam  dydHti  sampraddyah  \  R  bestätigt  also 
ausdrücklich,  was  wir  aus  der  üebereinstimmung  der  Erklärer 
schliessen  können,  dass  nämlich  die  Auffassung  naana  =  nayana 
die  überlieferte  war.  Natürlich  geben  wir  uns  weder  mit  den 
Fischen  «lang  wie  Augen**  noch  «lang  von  Augen**  zufrieden.  Auch 
B  thut  es  nicht;  nach  mehreren  phantastischen  Erklärungen  ent- 
sdieidet  er  sich  für  diese  ihm  eigene:  na  a  des  ersten  Halbverses 
ist  =  ncUa  (tief)  oder  na^a  (Berg) \  naana  des  zweiten  ist  =  na 
oa  na  =i  api tu  und  gehört  zu  muanti\  dzhardim  ist  als  kaama- 
Jcartror  api  vigeahanam  auf  -hardim  und  -uldim  zugleich  zu  be- 
ziehen. Also :  »Die  langen  Scharen  der  Fische  verlassen  ihre  Woh- 
nungen, die  langen,  tiefen  (oder  Berg-)  Ströme,  und  damit  lassen 
sie  das  Leben  fahren**.  Nehmen  wir  an,  dass  der  Dichter  na 
anad^hardim  =  „die  sehr  langen**  geschrieben  hat,  so  haben  wir 
einen  einfachen  Sinn  und  zugleich  den  Grund,  warum  die  Tradition 
das  Yerständniss  verloren  hat. 

Vielleicht  lässt  es  manchen  Leser  unbefriedigt,  dass  ynr  unsere 
paar  Belege  für  ana  so  mühsam  und  zum  Theil  im  Widerspruch 
mit  der  Tradition  der  Scholien  gewonnen  haben.  Diess  Besultat 
aber  ist  es  gerade,  das  ynr  jedesmal  erwarten  müssen,  so  oft  es 
sich  im  Präk^^t  um  den  Nachweis  einer  seltenen  und  der  dürftigen 
Gelehrsamkeit  der  Scholiasten  fremden  Spracherscheinung  handelt 
Schon  früher  (Bd.  XXVUL  493)  habe  ich  gezeigt,  dass  von  den 
Tier  bis  jetzt  nachgewiesenen  Fällen  des  passiven  Infinitivs  in  einer 
Becension  des  Setu  zwei  so  geschickt  weg  emendirt  sind,  dass  ohne 
die  Hilfe  einer  andern  die  Fälschung  nicht  hätte  entdeckt  werden 
können.  Es  sei  hier  zum  Schluss  noch  ein  anderer  Fall  dieser 
Art  angeführt  —  Die  zahlreichen  Citate  aus  Setu  bei  Hemacandra 
zeigen,  dass  wir  diess  Gedicht  im  Allgemeinen  in  der  Form 
haben,  in  der  es  jenem  vorlag;  die  gelegentlichen  Differenzen 
kommen  meistens  auf  Rechnung  Hem.'s  oder  seiner  Abschreiber. 
Nun  citirt  Hem.  11.  206  als  Beleg  für  das  Indeclinabile  vane: 
natthi  vane  jam  na  dei  vihiparindmo.  Diese  Stelle  ist  aus  Setu 
XrV.  43 ,  aber  sie  lautet  in  C  R :  natthi  jae  jatn  na  ei  mhi-pari' 
ndmo  I  ,es  giebt  keinen  auf  der  Welt,  den  die  Reife  des  Schick- 
sals nicht  ereilte*.    K  las,  wie  es  scheint,  Jawo  fürjW,  S:  manye 


1)  So  übersetzt  K  jedesmal  dihara,  offenbar  am  das  ra  zu  erklären. 
Dieser  Versuch  ist  natürlich  ebenso  verkehrt,  wie  der  des  Hem.  (II.  171),  wel- 
cher ra  ffir  ein  neues  Suffix  hält,  dthara  steht  für  *  dir  aha  durch  vyatyaya 
(cf.  marahattha  etc.,  Hem.  II.  116  ff.),  und  dieses  für  dtrgha  wie  aroha  für 
arha  etc.  cf.  Hem.  II.  100  ff. 


104  OoldschmUU^  FrdhrUea. 

tan  fidsii  yan  naüi  aa  daivapdkah.  Da  manye  eine  selir  passende 
üebersetzong  för  vane  ist,  das  nach  Hern,  hier  , sai{ibhftyane * 
steht 9  brauchen  wir  nicht,  was  sehr  nahe  liegt,  anzunehmen,  dass 
der  Verfasser  der  Sara^  etwa  mane  in  seinem  Texte  fend,  sondern 
ihm  lag  wohl  die  ursprüngliche  Lesart  vor:  aus  unseren  Texten 
aber  ist  sie  durch  Gonjectur  ausgemerzt  —  Dagegen  ist  selbst- 
verständlich dei  für  ei  bei  Hem.  ein  Fehler. 

2.    vahutta. 

Zweimal,  I.  288  und  ü.  98,  lehrt  Hemacandra,  dass  prabhCOa 
im  Prftlqt  vahutta  werde,  wILhrend  er  das  weniger  unregelmässige 
und  von  den  Texten  häufig  (im  Setu  z.  B.  10  Mal)  gebotene  pa- 
hutta  nicht  zu  kennen  scheint.  Ihm  zufolge  sollte  man  glauben, 
vahutta  gehöre  in  eine  Classe  mit  solchen  Bildungen  wie  cäda 
=  Jcirdtay  8omdlaz=  sukumdra,  bhaaala  =  bhramara^  in  denen 
zwei  unregelmässige  Lautvertretungen  sich  stets  zugleich  einstellen 
und  in  ihrer  Vereinigung  eben  die  specifische  Prftkytform  des  Wortes 
constituiren.  Der  Üebergang  von  anlautendem  j!?  in  v  ist  freilich 
beispiellos  *)  und  wird  durch  die  Analogie  enklitischer  Wörter  wie 
de^  ddva  nicht  begreiflicher.  Und  was  sollen  wir  von  pahutta 
halten,  wo  die  Texte  es  bieten?  Hat  Hem.  alle  diese  Stellen  aus 
den  so  oft  citirten  Setu  und  Häla  übersehen  ?  oder  ist  diese  Form 
überall  als  fälschliche  Sanskritisirung  zu  betrachten,  wie  die  Texte 
z.  B.  auch  diäna  statt  ändla  oder  aomdra  statt  somdla  zu  bieten 
pflegen?  Das  Folgende  wird  zeigen,  dass  die  beiden  Regeln  über 
vahutta  um  einer  einzigen  Stelle  willen  gegeben  sind,  an  welcher 
Hem.  den  Grund  der  Erweichung  des  p  nicht  erkannt  hat,  dass 
aber  eine  Regel  über  pahutta  in  der  That  fehlt. 

Schon  Lassen  hat  bemerkt,  dass  na  sich  manchmal  dem  fol- 
genden Worte  proklitisch  anschliesst  (Institut.  S.  193);  er  führt 
aber  für  diese  Beobachtung  nur  eine  Classe  von  Belegen  an, 
nämlich  solche,  bei  denen  na  mit  anlautendem  Vocal  in  saipdhi 
tritt  (necckadi\  ndrihadi  etc.),  während  er  den  weit  bemerkens- 
werthem  Fall,  in  welchem  der  anlautende  Consonant  der  nächsten 
Silbe  wie  im  Innern  eines  Wortes  elidirt  wird  (na  dne,  na  dntadt 
für  na  jdne  etc.),  mit  Unrecht  unter  die  Schreibfehler  verweist 
(S.  196):  bei  der  Yßid  ist  diese  Elision,  wie  die  Texte  zeigen, 
sogar  die  Regel  —  das  Priüqt  sagt  na-dndmt^  als  Compositum 
wie  das  Lateinische  nescio.  Sonst  ist  sie  ziemlich  selten:  aus  Setu 
habe  ich  ein  Beispiel  notirt,  in  dem  alle  Mss.  sie  zeigen:  na  tnam 
Vin.  61  für  dmamj   durch  den  Reim  gesichert;  und  mehrere,  in 


1)  Wenigstens  in  den  von  der  Grammatik  anerkannten  Formen;  in  Mss. 
habe  ich  allerdings  ein  paar  gut  beglaubigte  Beispiele  dafür  gefunden,  s.  s.  B. 
oben  S.  101  varUhe  Setu  IX.  70  in  allen  Quellen. 

2)  Ganz  entsprechend  in  der  Jainamligadhi :  na  ydnaniif  na  ydridmOt 
8.  E.  MUUer,  Beiträge  zur  Gr.  des  Jainapr&krit  13  N.  1).    ' 


CMtUckmüU,  Pt&kffüca.  105 

denen  sie  Ton  einzelnen  Mss.,  offenbar  als  bessere  und  schwerere 
Lesart,  gewahrt  ist:  Vlll.  15  na  innam  G  ^  -dinnam\  X.  40 
na  aenii  C  für  caenti  =  Qoknuwmii;  äv.  67  na  iffharn  R^  für 
düßam.  Ist  der  anlautende  Gonsonant  eine  Aspirata  oder  />,  so 
kann  natürlich  Schwächung  zu  h  resp.  t;  eintreten:  so  IX.  88  na 
kaam,  nach  K  =»  na  bhayam\  so  ntwaram^  navari,  nach  Paul 
(joldschmidt's  schar&inniger  Vermuthung  =  na  param^  na  pare\ 
so  auch  in  dem  folgenden  Verse  Setu  m.  57 : 

aha  va  mahannava'huttam 

•  •  • 

patAaniaaea^)  gaanam  mahatn  na  vahtUtam  | 
«oder  aber  der  Himmel  reicht  nicht  aus  für  mich,   wenn  ich  auf 
den  Ocean  los  gehe.**     Wie   man   sieht,   ist  vahtUtam  durch  den 
Beim  gesichert,  resp.  mit  veranlasst. 

So  misslich  es  sonst  wäre,  ein  aus  einem  Worte  bestehendes 
Gitat  auf  seine  Quelle  zurück  zu  führen,  so  sicher  können  wir  hier 
behaupten,  dass  diess  die  Stelle  ist,  die  Hem.  im  Auge  gehabt 
hat.  Da  nach  seinem  eigenen  Zeugniss  auch  pahüa  vorkonmit 
(IV.  64),  so  musste  er,  wäre  es  seine  Absicht  gewesen  pahutta  als 
einen  Fall  unregelmässiger  Verdoppelung  neben  pahüa  zu  lehren, 
es  unter  den  arbiträren  Verdoppelungen  im  ga^a  sevädi  11.  99 
neben  vähtita,  nthüta  etc.  aufführen.  Das  Wort  stand  aber  nicht 
in  seinen  Gollectaneen,  wie  es  in  denen  Vararuci's  gefehlt  hatte. 
Dagegen  stand  darin  unser  vahuttam  —  offenbar,  weil  es  ihm  durch 
sein  V  aufgefallen  war;  und  da  sich  daneben  kein  vahUa  fand, 
stellte  er  es  consequenter  Weise  zu  den  nothwendigen  Ver- 
doppelungen in  den  gana  tailädi,  und  zwar  in  der  Gasus-Foim,  in 
der  er  es  gefunden  hatte.  Das  na^  die  Ursache  der  Erweichung, 
citirte  er  nicht  mit,  zum  Beweis,  dass  er  den  Zusanmienhang  der 
Erscheinung  nicht  erkannt  hatte  ^. 

Diese  Schwäche  Hem.'s,  seine  Abhängigkeit  von  oft  unvoll- 
stSndigen  Gollectaneen,  der  er  nicht  mit  einer  lebendigen  Kenntniss 
der  Sprache  nachzuhelfen  weiss,  wird  keinem  Kenner  seiner  Gram- 
matik etwas  neues  sein.  Man  begegnet  ihr  auf  Schritt  und  Tritt, 
und  nichts  wäre  bedenklicher,  als  sich,  um  den  ihm  vorliegenden 
Zustand  der  Texte  kennen  zu  lernen,  des  argumentum  ex  silentio 
zu  bedienen.  Es  ist  z.  B.  ein  bekanntes  Gesetz  des  Präkrt,  dass 
8  {q  ah)  folgende  Tenuis  aspirirt,  ausser  wenn  die  zwei  Gonsonanten 
verschiedenen  Theilen  eines  Gompositums  angehören^:   nikkha  == 


1)  «=  pratishthatndfuuya. 

2)  Noch  ein  weiterer  Fall,  in  welchem  na  zu  dem  nächsten  Worte  in  ein 
proklitiBches  oder  compositionsartigos  Yorhältniss  tritt,  findet  sich  bis  jetzt  nur 
im  PÜL  Hier  bleibt  oft  hinter  na  anlautende  Doppelconsonanz  stehen;  Beispiele 
t.  bei  Childers  S.  254.  Hierher  gehört  natürlich  auch  die  von  £.  Kuhn,  P&li- 
Gr.  8.  66,  anders  behandelte  Stelle  Dhp.  128  —  die  Erscheinung  bt  keines- 
wegs auf  metrische  Texte  beschränkt. 

3)  Die  Regel  hat  nach  beiden  Seiten  vereinselte  Ausnahmen,  die  hier  nicht 
in  Betracht  kommen. 


106  Ooldschmidt,  Prdkrüca. 

nvfhka^  aber  dukkara  =  duahJeara,  Dass  Hern,  dieses  Gesetz 
nirgends  in  dieser  allgemeinen  Form  aasspricht,  werden  wir  ihm 
bei  der  Technik  seiner  Grrammatik  nicht  zum  Vorwurf  machen  — 
im  Gegentheil,  wir  erkennen  an,  dass  er  in  der  Behandlung  dieser 
Erscheinung  einen  bedeutenden  Fortschritt  über  Var.  zeigt  (cf.  11.  4, 
21,  53  mit  den  entsprechenden  Regeln  Var/s).  Wenn  er  aber 
n.  21  fftr  Qc  den  Uebergang  in  eck  vorschreibt,  mit  einziger  Aus- 
nahme des  Wortes  ntgcala^  so  haben  wir  zu  schliessen,  dass  solche 
allein  richtigen  und  von  den  Texten  gebotenen  Formen  wie  rfuc- 
cintiay  nicceffha,  nicccui  etc.  zuf&llig  nicht  in  seinen  Collectaneen 
standen. 

3.    Eine    Druckfehler-Geschichte. 

Sha/ndhaka,  pr&k^t  khandhaa  ist,  wie  uns  mehrere  Quellen, 
u.  A.^  auch  der  Prftkrt-Pingala,  lehren,  der  Name  derjenigen  Form 
der  Äryft  -  Strophe ,  in  welcher  der  grösste  Theil  des  Setubandha 
(und  wahrscheiiilich  auch  der  andern  Kunstepen  in  Präkyt,  s.  Sfth.-D. 
§  561)  verfasst  ist.  Durch  einen  sonderbaren  Zufall  sind  diese 
einfachen  Formen  von  ihrem  ersten  Auftreten  im  Druck  an  durch 
Fehler  verschiedener  Art  so  entstellt  worden,  dass  jetzt,  obgleich 
die  richtige  Form  skandhaka  aus  andern  Quellen  im  PW  Auftiahme 
gefunden  hat,  sich  daneben  mehrere  ganz  imaginäre  Bildungen  in 
diesem  und  andern  Werken  herumtreiben.  Da  sie  keine  Miene 
machen,  von  selbst  zu  verschwinden,  sondern  fortwährend  von  einem 
Buch  ins  andere  übergehen,  möchte  ich  ihnen  durch  diese  Notiz 
ein  Ende  machen. 

Colebrooke,  der  diess  Metrum  zuerst  As.  Res.  X,  Calc.  1808, 
S.  465  erwähnte,  nennt  es  y^Arydgiti  or  (Thandhaka,  Pr.  Scandha*, 
in  modemer  Transcription  also :  khandhaka,  Pr.  akandha.  Gemeint 
ist  aber  skandhaka,  pr.  khandhaa,  die  2  Worte  enthalten  also 
3  Fehler,  von  denen  die  zweimalige  Verwechslung  von  sk  und  kh 
sich  aus  der  Devanftgarl  leicht  erklärt  Diese  Fehler  sind  un- 
bemerkt in  die  verschiedenen  Nachdrucke  der  As.  Res.  und  in 
die  Mise.  Essays  (11.  154*)  übergegangen,  in  diesen  aber  dadurch 
vermehrt  worden,  dass  der  Index  statt  chandhaka  das  noch  falschere 
c'handaka  druckt.  Aus  dieser  Quelle  stammen  zwei  Artikel  des 
PW  der  eine  ganz,  der  andere  theilweise.  Die  Bearbeiter  nahmen 
offenbar  und  mit  Recht  Anstoss  an  dem  doppelt  falschen  khandaka 
und  conjicirten  dafür  khandaka,  dem  sie  sub  4)  die  Bedeutung 
=  äryftgiti  beilegen  —  dieser  Artikel  ist  also  zu  streichen.  Femer 
geben  sie  akandha  sub  If)  als  Name  eines  Metrums,  was  durch 
eine  Stelle  der  Medinl  {dh  23  ed.  Calc.  1869)  gerechtfertigt  ist; 
das  Citat  aus  Colebrooke  ist  aber  auch  hier  zu  streichen,  und  da- 
her  können  wir  auch  nicht  wissen,  ob  diess  Metrum  Aryä  war  — 
was  freilich  sehr  wahrscheinlich  ist.  Die  neue  Auflage  der  Mise. 
Essays  1873  hat  keinen  der  alten  Fehler  beseitigt,  aber  die  Conjectur 
desPW  hhandaka  mit  einem  Fragezeichen  in  den  Index  aufgenommen. 


CMdtckmuU,  Prdhrtica.  107 

Eine  zweite  hiervon  ganz  unabhängige  Fehlerquelle  ist  das 
84hitya-Darpana.  Die  8  mir  zugänglichen  Ausgaben  (Calc.  1828, 
BibL  Ind.  und  Calc.  1869)  haben  §  561  chandaadskandakena 
anstatt  chcmdaad  shandhaLkena ,  wie  Premacandra  in  seinem  Com- 
ment.  zum  KäTjAdar^a  S.  83  richtig  citirt.  Hiemach  übersetzt 
Pramad&dftsa  Mitra  (Mirror  of  Composition,  Calc.  1875,  Bibl.  Ind.): 
the  metre  called  Askandaka,  und  PW  Bd.  V  Nächtige  hat: 
^dskandaka  ein  bestimmtes  Metrum*.  Merkwürdiger  Weise  hat  auch 
ein  Oxforder  Ms.  (Bodl.  485)  des  Kftvyftdar^a,  wie  ich  aus  Auf- 
reehts  Katalog  204'  sehe,  I.  87  sJcandaka  statt  skandkaka  der 
Ausgabe. 

4.    kilim  =  klam,  aumir  =  amar. 

Der  gelegentlich  schon  im  Slqt  und  sehr  häufig  in  den  jungem 
Dialecten  in  einer  Consonantengruppe  sich  entwickelnde  Hilfsvocal 
(der,  wenn  er  hinter  r  l  entsteht,  svarabhakti  heisst)  ist  bekannt- 
lich manchmal  von  schwankender  Qualität:  prtham  und  prthtvi  aus 
prtkdj  pttrusha  und  purisa  aus  ^pursha  (s.  Zimmer,  KZ  XXIV, 
220 f.),  saniddha  und  siniddfta  aus  snigdha,  araha  ariha  und 
aruha  aus  arha  etc.  £s  ist  noch  nicht  bemerkt  worden,  dass 
diese  Unbestinuntheit  der  Aussprache  mehrfach  auch  den  Vocal  der 
nächsten  Silbe  ergreift.  Hieraus  erklären  sich  einige  interessante 
Formen,  die,  weil  sie  auch  den  einheimischen  Grammatikern  ent- 
gangen waren,  vielfach  schon  in  den  Handschriften  und  fast  durch- 
weg in  den  Ausgaben  entstellt  und  verschwunden  sind. 

Nach  den  Grammatikem  (Var.  HI.  62;  Hem.  11.  106)  wird 
Jdum  durch  Entwickelung  eines  i  in  der  anlautenden  Gruppe  käam ; 
also  Jddmyati  kldnta  z.  B.  geben  ktlammai  käanta.  Von  den 
18  Fällen ,  in  denen  diese  Wurzel  im  Setu  vorkommt,  entsprechen 
dieser  Vorschrift  4 :  -üantaa  3, 47 ;  kilanta  9,  fts ;  küdmia  9, 12 ;  küa- 
mmai  11,120,  deren  erster  durch  den  Beim:  käma-ilantaammi (=  kd- 
makldfite)  mit  kd  maÜaniaammt  (=  kd  malindi/anidne)  noch  eine 
besondere  Beglaubigung  erhält;  die  herrschende  Form  in  diesem 
Text  aber  ist  käim,  die  sich  in  küinta  kilttnmat  ^mmanti  ^mmanta 
im  ganzen  1 4mal  ^)  findet.  Sie  erscheint  femer  in  küimmihii  =r 
Idamiahyati  in  dem  noch  nicht  edirten  Theil  des  Häla  (s.  ZDMG 
XXVm.  405  ad  Vs.  230)  und,  ohne  Variante  in  allen  drei  Aus- 
gaben, Mfcch.  13,7  ed.  Stenzler  in  küinte  ^*i  =  kldnto  W,  das  mit 
Unrecht  von  Delius,  Radices  69,  in  kilante  emendirt  ist 

Wenn  es  zunächst  scheint,  als  ob  kiltm  in  den  edirten  Texten 


1)  Diese  Zahlen,  welche  auf  den  Lesarten  der  meinem  Text  zu  Grunde 
liegenden  Bocension  R  beruhen,  verschieben  sich  natürlich  —  ohne  jedoch  das 
üebei^ewicht  von  kilim  zu  beeinträchtigen  —  wenn  man  die  varia  loctio  in  An- 
sehlag bringt.  In  C  z.  B.  ist  das  A^crhältniss  von  kilam  zu  kilim  =  5:  11; 
entBcbeidet  man  sich  nach  dem  Princip  difficilior  Icctio  in  allen  FSllen  dos 
DSnensüs  für  kilim,  so  bleiben  für  kilam  nur  zwei  Belege. 


108  GokUdinudt,  Prdkriioa, 

keine  weiteren  Sparen  zurückgelassen  hätte,  so  liegt  der  (xnind 
darin,  dass  diese  durch  keine  Autorität  der  Grammatiker  beschützte 
Form  von  zwei  Seiten  in  ihrer  Existenz  bedroht  war:  einmal  lag 
es  nahe,  sie  durch  das  regelmässige  küam  zu  ersetzen,  sodann 
gleichen  (wenigstens  in  den  für  die  Ausgaben  bisher  fast  allein  in 
Betracht  kommenden  Alphabeten)  ihre  meisten  Bildungen  im  höchsten 
Masse  denen  der  Y^i»  a»  IcUq^  mit  denen  sie  zugleich  sehr  oft 
(namentlich  in  der  Bedeutung  ,»welken*')  dem  Sinne  nach  leicht 
vertauscht  werden  konnten.  So  übersetzt  in  der  eben  erwähnten 
Stelle  des  Hdla  ein  Scholiast  käimmihti  mit  kUgishyati  (Ms.  Mi^) 
—  las  oder  emendirte  also  kilüsthn;  Mälatlm.  31,  lo  ed.  Calc.  1830 
(=  32,15  Calc.  1866  =  81, i  ed.  Bombay  Series)  hat  umgekehrt 
die  chäyä  richtig  klämf/cmnavafndlikd,  der  Text  aber  in  den  Calc. 
Ausgg.  kilüsantanomäliä.  Von  den  für  die  ed.  Bomb,  collationirten 
Mss.  liest  eins,  C,  küitnta,  was,  mag  man  es  als  Variante  oder  als 
Schreibfehler  ansehen,  sich  jedenfalls  zu  hüimmanta  stellt.  Der 
Herausgeber,  R  6.  Bhän^ärkar,  liest  mit  andern  Mss.  käammanta : 
es  ist  aber  klar,  dass  küimmanta  nicht  nur  die  schwerere  Lesart 
ist,  sondern  die  einzige,  aus  welcher  sich  die  Varianten  kUa- 
rnmanta  und  kilissanta  zugleich  erklären.  Ganz  ähnlich  liegt  der 
Fall  Qak.  ed.  Pischel  123,8  =  Böhtlingk  80,  u.  Hier  lasen  bis- 
her die  Ausgg.  der  Beng.  Rec.  kätssadi,  die  der  Dev.  Rec.  kila- 
mmculi^),  was  jetzt  auch  Pischel  adoptirt  hat  So  aber  liest  keine 
Beng.  Quelle:  Pischel's  trefflicher  krii  Apparat  zeigt  vielmehr,  dass 
diese  nur  zwischen  kiliaaadi  (SI  ^)  und  die  Ausgg.)  und  dem 
schwereren,  besser  beglaubigten  käimmadi  (N  und  mit  ganz  un- 
wesentlichen Differenzen  BZ)  schwanken,  mit  welchem  auch  die 
üebersetzung  beider  Scholiasten  stimmt;  diess  also  war  die  Lesart 
der  Bengalen.  Eine  Form  von  kUq  als  Var.  einer  Form  von  klam 
ist,  wie  man  sieht,  geradezu  ein  Indicium,  dass  eine  Form  von 
kilim  das  ursprüngliche  war. 

Für  kUim  also  haben  wir  reichliche  Zeugnisse  und  in  dem 
assimilirenden  Einflüsse  des  vorangehenden  t  vielleicht  eine  Er- 
klärung; anders  liegt  der  folgende  Fall,  für  den  ich  nur  einen 
Beleg  habe.  Von  Y^^^'^'j  ^  welche  die  Form  sv.mar  von  den 
Grammatikern  und  in  der  Literatur  reichlich  bezeugt  ist,  findet 
sich  Setu  IV.  20  in  sämmüichen,  z.  Th.  höchst  correcten,  Mss.  der 
Becension  B  sumträmi,  indem  zugleich  durch  die  Nachbarschaft 
von  sumardmi  (Vs.  22)  der  Verdacht  eines  Schreibfehlers  noch 
speciell  ausgeschlossen  wird.     Die  Analogie  von  sumina,   päli  au- 


1)  Ob  mit  Recht?  vielleicht  bt  auch  für  diese  Rec.  kiUmmadi  vorznxiehQn: 
s.  die  V.  1.  bei  Böhtlingk. 

2)  I  („very  cormpt")  hat  küassadi,  was  ceteris  paribus  mit  gleicher 
Wahrscheinlichkeit  aus  küammadi  wie  aus  kiUssadi  verschrieben  sein  könnte: 
gegenüber  der  Haltung  der  andern  Beng.  Mss.  aber  bleibt  nur  die  letztere 
Möglichkeit. 


Ooldachfnidt,  Prdkrtica.  1Ö9 

pmaj   fms  *svapana  (wo   freilich   das   zn  »  geschwächte  a  nicht 
staznmhaft  ist)  Uegt  nidie. 

Nachtrag.  Durch  die  Güte  Prof.  C.  Cappeller's,  der  mir 
die  y.  L  zu  Ratnftv.  304,  so  seiner  Ausgahe  freundlichst  mitgetheilt 
hat,  kann  ich  jetzt  auch  diese  Stelle  der  Zahl  derer  hinzufügen, 
an  denen  die  Varianten  käam  —  kUts  in  ursprüngliches  küim 
convergiren.  Hier  lesen  nämlich  B-  hüüta  (lies  natürlich  käintd) 
b\  käüsanta;  D:  kilamanta  (ühers.  lddmyat)\  S:  küammanta 
d  und  Calc.  Ausgg. :  kihsanta  (ühers.  in  den  Ausgg.  Idigyat) ;  M 
Jcäuania.  —  Wie  ich  nachträglich  sehe,  sind  die  meisten  im  Setu 
Yorkommenden  Formen  von  klam  schon  von  Paul  Goldschmidt, 
Specimen  des  Setuh.  80,  zusammengestellt;  auf  den  dort  gemachten 
Yersuch,  kMnia  von  kldmyant{a)  abzuleiten  (dem  gegenüber  be- 
reits Weber,  ZDMG  XXVm.  361,  auf  die  Möglichkeit  der  Ableitung 
von  kldnta  hingewiesen  hat),  brauche  ich  wohl  nach  den  obigen 
Ausführungen  nicht  speciell  einzugehen.  Offenbar  ist  G.  zu  dem- 
selben vennlasst  woMen  durch  die  fast  constante  Uebersetzung 
R's  von  käinta,  käania  rmi  kldmyat:  zur  Würdigung  dieser  üeber- 
setzmig  bemerke  ich:  1)  dass  ilu*  die  richtige  kldn'a  gegenüber- 
steht bei  K,  bei  den  Grammatikern  und  einmal  (VI.  13)  bei  B 
selbst;  2)  dass  R  sogar  küämia  auch  mit  klämyat  übersetztl 

5.    vimbhi  =  viami. 

Für  den  durch  das  Zeugniss  Hem.'s  gesicherten,  wenn  auch 
in  der  Literatur  erst  spärlich  belegten  Uebergang  von  prk.  mh  — 
sei  es  aus  Zischlaut  +  m,  sei  es  auf  anderem  Wege  entstanden 
—  in  mbh  {kambhdra  =  kcupnira^  aimbha  =  gleahman,  aambhar  ^) 
=  aafjuamary  rumbh  aus  rumh  =■  rudhj  bambhacera  =  brahma- 
carya,\gl  P.  Goldschmidt,  Gott.  Nachr.  1874,  469 ff.,  E.  Müller, 
Jainapr&ktt  46,48)  will  ich  versuchen  einen  neuen  Beleg  beizu- 
bringen, für  den  ich  allerdings  noch  kein  directes  handschrifb- 
liches  Zeugniss  habe.  Bis  sich  ein  solches  findet,  steht  die  betr. 
Form  nur  auf  einer  Combination,  über  deren  Evidenz  ich  das 
ürtheil  dem  Leser  anheimstellen  muss. 

Setu  Xn.  40  lesen  ¥mr  in  allen  Mss.  von  B  und  C: 

sdmarüa-viatnbkiänana' 

•    ■ 

DahavaofUiannio  cirena  pasanto  1 
«(der  Klang  von  Bftma's  Bogen)  verklang  allmählich,  nachdem  er  von 
dem  Zehnköpfigen,  dessen  Gesicht  zornig  starrte  ^),  gehört  war*.  — 
Jedes   Wort  dieses  Satzes  ist,   ausser  dem   Consensus   aller   Mss. 


1)  Da  sich  nur  dieses  Ck)mpoi»itum  (und  zwar  sehr  reiclilich)  aus  Setu  be- 
legen Ufst,  halte  ich  es  für  möglich,  dass  das  von  den  Qrammatikem  und  Häla 
bcMiista  Simplex  bhar  =  »mar  sich  erst  secundär  aus  jenem  entwickelt  habe, 
amud  der  Uebergang  eines  anlautenden  mn  zu  mk,  mth,  bh  Schwierig- 
keiten macht. 

S)  vijfmbhüam  ätdmrabhruhutimatlvdd  widhatam  K. 


110  GoUUchmidt,  l^-dkrtica. 

zweier  Recensionen ,  noch  durch  die  chäyä  und  den  Commentar 
B&madäsa's  gesichert:  trotzdem  ist  die  üeberlieferung  falsch,  denn 
vor  der  Cäsar  steht  eine  Mora  znviel.  Der  Fehler  muss  sehr  alt 
sein,  da  C  und  B  in  den  Fehlern  der  Üeberlieferung  sonst  fast 
nie  übereinstimmen.  —  K,  die  mir  nur  im  Skt  vorliegende  südl. 
Becension,  liest  nun  hier:  admarahaoismUdnana  etc.,  und  hiermit 
stimmt  die  Saragi :  aakopaßasmera  Dagdnanena  ^)  etc.  KS  fanden 
also  in  ihren  Texten,  in  Uebereinstimmung  mit  dem  Metrum,  statt 
vianibhia  eine  Präkfiform  von  viamüa.  War  diess  das  gewöhn- 
liche vimhia?  Alsdann  ist  diese  Lesart  nur  eine  seichte  Emendation, 
denn  es  ist  unmöglich,  dass  eine  so  leichte  und  wohlbekannte  Form 
mit  Verletzung  des  Metrums  zu  viambhia  verderbt  sein  sollte: 
wir  stünden  also  wiederum  vor  der  Lesart  von  CR  als  der  ur- 
sprünglichen und  müssten  glauben,  dass,  einmal  unter  1300  Strophen, 
der  Dichter  das  Metrum  schülerhaft  verletzt  habe.  Hat  aber  der 
Dichter  tnmbhia  geschrieben,  so  ist  das  Metrum  gerettet,  die  üeber- 
setzung  von  KS  gerechtfertigt,  und  die  Entstellung  dieser  schwierigen 
Form  zu  viambhia  durchaus  erklärlich.  —  Urv.  29, 20  liest  Bollensen 
mit  der  Majorität  seiner  Mss. :  üvvasidamsaruwimhicUsnay  und  die 
von  Pischel  edirte  drävi^.  Becension  bestätigt  diese  Lesart;  B.'s 
bester  Codex  A  aber  liest  viamb/udena.  Obgleich  uns  hier  das 
Kriterium  des  Metrums  abgeht  und  der  Sinn  beide  Lesarten  zu- 
lässt,  wird,  wer  die  bisherige  Auseinandersetzung  billigt,  nicht 
zweifeln,  dass  Kälidäsa  vimbhidena  geschrieben  hat. 

6.   parinta. 

Wir  lesen  im  Setu,  Becension  B: 

XIV.  57:  jäam  khara-vädhaa- 

kiratUa-rcMchasa-kalevaram  dkarani-alam  || 
„der  Erdboden  gerieth  in  einen  solchen  Zustand,  dass  die  Leiber 
der  Bäkshasas,  vom  scharfen  Wind  getroffen,  auf  ihm  herum  flogen* ; 
kiranta  =  Mryamdna ;  praJdryamdna  S.  —  VL  57 :  Malaa-vana- 
pavitta-pavana  „der  vom  Malayawald  ausgehende  Wind*';  paviUa 
(pravrtta  Uebers.)  =  ndbhiUa  Comm.  —  VII.  50:  gaavaX'Vdria" 
pavitta-pakkaggdharn  (die  Elefantenherde)  „von  welcher  der  an- 
stürmende Seelöwe  durch  den  Elefantenherm  zurückgeschlagen 
wurde**;  pavitta  =  sai'vdn  api  prahartum  udyaija  Comm.  — 
IX.  68:  8ääralovar%''paviUa'pdraa''ra8e  „das  Nass  des  Quecksilbers, 
das  über  Steinplatten  dahin  floss** ;  pavitta  =  samgata  Comm.  — 
IX.  88 :  ttra-pavitta  ^)-mukala'kalahafn8a'roaesum  (in  den  Wassern) 
„welche  durch  die  an  den  Ufern  weilenden  schreienden  Kalahaqisas 
lieblich  sind*;  pavitta  =  samcdrin  Comm.  — 


1)  aasmera   für   vismera   ist    entweder  ein  Schreibfehler  oder  ein  Barba- 
rismiis,  wie  sich  deren  in  der  Sarani  manche  finden. 

2)  RH  pcuUta,  die   gewöhnliche  Form  von  pravrtta:  hier  natürlich  Cor- 
rectur. 


Goldachmidt^  Fräkrdca,  Hl 

Was  die  erste  dieser  Stellen  anbelangt,  so  wird  trotz  des  Con- 
sensus  der  Saraqd  kein  Kenner  des  Pr&kft  dem  Scholiasten  glauben, 
dass  das  acüve  und  transitive  (und  in  diesen  Bedeutungen  beleg- 
bare)  kirafita  =  Mryamdna  sein  könne;  das  Wort  muss  uns 
vielmehr  hier,  wo  die  Construction  durchaus  ein  passives  oder  in- 
transitives Partie,  verlangt,  verdächtig  erscheinen.  Und  ebenso  er- 
scheint uns  pavitta  an  den  vier  andern  Stellen.  Denn  obwohl 
Hern.  L  128  vittann  =  vrüa  überliefert,  so  zeigen  doch  sonst  die 
Texte,  soweit  ich  sie  übersehe,  diese  Form  des  Part  Perf.  Pass. 
nie  0»  sondern  stets  (v)atia^  {v)uUa  oder  -cUfci,  und  auch  unter  den 
übrigen  Formen  dieser  Wurzel,  die  sich  im  Setu  über  130mal 
findet,  ist  keine  mit  t.  Jene  vier  Male  aber  —  und,  von  dem 
Consensns  der  S  ')  abgesehen,  auch  XIV.  57  —  steht  B  mit  seinen 
Lesarten  allein.  Statt  paviUa,  resp.  kirarUa,  liest  nämlich  C 
parmta  ')  und  übersetzt  K  pariyat  (mehrfach  paaryat  geschrieben, 
vgL  PW  unter  anupari»%  und  prativipari-i) ^  was  VI.  57  durch 
paruHwtamdna,  IX.  68  durch  parighürnamdna,  IX.  88  durch  pa- 
ricaraij  XTV,  57  durch  pairitag  carcU  glossirt  wird.  Da  nun  K  cunta^ 
ninia  des  Textes  mit  ycUy  niryat  übersetzt,  seine  Uebersetzung 
pariyat  also  dafür  zeugt,  dass  er  im  Texte  partnta  fand:  so  ist 
diese  Form  durch  den  Consensus  zweier  Becensionen  an  fünf  Stellen 
gesichert,  und  kirarUa  wie  pavitta  bei  B  stellen  sich  als  Con- 
jecturen  dar.  — 

Selbstverständlich  ist  parmta  das  Part  Praes.  zu  pari  = 
bhrani  Hern.  IV.  161,  das  sich  in  parii  (übers,  paryeti  B)  noch 
einmal  (VXL  61)  im  Setu  findet  Dieses  Verbum  bildet  mit  m  und 
o»  (beide  »s  gam  Hem.  IV.  162)  eine  durch  ihre  sehr  auifallende 
Conjogation  sich  auszeichnende  Gruppe.  Sämmtliche  Formen  dieser 
Yerba  (im  Setu:  caif  aZnti^  (unta\  niai^  mi,  ninti^\  nirUa-,  parii^ 


1)  Es  ist  durchaus  nicht  nothwendig,  hier  einen  Widerspruch  zwischen 
Hem.  und  den  Texten  anzunehmen:  vielmehr  ist  bei  ersterem  walirscheinlich  gar 
mcht  das  eigentliche  Part.  Perf.  Pass.  gemeint,  sondern  irgend  eine  der  zalü- 
roiehen  substantivischen  Verwendungen  des  Neutrums  vrUam,  die  ich  nur  zu- 
OUlig  nicht  belegen  kann. 

2)  Von  den  vier  anderen  Stellen  fehlt  eine  (IX.  88)  in  S;  die  drei  übrigen 
sind  80  frei  übersetzt,  dass  die  von  S  vorgefundene  Lesart  aus  der  Uebersetzung 
nicht  erschlossen  werden  kann. 

3)  Besp.  VI.  57  j^^^nta:  Schwanken  zwischen  d  und  r  findet  sich  —  sei 
es  aus  graphischen,  sei  es  aus  sprachlichen  Gründen  —  in  den  Mss.  mehrfach. 
Da  zwischen  nt  und  U  in  Dev.-Mss.  nicht  outschieden  werden  kann  und  C 
aosaerdem  eine  Reihe  von  edatanton  Verwechselungen  zwischen  v  und  r  zeigt 
(wie  Rdma  und  vdma,  dhdria  und  dhdviä)^  so  lägo  rein  graphisch  auch  die 
Möglichkeit  vor,  die  Lesart  von  C  aus  paviUa  entstanden  zu  denken.  Da  die 
Frage  aber  durch  K  im  umgekehrten  Sinne  entschieden  wird,  so  erscheint  nun- 
mehr durch  die  graphische  Verwandtschat\  von  parinta  und  pavitta  die  se- 
condire  Entstehung  dos  letztem  um  so  plausibler. 

4)  Daneben  einigemal  nenti:  ich  glaube  nicht,  dass  diese  Form  ursprüng- 
liche als  ninti ,  sondern  dass  sie  aus  diesem  entstanden  ist  wie  pend(i  aus 
ftifäa  (Uem.  I.  85;  und  pdlienii  (Setu  III.  21  ■=  pdöyanU)  aus  pdhinti. 


112  Goldsehmidi,  Prdkrtiea, 

parinta),  auch  die  singularen,  sind  nttmlich  ans  der  reinen  Wnrzel, 
ohne  Bindevocal  und  bei  vocalisch  anlautender  Endung  mit  dem 
Sampras&rana  t  gebildet.  Noch  nicht  HenL,  aber  die  Scholiasten 
(sie  übersetzen  ai  mit  i,  ati-i;  ni  mit  «ir-t,  nir-yd,  nträ-i)  ver- 
knüpfen diese  Verba  etymologisch  mit  y^t,  und  neuere  Präk^Hsten 
haben  in  Bezug  auf  ni  dem  zugestinmit  (s.  Weber,  ZDMG  XXVI. 
741;  P.  Ooldschmidt,  Spec.  80).  Trotz  der  grossen  entgegenstehen- 
den Schwierigkeiten  —  denn  diese  Formen  contrastiren  durchaus 
mit  einigen  nachweislich  echten  Bildungen  der  }^t*  wie  annenti  =» 
anuyanti^  danta  «r  dy<U  ^)  —  und  trotzdem  diese  Etymologie  gar 
keinen  Aufschluss  übei  die  sonderbaren  Singnlarformen  a$i*  niai  etc. 
gibt,  lässt  sich  nicht  leugnen,  dass  zwei  wichtige  Momente  für  sie 
sprechen.  Erstens  ist  an  zwei  Stellen  in  nah  verwandten  Dialecten, 
der  Jainamäg.  und  dem  P&li,  inti  =  yanti  wirklich  überliefert 
(s.  uvinti  =  upayanti  E.  Müller  Jainapr.  23;  tViAT  E.  Kuhn 
PaHgr.  96);  zweitens  machen  die  drei  Verba,  und  ganz  besonders 
zwei'  derselben  pari  und  ni,  obwohl  sie  von  Hem.  mit  einÜEM^hen 
übersetzt  werden,  ganz  entschieden  den  Eindruck  von  Compositis. 
Bei  pari  liegt  das  auf  der  Hand;  aber  auch  nt  hat  im  Widerspruch 
mit  Hem.'s  Uebersetzung  gatn  in  den  Texten  fast  durchweg  die 
Bedeutung  heraus  kommen,  um  so  wichtiger  scheint  mir  folgende 
Stelle,  welche  allein  unter  allen  (32  im  Setu)  die  Correctheit  von 
Hem.'s  uebersetzung  bestätigt  IE.  16:  anunijjamdna'maggam .  .  . 
naikitn  (den  als  ndyaka  gedachten  Ocean)  „dessen  Wege  (wenn 
er  sich  in  sein  Bett  zurückzieht)  die  Flüsse  («Weiber)  nachlaufe]l^ 
Mit  Recht  übersetzen  diessmal  gegen  ihre  sonstige  Tradition  beide 
Scholiasten  anviyamdna.  C  und  S  dagegen  haben  das  Wort  in 
verschiedener  Weise  verkannt:  C  hat  die  aus  dem  Skt  falsch  zu* 
recht  gemachte  Conjectur  anuijjamdna  (Imüsste  wenigstens  anni' 
jjamdna  heissen),  während  S,  dem  Präk)^  folgend,  es  aber  missver- 
stehend, sinnlos  anunitapcUham  übersetzt.  Es  leuchtet  ein,  dass 
diese  Stelle  gegen  die  Gleichung  ni  =  nirt  spricht. 

Nachtrag  zu  1.     Einen  eclatanten  Beleg  für  ana^^^a  habe 
ich  mir  oben  entgehen  lassen:  anahonta  =  abhavcU,  Häla  216. 


1)  Von  ei,  ehii,  enta  u.  a.  muss  ich  absehen,  da  sie  möglicherweise  su  k-i 
gehören. 


113 


Geschichte  der  achtzehnten  egyptischen  Dynastie  bis 

zum  Tode  Tutmes  IIL 

Von 

Alfred  WiedemmBD. 

ILO 

Tutmes  III. 

Einleitung. 

Ehe  wir  an  die  Geschichte  Tutmes  m.,  des  bedeutendsten 
Königs  der  ganzen  18.  Dynastie  herantreten,  dürfte  es  angemessen 
sein,  tun  nicht  im  Verlauf  der  Erzählung  stets  wieder  die  inschrift- 
lichen Quellen  anfahren  zu  müssen,  die  beiden  wichtigsten  histo- 
rischen Denkmäler,  die  sich  über  seine  Zeit  erhalten  haben,  seine 
Annalen  und  die  Grabinschrift  des  Amen-em-^eb  gleich  hier  etwas 
näher  zu  betrachten. 

Die  Annalen  waren  ursprünglich  in  die  aus  gelbem  Sandstein 
bestehenden  Mauern   des   grossen  Saales   in  Kamak,   der   das  von 
Tutmes  IIL    errichtete   Sanctuarium   des   Tempels   umgab  ^,    ein- 
gemeisselt.     Im  Verlauf  der  Zeiten  sank  dieser  Bau  in  Trümmer 
und   war   schon  unter   der  Regierung   des   Philipp  Arrhidaeus   so 
zerstört,  dass  dieser  sich  veranlasst  sah,  ihn  von  Grund  aus,  nach 
den  noch  vorliegenden  Plänen  seines  grossen  Vorgängers,  zu  restau- 
liren.     Schon   frühe  begannen  die  Verletzungen,   die  die  Annalen 
erlitten;   bereits  Tutmes  IQ.    zerstörte   Theile   seiner   eigenen  In- 
schriften,  indem   er  wegen  Aenderungen   in   der  Anordnung   des 
ganzen  Baus   bei   der  Anlage   zweier   Thüren   10  Zeilen  mit   der 
&uer,  die  sie  bedeckten,  abbrechen  und  an  einer  andern  Stelle  in 
einer  uns  glücklicher  Weise  in  2  Duplikaten  vollständig  erhaltenen 
Liste  von  130  Namen  besiegter  Städte  30  wieder  vernichten  Hess. 
Mit  dem  Zerstörungswerke   fuhr  Chu-en-&ten  fort,   der  in  den  In- 
scbriften,    soviel   als   nur  irgend  möglich,    den  Namen   des  Amon 
Qsmeisseln  liess;   einige  der  dadurch  verletzten  Stellen  Hess  Hör- 


} 


1)  Vgl  ZDMO  XXXI  613^646. 

2)  äinen  Plan  dieser  Theile  des  Tempels  mit  Benutzung  dos  von  Marietto 
1«  ausgegrabenen  hat  de  Koug^  (Rev.  Arch.  N.  S.  II.  PI.  21)  publicirt. 

Bd.  XXXII.  » 


1 14    Wiedemann,  GescMchU  der  aehizehnUn  egypUschen  Dywutie, 

em-l^eb  wieder  neu  herstellen.  Wahrscheinlich  hat  dann  auch 
Seti  n.,  der  eine  Wand  im  Süden  des  Saales  wieder  aufbauen 
Hess,  mehreres  zerstört,  um  seinen  eigenen  Namen  in  dem  Denk- 
male verewigen  zu  können.  —  Die  Anordnung  des  Baues  bedingte 
von  vornherein  eine  Zweitheilung  der  Annalen,  da  ein  Theil  im 
Süden,  der  andere  im  Norden  des  Sanctuariums  anzubringen  war. 
Von  dem  erstem  Theile  sind  zwei  grosse  Stücke  erhalten.  Das 
erste  Fragment  ist  erst  in  neuester  Zeit  durch  die  Publication  von 
Mariette,  Eamak  PL  15—16  in  seiner  Gesanuntheit  bekannt  ge- 
worden, nachdem  Brugsch  in  seinem  Becueil  I  PL  26.  1—3  ein- 
zelne kleine  Stücke  (L  3 — 16  oberstes  Fragment,  1.  23  und  L  4 
unteres  Fragment)  veröffentlicht  hatte.  Dasselbe  enthält  eine  Be- 
schreibung der  von  Tutmes  DI.  in  Kamak  ausgeführten  Bauten, 
erwähnt  die  Statuen  des  Herrschers,  eine  prachtvolle,  mit  Silber, 
Chesbet,  Mafek  und  allen  möglichen  Edelsteinen  ausgelegte  Harfe, 
die  zahlreichen  mit  Asem  und  Erz  geschmückten  Hallen,  die  neu- 
errichtete grosse  Umfassungsmauer,  die  herrlich  geschmückten 
Opfertische,  die  Anordnungen  zu  Opfern,  die  dem  Tempel  über- 
gebenen  Sklaven,  zu  denen  die  Fürstenkinder  von  Botennu  und 
Chentnefer  gehören,  die  Geschenke  an  Feld  und  Ackerland,  an 
Rindern,  Broden  und  Früchten,  die  Feier  der  Grundsteinlegung, 
die  Restauration  der  verletzten  und  zerstörten  altem  Tempeltheile, 
eine  grosse  monolithe  Kapelle,  die  aus  Cedemholz  gefertigten  und 
mit  Gold  und  edlen  Metallen  geschmückten  Thüren,  die  errichteten 
Statuen  der  Könige  von  Ober-  und  ünteregypten,  die  drei  grossen 
mit  Asem  ausgelegten  und  mit  dem  Namen  des  Königs  genannten 
Thore  und  den  grossen  aus  rothem  Granit  gefertigten,  innen  mit 
Gold  geschmückten  Naos.  Die  Speicher  wurden  mit  Kom  gefüllt, 
Rinder  in  dem  Tempel  geschlachtet,  alles  wie  für  alle  Ewigkeit 
fest  erbaut  D^mn  wird  berichtet,  dass  der  König  sich  selbst  seine 
5  Herrschemamen  gegeben  habe,  es  werden  die  Belohnungen  an- 
geführt, die  er  nach  seinem  Tode  für  seine  Frömmigkeit  erhalten 
werde,  und  dabei  noch  einmal  der  von  ihm  vollbrachten  Opfer 
Erwähnung  gethan.  Das  zweite  Fragment^),  welches  34  Zeilen 
umfasst  und  eine  in  sich  abgeschlossene  Thatsache  mittheilt,  ent- 
hält eine  Aufzählung  der  Geschenke  und  Stiftungen,  die  Tutmes  lEL,- 
von  seinem  ersten  grossen  Zuge  gegen  Syrien  zurückgekehrt,  dem 
Tempel  machte,  führt  die  Feste  auf,  die  er  als  ewiges  Andenken 
an  seinen  Sieg  neu  gründete  und  nennt  3  Städte  Anäukasa, 
Inenäa  und  Herenkai,   deren  Ausnutzung    dem   Gotte   überlassen 


1)  Publicirt  von  Leps.  D.  III.  30  b.  Am  Ehide  der  Inschrift  ist  eine  Ado- 
rationsscene  ähnlich  der  von  Leps.  D.  III.  30  a  publicirten  hinzuzufügen.  Mit 
einer  Keihe  von  Verbesserungen  hat  Brugsch ,  Rec.  I  PI.  43 — 44  und  Text 
p.  52 — 55  die  ersten  29  Zeilen  noch  einmal  •  publicirt  und  fibersetzt.  Di6 
Uebersetzung  aller  bei  Leps.  enthaltenen  Stücke  hat  Birch  in  Arch.  86  p.  116ffl 
gegeben. 


Wiedemann^  Geschichte  der  achtzehnten  egypttachen  Dynastie.    115 

wurde ').  Die  Darstellnng  der  in  Wahrheit  prachtvollen  Geschenke 
findet  sich  auf  einem  Basrelief  in  dem  Granit-Sanctuarium.  Hier 
sieht  man  Tutmes  mit  dem  Pschent  gekrönt,  mit  einer  Tunika 
bekleidet,  in  der  Rechten  hält  er  ein  Szepter,  in  der  Linken  eine 
Keule;  über  ihm  stehen  seine  Legenden  und  vor  ihm,  dass  er 
soigte  für  die  Werke  seines  Vaters  Amon-Ra.  Vor  ihm  liegen 
dann  die  Gktben  ausgebreitet,  filr  deren  Darstellung  und  genaue  Be- 
schreibung wir  auf  die  Publication  von  Champ.  Mon.  IV  316 — 7*) 
und  Birch,  Arch.  35  p.  155  verweisen  können,  so  dass  wir  hier 
nur  das  Wichtigste  aus  den  in  10  Beihen  übereinander  aufgerich- 
teten Gegenständen  hervorheben  wollen.  Da  sehen  wir  Tische, 
reich  geschmückte  Kästen,  Pflanzen,  Trinkgefässe,  Amulette,  Ringe 
aus  edlem  Metall,  Straussenfedem ,  äusserst  reiche  und  schön  ver- 
zierte Vasen,  Statuen,  die  wohl  den  Nil  darstellen,  Spiegel,  Hals- 
bänder, Gestelle,  Altäre,  Schalen  voll  Broden  und  Steinen  und 
endlich  2  Obelisken,  die  mit  ihrer  Inschrift  abgebildet  sind.  Letz- 
tere ist  die  ganz  gewöhnliche  und  besagt  nur,  dass  die  beiden 
Obelisken  vom  König  dem  Amon-Ra,  dem  Herrn  der  Throne  der 
Welt  geweiht  und  an  den  Thoren  seines  Tempels  aufgerichtet  worden 
sind,  und  dass  ihre  Spitze  mit  Asem  geschmückt  war.  —  Endlich 
hat  Mariette  noch  ein  kleines  Fragment  gefunden,  welches  bei 
Bmgsch,  Rec.  I  27.  1  publicirt  ist.  Dasselbe  nennt  die  Stadt 
Megiddo,  ergiebt  aber  sonst  nichts  Interessantes. 

Historisch  bedeutend  wichtiger  sind  die  Fragmente,  die  sich 
von  der  nördlichen  Saalwand  erhalten  haben.  Da  diese  Mauer 
ganz  eingestürzt  ist,  und  sogar  einige  Theile  derselben  sich  im 
Louvre  in  Paris  befinden,  so  war  es  sehr  schwierig  sich  ein  Bild 
ihres  Zusammenhanges  zu  machen,  und  erst  Mariette  (Rev.  Arch. 
N.  8.  U  31  ff.)  und  De  Roug6  (ib.  p.  291  ff.)  gelang  diese  Auf- 
g^e.  Nach  ihren  Resultaten  zerfallen  die  uns  erhaltenen  Theile 
der  Annalen  in  2  grosse  Haupttheile,  deren  erster  3)  zunächst 
die  genaue  Erzählung  des  ersten  Zuges  Tutmes  III.  und  die  in 
demselben  gemachte  Beute  enthält  An  diese  schliesst  sich  dann 
eine  Liste  der  dem  Könige  bis  zum  Jahre  24  gebrachten  reichen 
Tribute   an;   am  Schlüsse   der  Inschrift   fehlen   ims  die  Erzählung 


1)  De   Saulcy    hat  in   den   M^l.    d'Arch.  I  97  ff.    und    119  ff.   diese  Städte 
identificlrt,    er   erklärt  Inenäa  (  (]  l]  ^        ö  ^^^^^  i>:^^^)  für  m:"»,  einen  Ort 

•a  der  Grenze  von  Ephraim  und  Manasse ,   Änaukasa  (  [I       Q      V^  Q    ^    ) 

socht   er    am  Berire  Gaas  in  Ephraim  und  Herenkai  l      _  ^      t^Osü  1 

hilt  er  filr  das  untere  Bethoron  der  Bibel. 

2)  Einzelne  Theile  giebt  auch  Rosollini,   M.  C.  Taf.  57  und  die   Descr.  de 
l'Eg.  A.  ni  pl  35. 

3)  Publicirt  bei  Leps.  D.  III  31b  und  daran  anschliessend  III  32. 

8* 


116     Wiedemann,  GcachiehU  der  cuhtzehnten  egyptischen  Dynastie. 

der  Kämpfe  und  die  Angaben  der  Tribute  aus  den  Jahren  25 — 8. 
Dieser  Theil  der  Inschrift  umfasst  117  Zeilen.  In  dem  zweiten 
Haupttheile,  der  die  Jahre  29 — 42  umfasst,  wird  immer  erst  kurz 
die  Richtung  angegeben,  die  in  jedem  Jahre  der  Feldzug  des  Königs 
genommen  hat,  und  daran  anschliessend  berichtet,  welche  Tribute 
der  unterworfenen  Länder  und  Völker  in  dem  betreffenden  Jahre 
im  königlichen  Schatze  eingetroffen  sind.  In  der  Mitte  dieser  In- 
schrift befindet  sich  eine  Lücke,  die  die  Jahre  36  und  37  enthielt 
Von  diesem  Theile  der  Annalen  befindet  sich,  wie  gesagt,  ein 
grosser  Theil  mit  dem  Feldzug  5 — 12  im  Louvre,  wohin  er  aus 
der  Sammlung  Salt ')  gekommen  ist,  ein  zweiter  mit  dem  Feldzug 
13  und  14,  der  in  die  Mitte  der  Inschrift  gehörte,  ist  von  Lep- 
sius,  und  ein  dritter,  der  den  Schluss  von  35  in  Paris  befindlichen 
Zeilen  enthielt,  von  Mariette  in  Kamak  entdeckt  worden*).  Das 
Ende  der  ganzen  Inschrift  endlich,  welche  durch  eine  Adorations- 
scene  abgeschlossen  wird,  und  die  Jahre  40  —  42  enthält,  hat 
Lepsius  in  Theben  copiren  lassen  und  dann  in  seinen  Denkm.  HE 
30  a  publicirt  —  Ausser  diesen  grossen  Stücken  sind  noch  2 
ganz  kleine  Fragmente  von  5  kurzen  Zeilen,  deren  Enden  voU- 
kommen  fehlen,  aufgefunden  worden  und  finden  sich  in  Brugscb, 
Bec.  n  PI.  66  Nr.  5  und  6  publicirt;  eine  Einordnung  derselben 
in  das  Ganze  der  Annalen  ist  bei  der  Kürze  und  Unvollständigkeit 
der  Fragmente  vollkommen  unmöglich.  Das  eine  derselben  er- 
wähnt Getreide  aus  dem  Lande  der  T'ahi  (Phönicier),  Nutzhölzer 
und  Gold ;  das  andere  Wagen,  Pferde,  Chesbet,  Gefösse,  Halsbänder, 
Binder  und  -alle  möglichen  edlen  Hölzer,  aber  kein  Land.  Bei 
beiden  fehlt  die  Jahreszahl,  die  über  die  Stelle,  an  welche  die  Stücke 
gehören,  entscheiden  würde.  Bei  diesen  zahlreichen  Funden  von 
kleinen   zu   den  Annalen   gehörigen  Stücken   dürfen  wir  die  Hoff- 


1)  BoseUini,  M.  St.  HI  1  p.  185. 

2)  Publicirt  von   Young,    Hioroglyphics   Taf.  41  und  42;    Leps.   Ausw.  12 
(Stücke  aus  Z.  6  und  11  finden  sich  auch  in  der  Descr.  d.  TEg.  pl.  38,  Nr.  26, 
27,  29),   mit  den   von  Mariette   neu    entdeckten  Fragmenten   von  de  Bong^  in 
der  Rev.  Arch.  N.  S.  II  PI.   16.      Diese   Fragmente    allein    sind   publicirt  von 
Mariette,  Kamak  PI.  13  und  übersetzt  von  Birch  in  den  Transact.  of  the  Boy. 
Soc.  of  Lit.  N.  S.  Vol.  7.     Das  von  Lepsius  neu  entdeckte  Stück  findet  sich  in 
den  D.  III  31a.     Der  grösste  Theil  der  Inschriften  ist  von  Birch  in  den  Trans- 
act. Boy.  Soc.  of  Lit.  II  Ser.  Vol.  n  p.  100  und  Arch.  35  1.  c.  übersetzt  worden 
(wo  auch  Leps.  D.  III  30  a  Übersetzt  ist),  und  zuletzt  alle  Inschriften  von  dem- 
selben in  den  Bec.  of  the  Past  II  p.  17  ff.  und  p.  3  5  ff.  (Theile  hatten  Brugscb 
in  den  Beiseberichten  p.  166  ff.    und    der   Hist.  d'Eg.  I.  Aufl.  I  p.  100,   ebenso 
wie  de  Bougö  in  der  Bev.  Arch.  N.  S.  II  p.  297 — 307,  übersetzt).     Neuerdings 
hat  Brugscb  in    seiner  Geschichte  Aegyptens   p.  294  ff.   eine   poetisch  gehaltene 
Uebertragung   der   Annalen   gegeben.     Auch   Osbum,  The  mon.  hist.  of  £g.  II 
p.  214  ff.   hat   die    von  Lepsius  in  den  Denkmälern  und  in  der  Auswahl  publi- 
cirten  Texte  behandelt  und  zum  Theil  übersetzt.  —  Ein  Stück  der  Zeilen  1 — 4 
aus  Leps.  Ausw.  XII  hat  Brugscb,  Bec.  II  PI.  66  Nr.  7  noch  einmal  publicirt. 
Kurz  behandelt  ist  die  Inschrift  von  Brandis,  Das  Münz-,  Mass-  und  Gewichts- 
wesen in  Vorderasion  p.  7  5  ff. 


Wiedemanfij  Geschichte  der  achtzehnten  egyptischen  Dynastie,   117 

nmig  nicht  verlieren,  dass  die  Fortführung  der  Ausgrabungen  in 
Karoak  inuner  neue  Fragmente  bringen  und  dass  es  uns  dann 
endlich  möglich  sein  wii^,  dieses  in  seiner  Ausdehnung  ebenso 
wie  in  seiner  Bedeutung  weit  über  alle  erhaltenen  altegyptischen 
historischen  Inschriften  hervorragende  Monument  in  seiner  Ge- 
sanuntheit  zu  reconstruiren ,  um  so  erst  einen  vollen  Einblick  in 
den  Zustand  der  Kultur  in  den  Egypten  benachbarten  Ländern,  je 
nach  Massgabe  der  von  ihnen  gebrachten  Tribute,  zu  gewinnen.  — 
Bewogen  durch  die  grosse  Bedeutung  der  Annalen  hat  man  auch 
gesucht,  ob  sich  nicht  in  den  Schriften  der  alten  Klassiker  eine 
Erwähnung  derselben  finde.  Hier  glaubte  nun  Birch  in  seiner 
vortreflFlichen  ersten  Arbeit  über  die  Inschriften  *)  in  den  Annalen 
des  Tacitus  eine  Anspielung  auf  dieselben  zu  finden.  Bei  Ge- 
legenheit der  Reise  des  Germanicus  nach  Egypten  erzählt  nämlich 
dieser  Schriftsteller  (Ann.  11  60),  in  Theben  habe  ein  Priester  dem 
römischen  Fürsten  Stücke  aus  Inschriften  vorübersetzt;  so  berich- 
tete er  z.  B.,  einst  hätten  70,000  waffentüchtige  Männer  in  Egypten 
gelebt,  mit  diesen  habe  der  König  Rhamses  Libyen,  Aethiopien, 
Medien,  Bactrien  und  Scythien  erobert  und  sich  die  Einwohner  von 
Syrien,  Armenien  und  Cappadocien  unterworfen,  auch  Lycien  und 
Bithynien  hätten  bis  zum  Meere  zu  seinem  Beich  gehört.  „Es 
wurden  auch*,  fährt  Tacitus  fort,  „die  Tribute  vorgelesen,  die  den 
Völkern  aufgelegt  wurden,  das  Gewicht  des  Silbers  und  Goldes, 
die  Zahl  der  Waffen  und  Pferde,  und  das  den  Tempeln  als  Ge- 
schenk gegebene  Elfenbein  und  Wohlgerüche,  und  welche  Masse 
von  Getreide  und  allen  möglichen  Geräthen  jede  Nation  bezahlen 
musste;  dieses  Alles  war  kaum  weniger  glänzend,  als  was  jetzt 
(d.  h.  zu  Tacitus  Zeit)  die  Parther  oder  Römer  den  Besiegten  auf- 
erlegen*. Dass  diese  Notiz  des  Schriftstellers  nicht  eine  rhetorische 
Ausschmückung  seines  Werkes  sein  kann,  sondern  auf  einer  sichern 
ihm  vorliegenden  Quelle  beruht,  zeigt,  abgesehen  von  dem  streng 
sachlichen  Gehalt  der  ganzen  Stelle,  besonders  die  Anordnung  der 
Namen  für  Gold  und  Silber  pondus  argenti  et  auri,  genau  in  der- 
selben Reihenfolge  wie  gewöhnlich  in  den  egyptischen  Inschriften 
der  Zeit  Tutmes  III.,  wo  das  Silber  noch  mehr  Werth  besass  als 
das  Gold  ^.     Somit  handelt  es  sich  nur  darum,  zu  finden,  an  wel- 


1)  Observations   of  the  statbticRl  tablet  of  Camak  (Transactions  Roy.  Soc. 
of  Liter.  8er.  TL  Vol.  U  1847  p.  370 f.). 

2)  cf.  die  Annalen  pass.  und  Lepsins,  Die  Metalle  (Abh.  der  k.  Ak.  zu 
Berlin  1871)  p.  53 f.  Die  Erscheinung,  dass  das  Gold  damals  einen  niederen 
Werth  hatte,  als  das  Silber,  hat  nichts  Auffallendes,  wenn  man  bedenkt,  dass 
noch  im  Mittelalter  in  der  Provinz  Zardandam  in  Wcst-Yünam  das  Silber 
fBnfinal  mehr  galt,  als  das  Gold,  und  dass  uns  aus  dem  Alterthum  von  Aga- 
tharchides  bei  Photins  §  96  und  in  dem  Leipziger  Codex  1435  p.  f.  141  berichtet 
wird,  dass  in  Süd -Arabien  das  Silber  sogar  zehnmal  werthvoller  war,  als  das 
Geld.  Anch  das  grosse  assyrische  dreispaltige  Syllabar  II  Baw.  1  lässt  Z.  110 — 1 
das  Silber  dem  Golde  vorangehn. 


]  1 8     Wiedemannf  Geschichte  der  achtzehnten  egyptischen  Dynastie, 

eher  Stelle  des  Kamaker  Reichstempels  die  Inschrift  angebracht 
war,  die  Germanicus  vorübersetzt  wurde.  Der  Name  des  Ramses  II. 
befand  sich  am  zweiten  Propylon  und  auf  die  dortigen  zum  Theil 
noch  erhaltenen  Inschriften  bezog  Lepsius  (in  den  Abh.  d.  BerL 
Ak.  1871,  Phil.-Hist.  Kl.  p.  28)  die  Stelle;  Birch  dagegen  glaubte, 
am  ersten  Propylon  habe  man  Grermanicus  die  Inschriften  des 
Ramses  vorgelesen  und  nachher  beim  Sanctuarium  die  Tutmes  lU., 
der  Gewährsmann  des  Tacitus  habe  beide  Inschriften  einem  Könige 
zugeschrieben  und  diesen  mit  dem  Namen  Rhamses  belegt  Wir 
möchten  nicht  glauben,  dass  es  nöthig  ist,  dem  Tacitus  hier  eine 
üngenauigkeit  vorzuwerfen,  vermuthen  vielmehr,  dass  man  den 
Zusammenhang  des  Textes  etwas  anders  interpretiren  muss,  als 
bisher  geschehen  ist.  Der  egyptische  Dolmetscher  hat  dem  Ger- 
manicus zwei  Inschriften  vorübersetzt,  deren  erste  die  Thaten  des 
Rhamses  erzählte  und  damit  schloss,  dass  sie  den  Umfang  des 
Reiches  dieses  Monarchen  angab ;  die  zweite  behandelte  die  Tribute, 
die  den  Unterworfenen  von  einem  andern  Könige,  dessen  Namen 
Tacitus  nicht  angiebt,  auferlegt  worden  waren,  und  das  sind  die 
Annalen  Tutmes  III.  Es  sind  also  die  beiden  Sätze  referebat 
habitasse  —  tenuisse  xmd  legebantur  —  penderet  streng  von  ein- 
ander zu  trennen  und  auf  verschiedene  Stellen  des  Denkmals  zu 
beziehen,  wenn  man  den  Text  des  Tacitus  mit  den  Monumenten 
in  Einklang  bringen  will. 

Eine  weitere  nicht  xmwichtige  Frage  ist  es,  wie  es  denn  dem 
Könige  möglich  war,  seine  Siege  und  Eroberungen  mit  solcher 
Genauigkeit  aufzuzeichnen.  Auf  diese  Frage  giebt  uns  eine  von 
Champ.  Not.  p.  831  publizirte  Inschrift  aus  dem  Grabe  des  Tanuni 
in  Theben  (Nr.  3)  Antwort.  In  dieser  erzählt  nämlich  der  Todte 
wörtlich  Folgendes:  „Ich*  folgte  dem  gütigen  Gotte  Ra-men-;^eper, 
ich  sah  die  Siege  des  Königs,  die  er  errang  über  alle  Länder,  wie 
er  herbeibrachte  die  Fürsten  der  T'ahi  als  lebende  Gefangene 
nach   dem  Lande  Egypten,    wie   er   einnahm   alle   ihre   Festungen 

und   abschnitt  ihre  Anpflanzimgen Ich  stellte  auf  die  Siege, 

die  er  errang  über  alle  Länder,  ich  setzte  sie  schriftlich  auf^ 
gleichwie  sie  errungen  wurden.*  Wir  sehen  also  hieraus,  dass  der 
König  auf  seinen  Zügen  von  einem  Beamten  begleitet  wurde,  dem 
die  Aufgabe  zufiel,  den  Kämpfen  und  Eroberungen  als  Augenzeuge 
beizuwohnen,  und  dann  ihren  Verlauf  schriftlich  aufzuzeichnen. 

Die  zweite  Hauptquelle  für  die  Geschichte  Tutmes  IQ.  ist 
die  von  Herrn  Prof.  Ebers  im  Winter  1872/3  in  Abd-el-Quma 
aufgefundene  Grabinschrift   des  Ämen-em-ljeb  ^),   welche   \ms   auch 


1)  Zuerst  publicirt  und  übersetzt  von  Ebers  in  der  Zeitschr.  f.  aeg.  Spr. 
1873  p.  1 — 9,  dann  nochmals  publicirt  nnd  behandelt  von  Chabas  in  den  M^l. 
^gypt.  Ser.  III  Tom.  II  p.  279  ff.  und  den  Comptes-rendus  de  TAcad.  IV.  Ser. 
T.  I  p.  155 ff.  Einige  Verbesserungen,  besonders  für  die  Zeilen  37 — 38  der 
Inschrift  hat  Brugsch  in  der  Zeitschr.  f.  aeg.  Spr.  1874  p.  133  ff.  gegeben.    Eine 


Wiedemanuj  OesMchte  der  aichtaehfUen  egyptUchen  PpnaHie.    110 

die  Dauer  der  Begierung  Tutmes  III.  genau  bestimmt.  Diese 
Inschrift  erzählt  uns  die  Grossthaten,  die  Amen  -  em  -  It^eb  im 
Felde  verrichtet ,  und  die  Ehren,  die  er  von  Tutmes  III.  und 
Amenophis  11.  erhalten  hatte;  ihr  besonderer  Werth  beruht  da- 
rauf, dass  sie  genau  die  Züge  angiebt,  an  denen  der  alte  Held 
Theü  genommen  hatte,  und  so  uns  eine  Möglichkeit  bietet,  die 
Annalen  durch  eine  gleichzeitige  Inschrift  theils  zu  controliren, 
theils  zu  ergänzen.  Der  Text  der  Biographie  leitet  nämlich  jeden 
neuen  Feldzug  consequent  mit  dem  Worte  nem  ,, wiederum*  ein, 
giebt  dann  die  Gegend  an,  in  welche  man  zog,  und  führt  hierauf 
die  Thaten  und  Belohnungen,  die  der  Feldherr  erlangte,  an.  Die 
Züge  waren  folgende: 

L  (Inschr.  1.  3 — 5)  nach  Nekaba  in  Südpalftstina  und  nach 
Mesopotamien. 

n.  (L  6 — 7)  nach  dem  Plateau  von  USn  im  Westen  von 
Ghalybon. 

IIL  (1*  ^ — ^3)  ^^^  ^^™  Lande  von  Karchemisch,  Mesopo- 
tamien und  Tjrus. 

IV.  (L  13  —  18)  nach  KadeS  und  dem  Lande  von ha. 

V.  (L  19—21)  nach  dem  Lande  von  Tetsi  und  dem  Net'ru  (?) 
(Net'rona?)-See. 

VL  (L  22 — 25)  nach  Mesopotamien. 

Hier  entsprechen  die  1.  22  -  25  erzählten  Ereignisse  genau 
denen,  welche  die  Annalen  für  den  VIQ.  Zug  Tutmes  IQ.  in 
seinem  33.  Jahre  berichten,  ebenso  die  L  19  —  21  geschilderten 
denen  vom  VII.  Zuge  (Jahr  31),  die  1.  13—18  dem  VL  (Jahr  30), 
die  L  8—13  fuhren  die  Geschichte  des  V.  Zuges  (Jahr  29)  weiter 
aus,  und  die  beiden  ersten  Züge  des  Amen-em-l^eb  geben  uns 
folglich  die  Richtung  der  in  den  Annalen  fehlenden  Züge  III  und  IV 
an.  Die  genauere  Ausftihrung  dieser  Uebereinstimmungen  und  Er- 
gebnisse müssen  wir,  um  nicht  genöthigt  zu  sein,  schon  gesagtes 
zu  wiederholen,  für  die  Beschreibung  der  Züge  selbst  vorbehalten.  — 
Die  Inschrift  erzfthlt  nach  diesen  Zügen  noch  eine  Episode  kriege- 
rischer Bedeutung  aus  dem  spätem  Leben  Amen-em-l^eb's,  die  sie 
mit  der  Phrase  hän,  siehe  da !  einleitet.  Es  ist  dies  die  endgültige 
zweite  Eroberung  von  KadeS,  welche  die  Annalen  unter  dem  41. 
Jahre  des  Königs  behandeln. 


nochmalige  Uebersetzung  von  Birch  findet  sich  in  den  Rec.  of  the  Fast.  II 
p.  59ff. ,  und  eine  von  Brugsch  in  der  Geschichte  Aegyptens  p.  335  ff.  Ganz 
nenerdings  hat  Ebers  die  Inschrift  noch  einmal  für  die  ZDMG  Bd.  XXX, 
p.  391  ff.,  XXXI,  p.  439 ff.  behandelt  und  dabei  auch  einen  correkten  Text 
pablicirt,  da  der  zuerst  gegebene  mehrere  Druckfehler  (cf.  die  Verbesserungen 
von  Eben  und, Stern  in  der  Zeitschr.  f.  aeg.  Spr.  1873  p.  63 ff.)  enthielt.  — 
Das  Grab  des  Amen -em- heb  wird  von  Champollion,  Not.  p.  505  mit  Nr.  )2 
bezeichnet. 


120     Wiedemann,  beschichte  det  achtzeJmlen  egf^Üfchen  Dynaette, 

Geschiebte  und  Züge  Tntmes  IIL 

Am  AnÜEuig  der  Alleinr^erang  Tutmes  m.  scheint  ein  allge- 
meiner  Abfall  aller  Völker  von  Palästina  bis  nach  Mesopotamien  bin, 
die  sich  einst  Tutmes  I.  unterworfen,  und  die  unter  der  kraftvollen 
Hand  der  Königin  Bä-ma-ka  ruhig  ihren  Tribut  bezahlt  hatten,  statt- 
gefunden zu  haben.  Von  der  Grenze  Egyptens,  von  dem  Orte 
Scheruhan,  den  einst  A^es  den  Hyksos  abnahm,  und  von  Lrot'a, 
südlich  von  Megiddo  ^)  bis  an  die  Enden  der  damals  den  Egyptem 
bekannten  Welt  bewaffiiete  sich  alles,  im  Vertrauen  auf  die  Jugend 
des  neuen  Alleinherrschers.  Die  erste  Aufgabe  des  Königs  musste 
also  sein,  sich  die  Länder  wieder  zu  unterwerfen,  da  es  bei  der 
nomadisirenden  Lebensweise  eines  Theils  der  arabischen  und 
palästinensischen  Völker  immer  zu  befürchten  war,  dass  sie  ihrer- 
seits zum  Angriff  übergehen  imd  sich  auf  I^upten  stürzen  würden. 
So  unternahm  denn  der  König  in  seinem  22.  Begierungsjahre  seinen 
ersten  Kriegszug  '),  den  luis  seine  Annalen  glücklicher  Weise  ziem- 
lich genau  beschreiben.  Im  Monate  Pharmuti  verliess  er  Egypten 
bei  T'al,  einem  Orte,  welcher  nach  Brugsch  (Zeitschr.  £  aeg.  Spr. 
1872  p.  16  ff.)  identisch  ist  mit  dem  später  so  oft  genannten  und 
so  herrlich  aufblühenden  Tanis,  und  zog  zunächst  nach  der  uralten 
Stadt  Gaza^),  deren  Gebiet  er  am  4  Pachons,  an  seinem  Krönungs- 
tage betrat^).  Am  5.  desselben  Monats  zog  er  in  die  Stadt  selbst 
ein,  die,  wie  daraus,  dass  von  einer  Eroberung  oder  Belagerung 
gar  nichts  gesagt  wird,  hervorgeht,  in  seinem  Besitz  geblieben  war, 
und  benutzte  diesen  Ort  als  Operationsbasis,  um  von  dort  aus,  wie 
es  ihm  Amon  befohlen  hatte,  Egyptens  Grenzen  zu  erweitem.  Nur 
sehr  langsam  rückte  er  vor,  da  seine  Kundschafter  erst  das  Terrain 
und  die  Stellung  des  Feindes  erforschen  mussten,  und  so  kam  es 
denn,  dass  er  erst  am  16.  in  Ihem  einrückte.  Dieser  Ort  ist,  wie 
de  Saulcy^)  sehr  wahrscheinlich  gemacht  hat,  identisch  mit  dem 
modernen   Dorfe   Kheüneh   {k^.^)  ^    das   3 — 4   Tagemärsche    von 

Megiddo,  dem  heutigen  El-Ledjun  (bei  Eusebius  und  Hieronymus 
heisst  die  Ebene  von  Megiddo  nediov  ttjg  Atytiavog)  entfernt  ist. 
Beim  Einzüge  in  den  Ort,  der  wohl  auch  schon  vorher  von  den 
Egyptem  eingenommen  worden  war,  erhielt  Tutmes  die  Nachricht, 


1)  Brugsch,  Googr.  II,  32. 

2)  L.  D.  III,  31b.  32  1.  1—32.  —  Brugsch,  Rebeberichto  p.  166  sagt, 
dor  Zug  habe  nach  der  Inschrift  3  Jahre  gedauert,  allein  der  Lepsius  sehe  Text 
enthält  Nichts  von  dieser  Zahl. 

3)  Vergl.  für  diese  Stadt  bes.  Stark,  Gaza  und  die  philutäische  Küste 
p.  32  ff.  —  Die  erste  Erwähnung  findet  sich  6cn.  10.  v.  19.  Auch  im  Pap. 
Anastasi  I  und  III  kommt  sie  vor.     Cf.  Chabas,  Voy.  p.  294. 

4)  Diesem  Zusätze  verdanken  wir  es,  dass  wir  genau  den  Tag  des  Ereig- 
nisses wissen,  der  auf  dem  Denkmale  zerstört  ist,  denn  ein  von  De  Roug^ 
(Rev.  Arch.  N.  S.  XII.  p.  329)  publicirter  Text  giebt  den  4.  Pachons  als  den 
Tag  an,  an  welchem  die  Thronbesteigung  Tutmes  III.  gefeiert  wurde. 

5)  Mel  d'Arch.  I.  129  flF. 


Wiedemann,  Getehiehte  der  achUehnten  egy^tuchen  Dynastie,     ]21 

^ass  der  Fürst  von  KadeS  Megiddo  besetzt  habe  und  sich  mit  allen 
Königen  und  Grossen,  die  von  Egyptens  Wassern  bis  nach  Meso- 
potamien hin  herrschten,  ja  auch  mit  den  Chal  (S3nrem,  Br.  G.  11  33) 
und  Ketn,  die  mit  ihrer  Beiterei  imd  ihrem  Fussvolk  herangezogen 
wSren,   yerbündet  habe.     Sogleich  beschloss   der  König  gegen  sie 
zn  ziehen  nnd  Hess  sich  zu  diesem  Zwecke  die  Wege  nach  Megiddo 
beschreiben.     Letzterer  Ort  lag  ziemlich   in   der  Mitte   des   west- 
lichen Palästina  und  beherrschte,  an  der  Theilung  der  beiden  Strassen 
nach  Damaskus  und  Israel  gelegen,    eine   weite  Ebene,    wo   die 
KriegswBgen  und  die  Beiterei  des  feindlichen  Heeres  sich  frei  ent- 
wickeln konnten,  während  Megiddo,  das  sich  an  die  Berge  anlehnte, 
ffir   den  Fall  eines  Misserfolgs   eine   sichere   Zuflucht  bot.     Nach 
dieser  Stadt  führten  von  Ihem  3  Hauptstrassen;  die  beiden  ersten 
führten  auf  der  sogenannten  grossen  Strasse  gemeinsam  bis  Aaluna; 
sie  trennten  sich  daselbst,   und   die   eine  führte   durch  einen  sehr 
gefldirlichen  Engpass,   der  nur  einen  Tagemarsch   von   den  feind- 
lichen Truppen   entfernt  war,   die  zweite   dagegen  auf  einem  Um- 
wege, der  sich  nach  Thaanach  wendete,  nach  Megiddo;  die  dritte 
fahrte  über  T  efta  und  mündete  von  Norden  in  die  Ebene  vor  der 
Stadt  ein.   Alle  drei  beschriebenen  Wege  hat  de  Saulcy  ^)  mit  Glück 
gesucht  und,   wie   es   uns  scheint,   richtig  identificirt     Der  erste 
fährt   nach  ihm   von  Ehetmeh  über  Bamleh,   Bemieh,   Kafr-Sftba 
(Antipatris),  die  Buinen  von  Bedus  nach  den  Buinen  von  Kharbet- 
Aararh  (Aaluna)   und   von   hier  auf  der  alten  Bömerstrasse  nach 
0mm  el  Fahm,  und  dann  entweder  durch   sehr  gebirgiges  Terrain 
nach    Megiddo,    oder    (die   zweite)   über   Hadad-Bimmon    in    die 
Nähe  von  Thaanach  und  erst  dann  nach  der  Stadt.   Die  dritte  führte 
von  KheYmeh  längs  des  Nähr  -  el  •  Mokatta   (des   biblischen  Kison), 

an    einem   Orte   Djebata  f  ^^  \  (1  h^^  )   vorbei,   nach   derselben 

Stadt  Der  König  wählte  den  zweiten  Weg  und  marschirte  in 
Eilmärschen  nach  Aaluna,  das  er  am  19.  ohne  Kampf  besetzte, 
üer  letzte  Theil  des  Zuges  ist  der  einzige,  von  dem  wir  genaueres 
wissen,  da  die  Annalen  gerade  an  dieser  Stelle  sehr  zerstört  sind. 
Aus  ihnen  ersehen  wir  nur  folgendes: 

Durch  ein  Thal  rückte  zimächst  der  Vortrab  vor  xmd  besetzt« 
einen  Theil  desselben,  während  der  Nachtrab  nach  Aalxma  zog. 
Dann  machte  die  Vorhut  Halt,  mn  zu  erwarten,  dass  der  Nach- 
trab, den  der  König  selbst  befehligte,  auch  das  Thal  betreten  habe, 
dies  geschah  um  Mittag  (?)  ^.  Und  nun  rückte  das  Heer  weiter 
Ton  Süden    längst   dem  Bach   Kina^    nach   Megiddo,    wo    es   um 


1)  Mdl.  d'Arch.  I.  119  ff. 

2)  Rer  em  hi  die  Umkehr  der  Sonno,  d.  h.  Mittag. 

3)  Ein  Bach  im  Osten  von  Megiddo,  nicht  der  j-jjp  wie  Brugsch  G.  II,  33 
ttitthm. 


122     Wiedemann,  GeschieJUe  der  achiasehnten  egypUsehen  DynasHe, 

7  ühr  Morgens ')  Halt  machte.  Der  König  hielt  noch  am  Aben4 
eine  Anrede  an  seine  Soldaten  und  ermuthigte  sie  zu  dem  Kampfe, 
der  am  nächsten  Morgen  bevorstand*)  Am  nächsten  Tage,  am 
21.  Pachons,  zog  das  Heer  zur  Schlacht  ans.  Der  südliche  Flügel 
lehnte  sich  an  den  Bach  Kina,  während  der  nördliche  sich  bis 
N.  W.  von  Megiddo  ausdehnte.  Das  Centmm  befehligte  der  König 
selbst  auf  seinem  mit  Gold  ausgelegten  Streitwagen.  Er  selbst 
kämpfte  mit,  und  als  dies  die  Feinde  sahen,  warfen  sie  alles  Ton 
sich,  verliessen  ihre  Pferde  xmd  ihre  silbernen  und  vergoldeten 
Wagen')  und  eilten  nach  Megiddo;  aber  hier  hatte  die  Besatzung 
aus  Furcht  vor  den  nachdringenden  Egyptem  die  Thore  geschlossen, 
und  so  mussten  die  Anführer  an  Stricken  über  die  Mauer  gezogen 
werden.  Unterdessen  rückten  die  Egypter,  ohne  sich  damit  au&u- 
halten,  den  Getödteten  ihre  Sachen  abzunehmen,  bis  zur  Stadt  vor, 
die  schnell  erobert  wurde,  und  mit  ihr  fielen  viele  Tausend  (d.  h. 
sehr  zahlreiche)  andere  Städte,  —  was  sich  auf  die  vielen  in  der 
Siegesliste  erwähnten  Orte  bezieht  *).  Die  Todten  der  Feinde  waren 
sehr  zahlreich,  man  legte  sie  in  Reihen  wie  die  Fische,  um  sie  zu 
zählen^).  Dann  feierte  man  das  Siegesfest  und  dankte  Amon  für 
den  errungenen  Erfolg.  Der  König  liess  die  Festung  und  die 
Ebene  ausmessen,  die  Stadt  neu  befestigen  und  benannte  einzelne 
Theile  derselben  nach  seinem  Namen.  Unterdessen  versuchten  die 
Feinde  noch  einmal  aus  dem  Hinterhalte  den  König  anzugreifen, 
wurden  aber  auch  diesmal  geschlagen.  Nun  unterwarfen  sich  alle 
Grossen  Palästina's,  brachten  Geschenke  aller  Art,  Gold  und  Edel- 
steine, auch  Schläuche  voll  Wein,  und  baten  um  Gnade.  In  Meg^iddo 
selbst  machte  man  340  Gefangene,  wobei  man  bedenken  muss,  dass 
der  grösste  Theil  des  feindlichen  Heeres  gleich  nach  der  Schlacht 
hatte  in  die  nahen  Berge  entfliehen  können.  Ausserdem  erbeutete 
man  2041  Pferde,  191  Füllen,  zahlreiche  goldausgelegte  Wagen, 
die  Rüstung  und  den  Wagen  des  Fürsten  der  Stadt,  20  Rüstungen 
seiner  Soldaten,  502  Bogen,  7  silberausgelegte  Zeltstäbe,  1929  Ochsen, 
2000  grosse  xmd  20500  weisse  Ziegen  u.  s.  w.  Aber  auch  von 
andern  Städten,  die  sich  unterwarfen,  wie  An&ukasa,  Herenkai, 
Inenäa  u.  a.    erhielt   man    grosse  Beute,    so    38  Verwandte    und 


1)  Birch,  History  of  Egypt  p.  88. 

2)  Leps.  D.  III,  32.  1.  13  i^t  noch  in  einem  mir  unverständlichen  Satze 
vom  Volke  der  Moru  die  Rede,  einem  Volke,  das  nicht  unter  den  von  Tatmes 
besiegten  (s.  u.)  vorkommt. 

3)  Die  schöne  Abbildung  eines  Wagens  aus  Tutmes  III.  Zeit  findet  sich  in 
Chabas,  Voy.  PI.   13;  cf.  Text  p.  238. 

4)  Wohl  mit  Unrecht  versteht  es  Maspero ,  Hist.  anc.  p.  204 :  Mageddo 
qni  eile  seule  valait  „mille  villes.*' 

5)  De  Roug^,  Annales  de  Tutmes  III.  ebenso  wie  Maspero,  Hlstoire  anc. 
p.  204  geben  als  Zahl  der  Todten  83  an,  offenbar  weil  unter  der  Beute  83  tot 
Hände  (Leps.  D.  III,  32.  1.  25)  erwähnt  werden.  Aber  wie  soll  das  mit  dieser 
Angabe  der  Zfthlnngsmethode  stimmen?  und  wie  kann  man  Todte  als  Beute 
mitten  swifchen  Gefangenen  und  Pferden  aufführen? 


Wiedematm^  Oeachichte  der  achtzehnten  egyptiechen  Dynastie.     123 

87  Kinder  von  Fürsten,  1796  Sklaven,  Edelsteine,  Gold,  zahlreiche 
Vasen  und  Statuen,  prftchtige  Stühle,  Fussschemel,  Opfertische,  ein 
Scepter  und  sehr  viel  Getreide.  Megiddo  allein  musste  2008200  Tena 
Getreide  liefern,  ohne  dass  dahei  das  berechnet  wnrde,  was  die 
egypüschen  Soldaten  schon  auf  dem  Marsch  erbeutet  hatten. 

Die  St&dte,  welche  Tutmes  m.  durch  seinen  grossen  Sieg 
sich  unterwarf,  sind  uns  glücklicher  Weise  wenigstens  dem  Namen 
nach  bekannt  und  geben  uns  so  ein  ziemlich  vollständiges  Bild  der 
Ausdehnung  der  Eroberung,  und  zugleich  ein  solches  von  der 
Grec^praphie  Palästina's.  Die  Liste  ist  in  3  Exemplaren  in  Kamak 
erhalten,  von  denen  sich  eins  auf  dem  VI.,  2  auf  dem  VII.  Pylon 
des  Tempels  finden.  Das  erste  und  älteste  enthält  115  Namen  in 
5  Reihen  untereinander,  wobei  aber  35  Namen  zerstört  sind.  Die 
üeberschnfb  besagt,  dass  dieses  sei  die  Versammlung  der  Völker 
der  obem  Botennu,  welche  einschloss  S.  Maj.  in  der  Festung  von 
Megiddo   und  von   denen    der  König    wegführte    die   Kinder    als 

lebende   Gefangene  zu   der  Festung   Suhen  f    I  ^  rU  'SS^ )   ^^^ 

Theben  auf  seinem  ersten  siegreichen  Zuge,  wie  es  befahl  sein 
Vater  Amon,  der  ihn  fahrte  auf  alle  guten  Wege.  Das  zweite 
Exemplar  ist  eine  Copie  des  ersten  mit  einigen  Auslassungen;  über 
der  Liste  findet  sich  ein  Bild,  auf  dem  Tutmes  dargestellt  ist,  wie 
er  Gefangene  mit  einer  Keule  niederschmettert  Ausserdem  sind 
noch  4  Lischrifben  vorhanden;  eine  Bede  des  Amon,  der  den  König 
wegen  seiner  Siege  beglückwünscht;  die  Begleitinschrift  des  eben 
erv^lhnten  Bildes,  die  besagt,  dies  sei  die  Gefangennahme  der 
Grossen  aller  Rotennu,  aller  verborgenen  Länder  und  der  Fenchu  *) ; 
die  Legende,  welche  bei  der  Göttin  steht,  die  vor  den  Gefangenen 
einherschreitet ,  tmd  die  ziemlich  dasselbe  wie  die  vorhergehende 
besagt;  endlich  die  Einführungsworte  zu  den  Städtenamen:  Alle 
verborgenen  Länder,  die  fernsten  Orte  Asiens,  herbeigebracht  von 
S.  Maj.  als  lebende  Gefangene.  Das  dritte  Exemplar  enthält  4  Namen 
mehr  als  das  erste,  trägt  aber  dieselbe  Inschrift  wie  dieses  ^.  Als 
Nachtrag  folgen  dann  noch  239  andere  Orte.  —  Leider  lassen  sich 
nur  wenige  Namen  mit  voller  Sicherheit  identificiren ,  trotzdem 
dass  Mariette')  und  de  Boug^^)  mit  gewohnter  Sachkenntniss 
Identificationen  mit  den  ims  erhaltenen  Städtenamen  im  Alten 
Testament  versucht  haben.     Von    ihnen    dürften  namentlich    die 


1)  '^"^^©^  J)  I    'Potrixfs'f  (Mariette,  Karnak.    Texte  p.  50). 

2)  Publiciri  sind  alle  3  Listen  von  Mariette,  Karnak,  pl.  17 — 21.  Die 
ente  auch  von  Dümichen,  Bist.  Inschr.  11  pl.  37  und  De  Rouge,  Album  phut. 
Nr.  51  und  52. 

3)  Les  Listes  Gdographiqnes  des  Pylons  de  Karnak,  Text.  —  Die  oben  cr- 
wflmten  nur  auf  einer  Liste  genannten  Orte  sind  bisher  nicht  behandelt  worden. 

4)  Etudes  sur  divers  monuments  du  r^gno  de  Thoutmös  111.  in  der  Bev. 
Areh.  1861,  p.  346  ff. 


^- 


124     Wiedemann,  Oeschichte  der  achtzehnten  egyptischen  DynaetU. 

folgenden  besonders  wichtig  und  über  allen  Zweifel  erhaben  sein: 
Kadern  (isnp  am  Orontes  zwischen  Homs  und  Bibleh  oder  im 
Stamme  Naphtali),  Maktl  ("«n:)»  MayeSSai  Megiddo,  über  seine  Lage 
haben  wir  schon  oben  gesprochen) ;  ^^^^j^  (rn^C3  in  Süd-Palästina ; 
cf.  Chabas,  Voy.  p.  110 — 11.  Der  Ort  findet  sich  auch  unter  dem 
Namen  Tuba;|fi  im  Pap.  Anastasi  I;  Chr.  I.  18.  v.  8;  Sam.  11.  8.  v.  8.), 
Babana  (nsnb  Stadt  im  Stamme  Juda,  ein  befestigter  Ort,  den  auch 
Josua  erobern  mus^te),  Märomä  (Di^n  ein  Ort  am  See  Merom,  der 
auch  unter  Ramses  II.  sich  erwähnt  findet),  Tamesku  (piDOn  Da- 
maskus, das  nach  Gen.  XV.  2  schon  zu  Abraham's  Zeit  bestand), 
Atära  (^y^i«,  "Adga  des  Ptolemäus,  'ESgaü  des  Onomastikon;  in 
der  Nähe  des  Sees  Merom),  Aubiro  (Abila  in  Nord  -  Palästina ; 
findet  sich  auch  unter  den  Eroberungen  Sisaks;  cf.  Brugsch  in 
der  Zeitschr.  f.  aeg.  Spr.  1874  p.  144),  Schemäna-u  (JSafiovXig 
des  Ptolemaeus,  von  diesem  neben  Damaskus  und  Abila  genannt), 
Bartu  (BfigvTog  Beirut);  Bat'ana  (1:3^  im  Stamme  Ascher);  Kaän&u 
{n^p  im  Stamme  Ascher,  einige  Meilen  S.  W.  von  Tyrus);  Astrotu 
(m*inü3?),  Liusa  ('0<b  in  Dan),  Hat'ar  (niscn  später  von  Salomo 
befestigt,  findet  sich  auch  im  Pap3rrus  Anastasi  I.  cf.  Chabas,  Voj. 
p.  184 — 85),  Kennarotu  (niDD  am  See  Genezareth,  Deuterononium 
m.  17);  Kasuna  (^l'^lSp  im  Stamme  Isaschar),  Schenamä  (Q3lt) 
im  Stanune  Isaschar,  auch  unter  Sisak  genannt),  MäS&r  (b^on 
eine  levitische  Stadt  im  Stamme  Ascher),  Taänak  (*!{2?n,  auch 
dieses  und  seine  Lage  haben  wir  oben  besprochen),  Ibramu  (o^b^^, 
eine  Stadt,  die  Josua  17,11  neben  Taanach  nennt),  Aak  {"^oy ,  das  alt- 
berühmte Akon  im  Stamme  Ascher),  Änu;^ertu  (n^n!K  im  Stamme 
Isaßchar),^pro  (ITIDS^,  Stadt  zwischen  Aschtaroth-Kamato  und  Beth- 
Schean),  Apro  (n^D7  '  Oipgd  im  Stamme  Manasse),  Ch&äbu  (^i^iDn 
an  der  Grenze  des  Stammes  Buben,  die  Hauptstadt  der  Amoriter 
zu  Moses  Zeit),  Ipu  (iD-*  'Icinntj  Jaffa;  auch  im  Pap.  Anasta^  er- 
wähnt), Auän&u  (n:i«  'Sivat),  Sauka  (riDW  Soxxfi),  5utita  (inn 
'Adidd),  Kalel  (n^a  F^gagd  Stadt  der  Philister  und  des  Abimelech), 
Bobäu  (nn^  'Paßßd  Stadt  im  Stamme  Juda),  Nämäna  (n7373  im 
Stamme  Juda),  Am  {y:f  Stadt  der  Kinder  Aaron),  Ba]|^bu  (mann 
schon  in  der  Geschichte  des  Isaak  erwähnt),  Karamäu  (bn'^D,  die 
von  Josua  erwähnte  Stadt  Karmel,  Eigenthum  der  Kinder  Juda), 
Babatu  (n3^  im  Stamme  Isaschar?),  Sartä  {'\T\*yz  ^agd'av^  nahe 
der  SteUe,  wo  Israel  trocknen  Fusses  den  Jordan  durchschritt), 
Barut  (m^«n  BtigdiT  im  Stamme  Benjamin),  An-kenamu  (0^33  yy 
im  Stanune  Juda),  Kebäu  (n«5  im  Stamme  Juda,  etwas  entfernt 
von  Gath),  Terro  (JTi^ias,  gegen  das  die  Midianiter,  von  Gideon 
verfolgt,  flohen). 

Wir  sehen,  dass  die  Eroberungen  des  Tutmes  ein  Land  um- 
fassten,  das  im  Norden  von  Galilaea,  im  Süden  von  Judaea,  im 
Westen  vom  Mittelmeer  begrenzt  ist,  und  im  Osten  einen  Theil 
des  Beichs  von  Basan,  der  Ammoniter  und  Moabiter  umfasst.  Die 
Ortoi  welche  der  Nachtrag  nennt,  scheinen  im  Norden  von  diesem 


Wüdemann^  Gesckidite  der  aehUehnt&n  egypiUchen  DynatÜe.     125 

Lande,  in  Syrien  nnd  Mesopotamien  gelegen  zn  haben,  wenigstens 
lassen  sich  &st  alle  Namen  sicher  als  semitisch  erkennen.  Freilich 
iat  es  nicht  möglich,  s&mmtliche  anf  den  sehr  xmvollst&ndigen 
Karten  der  betreffenden  Gegenden  wiederzufinden,  aber  die  folgenden, 
welche  aus  den  zu  bestimmenden  ausgewählt  sind,  werden  die  nn- 
gefiüire  Laffe  der  andern  mit  erkennen  helfen:  Pireta-u  (Nr.  120 
Eaphrat),  Ai  (121  Stadt  am  Euphrat),  Nil  (132  in  Mesopotamien), 
ünr-t  (137  ür),  Aret'-kena  (139  das  Land  y^»  von  Kaenae), 
Niaapa  (196  Nisibis),  Sure  (252  Sura  am  Enphrat  bei  Plin. 
a  N.  V.  89),  Charebu  (311  Chalybon-Beroa). 

In  demselben  Jahre  Hess  der  König  auch  eine  Statue  Amenophis  L 
in  Kamak  restauriren  (s.  o.) 

Aus  dem  28.  Jahre  der  Begierung  des  Königs  hören  wir 
Nichts  Yon  einem  Feldzuge  und  erfahren  aus  den  Annalen  ^)  nur 
einen  Theil  der  Tribute,  welche  er  erhielt  So  brachten  die 
Botennu  und  der  Fürst  von  Assur  einen  grossen  20  Tena  9  Kat  *) 
schweren  Stein  von  Chesbet  und  zwei  andere  kleinere  Steine, 
femer  gutes  Chesbet  von  Babylon,  xmd  Gefttsse  von  assyrischer 
Arbeit.  Andere  brachten  Gold,  Sklaven  und  Sklavinnen,  goldene 
KSsten,  mit  Asem  ausgelegte  Wagen,  Stiere,  Ochsen  und  Kälber, 
Miaasen  von  Korn,  Silberringe,  mit  Chesbet  ausgelegte  Waffen  und 
mit  Qold  verzierte  Helme,  femer  823  Minen  Weihrauch,  viele 
Falben,  Elfenbein,  zahlreiche  Edel-  und  Brennhölzer  u.  s.  w.  Vor 
allem  hervorzuheben  aber  ist,  dass  der  König  auch  eine  Prinzessin 
der  Botennu  fiir  seinen  Harem  erhielt.  Dieses  Schenken  von 
Fürstentöchtem  an  andere  Machthaber  kommt  auch  sonst  im  egyp- 
tischen  Alterthum  öfters  vor,  so  z.  B.  noch  einmal  unter  der 
Begierung  Tutmes  HI.,  im  84.  Jahre,  in  welchem  die  Aethiopen 
dem  König  eine  Fürstentochter  bringen;  der  König  von  Cheta 
überlAsst  hundert  Jahre  später  Bamses  H.  seine  Tochter  (Champ. 
Mon.  I  pL  38  1.  25);  die  ganze  Episode,  die  die  BentreS-Stele 
berichtet^  hat  als  Motiv  die  üebergabe  einer  Tochter  des  Fürsten 
yon  Bejiften  an  Bamses  XUI.,  u.  s.  w. 

Im  folgenden  Jahre  brachten  die  Botennu  und  Assyrer  Tri- 
bute. Die  einzelnen  Angaben  fehlen  mit  ganz  wenigen  Ausnahmen 
auf  der  betreffenden,  gerade  hier  fast  vollständig  zerstörten  In- 
ichrift^  In  diesem  Jahre  begannen  auch  die  Bauten  am  Amon- 
tempel  in  Kamak. 

Aus  dem  Jahre  25  hat  sich  in  Sarbut-el-Ch&dem  eine  Stele  ^) 
eriialten,   welche  leider  gerade   in   den  wichtigen  Theilen   der  In- 


1)  Leps.  D.  UI,  32,  l.  32^36.  Die  Zahl  40  für  dieses  Jahr,  die  die  In- 
•dffift  giebt,  ist  entschieden  fehlerhaft,  da  das  Jahr  22  vorangeht  und  in  1.  36 
4m  Jthr  24  folgt. 

2)  1  Tena  =    10  Ket  =  90,9591  Gramm. 
8)  L.  D.  m,  32,   1.  36—39. 

4)  L.  D.  m,  29  a. 


126       Wiedemannf  Geschichte  der  achtzehnten  egyptischen  Dyntutie. 

Schrift  sehr  fragmentirt  ist;  die  ersten  7  vollständig  erhaltenen 
Zeilen  enthalten  nur  die  umständliche,  ungemein  phrasenreiche 
Titulatur  des  Königs  %  während  der  Best  von  einem  Beamten 
handelt,  der  nach  der  Sinaihalbinsel  gesendet  ¥nirde,  um  dort  den 
Tribut  einzutreiben  und  Kupfer  nach  Egypten  zu  holen.  Die  im 
Lande  der  Botennu  in  diesem  Jahre  vom  Könige  gefundenen 
Pflanzen  finden  sich  zugleich  mit  einigen  Thieren  wunderbar  fein 
und  schön  in  Kamak  abgebildet  (Mariette,  Kamak,  pl.  31). 

Aus  dem  Jahre  28  stammt  eine  Inschrift  im  Grabe  eines 
Schreibers  am  Vorrathshause  des  Amon-Ra,  Namens  Amen-em-^ 
Im  Uebrigen  sind  die  Annalen,  ebenso  wie  die  andern  Texte  für 
die  Jahre  25 — 28  ganz  unergiebig  und  berichten  uns  weder  von 
innem  Angelegenheiten,  noch  von  Kriegen  nach  Aussen  etwas ;  nur 
die  Inschrifb  des  Amen-em-l^eb  macht  hier,  wie  wir  gesehen  haben, 
eine  rühmliche  Ausnahme.  Sie  erzählt  uns  (1*  ^ — ^)i  ^^s  der 
erste  Zug  an  dem  dieser  Feldherr  Theil  nahm  d.  h.  der  dritte 
des  Königs  sich  gegen  das  Land  von  Nekaba  (Süd-Palästina  nach 
Br.  G.  n,  69),  welches  beiläufig  gesagt,  schon  auf  dem  ersten 
Zuge  Tutmes  HL  imterworfen  worden  wai'*),  gerichtet  und  von 
dort  bis  nach  Mesopotamien  ausgedehnt  habe,  an  beiden  Orten 
habe  Amen-em-]^eb  je  3  Gefangene  gemacht.  Der  zweite  Zug  ging 
gegen  das  Plateau  von  üän  ^)  im  Westen  von  Chalybon,  hier 
machte  der  Held  73  Gefangene,  raubte  70  lebende  Esel'),  erbeutete 
13  eherne  Metallgefässe  und  ausserdem  noch  einige  mit  Gold  aus- 


1)  Als  Beispiel  einer  derartigen  Titulatur  lassen  wir  hier  die  Uebersetzong 
der  7  ersten  Zeilen  der  eben  erwähnten  Stele  folgen:  1.  der  lebende  Homs, 
der  Stier  (d.  h.  Amon),  herrschend  in  Theben,  der  Herr  beider  Diademe,  der 
bereitet  hat  eine  Königsherrschaft,  gleichwie  Ra  im  Himmel,  der  Herrscher,  der 
Qoldhorus,  der  Mächtige  an  Qlanz,  2.  der  König  von  Ober-  und  Unter-Egypten 
Kä-mon-j^eper  (die  Sonne  gebe  Bestand),  der  gütige  Gott,  der  Herr  der  Freude, 
der  Herr  des  Glan2es,  der  ergriffen  hat  die  Nofer-Krone,  der  sich  vereinigt  hat 
die  Se^ti-Krone,  3.  in  Leben  und  Heil,  ein  Theil  der  Sonne,  geboren  vom  Herrn 
der  Atef-Krone  (eig.  geboren  von  der  Atef-Krone),  um  ihm  zu  geben  seine 
Herrschaft  über  die  Lande,  der  Sohn  des  Besitzers  der  Het'-  (weissen)  Krone 
(eig.  Sohn  der  Het*-Krone)  4.  Geboren  vom  Herrn  der  Teser-  (rothen)  Krone 
(eig.  geboren  von  der  Teser-Krone) ,  erzogen  von  der  Herrin  der  Zaubereien 
(Isis),  der  göttlichen  Herrin  des  Getreides,  5.  der  Glanz  des  Tum,  erzeugt  (eig. 
zum  Embryo  gemacht),  damit  man  ihm  gebe  Egypten  und  die  Wüste,  den 
Süden  und  den  Norden  in  seine  Hand,  6.  sein  Geist  ist  im  Himmel,  die  Furcht 
vor  ihm  auf  Erden,  der  Schrecken  vor  ihm  in  jedem  Lande,  er  ist  der  König, 
7.  der  Könige,  der  Herrscher  der  Herrscher,  die  Sonne  (?)  aller  Länder,  der* 
Sohn  der  Sonne  Tutmes-nefer-jt^P^^'U  (<ioi'  Sohn  dos  Thot,  schön  in  seinen  Ge- 
stalten), geliebt  von  der  Hathor,  der  Herrin  des  Mafek. 

2)  Nr.  66  der  Lbte.  Auch  Scheschonk  erwähnt  dreimal  seine  Unterwerfung 
(Leps.  D.  m,  252;  Nr.  84.  90.  92). 

3)  In  der  Inschrift  der  Statue  im  Louvre  A.  90  bei  Pierret,  Bec.  d'Inscr. 
p.  23  wird  ausgezeichneter  Wein  aus  dem  südlichen  Theile  des  Landes  von 
Uin  erwähnt 

4)  Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  ein  kleines  Papyrus-Frag- 
mint  in  Törin  (bei  Pleyte  und  Bossi,  PI.  83  B)  aus  Tutmes  HI.  Zeit  der  Esel 


f  Geachiehte  der  achtzehnten  egypüschen  Dynattiie.      127 

gelegte  eherne  Grefltese.  —  Das  Datum  des  28.  Jahres  des  Königs 
findet  sich  in  einem  Grabe  zu  Abd-el-Qoma,  welches  unter  anderm 
einen  grossen  Theil  des  Todtenbuchs  in  seinen  Inschriften  enthält 
(Leps.  D.  ni,  38  e— g). 

Beim  fünften  Zuge  im  29.  Begiemngsjahre  des  Tutmes  beginnen 
unsere  Quellen  wieder  reicher  zu  fliessen,  da  hier  die  Annalen  von 
Neuem  einsetzen.  Der  Zug  richtete  sich  gegen  S3nien,  wo  sich 
wieder  einmal  ein  Bündniss  gegen  den  König  gebildet  hatte.  Er 
eroberte  zunächst  eine  Festung  im  Gebiete  des  in  der  Nähe  von 
Damaskus  gelegene9  (Br.  G.  n  46)  Tunep  ^),  deren  Name  auf  dem 
Denkmal  zu  schlecht  erhalten  ist,  um  lesbar  zu  sein.  Hoch  ge- 
priesen von  seinen  Soldaten  ging  er  in  das  Opfermagazin  und  ver- 
anstaltete dem  Amon '  und  dem  Q^or  -  em  -  chuti  ein  grosses  Opfer. 
Der  Konomandant  der  Festung  selbst  war  mit  329  Mann  gefangen, 
100  Tena  Silber  und  ebenso  viel  Gold,  Chesbet,  Mafek,  Eisen  und 
Erzgeftoe  kamen  in  des  Königs  Hand,  ganze  Schiffe  wurden  mit 
Sklaven,  Sklavinnen,  Erz,  Blei  und  Dochten  angefällt.  Dann  kehrte 
der  König  selbst  im  Triumph  nach  Egypten  zurück.  Unterwegs 
bemächtigte  er  sich  noch  der  Festung  Aradus,  die  ganz  angefcQlt 
war  mit  Getreide;  die  Pflanzungen  wurden  zerstört,  das  Getreide 
und  der  Wein  aus  den  Magazinen  auf  schwerbeladenen  Schiffen 
w^lgeschleppt  und  die  Soldaten  damit  verproviantirt  An  Tributen 
erhielt  der  König  51  Sklaven  und  Sklavinnen,  32  Stuten,  10  Silber- 
Ringe,  Weihrauch,  Salben,  470  Minen  Honig,  6428  Minen  Wein, 
Eisen,  Blei,  Chesbet,  Smaragd,  618  Ochsen,  3636  Hausziegen,  Brod, 
(}ebftck,  Weizen,  Korn  und  eine  solche  Menge  Salben,  dass  die 
Soldaten  jeden  Tag  soviel  erhalten  konnten,  wie  sonst  die  bei  den 
Festen  in  Egypten  Beschäftigten.  —  Von  Tunep  aus  scheint  ein 
Theil  der  Armee,  bei  dem  sich  auch  Amen-em-]^eb  befand,  einen 
Verstoss  nach  Karikamiäscha  ^),  einer  am  Euphrat  gelegenen  Stadt, 
deren  genaue  Lage  bei  Yerabolus  der  der  Wissenschaft  so  früh 
entrissene  George  Smith  noch  kurz  vor  seinem  Tode  entdeckte 
(c£  Sayce  in  The  Nature  1876  p.  421),  gemacht  zu  haben.  Die 
Flotte  befuhr  den  Euphrat,  und  der  Feldherr  brachte  zahlreiche 
Gefangene  mit,  wofür  er  vom  Könige  das  Verzeichniss  dessen  was 
ist,  d.  h.  eine  hohe  Auszeichnung  empfing.  Auf  dem  Bückwege 
traf  er  das  königliche  Heer  im  Gebiete  von  Sen-t'ar'). 


des  FüTBten  von  Chal  (Syrien)  Erwähnung  thut,  und  dass  das  assyrische  Ideogramm 
f&r  das  Heich  von  Damaskus  aus  dem  Ideogramm  für  imiru  „Esel"  und  dem 
8«iBx  der  dritten  Person  Sing,  zusammengesetzt  ist,  also  eigentlich  ,^eine  Esel" 
bedeutet  (vergl.  lU  B.  5;  Nr.  6,  1.  2  und  für  die  Lesung  UI  K.  48;  Nr.  4,  1.  71). 

1)  Nach   einer  von  Brugsch,   Reo.  pl.  54  publicirten  Inschrift  vom  Rames- 
■Miiii  gehörte  der  Ort  spater  dem  Gebiet  der  Chcta  an. 

2)  Für   die   Oeachichte   der  Stadt  cf.  Maspero,   De  Carchemis  oppidi  situ. 
Pari*  1872. 

f^^"^    das    doppelte   Tyrus.      Dass    Tyrus    wohl    ein 


128     Wteetemanrif  Getehiehte  der  achtzehnten  egyptiechen  DffnaeUe. 

Auch  im  80.  Jahre  wandte  sich  der  König  nach  Syrien,  zog 
zu  Schiffe,  wie  das  im  Urtexte  hei  dem  Worte  Zug  stehende  De- 
terminativ ^nN$  lehrt,   gegen  KadeS,   helagerte  und   eroherte    die 

Stadt,  in  der  dann  die  egyptischen  Truppen  grosse  Verwüstungen 
anrichteten.  Auch  Amen-em-]^eb  zeichnete  sich  bei  dieser  Be- 
lagerung aus,  er  machte  2  Märolna  (Officiere)  zu  Gefangenen  und 
wurde  dafür  öffentlich  mit  dem  Halsband  der  Tapferkeit,  einem 
neuen  Diplom,  dem  Löwenorden,  3  Geschmeiden,  2  Helmen  und 
4  Ringen  belohnt.  Dann  zog  man  gegen  die  Festung  T'aär^), 
welche  erobert  wurde.  Auch  Aradus  fiel  kurz  darauf  in  des  Königs 
Hand.  Als  Abgabe  erhielt  derselbe  von  den  Rotennu  die  Kinder 
ihrer  Grossen  und  alle  ihre  Geschwister,  unter  der  schon  oben 
besprochenen  Bedingung,  dass  wenn  einer  der  Fürsten  stürbe,  sein 
Sohn  entlassen  werden  solle,  um  den  Thron  seines  Vaters  ein- 
zimehmen.  Die  Zahl  dieser  fürstlichen  Verwandten  fehlt  auf  der 
Inschrift,  die  noch  hinzufügt,  dass  auch  181  Sklaven  und  Skla- 
vinnen, 188  Pferde  und  40  mit  Gold  und  Silber  ausgelegte  und 
bemalte  Wagen  abgeliefert  wurden. 

Der  nächste,  siebente  Feldzug  des  Königs  erstreckte  sich  über 
2  Jahre,  das  31.  und  32.  Man  zog  zunächst  durch  das  später  auch 
von  Amenophis  H.  (L.  D.  HI,  65)  besiegte  Land  Te/si  gegen  die 
am  Ufer  des  Nesrona  •  See's  in  Palästina  gelegene  Feste  Anrotu, 
welche  vom  Könige  in  der  allerkürzesten  Zeit  eingenommen  und 
geplündert  wurde.  490  Mann,  der  Sohn  des  Stadtcommandanten 
und  3  andere  hohe  OfQciere  des  Feindes  wurden  gefangen  genom- 
men, und  26  Pferde  nebst  13  vollständig  ausgerüsteten  Wagen  als 
Beute  fortgeführt  3  der  Gefangenen  machte  Amen-em-^eb,  der 
wieder  reich  belohnt  wurde.  Am  3.  Pachons  veranstaltete  man 
eine  grosse  Zählimg  der  Gefangenen. 

Die  Botennu  brachten  als  Tribut  Sklaven,  761  Tena  und 
2  Kät  Silber,  19  mit  Silber  ausgelegte  xmd  mit  allem  Zu- 
behör versehene  Wagen,   104  Ochsen,    172  Binder,   4622  Ziegen, 


doppeltes  genannt  worden  konnte  und  dies  schon  in  alter  Zeit  war,  geht  aus 
den  Auseinandersetzungen  von  Movers,  die  Phönizier  II,  1  p.  170 ff.  deutlich 
hervor.  Der  egyptische  Name  ist  in  seinem  zweiten  Theile  eine  genaue  Um- 
schreibung des  hebräischen  "H^.  Von  einer  Einnahme  der  Stadt  wird  Nichts 
berichtet,  sondern  nur  die  Beute  erwähnt,  die  der  Feldherr  gewonnen  hatte. 

1)  Wir  halten  diesen  Namen  für  eine  zweite  Transcription  des  hebräischen 

*li3S,  Aa  es  uns  unmöglich  scheint,   es  mit  Maspero,   Eist  anc.  p.  205,   Birch, 

Hbt  of  Egypt.  p.  91  und  Bmgsch  für  das  alte  ^^Wi  zu  nehmen,  welches  im 
Alten  Testament  rieh  auch  nur  einmal  Qen.  10,  18  erwähnt  findet,  und  da  noch 
obendrein  als  Name  eines  Volksstammes  der  Kanaanitor;  erst  bedeutend  später 
tritt  die  Stadt  Simjra  auf.  Die  Transcription  ist  auch  recht  genau,  und  da 
Tyrus  beim  vorigen  Zuge  belagert,  aber  nicht  erobert  worden  war,  so  ist  es 
•ehr  fttk  BiflgHeh,  daas  sich  der  König  jetzt  noch  einmal  gegen  dasselbe  gewen- 


WMemann^  Ottehichte  der  achtzehnten  egyptiachcn  Dynastie.    129 

40  Ziegel  ^),  Erz  ^),  Blei,  41  ausgelegte  Rüstungen,  Weihgescbenke 
und  Pflanzen  aller  Art  Die  andern  StSdte,  bei  denen  der  König  vor- 
beizog, lieferten  Brod,  Salben,  Weibrauch,  Wein,  Honig  in  so  un- 
geheurer Menge,  dass  der  König  sie  nicbt  in  seine  Annalen  auf- 
nehmen wollte,  um  nicbt  zu  viel  Platz  darauf  zu  verwenden,  und 
sie  daher  nur  in  ein  Register  im  Palaste  aufzeichnen  liess.  Erst 
im  folgenden  Jabre  kehrte  derselbe  nach  Egypten  zurück. 

Die  Tribute  der  Botennu  bestanden  dieses  Mal  vor  allem  in 
vielem  Getreide,  Weizen,  Korn,  Weihrauch,  Salben,  Smaragd, 
Früchten,  kurz  allen  guten  Landesprodukten,  imd  wurden  in  das 
Schatzhaus  des  Königs  gebracht,  ebenso  wie  die  Arbeiten  des 
indostriereichen  Landes  Bemenen  nördlich  von  Syrien;  ausserdem 
kamen  zahlreiche  Edelsteine  ein.  Auf  der  Bückkehr  des  Königs 
trafen  ihn  Boten  der  Kenbet,  eines  Volkes,  das,  nach  den  Tributen 
za  uriheilen,  wohl  auf  der  Sinai-Halbinsel  lebte,  und  brachten  ihm 
Harz,  10  männliche  Sklaven,  113  junge  und  230  filtere  Ochsen 
und  ausserdem  Schiffe  beladen  mit  Elfenbein,  Ebenholz  und  Leo- 
pardenfellen.  Auch  Aethiopien  lieferte  seine  Gaben  und  brachte 
31  junge  Ochsen,  61  Stiere  und  Schiffe  beladen  mit  zahlreichen 
Schätzen,  während  sie  an  Getreide  ihren  gewöhnlichen  Satz  herbei- 
achafPten.  Ln  folgenden  Jahre  wandte  sich  der  König  wieder  ein- 
mal gegen  die  Botennu  und  rückte  bis  zum  Tigris  vor.  Hier  war 
sein  erstes,  was  er  that,  eine  Stele  neben  der  seines  Vaters  Tut- 
mes  L  zu  errichten,  dann  fuhr  er  den  Tigris  herab,  um  die  ver- 
schiedenen Festungen  mit  Gewalt  einzunehmen.  Auf  dem  Zuge 
gegen  Nii  traf  er  das  feindliche  Heer  und  schlug  es  gänzlich  in 
die  Flucht,  30  Fürsten  mit  ihren  Weibern,  80  Männer,  606  Skla- 
ven und  Sklavinnen  fielen  in  seine  Hand,  Nii  ergab  sich  ohne 
Belagerung.  Auch  hier  stellte  der  König  eine  Stele  auf,  um  die 
Grenze  seines  Beiches  zu  bezeichnen,  und  wandte  sich  dann  dem 
weniger  gefährlichen  Vergnügen  einer  grossen  Jagd  auf  Elephanten 
xa,  um  deren  Zähne  zu  gewinnen,  120  Thiere  wurden  erjagt, 
einen  derselben  fing  Amen-em-lt^eb  lebend,  nachdem  er  ihn  seines 
Bfissels  beraubt  hatte. 

Als  Tribut  eibielt  Tutmes  gleich  in  Mesopotamien  513  Sklaven 
und  Sklayinnen,  260  Pferde,  45  Tena  V»  ^et  Gold,  Wagen  mit 
allem  Zubehör,  23  Ochsen,  564  Stiere,  5323  Ziegen,  828  Minen 
Weihrauch,  zahlreiche  Salben  und  Früchte ;  auch  Silber-  und  Gold* 


1)  Den  Ausdruck  Ziegel  für  umiere  Barren  haben  auch  die  klassischen 
Sprachen.  Den  nXiv&oi  j^^vaa?  xni  ngyvQnl  z.  B.  bei  Polyb.  X,  27,  12;  Luc. 
ClMtTon.  11;  Her.  I,  50  entsprechen  im  Lateinischen  lateres  argentoi  atque 
•Bzel.     Cf.  fiir  Letzteres  Mommsen,  Köm.  MUnzwosen,  p.  308  Anm.  52. 

S)  Das  Wort  Chomt,   das  wir    hier  mit  Erz  übersetzen,   wird   wohl  Eisen 

Wdenten,    ein   Metall,    das  mau  in   den   assyrischen   Euinen  sehr   häufig  und 

MMMnhaft  findet:  so  hat  Place  in  Ninivo  Eisongeräthe  gefunden,  die  zusammen 

M.  160,000  KUo  wogen.    In  Egypten  findet  sich  das  Metall  sehr  selten  (Ohabas 

El  bist  p.  54/5). 

Bd.  XXXII.  9 


130     Wiedemann,  OeMckichte  der  aehtzehntm  egyptiachen  Dynastie. 

gef^se  von  der  Arbeit  der  Tahi  worden  ihm  abgeliefert  Diese 
Gefässe,  welche  die  Denkmäler  aus  dieser  Zeit  ziemlich  häufig 
erwähnen  und  abgebildet  zeigen,  bestanden  in  grossen  Schalen  and 
Töpfen  mit  Deckeln  von  Thier-  oder  Menschenkopfform  und  waren 
gewöhnlich,  entweder  durch  Zeichnimgen  oder  durch  eingelegte 
Arbeit  von  edlen  Steinen,  reich  verziert  Die  verschiedenen  unter- 
worfenen Städte  brachten  ebenso  wie'  die  Remenen  ihre  gewöhn- 
lichen Tribute,  ausserdem  aber  2  unbekannte  Vögel  und  4  Gänse. 
Der  Fürst  von  Sinear  liefert  einige  Tena  echtes  imd  24  Tena 
künstliches  Chesbet,  ausserdem  Chesbet  von  Babylon  und  einen 
15  Ket  schweren  Widderkopf  von  Chesbet  Die  Cheta  (nördlich 
von  Sjrrien)  bracl;iten  8  Ringe,  gefertigt  von  301  Tena  Silber, 
einen  grossen  Edelstein  und  edle  Hölzer.  Bei  der  Rückkehr  des 
Königs  brachten  ihm  die  Bewohner  von  Punt  1685  Sa  helles  Harz, 
Gold,  134  Sklaven  und  Sklavinnen,  419  Heerdenthiere  und  Schiffe 
beladen  mit  Elfenbein,  Ebenholz,  Leopardenfellen  und  aUen  Landes- 
producten.  Die  Wawa  in  West-Abessynien  ^)  brachten  8  weibliche 
und  12  männliche  Sklaven,  104  Rinder  und  reichbeladene  Schiffe, 
an  Getreide  aber  das  Gewöhnliche. 

Zum  Schlüsse  dieses  Jahres  wollen  wir  noch  erwähnen,  dass 
aus  ihm,  vom  2.  Mesori,  ein  sehr  verletztes  Proscynema  eines 
Beamten  in  El-Berscheh  datirt  ist,  welches  das  Jahr  den  AnfEuig 
von  Millionen  von  Festen  nennt*). 

Im  Jahre  34  zog  Tutmes  wieder  nach  Syrien;  hier  scheinen 
sich  3  Städte  im  Gebiet  von  An&ukasa  verbündet  zu  haben  und 
besiegt  worden  zu  sein.  90  Männer  wurden  mit  Weib  und  Kind 
ergriffen,  ebenso  wie  40  Pferde,  15  mit  Silber  imd  Gold  ausgelegte 
Wagen,  50  Tena  8  Ket  Gold  in  Ringen  und  über  100  Tena  zu 
Gefässen  verarbeitetes  Gold,  Eisen,  326  Rinder,  40  weisse  und 
50  kleine  Ziegen,  70  Esel,  zahlreiche  Holzarten  und  6  mit  Eisen 
beschlagene  Säulen  um  ein  Haus  zu  errichten. 

Die  Tribute  der  Rotennu  waren  eine  Anzahl  Pferde,  34  mit 
Silber  und  Gold  ausgelegte,  bemalte  Wagen,  704  Sklaven  und 
Sklavinnen,  55  Tena  8  Ket  Gold,  verschiedene  Vasen,  Elisen,  alle 
möglichen  Juwelen,  Gefässe,  80  Ziegel  Erz,  11  Ziegel  Blei,  100 
Tena  Farben,  glänzendes  Harz,  Smaragd  und  Alabaster.  Ein  anderes 
Volk,  dessen  Name  leider  auf  der  Inschrift  fehlt,  brachte  13  junge 
Ochsen,  530  Stiere,  84  Esel,  vieles  Eisen,  zahlreiche  Vasen  von 
Erz,  695  Minen  Weihrauch,  von  süssen  Salben  und  grünen  Salben 
2080  Minen,  608  Minen  Wein,  Wagen  und  zahlreiche  Holzarten. 
Die  Städte  lieferten  ihre  Tribute  besonders  in  Holz,  welches  theils 
unbearbeitet,  theils  verarbeitet  war.    Der  Fürst  von  Asebi  brachte 


1)  Sie   entsprechen   den   heutigen  Agads   oder  Anawas.     Cf.  Paul  Bnch^re, 
Zeitschr.  f.  aeg.  Spr.   1869,  p.  113—5. 

2)  Sharpc,  «g.  Inscr.  II.  Ser.  pl.  37.  —  Nestor  THote,  Lettre»  p.  46  giebt 
wohl  fälschlich  für  die  Stele  das  Jahr  32  als  Datum. 


Wisdemamij  Geschichte  der  achtzehnten  egyptiachen  Dynastie.   131 

108  Ziegel  Eisen,  2040  Tena  Bitumen,  6  Ziegel  Blei,  von  metalli- 
schem Blei  1208  Nes,  110  Tena  Chesbet,  Elfenbein  u.  a.  Die 
Knschiten  lieferten  über  300  Tena  Gold,  die  Tochter  eines  ihrer 
Grossen,  wohl  für  den  königlichen  Harem  (s.  o.  Jahr  23),  275  Heerden- 
thiere  imd  Schiffe  beladen  mit  Elfenbein,  Ebenholz  und  andern 
Landesprodukten.  Die  Wawa  dagegen  brachten  254  Tena  Gold(?), 
10  Neger-Sklaven  und  Sklavinnen  nebst  Rindern  imd  verschiedenen 
Landesprodukten. 

Im  nächsten  Jahre  zog  der  König  gegen  die  Festung  Aroana 
in  Syrien.  Hierher  hatten  die  mesopotamischen  Völkerschaften  zahl- 
reiche Reiterei  und  Infanterie  gesendet,  um  dem  König  entgegen- 
zutreten, aber  im  tapfem  Kampfe  erlagen  sie  dem  egyptischen 
Heere,  das  der  König  selbst  in  die  Scnlacht  führte,  und  überliessen 
diesem  eine  reiche  Beute.  Eine  genaue  Aufzählung  derselben  ist 
durch  die  grossen  an  dieser  Stele  in  der  Inschrift  befindlichen 
Lücken  ebenso  unmöglich  gemacht,  wie  eine  Erzählung  der  Ereig- 
nisse in  den  Jahren  36  und  37. 

Im  38.  Jal^'e  hatte  der  König  wieder  eine  syrische  Stadt,  die 
Festung  AnÄukasa  zu  bekämpfen.  Die  Eroberung  des  Ortes  ge- 
lang, und  man  schleppte  50  lebende  Gefangene,  zahlreiche,  voll- 
stfindig  ausgerüstete  Wagen,  Pferde  und  edle  Hölzer  mit  sich  fort. 

An  Tributen  liefen  ein  328  Pferde,  522  Sklaven  und  Sklavinnen, 
9  mit  Silber  und  Gold  ausgelegte  und  61  bemalte  Wagen,  ein 
Halsband  von  Chesbet,  Vasen,  3  Fingerringe,  Köpfe  von  Ziegen 
und  ein  Löwenkopf,  wohl  in  Metall  getrieben,  Vasen  von  der  Arbeit 
der  Tahi  (Phönizier)  im  Gewicht  von  2821  Tena  3  Ket;  276  Erz- 
Ziegel,  26  Blei-Ziegel,  656  Heben  Weihrauch,  süsse  und  grüne 
Salben,  1752  Minen  Pech,  156  Vasen  Wein,  12  Ochsen,  46  Esel, 
1  Damhirschkopf,  5  Stücke  Elfenbein,  Elfenbeinarbeiten,  Speere, 
Schilde,  Bogen,  Werkzeuge  und  allerlei  Landesprodukte.  Jede 
Stadt  lieferte  ihren  vorschriftsmässigen  Tribut,  die  T'ahi  brachten 
Getreide,  Alabaster,  frische  Salbe  imd  Weihrauch,  der  Fürst  von 
Asebi  Erz  und  Pferde,  der  von  Arure/  ('^*39)  5  Sklaven  und 
Sklavinnen,  2  Erz-Ziegel,  edle  Hölzer  aller  Art,""  die  Punt  240  Sa 
glänzendes  Harz,  die  Aethiopen  100  Tena  Gold,  36  Neger-Sclaven 
und  Sklavinnen,  111  Ochsen,  185  Stiere,  zalilreiche  Schifife  beladen 
mit  Elfenbein,  echtem  Ebenholz  und  Getreide ;  die  Wawa  brachten 
2844  Tena  Gold  (?),  16  Neger  als  Sklaven  und  Sklavinnen,  77  Ochsen 
und  zahlreiche  schwer  beladene  Schiffe. 

Im  nächsten  Jahre  mussten  die  asiatischen  Nomadenstänune 
der  Schasu  besiegt  werden,  was  dem  egyptischen  Heere  ohne 
grössere  Mühe  gelang. 

Der  König  erhielt  dieses  Mal  197  Sklaven  und  Sklavinnen, 
229  Pferde,  Gold  in  2  Fingerringen  imd  12  Ringen,  Silberringe, 
ein  Gefäss,  eine  Vase  mit  einem  Ochsenkopf,  325  (Vj  Vasen  imd 
Knge  in  Silber,  in  Summa  1495  Tena  1  Ket;  Wagen,  weisse 
Edelsteine,  einen  weissen  Stein,  eine  Mine  Natron,  Juwelen,  Weih- 


132     Wiedemannj  Ouehichte  tUr  achtaehnten  egypiüek&n  DynatUe. 

rauch,  süsse  und  grüne  Salbe,  Pech,  Honig,  1405  Minen  Wein, 
84  Stiere,  1188  Ziegen,  Erz  etc.;  femer  brachten  die  Städte  ihre 
gewöhnlichen  Tribute,  ebenso  die  Tahi,  welche  Alabaster,  Weih- 
rauch, Salben  u.  a.  lieferten ;  der  Fürst  der  Asebi  brachte  2  Stück 
Elfenbein,  40  Ziegel  Erz,  1  Ziegel  Blei,  die  Aethiopen  144  Tena 
3  Ket  Gold,  101  Neger-Sklayen  und  Sklavinnen,  35  Binder, 
54  Ochsen  und  ausserdem  reich  beladene  Schiffe. 

Aus  dem  folgenden  Jahre  erfahren  wir  nur  die  eingekommenen 
AbgabeiL 

Es  brachten  die  Botennu,  soweit  sich  aus  der  sehr  lücken- 
haften Inschrifb  ersehen  lässt,  40  Ziegel  irgend  eines  Metalls, 
Stahl  (?),  Schwerter,  Speerp,  18  Stücke  Elfenbein,  241  Pferde, 
184  Ochsen,  Weihrauch  und  Ziegen.  Die  Cheta  lieferten  Gold, 
die  Aethiopen  8  Neger  -  Sklaven  und  -Sklavinnen  und  13  andre 
Diener,  Ochsen,  3144  Tena  3  Ket  Gold,  35  Ochsen,  79  Stiere 
und  reich  beladene  Boote. 

Im  Jahre  41  hatte  der  König  noch  einmal  gegen  die  syrischen 
Städte  zu  kämpfen.  Er  zog  längs  des  Meeres  gegen  die  Festung 
Arantu,  eroberte  diese  ebenso  wie  zahlreiche  andere  palästinensische 
Städte,  zu  denen  auch  Tunep  in  der  Nähe  von  Damaskus  gehörte, 
welches  diesmal  vollkommen  zerstört  wurde;  dann  wandte  er  sich 
gegen  das  von  Neuem  befestigte  Kade&;  von  der  Belagerung  und 
endlichen  Einnahme  dieser  Stadt  wissen  wir  durch  die  Inschrift 
des  Amen-em-^eb,  der  hier  zimi  letzten  Male  focht,  einige  nicht 
uninteressante  Details.  So  Hess  der  Fürst  von  Kadeä  eines  Tages 
eine  vermuthlich  maskirte  Stute  gegen  die  egyptischen  Reihen 
heranstürmen;  der  Schrecken  der  Soldaten  war  gross,  und  nur 
Amen-em-li^eb,  der  mit  seinem  Dolche  bewafihet  zu  Fuss  das  Thier 
verfolgte  und  es  glücklich  tödtete,  war  es  zu  danken,  dass  der 
Verlust  nicht  grösser  wurde.  Dann  stürmte  derselbe  selbst  an  der 
Spitze  von  Freiwilligen  aus  der  Elite-Truppe  die  Stadt  und  schlug 
die  erste  Bresche,  wobei  er  2  Märoina  (Offiziere)  zu  Gefangenen 
machte.  Unter  andern  Ehren,  die  der  König  ihm  dafür  verlieh, 
ward  er  zum  Kommandanten  des  königlichen  Schiffes  ernannt  und 
durfte  jenen  zu  seinem  Siegesfeste  nach  Theben  geleiten  ^).  Auch 
ein  mesopotamisches  Heer  wurde  besiegt  und  verlor  691  Gefangene 
und  44  Pferde. 

An  Tributen  aus  diesem  und  dem  folgenden  Jahre,  zwischen 
denen  eine  sichere  Grenze  zu  ziehen  der  lückenhafte  Zustand  der 
Inschrift  nicht  gestattet,  erhielt  der  König  295  Sklaven  und 
Sklavinnen,  68  Stuten,  3  Goldfingerringe,  3  Vasen,  einen  mit 
Silber  geschmückten  Opfertisch,  47  Ziegel  Blei,  1100  Tena  des- 
selben Metalls,  Dochte,  aDe  möglichen  Edelsteine,  Eisenwaffen  und 
Edelhölzer.  Die  Städte  gaben  ihre  gewöhnlichen  Abgaben,  ein 
Volk,   dessen  Name    fehlt,    brachte  Getreide,    3  Ochsenköpfe  ge- 


1)  Inschr.  des  Ämen-em-heb  1.  25 — 34. 


Wiedemann^  Gesehiehte  der  achtzehtäea  egypiuehen  Dytuutie.     133 

fertigt  aus  341  l^ena  2  Ket  Goldes  (?),  echtes  Cbesbet  und  Erz. 
Aach  die  Tanai,  welche  yermuthlich  mit  den  homerischen  Danaem 
identisch  sind,  erscheinen  dieses  Mal  tributpflichtig,  ein  anderes 
Volk  liefert  eine  silberne  Todtenstatue  von  der  Arbeit  der  Keftu 
(Phönizier),  Erzgefässe,  4  silberne  Fingerringe,  bestehend  aus 
56  Tena  und  einigen  Ket.  Die  Aethiopen  brachten  den  gewöhn- 
lichen Tribut,  die  Wawa  unter  anderm  2374  Tena  1  Ret  Gold. 

Aus  den  nächsten  Jahren  der  Regierung  des  Königs  besitzen 
wir  nur  sehr  wenige  datirte  Monumente.  Den  22.  Thot  des  Jahres  42 
trfigt  als  Errichtungsdatum  eine  öfters  in  ihren  Inschriften  publicirte 
Statue  des  Vaters  des  Königs  ^).  Den  14.  Payni  des  Jahres  43 
enthält  eine  sehr  beschädigte  und  verletzte,  von  Leps.  D.  m,  45  e 
publicirte  Inschrift  der  Felsengrotte  von  Ellesieh  mit  einem  Proscy- 
nema  an  Horus  und  Sati,  aber  ohne  sonstigen  historisch  wichtigen 
Inhalt.  Eine  aus  dem  Jahre  47  datirte  Stele  von  Kalkstein  aus 
den  Ruinen  von  Heliopolis  zeigt  uns  den  König  vor  dem  Sonnen- 
gotte  Ra,  die  begleitende  Inschrift  meldet  uns,  dass  um  den 
Tempel  dieses  Gottes  auf  Befehl  Tutmes  lU.  eine  Mauer  gezogen 
worden  sei  Das  Original  befindet  sich  jetzt  unter  Nr.  1635  (152) 
im  Museum  zu  Berlin  (Leps.  D.  m,  29  b). 

Ein  ganz  isolirt  stehendes  kriegerisches  Ereigniss  erzählt  uns 
ohne  Beifügung  irgend  einer  chronologischen  Bestimmung  ein  im 
British  Museum  aufbewahrtes  Papyrusfragment  ^). 

Freilich  ist  es  zweifelhaft,  ob  nicht  die  betreffende  Erzählung, 
ebenso  wie  auch  die  übrigen  Stücke,  die  sich  in  dem  Papyrus 
finden,  und  welche  die  Erzählung  von  einem  bezauberten  Prinzen 
und  einige  Gesänge  enthalten  ^),  nur  der  Phantasie  des  egyptischen 
Schreibers  entsprungen  ist.  Er  berichtet  uns  nämlich  die  ver- 
rätherische  Einnahme  einer  Stadt  der  Imu  durch  einen  egyptischen 
Ofificier  Namens  T^uti&:  200  Mann  werden  mit  Stricken  zusammen 
in  Krüge  gepackt  und  so  in  die  Stadt  geschaflPt,  hier  machen  sie 
sich  frei,  binden  die  Garnison  mit  den  Stricken,  ö&en  ihren  Ge- 
nossen die  Thore  der  Stadt  und  liefern  den  Ort  Tutmes  aus. 
Birch  vergleicht  die  Erzählung  in  der  Eist.  o£  Egypt  p.  103  mit 
vollem  Rechte  mit  der  Geschichte  von  Ali  Baba  aus  „Tausend  und 
einer  Nacht'S  und  gerade  diese  Parallele  macht  das  historische 
Faktum  der  Einnahme  sehr  zweifelhaft. 

Das   Volk   der  Imu  ist  vermuthlich  identisch   mit  den  D»''« 


1)  Kosellini,  M.  St.  I.  3.  p.  125—6.  Taf.  Fig.  2.  Leps.  D.  UI,  16  b,  c. 
Mariette ,  Kamak  pL  38  b.  Uebersetzt  von  Birch ,  Observ.  on  the  sUtbt.  tabl. 
in  den  Tram.  roy.  soc.  of.  lit.  Ser.  II  Vol.  II  1847  p.  319. 

2)  Pap.  Harris  500;  behandelt  von  Qoodwin,  Trans,  soc.  of.  bibl.  arch.  III 
p.  340  ff.  —  Er  ist  wohl  identisch  mit  dem  von  Eisenlohr,  Der  grosse  Papyrus 
Harris  p.  6  für  eine  Familiengeschichte  Tutmes  III.  erklärten  Texte. 

3)  Cf.  Goodwin  1.  1.  p.  349  ff.,  380  ff.  und  Rec.  of  the  Past  II  p.  163  ff., 
IV,  116  flfl 


134     IViedemann^  Geschichte  der  achtzehnten  egfptischen  Dynastie. 

im  Lande  Moab  (Deuter.  2,  10 — 1),  welche  nach  Gen.  14,  5  Kedor- 
Laomer  schlag. 

Die  Gefangenen,  welche,  wie  wir  im  Verlauf  der  Kriege  ge- 
sehen haben,  der  König  in  grosser  Menge  nach  Egypten  gebracht 
hatte,  wurden  dazu  verwendet,  um  bei  den  Bauten  des  Herrschers 
Frohndienste  zu  leisten..  Eine  höchst  interessante  Darstellung 
solcher  semitischer  Leute  in  Arbeit  für  den  Tempel  des  Amon  in 
Theben  bietet  uns  das  Grab  des  Re;|fmara  in  Abd-el-Quma  *).  Wir 
sehn  hier  die  Arbeiter  Lehm  oder  Thon  zu  einem  dickflüssigen 
Teig  verarbeiten,  während  andere  das  dazu  nöthige  Wasser  aus 
einem  mit  Lotus  bepflanzten  imd  von  Bäumen  umgebenen  Teich 
in  breiten,  weiten  Geissen  herbeibringen.  Ist  die  Masse  richtig 
gemischt  und  gehörig  durchgeknetet,  so  wird  sie  vor  dem  Ziegel- 
arbeiter in  Haufen  aufgeschüttet,  und  dieser  formt  daraus  Back- 
steine von  länglicher  Form,  welche  man  in  der  Sonne  trocknen 
lässt;  sind  dieselben  dann  genügend  hart  geworden,  so  beschäftigen 
sich  andere  Arbeiter  damit  sie  fortzuschaflTen  und  sie  zu  verbauen. 
Man  sieht  auf  dem  Bilde  auch  den  Frohnvoigt*)  abgebildet^  der 
die  Leute  mit  dem  Stocke  zur  fleissigen  Arbeit  antreibt. 

Aus  demselben  Grabe  hat  Hoskins  (Trav.  in  Ethiopia,  Tafel 
zu  p.  330)  4  übereinanderstehende  Reihen  tributbringender  Völker 
pubHcirt,  welche  von  einem  Schreiber  empfangen  werden  •).  In 
der  ersten  Reihe  nahen  sich  die  Punt  (so  ist  sicherlich  zu  er^Uizen) 
und  bringen  ausser  GoldstÄub,  goldnen  Ringen  und  andern  edlen 
Metallen  und  Steinen  auch  2  kleine  Obelisken  von  Granit;  femer 
Leopardenfelle  (von  felis  jubata?),  Halsbänder,  lebende  AflTen,  kleine 
Leoparden,  einen  Steinbock,  Krüge,  schwarzes  Ebenholz,  Elfenbein, 
Straussenfedem,  Strausseneier,  und  endlich  einen  Antabaum  in 
einer  Trage.  In  der  zweiten  Reihe  folgen  die  Kefa  (Phönicier) 
und  die  Bewohner  der  Länder  in  Mitten  des  Mittelmeeres,  d.  h. 
Cypem's,  und  bringen  schön  geformte  und  reich  geschmückte  Krüge, 
Vasen  und  Schalen,  Trinkgefässe  in  der  Form  von  Thierköpfen 
aus  Gold  und  Silber,  Halsbänder,  Kupferlasur  (deren  Namen  noch 
Champ.  auf  dem  Denkmale  las,  cf.  Lepsius,  Metalle  p.  56),  Massen 
von  Metallen,  Edelsteinen  und  einen  Elephantenzahn.  Da  dieser 
letztere  sich  ebenso  wenig  wie  das  auch  herbeigebrachte  Mafek  und 
Chesbet  in  Phönicien  selbst  findet  *),  so  muss  er  durch  den  Handel 


1)  Publicirt  von  Roselliui,  M.  C.  Taf.  49.  1.  Text  U.  p.  254  ff.  Lepsius 
Donkm.  III,  40  iind  41.  Brugsch,  Hist.  d'Eg.  pl.  zu  p.  106.  Einzelne  Theile 
bei  Champ.  Mon.  II.  165.  1 — 3.  Eine  kleine  Abbildung  findet  sich  auch  in 
Les  Antiquite»  Egyptionnos.  Toulouse  1867  p.  176.  Cf.  femer  Wilkinson, 
M.  &  C.  II,  99  und  die  ausgezeichnete  Beschreibung  von  Birch,  Ancient  Pottery 
p.    13  f. 

2)  Vergl.  hierzu  auch  Brugsch.,  Zeitschr.  f.  aeg.  Spr.   1876  p.  75 — 6. 

3)  Ohne  Farben  publicirt  von  Wilkinson,  M.  &  C.  I.  Taf.  4.  Beschrieben 
von  Cliampollion,  Not.  p.  506  ff.  Osburn,  Egypt's  Testimony.  Lond.  1846  p.  82, 
88,   157.    Wilkinson,  Thebes  p.   149  ff.  Birch,  Archaeologia  p.  158  ff.  u.  s.  w. 

4)  Cf  hierzu  Chabas,  Et.  bist.  p.   125. 


Wiedemann,  Geschichte  der  achtzehnten  egyptischen  Dynastie,     135 

importirt  worden  sein,  und  wir  ersehn  daraus,  dass  schon  damsds 
die  Phönicier  anfingen,  Handel  za  betreiben.  Dieses  wird  auch 
durch  die  Kleidung  der  Leute  bestätigt,  welche  von  verschiedenen 
andern  Völkern  charakteristische  Züge  entlehnt  hat.  So  findet  sich 
bei  einem  eine  gestreifte  und  mit  Zipfeln  versehene  Tunika,  wie 
sie  in  Griechenland  und  auf  den  Inseln  getragen  wurde,  während 
seine  Locken  lang  herabhängen  und  sich  ein  Band  durch  die 
Haare  schlingt,  wie  es  sonst  nur  bei  den  Libyern  und  Etruskem 
sich  findet.  Andere  tragen  dieselbe  Tunika,  aber  den  gewöhnlichen 
Haarschmuck  der  Asiaten. 

Li  der  dritten  Beihe  kommen  die  Völker  des  Südens,  die 
Völker  von  Ta-Kens  und  von  Chent-^en-nefer  und  bringen  Gold 
in  Ringen  und  Barren,  Asem,  Silber,  Edelsteine,  Elfenbein, 
schwarzes  Ebenholz,  Leopardenfelle,  Federn  und  Eier  von  Straussen, 
lebende  Leoparden,  Affen,  Ochsen,  Jagdhunde  und  eine  gefangene 
Giraffe. 

Endlich  nahen  sich  die  Botennu  imd,  wie  die  Inschrift  sagt, 
alle  nördlichen  Völker  bis  zum  Ende  der  Welt;  ihre  Gaben  sind 
schöne  Vasen,  welche  zum  Theil  denen  der  Phönicier  sehr  ähnlich 
sind,  edle  Metalle,  Gold  in  Barren  und  Bingen,  Vasen  von  edlem 
Metall,  Silber,  Malachit  imd  Edelsteine,  Bitumen,  Weihrauch,  feine 
Bögen  und  Köcher,  ein  Wagen,  Pferde,  Hunde,  ein  weisser  Bär, 
Elfenbein  und  ein  junger  Elephant.  —  Auch  im  Grabe  des  Amen- 
em-]beb  findet  sich  eine  Darstellung  von  Tribut  bringenden  Botennu, 
welche  Ebers  ZDMG  XXX  p.  394 — 9  beschrieben  und  behandelt  hat. 
Ein  ähnliches  Belief^  das  ims  zeigt,  wie  auch  die  Fürsten  der  Oasen 
in  der  Sahara  Tutmes  ÜI  Tribut  darbrachten,  findet  sich  in  dem 
thebanischen  Grabe  des  Pu-&m-rä,  welches  jetzt  einer  Fellah-Familie 
aus  Quma  zur  Wohnung  dient  (Dümichen,  die  Oasen  der  libyschen 
Wüste  p.  22 — 3,  Taf.  I — Ha).  —  Als  Sunune  Asem,  die  einer 
der  königlichen  Beamten  eincassirte,  werden  Leps.  D.  III,  39  d  in 
einer  Grabinschrift  aus  Abd-el-Quma  36692  Tena  (a.  3337471  Kilo- 
gramm) angegeben.  —  Die  in  den  eroberten  Ländern,  in  Ta-neter 
und  Botennu  eingesanunelten  Pflanzen  und  Thiere  wurden  nach 
Egypten  verpflanzt  und  finden  sich  an  den  Wänden  eines  der 
Säle  in  Kamak  sehi*  fein  und  schön  abgebildet  (Mariette,  Kamak. 
PL  28—31). 

Wie  wir  schon  oben  bemerkten,  nahm  Tutmes  ÜI.  am  Ende 
seiner  Begierung  Amenophis  11.  als  Mitregenten  an.  Aus  diesem 
Grunde  erscheinen  beide  auf  einer  von  ChampoUion  in  Amada 
über  einer  Thür  gefundenen  und  Mon.  I.  45,  3  (bei  Leps.  D.  III.  65  c) 
publicirten  Inschrift  nebeneinander  als  gleichberechtigt,  wobei  der 
erstere  als  Herr  von  Heliopolis,  der  letztere  als  Herr  von  Theben 
bezeichnet  wird.  Auch  in  dem  von  Lepsius  D.  IH,  65  b  publi- 
cirten Text  aus  Amada  finden  sie  sich  vereint.  Eine  Todtenstele 
in  Leyden  (V.  11.  Leemans,  Descr.  p.  270),  welche  bisher  noch 
nnpublicirt  geblieben  ist,   erwähnt  beider  Könige,   ebenso  wie  dag 


136     Wiedemarm^  Gesduehie  der  achtzehnten  egyptieehen  Dynastie, 

Grab  Nr.  86  in  Theben  (Champ.  Not.  528).  Endlich  zeigt  ein 
Scarabäus  in  Leiden  (B.  1810.  Leemans,  Descr.  p.  86)  und  ein 
zweiter  in  Berlin  (Nr.  1927)  beider  Namen.  —  Die  Gattin  des 
Königs  Tatmes  TU.  war  Qatäsu,  eine  Namensschwester  seiner 
einstigen  Mitregentin  Bam&ka-Hat&su,  ihr  Bild  zeigt  uns  neben  dem 
ihres  Sohnes  ein  von  Champollion  Mon.  IT,  160  publicirtes  Grab 
in  Abd-el-Quma.  —  Der  Tod  des  Herrschers  erfolgte  nach 
der  Inschrift  des  Amen-em-]^eb  am  letzten  Phamenoth  seines 
54.  Begierongsjahres  und  ihm  folgte  am  nächsten  Tage  der  dritte 
grosse  Eroberer  aus  der  18.  Dynastie,  sein  Sohn  Amenophis  IL, 
als  Alleinherrscher. 

Die  göttliche  Yerehrong  des  Königs  findet  sich  auf  zahlreich^i 
Monumenten  erwähnt  So  erfahren  wir  die  Namen  zweier  seiner 
Priester  Tutmes  und  Ämen-em-mer-u-f  aus  einer  Leydener  Stele 
(V.  10.  Lieblein  Nr.  595).  Den  Titel  der  Priester  ;|^ennu  über- 
setzt Leemans,  Descr.  p.  270  mit  auditeur,  doch  scheint  die 
Leydner  Stele  V.  2  und  eine  in  den  Etudes  6g.  IX.  9  publicirte 
Stele  aus  Bulaq  entschieden  für  eine  dadurch  ausgedrückte  Be- 
zeichnung einer  Priesterklasse  zu  sprechen.  Die  Inschrift  aus  der 
Zeit  Amenophis  IE.  bei  Leps.  D.  IQ,  62  b  erwähnt  seinen  Ober- 
priester A^mes.  Ein  Stein  im  Museum  von  Berlin  Nr.  2067  (195) 
nennt  einen  Mann  Rän,  der  gleichzeitig  erster  Priester  des  Tutmes 
und  des  Amon  war.  Ein  Grabkegel  im  Museum  zu  Wiesbaden 
(Nr.  98)  gehört  einem  Priester  des  Tutmes  m.  Namens  Amen-em-ka 
an.  Eine  Bulaqer  Stele  (Liebl.  Lex.  Nr.  598)  erwähnt  seinen 
Priester,  der  Name  der  Person  fehlt  aber  leider  auf  der  Inschrift. 
Weiter  findet  sich  sein  Kult  berichtet  im  Grabe  Nr.  15  in  Abd- 
el-Quma  aus  der  Zeit  Amenophis  lU.  (Leps.  D.  m,  78  b),  im 
Grabe  zu  Theben  Nr.  4  (Champ.  Not.  492),  Nr.  7  (Champ.  Not  839) 
und  Nr.  60  (1.  1.  563),  in  Speos  Artemidos  aus  der  Zeit  Mere- 
nephtah  I.  (Bosellini,  M.  St.  m,  1.  p.  190)  und  auf  zwei  Stelen  in 
Turin  (Orcurti,  Cat.  ilL  11,  45,  125).  Mit  anderen  göttlich  ver- 
ehrten Königen  nennt  ihn  eine  Todtenstele  in  ChampoUion-Figeac, 
Eg.  Anc.  PI.  67  und  der  Libationstisch  zu  Marseille;  mit  der 
Begentin  Bamäka  ein  Siegel  aus  einem  Grabe  in  Abd-el-Quma 
(Leps.  D.  in,  39  e). 

Von  den  Statuen  des  Königs  befindet  sich  die  schönste,  äine 
dem  Amon-Ba  geweihte  Colossalstatue  aus  schwarzem,  weissge- 
flecktem  Granit  in  Turin  (Gazzera,  Descr.  dei  mon.  eg.  Taf.  x;  c£ 
Champ.  Lettre  ä  M.  de  Blacas  I  p.  28  ff.  Bosell.  M.  St.  L  3,  p.  190). 
Eine  zweite  schöne  Statue  aus  schwarzem  Granit,  auf  der  er  als 
Geliebter  der  Göttin  Ani  des  oberegyptischen  Hermonthis  bezeichnet 
wird,  ist  in  Alexandria  gefanden  und  in  den  Legenden  von  Brugsch, 
Rec.  I.  PI.  X.  Text  p.  18  pubUcirt  worden.  Eine  dritte  sitzende 
Bildsäule  aus  dunkelgrauem  Granit,  etwas  unter  Lebensgrösse, 
ward  in  Nubien  von  Bosellini  ge^mden  und  nach  Florenz  ge- 
bracht; unglücklicher  Weise  ist  der  Kopf  abgebrochen  (Bosellini, 


Wiedemann^  Getekickte  der  oßhtzehnlen  egyptUchen  Dynastie.    137 

M.  Si.  I  p.  283).  Eine  yierte  von  Mariette  entdeckte  befindet  sich 
unter  No.  871  in  Bnlaq  (Mariette,  Kamak  p.  34.  Not  p.  276; 
die  Abbildung  findet  sich  in  E.  de  Bouge,  Albmn  phot.  No.  125). 
Ein  colossales  Sitzbild  aus  weissem  Kalkstein  in  Kamak  zeigt  ihn 
und  seine  Gremahün,  an  den  Seiten  des  Sitzes  sind  die  Namen 
und  Titel  des  Amon-Ba  genannt  (Brogsch,  Beiseberiohte  p.  176). 
Auch  das  Museum  in  Bern  besitzt  eine  kleine  sitzende  Statuette, 
die  den  Namen  Tutmes  III.  trägt,  nach  der  ganzen  Arbeit  aber 
entschieden  unecht  ist  In  den  altegyptischen  Inschriften  werden 
zweimal  Statuen  des  Königs  erwähnt,  die  eine  auf  einer  von  Ma- 
riette, Kamak  PI.  33  publicirten  Inschrift  Tutmes  IV.,  die  andere 
in  fixerer  Zeit  Letztere  wurde  von  Amenophis  11.  dem  Priester 
des  Osiris  Nebuäiu  als  Belohnung  für  seine  Verdienste  geschenkt 
(Stele  in  Bulaq  No.  64;  Mariette  Not  p.  82  ff.;  publicirt  von  E. 
de  Boug6,  Album  phot.  No.  151;  übersetzt  von  Birch,  Zeitschr. 
für  aeg.  Spr.  1876  p.  4  ff.  und  in  poetischer  Form  von  Brugsch, 
Gesch.  Aeg.  p.  382  f )  0-  Das  schönste  Portrait  des  Königs  giebt 
ans  ein  jetzt  in  Berlin  befindliches  Relief  von  Elephantine,  welches 
ihn  in  Begleitung  der  Buto  und  der  Ne;jfeb  darstellt;  dasselbe  ist 
Yon  Lepsius,  Denkm.  m,  44  ausgezeichnet  publicirt  worden.  Ein 
Beliefkopf  des  Herrschers  aus  Amada  findet  sich  bei  Bosellini, 
M.  St  Taf.  n,  7  herausgegeben.  Grosses  Interesse  bietet  auch 
eine  von  Arundale  uhd  Bonomi,  Gall.  of  ant  pL  33  Fig.  148 
poblicirte  Zeichnung  des  Königs,  welche  in  die  Linien  des  Canon's 
eingefügt  ist,  und  ein  Portraitkopf  auf  einer  Turiner  Stele  (Champ. 
Lettre  ä  M.  de  Blacas  11  p.  36  ff.  PI.  7.  Champ. -Fig.  Eg.  anc.  pl. 
78.    Orcurti,  Cat  ill.  II,  127). 

Bauten   und   kleinere  Denkmäler. 

Es  kann  hier  natürlich  nicht  unsere  Absicht  sein,  eine  voll- 
ständige Uebersicht  über  alle  Tempel,  die,  oder  an  denen  Tut- 
mes HL  gebaut  hat,  zu  geben,  schon  darum  nicht,  weil  es  bei 
den  grossen  Lücken,  die  das  in  Europa  befindliche  Material  zeigt, 
ganz  unmöglich  sein  würde.  Wir  beschränken  uns  daher  darauf, 
die  wichtigsten  seiner  Bauten  hervorzuheben  und  die  Stellen  auf- 
zuf&hren,  an  denen  sich  eingehendere  Beschreibungen  der  Details 
finden.  Beginnen  wir  im  Norden,  so  ist  der  erste  Ort,  in  welchem 
der  König  Spuren  seiner  Thätigkeit  hinterlassen  hat,  Heliopolis. 
Hier  bezeugen  Inschriften,  die  sich  an  einer  Thür  des  Tempels  auf 


1)  Wir  machon  bei  dieser  Qelegenheit  darauf  aufineritsam,  dass  sich  in  Bulaq 
unter  No.  34  noch  eine  2sweit&  Stele  desselben  Mannes  befindet.  Dieselbe  zeigt 
in  der  Mitte  einen  Hathorkopf,  darunter  rechts  und  links  je  eine  stehende 
m&mliche  Figur,  über  der  sich  der  Vorname  Tutmes  III.  befindet.  An  den 
beiden  Seiten  und  am  Fuss  der  Stele  ist  je  eine  Inschriftszeile  eingegraben, 
welche  nur  die  gewöhnliche  Opferformel  darbietet 


1 38     WiedenuMn^  Oeschickte  der  achtzehnten  egypUschen  Dtfnastie. 

zwei  grossen  Steinen  fanden,  seine  Thätigkeit,  nnd  nennen  ihn  von 
Tum  und  Hor-em-/u  gesegnet  (Brugscb,  Rec.  PI.  X  Fig.  23  a  und  b, 
p.  20 — 1 ;  übersetzt  Reiseberichte  p.  49  f.,  cf.  Osbum,  The  mon. 
bist,  of  Eg.  n,  299  f.).  Ein  weiterer  Stein,  welcher  von  dem  Bau 
eines  Thores  an  dem  Tempel  berichtet,  ist  bei  dem  Thor  des 
Schlosses  von  Kairo  gefunden  worden  und  in  der  Descr.  de  llSg. 
V  PL  24  No.  1  publicirt  Eine  jetzt  in  Berlin  befindliche  Stele  vom 
47.  Jahre  der  Begierung  des  Königs  berichtet,  er  habe  den  grossen 
Tempel  mit  einer  Mauer  umgeben  (Leps.  D.  m,  29  b).  Aus  dem 
Tempel  stammen  endlich,  wie  schon  Bircb,  Eist,  of  Egypt  p.  103 
vermuthete,  wahrscheinlich  die  grossen  Obelisken  von  Alexandria 
und  Rom.  —  Dann  folgt  Abusir,  woselbst  sich  eine  Inschrift  erhalten 
hat,  welche  dem  Hausvorsteher  im  Tempel  Tutmes  HI.,  Amen- 
em-än  angehört  (Leps.  D.  HI,  29  e).  —  Von  einem  Tempel  in  Mem- 
phis zeugen  die  Inschriften  der  Gräber  von  Abusir  und  Saqqarah, 
welche  öfter  dort  angestellte  Priester  nennen  (Brugsch,  Bist,  de 
l'Eg.  I  Aufl.  p.  109).  —  Von  einem  Bau  in  El-Hileh  zeugen  Back- 
steinmauem ,  deren  Ziegel  mit  seinem  Namen  gestempelt  sind 
(Brugsch,  Reiseberichte  p.  83,  Geographie  I,  230).  —  Aus  Speos 
Artemidos  erwähnt  Ros.,  M.  St.  I,  3  p.  190  Bauten,  und  Lepsius 
hat  in  den  Abb.  d.  Berl.  Ak.  1851  p.  181  eme  D.  HI,  2  pub- 
licirte  Götterdarstellung  von  hier  behandelt  —  In  Panopolis  legte 
er  eine  Felsengrotte  an  (Leps.  D.  HI,  29  d).  —  Für  den  Tempel 
von  Dendera  hatte  schon  König  Chufti  Pläne  auf  Ziegenfell  machen 
lassen,  dieselben  aber  nicht  ausgeführt,  obgleich  nach  dem  Berliner 
Papyrus  bei  Leps.  D.  HI,  123,  6,  5,  welcher  erzählt,  dass  hier 
das  64.  Capitel  des  Todtenbuches  gefunden  worden  sei,  schon 
damals  Theile  des  Baues  bestanden.  Auch  Pepi,  unter  dem  die 
Pläne  wieder  aufgefunden  wurden,  benutzte  sie  nicht,  und  erst 
Tutmes  HI.,  der  sie  wieder  entdeckte,  restaurirte  und  vollendete 
das  Heiligthum  nach  ihnen  (Dümichen,  Bauurkunde  Ta£  XIV  und 
XVI;  Baugeschichte  des  Denderatempel's  p.  14 — 5  und  Taf.  1 — 2. 
Birch,  Select  Egyptian  texts  No.  H  und  HI.  Chabas,  Zeitschr. 
f.  aeg.  Spr.  1865  p.  91  ff.  Voyage  p.  44 — 5.  Mariette,  Denderah. 
IH,  78  n  und  k).  Femer  richtete  er  ein  fünftägiges  Fest  ein, 
welches  am  1.  Epiphi  begann,  und  bei  welchem  die  Hathor  von 
Dendera  ihren  Genossen  Horus  in  Edfd  besuchte.  Dieses  Fest 
wurde  noch  in  der  Ptolemäerzeit  aufrecht  erhalten  (Dümichen, 
Bauurkunde  Taf.  XV  1.  31—36,  und  Zeitschr.  f.  aeg.  Spr.  1871 
p.  97  f).  Auch  eine  kleine  Inschrift  bei  Mariette,  Denderah.  H,  55  e 
zeigt  des  Königs  Namen.  Von  andern  Herrschern  finden  sich  im 
Tempel  ausser  den  Ptolemäem  und  römischen  Kaisem  nur  Amen- 
emha  I.,  Tutmes  IV.  und  Ramses  H.  genannt  (Mariette,  Denderah. 
Supplement  PI.  II).  —  In  Coptos,  wo  sonst  alle  Monumente  neueren 
Ursprungs  sind,  hat  man  eine  Granitsäule  gefunden,  welche  beweist, 
dass  hier  einst  ein  Tempel  Tutmes  IH.  stand,  welchen  die  römischen 
Kaiser  nur  weiter  ausbauen  Hessen  (Wilkinson,  Thebes  p.  411).  — 


Wiedemann,  G^etfchichte  der  achtzehnten  egyptüchen  Dynastie,    139 

In  Theben  errichtete  er  zunächst  im  Norden  des  grossen  Reichs- 
tempels  dem  Ptah  einen  Tempel,  an  welchem  später  besonders 
Sabako,  Taharka  und  die  Ptolemäer  bauten  (Brugsch,  Reiseberichte 
p.  192  ff.  288,  Geogr.  Inschr.  I,  181.  Leps.  D.  HI,  39  f— k.  Auf 
dem  Plane  von  Mariette  ist  derselbe  mit  G  bezeichnet) ;  dann  einen 
zweiten  in  der  Nähe  des  Tempel  Ramses  11.  (Wilkinson,  Thebes  IE 
p.  158.  De  Rougä,  Album  phot.  No.  61).  Von  seinen  Werken 
im  Assassif  und  in  Medinet  Abu,  welche  er  in  Gemeinschaft  mit 
Ramäka  imd  Tutmes  II.  aufführte,  haben  wir  schon  oben  gesprochen 
und  hier  nur  das  nachzutragen,  was  seinen  Namen  allein  trägt. 
Im  Assassif  weihte  er  das  grosse  Portal  aus  Syenit,  ebenso  wie 
ein  zweites  Thor  dem  Amon  (Leps.  D.  20  b,  27,  3),  während  zahl- 
reiche mit  seinem  Namen  gestempelte  Ziegel  aus  diesem  Bau  seine 
Wirksamkeit  auch  an  andern  Stellen  beweisen;  einige  derselben 
befinden  sich  im  British  Museum  und  sind  von  Prisse  publicirt 
worden  (Birch,  Hist.  of  ancient  Pottery  p.  12;  Prisse,  Mon.  Eg.  23 
No.  10 — 13;  Vyse,  Joum.  i.  89).  —  Jn  Medinet  Abu  baute  er 
weiter  an  dem  kleinen  Amon-Tempel  aus  Sandstein;  so  sieht  man 
ihn  unter  der  Gallerie  vor  dem  ityphallen  Amon-Ra  die  Erde  auf- 
hacken und  findet  seinen  Namen  öfters  in  dem  Bau  (Champ.  Mon. 
n,  195,  1.  Leps.  D.  III,  17c,  38a— d,  37a,  b.  Rosellini,  M.  St. 
m,  1  p.  182.    Cf.  auch  Champ.  Not.  p.  327,  334). 

In  dem  grossen  Reichstempel  von  Kamak^)  errichtete  er  zu- 
nächst den  Pylon  VI,  der  einen  Theil  der  Listen  von  eroberten 
Ländern  trägt,  dann  im  Hofe  H  zwei  viereckige  Pilaster  aus  rothem 
Granit;  im  Saale  J  und  K  zeigen  ihn  in  den  Gellen  die  Bas-Reliefs 
neben  Amenophis  I.  (zwei  Thüren  sind  bei  Leps.  D.  IH,  4  publicirt). 
Weiter  baute  er  den  Durchgang  P  und  schmückte  die  von  Ra- 
m&&  begonnenen  Seitensäle  R  und  S  aus,  dann  den  auf  56  Säulen 
ruhenden  grossen  Saal  nebst  sieben  Kammern,  die  ihn  an  drei 
Seiten  tungaben  imd  von  einer  gemeinsamen  Mauer  umschlossen 
worden.  Li  einem  der  Theile  des  Baues  befanden  sich  die  schon 
besprochenen  Annalen,  in  einem  zweiten  die  berühmte  von  Prisse 
nach  Paris  gebrachte  Kanuner,  welche  Tutmes  zeigt,  wie  er  seinen 
Vorfahren  Opfer  bringt  (publicirt  von  Prisse,  Mon.  pl.  I;  Burton, 
Excerpta  bieroglyphica  I;  Leps.  Ausw.  Taf.  I;  Rosellini,  M.  St.  I. 
p.  182  ff.  m,  188;  De  Saulcy,  M^m.  do  TAc.  de  Metz  1863—4. 
Cf.  auch  Prisse,  Rev.  Arch.  II,  1  p.  1  und  Taf.  23  in  I,  2;  und 
die  Inschrift  in  Mariette,  Kamak  pl.  32  h).  Die  Darstellungen  an 
den  Wänden  sind  wunderschön,  bieten  aber  mit  Ausnahme  einer 
Darstellung,  auf  welcher  Set  imd  Horus  den  König  im  Gebrauch 
der  Waffen  unterrichten,  wenig  allgemeines  Interesse  *).    Die  Namen 

• 

1)  CT  vor  allom  Mariette,  Kamak.  —  Die  von  diesem  pl.  15 — 6  publicirte 
Inschrift  hat  Brug^ch  in  der  Geschichte  Aegyptous  p.  359  ff.  behandelt;  die 
•Inschrift  auf  pl.  12  ebenderselbe  p.  365  ff. 

2)  Cf.  Lepsius,  Denkm.  33—36;  Champ.  Mon.  IV  pl.  304  No.  1,  311  No.  1; 
Bnigsch,  Kcbeberichte  p.  173  ff.,  Geogr.  Inschr.  I  p.  180;  Lepsius,  Briefe  p.  273; 


140     Wiedemann,  Geschichte  der  achtzehnten  egypOeehen  Dynaetm, 

der  drei  Thore,  die  der  König  erbaute,  sind  uns  auf  einer 
von  Bragsch,  Bec.  I  PI.  26,  2  pablicirten  Inschrift  erhalten,  sie 
waren  Amen-;forp-f-fti,  Chent-;|fer-&men  und  Ämen-ur-ba-u.  — 
Einen  Theil  des  Baues  im  Osten  des  Tempels  hat  E.  de  Roug^, 
Album  phot  No.  62  publiciri  Endlich  war  es  unser  König,  der 
den  grossen  Tempelsee,  auf  welchem  die  Festprocessionen  später 
stattfianden,  ausgraben  und  mit  Ziegelsteinen  ausmauern  Hess,  und 
den  aus  der  eigentlichen  Fluchtlinie  des  Tempels  abliegenden 
grossen  Pylon  VII  errichtete.  Das  Datum,  an  welchem  der  Bau- 
strick feierlich  ausgespannt  wurde ^),  war,  wie  die  schöne,  leider 
sehr  fragmentirte,  von  Mariette  in  Kamak  entdeckte  und  PI.  12 
publicirte  Stele  zeigt,  der  letzte  Mechir  des  24.  Jahres  des 
Königs.  Das  bei  Mariette,  Kamak  PI.  15 — 6  1.  11  bei  Gelegen- 
heit der  Tempelbauten  Tutmes  IQ.  aufgeführte  Datum  vom  27. 
Mechir  des  Jahres  15  des  Königs,  dessen  Bezug  bei  der  unmittel- 
bar darauf  folgenden  Lücke  nicht  ganz  sicher  ist  (vermuth- 
lich  bezieht  es  sich  auf  eine  Erneuerung  der  Opfergaben),  steht 
jedenfalls  nicht  im  Widerspruch  mit  unserer  Stele,  da  das  Fest 
der  Baustrick- Ausspannung  auch  auf  dieser  Inschrifk  in  1.  17,  also 
später  als  das  Jahr  15  erwähnt  wird.  —  Von  Gräbern  bei  dieser 
Stadt  entstanunen,  ausser  den  schon  gelegentlich  erwähnten,  noch 
folgende  der  Zeit  unseres  Herrscher's:  No.  11  (Champ.  Not  503 — 4), 
19  a.  1.  514),  84  (1.  1.  525),  58  (1.  1.  557),  59  (1-  1-  557—8).  — 
In  Hermonthis  errichtete  Tutmes  IH.  dem  Mont  einen  Tempel,  von 
dem  eine  Beihe  von  Säulenfragmenten  und  zum  Theil  beschriebene 
Steinblöcke  sich  erhalten  haben;  Amenophis  11.  setzte  den  Bau 
fort,  welcher  in  der  Römerzeit  restaurirt  wurde  (Brugsch,  Reise- 
berichte p.  201.  Nestor  L'Hote,  Lettres  104 — 6).  —  Dem  Chnum 
galt  das  Sanctuarium  in  Esneh,  wo  man  noch  in  später  Zeit  dem 
König  ein  Fest  feierte,  und  wo  noch  in  der  Zeit  der  römischen 
Kaiser  eine  Stele  desselben  stand  (Champollion,  Briefe  p.  72,  134. 
Wilkinson,  Thebes  p.  427.  Rosellini,  M.  St  DI,  1  p.  169.  Brugsch, 
Geogr.  I,  169.  Für  die  Stele  siehe  den  Calender  von  Esneh  bei 
Leps.  D.  IV,  78  und  Brugsch,  Mat^riaux  pl.  X).  —  In  El-Kab 
zeugte  ein  Tempel  der  Ne;ifeb  und  des  Sebek,  in  welchem  man 
den  Königs  opfern  sah,  und  zwei  andere  Tempel,  an  denen  Rä- 
mäka,  er,  Amenophis  11.  und  Ramses  IL  gebaut  hatten,  von  seiner 


BoseUini,  M.  St  III,  1  p.  lS4ff.;  Prisso,  Mon.  XVI,  2  and  3;  kleine  InscbriR 
und  Abbildungen  auch  in  der  Descr.  de  r£g.  pl.  34  No.  2  und  3,  pL  36  No.  3 ; 
De  Roug^,  Album  phot  No.  58).  —  Das  zuletzt  erwähnte  Bild  findet  sich  Wil- 
kinson, M.  &  C,  Supplement  PI.  39;  Lepsius,  D.  III,  36  b;  Prisse,  Mon.  pl.  16 
Fig.  1;  zum  Theil  bei  Bnrton,  Exe.  hierogl.  PI.  37  No.  20,  cf.  auch  21,  ond 
ist  besprochen  worden  von  Pleyte,  La  religion  des  Pr^-Israelites  p.  93.  Lettre 
k  Deveria  p.   13.  Meyer,  Set^Typhon.  p.  37. 

1)  Vergleiche  für  dieses  Fest  vor  allem  die  schöne  Abbildung  Champ.  M. 
I,  48 ;  Descr.  de  l'Eg.  I  pl.  82  No.  2  und  die  Ptolemäerinschriflen;  bes.  ZeitBchr« 
f.  aeg.  Spr.  1872  p.  9  f.  Für  den  Zweck  der  Ceremonio  s.  Cantor  in  Schlö- 
mUch  8  Zeitschr.  für  Math,  und  Physik  XXU.   Bist.  Abth.  p.  18  f. 


Wiedemann,  GreschiehU  der  achtzehnten  egypOsehen  Dynastie,    141 

ThStigkeit  (Champollion ,  Briefe  129,  188;  Notice  p.  266.  Wil- 
kinson,  Thebes  p.  430);  schon  als  Brogsch  die  Rainen  besuchte, 
waren  alle  drei  Tempel  fast  vollständig  zerstört  (Reiseberichte 
p.  215).  —  Aus  Edfd  hat  sich  ein  Stein  erhalten  mit  der  Wid- 
mung eines  Tempels  von  dem  König  an  Hor-]^ut;  für  den  1.  Epiphi 
und  für  den  Monat  Athyr  setzte  er  Feste  an  (Champollion,  Briefe 
p.  134.  Bosellini,  M.  St  m,  1  p.  181.  De  Rougö,  Bev.  Arch. 
1865  n  p.  50.  S.  auch  unter  Dendera).  —  Zwei  von  dbn  Felsen- 
grotten von  Silsilis  Hess  er  und  ^atäsu  mit  reichen  Reliefen 
schmücken,  auf  denen  er  zahlreichen  Göttern,  unter  ihnen  auch 
Usertesen  IQ.,  opfert  und  deren  Segen  empflUigt  In  einer  der 
Grotten  befand  sich  das  Grab  des  Prinz-Regenten  der  Südlfinder 
Ne^i  (Leps.  D.  45  d— f.  46.  Cf.  Rosellini,  M.  St.  m,  1  p.  180). — 
In  Ombos  stammt  ein  dem  Andenken  der  Rämaka  gewidmetes 
Thor  an  der  Hauptumfassungsmauer  des  grossen  Tempels  des  Sebek 
aus  seiner  Zeit;  mit  Steinen,  die  von  seinen  Bauten  stammen, 
errichteten  dann  hier  Euergetes  n.  und  Soter  n.  einen  zweiten 
Tempel  des  Sebek  (Leps.  D.  IQ,  28.  1.  Rosellini,  M.  St.  IQ,  1 
p.  180  und  M.  C.  Taf.  28.  ChampoUion,  Briefe  p.  73,  115.  Not 
p.  281—2,  247.  Brugsch,  Reiseberichte  p.  278.  279.  WiUdnson, 
Thebes  p.  450).  —  Von  dem  Tempel,  welchen  er  in  Elephantine 
dem  Kataraktengotte  Chnum  errichtete,  haben  sich  nur  einige  los- 
gelöste und  später  zu  einem  Damme  gegen  den  Fluss  verwendete 
Steine  erhalten.  Der  Inhalt  ihrer  Inschriften  ist  meist  rein  kalen- 
darischer Natur,  sie  enthalten  eine  Aufzählung  von  Festen  und  die 
Angabe  der  an  ihnen  zu  spendenden  Opfer.  Einer  der  Steine  ist 
durch  seine  Inschrift  besonders  wichtig  geworden,  er  besagt  näm- 
licli:  Am  28.  Epiphi,  am  Tage  der  Erscheinung  des  Sothis-Festes. 
Man  hofile  daraus  ein  absolutes  Datum  für  die  Zeit  Tutmes  IQ. 
zu  gewinnen  und  Biot  berechnete,  dass  der  betreffende  Tag  der 
13.  Juli  1445  V.  Chr.  sei;  die  Zahl  stimmte  aber  gar  nicht  mit 
der  sonstigen  Chronologie  und  so  glaubte  Lepsius  (Königsbuch 
Pb  1S4{1),  der  Lapidarius  habe  sich  geirrt  und  statt  des  Epiphi 
den  Paoni  gemeint;  dann  würde  diese  Siriuserscheinung  auf  1590 
oder  1574  fallen.  Brugsch  dagegen  vermuthete  erst,  der  Stein, 
welcher  kein  Königsschild  trägt,  stamme  aus  der  Zeit  Ramses  11., 
später  schloss  er  sich  Lepsius'  Ansicht  an  *).  Ein  Obelisk  von 
Mer  befindet  sich  nach  Birch,  Hist  of  Eg.  p.  102  in  Sion  House 
bei  Kew.  —  Auf  der  Insel  Biggeh  befinden  sich  Reste  eines  von 


1)  Toung,  Ilieroglyphics.  Taf.  59.  Leps.  D.  III,  43  c— f.  De  Rong^,  Rev. 
Areb.  M.  8.  XII  p.  330.  Chabos,  M^langes  II,  27.  Biot,  Recherche»  de  qael- 
qua  datea  abaolues  in  der  Academie  des  sciences  1S54  p.  265  ff. ;  Athenaeum 
Iran^ais  1S5S  p.  192.  Brugsch,  Reiseberichte  p.  244,  246  und  Taf.  III  No.  3; 
Mat^rianx  p.  SS.  Das  von  de  Rouge  1.  1.  neu  publicirte  Stück  giebt  Mariette, 
T^fpyfc  pl.  14  b  vollstftndig.  Derselbe  hat  auch  in  den  Mon.  div.  p1.  54  a — d 
lier  nea  entdeckte  Steine  aas  Elephantine,  die  von  Tutmei"  III.  herrühren, 
pddidrt 


142    Wisdematm,  OegchichU  dLer  achtzehrUen  egyptUchen  Dynastie, 

den  Ptolemäem  und  Kaisem  ausgebauten  Tempels  Tutmes  m. 
oder  Amenophis  IL  (Wilkinson,  Thebes  p.  470).  —  Der  in  Talmis 
befindliche  Tempel  des  Caesar  Augustus,  der  grösste  Tempel  in 
Nubien,  ist  wahrscheinlich  nur  eine  Bestaurirung  eines  älteren 
Heiligthums  aus  der  Zeit  unseres  Königs  (Brugsch,  Geogr.  I,  230). 
—  Auch  in  Pselchis  stand  ein  dem  Horus  geweihter  Bau  mit 
dem  Eingange  nach  dem  Flusse,  nicht,  wie  später,  parallel  zu  dem- 
selben; iftir  einzelne  Blöcke,  die  von  Seti  L  und  Menephtah  ver- 
baut worden  sind,  haben  sich  erhalten  (Lepsius,  Briefe  p.  113. 
Ghamp.,  Biiefe  p.  99.  Brugsch,  Geogr.  I,  158).  —  In  Corte  sind 
einige  verbaute  Steine  und  die  Grundmauern  an  dem  späteren 
Tempel  der  Isis  aus  seiner  Zeit  (Lepsius,  Briefe  p.  113.  Brugsch, 
Geogr.  I,  152).  —  Etwas  mehr  besitzen  wir  von  seinen  Bauten  in 
Amada  (cf.  für  diese  vor  allem  Champ.  Not.  96 — 107).  Der  hier 
errichtete  Tempel  galt  dem  Ba  (Leps.  D.  DI,  45b);  wir  sehen  den 
König  zunächst  auf  zwei  Basreliefs  an  dem  Thore  des  Sanctuarium, 
links  empfangt  Amon  den  noch  sehr  jungen  Herrscher  auf  seinem 
Throne  sitzend,  rechts  umarmt  ihn  Isis,  die  Mutter  der  Götter, 
die  das  Herz  beruhigt  (Champ.,  Mon.  I,  44.  Leps.  D.  HI,  45a 
und  c).  In  der  linken  Halle  bringt  er  Ra  einen  Strauss  von  Pa- 
pyrus- und  Lotosblumen  und  Vögel,  und  erhält  als  Entgelt  das 
Versprechen  eines  guten  Lebens,  während  die  hinter  ihm  stehende 
Hathor  ihm  Schutz  verheisst.  Auf  der  linken  Wand  sieht  man 
ihn  mit  einer  Geissei  in  der  Hand  auf  Ba  zueilen,  um  ihm  Felder 
zu  weihen,  dahinter  wird  er  auf  dem  Throne  des  Tum  gekrönt 
(Champ.  Mon.  I,  47,2.  Bosellini,  M.  St  35,2;  Text  m,  1  p.  171). 
Weiter  sehen  wir  ihn  mit  einem  Stabe,  während  Safe;^,  die  Herrin 
der  Bücher,  einen  zweiten  in  der  Hand  hat;  er  legt  hier  den 
Grund  zum  Tempel  durch  die  Ceremonie  des  Ziehens  des  Strickes 
(Champ.,  Mon.  I  pl.  48).  Unter  dieser  Dsg^stellung  weiht  er  dem 
Ra-Harmachis  ein  Thor  (Champ.,  M.  I,  48,2.  Rosellini,  M.  St. 
I,  36, 1 ;  ein  Theil  der  Darstellung  bei  Wilkinson,  M.  &  C.  Supple- 
ment PI.  82,2  in  umgekehrter  Reihenfolge).  Eine  Legende  auf 
dem  innem  Gesims  des  Eingangsthors  besagt,  dass  Tutmes  den 
Tempel  aus  Sandstein  errichtete  (Champ.,  Mon.  I,  45,  7.  Rosellini, 
M.  St  lU,  1  p.  177  und  Taf.  zu  p.  125  No.  10.  Leps.  D.  IH,  45  c). 
Fortgesetzt  wurde  der  Bau  von  Amenophis  H.,  welcher,  wie  wir 
oben  sahen,  noch  mit  Tutmes  IH.  vereint  an  ihm  gearbeitet  hatte, 
und  vollendet  durch  Tutmes  IV.  (Champ.,  Briefe  p.  96.  C£  die 
Stele  von  Amada  bei  Champ.,  Not.  p.  105 — 7,  Leps.  D.  HI,  65 a 
und  Reinisch,  Chr.  I,  Taf.  7).  Ein  grosses  und  schönes  Portrait 
des  Königs  aus  dem  Tempel,  welches  sich  auf  der  rechten  Wand 
des  Sekos  neben  zweien  Amenophis  H.  befindet,  hat  Champ.,  M. 
I,  49  publicirt.  —  In  Prirais  stammen  der  erste  und  dritte  Naos 
aus  seiner  Zeit;  man  sieht  in  dem  erstem  den  Gouverneur  von 
Nubien,  Ne^i»,  der  den  Bau  leitete,  vor  dem  Könige  stehen  und 
diesem,   im  Vereine   mit   andern  Beamten,    die  Abgaben    der  süd- 


Wiedemann,  Geschichte  der  achtzehnten  egyptüehen  Dynautie,    143 

liehen  Länder  an  Gold,  Silber,  Getreide,  Elfenbein,  Ebenholz  u.  s.  w. 
überreichen  (Champ.,  Briefe  p.  92;  Not.  p.  79 — 84.  Rosellini, 
M.  St.  I,  3  p.  171).  —  In  Wadi-Halfa  stand  ein  aus  Backsteinen 
erbauter  Tempel  des  Königs  mit  protodorischen  Säulen,  dem 
Amon-Ra  und  Ra  geweiht,  neben  einem  Bau  des  Usertesen,  Ame- 
nophis  n.  und  Bamses  I. ;  die  Thüren  und  Pfosten  sind  aus  Sand- 
stein gearbeitet  (Champ.,  Briefe  p.  81 — 3;  Not  p.  37.  Leps. 
D.  in,  16).  —  Auch  in  Semneh  leitete  der  Gouverneur  von  Nu- 
bien  Net^  den  Bau  des  den  Göttern  Tetun,  Amon,  Mont  und 
Chnum  und  dem  Könige  Usertesen  III.,  welcher  einst  hier  gebaut 
hatte,  geweihten  schönen  Tempels  (Leps.  D.  HI,  47  a.  b,  48 — 56. 
Bmgsch,  Geogr.  I,  160.  Rosellini,  M.  St  I,  3  p.  170.  Calliaud, 
Voyage  4  M6ro6  Vol.  II  pl.  27—9.  Lepsius,  Briefe  p.  259.  Wil- 
Idnson,  Thebes  p.  501,  nach  welchem  letztem  auch  die  Namen 
Tutmes  11.  und  A^mes  sich  am  Tempel  befinden).  Im  Uebrigen 
ist  nur  eine  Opferliste  hervorzuheben,  welche  das  Datum  des 
7.  Paophi  des  2.  Jahres  Tutmes  IH.  giebt,  und  welche  darum 
Werth  hat,  weil  dieses  Datum  neben  dem  des  1.  Thot  des  5.  Jahres 
des  Königs  auf  einem  Turiner  Papyrus  (Pleyte  und  Rossi,  Pap.  de 
Turin  PI.  I,  cf.  Champ.,  Lettre  ^  M.  de  Blacas  II,  p.  58)  das 
einsige.  ist,  welches  sich  aus  den  ersten  Regierungsjahren  des 
Fürsten  findet  Die  übrigen  Feste,  welche  E.  de  Rouge  aus- 
gezeichnet behandelt  hat,  haben  hier  für  uns  wenig  Interesse,  ausser 
einem,  welches  am  21.  Pharmuti  für  die  Besiegung  des  An-u 
gefeiert  wurde;  leider  lässt  sich  nicht  sicher  entscheiden,  welcher 
König  hier  der  Sieger  ist,  ob  Usertesen  III.  oder  Tutmes  HI.; 
de  Roug^  vermuthete,  wohl  mit  Recht,  das  erstere  (Leps.  D.  HL,  55. 
De  Rouge,  M6m.  sur  quelques  phenom^nes  Celestes  in  der  Rev. 
Arch.  I  Ser.  IX,  2  p.  653  ff.,  674  ff.).  —  In  Kummeh  errichtete 
Tutmes  III.  einen  Tempel  für  Chnum,  Hathor  und  Usertesen  UI. 
mit  aus  dem  Gebiete  der  äthiopischen  Saat  herbeigeschafften  Steinen 
(Leps.  D.  in,  57a);  auch  das  Schild  des  Tutmes  IE.,  welches 
später  durch  das  des  Tutmes  I.  ersetzt  worden  ist,  und  das  des 
Amenophis  11.  findet  sich  in  diesem  Tempel  (Leps.  D.  lU,  59  a, 
64  b).  Auf  einem  Relief  sehen  wir  Tutmes  III.  mit  den  Symbolen 
des  Chnum  bekleidet  der  Hathor  opfern,  auf  einem  zweiten  dem 
Chnum,  der  ihm  im  Verein  mit  Tetun  alles  mögliche  Gute  ver- 
spricht (Leps.  D.  in,  57  b,  58).  —  Auf  der  Insel  Sfti  haben  sich 
spfirliche  Reste  eines  Tempels  Tutmes  III.  und  Amenophis  11., 
dessen  Errichtung  Ne^i  leitete,  erhalten  (Leps.  D.  III,  59  b  und  c; 
Briefe  p.  257).  —  In  einer  Felsengrotte,  welche  in  den  Sandstein- 
fels, der  bei  Gebel  Döscheh  in  den  Nil  vorspringt,  von  der  Fluss- 
seite  aus  eingehauen  ist,  sehn  wir  den  König  Horus  und  User- 
tesen in.  verehren  (Leps.  D.  III,  59  d — e;  Briefe  p.  256).  —  In 
Soleb  errichtete  er  einen  von  Amenophis  in.  verschönerten  Tempel. 
—  In  Sarabut  el-Khadem  stammt  der  Tempel  der  Hathor  von 
ihm  (De  Laborde,  Voy.  dans  l'Arabie  Petree).  —  Endlich  erbaute 


144    Wiedemann,  GftackioIUe  der  achizeknUn  egyptitehen  DyiuutiB. 

er  auch  in   Gebel   Schebet  einen  Tempel   (Bosellini,   M.  St.  I,  3 
p.  180.    Champ.  Not  p.  232). 

Auch  vier  Obelisken  sind  uns  erhalten,  welche  Tutmes  IQ. 
theils  vollständig  errichtete,  theils  zu  bearbeiten  begann.  Es  sind 
dies  zunächst  die  beiden,  welche  einst  vor  dem  grossen  Reichs- 
tempel  von  £[amak  standen,  auf  deren  Errichtung  ein  leider  be- 
schädigter Scarabaeus  No.  3530  in  Berlin  anspielt,  derrai  Weihung 
in  den  Annalen  des  Tutmes  erwähnt  ¥drd,  und  deren  Abbildung 
ein  Grab  in  Abd-el-Quma  (Champ.  Mon.  lY,  316.  Bosellini,  M.  St. 
ni,  1.  Taf.  zu  p.  125  No.  14.  Burton,  Excerpta  hieroglyphica 
PI.  29.  Leps.  D.  IQ,  39  c)  zeigt  Wenn  auch  auf  letzteren  die 
Inschriften  nicht  genau  mit  den  uns  erhaltenen  Obelisken,  deren 
einer  jetzt  beim  Lateran  in  Rom,  der  andere  auf  dem  Atmeidan 
oder  Hippodrom  in  Constantinopel  steht,  übereinstinmien,  so  sind 
sie  ihnen  doch  so  ähnlich,  dass  man  an  der  Identität  der  Obelisken 
nicht  zweifeln  kann.  Die  Inschriften  beider  enthalten  nichts  als 
die  gewöhnlichen  pompösen  Phrasen  zum  Preis  des  Königs  und 
des  Gottes  Amon,  nur  ist  auf  dem  Obelisken  von  Constantinopel 
die  Erwähnung  der  Eroberung  von  Mesopotamien  zu  Schiff,  auf 
dem  am  Lateran  die  des  Zwischenraums  von  ca.  35  Jahren  zwischen 
Tutmes  IQ.  und  lY.  hervorzuheben.  Beide  Obelisken  sind  pub- 
licirt  worden  von  Bonanni,  Romani  Collegii  Musaeum  (Kircherianum). 
Der  erstere  allein  ist  von  Lepsius  D.  IQ,  60  publicirt  und  von 
Birch  in  den  Transact  roy.  soc.  of  lit  Ser.  Q  VoL  IL  1847 
p.  218  ff.  übersetzt  worden;  vgl.  besonders  auch  Niebuhr,  Reise- 
beschreibimg, Kopenhagen  1774.  Taf.  lY  p.  32.  Der  letztere, 
an  dem  auch  Tutmes  lY.  und  Ramses  Q.  arbeiteten,  findet  sich 
bei  Kircher,  Oedipus  m,  161,  Zoega,  de  usu  et  origine  obelisconim 
und  Ungarelli,  Interpretatio  obeliscomm  urbis  Taf.  I  und  Text 
p.  8 — 62;  an  letzterer  Stelle  ist  er  übersetzt,  ebenso  später  von 
Birch,  Records  of  the  past  IV  p.  9 — 16;  cf.  Leps.  D.  HE,  39  c; 
Rosellini,  M.  St  IQ,  1  p.  185  ff.  und  Brugsch,  Reiseberichte  p.  171; 
Champ.,  Lettre  i  M.  de  Blacas  I  p.  31  ff.  39.  —  Femer  stammen 
von  Tutmes  lU.  in  Alexandria  die  Nadel  der  Cleopatra  und  der 
früher  daneben  umgestürzt  liegende,  jetzt  in  London  befindlidie 
Obelisk,  an  denen  Ramses  IL  die  Nebenkolonnen  auf  jeder  Seite 
hat  ausfüllen,  und  ein  späterer  König  seinen  Namen  hat  eingraben 
lassen.  Ihr  ursprünglicher  Standort  war  in  Heliopolis,  und  erst 
die  Ptolemäer  Hessen  sie  nach  Alexandrien  schaffen,  wo  sie  später 
vor  dem  Tempel  des  Caesar  standen.  Schon  Plinius,  Eist  nat 
36,  69  erwähnt  dieselben  und  erklärt  sie  für  Werke  des  Mesphres, 
—  ein  Name,  der  wohl  aus  dem  ersten  Theil  des  vollständigen 
Namen  Tutmes  IQ.  Meri-phra-Tutmes  entstanden  ist  Publicirt  ist 
der  eine  in  Descr.  de  l'Eg.  V  PL  32,  33,  beide  bei  Champ.  Mon.  IV, 
444 — 6,  Burton,  £xc.  hierogL  51  und  52 ;  besprochen  von  Kircher, 
Oedipus  m  p.  340  f.,  Obelisci  Aegyptiaci  interpretatio  Tab.  ad  p.  2S, 
Brugsch,  Reiseberichte  p.  9,   Lepsius,  Briefe  p.  11»  Birch  in  The 


Wiedemann,  Geschichte  der  achtzehnten  egffptüchen  Dynastie.    145 

Athenaenm  1877  p.  532  ff.  und  565,  Wilson,  Cleopatra's  Needle 
1877,  c£  auch  Bunsen,  Aeg.  Stell  IV,  130  und  das  Citat  aus  ara- 
bischen Geographen  bei  j^ircher,  Oedipus  m.  p.  339. 

Von  kleineren  Monumenten,  welche  aus  der  Zeit  unseres 
Herrschers  datirt  sind,  sind  folgende  bekannt  gemacht  worden  und 
verdienen  eine  Erwähnung.  Zunächst  in  Egypten  selbst  bei  Mas* 
hakit  das  Proscynema  eines  Schreibers  des  Schatzhauses  des  Königs 
im  Lande  Nubien,  Namens  Kar-gai.  —  Dann  das  Fragment  eines 
4'  hohen,  äusserst  fein  und  schön  gearbeiteten  Altars  von  Syenit 
An  demselben  befinden  sich  6  Figuren,  je  2  auf  der  Längs-  und 
je  eine  auf  der  Breitseite,  welche  zweimal  als  Tutmes  in.,  Montu 
und  Hathor  bezeichnet  werden;  sie  sind  sehr  verstümmelt,  alle 
Füsse  und  einige  Köpfe  sind  zerbrochen.  Das  Monument  lag  in 
Kamak,  wo  es  die  ft^zösische  Expedition  ausgraben  und  für  die 
Descr.  de  l'Eg.  (Ai  in,  pL  31)  abzeichnen  liess.  In  dieser  Publi- 
cation  ist  eine  Figur  als  ganz  erhalten  angegeben,  während  sie 
später,  als  der  Altar  durch  Salt  an  das  British  Museum  kam,  sich 
zerbrochen  vorfand.  The  British  Museum  p.  31  vol.  n  erklärte 
nun  die  Franzosen  für  die  Verstümmler,  welchen  Vorwurf  Prisse 
in  der  Bev.  Arch.  L  Ser.  in,  2  p.  702  zurückwies..  Publicirt 
wurde  das  Denkmal  femer  von  York  und  Leake,  Les  principaux 
monuments  du  mus^e  britannique  Londres  1827,  pl.  9,  Fig.  25 
(im  Text  p.  16  besprochen)  und  von  Arundale  und  Bonomi,  Gall. 
of  ant.  PL  34,  Fig.  148 ;  besprochen  auch  von  Champ.  Lettre  ä  M. 
de  Blacas  I,  p.  34 — 5.  —  Im  Museum  zu  Bologna  ein  prachtvolles 
Basrelief  auf  welchem  man  einen  Karren  sieht,  der  von  2  Ochsen 
gezogen  und  von  2  Prinzen  geführt  wird,  deren  einer  einen  langen 
Stab,  der  andere  eine  Peitsche  in  der  Hand  hält  (Chabas,  Et.  bist 
p.  77).  —  Im  Vatikan  ein  grosser,  sehr  schön  ausgearbeiteter 
Opferaltar,  ein  Belief-  und  ein  Inschrifbsfragment  —  In^  Florenz 
ein  Steinfragment  (Nr.  2594)  und  das  Bruchstück  eines  Ziegels 
(Sr.  2642).  —  In  Paris  die  Statue  des  Unsu  und  seiner  Frau 
A.nien\yetep ;  ersterer  besorgte  die  Revenuen  des  Amon,  dessen 
Name  freilich  auf  dem  Denkmale  ausgemeisselt  worden  ist^).  Eben- 
MLs  in  Paris  eine  schöne  goldene  Schale^.  —  Ein  Todtenbuch, 
in  dem  sich  der  Vorname  Tutmes  m.  findet,  besitzt  der  Abb^ 
De9noyer  in  Orleans  (Baillet,  Mel.  d'Arch.  ni,  p.  100  —  1).  —  In 
Turin  eine  Stele  (Orcmü,  Cat.  ill.  II,  25;  Lieblein,  Nr.  799),  2  kleine 
Papyrusfragmente  (Champ.  Lettre  &  M.  de  Blacas  n,  p.  58 — 9 ;  eines 
ist  publicirt  von  Pleyte  und  Rossi,  Pap.  de  Turin  83  B,  s,  o.), 
eine  von  Chabas,  Zeitschrift  f.  aeg.  Spr.  1870,  p.  122 — 3  ausführlich 
besprochene  Alabastervase  mit  dem  Gehalt  von  9  Hin  (Orcurti, 
Cat  ilL  n,  178).     Auch  Berlin  besitzt  3  Vasen  aus  der  Zeit  des 


1)  De  Roug^,  Not.  som.  des  mon.  ög.  p.  33. 
8)  ib.  p.  62. 
Bd.  XXXU.  10 


146     Wtedemann,  Oetchiehte  der  aehizehnten  egyptisehen  DyncuHe. 

Königs,  aber  ohne  Inhaltsangabe;  eine  weitere  hat  Champollion, 
Mon.  IV,  425  und  mit  Farben  Rosellini,  Mon.  Civ.  Taf.  62,  Nr.  6 
publicirt;  atif  dieser  letztem  steht  die  Kartouche  eigenthümlicher 
Weise  quer.  Endlich  hat  ganz  neuerdings  Mariette  in  den  Mon. 
div.  pl.  100  ein  Monument  gleicher  Art  publicirt,  welches  9,68o 
Liter  fasst,  was  nach  der  Angabe  des  Monumentes  gleich  21  Hin 
ist.  —  Das  Berliner  Museum  enthält  einen  von  Lepsius,  Denkm.  VI, 
117b  und  c  publicirten  Papyrus,  auf  dessen  Verso  die  vollstftndige 
Titulatur  des  Königs  Tuixnes  m.  und  eine  Ermahnung  an  die 
Kinder  aller  Grossen  und  Fürsten,  die  Gottheit  zu  erfreuen,  sich 
befindet.  Das  Recto  wird  durch  einen  Hymnus  an  Pta^  einge- 
nommen. Auf  den  engen  Zusanmienhang  einzugehen,  in  welchem 
dieser  Hymnus  mit  den  Papyris  bei  Leps.  D.  VI,  116—121,  von 
denen  der  eine  von  Pierret,  Et.  6g.  p.  1  ff.  vollständig  und  ein 
grosser  Theil  von  Maspero,  Gesch.  der  morgl.  Völker,  p.  31  ff.  über- 
setzt worden  ist,  und  den  noch  unpublicirten  Papyris  Nr.  14,  49, 
53,  55  xmd  56  des  Berliner  Museums  steht,  ist  hier  nicht  der  Ort. 
Die  höchst  interessante  Hymnensammlung  in  dem  Papyrus  Nr.  57 
desselben  Museums  enthält  einen  Hymnus,  der  aus  unseres  Königs 
Zeit  stammen  soll.  —  In  Salonichi  das  untere,  2*/»'  hohe  Stück 
eines  Opferaltars,  den  Tutmes  IH.  seinem  Vater  Amon-Ba  errichtete, 
als  er  den  Bau  des  Ba-men-;|feper-;i^u-mennu,  d.  h.  des  grossen 
Pfeilersaales  östlich  von  dem  die  Annalen  enthaltenden  Saale  in 
Theben  wieder  hergestellt  hatte  (besprochen  von  Brugsch,  Zeitschr. 
f.  aeg.  Spr.  1868,  p.  79).  Bei  derselben  Gelegenheit  errichtete 
der  König  auch  2  Sphinxe ,  deren  jede  einen  Opferaltar  zwischen 
den  Tatzen  hat;  die  eine  besteht  aus  rothem  Granit,  die  andere 
aus  Alabaster  (Mariette,  M61.  d'Arch.  I,  65 — 6,  Not.  p.  59,  98;  Kar- 
nak,  PI.  32  b,  und  Etudes  6g.  IX,  p.  18).  Dieselben  befinden  sich 
im  MusdVmi  zu  Bulaq.  In  diesem  findet  sich  femer  aus  derselben 
Zeit  eine  von  Mariette  gefundene  hockende  Statue  eines  Würden- 
trägers (Kamak,  pl.  32g),  ein  Naos,  in  dem  sich  das  Bild  eines 
Oberpriester  Pta^es  befindet,  aus  schwarzem  Granit,  gefunden  in 
Abydos  (Mariette,  Not.  p.  253),  2  Alabastervasen  voll  Bitumen  aus 
dem  Assassif,  einige  kleine  Gegenstände,  Fingerringe,  Scarabaeus, 
Aexte,  Messer  und  eine  Reihe  Instrumente  unbekannten  Zweckes 
von  demselben  Ort  (1.  1.  p.  204)  und  endlich  der  Holzsarg  eines 
Schreibers  Toti  (1.  1.).  —  In  Leyden  zahlreiche  kleinere  Gegen- 
stände: Cynocephalen  (B.  40,  41),  Löwe  (B.  171),  Igel  (?)  mit 
Menschenkopf  (B.  842—4),  Skarabäen  (B.  1201,  1204,  1208—1310), 
Fische  in  Relief  (B.  1901—2),  Ringe  mit  Steinfassung  (G.  207—11), 
ein  goldner  Convexring,  den  auch  Wilkinson,  M.  &  C.  HI,  374, 
publicirt  hat,  und  dessen  Form  auffallend  an  die  noch  in  der  Mitte 
dieses  Jahrhunderts  üblichen  Serviettenringe  erinnert;  Lotuskelch 
von  Gold,  mit  Blau,  Grün  und  Braun  ausgelegt  (G.  362),  Amulette 
(G.  453-8,  481—93,  495-8,  548—9,  613—28,  635  —  41,  651, 
659),    Alabastervasen  (H.  230,  328),    Holzhacke  mit   Bronzepflug 


Wietkmann,  Geackiehte  der  achtzehnten  egyptischen  Dyntufie,    147 

(J.  3),  Dreschflegel  mit  3  Schlägern  (J.  6),  Hacke  mit  Holzgriff 
(J.  155),  Ciselireisen  in  Bronze  mit  Holzgriff  (J.  157 — 9,  cf.  Chabas, 
Ei.  bist.  p.  76,  79,  82),  Siegel  aus  Emaille  (J.  324—6)  und  end- 
lich Siegel  an  3  Papyri  (J.  366— 7)  i).  —  In  St  Petersburg  die  Stele 
des  Vorstehers  seiner  Bauern  User^at  (Lieblein,  Die  aeg.  Denkm. 
za  St.  Petersburg  p.  26).  —  In  München  ein  Amulet  mit  des 
Königs  Bild  und  Namen  (Lauth,  Erld.  Verz.  p.  67).  —  Bei  Denon, 
Yoj.  en  Eg.  PI.  98,  Nr.  4  findet  sich  ein  kleines  vierseitiges  Prisma 
publieirt,  auf  dessen  einer  Seite  man  das  Bild  eines  bewaffneten 
Mannes,  auf  der  andern  den  Vornamen  Tutmes  III.  sieht  —  Den 
Ausgrabungen  von  Bhind  entstanunen  15  Tesseren,  von  denen  14 
aus  Holz,  eine  aus  Stein  besteht,  und  welche  wohl  sämmtlich 
der  Zeit  unseres  Königs  angehören.  Auf  Nr.  3 — 5  findet  sich  sein 
Vorname  Ra-men-;)reper,  und  auf  Nr.  1  das  Datum  des  11.  Phar- 
mnthi  seines  (?)  27.  Jahres.  Im  Uebrigen  enthalten  die  Tafeln 
Namen  von  königlichen  Prinzessinnen  und  von  Personen  aus  deren 
Gefolge  (Birch,  Facsimiles  of  two  Papyri,  PI.  XH  Nr.  1 — 15).  In 
Wilkinsons  Populär  Account  ist  unter  Nr.  318  eine  Axt  abgebildet, 
welche  sich  in  der  Sammlung  Salt  befand  und  des  Königs  Vor- 
namen trftgt  —  Die  Statue  eines  hohen  Reichsbeamten,  Namens 
Ghem,  an  dessen  rechter  Schulter  das  Schild  Tutmes  UI.  sich  findet, 
hat  Bmgsch,  Rec.  pl.  VIII,  3  publicirt. 

In  ganz  besonders  grosser  Anzahl  haben  sich  Skarabäen  mit 

den  Zeichen   Ra-men-;|feper  (     O  i^^^  Vh      1   gefunden,    Leyden 

allein  besitzt  deren  über  100  und  fast  in  jedem  Museum  finden 
sieb  einige;  so  in  Wien  (Scarabees  Egyptiens  figurees  du  Musee 
d'Ant  de  Sa  Maj.  l^Empereur,  Vienne  1824),  in  Miramar  (Reinisch, 
die  aeg.  Denkm.  von  Miramar,  Taf.  26),  in  Paris  (de  Rouge,  Not. 
8onm[L  p.  64),  in  Berlin  (z.  B.  Nr.  1905 — 28),  in  Lyon  (Deveria, 
Not  des  ant  6g.  de  Lyon  p.  7),  in  Bulaq  (Mariette,  Not.  p.  249), 
in  München  (Lauth,  Erklär.  Verz.  p.  28),  in  Turin  (Orcurti,  Cat. 
üL  p.  153  giebt  243  an;  ausserdem  p.  171  Nr.  43  ein  Holz  in 
Kartouchenform  mit  denselben  Hieroglyphen),  in  London,  Florenz, 
Zürich,  Dresden,  Wiesbaden,  Frankfurt  a/M.,  im  Museum  Westreen 
u.  s.  w.  Femer  bei  Privaten;  so  haben  Dubois,  Choix  de  pierres 
grav^es  antiques  (Paris  1817),  Clerc,  in  der  Rev.  Arch.  I.  Ser.  lU, 
2  p.  659,  KLaproth,  CoUection  d'ant.  6g.  du  Chevalier  de  Palin 
(Paris  1829)  einige  publicirt;  einer  ist  auch  von  Seyffarth  im 
Jahresbericht  der  DMG  fiir  1846,  p.  218  flf.  besprochen  worden. 
Weitere  finden  sich  in  der  Descr.  de  l'Eg.  V,  PI.  79—80,  82,  83, 


1)    IMe    Usebti  -  Statuette    P.    1,     auf    der     von    dem    Königsschilde    nur 
erhalten    ist,    gehört    doch   wohl  Seti  I.   an,    dessen  Name 


fb«fiSO  geschrieben  z.  B.  auf  dem  Berliner  Usebti  Nr.  4641  (348)  erscheint. 

10* 


148     Wiedemannf  C^uehichte  der  achtzehnten  egtfptiMchen  DpnaätiB, 

m 

87,  88,  89  und  bei  Kircher,  Oedipas  11,  2  p.  451.  Auch  in  Sar- 
dinien (Chabas,  Ei  bist.  p.  311),  in  Arban  am  Khabour  (Layard, 
Nineveh  and  Babylon,  Part  I,  p.  281)  und  in  der  Ferliniscben 
Pyramide  in  Meroe  (Ferlini,  Cenno  sugli  scavi  operati  nella  Nubia 
Nr.  126,  p.  15.  Fig.  20)  bat  man  Skarabften  mit  diesem  Zeichen 
entdeckt.  —  Bisher  wurden  diese  Skarab&en  fast  alle  Tutmes  HI. 
zugeschrieben  und  ihre  Anzahl  verminderte  sich  nur  dadurch,  dass 
auch  der  zwischen  der  25.  imd  26.  Dynastie  lebende  König  Pian;|ä  ^) 
denselben  Vornamen  führte  ^),  und  dass  dieselbe  Gruppe  als  Nach- 
name  bei  einem  der  Priesterkönige')  vorkommt,  aus  dessen  Zeit 
wir  auch  eine  Königin  RS-ma-ka  kennen^).  —  Die  Wägungen,  die 
Lieblein  mit  diesen  Skarabäen  in  Leyden  (Zeitschr.  f.  aeg.  Spr., 
1869,  p.  28  ff.)  anstellte,  haben  zu  dem  Resultate  geföhrt,  dass  sie 
keine  Grewichte  sein  können,  da  sie  nicht  in  einem  einfachen  Gewichts- 
verhUltniss  zu  einander  stehen.  Dagegen  zeigen  die  3  mit  Siegeln, 
die  die  Kartouche  Rä-men-;|feper  tragen,  versehenen  Papyri  in  Leyden, 
dass  man  dieselben  zum  Siegeln  zu  benutzen  pflegte.  Gerade  zu 
einer  solchen  Verwendung  eigneten  sich  auch  die  auf  den  Skarab&en 
angebrachten  Zeichen,  da  diese  wörtlich  übersetzt  „die  Sonne  gebe 
Beständigkeit*^  bedeuten,  d.  h.  besagen,  dass  Ra  dasjenige,  was  mit 
einem  derartigen  Siegel  versehen  war,  erhalten  und  vor  jedem 
Schaden  bewahren  möge.  —  Nicht  weiter  bekannt  geworden  ist 
eine  Stele  im  Louvre  für  einen  Flabellumträger  Tutmes  HI., 
Sekti;^al  (Liebl.  Nr.  591).  —  Vermuthlich  gehört  auch  in  ein  Grab 
dieser  Zeit  eine  biographische  Lischrift,  von  der  ein  Stück  mit 
den  Namen  Aljraes,  Tutmes  I.  und  11.  am  Tempel  von  Semneh 
(Leps.  D.  in,  47  c;  cf.  Birch,  Upon  a  bist,  tablet  of  Ramses  11., 
p.  20  und  Brugsch,  Geogr.  Lischr.  I,  53)  verbaut  worden  ist,  und 
das  Grab  in  El-Kab  Nr.  6,  aus  dem  Lieblein,  Lex.  Nr.  572  nach 
Mittheilungen  des  Herrn  Eisenlohr  die  Eigennamen  publicirt  hat. 

S  c  h  1  u  s  s. 

Nachdem  wir  auf  den  vorhergehenden  Seiten  die  innere  und 
äussere  Geschichte  Egyptens  unter  den  ersten  Königen  der  18. 
Dynastie  behandelt  haben,  wollen  wir  zum  Schlüsse  die  Ausdehnung 


1)  Ans  dessen  Zeit  sich  unter  andern  eine  von  Poitevin,  Rev.  Arch.  I.  S4r. 
XI,  2  p.  742  citirte  und  von  £.  de  Kong^,  Not.  des  mon.  p.  91  beschriebene, 
Ton  Prisse,  Mon.  IV  publicirte  Stele  in  Paris  befindet,  und  dem  vielleicht  ein 
von  Mariette  1859  in  Kamak  entdecktes  Vasenfragment  (Mar.  Kamak,  p.  70 
PI.  45b)  und  zahlreiche  Stempel  aus  der  Thebais  bei  Prisse,  Mon.  PI.  23  an- 
gehören. 

2)  Leps.  K.  Nr.  618. 

S)  Leps.  K.  Kr.  560  und  in  den  Abh.  der  Berl.  Ak.  1856,  Taf.  I,  Text 
p.  259  ff. 

4)  Leps.  K.  Nr.  559  und  1.  1.  —  Ein  königlicher  Vorname  Ra-mä-ka  findet 
sich  auch  auf  der  Tafel  von  Saqqarah  in  Bulaq  an  Stelle  des  auf  den  Monu- 
menten sonst  Rä-tet-ka  genannten  Herrschers  der  5.  Dyn.  (bei  Manetho  Tnyx^tV^y 


Wiedemanny  Geschichis  der  achtzehnten  egyptUchen  Dynastie,    149 

des  Reiches  am  Ende  des  betrachteten  Zeitraums  noch  einmal  über- 
schauen, um  so  eine  Basis  zu  gewinnen,  auf  welcher  wir  in  einer 
weitem  Arbeit  die  Geschichte  der  letzten  Könige  dieser  Dynastie, 
ebenso  wie  die  der  ersten  Könige  der  folgenden  aufbauen  können. 
Die  Städte  in  Palästina,  deren  sich  Tutmes  auf  seinem  ersten  Zuge 
bemächtigte,  haben  wir  schon  p.  124f.  zusanmiengestellt  und  können 
ans  daher  hier  darauf  beschränken,  die  in  den  spätem  Kämpfen  im 
Norden  von  Egypten  eroberten  Länder  aufzuführen;  wir  werden 
dabei  jedesmal  in  Klammer  das  Jahr  der  Unterwerfung  hinzufügen. 

Es  waren:  Süd-Palästina  (27),  Chalybon  (28),  Tyms  (29,  30), 
Aradus  (29,  30),  Ksdek  (30,  40),  Te;fsi  (31),  Arotu  (31),  Anäukasa 
(34,  38),  Aroana  in  Syrien  (35),  Arantu  (40),  das  Gebiet  des  asi- 
atischen Nomadenvolks  der  Schasu  (39),  das  Gebiet  (29)  imd  die 
Stadt  (40)  Tunep  in  der  Nähe  von  Damaskus,  Karchemisch  am 
Euphrat  (29),  Nii  (33)  und  Mesopotamien  (27).  Als  Grenze  nach 
Osten  hin  wurde  der  Euphrat  genommen  (29,  33).  Tributpflichtig 
gemacht  wurden  folgende  Völker,  deren  Abgaben  in  den  angemerkten 
Jahren  angegeben  werden:  Botennu  (23,  24,  30,  31,  32,  34,  40), 
Assur  (23,  24),  Mesopotamien  (33),  Sinear  (33),  Cheta  (33,  40), 
Danaer  (41),  Asebi  (34,  38,  39),  Arure;^  (38),  Tahi  (38,  39), 
Kenbet  auf  der  Sinaihalbinsel  (32),  Punt  in  Arabien  und  Ost- Afrika 
(33,  38),  Wawa  (33,  34,  38,  41)  und  Aethiopen  (32,  34,  38,  41); 
auf  den  Abbildungen  erscheinen  ausserdem  noch  die  Phönizier  und 
Einwohner  der  Inseln  des  Mittelmeers  als  unterworfen. 

Für  die  Völker  des  Südens  besitzen  wir  ausser  den  eben  er- 
wähnten Angaben  der  Annalen  über  ihre  Tributpflichtigkeit  noch 
eine  dreimal  wiederholte  Liste  auf  den  Pylonen  von  Kamak,  bei 
welcher  das  dritte  Exemplar  152  Namen  mehr  als  die  beiden 
andern  bot;  der  grösste  Theil  dieser  nachgetragenen  Orte  ist  voll- 
kommen zerstört  (Mariette,  Kamak  PI.  22,  23,  24  —  26).  Die 
Namen  7 — 22  finden  sich  auch  auf  der  Liste  bei  Mariette  PI.  27d. 
Die  Lischriften  finden  sich  in  der  schon  öfters  citirten  vor- 
trefOichen  Arbeit  von  Mariette  über  Kamak  ausser  PI.  25 — 6 
No.  118 — 269  besprochen.  Von  den  Orten  lassen  sich  folgende 
ihrer  geographischen  Lage  nach  mit  ziemlicher  Sicherheit  be- 
stimmen: 1)  in  Kusch  (Aethiopien):  Atera,  das  spätere  'ASovXig, 
welches  nach  Plinius  Hist.  Nat.  VI,  34  eine  Kolonie  flüch- 
tiger egyptischer  Sclaven  war;  Atromau  das  von  der  Inschrift 
von  Adulis  erwähnte  *ATakfnZ\  Arokaka  am  Ufer  des  Meeres  bei 
Massaua;  Bukak  Bcix^ov  vtjaog  bei  Adulis;  Berberta,  die  Stadt 
Berber;  Tekaru,  Tigre;  Arem,  Amara,  der  dritte  Haupttheil  von 
Aethiopien;  Kululu  wohl  KoXoßov  ogog,  einige  Meilen  nördlich 
von  Adulis;  Kataa,  rd^t]  der  Inschrift  von  Adulis,  d.  h.  der  Theil 
des  abessynischen  Plateau,  dessen  Abdachung  oberhalb  Massaua 
das  rothe  Meer  beherrscht;  Terter,  das  Land  der  Taltal;  TeSfu, 
Tasfay,  ein  Distrikt  von  Agame;  Ut4u,  Adua,  die  jetzige  Haupt- 
stadt von   Tigre;   Täumen,    2afiivi,   ein  Distrikt  im  Herzen  von 


150     Wiedemann,  O^schickie  der  achtzehnten  egypUschen  Dynastie, 

Abessynien;  Annena-u,  *Awivi  der  Inschrift  von  Adulis  am  linken 
Ufer  des  Atbara.  2)  in  Punt  (Süd- West- Arabien  iind  Ost-Africa): 
Ahfa,  ein  Hafen  an  der  Küste  von  Opone;  Amessu,  MoavXkow 
Mosyllum,  bis  wohin  nach  Plin.  Hist.  Nat.  FV,  84  Sesostris,  d.  h. 
wie  wir  oben  sahen,  RämSka  voiigedrungen  war ;  nach  Eratosthenes 
bei  Strabo  XVI  769  findet  sich  auch  bei  Dire  am  Eingang  der 
Strasse  von  Bab-el-Mandeb  eine  Stele  des  Sesostris;  Auhal,  Ava- 
lirrjg;  Hebu,  Hhabo  der  neueren  Karten  und  Koßfj  ifinoQiov  bei 
Ptolemäus.  —  Ausser  den  eben  besprochenen  Listen  befindet  sich 
in  Kamak  noch  ein  Verzeichniss  von  80  Orten  in  Libyen;  *)  leider 
ist  es  bei  dem  jetzigen  Stande  unserer  Kenntnisse  der  altafrikani- 
schen Geographie  unmöglich,  dieselben  ihrer  Lage  nach  mit  einiger 
Sicherheit  zu  bestinmien.  —  Drei  kleine  Listen  von  dem  Friese 
von  Kamak,  ^  welche  ebenfalls  besiegte  Länder  aufführen,  sind  bei 
ihrer  geringen  Ausdehmmg  und  schlechten  Erhaltung  fast  werthlos; 
auf  der  ersten  ist  kein  einziger  Name  mehr  vollständig  erhalten; 
die  zweite  erwähnt  die  obem  und  untern  Rotennu  und  Chalybon, 
und  die  dritte  unte^  anderm  Assur. 

Eine  ausgezeichnete  üebersicht  aller  Länder,  bis  zu  denen  der 
Buf  Tutmes  III.  drang,  giebt  uns  die  sogenannte  poetische  Stele 
des  Königs;')  auf  dieser  erklärt  Amon,  er  habe  dem  Könige  alle 
Länder  der  Erde  gegeben,  imd  führt  dies  dann  in  10  synmietrisch 
gebauten  Strophen  folgendermassen  näher  aus: 

1)  Ich  kam  imd  Hess  Dich  besiegen  die  Fürsten  der  T'ahi,*) 

ich  warf  sie  unter  Deine  Füsse  hin  durch  ihr  Land. 
Ich  gab,  dass  sie  sahen  Dich  als  Herrn  des  Lichts,  leuchtend 
über  ihnen,  wie  mein  Büd. 

2)  Ich  kam  xmd  Hess  Dich  besiegen  die  Leute  in  Asien,  gefangen 

nahmst  Du  die  Fürsten  von  Rotennu. 
Ich    gab,    dass    sie    sahen    Dich    ausgerüstet    mit    Deinem 


1)  Mariette,  Kamak  Fl.  22. 

2)  Mariette,  Karnak  PI.  27,  a— c. 

3)  Von  Mariette  in  Kamak  gefunden,  übersetzt  von  Birch,  Archeologia  38, 
p.  373  und  Reo.  of  the  Fast  II,  p.  29  ff.;  von  £.  de  Roug^,  Note  sur  les  prin- 
cipaux  rösultats  des  fouilles  en  Egypto  1861  und  in  der  Rev.  Arch.  N.  8.  IV, 
p.  196  ff.;  von  Masporo,  Du  Genre  opistolaire,  p.  85 — 89;  von  Mariette  in  der 
Not.  des  mon.  de  Bolaq  2.  dd.,  p.  80 — 82  und  Revue  göndrale  de  rArchitec- 
turo  1860,  t.  18  col.  57.  60;  von  Brugsch  in  der  Geschichte  Aegyptons,  p.  352  ff. 
Poetisch  übersetzt  ist  dieselbe  in  der  englischen  Ausgabe  von  Lenormant,  An- 
cient  History  of  the  £ast.  Vol.  I,  p.  234.  Fnblicirt  auch  in  Roiuisch ,  Clirest.  I. 
Taf.'S  und  von  Mariette,  Kamak  Fl.  11.  Besprochen  von  Chabas,  Etudes  sur 
Tant.  hist.  2.  ^d.,  p.  179.  —  Höchst  interessant  ist  es,  dass  Soti  I.,  als  er  seine 
Siege  feiern  wollte  (Champ.  Not.  II,  p.  96;  Bnigsch,  Rec.  I,  pl.  45  c),  einfach 
die  zweite  Hälfte  von  5  Zeilen  unserer  Stele  copirte  und  nur  noch  eine  Zeile 
eigener  Composition  hinzufügte.  (Cf.  Maspero  1. 1.)  Auch  in  der  Inschrift  Ram- 
se»  lU.  bei  Dümichen,  Hist.  luschr. ,  Taf.  11 — 2  findet  sich  in  1.  18  ein  an 
Strophe  7   und  9  entschieden  erinnernder  Ausdruck. 

4)  T'ahi.  die  Völker  vom  Libanon  bb  »um  Moore  nördlich  von  Palästina. 


Wiedemann,  OeBchichU  der  aohtz^nien  egffptischen  Dynatiie.    151 

Schmnck,     ergreifend    Deine    Waffe    und    kämpfend    auf 
Deinem  Wagen. 

3)  Ich  kam  und  liess  Dich  besiegen  die  Länder  des  Ostens,  hin 

schrittst  Da  durch  die  Gaue  des  Landes  der  Götter  Ö- 
Ich  gab ,    däss   sie   sahen    Dich   gleichwie    den    Sirius  (?)  ^), 
der   aussäet    die   Hitze    seiner   Gluth   und   aussendet   den 
Begen. 

4)  Ich  kanii   und  liess  Dich  besiegen  die  Lande  des  Westens, 

Kefa*)  und  Asebi*)  zittert  vor  Dir. 
Ich   gab,   dass   sie  sahen  Dich,  gleichwie   den  jungen  Stier, 
festen  Herzens  mit  starkem  Hom,  dem  Niemand  sich  naht. 

5)  Ich  kam  imd  liess  Dich  besiegen  die  Nebu  (?)  *), 

Die  Länder  von  Maten  ^  sind  in  Deiner  Gewalt, 
Ich  gab,   dass   sie   sahen  Dich,   gleichwie    das  Krokodil,   den 
Herrn  des  Schreckens  im  Wasser,  dem  Niemand  sich  naht. 

6)  Ich  kam  und  liess  Dich  besiegen  die  Bewohner  der  Inseln, 

inmitten  des  Mittelmeers  hören  sie  Dein  Wuthgeschrei. 
Ich  gab,  dass  sie  sahen  Dich  als  einen  Rächer, 
Der  sich  erhebt  auf  den  Bücken  seines  Opfers. 

7)  Ich  kam  und  liess  Dich  besiegen  die  Tahenu^, 

Die  Inseln  der  Tena-u®)  stehn  unter  Deiner  Macht. 
Ich  gab,  dass  sie  sahen  Dich  als  einen  Löwen,  der  aufschlägt 
sein  Lager  auf  Leichen  hin  durch  ihre  Thäler. 

8)  Ich  kam  und  liess  Dich  besiegen  die  letzten  Gestade  des  Wassers, 

Der  Umkreis  des  Meeres  ist  in  Deiner  Macht. 
Ich  gab,   dass   sie   sahen  Dich  als  Sperber  (?),   der  umfasst 
mit  seinem  Blicke  alles,  was  er  will. 

9)  Ich  kam  und  liess  Dich  besiegen  die  Bewohner  an  der  Spitze 


j  lag  im  Süden 
▼on  Piint  und  umfasste  wohl  da^f  heutige  Somali-Land. 

2)  Der  Stern  ^"^ESes^iC,    der  Hitze   und  Regen   bringt,   dürfte   kaum 


ein  anderer  sein,  als  der  Sirius. 

3)  Kefa  umfasste  nach  Birch,  Mem.  sur  une  pat^re  du  Louvre  p.  24  Cypern 
und  vielleicht  Creta. 

4)  Asebi,  ein  Volk  in  Asien. 

5)  Nebu,    die    Lesung    der   Gruppen    t  \\      [     v^^.^    und    ihre  üeber- 

I      -ZI  I  AA/VS/V 

Setzung  ist  sehr  unsicher. 

6)  Mäten,  ein  Staat  an  der  Küste  des  Mittclmeers. 

7)  Tahenu,    ein  kaukasisches,   libysches  Volk   im  Westen  und  Süd- Westen 
von  Egypten. 

8)  Tena-u,    vielleicht   die  Danacr,   deren  Reich  sich  in  vorklassischer  Zeit 
weit  über  die  Inseln  dos  Mittolmoers  ausdehnte. 


152    Wiedeffiantif  OuehicJUe  der  achtzehnten  egyptiechen  Dynastie, 

des  Wassers^),  die  Leute  am  sandigen  Strande')  hast  Du 

gefangen. 
Ich  gab,  dass  sie  sahen  Dich,  gleichwie  ein  Schakal  des  Südens, 

den  Herrn  des  Herumstreifens,  welcher  durchzieht  die  Welt 
10)  Ich  kam  und  liess  Dich  besiegen  die  Nubier,  bis  nach  Pat^) 

ist  alles  in  Deiner  Macht. 
Ich  gab,   dass  sie  sahen  Dich,   gleichwie  die  zwei  Brüder*), 

deren  Macht  ich  vereinigte  in  Dir  (zum  Siege?)**). 


(.^ 


/S^/VSAA\ 


1)  Die  Spitxe  dos  Wassers  (  '~1  »^^^^  )  bt,  wie  Chabas,  Et.  bist.  p.  278 ff. 
gezeigt  bat,  die  NilmUndang. 

2)  Die  Leute  am  sandigeu  Strand  1^ yJ^III-. ßl;  wie  die  Inscbrift 

dos  Una»  welcbe  berichtet,  dass  dieses  Volk  zu  Wasser  zu  erreicben  sei,   zeigt, 
waren  dieses  nicbt  die  Bewohner  der  afrikanischen  Wüste,  sondern  ein  Küsteuvolk. 

3)  Pat,  vgl.  für  diosos  Land  Zeitscbr.  f.  aeg.  Spr.  1863,  p,  53. 

4)  Die   beiden   Brüder  sind  Horns   und  Sot,    welche  voreint   die    böch&to 
Macht  ropräseutirou. 

5)  Zum  Siege,   wir  ergänzen  am  Endo  der  Zeile  noj^t 


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5.    ;    4.        3. 

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1. 

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153 


Proben  aus  Victor  von  Strauss'  Schi-king-Uebersetzung 

mit  Text  und  Analyse. 

Von 

Georir  ^on  der  Gabelenti. 

Mit  einer  Tafel. 

Seit  einigen  Monaten  harrt  ein  wissenschaftlich-künstlerisches 
Werk  der  Veröfifentlichung,  das,  trügt  mich  nicht  Alles,  in  der 
Uebersetziingsliteratur  aller  Zeiten  und  Länder  einen  höchst  hervor- 
ragenden Platz  einnehmen  soll.  Herr  Geheimer  Bath  Victor  von 
Sirauss  und  Tomey  hat,  nachdem  er  die  tiefsinnige  Theosophie 
des  grossen  Mystikers  Lao-tsY  mit  unerreichter  Meisterschaft  ge- 
deutet, siehen  Jahre  unablässigen  Fleisses  dem  alten  Liederschatze 
der  Chinesen,  dem  dritten  ihrer  canonischen  Bücher,  Bchl-king 
gewidmet,  welches  er  in  einer  nach  Form  und  Inhalt  getreuen 
Uebersetzung  der  deutschen  Leserwelt  bekannt  machen  will.  Proben 
seiner*  Arbeit  hat  er  vor  ohngefähr  einem  Jahre  in  einer  Zeitschrift 
veröflfentlicht,  und  nxm,  da  ich  die  Handschrift  druckfertig  vor 
Augen  gehabt  habe,  scheint  mir  eine  Untersuchung  jener  Proben 
auf  ihre  philologische  Richtigkeit  erwünscht. 

Die  dreihundert  und  neun  Lieder  des  Schi,  innerhalb  eines 
etwa  eilf hundertjährigen  Zeitraumes  entstanden  (18 — 7tes  Jahrh. 
▼.  u.  Z.),  sind  in  vier  Bücher  vertheilt:  1)  Kuah-füng  „Landes - 
Sitten*^,  d.  i.  Lieder  aus  den  einzelnen  Feudalstaaten,  deren  Sitten 
nnd  Zustände  sich  in  ihnen  spiegeln;  2)  Siab-yh  und  3)  Td-yh 
Lieder  zu  kleineren  und  grösseren  Festen  (?);  endlich  4)  Sung 
Loblieder.  Fast  alle  diese  Gedichte  sind  gereimt,  aber  in  Vers- 
mass  und  Reimfolge  sehr  vielgestaltig.  Viersylbige  Verse  sind 
vorwaltend,  und  soviel  in  jener  alten  Metrik  noch  unaufgeklärt 
sein  mag,  so  wissen  wir  doch,  dass  nächst  der  Zahl  der  einsyl- 
bigen  Wörter  auch  deren  Tonbeschaffenheit  berücksichtigt  wurde. 
Die  Sylben  selbst  scheinen  als  gleichwerthig,  sämmtlich  als  Längen 
gegolten  zu  haben;  und  für  das  Gefühl  des  Dichters  müssen  sie 
wohl  noch  schwerer  vriegen,  als  etwa  eine  Länge  in  europäischen 
YersmaaBsen,   weil  jede  chinesische  Sylbe  für  sich  allein  den  ge- 


154   V'd,  GabeletUZf  Proben  a.  Victor  v,  Slratus*  Schi-kivg-  UeberseUtung. 

danklichen   Inhalt   eines   ganzen  Wortes   in    sieb   birgt.     Lutber's 
Predigerregel: 

Geb*  rasch  'nauf, 
Thu's  Maul  auf, 
Hör   bald  auf! 
hat  ganz  die  Wucht  jenes  MonosyDabismus. 

Es  ist  klar,  dass  in  diesem  Punkte  die  chinesische  Verskunst 
für  unsere  Sprache  unnachahmlich  ist.  Ein  zweiter  Umstand  kommt 
aber  hinzu:  wir,  und  selbst  die  Engländer  mit  ihren  zahlreichen 
einsylbigen  Wörtern  können  schlechterdings  nicht  in  so  wenigen 
Sylben  soviel  ausdrücken,  wie  die  altchinesischen  Sänger.  Hier 
hat  unser  üebersetzer  mit  dem  ihm  eigenen  feinen  Formgefühle 
das  Bichtige  gefunden,  indem  er  jeder  chinesischen  Sylbe  einen 
Versfuss  gleichsetzte.  Dem  deutschen  Worte  ist  der  Trochäus 
(und,  bei  Vorschlag  einer  kurzen  Sylbe,  der  lambus)  typisch,  und 
so  war  der  eingeschlagene  Weg  zugleich  derjenige,  auf  welchem  er 
am  ersten  Wörtlichkeit  der  Uebersetzung  bei  der  denkbarsten  Ana- 
logie des  Metrums  zu  erreichen  schien. 

Wörter  von  gleichklingendem  Auslaute  waren,  —  dies  lehrt 
uns  das  Schi,  —  schon  im  Altchinesischen  in  weit  grösserer  An- 
zahl vorhanden,  als  sie  es  etwa  im  Deutschen  sind.  Daher  in  jener 
Sprache  die  Leichtigkeit  des  Beimens,  daher  die  Möglichkeit,  den- 
selben Beim  in  einer  Strophe  viel  öfter  wiederkehren  zu  lassen, 
als  wir  es  ohne  störendes  Gedrechsel  könnten.  Es  gehörte  die 
Sprachbeherrschung  eines  Victor  von  Strauss  dazu,  um  auch  hierin 
der  Form  des  Originales  vollkommen  gerecht  zu  werden,  dessen 
eigenartiges  Gepräge  durch  jede  Abweichung  in  diesem  Punkte 
verwischt  worden  wäre.  Dass  er  die  in  der  chinesischen  Poesie 
streng  verpönten  Enjambements  zu  vermeiden  gewusst,  ist  selbst- 
verständlich. 

Die  Analyse,  zu  welcher  ich  mich  nun  anschicke,  soll  eine 
blos  grammatische  sein.  In  dieser  Hinsicht  ist  die  Sprache  unserer 
Lieder  einfach  und  meist  klar  genug,  um  auch  dem  Nicht- Sinologen 
schnell  eine  gewisse  Controle  zu  gestatten.  Sie  ist  überdies,  soweit 
dies  Liedertexte  sein  können,  ein  Muster  der  jeweiligen  Volks- 
spräche  und  im  Zusanmienhalte  mit  anderen  gleichalten  Schrift- 
stücken eine  bündige  Widerlegung  des  zuweilen  gehörten  Wahnes, 
es  hätten  die  alten  Chinesen  anders  geredet  als  geschrieben.  In 
lexicalischer  Beziehung  ist  allerdings  um  so  mehr  zweifelhaft;  in- 
soweit sei  der  Leser  auf  Legge's  Chinese  Classics,  Vol.  IV  Pt. 
I  &  n  verwiesen.  Der  üebersetzer  hat  hier  oft  die  Wahl  zwischen 
den  Auslegungen  verschiedener  gleich  gut  empfohlener  Erklärer; 
uns  aber  bleibe  der  Trost,  dass  wohl  der  Dichter  den  Dichter  am 
besten  verstehen  werde.  Wo  ich  daher  des  Herrn  von  Strauss 
Auffassung  mit  der  des  einen  oder  anderen  einheimischen  Conunen- 
tators  im  Einklänge  sehe,  darf  ich  mich  für  den  vorliegenden  Zweck 
ihr  ohne  Weiteres  anschliessen.    Die  Frage,  welche  ich  durch  meine 


V.  d.  OaideniZt  Proben  a.  Victor  v,  Strauas*  Schi^lnug-  üebersetzung,  155 

zwischenzeiligen  Uebersetzungen  und  sprachlichen  Anmerkungen  be- 
antworten will,  lautet  nicht:  wie  kann  der  Text  noch  anders  auf- 
gefasst  werden?  sondern  yielmehr:  durfte  er  nach  den  Gesetzen 
der  Sprache  so  aufgefasst  werden,  wie  es  von  Herrn  von  Strauss 
geschehen?  Meine  Arbeit,  ein  kleines  Praktikum  im  vorclassischen 
Chinesisch,  wird  dadurch  an  Fasslichkeit  für  Femerstehende  reich- 
lich soviel  gewinnen,  als  ihr  an  kritisch-gelehrtem  Beiwerke  abgeht. 
—  Und  somit  zur  Sache. 

I.  (I,  m,  2). 

1)  Da  achwimmel  der  C^preasenkahn, 

Und  schwimmet  seine  FluÜienbahny 
So  treibt  micKs  ohne  Hast  und  Schlaf, 

Wie  toen  da  nagt  des  Schmerzes  Zahn. 
Nicht  weil  mir   Wein  war  abgethan 

Wandt  ich  und  schweif*  ich  auf  dem  Plan. 


Fan  pi         peh-tecA^l, 

(Es)  schwimmt  jenes  Cypressenboot, 

Yih         fön  k'i         liiu] 

Und  schwimmt -in  seiner  Strömung; 

Köng-k^ng    puh     m^i, 

Ruhelos       nicht  schlafe  (ich), 

Jü  yeü  yin  yeü. 

Wie  wenn  (ich)  hätte  geheimen  Kummer. 

Wei    ngö         wü        tsieü, 

Nicht  ich  habe-nicht  Wein, 

1  ngäo  1         yeü 

Darum  wandele  (ich),  darum  streife -ich-umher. 
V.  1.  Fän,  Prädikat,  der  gewöhnlichen  Wortstellung  entgegen 
vor  dem  Subjekte.  Diese  Inversion  ist,  namentlich  bei  Verben  des 
Sichbewegens,  auch  in  der  späteren  Classicität  nicht  ungewöhnlich. 
Ihr  Sinn  ist  wohl,  dass  die  Erscheinung  zum  Gegenstande  der 
Bede  gemacht  und  dann  hinsichtlich  ihres  Trägers  oder  Urhebers 
näher  erklärt  werden  soll.  So  vertauschen  psychologisch  Subject 
und  Prädikat  die  Rollen.  —  Pf  =  der,  jener,  als  Attribut  voran- 
stehend. Peh  =  Cypresse,  Genitiv  des  Stoffes  zu  tscAeü  =  Boot, 
Kahn,  beide  zusammen  eine  Art  Compositum  bildend. 

V.  2.  ICi  pron.  IQ  pers.,  wegen  des  darauf  folgenden  Sub- 
stantivs genitivisch  zu  verstehen.  Lieü  selbst  ist  freilich  seinem 
Gnindbegrifife  „fliessen,  strömen, '^  zufolge  Zeitwort.  Weil  es  aber 
auf  das  Verbum  fdn  als  dessen  Objekt  folgt,  muss  es  der  Func- 
tion nach  Substantivum  sein.  Verba  des  Verweilens  oder  Sich- 
bewegens können  hinter  sich  örtliche  Objekte  haben;  der  Zu- 
sammenhang, besonders  die  Bedeutung  des  Verbums  ergiebt  dann, 
ob  ein  Wo,  Wohin  oder  Woher  zu  verstehen  sei. 

V.  3.  Hier  wie  oft  ist  das  Subjekt  aus  de^m  Zusammenhange 


156  V-  ^-  OobelamiM,  Proben  a.  Victor  v.  Strauss*  Sehi-king-üeberMbsung. 

(vgl.  V.  5  ngo  ««  ich)  zu  erkennen.  Khng-hkng^  eines  der  vielen 
durch  Rednplication  gebildeten  Adverbien  iterativer  oder  durativer 
Bedeutung.  Puh  =  nicht,  als  Adverb  nothwendig  vor  dem  Verbum 
mÜ  stehend. 

V.  ^.  Jü  (spr.  iü)  es  gleichen,  ähneln,  wie.  Yeu  =  haben, 
vorhanden  sein,  oft  auch  unpersönlich  =  es  giebt;  Gegensatz:  wü 
=  nicht  vorhanden  sein,  entbehren,  mangeln  (vgl.  V.  5).  Yln^ 
Adjektiv,  weil  attributiv  vor  dem  Substantiv  stehend.  Yeü,  Zu- 
standswort:  traurig,  traurig  sein.  Hier  ist  es  als  Object  des  Ver- 
bums yeh  Substantivum  —  vgl.  oben  V.  2. 

V.  5.  W^,  sonst  a=s  klein,  verborgen,  im  Schi  öfter  statt 
ähnlich  lastender  VemeinungswÖrter  angewandt. 

V.  6.  l,  als  Verbum  <»  nehmen,  dann  als  Präposition,  das 
Werkzeug  („durch,  mit*),  den  Stoff  («aus,  von*)  oder  die  Ursache 
(„wegen,  aus*)  ausdrückend,  steht  hier  prägnant,  d.  h.  ohne  folgen- 
des Begimen  im  Nachsatze.  Es  ist  daher  mit  Ergänzung  eines 
Demonstrativpronomens  als  Adverb  oder  Conjunktion  zu  verstehen: 
„damit,  dadurch,  sodass,  deshalb,  um  zu*,  u.  s.  w.  Der  Sinn  von 
V.  5 — 6  ist  bestritten;  Hr.  v.  Str.  schliesst  sich,  gegen  Legge,  der 
Mandschu-Uebersetzung  an:  Bi  saraäaci  yabuci  nure  aköngge  waka  = 
wenn  ich  wandele  und  einhergehe,  so  ist  es  nicht  weü  Wein  mangelte. 

Die  vom  üebersetzer  dem  Gedichte  gegebene  üeberschrift 
lautet:  „Unverdiente  Zurücksetzung  und  Kränkung*.  Der  Dichter 
vergleicht  den  stillen  Lauf  eines  Bootes,  das  sich  in  seinem  Fahr- 
wasser befindet,  mit  seinem  eigenen  zwecklosen  imd  unstäten  Da- 
sein. Diese  scheinbar  zufällige  Verknüpfung  äusserer  Vorgänge 
mit  inneren  Stimmungen  ist  vielen  altchinesischen  Liedern  ebenso 
eigen  wie  den  süddeutschen  Schnaderhupfln. 

2)  Kein  Uosaer  Spiegel  tat  mein  Herz^ 
Nicht  kann  es  Eingang  nur  verldkn, 
Und  hob*  ich  toohl  der  Brüder  auch, 
Sie  konnhi  mir  nicht  Stütze  sein, 
Kamm*  ich  und  klage  meine  Pein^ 
So  fährt  ihr  Zorn  auf  mich  herein. 


Ngö     sin         f^i  kian. 

Mein  Herz  ist-nicht  (ein)  Spiegel, 
Puh       khö-i      jü\ 
Nicht  kann-(es)  spiegeln, 
YÜi     yeü  hiüng-ti. 

Auch  habe-ich  Brüder 
Puh     khö-i  kiü. 

Nicht  kann-(ich)  mich-stützen, 
Poh     y^n  wäng  eü: 

Elend  redend  gehe(-ich)-hin  zu-klagen: 

Füng         pi-tschl  nü 
(Ich)  begegne  ihrem  Zorne. 


«.  d,  Gah&lenU^  Proben  a.  Victor  v,  Strattss*  Sehi-kinff-  üebergeimng.  157 

Y.  1.  Ngb  =  ich,  wegen  des  folgenden  Substantivs  possessiv: 
=  mein. 

V.  2.  Khb-\,  das  Hülfszeitwort  khh  =  können,  mehr  von 
ftnsserer  Möglichkeit  gebraucht,  giebt  ohne  dazwischentretendes  l 
dem  folgenden  Verbom  passive,  mit  diesem  l  dagegen  aktive  Be- 
deutung. Dieses  %  vgl.  1,6,  eigentlich  «=  damit,  dadurch,  ersetzt 
solchenfalls  ein  Pronomen  im  Objektivcasus,  zuweilen  auch  ein 
blosses  ^etwas*^  oder  ,,Jemand'^. 

V.  3.  Yth,  meist  =  ^auch**,  scheint  hier,  im  Vordersatze 
die  stärkere  Bedeutung  von:  „freilich,  zwar'*,  zu  haben;  hiüng-fi^ 
wörtlich:  „älterer  Bruder,  jüngerer  Bruder*  =  Gebrüder;  die  Chi- 
nesen kennen,  wie  so  viele  Völkor,  den  Begriff  Bruder  so  schlecht- 
hin, abgesehen  vom  relativen  Alter,  nicht. 

V.  5.  Poh-ytny  oben  wörtlich  übersetzt,  oder  allenfalls  = 
miserabile  dictu,  konunt  in  ganz  anderem  Zusanunenhange  in 
Buch  I  Lied  VIII  vor  und  wird  hier  wie  yßn  und  poh  in  B.  I  L.  II 
für  einen  blossen  Empfindirngslaut  gehalten. 

V.  6.  Nu  =  zürnen,  wird  hier  durch  die  Stellung  hinter  dem 
Genitive  pt-tachl  zum  Substantive. 

3)  Mein  Herz  ist  nicht  ein  Stein  der  Flur, 
Den  hin  und  her  man  trollen  kann, 
Mein  Herz  ist  keine  Matte  nur, 
Die  auf  und  zu  man  rollen  kann; 
Stets  üb^  ich  Redlichkeil  und  Zucht,  — 
NicfUs,  dem  man  Tadel  zollen  kann 


Ngö     sin         fti  schih, 

Mein  Herz  ist-nicht  ein-Stein, 

Pub     khÖ  tschuhn  y^ 

Nicht  kann-es-werden  gewälzt. 

Ngö     sin     ffei  sih, 

Mein  Herz  ist-nicht  eine-Matte, 

Pub         khö  kiüan  y^. 

Nicht  kann-es-werden  gerollt. 

Wei         yi  thai-thai : 

Würdig  geziemend  immerdar: 

Pub     khö  siudn  yh. 

Nicht  kann  werden  gemäkelt. 
V.  2,  4,   6.   Wegen  kho   vgl.  Strophe  2.      Yh  ist   eine   sehr 
gebräuchliche,  namentlich  auch  negirende  Sätze  verstärkende  Schluss- 
partikel.   Man  achte  auf  die  vom  üebersetzer  nachgeahmten  Doppel- 
reime. 

V.  5.  thdi-thdij  eine  der  im  Schi-king  häufig  vorkonmienden 
Wortverdoppelungen  von  iterativer  oder  intensiver  Bedeutung.  Das 
Zeichen  für  thdi  bedeutet  an  sich  eine  wilde  Kirschenart  imd  ist 
natürlich  nur  der  Lautgleichheit  wegen  für  diesen  Zweisylbler  ver- 
wendet   worden.     An  Stelle  der  von  den  Wörterbüchern  beliebten 


158  ^*  <^  OabdeniM,  Proben  a.  Victor  v.  Siraua«'  Schi-yng-üebersebsung, 

Erklftnmg:  gewöhnt,  geübt  sein,  —  habe  ich  eine  adverbiale  üeber- 
setzung  gewählt;  denn  einmal  sind  solche  Wortverdoppelongen 
meist  adverbial,  nnd  zweitens  steht  eine  adverbiale  Bestimmung, 
wenn  sie  die  Zeitdauer  ausdrückt,  meist  gleich  einem  Objekte 
hinter  dem  Prädikate.     (Vgl.  unsem  Accusativ  der  Dauer.) 

y.  6.  Siudn  heisst  eigentlich:  wählen,  pflücken,  herausgreifen. 
Der  Sinn:  mäkeln,  to  find  faults  with,  ist  ein  abgeleiteter. 

4)  Nur  Qrams  ist  eich  mein  Herz  bewusst, 
Mich  hasst  die  Schctar  voll  niedrer  Lust; 
Das9  ich  schon  viel  der  Kränkung  sehti. 
Der  Schmach  nicht  wenig  tragen  mussf. 
Stillschweigend  sinn  ich  drüber^  nach^ 
WacK  auf  —  und  schlag*  an  meine  Brust. 

Yeü  sin  ts'iao-te'tiao, 

Das  bekümmerte  Herz  (ist)  gramvoll, 

Yun        iü    k'iün  siai^ 

Gehasst  von  der  Schaar  Pöbels; 

Keü       min  kl        tö 

Ich  sah  Kränkungen  schon  viele. 
Scheu       wü  puh     schao. 

Empfing  Schmach  nicht  wenig. 
Tsing  yßn  ss!  tschl 

Schweigend  so  bedenke-ich  es, 
Wü  p'ih  yeü  p'iao. 

Erwachend  zerschlagen  habe-ich  die  Brust. 

V.  1.  ts'ia6-ts*ia6  vgl.  Str.  8  v.  5. 

V.  2.  tu  =  von  macht  das  vorausgehende,  sonst  aktive  Zeit- 
wort t/in  zu  einem  Passivum.  K*%ün-sia6,  Der  Chinese  setzt 
bekanntlich  Wörter  für  Maasse  und  Mengen  scheinbar  im  Genitiv 
voran  und  ss^  z.  B.  eines  Bechers  Wein  statt:  ein  Becher  Weines. 
Siao  =  klein,  durch  die  Stellung  Substantivum  und  =  siad-jin, 
gemeine  Leute. 

V.  3.  Ked  ==  sehen,  giebt  dem  folgenden  Verbum  passive 
Bedeutung;  ki  =  schon,  bereits,  deutet  ein  Perfektum  an.  Man 
beachte  in  diesem  und  im  folgenden  Verse  die  emphatische  Stellung 
von  ki'iö  und  puh-schw, 

V.  5.  Yin^  sonst  =  sprechen,  steht  hier  statt  eines  anderen 
gleichlautenden  Hülfswortes  und  verleiht  dem  voranstehenden  Ver- 
bum die  Bedeutung  eines  adverbialen  Particips. 

V.  6.  Construktion  imd  Bedeutung  von  yeh,  haben,  sind  hier 
nicht  ganz  sicher. 

5)  0  Sonne  du^  und  du  o  Mondj 
Habt  ihr  gewechselt  euW  Entschwebend 
Ach  meines  Herzens  Herzeleid 
Ist  ungewaschnen  Kleidern  eben. 


V.  dL  OaUÜMdz^  Probem  a.  Victor  v.  Sirauts'  Sehi-kmg'  üeberMeizung.  1 59 

StäUchweigetid  sinn'  ich  drüber  naeh^ 
Und  —  Flügel  kann  ich  nicht  erheben. 

«Hb     Idü   yueh  tschiü! 
Sonne    o     Mond     ach! 

Hg         t'ieh-n  wei? 

Warum  wechselnd  verdunkelt? 
Sin  -  tschi       yeu         i 
Des  Herzens  Gram  (p.  iin.) 

Jü        f^i  hxxka  yl 

Gleicht  nicht  gewaschenen  Kleidern. 

Tsing-yßn  ssf  tschi 

Stillschweigend  bedenke-ich  es 
Puh    nÄng  f(§n  fei 

Nicht  kann-ich  die -Flügel -ausbreitend  fliegen. 
V.  1.  kiü  und  fschiü  sollen  hier  als  Empfindungslaute  wirken. 

V.  2.  ri  =  und,  da,  macht  das  Vorausgehende  im  Verhält- 
nisse zum  Folgenden  adverbial.  Der  Sinn  ist  angeblich :  Sonst  hat 
die  Sonne  immer  gleichen  Glanz,  während  der  Mond  zu-  und  ab- 
nimmt und  verschwindet;  —  jetzt  scheint  es  als  hätten  die  Beiden 
ihre  Bollen  vertauscht. 

Wo  liegt  der  Vergleichspunkt  im  V.  4?  Soll  es  heissen:  Das 
Herz  ist  schlaff,  haltlos?  oder  etwa:  es  ist  nicht  geeignet  (nicht 
gestimmt)  zum  geselligen  Verkehre  mit  Menschen?  sein  Gram  möge 
der  Welt  verborgen  bleiben?  oder:  es  bedarf  der  Erfrischung  wie 
getragene  Kleider  der  Wäsche? 

n.  (I,  IV,  II). 

Bei  dem  folgenden  Gedichte:  „Schamloses  Treiben  im  Innern 
des  Palastes^  werde  ich  meine  philologischen  Zugaben  sehr  kürzen 
können. 

1.  Die  Mauer  hat  Gedöm, 
Das  gar  nicht  wegzubrechen  ist, 
Und  in  den  Kammern  treiben  sie, 
Was  gar  nicht  auszusprechen  ist, 
Weil,  was  noch  auszusprechen  ist 
Nur  Rede  für  den  Frechen  ist. 

2.  Die  Mauer  hat  Gedöm, 
Das  gar  nicht  auszureuten  ist. 
Und  in  den  Kammern  treiben  sie, 
Was  gar  nicht  anzudeuten  ist. 
Weil,  was  noch  anzudeuten  ist. 
Zu  arg  schon  allen  Leuten  ist. 

3.  Die  Mauer  hat  Gedöm, 
Das  gar  nicht  wegzuscbälen  ist; 


1 60  ^'^'  OitbeUniz,  Proben  <r.  Victor  v,  Siramt*  Sohi-king'  üibentetmmg. 

Und  in  den  Kammern  treiben  sie, 
Was  gar  nicht  zu  erzählen  ist, 
Weü,  was  noch  zu  erzählen  ist, 
Als  Bede  schon  zu  schmählen  ist. 


Ts'i&ng       yeü      ts'Y 
die  Mauer     hat  Gedöm  (tribulus) 
Püh    k*o  sab  y^ 

Nicht  kann  es  werden  weggefegt  (p.  fin.); 

(2.)  siäng 

beseitigt; 
(3.)  schuh 

zusammengejätet ; 
Tschüng      keü  tschi     y§n 

Der  inneren  Kammern  (n.  gen.)  Geschichten 
Püh    k*o  ta6  y^ 

Nicht  können-sie  werden  erzählt  (p.  fin.); 

(2)  taidng 
berichtet; 

(3)  schuh 

wiederholt  (vorgetragen); 
S6    kö  (cuS  {tsidngy  schh)       yh 

Was  kann  werden  etc.  (p.  fin.), 

Yßn  tschl  isdieh  y^ 

(Wäre)  der  Geschichten  (n.  gen.)  schmutzigste  (p.  fin.). 

(2)  tsch'äng 
längste 

(3)  sii^ 
schmählichste. 

V.  1  ist  gleich  richtig  zu  übersetzen:  An  der  Mauer  giebt  es 
Gedöm.  Yek  =  haben  ist  nach  unpersönlichen  Substantiven  s.  v.  a. 
vorhanden  sein,  und  dann  sind  jene  Substantiva  natürlich  als  Loca- 
tive  zu  übersetzen. 

Y.  3.  tschüng  «=  Mitte,  Inneres,  wird  durch  seine  Stellung 
vor  einem  Substa^itivum  zum  Ac^ektivum,  y^  «=  sagen,  durch 
seine  Stellang  hinter  einem  Genitiv  zum  Substantivum. 

Y.  6.  Die  Uebersetzimg,  womach  y^n  Substantiv,  und  folglich 
tschi  Genitivpartikel,  und  darum  wieder  das  prädicative  Adjek- 
tivum  Superlativ  ist,  entspricht  meines  Wissens  der  gäng  und  gäben 
Auffassung.  Man  beachte  die  glücklich  wiedergegebenen  Doppel- 
reime, deren  Wiederholung  nicht  zum  geringsten  Theile  dem  Gedichte 
seine  wunderbare  Kraft  imd  Schneide  verleiht 

ni.  (I,  rx,  7). 

Yon  diesem  ^  Abschiedslied  d^  Ausunrnderer  an  ihren  Ober- 
beamteu*^  theile  ich  nur  die  erste  Strophe  mit.  Die  beiden  übrigen 
sind  wieder  nur  Yariationen. 


9.  iL  OabtUntM^  Broben  a.  Vietar  v.  Strausa*  Sehp^cing-  üebersetmtng.  161 

Grosse  Maus!  grosse  Maus! 
Unsre  Hirse  nicht  yerscbmaos'! 
Drei  Jahr*  hielten  wir  Dich  aus, 
Kümmerten  Dich  keinen  Daus; 
Wandern  nun  von  Dir  hinaus, 
Preun  uns  jenes  schönen  Gau s, 

Schönen  Gau's,  schönen  Gaus, 
Wo  wir  finden  Hof  und  Haus. 

Schi     schü,     schl      ac/dtl 
Grosse  Ratte,  grosse  Ratte! 
Wü     schX    ngö     8chh 
Nicht  friss  unsre  Hirse! 
San     süi  ku4n         jb, 

Drei  Jahre  dienten  wir  Dir, 
M$h   Tigb  k"eng-A:t^ 
Nicht  uns  erwiesest  -  Du  -  Sorgfalt, 

Schi  tsiang  k'iu  ßl 

Wir  gehen  fort  um  zu  verlassen  Dich, 
Schi         pl  loh  tu 

Ziehn  in  jenes  glückliche  Gau, 

L$h         tü^  löh  tu 

Glückliche  Gau,  glückliche  Gau 
Yuän      tSh  ngö  sh 

Dort  erlangen -wir  unsem  Platz. 

V.  4.  Das  Objekt  ngb  ==  uns,  steht  vor  dem  regierenden  Ver- 
bum  1c  eng  =  gew^ren,  bewilligen.  Dies  ist  regelmässig  gestattet, 
wenn  1.  das  Objekt  ein  Personalpronomen,  einschliesslich  tschi  = 
^^ihxL,  sie  es*,  ist,  und  2.  diesem  Objekte  eine  Negation  vorausgeht. 
Das  vorliegende  Beispiel  ist  beachtenswerth  wegen  des  zweiten, 
direkten  Objektes  Mi  =  Sorgfalt,  Aufmerksamkeit,  Fürsorge. 

V.  8.  shj  sonst  meist  ab,  auch  schb  gesprochen,  ersetzt  meist 
das  objektive  Relativpronomen.  Geht  ihm  teh  =  erlangen  und 
ein  Possessivpronomen  voraus,  so  ist  es  Substantiv  in  der  Bedeutung: 
gebührender,  zusagender  Platz. 

IV.  (I,  X,  11). 

Wittwentrauer  und  WiUwentreue^ 

1.  Da8  Kö^)  wächst  über'n  Sttauch  herein j 
Die   Winde  schlingt  sich  fort  im  FreCn, 
Mein   Vielgeliebter  ist  nicht  mehr; 
Wer  üt  noch  mein? 

Ich  steh'  allein. 


I  » 

I 


1)  Eine  Art  Rankengewftchs,  angeblich  dolicbos. 
Bl  XXXU.  U 


162  ^-  ^'  Gabeletdg,  Probmi  a.  Victor  v,  Sirausä*  Sehuking'  üeb&rseizung, 

Köh         seng       mSng  fsu 

Das  Koh  wächst,  bedeckt  den  Domstraucb, 

Liän  m&n  iü  schh 

Der  Convolvulus  breitet  sieb  aus  in  der  Wildniss; 
Iü  mfei  wang  tsY 

Mein  Schönster  ist  nicht  mehr  hier; 

Schüi  Iü  töh         tücfiu 

Wer  (ist)  bei  (mir)?  allein  verweile  ich. 

V.  4.  Iü,  meist  ers  mit,  bei,  und,  ist  in  seiner  ursprünglichen, 
verbalen  Bedeutung  s.  v.  a.  sich  gesellen,  verkehren  mit,  Gesell- 
schaft leisten  u.  s.  w. 

2.  Das  Kö  im  Dom  wächst  TcräftigUch^ 
Die  Winde  echlingt  um  Gräber  sicft. 
Mein    Vielgeliebter  ist  nicht  mehr; 
Wer  ist  noch  mein? 

Allein  steh*  ich. 


K5h         seng       m^ng  Ink 

Das  K8h  wächst,  bedeckt  den  Brustbeerstrauch, 

Lian  lakn  iü       yüh 

Der  Convolvulus  breitet  sich  aus  auf  Gräbern. 

Iü  mfei  wäng  ts*Y 

Mein  Schönster  ist  nicht  mehr  hier; 
Schüi  iä  tüh      sih 

Wer  (ist)  bei  (mir)?  allein  bleibe  ich. 
Hier  fehlt  auch  im  Urtexte  der  innere  Reim  im  vierten  Verse. 

(3)  Der  Pfühl  für's  Haupt,  so  schön  und  fein ! 
So  reich  der  Decke  Stickereien! 
Mein   Vielgeliebter  ist  nicht  mehr; 
Wer  ist  noch  mein? 

Mir  tagte  allein. 


Ki5h  tschln          tsan      hi 

Das  hörnerne  Kopfkissen  ist  schön  o! 

Ki'n  Kun        Idn      ht 

Die  gestickte  Decke  glänzend  o! 

Iü  mh\  wcLng  tsl 

Mein  Schönster  ist  nicht  mehr  hier; 
Schüi  iü  tüh     tan 

Wer  (ist)  bei  (mir)?  allein  tagt  es. 

Hier  hat  der  Uebersetzer  ausnahmsweise,  aber  wohl  nicht  aus 
Noth  sondern  aus  richtigem  Geschmacke,  die  Doppelreime  der  beiden 
ersten  Verse  wiederzugeben  unterlassen. 


«.  d.  OabelmUz,  Proben  a,  Victor  v.  Slrauss'  Sehühmg-  üeberuizung.  \  63 

(4)  Nach  manchem  Sonimertag^ 
Nach  mancher  Wintemachtj 
Wohl  hundert  Jahre  hinterdrein 
Oeh'  ichj  wo  Er  nun   Wohnung  macht. 


Hia  tschi      jlh 

Sommers  (n.  gen.)-Tage, 
Tüng        tschi  y^ 

Winters  (n.  gen.)  Nächte, 

Pgh         siii         tschi       heii 
Hundert  Jahren  (n.  gen.)  nach  (=  nach  hundert  Jahren) 

Kuei  iü     k'i  kü 

Kehre  ich  heim  in  seine  Wohnung. 

V.  3.  Heu  =  Hinteres,  Späteres,  ist  wegen  des  vorausgehenden 
Genitivs  und  des  folgenden  Prädicats  Postposition:  nach. 

V.  2  und  4  sollen  hier  nach  der  alten  Aussprache  reimen. 
Kü  V.  4  =  wohnen,  hier  wegen  des  davorstehenden  Genetivs 
Suhstantivum. 

(5)  N(Mch  mancher   Wintemacht, 
Nach  manchem  Sommertag, 
Wohl  hundert  Jahre  hinterdrein 
Oeh'  ich  zu  ihm  in  sein  Gemach, 


Tüng        tschi  y6 

Winters  (n.  gen.)  Nächte, 

Hiä  tschi       fih 

Sommers  (n.  gen.)  Tage, 

Peh  süi         tschi      heu 

Hundert  Jahren  (n.  gen.)  nach 
Kuei  iü     k'i       schth 

Kehre  ich  heim  in  seine  Kammer. 


Obige  Beispiele  mögen  genügen,  um  die  Genauigkeit  dieser 
Uebersetzungen  ausser  Zweifel  zu  stellen.  Es  leuchtet  ein,  dass 
Selbst  ein  Meister  in  unserer  Muttersprache  und  ein  Dichter  wie 
Herr  von  Strauss  nur  mit  der  ausdauerndsten  Anstrengung  eine 
Belebe  Arbeit  zu  Ende  führen  koimte.  Ist  das  Schi-king  dieser 
Mühe  werth?  Ich  antworte  mit  einem  begeisterten  Ja,  und  es 
liegt  mir  daran  auch  hierin  die  Stimmung  meiner  Leser  für  die 
Sache  zu  gewinnen.  Für  diesen  Zweck  aber  reichen  mir  die  vier 
obigen  Proben  nicht  aus.  Darum  theile  ich  mit  des  Uebersetzers 
Eriaubniss  noch  einige  weitere  blos  in  der  Uebersetzung  mit. 


1 64  v,d.  GabelentMy  Pitfhen  a.  Victor  v,  Strauss^  Schi-king"  Ueberselzung, 

I,  V,IV. 
^Berückt,  entführt^  betrogen^ 


(3)  Eh'  sich  der  Maulbeerbaum  entlaubt, 
Wie  saftig  glänzt  sein  Blätterhaupt! 
0  weh  Dir,  Lachetaube,  weh, 
Iss  von  den  Beeren  nicht,  den  süssen! 
0  weh  Dir  jungem  Weibe,  ach. 
Geh  nicht  zum  Mann  die  Lust  zu  büssen! 
Der  Mann,  der  seine  Lust  gebüsst. 
Vermag  es  wieder  gutzumachen; 
Das  Weib,  das  seine  Lust  gebüsst. 
Vermag  es  ninuner  gutzumachen. 

(6)  Ich  sollte  altem  neben  Dir,  — 

Nun  macht  mich  alt  mein  Jammerstand. 
Der  Kht,  er  hat  doch  seinen  Strand, 
Die  Ebne  hat  doch  ihren  Rand. 
Als  ich  noch  froh  mir  Locken  wand, 
Uns  Red'  und  Lächeln  süss  verband, 
Dein  Treugelübd*  im  Frühroth  stand: 
Fiel  mir  nicht  ein,  dass  so  sich's  wandt*. 
Dass  so  sich's  wandt',  fiel  mir  nicht  ein,  — 
Und  das,  ach,  muss  das  Ende  sein! 

I.  m,  XV. 

In   folgenden   Strophen  hat  um's  Jahr  700  v.  Chr.  Geb.    ein 
chinesischer  Staatsdiener  seinen  Gram  besungen: 
Durch's  Nordthor  bin  ich  fort  gerannt, 
Von  Gram  im  Herzen  übermannt, 
In  Noth  und  Elend  stets  gebannt, 
Und  Keinem  ist  mein  Leid  bekannt. 
Genug  davon!  denn  oh, 
Des  Himmels  Fügung  macht'  es  so; 
Was  ist  davon  zu  sagen?  oh!  - 

Des  Königs  Dienste  schicken  mich. 
Die  Staatsdienst'  all'  auf  mich  gehäuft  ersticken  mich; 
Und  kehr  ich  d&xm  von  Aussen  heim, 
Steh'n  meine  Hausgenossen  rings  und  zwicken  mich. 
Genug  davon!  etc. 

Des  Königs  Dienste  jagen  mich. 

Die  Staatsdienst'  all'  auf  mich  gehäuft,  zerschlagen  mich, 
Und  kehr'  ich  dann  von  Aussen  heim, 
Steh'n  meine  Hausgenossen  rings  und  plagen  mich. 
Genug  davon!  etc. 


9.  d.  GabdtfO^  Proben  a.  Victor  v.  Strauss'  SchirkMg-Ueberaeizuug,  165 

I,  XV,  m. 

Lied  beimkehr^nder  Krieger,  gesungen  um's  Jahr  1100  v.  u.  Z. 

Wir  zogen  nach  des  Ostens  Bergen, 
Lang',  lange  sonder  Wiederkehr. 
Da  wir  vom  Osten  kamen  wieder, 
Da  fiel  der  Regen  strömend  nieder.  — 
Als  man  im  Osten  rief  zur  Kehr, 
Schmerzt*  ims  das  Herz  nach  Westen  sehr. 
Wir  stellten  Bock'  und  Kleider  her; 
Kein  Dienst  erzwang  die  Reihen  mehr. 
Ein  Wimmeln  war's,  wie  Raupen  machten. 
Wo  sich  ein  Maulbeerfeld  erstreckt; 
Dann  gab's  ein  still  und  einsam  Nachten, 
Nur  von  den  Wagen  überdeckt. 

Wir  zogen  nach  des  Ostens  Bergen, 
Lang',  lange  sonder  Wiederkehr. 
Da  wir  vom  Osten  kamen  wieder, 
Da  fiel  der  Regen  strömend  nieder.  — 
„Des  wilden  Kürbis  Früchte  klammem 
Sich  wohl  an  unserm  Dach  empor; 
Die  Asseln  sind  in  unsem  Kammern 
Und  Spinneweben  in  dem  Thor; 
Die  Hirsche  weiden  auf  den  Wiesen, 
Glühwürmer  schimmern  über  diesen"  — 
—  Wohl  konnte  Furcht  uns  kränken  so, 
Es  war  ja  wohl  zu  denken  so. 

Wir  zogen  nach  des  Ostens  Bergen, 
Lang',  lange  sonder  Wiederkehr. 
Da  wir  vom  Osten  kamen  wieder. 
Da  fiel  der  Regen  strömend  nieder.  — 
Vom  Ameisberg  der  Kranich  schrie; 
Die  Frau,  im  Hause  seufzte  sie. 
Wusch,  fegte,  stopfte  jede  Fuge; 
Da  kehrten  wir  von  unserm  Zuge: 
Die  Bitterkürbiss*  hingen  voll. 
Die  in  Kastanienkästen  waren, 
Von  unsem  Augen  nicht  erblickt 
Bis  diesen  Tag  seit  sieben  Jahren. 

Wir  zogen  nach  des  Ostens  Bergen, 
Lang',  lange  sonder  Wiederkehr. 
Da  wir  vom  Osten  kamen  wieder, 
Da  fiel  der  Regen  strömend  nieder.  — 
Nim  fliegt  das  gelbe  Vögelein 
Und  schimmernd  glänzen  seine  Flügel. 


166  ^'^  OabeletUx,  Proben  a,  Victor  v,  Strauss*  Schi-Iäng-  Ueberseteung, 

Die  Jungfrau  zieht  zur  Hochzeit  ein, 
Und  Fuchs'  und  Schecken  lenkt  der  ZügeL 
Die  Mutter  band  die  Schärp'  ihr  an, 
Neun-,  zehnfach  ist  ihr  Schmuck  gethan. 
Das  Frische  lockt  gar  lieblich  an; 
Das  Alte,  —  was  reicht  da  hinan? 

Nun  erst  will  ich  fragen :  Ist  es  recht,  dass  ein  solches  üeber- 
setzungswerk  in  der  Mappe  seines  Urhebers  vergraben  bleibe  ?  Und 
habe  ich  nicht  recht,  wenn  ich  hier  eine  Perle  unserer  Literatur,  — 
der  poetischen  wie  der  sinologischen  —  erkenne,  welche  vor 
der  Welt  leuchten,  die  Welt  entzücken  sollte?  Ich  habe  obige 
Seiten  geschrieben  um  Reclame  zu  machen ;  —  dies  eine  Mal  möge 
der  Zweck  das  Mittel  heiligen! 


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167 


Le  dechiflFrement  des  inscriptions  du  Safa. 

Par 

Joseph  Hal^Tj.') 

(Voir  les  planches.) 

Les  contrees  situ^es  ä  Test  de  Damas,  trop  d^solees  pour 
tenter  la  curiosit^  des  touristes,  ont  eu  la  chance  d'ötre  visitees 
par  des  savants  d'nn  rare  mörite.  Aprfes  le  voyageur  anglais  Cyril 
Graham  qui  n'a  fait  que  passer,  toute  cette  interessante  region  a 
ete  scientifiquement  exploree  par  MM.  Wetzstein,  Waddington  et 
de  Vogü^  dans  le  cours  des  ann^es  1858.{i  1862.  Les  r^sultüts 
de  cette  exploration  sont,  &  bon  droit,  enr^gistr^s  parmi  les  plus 
belies  d^couvertes  archeologiques  de  notre  si^cle ;  toutes  les  brancbes 
de  Tarcheologie  en  ont  largement  profit^,  mais  c'est  snrtout  dans 
la  domaine  de  T^pigraphie  s^mitique  que  le  ben^fice  a  et6  des  plus 
remarquables.  Gräce  aux  inscriptions,  les  magnifiques  monuments 
de  Pahnjre,  ainsi  que  ceux  plus  modestes  du  Haouran  sont  classes 
et  chronologiquement  fix^s,  et  nous  pouvons  apprecier  d,  sa  juste 
valeur  le  degre  de  civilisation  que  les  peuplades  s^mitiques  jadis 
ignor^es,  comme  les  Palmyr^niens  et  les  Nabat^ens,  avaient  atteint 
au  contact  de  la  civilisation  gr6co-romaine ,  avant  que  les  grandes 
reformes  religieuses  et  les  migrations  qui  ont  eu  lifeu  ä  lern*  suite, 
aient  modifi^  si  radicalement  Tethnographie  du  monde  s^mitique. 

Tous  ces  restes  d  une  civilisation  relative  appartiennent  ^  des 
peuplades  de  race  aram^enne;  les  vrais  Arabes,  ces  simples  et  in- 
domptables  enfants  du  desert  n'y  ^taient  pour  rien  et  semblaient 
n  avoir  möme  pas  senti  le  besoin  de  consigner  leurs  idees  par  ^crit. 
Des  savants  justements  cel^bres  n  ont  pas  besitz  k  consid^rer  les 
Arabes  avant  llslamisme  comme  absolument  depourvus  de  culture 
intellectuelle ;  et  en  cela,  ils  sont  d'accord  avec  les  auteurs  musul- 
mans  eux-mömes   qui  designent  toute  l'epoque  anterieure  ä  l'islam 

Sons  la   d^nomination   fl6trissante    de   iuJL^u>-   „ignorance".      Cette 


1)  Nach  einem  auf  der  Gonoralvoräammlung  zu  Wiesbaden  am  28.  September 
1877  gehaltenen  Vortrage.  D.  R. 


i(J3  ffalSvy,  U  d6chfffremetU  des  inacriptüms  du  Safa. 

race  arabe,  baiitant  les  confins  des  contx^es  civilis^es,  serait  rest^e 
pendant  des  si^cles  inaccessible  au  progr^s,  n'aurait  rien  cre^,  ni 
rien  appris  de  ses  voisins  dont  eile  6tait  la  terreur.  Sa  religion, 
imp^n^trable  pour  la  conception  dune  vari6t^  divine,  se  serait  r6- 
duite  ä  un  monoth^isme,  d'une  pauvret^  eflörayante,  et  ä  quelques 
supersütions  grossiäres  engendr^es  par  une  imagination  sans  id^aL 

Teile  est  ropinion  g^nörale  au  sujet  de  la  race  arabe,  et  c  est 
dans  une  teile  disposition  d'esprit  que  les  savants  voyageurs,  ayant 
pousse  leur  excursion  jusque  dans  la  r^gion  sauvage  du  Safa  ou 
Harra  et  dans  l'oasis  voisine  nonun^e  Buhb6  ou  Boh^bä,  ont  de- 
couvert  des  inscriptions  tracees  dans  un  caractöre  inconnu  sur  les 
blocs  basaltiques  qui  joncbent  le  sol.  Cette  döcouverte  qui  couron- 
nait  dignement  leurs  inestimables  recherches  ^tait  en  mSme  temps 
un  probltoe  ä  resoudre.  On  sentait  par&itement  quil  y  avait  lä 
une  ecriture  et  un  dialecte  arabes,  on  s'apercevait  de  plus  que 
Talphabet  du  Safa  montrait  une  frappante  aualogie  avec  F^criture 
himyaritique  ou  sab^enne  et  on  n  ^tait  pas  loin  de  penser  que  ces 
textes  pouvaient  bien  avoir  pour  auteurs  les  fils  de  ces  ^migrants 
que  les  historiens  musulmans  fönt  venir,  ä  diverses  6poques,  de 
FArabie  m^ridionale  aux  confins  orientaux  de  la  Syrie.  Les  savants 
voyageurs  tenaient  tout  particuli^rement  ä  cette  id^e  qu'ils  avaient 
d^velopp^e  avec  beaucpup  de  clart^  et  d'^rudition,  et  ils  croyaient 
fermement  que  T^criture  sab^enne  donnera  le  mot  de  l'änigme. 
M.  Wetzstein  a  m^me  ajout^  que  plusieurs  essais  de  dechiffirement 
faits  ä  laide  de  l'alphabet  ^thiopien-himyarite  lavaient  convaincu 
de  Torigine  sab^enne  des  textes  qu'il  avait  copiäs. 

Cependant  les  pr^miers  essais  de  dechiffrement  sont  rest^s  dans 
les  cartons  des  voyageurs  et  c'est  M.  Blau  qui  a  abord^  cette  question 
abandonn^e  et  a  consign^  les  r^sultats  de  ses  recherches  dans  le 
volume  XY  de  la  ZDMG  (p.  450  suiv.).  M.  Blau  poss^dait,  outre 
les  huit  inscriptions  publikes  dans  le  Beisebericht  de  M.  Wetzstein, 
un  certain  nombre  d'autres  que  le  savant  cönsul  avait  mis  ä  sa 
disposition.  A.vec  sa  sagacit^  ordinaire  il  a  aussitöt  compris  qu'il 
fallait  avant  tout  d^terminer  le  mot  p  «fils*  qui  fouinit  une 
coupe  naturelle ;  mais  voyant  que  T^criture  sab^enne  n'oftrait  aucnn 
secours  ^  cet  effet,  il  nliäsita  pas  ä  invoquer  l'alphabet  herber 
pour  fixer  la  valeur  des  signes  qui  ne  se  rencontrent  pas  dans  le 
premier  Systeme.  Quant  aux  mots  ainsi  obtenus,  M.  Blau  a  cherch^ 
ä  les  expliquer  par  l'arabe,  car  ^  ce  moment  on  consid^rait  Tidiome 
himyarite  ou  sahnen  comme  tout-^-fait  identique  avec  l'arabe  classique. 
Cette  tentative,  viciee  d^s  son  origine  aussi  bien  par  l'eclectisme 
palöographique  que  par  la  conception  erron^e  de  la  provenance, 
ne  put  naturellement  aboutir  ä  aucun  resultat  serieux. 

Depuis  1861  jusquen  1876,  le  problfeme  des  inscriptions  du 
Safa  fnt  enti^rement  oublie  et  cependant  en  1872  on  con9ut,  un 
moment,  Tespoir  de  decouvrir  une  nouvelle  mine  de  ces  textes 
dans  une   region  plus   accessible,  l'antique  royaume  de  M^chaM 


HaUvtf^  le  dSehiffrement  de»  inacriptions  du  Safa.  169 

Le  merite  d'avoir  repris  de  nouveau  cet  interessant  problöme,  aprfes 
un  chömage  de  17  ans,  appaiüent  ^  M.  D.  H.  Miüler,  auteur  de 
m^moires  justement  estimäs  sur  diverses  questions  concemant  les 
choses  sab^ennes.  Dans  un  travail  remarquable  qu  il  fit  insörer 
dans  le  XXX  volume  de  la  ZDMG  (p.  514—524),  M.  MüUer  sest 
appliquä  &  ^yiter  les  fantes  de  son  devancier  en  d^terminant  la 
Talenr  des  lettres  uniquement  ä  Faide  de  Talphabet  sab^en;  quant 
au  caract^res  pour  lesquels  Tanalogie  fait  defaut,  il  les  fixa  au 
moyen  de  la  necessit^  philologique  ^tant  convaincu,  tont  comme 
ses  devanciers,  de  l'etroite  parent^  de  Tidiome  du  Safa  avec  celui 
des  inscriptions  sab^ennes.  II  a  ainsi  cru  retrouver  le  pb^nom^ne 
de  la  minunation,  en  prenant  pour  un  73  le  signe  j)  qui  se  präsente 

si  fr^quemment  dans  les  textes  du  Safa.  M.  Müller  a  Studie  vingt- 
cinq  inscriptions,  mais  il  na  pu  appliquer  sa  m^tbode  qu ä  cinq  ou 
six;  il  nest  donc  pas  surprenant  que  plusieurs  lecteurs  de  la 
ZDMG  aient  eu  de  la  peine  ä  croire  ^  la  r^alit^  du  d^chiffrement. 
Moi-mßme  j'^tais  du  nombre. 

Deux  raisons  m'ont  fait  douter  de  la  solidit^  de  la  m^thode 
employ6e  jusquä  ce  jour.  Premi^rement,  le  fait  de  la  migration 
de  tribus  sab^ennes  dans  le  nord  de  TArabie,  m'a  paru  fort  sujet 
ä  caution.  Deuxi^mement,  je  n'ai  trouv6  entre  r^criture  du  Safa 
et  Celle  du  Y6men  qu'un  air  de  famille,  mais  nullement  une  identit^ 
absolue.  En  d'autres  termes:  j'ai  pense  que  la  comparaison  avec 
r^critnre  sud-arabique  ne  suffisait  point  pour  d^terminer  la  valeur 
des  lettres  communes  aux  deux  alphabets,  et  que  ces  textes  ätaient 
r^dig^s  dans  un  dialecte  de  Tarabe  septentrional  qui,  par  sa  position 
g^ograpliique,  devait  conserver  certaines  attacbes  avec  les  langues 
s^mitiques  du  nord. 

Cette  conviction,  formulee  d^jti  en  1872,  me  conduisit  ä  voir  dans 
le  signe  D,  non  pas  une  lettre  unique,  mais  un  compos^  de  deux 
lettres,  p  «fils**,  que  M.  Blau  avait  plac^es  d'une  fa9on  quelque 
peu  arbitraire.  Ces  deux  lettres  s'ajoutant  aux  lettres  i,  r|,  y,  p, 
O,  n  dont  la  valeur  est  foumie  par  l'alpbabet  phenico-sabeen, 
m'ont  mis  a  mSme  de  lire  dans  Imscription  cotee  c  de  M.  Wetz- 
stein nciD  p  et  dans  celle  cotee  /*,  les  mots  i^  p  030»  p. 
De  ce  d^cbiffrement  la  valeur  du  iD  seul  ^tait  inexacte,  mais  je  ne 
m'en  aper9us  que  plus  tard. 

Lorsque  M.  Müller  eut  publik  la  seconde  plancbe  de  M.  Wetz- 
stein, je  vis  avec  plaisir  que  mon  proc6d6  s'appliquait  parfaitement 
aox  nouvelles  inscriptions.  Outre  les  noms  que  je  viens  de 
mentionner  j'ai  trouve  encore  n»3^  et  Dn  et  j*ai  mSme  cru  tenir 
relement  D7:  dans  un  nom  compos^.  Ces  r^sultats  satisfaisants 
se  seraient  arrSt^s  ä  mi  chemin  si  M.  de  Vogü^  n'avait  pas  publi«^ 
quelques  mois  apr^s,  son  recueil  de  400  inscriptions  du  Safa,  si 
impatiemment  attendu.  Mis  en  possession  de  moyens  suffisants  de 
comparaison,  j'ai  recommenc^  mes  etudes  afin  de  döterminer  les 
aatres  lettres  de  lalpbabet. 


170  HaUvy,  le  dichiffremewt  des  inser^tknu  du  Safa. 

L'examen  des  textes  m'a  montr^  tont  d'abord  que  le  trait 
vertical  qui  commence  presque  toutes  les  inscriptions  loin  d'ßtre 
un  trait  de  Separation,  bien  inutile  en  ce  cas,  repr^sentait  le  b 
d'appartenance,  si  fr^quente  dans  l'^pigraphie  semitique,  et  que  cette 
lettre  se  distinguait  du  5  par  sa  longneur.  Puis,  voyant  que  Vi\& 
ment  ^^y  ^serviteur*  se  compose  avec  un  bilitöre  qui  se  termine 
par  b,  j'en  ai  conclu  que  la  lettre  pr^cedente  6tait  un  K  et  j'ai 
obtenu  un  nom  des  plus  semitiques  b«nay  „serviteur  de  dieu*. 
Ensuite  ce  fut  le  tour  de  ^  qui  a  ^t^  determin^  ä  Taide  du  nom 
"^bn  dont  les  deux  premi^res  lettres  ^taient  connues.  Le  D  fut 
reconnu  dans  le  nom  *^073  avec  le  secours  de  la  forme  grecque 
Mäffa^og  qu  on  trouve  dans  les  inscriptions  du  Haouran,  resultat 
confirm^  ^galement  par  Tanalogie  sab^enne.  Le  m^me  moyen  s'est 
montr^  efficace  pour  signaler  le  ^  dans  K^72  qui  est  aussi  un  nom 
palmyr^nien.  Les  autres  lettres  fur^nt  ainsi  successivement  de- 
termin^es  quoique  non  sans  de  longs  tatonnements.  Bref,  si  Ton 
excepte  les  lettres  T,  p,  U5,  n,  n,  '^j  a  sur  lesquelles  tout  le 
monde  6tait  d  accord,  il  y  a  divergence  absolue  entre  le  dechiffre- 
ment  de  M.  Müller  et  le  mien. 

Voici  maintenant  un  r^sum^  succinct  des  points  caracteristiques 
de  cette  nouvelle  Venture  s^mitique.  L'alphabet  du  Safa  se  compose 
de  vingt-trois  lettres;  il  distingue,  comme  Tarabo-saböen,  le  n  doux 
du  n  fort,  mais  il  ne  poss^de  aucune  des  lettres  emphatiques  \^ 

(3,  (jo^  Jb,    c  qui  caract^risent  la  pbon^tique  arabe.     Ce  fait  est 

extr^mement  instructif  pour  la  phonologie  s6mitique  en  g^n^ral, 
en  permettant  de  suivre  Textension  g^ograpbique  et.  successive  de 
cette  prononciation  vari^e  qui  a  cr6e  tant  de  nouvelles  racines. 
N*est-il  pas  curieux  de  voir  que  les  Sabeens  qui  occupent  la  r^gion 
la  plus  eloign^e  du  pays  s^mitique  emploient  aussi  le  plus  grand 
nombre  des  sons  emphatiques,  puisque,  en  dehors  des  sons  arabes 
que  je  viens  denumörer,  ils  distinguent  encore  un  n  particulier 
par  la  lettre  x  ?  Pour  la  recherche  d'origine  des  branches  semitiques 
rejet^es  en  debors  du  centre  conunun,  cette  Observation  est  du 
plus  baut  interßt.  Ce  fait  seul  que  Talphabet  gueez  n'exprime  que 
deux  consonnes  emphatiques,  n  et  i  (»J  ^  ^),  n  autorise-t-il  pas  a 

penser  que  les  Agazi  primitifs  avaient  leur  berceau  dans  une 
contree  situee  au  nord  du  pays  saböen,  sinon  dune  partie  du 
Hidjaz  meme,  peupl^e  plus  tard  par  les  Arabes  proprement  dits? 
Quelle  que  soit  d'ailleurs  la  valeur  de  cette  r^flexion,  je  ne  doute 
point  qu'en  d^couvrant  do  nouvelles  inscriptions  dans  des  contr^es 
urabes  encore  inexplorees,  on  ne  voie  augmenter  le  nombre  de  ces 
consonnes  en  raison  directe  avec  Torigine  plus  meridionale  des 
dialectes. 

Pour  ce  qui  est  du  rapport  de  Tecriture  du  Safa  avec  le 
phenicien  dune  part  et  l'ethiopico-sabeen  de  Tautre,  voici  ce  qui 
est  maintenant  etabli  avec  certitude. 


HaUvify  le  iUchiffremerU  des  interiptumM  du  Safa.  171 

1.  LettreS  ph^niciennes  conserv^es  presque  intactes:  >,  n,  i,  p, 
t3,  r.  Ces  lettres,  ä  Texception  du  n,  reviennent  sous  la  m^me 
forme  dans  Talphabet  sabeen. 

2.  Lettres  identiques  ou  fort  peu  vari^es  au  Safa  et  en  Sab^e: 

3.  Lettre  ^thiopienne  identique:  T.  Dans  lalpbabet  sabeen, 
cette   lettre   exprime  le  son  emphatique  «3. 

4.  Lettres  identiques  quant  ^  la  forme  et  variant  pour  la 
Taleur:  les  lettres  n  et  n  qui,  en  sabeen,  se  lisent  respectivement 

n  et  rr. 

5.  Lettres  dont  les  formes  sont  6videmment  plus  originales 
que  les  formes  sab^ennes  correspondantes:  K,  3,  D,  c,  21. 

6.  Lettres  dont  les  formes  sab^ennes  sont  plus  originales: 
o,  b,  3. 

7.  Lettre  particulifere  ä  lalphabet  du  Safa:  le  n  dur  qui,  par 
nne  coincidence  probablement  fortuite,  rappeile  le  -3l  grec. 

L'accord  entre  les  alphabets  du  Safa  et  de  l'Ethiopie  au  sujet 
de  la  lettre  t,  donne  a  r^fl^cbir,  et  semble  confirmer  Thypoth^se  d'une 
origine  plus  septentrionale  pour  le  peuple  Gueez.  Quoi  quil  en 
soit,  on  peut  affirmer  hardiment  que  l'alpbabet  du  Safa  n'a  nulles 
attaches  avec  Talphabet  aram^en  et  ses  d^riv^s;  qu'il  a  suivi  une 
marche  diff^rente  dans  les  alt^rations  quil  fit  subir,  dans  le  cours 
des  si^cles,  aux  caract^res  emprunt^s  aux  Ph6niciens,  et  qu'il  forme 
le  premier  anneau  d*une  riebe  serie  d'^critures  arabes  qui  s*6- 
tendaient  depuis  Test  de  la  Damasc^ne  jusqu  au  Hadramaout. 

II  est  temps  de  foumir  quelques  sp6cimens  des  textes  eux- 
mömes  en  transcription  böbralfque.  Je  commence  par  les  copies 
de  M.  Wetzstein  publikes  dans  la  ZDMG,  mais,  vu  le  cadre  restreint 
de  cette  note,  je  ne  transcrirai  que  les  passages  oü  la  copie  ne 
laisse  rien  ä  d^sirer,  et  je  m'abstiendrai  de  justifier  le  sens  (][ue  je 
suppose  ä  certains  mots:  cette  tache  etant  suffisanunent  remplie 
dans  un  travail  assez  d^velopp^  qui  se  public  actuellement  dans 
le  Journal  asicUique,    La  lecture  des  voyelles  n'est  pas  rigoureuse. 

Tafel  I,  I,  b.  ^:y^  p  "1x212  p  ^ü»b 

-D   «bfl  b3^   D^DD  (sie)  pyO  p  0*13^   p 

bc:7a  hy 
Pait  par  Mathar,  fils  de  Matbar,  fils  de  Ja*anaY,  fils  de  *Aram, 
fils  de  Sa^ad.     Erig^  en  memoire  (?)  de  Kbala  et  de  Mathal. 
n,a.  p  ^»=•0  p  STb 

(sie)  «myaD  3^73  p  (?)DT»  p  nay 
•  •  •  nbiio  N:t3  (sie)  b«  p 
Fait  par  Zab,  fils  de  Sakbar,  fils  de  *Abd,   fils    de  Jadam(?), 
fils  de  Marig,  avec  Bou*aYwa  fils  de  An.     H  a  erig6  un  ex-voto  . . . 
c.  n72n  p  "«bTSHb 

d:^  P  "»n  p  (sie)  nD-««  p  «sa:  p  (?)''byn  p  b«müb 
(sie)  ütDTT«  •  •  •  p  y«  p  (?)o^-DEN  p  (?)nao::  p 

I.  Fait  par  QamlaY,  fils  de  Qamidt 


172  Halivy^  le  dickiffrement  des  xnMcriptum»  du  Safa 

b.  Fait  par  Schoubel,  fils  de  Hia'alalL(?),  fils  de  $ana,  fils  de 
Aeofid,  ms  de  QaY,  ms  de  'Amm,  fils  de  Thasbat(?),  ms  de ...  A?, 
fils  de n  a  grav^  cela. 

d.  t3orn  Dbo«  p  (?)nbn«  p  y\y  p  Dbo«b 

Fait  par  Aslam,  fils  de  'Aoug,  ms  de  Ahlat,  ms  de  Aslam. 
D  a  grav^  (cela). 

e.  (?)«3TD73  Dp3D   TIC  (?)Ty73«   p  (?)bnTDb 

Fait  par  Schalt  (?),  fils  de  Am'az(?).     Quil   lui  soit  accord6 

de  piller  son  ennemi  et  de  se  venger  de  lui. 

M.  Müller   lit:    yirm  y:in7:«  p  «nn«  ^np    »Das  Grab  des 

'Atha',  Sohnes  des  'ümtobba*  des  Herrn  von  Wardaw*. 
f.  (?)iD7a*in73  p  na:?  p  Dbnn  p  (?)m3T3b 

Fait  par  Moakaddar(?),  fils  de  Mou^allim,  fils  de  ^Abd,  ms  de 

Moutrammasch  (?). 

Daprfes  M.   Müller  on  lirait:   "-o   a^an  Diiy   oaboa   DDl^a 

nlm  Hinterherfolgen  und  im  Suchen  ein  davoneilendes  (Kameel  od. 

drgL)  im  Feld  S  .  ,\ 

Ta£  n,  Kakul  a.  p«yb  p  n^o  p  Dbn«b 

Fait  par  Al^lam,  fils  de  Sa'd,  fils  de  La'aman. 

b.  mb«  na:?  p  (sie)  nn73  p  larb 

Fait  par  'Abd^  ms  de  Mathar,  fils  de  ^Abdalout 

M.  Müller  croyait  trouver  les  mots:  •  •  •  •  |  r\ir\y  *iDt:a  Xn^s  \ 

»Ein  Wildesel  im  Bespringen  einer  Wildeselin**. 

e.  «na:  p  ^e50  p  (?)n73^b 
Fait  par  Bamad,  ms  de  Safieu:,  ms  de  §ada. 

La  möthode  de  M.  Müller  donne:  m«  D'nib  Dna*i  «Bindend 
einem  Feinde  die  Hände*". 

Wadi-el-Garz  a:       (sie)  p  nya  p  '*3:«ob 

Fait  par  MamsaY,  ms  de  Ba^ah  Ba'ou. 

Dapr^s  mon  savant  devancier,  ce  serait:  rrnyn  *T'itaa  »Am 
Brunnen  Ra'l^iah'^. 

b.  nya  nya  p  "»ata»  p  oanb 

Fait  par  Dakis,  ms  de  Mamsal,  ms  de  Ba'ah  Ba'ou. 

L'auteur  pr^cit^  lit:  mnm  ■j*»«aa  'nb'n  „.  .  .  am  Brunnen 
Ra*bdah«. 

Rigm-en-Nemara  b.     ^b73  p  nr[y]  p  ^o»  p  nwy  p  ^btt  p  nnrb 

Fait  par  "Amad^  fils  de  Malik,  ms  de  "Amad,  ms  de  Masak, 
fils  de  ['A]mad,  ms  de  Malik. 

M.  Müller  croit  reconnaitre  une  phrase  bien  Strange:  |  aisna^ 
D  I  aonaCDb  amay^D  »*Abdm6b,  Pumabdmöb  dem  Pumabdmöb,  P.' 

Malikija  d.      üa  p  bK:p  p  b«*«  p  ©D  p  obn»  p  Drb 

Fait  par  Tam,  ms  de  Mouhallim,  ms  de  Kasch,  ms  de  JaSl, 
fils  de  Qana^l,  fils  de  Bath. 

f  ligne  1.  osb  p  ifl^  p  (?)ban  p  Dr:«b 

Fait  par  An^am,  fils  de  Hakal(?),  fils  de  Sa'an,  fils  de  Lakis. 

Ges  inscriptions,  tir^es  des  copies  de  M.  Wetzstein  seulement, 
loin  d'^taler  de  sots  badinages,  comme  on  l'a  cm  jusqu^  präsent 


Halhfy^  le  dichißrement  de»  tMcription»  du  Safa,  173 

portent  un  caract^re  aussi  sörieux  que  n'importe  quelles  inscriptions 
s^mitiques  ou  autres.  La  plupart  d'entre  elles,  pareilles  aux  in- 
seriptions  sinaTtiqueS)  sont  purement  comm^moratives  et  se  com- 
posent  enti^rement  de  noms  propres.  D'autres  ont  pour  but  de 
perp^taer  le  Souvenir  des  parents  ou  des  amis  de  l'auteur.  Quel- 
ques autres  sont  dictöes,  au  contraire,  par  un  sentiment  de  haine  et 
de  vengeance.  D'autres,  enfin,  sont  de  v^ritables  ex-voto  et  d'un 
caract^re  ^minemment  religieux.  «Temprunte  ci-apr^s  au  recueil 
de  M.   de  Yogüö  quelques  textes  de  ces  demi^res  cat^gories. 

Vogü6  no.  331.         "CD  Dbn7:  p  o»  p  cbnnb 

-n  in«  b^D  ia«  by  w 
DP«  byc  «bn  byc  nn^ 

Fait  par  Mouhallini,  fils  de  As,  ßls  de  Mou^^allim.  II  a  6rig6 
(cela)  en  memoire  de  son  p^re,  de  son  fr^re  Tarhat,  de  Khalä  et 
de  Atamm. 

Vogü6  no.  237.  (sie)  «?:«  by  D^BD  n^is  p  pn«b 

Fait  par  Arfan,  fils  de  §arib.    Erigö  en  memoire  (?)  de  sa  mfere. 

Vogü^  no.  329.     [n]bio  «inc  or:«  p  Dnp  [i]n  «bnb 

Fait  par  Klial&,  fils  de  Qadm,  fils  de  An'am.  H  a  61ey^(?) 
un  ex-voto. 

Vogü6  no.  323.  nD*i  p  ip  p  ano  p  nnb 

ma:s  nbiTD  lora  (?)by  p  Dn«  p 

Fait  par  Habb,  fils  de  Thal^ab,  fils  de  Qan,  fils  de  Rafat,  fils 
de  Atanun,  fils  de  *A1(?).  H  a  6tabli  un  ex-voto  dun  bloc  de 
pierre  (?). 

Vogü6  no.  230.      nb  nß^D  btty  «bn-p  p  (?)3:72  p  inb 

Fait  par  Hann,  fils  de  Mounib(?),  fils  de  Ben  Khalä.  II  a  fait 
(cela);  qu'il  lui  soit  pardonn^! 

La  langue  des  inscriptions  est  de  Tarabe,  mais  avec  des  allures 
archalques  dont  le  trait  principal  est  labsence  de  l'article  ^t.  Jai 

montr^  ailleurs  que  Tantiquit^  na  conservö  aucun  mot  arabe  pourvu 
de  l'article  qoreischite,   car  les  termes  miTab«,  CSab«  renferment 

le  nom  bK  «dieu'*.     Dans  le  nom  du  roi  ghassanide   ^3^^!,  *AXa' 

fiOMnfdagfiSi  le  v3l  ^^  parait  pas  non  plus   Stre  Tarticle,  mais   le 

nom  de  dieu,  tout  pareil  au  nom  nabateen  i^p^nbK,  ^AXfioßdu- 
xtgog^  attendu  que  le  nom  divin,  au  commencement  des  compo- 
sitioDS,  se  pronon9ait  al.  Une  autre  marque  d'antiquit^  est  le 
remplacement  de  K  par  n  dans  la  quatri^me  forme  verbale,  c'est 
U  un  vrai  trait  d'union  avec  Thebreu  et  le  sab6en.  Mais  le  lien 
le  plus  frappant  avec  l'hebreu  et  l'ancien  aram^en,  c'est  l'emploi  du 
T  comme  dömonstratif  et  relatif.  Sur  ce  point,  l'arabe  et  le  sab^en 
amploient  en  commun  la  forme  semidentale  *i,  6  dont  la  demi^re 

d^^n^rescence  est  repr^sent^e  par  le  n  de  l'aram^en  post^rieur; 
KÜdopien  seul  conserve,  en  cette  circonstance,  la  consonne  primitive 
alt^ration.     Enfin  une  demi^re  attache  ä  la  prononciation  des 


174  HaUey^  le  dUhiffrement  des  inseriptions  du  Saftu 

idiomes  du  nord  s'observe  dans  la  pr^position  h^  qui,  en  arabe  et 
en  sab^en,  s'^crit  ^b7.  Mais  dans  les  grandes  lignes,  le  dialecte 
du  Safa  est  parfaitement  arabe;  la  pr^sence  de  la  parücule  g  est 
surtout  caract^ristique)  bien  que  Temploi  en  diff^re  consid^rable- 
ment:  dans  ce  dialecte,  le  g  sert  de  simple  copule  entre  deux  sub- 
stai^tifs,  ce  qui  n'a  jamais  lieu  en  arabe. 

Si  obscures  que  soient  les  expressions  d^d,  «nfi,  •»üfl  etc. 
on  sent  parfaitement  qu'il  s'agit  d'une  consecration  religieuse.  Le 
caract^re  s^rieux  des  inseriptions  du  Safa  devient  ainsi  tr^s-^vident, 
mais  quelle  ^tait  la  religion  des  auteurs?  Le  fait  que  ces  textes 
ne  mentionnent  aucun  dieu  semble  prouver  que  les  nomades  du 
Safa  etaient  alors  Chr6tiens  ou  prfes  de  Tßtre,  et,  comme  les  Ghas- 
sanides  professaient  d^jä  le  Christianisme  au  second  si^cle  de  notre 
^re,  la  date  de  nos  inseriptions  ne  doit  pas  ^tre  de  beaucoup 
anterieure.  D'un  autre  c6t^,  ou  ne  peut  pas  non  plus  la  placer 
plus  tard,  car  dans  ce  cas,  on  y  trouverait  certainement  des 
symboles  chretiens. 

Au  sujet  de  la  religion  des  Arabes,  anterieure  au  christianisme 
et  ä  rislamisme,  les  noms  propres  que  les  inseriptions  nous  of&^nt, 
nous  donnent  les  indices  les  plus  pr^cieux,  car  ils  se  presentent  ä 
retat  r^el  et  sans  avoir  ^t^  expurg^s  par  Tesprit  du  monoth^isme. 
On  y  voit,  non  sans  surprise,  ^merger  les  noms  de  plusieurs  divi- 
nites  semitiques  et  surtout  babyloniennes ,  telles-  que  153  Nebo, 
^•»0  Sin ,  bn  B61 ,  nb«  allat  et  un  dieu  regional  onp  qui,  tout  en 
rappelant  le  Cadmus  des  fables  gr^co-pheniciennes ,  se  retrouve 
dans  un  papyrus  aram^en.    Le  nom  de  dieu  en  g6n6ral  est  Tantique 

b«  non  pas  dJt,  Cette  circonstance  sugg^re  Tid^e  que  ce  mot 
qui  designe  le  vrai  dieu  dans  l'islamisme  est  peut-^tre  un  empmnt 

fait   aux  Aram^ens,    comme   la   forme    a^I    est  düe  aux  H^breux. 

En  presence  de  faits  aussi  clairs  et  aussi  authentiques,  le  Systeme 
qui  consid^re  les  anciens  Arabes  comme  denu^s  du  sentiment  re* 
ligieux  et  comme  parqu^s  dans  un  isolement  parfait,  Systeme 
caresse  par  des  savants  distingu^s,  s'^vanouit  conune  un  rfeve. 
n  est  d^montr^  que  les  Arabes  partageaient  avec  les  peuples 
fr^res  du  nord  la  religion  primordiale  qui  ^tait  le  prodoit  de 
Tesprit  de  la  race;  que  loin  de  conserver  un  6tat  religieux  radi- 
mentaire,  ils  suivaient  le  d^veloppement  successif  du  Systeme  mytho- 
logique  des  riverains  du  Tigre  et  de  TEuphrate.  «Tai  depuis 
longtemps  conclu  dans  ce  sens  ^  laide  des  donn^es  assyriennes  ^X 
mais  le  t^moignage  des  documents  indig^nes  dissipe  la  demi^re 
ombre  de  doute  ä  ce  sujet. 

Pour  rhistoire   des   migrations   de  tribus   y6m6nites   dans   le 


1)   Voyez   mon   article   intitul^   La   nouvelte   Evolution   de   VaccadUme 
lire  partie. 


HaUvffj  le  diehiffrement  des  inscriptiona  du  Safa.  175 

nord  de  TArabie,  les  renseignements  que  nous  foumissent  les  in- 
scriptions  du  Safa  sont  d'autant  plus  pr^cieux  qu  ils  sont  d^cidement 
negatife.  US  d^mentent  absolument  les  r^cits  des  auteurs  arabes 
aa  snjet  des  d^placements  ethnographiques  dans  la  Syrie  Orientale, 
soit  aox  ^poques  recul^es,  soit  vers  le  commencement  de  l'^re 
cbrötienne.  Pas  un  seul  d'entre  les  centaines  de  noms  propres 
s^mitiques  quon  observe  dans  les  inscriptions  grecques,  latines, 
nabat^ennes,  pabuyreniennes  et  Celles  du  Safa,  ne  montre  aucun 
trait  particulier  au  Y^men;  la  mimmation,  ce  signe  caract^ristique 
de  ridiome  de  Saba,  ne  s'y  rencontre  nulle  part.  ü  y  a  plus,  Tidiome 
du  Safa  quoique  fonci^rement  arabe,  ne  cesse  pas  d'avoir  des 
attaches  avec  la  phon^tique  du  nord:  ainsi  par  exemple,  le  sufdxe 
usuel   de   la   troisi^me    personne   masculine  est  r^guli^rement  i  et 

non  pas  s  ^  nn  comme  en  arabe  et  en  sab6en;  on  dit  ainsi  172»  = 

h^br.  172«  »sa  möre**  et  mßme  nn«  „son  pfere**  in«  „son  fröre'* 
tandis  que  Joint  ä  la  pr^position  b,  on  prononce  -»nb,  ce  qui  est 
contraire  k  lusage  arabe.  La  forme  de  la  pr6position  br  est  6gale- 
ment  commune  aux  idiomes  du  nord.  II  n'est  donc  nullement 
temeraire  d  afißrmer  que  dans  les  deux  ou  trois  siöcles  subs^quents 
ä  notre  fere  la  population  de  la  Syrie  Orientale  et  celle  du  dösert 
adjacent  n'ont  subi  aucun  remaniement  violent:  la  premiöre  ^tait 
aram^enne  avec  uu  16ger  m^lange  de  l'^Ument  nomade ;  la  seconde 
etait  restöe  purement  arabe,  mais  arabe  septentrionale  et  pour  ainsi 
dire  autochthone.  Le  premier  t^moignage  de  la  pr^sence  d' Arabes 
dn  Hidjaz  dans  le  Haouran  est  foumi  par  Tinscription  arabe  grec- 
que  de  Harran  dans  L6dja,  qui  date  de  568,  tandis  que  les  monu- 
ments  contemporains  ne  mentionnent  que  des  noms  nabat^ens  et 
ceux  du  Safa.  On  voit  donc  que  m^me  dans  la  seconde  moiti^ 
dn  sixiäme  sifecle,  les  Arabes  proprement  dits  formaient  dans  le 
Haouran  une  minorit^  presque  imperceptible ;  Tinvasion  de  cette 
contr^e  par  les  tribus  du  Hidjaz  est  post^rieure,  non  pas  ant^rieure 
^  rislamisme.  Quant  aux  tribus  sabeennes,  non  seulement  on  ne 
les  constate  nulle  part  dans  la  Syrie,  mais  on  peut  m^me  se 
demander  si  elles  ont  pris  une  partie  quelconque  dans  les  premiferes 
exp^diüons  des  musulmans.  H  y  a  lieu  de  croire  que  Texp^dition 
du  nord  avait  pour  complement  une  autre  exp6dition  musulmane 
dirig^  vers  le  sud  de  la  p6ninsule  dans  le  but  d'en  convertir  les 
habitants,  dont  le  paganisme  avait  et^  ä  peine  entam^  par  le  petit 
nombre  de  Juifs  et  de  Chr^tiens  qui  demeuraient  au  milieu  d'eux. 
En  effet,  les  Saböens  qui  voyaient  leurs  villes  brül^es,  leurs 
temples  profanes  et  leurs  champs  devast^s  par  les  nomades  fanatis^s, 
ne  devaient  guöre  Mre  port6s  ^  les  seconder  dans  leurs  entreprises 
töm^raires;   ce   nest   que  lorsque  leur  transformation  civile  et  re- 

Ugieuse  fut  complfete  qu  ils  se  seraient  decides  ä  founiir  des  corjis 

mxiUaires  ä  l'arm^e  des  croyants. 

Je   ne    veux   pas    tenniner   eette   esquisse  Sans  dire  quelques 


176  HaUfff/y  U  dichiffrement  des  inscriptions  du  Sctfa. 

mots  suT  la  question  pal^ographique  que  mon  savant  devancier, 
M.  D.  H.  Müller  a  agit^e  ä  propos  des  textes  du  Safa.  D  me 
paratt  tout-^-fait  peine  perdue  de  vouloir  fonder  les  recherches 
d'origine  sur  les  alphabets  d6riv6s  et  fortement  modifi^s.  En 
g^n^ral,  les  vingt-deux-  lettres  de  lalphabet  phönicien  ont  6t^ 
accept^es  dans  leur  int^grit^  par  les  peuples  de  race  s^mitique, 
par  cette  bonne  raison  que  les  articulations  qu'il  exprime  leur 
sont  communes.  Ce  nest  que  plus  tard,  lorsque  leurs  langues 
s'^taient  enrichies  d'aspiraüons  et  dautres  sons  secondaires  qu ils 
modifi&rent  certaines  lettres  afin  d'exprimer  les  nouvelles  articulations. 
Ainsi,    il  est  &yM,  que  dans  Talphabet  sab^en,  la  gutturale   t  est 

exprim^e  par  un  i  superpos^,  les  dentales  aspir^es  n,  n  par  une 
modification  du  n  et  les  sifflantes  aspir^es  (jo  et  Jo  par  des  mo- 

difications  du  at.  Le  n  est  certainement  aussi  varie  du  n.  Si 
certaines  lettres  ne  portent  pas  de  sinulitude  avec  les  caract^res 
ph6niciens,  c'est  que  nous  ignorons  leurs  formes  ant^rieures.  Sous 
ce  rapport  la  connaissance  de  l'alphabet  du  Safa  fera  öviter  bien  des 
m^prises.  N'a-t-on  pas  afi&rm^  nagu^re  que  le  M  sab6en  se  rap- 
portait  au  n  et  que  le  0  nötait  quun  n  renverse?  En  bien, 
avec  le  secours  des  formes  du  Safa,  qui  sont  rest^es  dans  un  6tat 
plus  archaYque,  toutes  ces  lettres  se  ram^nent  facilement  ä  leurs 
modales  ph^niciens.  II  est  maintenant  certain  que  les  caract^res 
sab^ens  0  et  S  n'ont  aucun  rapport  entre  eux.  Par  ces  nouvelles 
donnees,  le  Systeme  de  Wuttke-Levy  de  Torigine  de  l'^criture, 
Systeme  qui  par  cela  seul  qu'il  attribue  aux  inventeurs  des  con- 
naissances  phonologiqes  superieures  ä  leur  ^poque,  na  pu  acqu^rir 
le  suffrage  des  pal^ographes,  re9oit  son  coup  de  gräce.  H  est 
un  fait  d^sormais  acquis  ä  l'aide  de  l'^criture  du  Safa,  c'est 
que  les  lettres  fondamentales  de  Talpliabet  ph^nicien  ont  ^U  ri- 
goureusement  conservöes  chez  tous  les  peuples  s^mitiques.  Pour  les 
peuples  non  s^mitiques,  la  chose  se  pr^sentait  sous  un  aspect  dif- 
ferent,  car  d'un  c6t^,  plusieurs  articulations  leur  ^taient  ^trang&res 
et  d'autre  c6t^,  ils  poss^daient  des  sons  inconnus  aux  S^mites;  ils 
^taient  donc  dans  l'obligation  de  retrancher  plusieurs  lettres  pri- 
mitives et  d'en  aj outer  de  nouvelles;  bref,  d'en  modifier  profondöment 
Teconomie  primitive.  J*ai  cherchö  ä  d^mpntrer  ailleurs  que  l'alphabet 
phenicien  proc^de  des  hi^roglyphes  et  non  pas  de  l'öcriture  hiöra- 
tique  conune  le  soutiennent  les  6gyptologues,  et  que  les  Ph^niciens 
^tant  par  rapport  aux  Egyptiens  comme  les  peuples  non  s^mitiques 
k  r^gard  d'eux,  n'ont  emprunt^  que  les  signes  des  articulations 
communes.  Quant  aux  sons  y,  n,  t,  n,  b,  y,  D,  at  qui  n  existaient 
pas  en  egyptien,  ils  les  ont  formes  des  lettres  primitives  au  moyen 
de  traits  diacritiques  et  d'autres  l^g^res  modifications  ^). 


•    1)   Voyes    mvs    M^langes    dipigraphie    et    iVarchieologie    simiiiquea 
p.  168— 18S. 


177 


Die  neueren  Resultate  der  sumerischen  Forschung. 

Von 

Dr.  Priii  Hommel.  >) 

Was  zunächst  den  Namen  someriscli  betrifft,  so  unterliegt  es 
nach  den  Auslassungen  Oppert's,  denen  in  jüngster  Zeit  durch 
Friedrich  Delitzsch  neue  Beweisstützen  gegeben  worden,  keinem 
Zweifel  mehr,  dass  derselbe,  und  nicht  der  Name  akkadisch,  die 
allein  richtige  Benennung  der  in  Rede  stehenden  Sprache  ist.  Diese 
Beweisgrfuide  hier  anzuiüliren  ist  heute  nicht  meine  Aufgabe. 

Die  literarischen  Quellen,  aus  denen  die  Keilschriftforschung 
das  Material  fELr  die  sumerischen  Studien  schöpft,  sind  folgende: 

1 .  die  sumerisch-assyrischen  Nationallexica,  beinahe  den  ganzen 
n.  Band  des  Rawlinson  sehen  Inschriftenwerkes  (von  Tafel  5  an)  füllend. 
Beispiele:    IT  Rawl.  27,  10  ff.  HAL  ;  ga-ra-ru  fliessen 

HAL.HAL    gardru  sa   mi-i  fliessen 

'      des  Wassers 
GUR^)  gardru  sa   avüi   dahin- 

*  laufen  des  Menschen 

GUKGUR     na-gar-ru-fu*^  schnelles 

fliessen  (heftiges  laufen) 
IT  Rawl.  48,  21  e f.  GALA»)        bi-izzura  Blosse 

MUG»)  ü-ru  Blosse 

MÜRÜB »)   I  ürU'U äa zinnüti  Blosse 

(Scham)  des  Weibes 

Davon  zu  unterscheiden  sind  die  blossen  Syllabare,  die  nur 
zar  Erklärung  der  Schriftzeichen  dienen,  von  welchen  aber  das 
umfangreichste,  das  sogenannte  grosse  dreispaltige  Syllabar,  zugleich 
eine  sumerisch-assyrische  Wörterliste  bildet.     Beispiele: 

a.  aus  dem  gi-ossen  Syllabar  II  Rawl.  1,2  (in  der  Mitte  steht 
das  zu  erkl&rende  Zeichen,  links  seine  sumerische  Aussprache  in 
rein  phonetischer  Schreibweise,  und  rechts  das  entsprechende  Aequi- 
valent   dieses   sumerischen  Wortes  im  Assyrischen;   ich  theile  den 


1)  Vorgetngen  auf  der  Ocneralversammlung  zu  WicNbadcn  am  2S.  Sep- 
tember 1878.  D.  li. 

2>  Im  Ori^nal:  (f(ur>  KIL;  diese  (kleiner  K«*chrieboiie)  Glosse  bedeutet 
•b«r,  Uiuu  KIL  hier  GUK  zu  sprechen  ist. 

8)  Geschrieben  SAL   (od.  KAK).  LA,   aber   nach   den  Glossen  gala,  mvg 
«nd  murub  aoszusprechen. 

Bd.  XXXII.  13 


178      Hommel,  die  neueren  Resultate  der  sumerischen  Forschung. 


Anfang  desselben,  wie  es  in  D  e  1  i  t  z  s  c  h's  assyrischen  Lesestücken 
herausgegeben  ist,  hier  in  Transscription  mit  Etwa  vierthalbhundert 
Zeichen  werden  dort  in  ihrer  sumerischen  imd  assjrischen  Bedeutung 
erkläit) 

samü  (Himmel)    [Assyr.  Silbenzeichen  a«] 
.  Äu"  (Gott)       4 — 41  ist  abgebrochen 
htlutu^  (Verbrennung) 


(1)  ANA        -4- 

(2)  DINGIR  -►! 

(42)  GIBIL      I J 

EN  1-4- 


äiptu^  (Beschwörung)  [kommt  im  Ass.  nur 
als  Ideogranun  in  der  Bedeutung 
äiptu  vor] 

öUHUB    I^r|**4~  suhuppatu"^  (Farre)    [konmit  im  Ass.  nur 

als  Ideogramm  in  der  Bedeutung 
paru  oder  suhuppatuFarre  und  dann 
gewöhnlich  mit  vorgesetztem  Determ. 

Sl^f^  vor] 

ß,  aus  dem  eigentlichen  Syllabar,  welches  allein  der  lautlichen 
Erklärung  der  Schrifbzeichen  ohne  Rücksicht  auf  ihre  Bedeutung 
gewidmet  ist,  II  Rawl.  3,  vollständig  bei  Delitzsch,  Ass.  Lesest.,  2.  Aufl. 
S.  35fif.  (in  der  Mitte  steht  das  Zeichen,  links  seine  Werthe,  und 
rechts  der  stets  mit  der  Nominativendung  u  [oder  u"]  versehene 
Name  des  Zeichens):  z.  B. 

RI       -!!<!  taUu"^ 

TAL  -TT<T  n       . 


Ass.  Silbenzeichen  ri  und  tcd 


BI 
KAä 


kdhi 


Ass.  Silbenzeichen  bi  und  Tccls 


y,  aus  dem  4  spaltigen  Syllabar  IV  Rawl.  69,  70,  welches 
dem  eben  besprochenen  dreispaltigen  Syllabar  gleicht,  nur  dass  in 
der  dritten  Columne  sehr  oft  statt  des  Namens  des  Silbenzeichens 
wie  in  der  zuletzt  mitgetheilten  Zeile  jenes  Syilabars  eine  graphische 
Erklärung  versucht  wird  '),  und  dass  noch  eine  vierte  Columne  an- 
gereiht wird,  welche  die  Bedeutungen,  die  das  betreffende  Zeichen 
(oder  richtiger  sumerische  Wort  —  denn  nicht  immer  kommen 
diese  Bedeutungen  dem  Zeichen  als  Ideogramm  in  assyr.  Texten 
zu,  sondern  oft  finden  sie  sich  nur  in  rein  sumerischen  Texten  — ) 
hat,  gewissermassen  als  eine  Reihe  assyrischer  Synonyma  aufföhrt 


IV.  Rawl.  69,  6  ff.     GIR 


--^Hf 


^gtru    I   zukakibu  (Skorpion)') 
patru  (Dolch) 
padcmu 
birku  (Blitzstrahl) 


1)  So  besonders   die   Formel:   sa  ana (z.  B.    bei   obigem  T*>4-  : 

Su  anna)  idu  „welches  zu  (dem  Zeichen  su)  noch  (das  Zeichen  an)  keimV\ 

2)  In  dem  Täfelchen  K  4213  Synonym  von  akralm. 


Hammeij  die  neueren  ResutUäe  der  tumerUchen  Forschung.     179 

Ergänzungen  zu  diesen  drei  Arten  von  Syllabaren  bilden  die 
den  sumerischen  Wörtern  (resp.  sumerisch-assyr.  Schriftzeichen)  so 
oft  in  den  Nationallexicis  in  kleineren  Charakteren  beigeschriebenen 
Glossen,  welche  für  die  richtige  Lesung  sumerischer  Texte  von 
imsch&tzbarem  Werthe  sind,  da  es  vorkommen  kann,  dass  man  in 
solchen  ein  Zeichen  seiner  Bedeutung  nach  ganz  genau  kennt, 
also  auch,  wenn  alle  andern  Wörter  bekannt  sind,  den  Satz  voll- 
kommen richtig  übersetzen  kann,  nur  aber  die  Aussprache  des 
betreffenden  Zeichens  zunächst  noch  unbekannt  ist,  imd  uns  dann 
solche  Glossen  in  vielen  Fällen  die  richtige  Aussprache  an  die 
Hand  geben. 

2.  die  granunatikalischen  Paradigmen,  welche  von  den  assy- 
rischen Gelehrten  angefertigt  wurden,  und  von  denen  sich  eine 
grosse  Anzahl  im  11.  Band  des  Inschriftenwerkes  (11  Rawl.  8,  45 
— 70 cd.  9.  11.  12  und  13.  14  und  15.  16.,  sowie  einige  Frag- 
mente auf  Tafel  33  und  35)  abgedruckt  findet. 

Ich  wähle  hier  ein  bereits  von  Schrader  aus  II  R  12, 
42 — 47 cd  mitgetheiltes  Täf eichen,  um  dort  einen  Fehler,  der  schon 
manche  an  der  Richtigkeit  der  sumerischen  Entzifferungen  irre- 
gemacht hat,  zu  verbessern: 

KI.NI.TA.  iVtöu  mit  ihm 

KI. NE. NE. TA')       ittiSunu  mit  ihnen  (im  sumer.  einfach 

durch  Verdopplung  der  3.  sing, 
ausgedrückt) 
KI.MU.TA  ütija  mit  mir 

KI. MI. TA  ittini  mit  tms 

KI. Zu. TA  ttttka  mit  dir 

KI.  Zu. NE. NE. TA*)  tUikunu  mit  euch  (im  sumer.  2.  sing.  + 

3.  pl.  =  2.  plur). 
TA  ist  sumerische  Postposition  und  entspricht  dem  assyr.  ultu 
,aiis,  von*,  aber  auch  der  ass.  Präposition  tna  „in*^,  z.  B.  IV  B.  9, 
11  + 12b  §I§.ZU.TA  tna  ahika  „bei  deinem  Bruder*;  und  KI 
wird  von  den  Nationallexicis  nicht  blos  durch  tr^'tu  Erde,  in 
welcher  Bedeutung  es  auch  als  Ideogranun  in  den  assyr.  Texten 
Torkommt  (z.  B.  KI.-</*  =  ir^äi*^),  sondern  auch  durch  aäi-u 
Ort  erklärt  Es  heisst  also  KI.NI.TA  wörtlich  tna  asarsu  „an 
seinem  Ort*,  wie  man  im  Sumerischen  für  „mit  ihm*^  sich  ausdrückte. 
8.  die  bilinguen  Texte,  einige  Tafeln  im  11.  Band  und  ausser- 
dem beinahe  den  ganzen  IV.  Band  des  Londoner  Inschriftenwerkes 
ausfüllend.      Sie   sind  meist  religiösen  und  mythologischen  Inhalts 


1)  8ehnder  KI .  BIL .  BIL .  TA.   ^-^^f  ist  aber  in  den  sumer.  Texten  nur 

KE  und  (wenn  es  Feuer  bedeutet)  GIBIL ,  woraus  der  ass.  Werth  bil  wie  der  von 
hn,  Syllabaren  angegebene  sumer.  Werth  PIL  (und  BIL)  erst  abgekürzt  zu 
«in  aeheint. 

2)  Schrader:  KI .  ZU .  BIL .  BIL  .  TA. 

12* 


180      Hommel^  die  dieneren  Resultate  der  9utnerischen  Forschung. 

und  so  geschrieben,  dass  immer  eine  Zeile  sumerisch  und  die 
folgende  assyrische  Interlinearübersetzung  ist  In  kleineren  Texten 
kommt  es  auch  vor,  dass  links  das  sumerische,  rechts  die  assyr. 
Uebersetzung  steht,  und  es  sei  hier  der  Kürze  halber  so  ein  klei- 
neres Stück,  nämlich  ein  sumerisches  Spiichwort,  als  Beispiel  eines 
bilinguen  Textes  gewählt: 
II  Rawl.   16,  14— 17  cd 


tal'lik  ta&-ia-a 
{'ki-Ü  nak'Ti 
il'Uk  ü'äa-a 
{'ki'U-ka  nak-ru 


IZ.-DÜ  IZI.-MU.UN.-IL 

. . .  G  0  (MÜLÜ-)  KÜR .  RA .  KIT 

NI.-DÜUN-IL 

...G.-ZU  (MÜLU-)KÜR.RA 
d.  i.  du  gingst  (hier  nicht  DU .  A  -  ZU,  sondern  der  reinen  Verbal- 
wurzel DU,  gehen,  wird  hier  IZ  vorgesetzt  zum  Ausdruck  der 
2.  Sing.),  du  nahmst  (im  Sumerischen  wörtlich  „du  nahmst  es' 
mit  incorporirtem  n;  IL,  nicht  GA.^U  zu  sprechen,  heisst  nehmen; 
vorgesetztes  IM  bildet  neben  IN-  und  BA-  den  Perfectstamm ; 
wenn  das  im  voraus  auf  das  noch  genannte  Object  hinweisende 
und  dann  zwischen  das  den  Perfectstamm  bildende  Präfix  und  die 
reine  Wurzel  gesetzte  Pronomen  der  3.  Pers.  Sing,  in  den  m-stamm, 
wie  ihn  Delitzsch  zum  Unterschied  vom  n-  und  b-stanmi  nennt, 
treten  soll,  so  wird  es  dem  m  mittelst  des  diesem  labialen  Con- 
souanten  homogeneren  u-Vocals  angehängt,  der  vor  dem  m  gewesene 
Vorschlags-  oder  Hilfsvocal  i  aber  als  nun  nicht  mehr  nöthig  ab- 
geworfen, so  dass  wir  die  Form  MU-N-IL  bekommen,  die  an  und 
für  sich,  da  die  3.  Sing,  im  sumerischen  nicht  besonders  bezeichnet 
wird,  „er  nahm**  heissen  würde,  mit  vorgesetztem  IZI  *)  aber  „du 
nahmst**  bedeutet)  das  Feld  des  Feindes  (oder,  wenn  man  MULU 
„Mensch**  nicht,  wie  ich  es  hier  thue,  als  blosses  Determinativ,  was 
dann  nicht  gesprochen  wird,  betrachtet:  „des  feindlichen  Mannes*^; 
KIT  ist  eine  den  Genitiv  bezeichnende  Postposition  des  Sumerischen, 
wahrscheinlich  entstanden  aus  KI .  TA) ;  es  gieng  (NI-DÜ  der  reine 
Perfectstanmi  und  zwar  der  n- Reihe;  mit  NI-  wechselt  nicht  nur 
IN-  sondern  auch  UN-),  es  nahm  (UN-IL)  dtin  Feld  der  Feind. 
4.  die  nur  in  sumerischer  Sprache  geschriebenen  Texte.  Von 
dieser  Art  sind  bis  jetzt  nur  kleinere  Inschriften  bekannt,  welche 
von  den  ältesten  babylonischen  Königen  herrühren  und  in  den 
sogenannten  hieratischen  Keilschriftcharakteren  geschrieben  sind. 
Ohne  die  granmiatikalischen  und  lexicalischen  Arbeiten  der  As- 
syrer  wie  die  bilinguen  Texte  wäre  eine  Entzifferung  dieser  In- 
schriften natürlich  nie  möglich  gewesen;  vor  der  Hand  ist  von 
ihnen  daher  auch  keine  reiche  Ausbeute  sondern  meist  nur  Be- 
stUtigimg  der  dort  gemachten  Forschungen  und  Entdeckungen  zu 
erwarten,  zumal  sie  fast  alle  nur  geringen  Umfanges  sind. 


V  _ 


1)  f!   ^Tff  (lücht  A.SÄ  zu  sprechen,  sondern  auf  G  endigend,  vgl.  II  R. 
11,  73  ef);  iklu  Feld,  ein  in  den  Texten  sehr  oft  vorkommendes  Wort. 

2)  Zu  dieser  Aussprache  des  Zeichens    »-^^^f  vgl.  11  K.  3,  471  ff. 


Hommely  die  neueren  Res  fatale  der  mimerischen  Forechung.      131 

5.  die  Verwendung  sumerischer  Wörter  als  Ideogramme  in 
assyrischen  (resp.  babylonischen)  Texten. 

Es  ist  keineswegs  der  Fall,  dass  die  assyrischen  Texte  so  von 
Ideogrammen  winuneln,  wie  es  etwa  scheinen  möchte.  Viele  der- 
selben sind  bis  jetzt  äna^  XiyofAiva^  unzählige  andre  kommen 
seltner  oder  nur  in  ganz  speciellen  Arten  von  Texten  (wie  astro- 
nomischen) vor,  und  wenn  man  solche  ausnimmt,  so  kann  man 
getrost  sagen,  dass  es  nur  die  gewöhnlichsten  Begriffe  der  Sprache 
sind,  welche  ideogrammatisch  in  der  Schrift  ausgedrückt  werden. 
so  z.  B.  fast  stets  ir^itu  Erde,  vuitu  Land,  nisu  Mann,  sanii 
König,   haldku  gehen,    Aiüur   Assyrien,    Istar  Astarte    u.  s.  w., 

welche  KI,  KUR,  UN  oder  MULU,  LUGAL,  DU,  --T  DUG,  — -? 
XV  geschrieben,  aber  in  ihren  eben  angegebenen  assyrischen  (semi- 
tischen) Werthen  gelesen  werden.  Zur  Erleichterung  setzen  die 
Assyrer  hier  öfter  sogenannte  phonetische  Gomplemente  *)  dem 
betreffenden  Ideogramm  nach,  z.  B.  ud  in  KUE-uä  As.  Sm.  85,  51, 
tim  in  KI-  ti"*  passim,  um  zu  bezeichnen,  dass  hier  ikSud  er  er- 
oberte*), tr^äi'^  der  Erde  —  kur-ud  und  ki-li'^  würden  gar  keine 
Worte  sein  —  gelesen  werden  muss. 

Seltner  vorkommende  Ideogramme  richtig  assyrisch  lesen  zu 
können,  würden  wir  manchmal  in  Verlegenheit  sein,  wenn  wir  eben 
nicht  die  sumerisch-assyrischen  Syllabare  und  Nationallexica  hätten, 
die  ans  hier  fast  stets  das  richtige  an  die  Hand  geben.  Aber  neben 
diesen  unschfttzbaren  Hilfsmitteln  muss  hier  noch  eines  erwähnt 
werden,  welches  uns  oft  auch  schon  ohne  dieselben  zur  richtigen 
Lesung  gelangen  lässt,  ich  meine  die  zahlreichen  Varianten  der 
Paralleltexte  zu  den  historischen  und  andern  Inschriften.  Da 
kommt  es  oft  vor,  dass  in  der  einen  Fassung  des  Textes  ein  Wort 
ideogrammatisch  geschrieben  ist,  was  in  der  andern  Fassung  an  der- 
selben ganz  gleichlautenden  Stelle  phonetisch  wiedergegeben  wird ;  so 
bietet  ans,  um  nur  einige  Beispiele  zu  nennen,  die  erste  Hälfte  der  von 
Smith  herausgegebenen  Inschriften  Asurbanibals  (p.  1 — 151)  neben 
einer  Reihe  von  sehr  oft  begegnenden  Ideogrammen,  zu  denen  die 
Varianten  die  phonetische  Lesung  geben  (oder  umgekehrt),  —  wie 
arha-nu^  (Var.  ar-ka-a-nu)  „nachher**,  ftbtu  (Var.  pt-ab-tv)  „Wohl- 
that*,  zi'kar  Sap-ti-ja  (Var.  zikar  sapfi-ja)  „die  Worte  meiner 
Lippe*,  ntri'ja  (Var.  vi-ri-ja)  „mein  Joch*,  ^ini-us-iu  (Var.  si-m- 
ui'iu)  ffgegen  ihn",  a-di  mak-n'-ja  (Var.  a-di  vialpi-ja  *)  „zu  meiner 


1>  Nicht  mit  der  .sogonannten  Nomiiinlverlängcrunf^  zu  verwechseln,  welche 
bk»  in  sumerischen  Texten  vurlcommt. 

3)  Vgl.  zur  BestXtigung   die  Variante   der    betreffenden  Stelle,    welche  ik- 
iui-ud  phonetisch  geschrieben  darbietet. 

3|  Ich  könnte  natürlich  hier  wie  in  den  folgenden  Beispielen  gerade  so  gut 
die  famerischon  Werthe  einsetzen,  also   hier   EGIK-  nu  (=arkattu),    beim  2. 
f  <=  tabtn),  beim  3.  EMP%  ja  (=  sapti-Ja)  u.  s.  w.  transscribircn. 

4)  OHÜ  ^f^-   'jo  geschrieben. 


182     ß^mmel,  die  neueren  EesuUaie  der  ßumeruchen  Forschung. 

Gegenwart**,  turtatiu  (Var.  tur-ta-nü)  «Statthalter*,  umman-su  (Var. 
um-mam-äu  „sein  Heer*,  ina  Jea-bal  (Var.  ina  kabat)  in  „der  Mitte 
von*,  idftot-  (Var.  Jä-tar)  „Astarte*  und  ta-ha-zi  (Var.  tahozi)  „Schlacht* 
—  auch  zwei  Ideogramme,  die  uns  sonst  aus  den  Nationallexicis 
und  Syllabaren  wie  aus  den  übrigen  assyr.  und  sumerischen  Texten, 
soweit    sie    durchforscht    sind,    noch    nicht    oder   nur  in  wenigen 

Fällen    bekannt    waren ,    nämlich   As.   Sm.    105,  60    "^inj   !<« 

DIEI6 .  g  *),  wie  die  Variante  zu  dem  im  Haupttext  stehenden  ma- 

lu'U-ti  „reichliche*   (von  «bia  füllen)   bietet,   und    123,  49  _ff<f-T 

„Gnade*  (var.  rt-i-mu,  vgl.  DH^),   was   zwar   auch   sonst  in  assyr. 
Texten   vorkommt   (und   deshalb   auch   von  Delitzsch,   Schrifttafel 
seiner  Ass.  Lesest.,  2.  Aufl.  Nr.  147  genannt  wird),  aber  wozu  uns 
die  Syllabare  und  Nationallexica  bis  jetzt  die  sumerische  Aussprache  . 
noch  nicht  haben  finden  lassen.     Ich  wählte  letzteres  Beispiel  hier 
deshalb,   um   zu   zeigen,   dass   diese  Varianten  für  die  sumerische 
Sprachforschung  nur  insofern  Nutzen  bringen,  als  sie  uns  zwar  die 
Bedeutung,  aber  nicht  die  Aussprache,  wenn  wir  diese  nicht  anders 
woher  erfahren,    der  sumerischen  Wörter  kennen  lehren.     Da  aber 
dieser  sekundäre  Nutzen  für  das  Sumerische  immerhin  ein  Nutzen 
bleibt,    so    musste    auf  den  Werth  jener  Ideogram%ie   und   ihrer 
Varianten,  der  für  das  Assyrische  freilich  ein  grosser  ist,  auch  hier 
bei  Aufzählimg   des  literarischen  Quellenmaterials  der  sumerischen 
Forschung  hingewiesen  werden.  —  Was  nun  noch  den  Zweck  jener 
Verwendung  von  Ideogrammen  anlangt,  so  sieht  man  deutlich,  die 
Assyrer  brauchten  bei  sehr  oft  vorkommenden  Begriffen,  um  Baum 
zu  sparen   und  um  hier  nicht  ihre  stets  etwas  längeren  weil  drei- 
consonantigen    semitischen   Wörter   schreiben  zu  müssen,    die  viel 
kürzeren,   weil  meist  einsilbigen  und  mit  emem  Zeichen  geschrie- 
benen  sumerischen  Wörter ').     Die  assyrische  Schrift  ist  ja  über- 
haupt eine  dem  semitischen  Assyrisch  erst  angepasste  nichtsemitische 
Schrift,   die  Schrift   des   alten  Gulturvolkes  der  Sumerier  —  dies 
hat  Oppert  lange  bevor  man  sumerisch-assyrische  Texte  hatte,  er- 
kannt — ,  und  nur  aus  ihrem  nichtsemitischen  Ursprung  ist  es  zu 
erklären,   dass  die  assyrische  Schrift  z.  B.  cua,   aa  und  a^,  &,   is 
imd  t'^,   uz,   US  und  t/^,    da  und  /a,   di  und  //,   va  und  fiui  mit 
einem  Zeichen  ausdrücken  muss.     Ein  Glück  für  ims  ist  es,  dass 
in   den   assyrischen  Priesterschulen   noch  bis  in  die  späteste  Zeit 


1)  So   transscribire   ich    diu  Pluralzoicheu  T<<<    (»um.    MKS  =  mahdütu 

Menge,  was,  uebenbci  bemerkt  in  sumer.  Texten  uio  den  Plural  bildet,  sondern 
nur  in  aas.  Texten  neben  Ideogrammen  dem  Auge  den  Plural  derselben  an- 
zuzeigen  gesetzt  wird). 

2)  Hier  ist  besonders  zu  beachten,  dass  in  den  Keilschrifltexten  jede  Zeile 
mit  einem  vollständigen  Wort  schliessen  muss  und  eine  Abtheilung  desselben 
in  solchen  Fällen  nie  vorkommt,  also  schon  deshalb  oft  Hanshaltung  in  der 
Wahl  dQF  Zeichen  geboten  war, 


UammeLf  die  neueren  ResuUate  der  gUTnerücheti  Forschung.      Ig3 

des  assjrrischen  Reiches  die  sumerische  Sprache  erlernt  werden 
masste,  in  dieser  Sprache  immer  noch  die  H3rmnen  anf  das  ur- 
spräi^lich  von  den  Sumeriem  überkommene  Götterpantheon  ab- 
gesungen wurden )  und  uns  so  jenes  unschätzbare  Hilfsmittel  der 
assyrischen  Philologie,  die  erwähnten  sumerisch-assyr.  Nationallexia, 
Syllabare  und  grammaticalischen  Paradigmen  wie  die  Interlinear- 
▼ersionen  der  sumerischen  Texte  mit  der  übrigen  Literatur  der 
Assyrer  eiiialten  blieben. 

Was  nun  die  neuesten  Resultate  der  assyriologischen  Wissen- 
schafk  für  das  Sumerische,  zumal  über  seine  Stellung  innerhalb  der 
uns  bekannten  Sprachen  betrifft,  so  sind  dieselben  folgende: 

a.  Das  Sumerische  trägt  in  der  Anfügung  der  Bildungsele- 
mente  einerseits  den  Charakter  der  sog.  aggltUinirenden  Sprachen 
an  sich  —  man  vergleiche  nur  die  Anwendung  der  Postpositionen 
statt  der  Präpositionen,  die  lose  Aufleimung  der  Suffixe  z.  B. 
ADDA  Vater,  ADD A. NA  sein  Vater,  ADDA.NA.RA  ana  abi-Su 
zu  seinem  Vater,  die  Nominalcomposition  (welche  sonst  auch  noch 
den  indogerm.  Sprachen  eigenthümlich  ist)  z.  B.  HID.KA.A.NA 
Mündungen  der  Ströme  (fflD  Strom,  KA  Mündung),  SAG. GIG 
Kopfweh,  AN .  KI .  SAR .  A .  NA  Schaaren  des  Himmels  und  der  Erde 
(AN  Himmel,  KI  Erde,  §AR  Schaar,  ANA  Pluralsufdx;  ass.  ki^^at 
Sami  u  irsiti")  und  endlich  der  deutlich  genug  im  Sumerischen 
ausgeprägte  Ansatz  zur  Vokalharmonie  ^  welcher  sich  besonders 
anffiallend  im  Bau  der  zweisilbigen  Nomina  zeigt  (vgL  üStJ  tdiääu 
aUein,  URU  alu  Stadt,  LÜGÜD  Sarku,  DUGÜD  kabtu  schwer, 
UBÜD  iru  Bronze,  SüHUB  paru  Farre,  SAHAR  ipru  Staub,  ALAD 
Xdu  Stiercoloss,  AMAR  büru  Glanz,  AZAG  ülu  glänzend,  DAMAL 
rapiu  breit,  DIRIG  atru,  IRIM  sabu  Soldat,  EME  Uäanu  Zunge 
n.  a.  m.),  so  dass  man  hier  schon  mehr  von  regelmässiger  Durch- 
f&hrung  sprechen  kann,  während  die  Vokalharmonie  nur  als  Ansatz 
bei  der  Anfügung  von  Suffixen  an  die  Wurzel  betrachtet  werden 
muss,  z.  B.  beim  Pluralsuffix  -ANA,  -ENE,  z.  B.  §AR.A.NA 
S^iaaren,  KA .  A .  NA  Mündungen,  §U .  Bü  seine  Hand  (statt  §ü .  BI), 
ÖAGA.-NA  sein  Herz  (statt  §AGA-NI),  DINGIR.RA.NA  sein  Gott 
(statt  DINGIRRA.NI,  was  auch  vorkommt),  DAM. NA  ihren  Mann, 
DINGIR.E.NE  Götter,  IN.ZU.U§  sie  lernten  (statt  IN.ZU.E§; 
ZU  heisst  „lernen*),  dagegen  IN.LAL.E.NE  sie  wägen,  E.A.NI 
sein  Haus  (vgl.  oben  DAM. NA  ihren  Mann),  KA.BI  sein  Mund 
(nicht  KA .  BA)  u.  a.  Wenn  man  nun  noch  die  Identität  der  Prono- 
minalsuffixe,  bes.  der  1.  rmd  2.  Person  Sing,  mit  denen  des  tür- 
kisch-tatarischen Sprachstamms  dazu  nimmt,  wenn  man  sich  ferner 
erinnert,  dass  eine  systematisch  durchgeführte  Vokalharmonie  sich 
nur  in  den  ural-altaischen  Sprachen  findet,  und  endlich  die  frappante 
Uebereinstimmung  von  einigen  ganz  gewöhnliehen  Begriffen  wie 
DINGIR  Gott  (alttürk.  tofigra),  TAK  Stein  u.  a.  ins  Auge  fasst, 
so  scheint  nach  oberflächlicher  Betrachtung  die  Zusammengehörigkeit 
des    Sumerischen    mit  jener   Sprachfamilie    ohne    allen   Zweifel  zu 


134     Hommely  die  neueren  Resultate  der  sumeriaehen  Fonckumg, 

sein.  Trotzdem  würde  ich  nie  zu  behaupten  wagen,  das  Sumerische 
wäre  etwa  die  Mutter  irgend  einer  dieser  Sprachen,  weil  wir  ja 
keine  derselben  weiter  als  einige  Jahrhunderte  zurück  verfolgen 
können,  und  das  Sumerische  in  so  grauem  Alterthum  die  einzige 
von  Sprachen  solchen  Baues  wäre,  welche  wir  kennen.  Im  G^en- 
theil,  meine  Ansicht  war  stets,  dass  eine  solche  Verwandtschaft, 
auch  wenn  sie  wahrscheinlich  erschiene,  niemals  mehr,  selbst  mit 
Herbeiziehung  des  ohne  Zweifel  mit  dem  Sumerischen  verwandten 
noch  unentzifferten  Elamitischen ,  wissenschaftlich  bewiesen  werden 
könnte,  eben  wegen  des  zu  grossen  Zeitraums,  der  zwischen  den 
uns  bekannten  ural-altaischen  Sprachen  und  dem  Sumerischen  in 
dem  Stadium,  in  dem  es  uns  vorliegt,  sich  befindet.  Aber  bei 
näherer  Betrachtung  der  Dinge  eröfl^et  sich  eine  Kluft  zwischen 
beiden,  welche  die  obengenannten  allerdings  frappanten  Aehnlich- 
keiten  eben  doch  als  Zufall  erscheinen  lässt  und  eine  Yergleichung 
geradezu  unmöglich  macht.  Diese  Kluft  wird  durch  folgende  eben- 
falls gesicherte  Resultate  der  sumerischen  Forschung,  welche  ich 
an  zweiter  Stelle  anführe,  in  klares  Licht  treten. 

b.  Das  Sumerische  hebt  sich  andrerseits  durch  den  Bau  seiner 
Verbalstänufie  und  seiner  Conjugation,  welcher,  wie  aus  schon  an- 
geführten Beispielen  ersichtlich,  hauptsächlich  in  Prä-  und  Infigimng 
besteht,  durch  die  in  ihm  gewöhnliche  Nachsetzung  der  A^ectiva 
wie  der  ein  Wort  näher  bestinmienden  Substantiva  (z.  B.  E-GAL 
grosses  Haus,  EN.DÜGUDDA  der  angesehene  Herr;  GI8.TIN 
Wein,  wörtl.  Holzdes  Lebens,  KI.BIL  Kohlenbecken,  wörtL  Ort 
des  Feuers ,  E .  MA  Kajüte ,  wörtl.  Haus  des  Schiffs)  und  endlich 
durch  Präfigirung  sonstiger  näher  bestimmender  Elemente,  wie  z.  B. 
des  zu  Abstracten  erhebenden  NAM  (z.  B.  NAH. DU  Sohnschaft), 
einiger  neben'"  den  gewöhnlichen  Postpositionen  vorkommender  Prft^ 
Positionen  (so  stets  M\JQ.  «auf*,  z.  B.  MLUy .  NA  auf  ihn ;  auch  EN 
adf\  z.  B.  HR.  15,33  ab  EN . E . KÜBABB AR . RA  adi  kaspi)  u.a. 
scharf  von  dem  ganzen  Charakter  der  ural-altaischen  Sprachen  ab, 
und  nach  meiner  Ansicht  wären  nicht  einmal  Jahrtausende,  selbst 
bei  den  sich  relativ  so  schnell  verändernden  turanischen  Sprachen, 
im  Stande  gewesen,  so  tief  einschneidende,  den  ganzen  Sprachtypns 
umdrehende  Veränderungen  zu  bewirken,  eine  solche  Kluft,  die 
durch  die  oben  mitgetheilten  Differenzen  ')  zwischen  dem  Sumerischen 
und  jenen  Sprachen  in  Wirklichkeit  besteht,  zu  überbrücken. 

Zum  Schluss  sei  noch  auf  die  Wichtigkeit  des  Sumerischen, 
wie  es  uns  in  den  lexicalischen  und  grammatischen  Listen  und  den 
zweisprachigen  Texten  vorliegt,  für  das  Assyrische ,  welche  weit 
grösser   als   man  gewöhnlich  glaubt,   hingewiesen.     Die  assyrische 


1)  Die  von  mir  gouanutou  Uutunchiede  fuhrt  Lonormant  in  seinen  ,J£tades 
sur  quelques  parties  etc/'  p.  XIII  allerdings  geMrissodhafl  auf,  ohne  aber  su  er- 
kennen, dass  sie  es  gerade  sind,  welche  der  ganzen  Theorie  des  turanischen 
Charakters  des  Sumerischen  den  Todesstoss  geben. 


Hammelf  die  neueren  RenUUUe  der  sumerischeti  Forschung,     185 

Philologie  hat  hier  von  den  Assyrem  selbst  Hilfsmittel  überkommen, 
um  welche  sie  manche  andere  Philologie,  deren  Material  Inschriften 
oder  geschriebene  Literatur  ist,  beneiden  darf.  Gestatten  Sie  mir 
an  zwei  Beispielen  aus  den  Annalen  Asarhaddon's  zu  zeigen,  wie 
wir  in  den  Stand  gesetzt  sind,  oft  mathematisch  genau  die  Be- 
deutung eines  assyrischen  Wortes  mit  HiÜfe  der  sumerisch-assyrischen 
Texte  und  Nationallexica  zu  bestimmen.  Asarh.  1,  lo  steht  sdpinu 
gimtr  dadmüu  «wegfegend  die  Gesammtheit  ihrer  dcuimi^)]  dies 
Wort  dadmi  übersetzte  man,  an  cn  Blut  denkend,  bisher  stets 
durch  «Menschen*,  wahrend  uns  jetzt  eine  bilingue  Hymne  (IV  Rawl. 
19,  9  +  10  a),  wo  dem  dadmi  der  assyr.  Columne  in  der  sumerischen 
das  gewöhnliche  sumerische  Wort  ÜRÜ  Stadt,  Wohnsitz  entspricht, 
lehrt,  dass  an  allen  Stellen  der  assyr.  historischen  Inschriften,  wo 
dies  dadmi  steht,  «Wohnsitze,  Wohnungen**  zu  übersetzen  ist.  Als 
zweites  Beispiel  wähle  ich  Asarh.  6,  39. 40  ^rra-äun  äaman  Jcak- 
Jcadi  iomtia  quid  muhha-mnu  vSa{k)ki  «ihr  (der  Thiere)  surru, 
das  Fett  (NX  ^amnu  Fett)  des  Kopfes,  das  grosse  (?)  Fett,  (und) 
ihr  Hirn  Hess  ich  opfern*.  Aus  den  Nationallexicis  (H  R.  36,  52  e  f) 
ersehen  wir  aber,  dass  ^rru  ein  Theil  des  Herzens,  wahrscheinlich 
der  Herzbeutel  (-i-is  umschliessen,  einengen?)  ist.  —  Und  so  gibt 
es  hunderte  von  Fällen,  wo  uns  die  semitische  Wortvergleichung 
im  Stiche  lÄsst,  wir  aber  theils  aus  sorgfältig  abwägender  Vor- 
gleichung der  übrigen  Stellen,  wo  das  betreffende  Wort  in  den 
assyr.  Texten  vorkommt,  theils  durch  die  Zuratheziehung  des 
Sumerischen  das  richtige  und  sichere  finden.  Die  Vergleichung  von 
Wörtern  anderer  semitischer  Sprachen  hat  dann  höchstens  zu  be- 
stfttigen,  als  Wegföhrerin  aber  ist  sie  meist  zu  entbehren,  oft  sogar 
irreleitend  (wie  oben  bei  dadmi),  zumal  wenn  einer  nur  schlechte 
Lexica,  welche  keine  Belegstellen  geben,  benutzen  muss,  und 
die  betreffende  semitische  Sprache  nicht  aus  eigenen  Forschungen 
kennt. 

Dass  die  sumerische  Forschung  noch  sehr  viele  Lücken  in 
der  Erkenntniss  aufzuweisen  hat,  ist  nicht  zu  verwundem  und  muss 
TOD  jedem,  der  sich  mit  sumerischen  Texten  beschäftigt,  ohne  dass  er 
sich  dessen  zu  schämen  brauchte,  zugestanden  werden.  Diese  Lücken 
immer  mehr  auszufüllen,  ist  ja  der  Zweck  unserer  Forschungen  und 
muss  bei  dem  reichen  Materiale  endlich  auch  ziemlich  vollständig 
gelingen.  Manchmal,  ja  man  kann  sagen,  in  der  grösseren  Hälfte 
der  Fälle,  sind  diese  Lücken  jedoch  der  Art,  dass  wir  ein  sume- 
risches Wort  (oder  assyrisches  Ideogramm)  nur  nicht  der  richtigen 
Aussprache  nach  lesen,  wol  aber  genau  übersetzen  können.  So  ist 
z.  B.  das  Ideogramm  für  Esel  (dann  zahmes  Haustliier  überh.)  bis 
jetzt  noch  unbekannt,  denn  die  Lesung  PAZ  oder  PAS  ist  nur  eine 


1>  Der  Bildung  nach  von  einer  Wurzel  SHTa* ;  vgl.  darüber  Delitzsch  Xss. 
Hid.  I  143. 


186     Hammelf  tue  neueren  RetuUate  der  eumeriechen  Forsehunff. 

conventioneil  angenommene,  um  nicht  stets  X  oder  Y  transscribiren 
zu  müssen.  Sehr  oft  dient  uns  als  Wegweiser  zur  richtigen  Lesung 
eine  Art  phonetischer  Ergänzung,  die  aber  in  der  Sprache  selbst 
beruht  und  daher  besser  Nominalverlängerung  genannt  wird.  So 
wusste  man  schon  längst  (oder  vielmehr  hätte  schon  längst  wissen 

können),  dass  das  Ideogr.  für  Pluss,  f{  f^f,   da  ihm  gewöhnlich 

in   den  sumerischen   Texten  DA  folgt,    einen  auf  d  auslautenden 

Werth  gehabt  haben  müsse  (die  Lesung  ABI  erwies  sich  also  schon 
deshalb  als  eine  irrig  angenommene).     Nun  gibt  abär  eine  Glosse  in 

den  Nationallexicis   für   f|  »f  die  Lesung  hid  an  die  Hand,  und 

wir  wissen  jetzt  sicher,  dass  HID  ')  die  allein  mögliche  und  richtige 
Lesung   des   sumerischen  Wortes   für  Fluss   ist     Vergleiche   noch 

»>«>f-RA  Gott,  was  natürlich,  da  uns  das  grosse  Syllabar  AN. NA 

--f    äamü   Hinmiel,    DINGIR.RA    ^►f    «7u    Gott    bietet,    nur 

DINGIR.RA,  und  nicht,  wie  Oppert  noch  in  seinem  neuesten 
Werk :  JDocuments  juridiques  thut,  AN. RA,  gelesen  werden  kann; 

femer  ^^-GA  =  DUG.GA  (nicht  HI.GA)  gut,  ^y^y|-LA  = 
GAL.LA  (nicht  IK.LA  Oppert  ebendas.!)  sein,  besitzen. 


1)  Damit  ist  eudlich  auch  Uid-  iu  Hiddekel  (aas.  Diglatu)  erklärt. 


187 


Zur  semitischen  Epigraphik. 

Von 

K.  BchlottmaiiB.  >) 

y. 

Metrum    und   Reim    auf   einer    ägyptisch-aramäischen 

Inschrift.  *) 

Es  erklärt  sich  aus  den  eigenthümlichen  Schwierigkeiten  der 
semitischen  Epigraphik,  dass  Forscher,  deren  Verdienste  auf  diesem 
Gebiet  allgemein  anerkannt  sind,  auf  Inschriften,  die  nichts  als 
trockene  Namen  enthielten,  schwungvolle  Poesie  zu  finden  meinten. 
Umgekehrt  sind  auf  dem  vielbesprochenen  Stein  von  Carpentras 
Metrum  und  Reim  unbemerkt  geblieben  bis  auf  Joseph  Derenbourg, 
dessen  Scharfsinn  wir  so  manche  werthvolle  Wahrnehmung  ver- 
danken '),  Auch  er  hat  aber  von  den  dort  beabsichtigten  sechs 
Reimen  nur  zwei  erkannt  Und  auch  sein  erster  Versuch,  das 
Metrum  zu  bestimmen,  ist,  wie  mir  scheint,  nicht  ganz  gelungen, 
sondern  leidet  an  einigen  gezwtmgenen  Annahmen,  in  Folge  deren 
es  auch  geschehen  sein  dürfte,  dass  die  interessante  Entdeckung 
nicht  die  verdiente  allgemeine  Anerkennung  gefunden  hat.  Hier- 
von überzeugte  ich  mich  auf  der  letzten  Orientalistenversammlung 
in  Tübingen  und  finde  mich  dadurch  veranlasst,  meine  Bemerkungen 
über  den  Gegenstand  den  Fachgelehrten  vorzulegen. 

Höchst  interessant  ist  doch  gewiss  der  Nachweis  von  metrischen 
und  gereimten  aramäischen  Versen  aus  der  Ptolemäerzeit.  In  diese 
nämlich  werden  von  Aegyptologen  und  semitischen  Paläographen 
aus  Gründen,  die  schwerlich  antastbar  sind,  die  bis  jetzt  bekannt 
gewordenen  vier  Inschriften  gesetzt,  welche  in  aramäischer  Sprache 
und  einer  eigenthümlich  ausgeprägten  aramäischen  Schriftart  ab- 
gefasst  sind  und  sich  auf  ägyptischen  Cultus  beziehen.    Unter  ihnen 


1)  Vgl.  Band  XXV  8.   149—195. 

2)  Mitgotheilt    auf   der   General voräammlung    zu   Wiesbaden    am   28.   Sep^ 
iMber  1877.  D.  R. 

3)  Journal  asUtique.     6me  s^rie  tom^  XI  p.  277  ff. 


188 


SchioUmannf  sur  scmitUchen  Ejpigraphik. 


ist  die  des  Steines  von  Carpentras  die  wichtigste.  Es  ist  das 
Denkmal  einer  ,Taba  Tochter  der  Tattpi**,  welche  Namen  Fr.  Lenor- 
mant  zuerst  befriedigend  nach  dem  Aegyptischen  erklärt  hat  *).  Die 
eingehauenen  Bilder  zeigen  in  einer  unteren  Abtheilung  Taba  als 
Mumie,  in  einer  oberen  dieselbe  als  anbetend  vor  Osiris.  Unter 
dem  Ganzen  steht  die  vierzeilige  Inschrift,  die  offenbar  absichtlich 
nach  den  vier  Verszeilen  abgesetzt  ist.  In  ihr  sind  einige  letzte 
Buchstaben  beschädigt:  am  Ende  ist  mit  Derenbourg  ein  He  zu 
ergänzen.     Von  dem  Bilde  ist  ganz  oben  ein  Stück  abgebrochen  *). 

Die  Entzifferung  der  Inschrift  begann  mit  Barthelemy.  Haupt- 
sächlich sind  es  die  Namen  Lanci,  Kopp,  Beer,  Gesenius,  Deren- 
boui'g,  die  hier  den  allmähligen  Fortschritt  bezeichnen.  Doch  wBr 
dieser,  wie  es  zu  gehen  pflegt,  nicht  inuner  ein  gradliniger.  Mit- 
unter wurde  Einzelnes  für  längere  Zeit  wieder  aufgegeben,  was 
früher  schon  richtig  erkannt  war.  Worin  ich  von  Derenbourg  ab- 
weiche, werde  ich  weiterhin  darlegen. 

Ich  gebe  zuerst  Transscription  und  Uebersetzung,  dann  einige 
erklärende  Bemerkungen,  zuletzt  eine  Besprechung  der  äusseren 
poetischen  Form. 


Nn5«  "»^01«  •»!  NnsTsn 

r  iv:        •  •  r  8  T  ; 

Tip  rtt  -»^01«  onp  173 

«I«       »•—  ••  TT* 

X  [nl72bü  "»irtn  rr  on  rai 


^  i-        -:       IT        »«T 

nnay  «b  «••«?  0^*5^» 
••in  ns-'M  -«^oi«  mp 

•  v:         T     •  :        •  •  ■  't: 


•T  :  •        T*  "I      •«« 


1 

2 
3 
4 


Uebersetzung. 


1. 


2. 


3. 


4. 


Gesegnet  sei  Taba,  die  Tochter  der  Tahpi, 

die  Geweihte  des  Gottes  Osiris. 
Nicht  that  sie  etwas  Schlechtes, 

nicht  sprach  sie  Verleumdungen  wider  Jemand^  die  Reine. 
Vor  Osiris  sei  gesegnet, 

von  Osiris  empfange  Wasser! 
Bete  an  vor  ihm,  du  meine  Lust, 

und  unter  den  Frommen  sei  in  Frieden. 

Z.  J.  Knrnr.  Mit  Recht  vermuthete  Derenbourg  hier  ein 
ägyptisches  Wort  und  erhielt  durch  de  Rouge  einen  dem  vollkommen 
entsprechenden  Aufschluss.  Mon^  ist  ägyptisch  =  fromm  sein, 
sich  weihen,  sich  hingeben.  Als  Substantivum  entspricht  monl^ 
auf  ägyptischen  Denkmälern  unter  den  Beinamen  der  Ptolemäer 
dem  griech.  ivegyirijg.  Daraus  bildet  sich  die  aramäische  Masculinar- 
form  «njT:.  Das  vorgesetzte  n  auf  unserer  Inschrift  ist  ägyptische 
Bezeichnung  des  Femininums.     Auf  der  ägyptisch- aramäischen  Stele 


1)  J.  A.   6.  aene  X  513. 

2)  S.  d.  Abbildung  im  Gesen.  Mon.  Tab.  29  nach  Lanci.     Das  in  manchen 
Stücken  weniger  genaue  Facsimile  Barth^lemy's  s.  ebendaselbst  Tab.  28. 


Schlottmannf  zur  aemitischen  Epigraphik,  IgQ 

des  Yatican,  der  Grabschrift  eines  Mannes,  steht  neben  dessen 
Namen  genau  dieselbe  Formel  masculinisch,  nämlich  "^^oiN  "^T  KnSTa 
KribM.     Damach   ist    die   femininische  Form    auf  unserer  Inschrift 


«  »  vs 


aram&isch  mit  Ausfall  des  kurzen  a  in  dem  äg3rptischen  ta  Kn37:n 
zu  sprechen  y  nicht  wie  Derenbourg  schreibt  KnsTpn.  Er  scheini 
dabei  zu  einer  Gombination  mit  dei^  semitischen  Wurzel  n:D  (vgl. 
rmjTa)  zurückzukehren,  an  welche  die  früheren  Erklftrer  unserer 
Inschrift  dachten.  Möglich  in  der  That,  dass  bei  den  Aramäem 
eine  solche  Gombination  stattfand,  wie  bei  den  griechisch-ägyptischen 
Christen  nach  Derenbourg's*  Bemerkung  eine  Gombination  des 
ägyptischen  mon^  mit  dem  griech.  fiova^og  =  Mönch,  was  im 
Altgriechischen  in  der  entsprechenden  Bedeutung  „einsam  lebend^ 
nicht  nachgewiesen  ist. 

Z.  2.  py^Dö.  Auch  dies  Wort  hat  Derenbourg  zuerst  richtig 
erklärt,  indem  er  es  mit  dem  Dr'nT?  (=  Dn«,  etwas)  des  Targum 
identificirt.  Früher  las  man  seit  Barth^lemy  uy^  yo  und  noch 
Gesenius  erklärte  dies  nach  seinen  Vorgängern  ==  ex  ira  octer  ex 
murmuratione.  Es  leuchtet  ein,  wie  missHch  dies  ist.  —  ;S'^K3 
nimmt  noch  Derenbourg  wie  alle  seine  Vorgänger  =»  ü-k  mit  der 
Pi^position  3.  Er  nimmt  die  Worte  als  Lob  der  Keuschheit  = 
nihil  cum  homine  fecit  —  was  sprachlich  unmöglich  ist.  Eher 
könnte  man  erklären:  nihil  contra  hominem  fecit,  wozu  das 
folgende  Glied  ,neque  calumnias  in  hominem  dixit*^  eine  passende 
Parallele  bilden  würde.  Für  diese  Erklärung  scheint  ein  starkes 
Grewicht  auf  die  Wagschale  der  Umstand  zu  legen,  dass  dabei  das 
ü"^«  in  den  beiden  parallelen  Sätzen  genau  in  gleicher  Weise  steht. 
Indess  vermisst  man  dabei  ein  Wort  im  ersten  Satze,  das  dem 
•*at*lp  im  zweiten  entspricht.  Dies  erhält  man,  wenn  man  das  erste 
mit  Hal6vy  (M^langes  d'epigraphie  p.  152)  *)  erklärt:  Tu  nas  com- 
mis  rien  de  mal  Dies  ist  um  so  mehr  vorzuziehen,  als  die  Zu- 
sammenstellung iD^KS  071:73  =  aliquid  mali  auch  im  jüdischen  Ara- 
mäisch üblich  ist.  Hierfür  verdanke  ich  einem  Freunde  zwei 
Belege.  Bechoroth  51b:  nnar  t3"'a  O^TO  =  du  hast  etwas 
Schlinunes  gethan  (Lesart  Raschi's  und  der  Tosephoth).  Trg.  2.  Kön. 
4,4i:  «'ivia  t^i  D?"»  Kjn  Nbi  entsprechend  dem  hebr.  rrjn  Nbi 
VSa  y^  ^^T .  —  Zu  Anfang  der  2.  Hälfte  dieses  Verses  hat  man 
bis  jetzt  Waw  und  Kaph  gelesen,  also  ''X^D] ,  wobei  Gesenius  mit 
Kopp  das  Kaph  als  für  Koph  stehend  nahm*  und  mit  jenem  über- 
setz:  et  calumnias  in  quem{»am  non  dixit.  Aber  ein  Kaph  ist 
nach  der  genaueren  Abzeichnung  bei  Lanci  schwerlich  anzunehmen, 
rielmehr  scheint  mir  nur  ein  etwas  ungewöhnlich  gerathenes  p 
dazustehen,  was  man  irrig  als  isi  genommen  hat.  Der  Sinn  bleibt 
derselbe.  —  Derenbourg  hat  hier  eine  andere  Erklärung  wieder- 
«Q^enommen,    wobei   man   ^^'^,^21   las   und  dies   gemäss  der  hebr. 


1)  Vgl.  m.  Besprechung  dieser  Schrift  in  der  Jen.  L.  Z.  1S73  Art.  39G. 


190  SchloUmannj  awr  semitischen  Bipigntphik, 

Wurzel  1VSr\  erklärte.  Er  übersetzt:  Nihil  secondum  hominis 
voluntatem  dixit  integra  und  nimmt  auch  dies  als  Bezeichnung 
der  Keuschheit.  Aber  ein  solches  Ti'SL^  halten  wir  im  Aramäischen 
nicht  för  möglich.  Auch  die  Verbindung  mit  dixit  secundum 
beneplacitum  viri  passt  nicht  zu  jenem  Sinne.  Die  Ausdrücke 
besagen  vielmehr  deutlich,  dass  Taba  weder  etwas  Böses  gethan 
noch  geredet  habe. 

Z.  3.  "^np  V72.  So  las  nach  Lanci's  Abschrift  schon  Beer 
richtig  und  erklärte  es  aus  griechischen  Inschriften,  nach  welchen 
dem  Verstorbenen  gewünscht  wird,  i^ss  Osiris  ihm  gebe  ro  ipv- 
XQOV  vö(OQ  ^)  und  nach  den  bildlichen  Darstellungen  auf  ägyptischen 
Denkmälern,  die  dem  entsprechen.  Auch  Derenbourg  findet  diese 
ihm  von  Levy  brieflich  empfohlene  Deutung  annehmlich,  ninmit 
aber  dennoch  in  seinem  Texte  die  von  Hamaker  ujid  Gesenius 
n^p.5^7:  =  M^R^  „horiorata"  auf.  Derenbourg  punctirt  STjjjr^r, 
was  eine  in  keiner  Weise  zu  rechtfertigende  Form  ist. 

Z.  4.  rmbc  ^lü  esto  adorans  oder  s.  v.  v.  adoratrix  (sc.  coram 
Osiride).  Statt  des  gewöhnlichen  HT\\t  nehme  ich  aus  metrischem 
Grunde  (wovon  hernach)  eine  Form  mit  erhaltenem  i  der  mittleren 
Sylbe  an,  wie  solche  in  dem  Targum  der  Bomberger  Ausgabe 
vorkommt  z.  B.  «'J'^IX  =  sammelnd  Ruth  2,  le  (wofQr  Buxtorf 
K'llSS  hat);  sonst  müsste  man,  um  drei  Sylben  zu  erhalten,  eine 
Intensivform  nnVD  annehmen,  wie  sie  allen  Hlauptdialecten  gemein- 
sam  ist,   wie  sie   aber   das  Aramäische  gerade  bei  dieser  Wurzel 

nicht   aufweist   (vgl.   das   arab.   «^   mit    anderer  Bedeutung).    — 

•»ny»:  mit  Versetzung  der  Buchstaben  für  Tr:?:  nahm  schon 
Gesenius  als  Anrede:  „Du  meine  Lust**.  Man  könnte  auch  daran 
denken,  das  ^n^Tas  als  Object  zu  nnbo  zu  fassen :  „Wirke  beständig 
mein  Bestes*  (nämlich  durch  deine  Fürbitte),  welchen  Sinn  die 
Wörter  zulassen.  Doch  müsste  man  nnbc  als  st.  constr.  erwarten. 
Auf  die  Anbetung  vor  Osiris  weist  ja  auch  die  darüber  stehende 
Abbildung  hin. 

[n]73bi9  •'itjn  N?on  yyi  et  inter  pios  sis  pace  ^condonata,  beata. 
Erst  durch  das  von  Derenbourg  am  Ende  der  schadhaften  Stelle 
ergänzte  rr  erhält  das  Ganze  einen  passenden  Abschluss.  Früher 
erklärte  man:  et  inter  pios  sis.  DbttJ  =  pax!  —  in  jeder  Weise 
unbefriedigend.  —  Ich  habe  mit  Gesenius  •»inn  gesetzt,  was  frei- 
lich graphisch  nicht  so  leicht  ist  wie  er  meint,  wenn  auch  hier  in 
der  Andeutung  der  beschädigten  Buchstaben  (von  dem  rt  in  ivün 
an)  Lanci  das  vollkommen  Genaue  hat.  Denn  alsdann  kann  man 
nur  "^irrb  lesen,  was  aber  in  dem  einzig  eine  Analogie  bietenden 
biblischen  Aramäisch  nur  für  die  hier  nicht  passende  dritte  Person 
vorkommt,   nicht  fiir  die  zweit«.     Will  man  nicht  trotzdem  das  b 


1)  Febretti  inscriptionb  antiquae  cap.  VI  p.  466  C. 


SehkfUmamif  uar  semüUehen  Epigraphik,  191 

hier  als  Umschreibung  für  die  2.  Person  fassen,  so  muss  man  ein 
Versehen  Lancis  oder  schon  des  Steinhauers  annehmen  und  '^inn 
lesen,  wie  Gesenius  in  den  Bemerkongen.  Dies  ist  als  hebraisirende 
d.  h.  dem  Hebrftischen  analoge  Form  hinten  mit  i  zu  sprechen, 
wie  auch  das  obige  -«rqj  der  gleichen  Bildung  angehört.  In  dem 
Toraosgestellten  Texte  bei  Gesenius  ist  wohl  nur  durch  ein  Ver- 
sehen ^ifT  gedruckt.  Dies  hat  Derenbourg  mit  Unrecht  aufgenommen. 
Denn  nach  Lanci's  Copie,  auf  die  wir  bis  jetzt  allein  angewiesen 
sind,  ist  so  viel  gewiss,  dass  zwischen  n'^on  und  ^in  noch  ein 
Buchstabe  sich  findet.  ^ 

Wir  gehen  nun  zur  Betrachtung  der  äusseren  dichterischen 
Form  in  unserer  Inschrift  über. 

Die  vier  Zeilen  oder  Verse  zerfallen  in  zwei  Verspaare,  deren 
jedes  einem  arabischen  Beit  entspricht  In  dem  ersten  wird  von 
der  Taba  in  der  dritten  Person  gesprochen,  in  dem  zweiten  wird 
sie  angeredet. 

Derenbourg  hat  nun  richtig  erkannt,  dass  die  beiden  Beit, 
also  der  2.  und  4.  Vers  mit  einem  Beim  enden,  nämlich  Titfr  und 
das  Ton  ihm  hergestellte  ^t^riD.  Aber  er  hat  übersehen,  dass  auch 
die  beiden  Hftlften  des  ersten 'Beit  den  gleichen  Beim  haben,  näm- 
lich KnbK  und  n^n.  Die  Beimform  ist  also  ganz  wie  in  dem  bei 
den  Persem  so  beliebten  Bubäi  =  a  a  b  a. 

Mein  Vorgänger  hat  femer  die  richtige  Bemerkung  gemacht, 
dass  jede  Langzeile  durch  eine  Cäsur  in  der  Mitte  in  zwei  He- 
mistichien  getheilt  wird  und  dass,  was  noch  Gesenius  verkannte, 
nicht  nur  mit  jeder  Langzeile,  sondem  auch  mit  jedem  Hemistich 
ein  Gedanke  abschliesst.  Aber  es  ist  ihm  entgangen,  dass  die  drei 
ersten  Hemistichien  des  zweiten  Beit  miteinander  gereimt  sind, 
nämlich  durch  die  Worte  ^iJi,  Tip,  "»nr»:,  während  in  dem 
vierten  Hemistich  mit  dem  HTsbti  der  Hauptreim  wiederkehrt ,  der 
das  zweite  Beit  mit  dem  ersten  verbindet  —  eine  Beimweise, 
die  besonders  in  dem  volksthümlichen  türkischen  Scharkt  be- 
liebt ist. 

Der  Begelmässigkeit  des  Reimes  entspricht  in  unserer  Inschrift 
die  des  Metrums.  Wir  finden  nämlich  ähnlich  wie  in  der  späteren 
syrischen  Poesie  eine  Sylbenzählung ,  die  selbstverständlich  auch 
mit  Hebung  und  Senkung  verbunden  ist  Dabei  ist,  wenn  wir 
onsem  Text  nach  Weise  des  biblischen  und  targumistischen  Ara- 
mSisch  punktiren,  nach  jener  syrischen  Analogie  das  Schwä,  sowohl 
das  ein&che  als  das  zusammengesetzte,  nicht  mitzurechnen.  Auch 
Derenbourg  hat  dies  richtig  als  Prinzip  aufgestellt  Aber  er  bleibt 
ihm  in  der  Ausführung  nicht  getreu,  sondem  erlaubt  sich,  um 
eine  gewisse  Anzahl  von  Sylben  herauszubringen,  allerlei  Gewalt- 
samkeiten. So  liest  er  einmal  in  Z.  3  und  zweimal  in  Z.  4  ein 
zweisylbiges  unhaltbares  ^i'n  statt  des  einsylbigen  ^irt;  in  Z.  4 
ausserdem  ein  dreisylbiges  K'^Dn  statt  des  zweisylbigen  "n<^pn  (denn 
im  Original   steht  n,   nicht   k,   als   orthographisches   Zeichen  der 


192  SchloUmann,  eur  semUisehen  Epigraphik. 

langen  Sylbe).  In  Z.  3  setzt  er  die  dreisylbige  Unform  K^ips^» 
statt  des  zweisylbigen  «^3:52'?  (^^  übrigens,  wie  wir  sahen,  "»np'  yi^ 
zu  lesen  ist).  Dagegen  enizi'eht  er  dem  Namen  "^"noiK  in  Z.  1  und 
zweimal  in  Z.  3  die  mittlere  Sylbe,  indem  er  sieber  unrichtig 
*«^«iK  punktirt  So  gelangt  er  zu  der  Annahme,  dass  jedes  Hemistich 
je  sieben  Sylben  habe,  die  beiden  aber,  welche  den  Beim  enUialten, 
acht.  Dies  kommt  übrigens  nach  seiner  Pmiktation  nicht  einmal 
heraus,  denn  das  letzte  Hemistich,  welches  den  Beim  enthfilt,  hat 
nach  seiner  Schreibung  nnbü  "^nn  «jpn  T^a^  neun  Sylben. 

Wenn  wir  diese  Unzulftssigkeiten  beseitigen  und  kein  Schw& 
als  Sylbe  rechnen,  so  findet  sich,  wie  aus  der  obigem  Transscription 
zu  ersehen  ist,  dass  in  jeder  Langzeile  das  erste  Hemistich  je 
sieben,  das  zweite  je  acht  Sylben  zählt.  Dabei  haben  wir  uns  nur 
die  Annahme  der  einzigen  xmgewöhnlichen  Form  nnbc  in  Z.  4 
erlaubt,  wofür  wir  aber  doch  eine  Analogie  beibrachten.  Sie  dürfte 
auch  hier  durch  die  sich  aufdrängende  Präcision  der  Form  eben 
so  sicher  geboten  werden,  wie  Aehnliches  in  arabischen  Versen, 
wo  nicht  selten  die  des  Metrums  unkimdigen  Abschreiber  irrig  das 
Gewöhnliche  an  die  Stelle  des  Ungewöhnlichen  setzen. 

Zur  Verdeutlichung   des  Rhythmus  gebe  ich  schliesslich  noch- 
eine  Transscription  in  lateinischer  Schrift: 

1  Brichä  Täbä  brdt  Ta^^pi  tmonha  zl  Osiri  lähä. 

2  Minda'am  b'isch  1&  ^abdät  kar§e  'isch  la  'amrat  tamma 

3  Kdam  O^iri  brichä  hvi  min  ^dsm  Osiri  mäjin  \\fL 

4  Hvi  phälichä  nim^äti  üben  hsajja  tehvi  schlema. 


Nachschrift. 

Den  Inhalt  des  Obigen  hat  mein  junger  Freund,  Hr.  Dr. 
Frenkel,  auf  der  Orientalistenversammlung  in  Wiesbaden  zum  Vor- 
trag und  zur  Debatte  gebracht.  Das  Manuscript  ist  hier  ganz  so, 
wie  ich  es  ihm  damals  übergab,  abgedruckt,  mit  Ausnahme  der 
Erklärung  von  \D'^M3  in  Z.  2,  die  ich  abgeändert  habe.  Ich  schliesse 
mich  nämlich  aus  den  oben  entwickelten  Gründen  der  Auflfassung 
an,  die  Hr.  Hal^vy  auf  jener  Versanunlung  vertreten  hat.' 

In  Betreff  desjenigen,  was  mir  von  der  dortigen  Debatte  mit- 
getheilt  wurde,  füge  ich  hier,  anstatt  der  mir  versagt  gewesenen 
persönlichen  Betheiligung  an  derselben,  einige  schriftliche  Be- 
merkungen hinzu. 

In  graphischer  Hinsicht  wurde  meine  Lesung  '^^'np  in  Z.  2 
angegriffen.  Aber  ich  verweise  auf  das  darüber  oben  Bemerkte 
und  auf  eine  genauere  Vergleichung  der  Zeichnung  von  LancL 
Das  von  mir  angenonunene  p  ist  von  den  übrigen  p  der  Inschrift 
etwas  verschieden.  Aber  Gleiches  gilt,  wenn  man  statt  dessen  Di 
liest,   in    noch   höherem  Masse    von   diesen  beiden  Zeichen.     Eine 


SchloUmann^  zur  semitischen  Epigraphik,  193 

genaue  Yergleichung  des  Originals   wäre  in  diesen  wie  in  anderen 

Punkten  sehr  wünschenswerth. 

,    £    In  Betracht  der  Einzelerklärung  wurde  beanstandet: 

1)  Das  "^np  am  Ende  von  Z.  3,  weil  es  kein  aramäisches,  son- 
dern nur  ein  hebräisches  Wort  sei.  Aber  dabei  übersah  man,  dass 
ein  Gleiches  auch  hinsichtlich  des  D*^»  gilt,  das  sich  in  Z.  2b 
zweifellos  findet  Wir  haben  hier  eben  einen  aramäischen  Dialekt 
vor  uns,  der  mehr  noch  als  das  sogenannte  biblische  Chaldäisch 
Elemente  der  Sprache  Kanaans  in  sich  aufgenommen  hat,  sei  es, 
dass  derselbe  von  abtrünnigen  Juden,  sei  es,  dass  er  von  anderen 
gesprochen  wurde,  die  dem  Sprachgebiete  Kanaans  angehören.  — 
Die  Lesung  ^rxp  aber  ist  vollkommen  sicher.  Nach  Lancis  Zeich- 
nung kann  der  mittlere  Buchstabe  nur  ein  n,  und  der  letzte  nur 
ein  "^  sein.  Gegen  die  Lesung  n^pD"»»  spricht  auch  der  Zwischen- 
raum zwischen  2  und  p. 

2)  Statt  des  am  Ende  von  Z.  4  nach  D.  hergestellten  riDbtD 
forderte  man  MnTsbvs.  Auch  hier  gilt  dasselbe  wie  in  dem  vor- 
hergehenden Falle.  Man  übersah  die  Analogie  von  rt^'^'is  Z.  1 
und  3,  man  Z.  2,  nnbe  Z.  3,  (nicht  Nn3''^a  u.  s.  w.)  Uebrigens 
wäre  auch  für  die  Lesung  fi^niabtt)  oder  nnnbo  hinlänglicher  Kaum 
in  der  Lücke  vorhanden. 

Was  die  Annahme  von  Metrum  und  Reim  anbelangt,  so 
war  ich  dabei  von  vornherein,  wie  ich  das  auch  gegen  Dr.  Frenkel 
aussprach,  auf  die  Skepsis  der  Fachgenossen  gefasst,  die  dem  Auf« 
fälligen  der  Erscheinung  gegenüber  hier  sehr  berechtigt  war.  Auch 
ich  habe  es  daran  nicht  fehlen  lassen.  Die  betreffenden  Wahr- 
nehmungen drängten  sich  mir  gleich  beim  ersten  Lesen  von  Deren- 
bourg's  Erklärung  der  Inschrift  auf  Ich  habe  dieselben  erst  nach 
wiederholter  Prüfung,  nach  Verlauf  mehrerer  Jahre  veröffentlicht. 
Um  so  mehr  darf  ich  in  dem  vorliegenden  Falle  auch  die  Fach- 
genossen  um  sorgfältige  Prüfung  dessen  bitten,  was  bei  mir  selbst 
die  Skepsis  überwunden  hat. 

Der  Reim  taucht  im  A.  T.  (ähnlich  wie  auch  bei  den  clas- 
sischen  Dichtem)  hie  und  da,  z.  B.  im  Lamech-Liede,  wie  zufällig 
auf,  aber  doch  so,  dass  man  nicht  umhin  kann  zu  denken,  der 
hebriüsche  Dichter  habe  selbst  ihn  wahrgenommen  und  nicht  un- 
schön gefunden,  sondern  vielmehr  wahrscheinlich  an  dem  Klangspiel 
ein  Gefallen  gehabt.  Wenn  nun  auf  der  Orientalistenversammlung 
die  Bemerkung  fiel,  dass  man  ähnliche  elementare  Anfänge  des 
Reimes  auch  auf  einer  alten  Inschrift  wohl  anerkennen  würde,  nicht 
aber  eine  schon  so  künstliche  Combination  wie  die  von  mir  ange- 
nommene, so  war  das  eine  aprioristische  Wahrscheinlichkeitsrech- 
nung, aber  kein  Beweis.  Durch  meine  Wahrnehmungen  wird,  trotz 
der  Kleinheit  des  Gegenstandes,  ein  ganzer  Complex  von  That- 
sachen  gesetzt,  die  sich  gegenseitig  bestätigen.  Es  ist  nach  meiner 
Ueberzeugung  nicht  möglich,  diesen  ganzen  Complex,  wenn  er 
wirklich  vorhanden  ist,  für  blosses  Spiel  des  Zufalls  zu  erklären. 
Bd.  XXXII.  13 


194  SehhHmanny  «t/r  semitischen  Epigraphik, 

Man  kann  das  versuchen  (und  ich  selbst  habe  es  versucht),  aber 
es  wird  sich  einem  unbefangenen  Urtheil  gegenüber  nicht  aufrecht 
erhalten  lassen.  Widerlegen  kann  man  mich  also  nur  durch  den 
Nachweis,  dass  ich  mich  hinsichtlich  jenes  Complexes  von  That- 
sachen,  trotz  wiederholter  Prüfung  geirrt  habe. 

Es  handelt  sich  hierbei  um  folgende  Momente,  die  ich  zu 
leichterer  Uebersicht  thesenfbrmig  zusammenstelle. 

1)  Die  Inschrift  besteht  aus  vier  Zeilen  und  acht  Halbzeilen.  Jede 
von  jenen  bildet  einen  in  sich  abgeschlossenen  Gedanken,  jede  von 
diesen  entweder  einen  Satz  oder  doch  ein  Satzglied,  das  in  sich 
abgeschlossen  ist. 

Hierin  ist  Hal6vy  a.  a.  0.  mit  Unrecht  von  seinem  Vorgänger 
Derenbourg  abgewichen  und  durchgängig  zu  Gesenius  zurückgekehrt 
Er  zieht  nämlich  das  'mzD  am  Ende  von  Z.  2  zu  Z.  3  a:  ,ö  pieuse, 
sois  b6nie  par  Osiris".  Und  eben  so  verbindet  er  Z.  3  b  und  4  a 
zu  Einem  Satze:  „de  par  Osiris  sois  honor^e  dorenavant(?)*  *).  Das 
Richtige  wird  demgegenüber  gemäss  dem  Verum  index  sui  et  falsi 
durch  seine  Einfachheit  einleuchten. 

2)  Die  8  CTi^oi  fügen  sich  genau  nach  dem  Gesetz  des 
hebräischen  Vers-  und  Strophenbaus  gedankenmässig  zusammen. 

Dies  wird  durch  einen  Blick  auf  unsere  obige  Uebersetzung 
klar  werden,  in  welcher  die  crixoi  abgesetzt  sind.  Jede  Zeile 
enthält  zwei  parallele  Glieder,  wie  ein  zweigliedriger  masorethischer 
Vers.  Z.  1  und  2  einerseits,  Z.  3  und  4  andererseits  schliessen 
sich  ganz  nach  der  häufigen  Form  der  hebräischen  Verspaare  zu- 
sammen. Es  genügt  hier  als  einziges  Beispiel  den  3.  Psalm  anzu- 
führen. Er  besteht  aus  zwei  Hälftsn  von  je  vier  Versen.  Jede 
Hälfte  entspricht  in  dem  Aufbau  der  CTi^oi  vollkommen  den  vier 
Zeilen  unserer  Inschrift,  nur  dass  in  V.  8  drei  <$tI]^o$  statt  der 
sonstigen  zwei  stehen.     Ich  setze  die  ersten  vier  Verse  hierher: 

2.  Jehova,  wie  viel  sind  meiner  Dränger, 

viele  erheben  sich  wider  mich. 

3.  Viele  sprechen  von  meiner  Seele: 

er  hat  keine  Hülfe  bei  Gott. 

4.  Aber  du,  Jehova,  bist  ein  Schild  am  mich  her, 

meine  EIhro  und  der  mein  Haapt  erhöht. 

5.  Mit  meiner  Stimme  rufe  ich  zu  Jehova, 

so  erhört  er  mich  von  seinem  heiligen  Berge. 

Eine  gewisse  Analogie  zu  unserer  Inschrift  tritt  zuföllig  auch 
darin  hervor,  dass,  wie  in  dieser  in  Z.  1.  2  von  Taba  in  der 
3.  Person,  in  Z.  3.  4  in  der  2.  Person  geredet  wird,  in  V.  4  und 
5  wenigstens  die  Anrede  an  Jehova  durchgängig  ist,  während  in 
V.  2    nur   die  Anrufung  an    der  Spitze  steht,   dann  aber  von  den 


\)    Das   I'Yagezeichon    zu    dorönavant  setzt  er  selbst.     Er  erklärt  so,   ich 

weiss  nicht  nach   welcher  Combination,  das   '^P3^n3.     Er  liest  dabei,  wie  Ge- 

senins  und  Derenbourg  am  Ende  von  Z.  3  tl*np 3*^73,   was,    wie   oben  bemerkt 
worden,  schon  graphisch  unmöglich  ist. 


Sehloilfnann,  stur  semitischen  Epigraphik.  19;') 

Feinden  in  der  3.  Person  gesprochen  wird.     Ebenso  steht  hernach 
in  V.  6.  7  die  erste,  in  V,  8.  9  die  zweite  Person. 

3)  Nach  dieser  in  der  gedankenmässigen  Construction  des 
Gkmzen  begründeten  Analogie  der  hebräischen  dichterischen  Form 
ist  auch  das  Vorhandensein  eines  Rhythmus  in  unserer  Inschrift 
als  selbstverständlich  vorauszusetzen. 

Der  Verfasser  unserer  Inschrift  hat  die  in  derselben  vorlie- 
gende dichterische  Form  sicher  nicht  erst  selbst  erfunden,  sondern 
er  hat  an  etwas«  volksthümlich  Gegebenes  angeknüpfL  Alle  alte 
Yolksthümliche  Poesie  war  aber  ursprünglich  mit  Musik  verbunden 
und  hatte  von  daher  einen  dem  musikalischen  Takt  entsprechenden 
Rhythmus.  Das  Vorhandensein  eines  solchen  neben  dem  gedanken- 
mässigen Parallelismus  hat  man  auch  in  der  hebräischen  Poesie 
.längst  anerkannt,  wenn  gleich  die  genaue  Bestimmung  desselben 
ein  schwer  zu  lösendes  Problem  ist.  Es  lag  zu  Tage,  dass  dabei 
nicht  die  Sylben,  sondern  nur,  ähnlich^  wie  z.  B.  in  der  altdeutschen 
Poesie,  die  Hebungen  gezählt  wurden.  So  hatte  der  im  Buche 
Hiob  vorherrschende  zweigliedrige  Vers  sicher,  wozu  auch  eine 
alte  Tradition  stimmt,  drei  Haupthebungen  in  jeder  Hälfte  (vgl. 
meinen  Commentar  zu  dem  Buche  S.  68  f ).  Die  einschlägige 
Untersuchung  ist  neuerlich  von  Ley  zwar  nicht  zum  Abschluss 
gebracht,  aber  doch  wesentlich  gefördert  worden.  —  Man  wird 
darnach  zugeben,  dass  der  Schluss  der  Analogie  auf  einen  irgend- 
wie vorhandenen  Rhythmus  in  unserer  Inschrift  berechtigt  ist. 

4)  Bei  der  dadurch  erforderten  formellen  Untersuchung  unserer 
Inschrift  stellt  sich  als  zweifellos  heraus,  dass  hier  nicht  nur  die 
Hebungen  sondern  auch  die  Sylben  gezählt  worden  sind  und  dass 
jede  Zeile  in  jeder  ihrer  Hälfben  vier  Hebungen  hat,  die  in  der 
je  zweiten  Hälfte  mit  Sicherheit,  in  der  je  ersten  mit  höchster 
Wahrscheinlichkeit  zu  bestimmen  sind. 

Meine  Zählung  von  sieben  Sylben  in  dem  je  ersten,  von  acht 
in  dem  je  zweiten  Hemistich  jeder  Sylbe  wird  schwerlich  als  un- 
richtig oder  auch  nur  als  unsicher  nachgewiesen  werden.  Man 
müsste  zu  dem  Ende  entweder  das  Prinzip  meiner  Zählung  be- 
streiten,  oder  darthun,  dass  die  Anwendung  desselben  eine  un- 
richtige oder  unsichere  sei.  Gelingt  weder  das  eine  noch  das 
andere,  so  steht  mein  Resultat  als  zweifellos  fest. 

Das  Prinzip  ist  das  des  syrischen  Verses.  Es  ist  dort  doch 
sicher  nicht  zufällig,  sondern  es  ist  aus  den  Lautverhältnissen  des 
Aramäischen,  welches  unter  allen  semitischen  Dialekten  am  meisten 
die  ursprünglichen  Vokale  beseitigt  und  in  Folge  dessen  die  Haupt- 
massen schwerer  Sylben  unvermittelt  neben  einander  gestellt  hat, 
mit  innerer  Nothwendigkeit  hervorgegangen.  Sind  also  in  unserer 
laschrüt  die  Sylben  gezählt,  so  wird  man  zur  Bestimmung  ihrer 
Zahl  nur  jenes  Prinzip  anwenden  können. 

Die  Anwendung  des  Prinzips  ist  in  den  ersten  drei  Zeilen 

vollkommen  sichere.     Es   trif^   sich   günstig,  dass  dort  kein 

XS* 


196  SchhUmann,  zur  semitischen  Epigrapkik, 

einziges  Wort  in  einer  anderen  Weise  punctirt  werden  kann,  durch 
welche  sich  eine  andere  Sylbenzahl  als  Resultat  ergäbe.  Ich  glaube 
nicht,  dass  jemand  im  Ernst  auf  die  oben  zurückgewiesene  Lesung 
•''10*1«  statt  ^'nO'iK  zurückgreifen  wird,  um  sie  mir  entgegenzuhalten. 
Die  letztere  wird  sowohl  durch  die  griechisch-lateinische  Aussprache 
als  durch  das  phönicische  ^DK  bestätigt 

Steht  aber  für  die  drei  ersten  Zeilen  eine  genaue  Sylben- 
Zählung  fest,  so  wird  man  sie  auch  für  die  leider  verstümmelte 
letzte  Zeile  mit  fast  mathematischer  Sicherheit  voraussetzen  dürfen. 
Mir  scheint  überdies,  dass  auch  hier  factisch  der  gleiche  Versbau 
von  mir  in  einer  Weise  dargelegt  ist,  die  in  ähnlichem  Falle  auf 
dem  Gebiete  jeder  anderen  Literatur  als  völlig  genügend  gelten 
würde. 

Es  kommt  ein  äusserer  umstand  zu  Hülfe.  Die  drei  ersten 
Verszeilen  sind  nämlich  so  in  den  Stein  eingehauen,  dass  die  drei 
Endbuchstaben  ziemlich  genau  unter  einander  stehen,  obgleich  links 
noch  Baum  übrig  bleibt.  Das  üebrigbleiben  eines  solchen  gleich- 
massigen  leeren  Raumes  auf  der  linken  Seite  ist  überhaupt  sonst 
auf  altsemitischen  Inschriften,  soviel  ich  mich  erinnere,  etwas  völlig 
Beispielloses.  Es  erinnert  ganz  an  die  Sorgfalt,  mit  welcher 
arabische,  persische,  türkische  Kalligraphen  ihre  Verse  so  zu 
schreiben  pflegen,  dass  die  den  Reim  enthaltenden  Endbuchstaben 
genau  untereinander  stehen.  Nur  die  4.  Zeile  unserer  Inschrift 
macht  in  dieser  Beziehung  eine  Ausnahme.  Und  doch  hat  der 
Steinhauer  offenbar  hinter  n'^Dn,  tun  eine  Gleichmässigkeit  des 
Endes  mit  dem  der  oberen  Zeilen  wenigstens  annähernd  zu  er- 
streben, ungleich  grössere  und  weitere  Buchstaben  gesetzt  Den- 
noch steht  das  letzte  erkennbare  Zeichen,  das  D  in  Dbv9  noch  weit 
hinter  den  übrigen  Zeilenenden  zurück.  Es  liegt  tJso  schon  aus 
dem  kalligraphischen  Grunde  die  Vermuthung  nahe,  dass  hinter 
obc  etwas  ausgefallen  ist  War  dies  der  Fall,  so  kann  man  die 
Lücke  schlechterdings  nicht  anders  ausfällen,  als  indem  man  mit 
Derenbourg  riTabü  liest,  oder  auch  nnwbü,  was  die  Lücke  noch 
vollständiger  ausfüllen  würde.  Und  damit  erhalten  wir  zugleich 
in  Z.  4b  die  erforderten  acht  Sylben,  wenn  man,  was  gewiss  das 
einzig  natürliche,  das  i  vor  dem  y^i  als  ü  liest. 

Nun  ist  aber  Derenbourg  auf  eben  diese  Ergänzung  ohne 
jenes  kalligraphische  Moment,  das  er  nicht  bemerkte,  lediglich  im 
Interesse  des  Sinnes  gerathen,  und  zwar,  wie  ich  oben  gezeigt  habe, 
mit  gutem  Grunde.  Auch  Hal^vy  übersetzt  a.  a.  0.:  „et,  au 
milieu  des  fidMes,  reste  en  paix".  So  kann  aber  unmöglich  ^mn 
ob«  gedeutet  werden:  es  ist  dabei  vielmehr  riTabo  oder  rrnnbü 
durchaus  erforderlich. 

So  bleibt  nur  noch  die  Schwierigkeit  des  nnbc  in  Z.  4  a 
übrig.  Ihre  oben  gegebene  Beseitigung  wird  man  aber,  wenn  sie 
dia  einzig  mögliche  ist,  vollkommen  berechtigt  flnden,  sobald  man 


Scklottmann^  zur  semitischen  Epigraphik,  107 

die  Richtigkeit  der  Sylbenzählung  in  allen  anderen  Theilen  der  In- 
schrift zugestanden  hat. 

Was  die  Hebungen  betrifft,  so  wird  man  sie  in  dem  je  zweiten 
Hemistich  nicht  anders  annehmen  können,  als  ich  sie  oben  gesetzt 
habe.  Im  je  zweiten  Hemistich  wäre  vielleicht  noch  eine  andere 
Auffassung  denkbar,  nämlich  folgende: 

Bricha  Taba  brat  T4bpi 
und  analog  in  den  andern  entsprechenden  Hemistichen.    Doch  halte 
ich  dies  für  nicht  wahrscheinlich.  • 

5)  Kann  man  der  Anerkennung  eines  kunstvollen  Metrums  in 
der  Inschrift  sich  nicht  entziehen,  so  wird  man  auch  den  kunst- 
vollen Reim  als  beabsichtigt  fassen  müssen,  durch  welchen  dem 
Gedankenparallelismus  gemäss  sowohl  das  Ganze,  als  innerhalb  des- 
selben die  näher  zusanunengefaörigen  Theile  mit  einander  verbun- 
den werden. 

Der  Reim  -ä  verbindet  Z.  1  und  2  näher  mit  einander,  beide 
aber  zugleich,  indem  er  in  Z.  4  wiederkehrt,  mit  der  zweiten 
Hälfte  des  Ganzen.  Der  Reim  •!  schliesst  Z.  8  und  4  näher  zu- 
sammen, bewirkt  also  fär  die  zweite  Hälfte,  für  sich  genonunen, 
dasselbe,  wie  der  Reim  -ä  für  Z.  1  und  2. 


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1 


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9 


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199 


Notizen  und  Correspondenzen. 
Chrlstlleb-palftstlnensisebe  Inschriften. 

Von 

Th.  NSldeke. 

In  seinen  ^Neuen  Beiträgen  zur  Kunde  Palmyra's"  (in  den 
Siizungsber.  d.  phil.  und  bist  Classe  d.  K.  b.  Akad.  d.  Wiss.  1875 
Bd.  n)  giebt  A.  D.  Mordtmann  u.  A.  auch  die  Copien  von  drei 
syrischen  Inschriften,  welche  er  auf  einem  Sarcophag  im  Grab- 
gewölbe eines  Heiligen  Abraham  oder  Ahmed  unweit  Qarjetein 
(auf  dem  Weg  von  Palmyra  nach  Damascus)  fand.  Die  hier  repro- 
ducirten  Abbildungen  sind  auf  keinen  Fall  besonders  genau.  Mordt- 
mann's  Versuche,  die  Inschriften  zu  deuten,  sind  nicht  glücklich 
ausgefallen.  Sein  .  .  .  -«^lia  pN  Dn^SKT  nm  »^Tzb^L  „Dies  sind 
die  Bildnisse  des  Abraham,  des  Sohn's  Turi('?)'^  bedarf  schon  wegen 
der  sprachlichen  Seltsamkeiten  keiner  Widerlegung.  In  Nr.  2  glaubt 
er  in  der  Mitte  pT  „Zeit**  und  am  Ende  T^lim  „aus  Havarin**  zu 

erkennen   (der  Ort  heisst  aber  -^kIm  Job.  £ph.  214  unten;    arab. 


..•j  St^'  mit  n)  *).  Von  Nr.  3  gesteht  er  Nichts  lesen  zu  können. 
Grade  diese  Inschrift  ist  aber  für  Solche,  die  an  syrische  Schrift 
gewöhnt  sind ,  ziemlich  deutlich.     Ich  lese    \^*^j  j^^Jj)  |^^  V^jl-/ 

J\^«  „Gedenke  Herr  des  Mönches  Elia  ....**     Lesung  und  Deutung 

des  letzten  Wortes  sind  mir  zweifelhaft;  eine  Nisba  ist  es  sehr 
wahrscheinlich,    aber    „vom  Nil**    zu   übersetzen    scheue   ich  mich. 

Nr.  1  lese  ich  ^O).  io^  ^  J»O^D  I-WJ  ""^  d^.  „Betet  für  den 


1)  Es  bt  ein  Plur.  von  ^^tl  „weiss".  Zu  den  von  Mordtmann  a.  a.  O. 
8.  86  erwähnten  Formen  j4vegia  (Ptol.  5,  u)  und  Euhari  (Not.  dij?n.  or.  XXXI, 
▼ielleicht  in  Heuari  zu  verbessern)  füge  noch  in  den  Acten  des  Conc.  Chalced. 
(Hans!  VII,  559)  und  Evagios  (Gonjt.)  in  Parthey's  Not.  episc.  (I)  pg.  91,  lauter 
Tenache,  die  unbequemen  Laute  Heuwärin  in  abendländischer  Schrift  wiodcr- 
iigeben. 


200  Notizen  und  Correapondemen, 

Mönch   Barsauinä   vom  Berge  Zion".     Sicher  ist   ä  JSDO^D  |^J 

^. .Of,  ksl;  die  Ergänzung  des  ^..Of.   zu  ^^O).  lässt  sich  kaum 

abweisen;   das    .   als  erster  Buchstab  der  Inschrift  ist  femer  auch 

sicher ,   und   so    wird   auch   das  ^^^  ci^ .   richtig  sein.     Das  letzte 

Wort  kann  ich  nicht  'lesen.  Wir  haben  hier  also  Einzeichnungen 
zweier  Mönche,  die  einst  als  Pilger  an  diesem  Heiligengrabe  standen. 
Aehnlichen  Inhalts  wird  auch  die  zweite  Inschrift  sein,  von  der 
ich  nichts  Zusammenhängendes  herausbringe. 

Die  unscheinbaren  Inschriften  gewinnen  dadurch  an  Bedeutung, 
dass  sie  uns  nicht  die  gewöhnliche  Estrangelä,  sondern  die  plumpen 
Schriftzüge  der  christlichen  Aramäer  Palästina's  zeigen.  Die  Schrift 
scheint  mehr  der  in  den  älteren  als  der  in  den  jüngeren  Handschriften 
zu  gleichen  (s.  die  Facsimile's  in  Wright's  Catalog  Bd.  HI.  und 
besonders  in  Land's  Anecd.  syr.  Bd.  IV.) ;  doch  müssen  wir  in  dieser 
Hinsicht  unser  Urtheil  suspendieren,  bis  einmal  eine  ganz  genaue 
Copie  vorliegt.  Hoffentlich  verschafft  uns  bald  ein  Beisender  eine 
solche;  dies  ist  um  so  mehr  zu  wünschen,  da  in  den  nicht  ent- 
zifferbaren Zügen  vielleicht  eine  DcUierung  steckt.  Ein  festes  Datum 
zu  gewinnen  wäre  aber  für  die  Beurtheilung  der  in  jener  Schrift 
und  Mundart  geschriebenen  Bücher  von  hohem  Interesse. 

Ob  die  beiden  Mönche,  welche  sich  hier  in  palästinischer 
Schrift  verewigt  haben,  auch  noch  den  palästinischen  Dialect 
oder  schon  das  gewöhnliche  (Edessenische)  Syrisch  anwandten, 
lä^st  sich  aus  den  wenigen  Worten  nicht  erkennen;  höchstens 
spricht  ein  orthographisches  Moment,  nämlich  die  Plenarschreibung 

j  r\  f/   (statt   des  im  Syrischen  üblichen  J-Jüw)  f^  palästinische 

Mundaii. 


Ein  neuer  bimjarischer  Fund. 

Von 

Dr.  J.  H.  Mordtmann  jr. 

Vor  einigen  Wochen  kam  hier ')  ein  Jude  aus  §an*&  mit 
einer  umfangreichen  Sammlung  „Antiquitäten*  an,  von  denen  die 
für  mich  interessantesten  Stücke  eine  himjarische  Münze ,  ein 
geschnittener  Stein  mit  gi*iechischer  Legende  und  ein  Basrelief  mit 
bimjarischer  Inschrift  waren.  Während  die  beiden  ersteren  in 
Besitz  des  Herrn  S.  Alischan  übergingen,  welcher  sie  mir  mit 
gewohnter   Liberalität    zur  Publication    überliess,    gelang    es   erst 


^ 


1)  In  C^nstantinopel.     Dnium  dor  Einsendung:    25.  MSrz  1878. 

P.  R^. 


Notizen  und  Correspandenzen,  201 

nach  langen  Verhandlungen  und  durch  Anwendung  von  List  jenes 
Basrelief  zu  Gesicht  zu  hekonunen,  aber  auch  nur  zum  Beschauen, 
nicht  zum  Abzeichnen.  Glücklicherweise  genügten  mir  wenige 
Augenblicke,  um  die  Inschrift  auswendig  zu  lernen  und  zum  nicht 
geringen  Verdruss  des  Besitzers  an  Ort  und  Stelle  niederzuschreiben. 
Trotzdem  würde  ich  anstehen,  eine  solche  Abschrift  der  Oeflfent- 
licbkeit  zu  übergeben,  stände  nicht  zu  befürchten,  dass  das  Denk- 
mal wahrscheinlich  noch  lange  Wanderungen  machen  wird,  ehe  es 
in  ein  europäisches  Museum  gelangt,  nicht  ohne  vorher  durch  den 
Transport  mannigfachen  Schaden  erlitten  zu  haben.  Der  Besitzer, 
der  übrigens  Himjarisch  liest  und  versteht,  verlangt  für  den  Stein 
die  bescheidene  Summe  von  600  türkischen  Pfunden  (ca.  3600  Thlr.). 
Das  Denkmal  besteht  aus  einer  Art  von  hartem  Gyps  mit 
citronengelber  Farbe,  gerade  wie  das  von  Ganneau  (Joum.  as. 
Mars-Avril  1870)  und  weniger  vollständig  von  Gildemeister  (ZDMG 
XXIV,  178  ff.)  bekannt  gemachte  Basrelief.  Hr.  Ganneau  bemerkt 
schon :  cette  esp^e  de  pierre,  susceptible  de  prendre  un  beau  poli, 
parait  avoir  ^t^  employ^e  par  les  lapicides  himjarites,  car  nous 
trouvons  cette  couleur  jaune  caract^ristique  fr^quemment  men- 
tionn^e  dans  les  notes  de  voyage  de  M.  Amaud.  Nach  Angabe 
unseres  Gewährsmannes  soll  der  Stein  aus  einer  Tempelruine  in 
Qan^ä  stanunen,  und  in  der  That  erwähnt  Amuud,  dass  von  seinen 
Texten  aus  dieser  Stadt  No.  I.  U.  und  III.  sich  sur  pierre  jaune 
befinden.  Das  Basrelief  besteht  aus  zwei  übereinander  befindlichen 
Darstellungen  von  recht  sorgföltiger  Ausfährung,  die  ich  jedoch 
nicht  lange  genug  studiren  konnte,  um  eine  genaue  Beschreibung 
geben  zu  können.  In  der  oberen  Abtheilung  schien  mir  der  Harem 
des  in  der  Beischrift  erwähnten  Verstorbenen  dargestellt  zu  sein, 
ähnlich  dem  Ganneauschen  Bilde,  in  der  unteren  erscheint  er  selbst 
hoch  zu  Eameel  und  umgeben  von  seinen  fijiappen,  in  der  näm- 
lichen Haltung  wie  der  Aus'il  b.  Zabbai  auf  dem  Basrelief  Joum. 
of  the  Bombay  brauch  of  the  R.  As.  Soc.  vol.  H  pl.  IV.  Auf 
dem  Gewände  der  einen  weiblichen  Figur  erscheint  der  Buchstabe 

(^    (l)  ebenso  wie  auf  dem  G.'schen  Bilde  *). 

Die  darüber  angebrachte  Inschrift  in  zwei  Zeilen  und  von 
demselben  Schnftcharacter  wie  z.  B.  die  in  dieser  Zeitschrift  XXX 
T.  n  veröffentlichte,  lautet  in  Transscription: 

T«^p  I  nbnyfe  |  p  |  ob^y  |  ircsn  |  ii^l 

„Bild  und  Denkmal  des  *Igl  b.  Sa'dil&t  Kurein.  Und  möge 
der  ^Aiikr  des  Ostens  den  heimsuchen,  der  es  zerschlägt^. 

1}  Aohulich  auf  der  BroncoUfol  von  Levy  ZDMG  XXIV  N.  II  und  Mile»  I, 

wo  es  nicht  mit  Dnn\b  zu  vorbinden.  Ich  behalte  mir  vor  auf  diese  vielfach 
4«ii  Inschriften  beigeffkgteu  einzelnen  Buchstaben  und  Zeichen  (gelegentlich 
svflckmkommon. 


202  Nctizen  und  Correspamdemzen. 

Wir  besitzen  bereits  zwei  ganz  analoge  Inschriften: 


)bnasr  von  Rakab;   und 


HaL    639:     |  yp^io  \  ^Dfyy  \  pnp-'bi 
[i]nt:D:  |  pr[aJ]"»i   »Grabdenkmal    des   Ra 
möge   der  ^A.   des  Ostens  den  heimsuchen,   der  sein  Grabdenkmal 
zerschlägt^ 

Prideaux  N.  IX:  |  'nrny  ]  p^p-'bT  |  D©ia«  |  nn  |  n»:m  \  cc: 
I  ins^in©*»"!  I  lp*iTD   «Grabdenkmal  der  M.  von  'A.;   und  möge  der 
'A.  des  Ostens  den  heimsuchen^  der  es  zerschlägt*^. 

Die  Bedeutung  des  Wortes  TDC5  als  «Grab*  ist  durch  die  In- 
schrift von  Warka  (Os.  T.  35a),  wo  es  mit  "^ap  verbunden  ist*)» 
und  durch  den  Gebrauch  in  den  palmyrenischen  und  nabatäischen 
Inschriften  (De  Vogüe,  Inscript  Söm.  p.  38.  90)  hinl&nglich  ge- 
sichert; in  der  bilinguis  von  Soueideh  wird  es  im  griechischen 
Text  durch  ffrrjkfj  wiedergegeben  und  diese  Uebersetzung  passt 
sehr  gut  auf  die  himjarischen  Denkmäler  in  Frage.  Denn  ich 
zweifele  nicht,  dass  auch  die  einfach  als  «Bild*  ("^ist)  oder  «Bild 
und  Säule''  (\  aat:*»  |  mat)  des  N.  N.  bezeichneten  Basreliefstelen 
Bombay  Joum.  vol.  U  pL  IV.  V;  ZDMG  XXVI  N.  X;  XXX  S.  115 
sowie  das  bereits  erwähnte  Ganneau'sche  Bild  in  die  Classe  der 
Grabmonumente  gehören ;  letzteres  trägt  ebenfalls  den  Zusatz 
I  insnan'^n  |  ^nny  |  pop'^bi  «möge  *A.  den  heimsuchen,  der  es 
zerbricht*. 

Im  Einzelnen  erlaube  ich  mir  Folgendes  zu  bemerken. 

Z.  1.    ühi^y  vermuthlich  =  Jäc,  vgL  Ibn  9abib  ed.  Wüsten- 

feld  p.  li:  kUU  y>3  JOt  ^yt  ^sXs^  ^  iü^Ljuo  ^  Jäc  ^^l  ^3; 

Wüst.  Gen.  Tab.  4, 16  Reg.  244. 

Der  Name  rbuic  =  o^Ul  Juu«  wird  anderwärts  noch  nb»nytD 
geschrieben  (Hai.  577,8);  doch  ist  letztere  Schreibung  nur  aus- 
nahmsweise; vgl.  rbT'n  =  0^1  Ju;  Os.  32, 1  Hai.  411,5,  nbnar 
=    0^1  Jut  Hai.  168,2,  nboi«  =  o^l  ^j*^!   in   der  Inschrift 

von  Na'it  bei  Hamd&ni  (Müller,  Südar.  St  132).  Levy,  dem  nur 
ein  Beispiel  vorlag,  hat  dessen  Bildung  richtig  erkannt,  und  pal- 
myrenische  Eigennamen  wie  nbrbTD ,  nbitri,  in  denen  wir  dieselbe 
Verschleifimg    des    «    beobachten,    zum    Vergleich    herbeigezogen 

(ZDMG  XIX,  182  A.).  y^-p  scheint  ^^^  zu  nbnrc  und  identisch 
mit  D3'»*np  Os.  XIII,  1  und  5  zu  sein,  wozu  der  Herausgeber  ^ jj 
bei  Ibn  Doreid  p.  f,1  verglich. 


1)    I  ^3p1  I  CDI    ist   sehr   häutig  auf  den  von  Fr.  Lenormant  publicirten 
InaehiiAen   von  Abian;  doch   sind   dio  lotztoren  mit  vielleicht  zwei  Aiunahmen 
*  sieh  er  gefftUoht.     Ich   berücksichtige   daher  in  meinen  Arbeiten  diese  Fal- 

iifieate  nicht. 


NoiUen  und  Corre^pondensien,  203 

Z.  2  ^973pbi.  Ich  entsinne  mich  genau,  dass  mir  bei  der 
Betrachtung  der  Inschrift  das  Fehlen  des  *^  nach  dem  b  aufgefallen 
ist,  da  ich  nach  Analogie  der  eben  citirten  Parallelen,  die  mir  vor- 
schwebten, vielmehr  das  Imperfectum  erwarten  musste.  Wenn 
nicht,  was  bei  der  Art  wie  ich  diese  Untersuchung  machen  musste, 
nicht  ausgeschlossen  ist,  eine  Täuschung  meinerseits,  oder  auch 
ein  Steinmetzenfehler  vorliegt,  so  erinnere  ich  an  Wendimgen  wie 
|T»^fi|bi  Os.  20,2,  |iyD\ibi  Hai.  49,  is,  'pnn  bi  Hai.  149,  ii  und 
*iain  I  bi  Hai.  147,  9,  in  denen  die  auf  ^  auslautenden  Verbalformen 
als  Infinitive  aufgefasst  unendliche  Schwierigkeiten  machen,  wes- 
halb Praetprius,  Beiträge  UI,  15  sie  als  „energische  Imperative'^, 
Hal^vy,  Et.  Sab.  p.  45  als  verlängerte  Perfectformen  ansieht 
Unsere  Stelle   würde  die  letztere  Ansicht  wesentlich  unterstützen. 

1P*1^  I  1Df\y  „der  *A.  des  Ostens*  nach  der  einzig  richtigen 
Erklärung  von  E.  Meyer  ZDMG  XXXI,  610. 

in:a*ifrn    von    *3-.  welches  Ihn  Doreid  ed.  Wüstenfeld  S.  öP 

mit  \3j>  oder  ciai  imd  S.  v.  mit  vJülÄ  erklärt. 


Einige  Bemerkungen  zu  Herrn  Mflller's  „Himjariscben 

Studien««. 

(ZDMG  XXX  S.  671  ff.) 

Von 

Dr.  J.  H.  Mordtnuuiii  jr. 

N.  2  (S.  673)  ist  genau  genommen  kein  Ineditum;  die  In- 
schrift ist  bereits  bei  Prideaux  Transactions  etc.  vol.  II  S.  28 
herausgegeben,  wo  sie  jedoch  irrthümlicher  Weise  als  bronze  tablet 
bezeichnet  ist.  In  Folge  dessen  hatte  ich  sie  in  ZDMG  XXX,  22 
als  ,durch  den  Inhalt  verdächtig"  bezeichnet,  da  derselbe  nur  auf 
ein  Steindenkmal  zu  passen  schien.  Dieser  Verdacht  hat  sich,  wie 
man  sieht,  gerechtfertigt.  Prideaux  giebt  am  Anfang  und  Ende 
der  Zeilen  manchmal  mehr,  manchmal  weniger  Buchstaben;  leider 
ist  Z.  5 — 6    auch    durch    den   Euting'schen   Abklatsch   nicht   fest- 

gestellt  P.  hat:  |  lörrn^rrn  |  •,2Dar  |  ci»l,  die  lithographische  Tafel 
zur  Müller  sehen  Abhandlung  |  irrrn'rnn  |  irD*»  |  ||  qNi ;  Herr  Müller 
liest  dies,  theils  ergänzend,  theils  corrigirend  (S.  674):  |  bp]D«i 
iTnmnn  |  13D[n  und  übersetzt  zusammen  mit  dem  vorhergehenden 
«und  zimi  Gedeihen  der  Baum-  imd  Bodenfrüchte,  die  da  sind  auf 
ihren  Gebirgen*.  Dies  ist  unzulässig,  da  die  Lesart  12D"' |  ganz 
unzweifelhaft  feststeht,  und  auch  nicht  Raum  da  ist,  um  noch  zwei 
Bachstaben  zu  ergänzen;  man  musste  denn  zu  dem  misslichen 
Ausweg  greifen,  einen  Fehler  des  Steinmetzen  anzunehmen.  Vor 
Bekanntwerden  der  M.'schen  Abbildung  verrauthete  ich :  •|:D'»[  b]«*) 
(vgl.  Reh.  I— IV,  7  H.  345,5,  349,6  Fr.  XL,  7  zu  diesem  Ge- 
braach  des  Relativpronomens)  d.  h.  ihre  Saaten  und  was  sich  auf 


204  i^^o<tt0fi  und  Correspondemaen, 


o  « 


ihren  Ebenen    (»^   terra   plana.     Kam.   vocab.  Jeman.  Ilm-Doraid 

Freyt  s.  v.)  befindet. 

N.  3.    Herr  Müller  liest  die  Schlusszeilen : 

nn»  I  DO'««  I  b»o  I  bm  |  d«      *i  |  V  ' 

•  •  it-^lp  I  p  I  11D1  I  -jw«  I  p  I  p  I  inrr-n  |  i 

und  übersetzt :  « .  .  .  .  und  II  ...  .  der  Wohltbaten  erwies  in  diesem 
Unglücke*  etc. 

Hr.  M.   fasst  also   b»  als  Namen  des  höchsten  Gottes.     Ver- 
gleicht man  aber: 

Reh.  I.  IV.  V,  7  f. :  "lai  |  nyb»  |  qn ;  b»  |h  |  pps  |  ibfö  |  b«[to]n  |  b»i 

Hai.  345, 5  ff.:  p»n  |  b«feJTn 

b-i  I  inbNbn  I 
(vgl.  auch  noch  Hai.  349, 12),  so  kann  kein  Zweifel  sein,  dass  b» 
vielmehr  Relativpronomen  ist.     Denmach  übersetze  ich:    ,und  was 
erbeten  Ijäs ,    sein  Bruder  .  .  .  .'^ ;   DD'^K    ohne  Mimation  auch  Hai. 

575,4   ist   wohl    gleich   i^LI.     Die  Schlusszeile   lautet  aber  nach 
der  Lithographie: 

so  dass  das  im  Anfange  der  Zeile  stehende  Imperfectum  nicht  von 

1?3  =  Q^^  sondern  von  ipy^  =   .^«j  abzuleiten  ist     Von  derselben 

Radix   konunt   z.  B.  der  Eigenname  p*«»  Fr.  XLV  (=  Hai.  657), 
welcher   mit  dem    .^t  der  Königslisten  zu  identificiren  ist     DMtb 

soll  „Unglück*  bedeuten ;  aber  dies  scheint  sonst  nirgend  zu  passen, 
obgleich  der  Ausdruck  „er  lasse  sie  unversehrt  aus  diesem  Un- 
gemach hervorgehen*  (vgl.  ar.  V  und  X)  nicht  anstössig  ist  ^).  Ist 
es  Zufall,  dass  auch  Hai.  585,  is  |  riTSKTsni  |  n:ö'»'i  zusanunensteht? 
S.  679  Miles  V  (geMschte  Bronzetafel,  Copie  einer  echten 
Steininschrift)  lautet  nach  der  Lithographie: 

Dafür  vermuthet  Herr  Müller: 

b«nn'iö  b»nnnn 


I  biiöD  I  p  

'^^w  I  bnp  -»it:©  |  by:a 


«  j  nnnnp  |  etc. 


nr  I  -itan 
»  I  inbprr 


1 )  Im  Gegentheil.     Denn  dieses  von  dem  Hrn.  Verfasser  glücklich*  gerettete 


<j  ^  i 


llCrT\  entspricht  doch  wohl  dem  arab.  ry*^  (in  ^j».a^.»JI  Sur.  59, 83)  «»  ^yA 
\         JMftften'*.  D.  Red. 


NoHzen  und  Corregpondenzen,  205 

Hiergegen  ist  zu  bemerken,  dass  "^VTaiD  |  bip  nicht  angetastet 
werden  darf,  obip  (so,  mit  der  Mimation)  ist  als  Eigenname, 
genauer  gesagt,  als  Beiname  gesichert  durch  Hai.  3,  i,  wo  es  zu 
dem  ^^jU***t  JLc  nrrbN  |  byn  ^er  pries  die  Il&hat*  hinzutritt,  und 
durch  Hai.  84  (Schira*)  gesichert     Letztere  lautet: 

•»33  I  •»yttte  I  bippD«}»y 

nbinrrspn  |  Dv   1. 
nytinpi  I  b»n*nDa 

Es  ist  klar  und  sofort  einleuchtend,  dass  Miles  V  ganz  ebenso 
lautete,  etwa: 

ab«mfnn 

•»yTatö  I  bip 
N3ai  I  -^sn 
»  I  ^ni^'p    5. 
DT»  I  nun 
«  I  inmprt  I 

Der  Name  abNnnnntt  ist  durch  die  Inschrift  Hai.  89,  2,  welche 
aus  Schira*  stammt,  wo  nach  Hai.  85  Ta'lab  verehrt  wurde,  ge- 
sichert; bip  dürfte  auch  Hai.  85,  i  gestanden  haben;  »::n  |  "«an 
zusammen  wie  Hai.  276;  520, 12  Prid.  I,  8;  inTSnpn  |  DT»,  das 
sich  aus  den  Varianten  inbprr  |  dt»  und  nnspn  |  DT»  ergiebt,  ist 
aus  Hai.  154,4  (vgl.  ZDMG  XXX,  29)  bereits  bekannt 

Miles  VI,  Bronzetafel  nach  einem  echten  Original  auf  Stein. 
Herr  Müller  verweist  zu  Dbat«  auf  Os.  VI,  1 ,  wo  es  als  Eigen- 
name vorkommt;  es  ist  vielmehr  auf  Os.  XXXI,  2  nach  Gilde- 
meisters Erklärung  ZDMG  XXIV  S.  180  zu  verweisen.  Dort 
heisst  es: 

1  -pabasNC  |  ]in  r-iö^i  |  v-unn«  |  yiiy  \  nbm  |  ci2n  I  mnöti  |  ''^[pn 
''iai  I  T73rT»Dib  „er  weihte  der  Tanuf,  Herrin  von  Ga4rän  vierund- 
zwanzig Idole  zu  ihrem  Heile  etc.**. 

Demnach  ergänze  und  übersetze  ich  hier: 

I  -in^^aM«  I  nni-i  |  im[y]  '■  -»ny ;  innn[ ,  bya  |  dts-i  |  ab«n  |  -»rpn  •  •  •  • 

'Sai  I  Dbar«  „XX  weihte  dem  Talab  R.  Herrn  von]  Rahbän  vier 
Idole  bei  seinem  Heiligthum  von  Zabid  zum  Dank  dafür*  etc. 
'^y  tritt  in  einer  Beihe  von  Inschriften  an  die  Stelle  von  n^n ;  zur 
Verbindung:  er  weihte  '^ly  „bei  dem  Heiligthum"  vgl.  Reh.  VQ,  4: 
rü^nn  I  '^ly  —  T»3pn   und    auf  der   grossen  Bronzetafel  bei  Müller 


ZDMG  XXIX,  591  Z.  3:   |  vnnnn     -«nr  |  vrpn. 

Das  besonders  in  späterer  Zeit  bekannt  gewordene  Zabid  soll 
nach  der  von  Johannsen  Hist.  Jem.  herausgegebenen  Geschichte 
dieser  Stadt  (mir  hier  nicht  zugänglich)  in  nachmohammedanischer 
Zeit  gegründet  worden  sein;  somit  wäre  es  nicht  identisch  mit 
.dem  lan  unserer  Inschrift,  welch*  letzteres  alsdann  mit  dem  Zaßtöa 


<^jä*i^  JifUjim^t   Oi^mmas  ^^fmßumw  Tfirmp  Tsgüchen  werden 

1^  :sfi  <liifi|$!Md  zu  wmmsthoL  da»  £c  G^toiemfide  Südarabiois 

uujüuki    tücii   'lea  Daten  der  laidaiftcii.   CHwfVw  imd  der  arab. 

iev^L'ik^ü^ii   <die  eiirop.  Bmenden  nidit  anevseUofisen)  bearbeitet 

^vujLud.     Gieidi   auf  S.  <^5   steht  ein  weitem-  iBteressaiiter  geogr. 

N«MAjL«i;    *iftr    re«;iit    »jß    erwlfante  'Attar  t*«   ^rr.    d.  L    oLi,Uj. 

uiüxÜH,  liieht  Jalmq.   Tg^  Jaqöt  &.  t.     Dieser  geogr.  Eigenname 

>«wti»is(»  dactä^  das  rielbemfeDe  Verb  ^^  aaeli  himjarisch  war. 

liek  X.  Vn  iS.  690>  Die  erste  Zeile  wird  nach  der  Copie 
vled^  liieoL-CoL  Pndeaox 

LM  l&»dn  sein.  Dies  wird  dadurch  bestätigt,  dass  derselbe  Eigen- 
luiUM  Ptideanx  IV,  1  wiederkehrt,  wo  ^xr"  \  rrmmn  zu  lesen 
isx  (schriftliche  Kittheilmig  des  Lient-CoL  Prideanx  d.  d.  Bnshire 
^  Dec.  1876> 

Sw  693.  Gegen  die  gnt  beglanbigte  Lesung  j  ^s:['«]3  wüsste 
Ich  Kehts  za  erinnern;  das  Verbmn  ist  schon  diirch  Inschrift  von 
Ohne  Z.  5  nach  Herrn  Praetorins'  zutrefflraider  ErklSmng  (ZDMG 
XXVI,  422)  bel^ 


Am  eiBem  Briefe  des  Hm.  i.  Hal^Ty 

an  Prot  Fleischer. 

Paris,  6.  novembre  1877. 

—  Voici  la  lectore  du  texte  arameen  dit  de  Carpentras,  sur 
lequel  tous  avez  bien  youIu  demander  mon  avis. 

tiv:      •»  •       »:f:  •-:         -:        »:  t«: 

rvttT\  n^73«  «b  TD"'«  "»at-iDi  mny  «b  «"»Na  D^rnTa 

(ou  TTab»)  ob©  •'in  «-«on  v^^  •»nrn:  «rbt  -»in 

D9*n~^S,  r^duit  k  'nvi  dans  le  dialecte  talmudiqne,  signifie 
peut-6tre  «de  ce  qui  est  avec'^  (sousentendre :  la  personne),  c'est-ä- 
dire  «de  ce  qu'on  possäde*^;  de  lä:  quelque  chose,  nimporte 
quoi  >). 


1)  la,  Leiry'i  Chaldftischeiii  Worterbach,  2.  Bd.  S.  667,  bt  die  mit  Ver- 
Wtifiuig  auf  Fttnt'i  Formenlehre  der  chald.  Grammatik  S.  97  und  98  schon  in 
•inMr  BlHUwrion  von  Bernsteins  Lex.  za  seiner  Ausgabe  von  Kirsch'  Chrestom. 
Ijf.  la  dM  Erg.-Bl.  der  Allgem.  Lit.-Zeitung  1843  Nr.  16  Col.  126  nachgewiesene 

Jmmi  DJf^S^y  0??^  Qi><l  ^^1*  daraus  verkfirzten  Formen. 0173,  Dl^, 


NaUzen  und  CorreMpondenzen.  207 

C*«?  est  la  forme  pleine  de  ü"»?  ^mauvais,  mal*  racine  tö»3 
et  n'est  pas  ä  d^composer  en  n  et  c'^M  ^ftvec  un  homme*'. 

Le  mot  '«SS'nD  a  öt^  diversement  Interpret^,  les  uns  premient 
^atn  dans  le  sens  de  ITi^breu  ^131^  ^volont6*,  les  autres  y  voient 
une  Orthographie  inexacte  pour  ^^ip  qui  figure  dans  la  locution 
*^3Sip  bDK  qoi  signifie  .calonmier'^,  mais  Tone  et  lautre  de  ces 
interpr^tations  ne  conviennent  gufere  avec  le  verbe  *n73«.  Je  pense 
donc  que  c'est  tout  simplement  le  '^at^'D  talmudique  qui  designe, 
d'apr^s  les  commentateurs ,  un  ver  qui  ronge  les  entrailles  (la 
t^nie?)  et  produit  des  coliques  (le  t^nesme?).  ©•'«  ^at^D  *n»«  »dire 
ou  divulguer  le  Ter  solitaire  de  quelqu'un'^  semble  dtre  une  locution 
proTerbiale  pour  exprimer  la  m^disance,  la  calomnie,  Tindiscretion, 
la  trahison. 

nip3^7a  est  pour  t^*JR^9  „celui  qui  honore*  (sousentendu :  ses 
adorateuirs) ;  Temploi  du  n  o  ü  n  au  lieu  du  d  a  g  e  s  c  h  est  des  plus 
fr^quents  en  aram^en.  On  peut  aussi  le  prendre  comme  un  passif 
et  traduire  «honor^e*'. 

«nbo  est  Texpression  aram^enne  pour  T^gyptien  »n3)3n. 

Dans  le  mot  "«n^rr  il  y  a  probablement  une  faute  du  lapicide. 
Est-ce  •^rnoy?  »ma  douce*,  ou  bien  -^ny-p  =  h6b.  rrn?  i»  «dor6- 
navant*^?  Dans  le  premier  cas  on  serait  port^  4  compl^ter  le  mot 
de  la  fin  en  ''riTabxp  ^ma  parfaite*'. 

Traduction. 
Benie   sois  Tba   fille  de  Tliapi  devou6e  au  dieu  Osiris. 
Tu  nas  commis  rien  de  mal,  tu  n'as  calomni^  personne,  ö 

pieuse , 
sois   benie  par  Osiris,    de  par  Osiris  sois  honoree, 
6  adoratrice,  ma  douce  (ou  dorenavant)   et  reste  au  milieu 
des  fidMes.     Paix  (ou  ma  parfaite). 
Ce   beau  morceau  ftm^raire  montre  les  traits  essentiels  de  la 
poesie  semitique:    le  parallelisme  et  la  strophe,  mais  ne  r^vMe  ni 
rime  ni  mesure  prosodique,  comme  quelques  savants  l'ont  suppose. 


DlOy   ^1^73   von   HTay'nS'P»   •T3?'17a   Gig.  yvoi^tfiov  n,  scibile  quid,  nachtrfig- 
licb    durch   das  zabische  y^^^  und  nensyrisclie  w«i2D  etwas  bestätigt  worden. 


% 


Fleischer. 


208 


Bibliographische  Anzeigen. 

Kdgimdydsvdhdnidkih.  —  The  Pandit^  a  monOdy  journod 
of  the  Benarea   College^  devoied  to   Sanacrit  Liieraiure, 

Nos.  80—120.  folio.  New  Series  I,  1—12.  ü,  1.  2. 
octavo.  —  £.  J.  Lazarus  &  Co.,  Benares,  Jan.  1873  bis 
JuU  1877. 

Vol.  Vn  Nos.  80—84  pagg.  171  fg.  p.  CLXVn— CLXXXVl. 
vol.  Vm  Nos.  85—96  pagg.  288  p.  CLXXXVH— CCXX.  —  vol.  IX 
Nos.  97—108  pagg.  298  p.  CCXXI— CCLIX.  —  vol.  X  Nos.  109 
—120  p.  290  p.  CCLX— LXL  —  New  Series  vol.  I  pag.  770.  — 
vol.  n  Nos.  1.  2  pagg.  128  0-  —  Preis  des  Jahrgangs  24  Shilling. 
Die  seit  unserem  Bericht  über  die  ersten  Bände  des  FaQ^^t, 
Band  XXVII,  164  fg.,  erschienenen  weiteren  voll,  dieses  verdienst- 
vollen Unternehmens  zeigen  jenen  gegenüber  zwei  bemerkensi^erthe 
Unterschiede.  Die  sogenannt«  „schöne  Literatur"  zunächst 
ist  in  ihnen  fast  gar  nicht  mehr  vertreten,  an  ihrer  Stelle  stehen 
rein  wissenschaftliche  Texte;  und  das  ist  ja  ganz  gut.  Sodann 
aber  enthalten  sie,  und  das  ist  weniger  dankenswerth,  Sanskrit- 
Uebersetzungen  einiger  englischen  Werke! 

Ein  Hauptantheil  kommt  nach  wie  vor  speciell  der  Philo- 
sophie zu.  Und  zwar  ist  diesmal  das  Yedänta- System  ganz 
besonders  reich  vertreten.  Zunächst  ist  da  die  Fortsetzung  und 
der  Schluss  (in  Nro.  84)  der  Ausgabe  yecanaräma9arman's  von 
(^Vika^tha^iv&cäyra's  ^aivabhäshja  zum  V ed&ntasdtra  zu  nennen, 
so  wie  ebenfalls  Fortsetzung  und  Schluss  (in  Nro.  88)  der  Vid- 
vanmanoraiijini,  des  von  B4mattrtha  abgefassten  Commentars  zum 
Yedantasära,  in  Text  und  englischer  Uebersetzung  von  A.  £.  6. 
(Gough)  imd  GD.  (Govinda  Deva^astrin).  —  Daran  reiht 
sich  sodann  des  Ke^ava  Ka^mirabhatta  ^)  Commentar  zum  Ve- 
däntasütra,    Namens   vedäntakaustubhaprabhä,    in  Nro.  86 


1)  die  Nros.  80.  84.  97.  98.  104  fohlen  auf  der  Berliner  Königl.  BibL, 
wie  denn  auch  die  Nros.  68.  70,  trotz  wiederholter  Schritte  von  Seiten  der- 
selben, noch  immer  nicht  haben  erlangt  werden  können! 

2>  s.  Hall  bibl.   Ind.  p.   115.    118. 


Bibliographische  Anaeigen»  209 

— 100,  so  wie  des  Lakshmidhara  Advaitamakaranda  in  28  vv., 
mit  der  ^kh  des  Syayamprakä9a ,  genannt  ras&bhivyafijikä  ^) ,  in 
Nro.  85,  beide  Ton  Vecanar&ma9&strin  edirt.  Die  Nros.  89 — 91. 
102  enthalten  eine  üebersetzung  des  letzteren  Werkes  und  des 
Gommentars  dazu  von  A.  E.  G.  (Gough). 

Endlich  gehört  hieher  das  an  das  B&m&nujadarQanam  sich 
anschliessende  tattvatrajaculukaui  des  (^niväsadäsa,  Sohnes 
des  Goyindäc&iya ,  in  zehn  avat&ra,  auch  bezeichnet  als  Yatipati- 
matadipik&,  in  New  Ser.  I,  2 — 8.  Da  in  den  Unterschriften 
Qxiniy&sadäsa  hier  als  Schüler  (erster  däsa)  des  Qri  VlLdhüla- 
kulatilaka  9riman  Mahäcäiya  bezeichnet  wird,  so  ist  er  zwar  mit 
dem  bei  Hall  im  Bibl.  Index  p.  112  genannten  Autor  gleichen 
Namens  wohl  identisch,  dagegen  von  dem  ibid.  auf  p.  114.  204 
genannten  SchtQer  Nimb&rka's  (resp.  Niyam^anda's)  zu  trennen. 
Der  Eingang  enthält  allerhand  Namen  von  Vorgängern  des  Vf.'s, 
Yon  denen  nur  wenige  bisher  in  dieser  Beziehung  bekannt  sind,  und 
möge  daher  hier,  nebst  der  sich  daran  anschliessenden  Aufzählung 
der  im  Verlauf  des  Werkes  behandelten  Kategorien,  Platz  finden: 
9rl-Venkate9aip  Kari^ailanätham  9rl-Devar4jai]i  Gha- 
tik&drisiAham  |  Kfishnena  säkam  Yatirajaip  i^e  svapne  ca 
dpsht&n  mama  de^ikendr&n  ||  1  | 

Yati^yaram  pnui^amj&'haqi  vedäntaryam  mah&gurum  | 
karomi  b&labodhdrtham  Yatindramatadipikäm  ||  2  || 
ijibxksai-Näräyana  eva  cidacidYi9ishtädvaitam  tattvam  {  bhaktipra- 
patübhy&in  prasanna^  sa  eva  up4ya1?  apräkptade9ayi9ishtal;^  sa  eva 
pr&pya  iti  vedlüitaväkyai^  pratii)ädayatäm  Vyäsa-Bodhäyana- 
Guhadeva-Bh&ruci-Brahm&nandi-Dravid&c&rya-C^rlpar&n- 
ku^anätha-YlLmunamuni  YatlQvaraprabhfitinäip  matanusäreiia 
b&labodh&rthaqi  vedant^usc^i  Yatipatimatadipikäkhya  ^äriraka- 
paribh&shä  Mahlicäryakfipävalambinä  maya  yathämatisamgrohena 
prakft^yate  | 

sarvam  padärthajätam  pi-amänaiiromeyabhedena  dvidhä  bhinnam  \ 

'  pramäi^äni  triijy  eva,  prameyam  dvividhaip:  dravyädravyabhedat . 
dravyaip  ca  dvividham:  jadam  ajadam  iti;  jadam  ca  dvedha: 
prakfitil;^  k&la^  ceti,  prakyiti^  caturviii9aty&tmikä,  kälas  tu  upädhi- 
bhed&t  trividhat,  ajadaip  tu  dvividham:  par&k  pratyag  iti,  ajadam 
par&g  api  tathä:  nityavibhütih  dharmabhütajnänam  ceti,  pratyag  api 
dyividha^  (siel):  jlve9Varabhedät;  jivas  trividliah:  baddha-mukta- 
nityabhedllt  ,*  baddho  *pi  dvividhah :  bubhukshu  -  mumukshubhedät, 
babhukshur  dvividhah :  arthak&maparo  dharmapara9  ceti,  dharmaparo 


1)  s.  HaU  bibl.  Ind.  p.  103. 

S)  I>TmiDia(!)   wohl  Dramida   ity  api   pftthah.   —   Von   don   obigon  Namen 

■Khanen    ausser   Vyäsa    uocli    Veükatavanätha,    Bodlifiyana    und    Yftmuna    im 

^bvini^a- Abschnitt  des  SarYadar9aiiaj»ani^niha.    Zu  Venkata  s.  aucli  Hall  p.  112, 

a  Ylmuua  p.  203.     Unter  dorn  Yatiräja,  Yati^'vara,  Yatindra,  Yatipati  ist  wohl 

te  Rämftni^a  zu  vorstehen. 

Bd.  XXXil.  14 


210  Bibliographtsehe  Anzeigem, 

dyividhah:  devat&ntaraparo  bhagavatpara^  ceti;  mamakshur 
dvividha^:  kaivalyaparo  mokshapara^  ceti,  mokshaparo  dvividhal^: 
bhakta^  prapanna^  ceti,  prapanno  dvividha^:  ekänti  paramaikAntt 
Ceti,  paramaikänti  dvividho:  dppt&-"rtabhedät;  paficadhä  'vasthiia 
!  9  V  a  r  a  ];i :  para  -  vytiha  -  vibhavä  •  ntary amy  -  arc&yatärabhed&t ,  para 
ekadhi,  vytiha^  catardhä:  yäsadeva-samkarshana-pradyiimn&^'nirad- 
dhabhedat,  ke^ay&divydh&ntaraqi  matsylidajo  vibhaväl^  punar  anaiit&9 
ca,  antaryämi  prati^ariram  avasthitat^,  arc&vat&ras  ta  (^draOga-Ven- 
kat&dri  •  Hastigiri  •  Yädav&dri  •  Ghafikaealädishu  sakal amanujanayana« 
visbayatäip  gato  mürtiviQesha]^  |  adravyaip  tu  sattva-rajas-tama^- 
9abda-8par9a-rüpa-rasa-gandha-samyoga-9akti-bhed^  da9adhai  va  | 
evam  addisht4nam  udde^akrainena  lakshana-pariksbe  kriyete  |  tatra 
praml&aranam  pramänam  .... 

Das  S&ipkhya  System  ist  vertreten  durch  die  üebersetzung 
des  S&ipkhyatattvapradipa  in  Nos.  98 — 106  von  GD.  (Govin- 
dadeva9£Lstrin).  In  Nro.  106  giebt  Girt^acandrar&ya  eine 
,,introduction  to  the  S&nkhya  Philosophy*^  in  einer  Üebersetzung  aus 
dem  nyäyapad^rthatattva  des  Hariki^ora  Tarkav&gi9a.  Ein 
kleiner  Abschnitt  aus  der  Säqikhyatattvanaumudi  (Gap.  57 
niri9varav&da)  ist  in  New  Ser.  I,  1  von  A.  E.  G.  (Gough)  über- 
setzt. Endlich  das  siebente  Heft  New  Ser.  enthält  den  Anfang 
einer  Üebersetzung  des  vierten  Buches  des  S4mkhyapravacana- 
bhäshya,  welches  die  ,,stories  illustrative  of  the  S^khya  doctrine*^ 
auffuhrt')?  ^on  Ke9ava9&strin. 

Zur  nyäya- Lehre  gehört  Fortsetzung  und  Schluss  des  9ab- 
dakhanda,  des  vierten  Buches  von  Gange9a's  Cintämapi  mit  dem 
Commentar  des  Bucidatta,  herausgegeben  von  Bala9&8triny  in 
Nros.  81 — 93,  sowie  eine  in  der  New  Series  11,  1.  2  begonneue 
Üebersetzung  des  Nyayadar9ana  mit  dem  Conunentar  des  Y&t- 
syäyana,  von  Ke9ava9astrin  (der  Text  beider  Werke  am  Fasse 
der  Seite). 

Hochverdienstlich  sodann  €st  die  Üebersetzung  des  Sarva- 
dar9anasamgraha  in  Nros.  103 — 120  New  Ser.  I,  1  —  H,  2 
von  A.  E.  G(ough)  Buch  H.  IV.  V.  VIII.  IX.  und  von  E.  B.  C(owell) 
Buch  I.  IIL  VI.  Vn.  X.;  der  Text  ebenfalls  unten  am  Fusse  der 
Seite.  —  Und  von  hohem  Interesse  femer  sind  auch  die  philo- 
sophischen Disputationen  des  Saipsk^itasamäja  in  New  Ser. 
I,  1.  4,  über  welche  Herrn.  Jacobi  bereits  in  der  ^^Philosophischen 
Monatsschrift"  IX,  417—38  (1877)  speciell  gehandelt  hat 

Bedeutenden  Platz  endlich  nehmen  auf  diesem  Gebiete  zwei 
Werke    ein,    welche    dem   ursprünglichen   im  Prospekt  des  Pa];^4^t 

verheissenen  Plane :  „to  publish  rare  Sanscrit  works *  völlig 

fem  liegen,  und  somit  hier  von  Rechtswegen  eigentlich  gar  nichts 
zu   suchen  haben,   nämlich  die  Sanskrit-Uebersetzungen  von  Ber- 


1)  8.  Ind.  Stud.   2,  483.  3,  36C. 


BibUographueha  Anzeigen,  211 

keley's  iareatise  on  the  principles  of  human  kQOwledge,  jnäna- 
siddhftntacandrika  Barkele8aipjnakamah&pa94itaYiracit&,  in  Nos. 
87 — 115  übersetzt  von  Ke^aya^listrin,  und  von  Locke's  Essay 
«oncemmg  human  understanding,  vidvadvara-Lok&bhidhä  mah&^aya- 
viracit&-mänaviyfynänavishayaka9&stra^  in  Nos.  119.  120.  New  Ser. 
If  1  —  n,  2  übersetzt  von  phun^hiräja^astrin.  Es  ist  begreif- 
lieh, dass  beide  Werke  die  jetzigen  Vertreter  der  indischen  Phi- 
losophie in  hohem  Grade  beschäftigen,  Berkeley  steht  ihrem 
Ved&nta-,  Locke  ihrem  S&ipkhya-System  sehr  nahe;  und  die  vor- 
liegenden Bearbeitungen  selbst  sind,  daher  für  sie  gewiss  sehr 
anerkennenswerih.  Aber  im  Fa](^dit  hätten  sie  keine  Aufiiahme 
finden  sollen!  Derselbe  ist  ohnehin  schon  ziemlich  t heuer;  und 
es  ist  daher  zum  Wenigsten  den  europäischen  Subscribenten 
gegenüber  eine  etwas  starke  Zumuthung,  wenn  man  ihnen  an 
der  Stelle  von  «rare  Sanskrit  works*^  Uebersetzungen  in  das 
Sanskrit  bietet,  die  für  sie  gar  kein  Interesse  weiter  haben,  als 
etwa  das,  zu  sehen,  wie  die  termini  technici  etc.  unserer  Philo- 
sophen sich  im  Sanskrit-Gewande  ausnehmen  1 

Von  der  sogenannten  ^schönen  Literatur*,  die  früher  so  reich 
Tertreten  war,  liegt  in  diesen  Bänden  nur  ein  specimen  vor,  und 
auch  das  ist  von  der  Art,  dass  wir  gern  darauf  verzichten  würden, 
zumal  es  einen  ganz  bedeutenden  Umfang  hat  Es  ist  dies  das 
ftnandavi^indäva nacampük4vy am,  nebst  Comment>ar,  in  Nos.  101 
— 120  New  Ser.  I,  1  —  11,  2  herausgegeben  von  Vecanarä- 
maQ&strin;  leider  noch  immer  nicht  zu  Ende  (bricht  in  stabaka  15, 
mit  V.  47  ab).  Ein  Curiosum  ist  die  Uebei-setzxmg  von  40  w.  aus 
Goldsmith^s  Hermit  in  Nro.  106  von  Phui]i4hir&ja9ästrin. 

Von  um  so  grösserer  Bedeutung,  imd  hoch  dankenswerth,  da- 
gegen sind  die  beiden  wissenschaftlichen  Werke,  die  uns  hier 
vorgeführt  werden.  Erstens  nämlich  der  berühmte  Commentar  Va- 
mana's  zu  Panini,  die  Ka^ikä,  in  Nros.  94 — 120.    New  Ser.  I,  1 

—  n,  2  (bricht'bei  Pag.  VII,  1,  73  ab)  von  Bala^ästrin  edirt; 
ans  der  Einleitung  ist  der  im  (^abdakaustubha  und  in  der  Mano- 
nun&  sich  findende  Vers: 

Bopadevamahägr&hagrasto  V&manadiggajah  | 
kirter  eva  prasangena  Madhavena  vimocitah  |{ 
bemerkenswerth,  aus  dem  hervorgeht,  dass  V&mana  zum  Wenigsten 
älter  als  Vopadeva  und  Mädhava  war.  Zweitens  aber  Georg 
Thibaut's  Ausgabe  und  Uebersetzimg  von  Bandhäyana's 
Qulvasütra  mit  dem  Commentar  des  Dvarak4natha  in  Nos.  108 
—120.    New  Ser.  I,  1 — 12,  in  drei  adhy&ya. 

Von  kleineren  Notizen,  verschiedenen  Inhalts,  mögen  hier  noch 
eine  Biographie  R&jaräma^astrin's  in  Nro.  113  (October  1875), 

—  a  prophecy  in  favour  of  the  British  Government  von  Siva- 
prasäd  (9.  Sept.  1875),  aus  dem  kalpasütra  der  Jaina,  in  Nro. 
114,  —  ein  Brief  Ke^ava^astrins  (2.  Mai  1875)  gegen  eine 
Angabe    in    Rev.   Banerjea's    Dialogues    on    Hindu   Philosophy    in 

14* 


212  BibUographisehe  Anzeigen, 

Nro.  109,  —  endücb  ein  Brief  PramadädÄsa  Mitra's  gegen 
Muir's  Anfbssnng  Badra's  als  eines  ,demon  worsbipped  by  tbe 
aborigines*  New  Ser.  I,  382 — 86  erwäbnt  werden. 

Der  dem  Pa^^it  als  Supplement  beigegebene  Catalog  der 
in  der  Universitätsbibliotbek  in  Benares  befindlichen  Sanskrit- 
Handscbriffcen  wird  in  Nro.  109  beschlossen  (mit  p.  CCLXI);  die 
nj&ya-  nnd  Yai9esbika-Literatar  ist  in  den  Nros.  81 — 101  bebandelt; 
den  Scbluss  macht  die  Jaina- Literatur.  Ein  alphabetischer 
Generalindex,  dessen  Beigabe  wir  oben  (XXVII,  189)  als  dringend 
wünschenswerth  bezeichneten,  ist  leider  nicht  beigefügt,  und 
dadurch  der  Werth  der  ganzen  Arbeit  erheblich  beeinträchtigt,  da 
eben  innerhalb  jeder  der  einzelnen  Gruppen,  in  die  sie  zerfHUt, 
Alles  p^le-m^le  durch  einander  geht. 

und  so  möge  es  denn  hier  auch  zum  Scbluss  überhaupt  als 
ein  sehr  erheblicher  Missstand  in  der  ganzen  Leitung,  resp.  dem 
äussern  Arrangement,  des  Pan^it  bezeichnet  werden,  dass  bei  dem* 
selben  jegliche  Bücksicht  auf  die  Bequemlichkeit  des  Auffindens 
ausser  Acht  gelassen  ist  Ausser  der  Ueberschrift :  the  PaQ4it» 
dem  Monats-  und  Jahresdatum,  und  der  Paginirung  —  dies  findet 
sich  auf  jeder  Seite  — -  ist  nicht  das  Geringste  beigegeben,  wodurch 
der  Leser  sich  irgendwie  orientiren  könnte.  Nicht  einmal  ein  In- 
haltsverzeichniss  der  einzelnen  Bände!  Bei  der  vollständigen  Zer- 
splitterung des  Inhalts  ist  dies  nun  in  der  That  äusserst  unbequem. 

Wir  möchten  empfehlen,  statt  der  völlig  überflüssigen  Ueber- 
schrift: the  Pandit  vielmehr  wirkliche  Columnentitel,  und  zwar 
mit  möglichst  genauer  Angabe  über  Buch,  Cap.,  Vers  (oder  Sütra) 
des  Inhalts  der  Seite,  einzuftihren.  Zur  Zeit  kann  man  den  Pa^f^t 
eigentlich  nur  dann  benutzen,  wenn  man  sich  selbst  genaue 
Notizen  über  dem  Inhalt  der  einzelnen  Hefbe  gemacht  hat;  sonst 
geht  über  dem  Suchen  enorme  Zeit  verloren.  —  Wir  glauben  im 
üebrigen,  dass  eine  Herabsetzung  des  Preises  dem  Vertriebe 
der  Zeitschrift,  speciell  auch  in  Europa,  sehr  förderlich  sein  würde. 
Der  Preis  von  24  Mark,  wozu  ja  noch  der  Porto-Zuschlag  hinzu- 
tritt, ist  für  den  Jahrgang  einer  Zeitschrift,  die  neben  vielem  Hoch- 
wichtigen doch  auch  Manches  enthält,  was  für  uns  nur  geringes 
Interesse  hat,  ein  ziemlich  hoher,  und  steht  jedenfalls  in  keinem 
rechten  Verhältniss  zu  den  Preisen,  die  wir  sonst  für  aus  Indien 
kommende  Publikationen  zu  zahlen  haben.  Die  jährliche  Sub- 
scription  z.  B.  auf  die  zwölf  Hefte  des  trefflichen  Bombayer  Ve- 
därthayatna,  dessen  neuestes  Heft  (ü,  8,  Januar  1878)  jetzt 
bereits  bei  Qigv.  I,  94,  15  angekommen  ist,  beträgt,  bei  wesentlich 
gleichem  Umfange,  nur  6  Bupies,  also  gerade  die  Hälfte. 

Berlin,  April  1878.  A.  Weber. 


B^Uographischs  AnMeiffen,  213 


OeschicJOe  der  Aiträmterdehre  in  der  jüdischen  ReUgions- 
phüos^hie  des  Mittelalters  von  Saadja  bis  Maimüni. 
Von  David  Kaufmann,  Gotha,  F.  A.  Perthes.  1877.  8. 
und  528  S. 

Vorliegendes  Werk  ist  die  Fracht  einer  seltenen  Verbindung 
von  der  Umsichti  wie  sie  in  der  Begel  nur  der  reiferen  Lebens- 
stofe  eignet,  und  dem  hingebenden  Sichversenken  in  den  Stoff, 
welches  das  Merkmal  einer  jugendlichen  Arbeitskraft  ist  Die  Liebe 
des  Verfassers  zu  der  von  ihm  behandelten  Materie  leuchtet  allent- 
halben aus  seinem  Werke  hervor,  und  die  Wärme  und  die  Leben- 
digkeit seiner  Darstellimg  wirkt  stellenweise  sehr  wohlthuend  auch 
auf  den  Leser.  Nicht  alle  Theile  des  Buches  sind  jedoch  mit  der- 
selben Vollendung  ausgearbeitet  Wie  schon  der  Mangel  an  Capitel- 
überschriften  in  der  über  Grebühr  sich  ausbreitenden  Darstellung 
der  Attributenlehre  Saadja's  errathen  lässt,  ist  diese  auch  in  der 
That  mehr  eine  Inhaltsangabe  und  ein  Commentar  zu  dem  2.  *nX3(()3 
und  einigen  Partien  des  1.  *nt3K73  des  Saadjanischen  ni^nni  ni3iX3Kr;, 
während  andererseits  z.  B.  das  Zusanmienfassen  der  in  Jehuda  Ha- 
lewi's  Kusari  zerstreuten,  mehr  im  Zickzack  sich  fortbewegenden, 
als  nach  einer  strengen  Methode  sich  entwickelnden  Gedanken  in 
ein  zusammenhängendes  System  eine  ebenso  schwierige,  wie  ver- 
dienstvolle Leistung  ist  Die  Darstellung  des  früher  nur  wenig 
bekannten  und  durch  einen  unglücklichen  Zufall  viel  verkannten 
Josef  Ihn  Zaddik,  sowie  der  Schluss  des  Ganzen  mit  der  Dar- 
stellung Maimimi's  und  der  Kämpfe  wegen  des  „Führers**  sind 
ganz  vortrefflich. 

Beferent  darf  femer  mit  der  Bemerkung  nicht  zurückhalten, 
dass  Inhalt  und  Titel  des  Werkes  nicht  ganz  congruent  scheinen, 
und  zwar  nicht  nur  in  dem  Sinne,  wie  das  der  Verf  (Vorwort 
8.  XI)  selbst  gefühlt  hat,  dass  er  bisweilen  „mehr  geleistet  hat,  als 
er  erwarten  liess**,  sondern  auch  darin,  dass  er  nicht  alles  das  ge- 
leistet hat,  was  man  nach  dem  Titel  hätte  erwarten  dürfen.  Bef. 
Termisst  in  dieser  Geschichte  der  Attributenlehre  Zweierlei.  Wer 
mich  die  Geschichte  einer  Idee  lehren  will,  von  dem  erwarte  ich, 
dass  er  mir  deutlich  imd  nicht  bloss  andeutungsweise  die  Ent- 
wicklung aufzeige.  Ich  will  allenthalben  das  Bleibende  und  das 
Wechselnde,  den  Aufgang  oder  den  Niedergang  erfEissen  und  in  den 
Fortbildnem  einer  Idee  sofort  auch  die  Glieder  einer  Kette  er- 
kennen, die  in  einander  sich  fügen  und  die  man  in  gewissem  Be- 
trachte so  eng  verbimden  denkt,  dass  die  Existenz  des  Einen  die 
des  Anderen  entweder  voraussetzt  oder  postulirt,  sei  es  nun  auf 
dem  Wege  einer  consequenten  Weiterführung,  sei  es  auf  dem 
Wege  der  Beaction.  Dass  es  in  der  Geschichte  der  Attributenlehre 
bei  den  jüdischen  Beligionsphilosophen  eine  solche  Entwickelung 
gibt,  hat  der  Verfasser  kurz  im  Vorwort  angedeutet  und  auf  S.  481  ffl 


214  Bibliographische  Anzeigen 

noch  treffender  hervorgehoben.  Aber  warum  so  vereinzelte  Winke, 
wo  er  uns  mit  Hunden  hätt«  greifen  lassen  können,  wamm  selbst- 
sttodige  Darstellungen  der  Attribntenlehre  bei  Saadja  AlfEgjümi 
(933),  Salomon  Ibn  Gabirol  (1050?),  Jehuda  Halevi  (1140),  Josef 
Ibn  Zaddik  (1U5?),  Abraham  Ibn  Daud  (1160)  und  Miksa  Mai- 
müni  (vor  1190),  und  nicht  eine  wirkliche,  zusammenhängende  T3e- 
schichte,  wie  versprochen  war?  Das  Zweite,  das  Ref.  anszusetzen 
hat,  ist,  dass  der  Verf.  der,  wenn  man  so  sagen  darf,  exegetischen 
Seite  seiner  Aufgabe  nicht  entfernt  dieselbe  Aufmerksamkeit  zu- 
gewendet hat,  wie  ihrer  metaphysischen.  An  die  Frage,  wie  die 
jüdischen  Denker  das  Schrifbwort  den  Postulaten  ihres  vernünftigen 
Denkens  gefügig  machten,  erinnert«  sich  der  Verf  nur,  wenn  der 
Autor,  den  er  gerade  darstellte,  einen  besonderen  Nachdruck  auf  sie 
legte.  Aber  er  suchte  diese  Frage  nicht  von  selbst  auf.  Wahrend 
er  wohl  kaum  eine  eiTeichbare  Parallele  aus  der  arabischen  Re- 
ligionsphilosophie unberücksichtigt  gelassen  haben*  dürfte,  weist  er 
selten  oder  niemals  eine  Parallele  aus  der  Korän-Auslegung  nach. 
Und  doch  möcht«  es  dem  Ref.  scheinen,  die  jüdischen  Religions- 
philosophen  des  Mittelalters  wären  ebenso,  wie  bezüglich  des  mate- 
riellen Inhalts  der  philosophischen  Disciplinen,  auch  bezüglich  der 
Zurechtlegung  des  ^göttlichen  Wortes*  von  den  Arabern  beeinflusst 
worden.  Diesem  Einflüsse  durften  sie  um  so  leichter  nachgeben, 
als,  wie  das  bereit«  Saadja  Em.  wd.  II,  8  (fol.  31  a  der  Berl.  Ausg.) 
bemerkt,  die  Umdeutung  crasser  Anthropomorphismen  und  An- 
thropopathien  innerhalb  des  Judenthums  schon  in  alten  Zeiten 
gäng  und  gebe  gewesen  war,  und  es  sich  jetzt  nur  um  eine  Ver- 
bessenmg  der  Deutimgsmethode  und  um  eine  ausgedehntere  An- 
wendung des  von  Alters  her  anerkannten  Princips  handelte,  um 
auch  dem  vorgeschrittenen  Denken  zu  genügen.  In  einer  Geschichte 
der  göttlichen  Attribntenlehre  bei  den  jüdischen  Religionsphilosophen 
des  Mittelalters  vennisst  Ref  daher  ungern  die  genaue  Absonderung 
des  urthümlich  Jüdischen  imd  des  unter  arabischem  Einflüsse  Ge- 
wordenen in  der  Auslegung  des  Schriftwortes.  Zum  Mindesten 
wird  ohne  diesen  Nachweis,  beziehungsweise  ohne  die  richtige  Be- 
grenzimg des  muslimischen  Einflusses  auf  die  Exegese  der  jüdischen 
Religionsphilosophen  einer  historischen  Darstellung  ihrer  Attributen- 
lehre der  Vorwurf  einer  gewissen  Unvollständigkeit  nicht  erspart 
bleiben. 

Der  Verf  hat  mit  Recht  seine  Darstellung  mit  Saadja  be- 
gonnen, sofern  von  dem  älteren  Isak  Israeli  eine  Lösung  unseres 
Problems  sich  nicht  vorfindet  und  wohl  auch  gar  nicht  versacht 
worden  ist.  Dem  karäischen  Zeitgenossen  Saadja's,  Josef  al-Bafhr 
hat  Verf.  keinen  besonderen  Abschnitt  gewidmet,  ist  ihm  aber  in 
den  Noten  zu  Saadja  und  Josef  Ibn-Zaddik  gerecht  geworden,  des- 
gleichen auch  dem  David  Mokammez.  Ebenso  wurde  Ibn  Ezra 
vergleichsweise  öfters  herangezogen.  Nach  dieser  Seite  hin  also 
ist  das  Buch  vollständig,  und,   wenn  man  Bachja  b.  Pakuda,   den 


BihUographiMche  Atueiffen,  216 

Verf.  anderweitig  schon  behandelt  hat,  hinzuzieht,  so  darf  die 
Beihe  jüdischer  Beligionsphilosophen  bis  Maimüni  als  abgeschlossen 
betrachtet,  werden.  Bef.  geht  nun  zu  den  einzelnen  Darstell- 
angen  über. 

Der  Darstellung  Saadjas  (S.  1 — 77),  welcher  ein  Anhang: 
der  schrifkstellerische  Charakter  des  ,,Emunoth**  beigegeben  ist  (S.  78 
— 90X  wurden  die  beiden  ersten  D'^'^ünts  des  «Emunoth  wdeoth*^ 
m  Grunde  gelegt  Dass  der  Verf.  auch  auf  die  Beweise  für  das 
Dasein  Gottes  zurückgreift,  begründet  er  richtig  auf  S.  15,  wo  er 
im  Anschlüsse  an  Zeller  und  Pfleiderer  bemerkt:  „Eine  streng- 
philosopische  Betrachtung  des  Gottesbegriffs  wird  daher  nur  die- 
jenigen Bestimmungen  desselben  entwickeln  können,  zu  denen  be- 
reits ihre  Beweise  für  das  Dasein  Gottes  sie  hinf£Qirten'^,  und  von 
diesem  Gesichtspunkte  aus  prüft,  ob  «Saa<^a  in  der  That  nur 
solche  Bestimmungen  von  dem  Wesen  Gottes  angiebt,  die  in  der 
Ursache  bereits  nothwendig  enthalten  waren,  deren  Dasein  von  ihm 
erwiesen  wurde '^.  —  Die  Quintessenz  von  Saai^a's  Attributenlehre 
ist  etwa  in  folgenden  Sätzen  enthalten:  „Die  Thatsache,  dass  Gott 
Schöpfer  der  Welt  ist,  ist  die  alleinige  Quelle  unserer  Bestim- 
mungen über  sein  Wesen.  Der  Begriff  Schöpfer  ist  in  unserem 
Denken  an  seine  wesentlichen  Eigenschaften:  lebend,  mächtig,  weise 
geknüpft  Mit  demselben  Erkenntnissacte ,  mit  dem  wir  Gott  als 
den  Schöpfer  erfassen,  erkennen  wir  jene  drei  Eigenschaften,  mit 
dem  Begriffe:  Schöpfer  werden  wir  zugleich  ihrer  uns  bewusst 
Von  einem  discursiven,  schrittweisen  Erkennen  dieser  Eigenschaften, 
kann  keine  Bede  sein;  in  der  Einheit  des  Begriffes:  Schöpfer  steht 
mit  einem  Schlage  die  Dreiheit  seiner  Eigenschaften  vor  unserer 
Seele.  Wollen  wir  aber  auch  im  lautlichen  Ausdruck  den  Inhalt 
dieses  Begriffes  erschöpfen,  dann  müssen  wir  ihn  in  drei  ver- 
schiedene Worte  auseinander  legen,  wiewohl  wir  ihn  jederzeit  in 
seiner  Einheit  uns  vorstellen.  Ein  deckendes  Wort  für  diesen  Be- 
griff^ das  wir  gleichsam  blos  anzuschlagen  hätten,  um  in  der  Seele 
das  Hörers  sofort  den  Dreiklang  seiner  Eigenschaften  hervorzurufen, 
giebt  es  in  der  Sprache  nicht.  Es  erst  zu  prägen,  wäre  aber, 
da  es  neu  und  unbekannt,  doch  immer  erst  durch  die  alten  Worte 
erklSrend  umschrieben  werden  müsste,  ein  vergebliches  Beginnen" 
(8.  27  und  28).  —  S.  38 — 52,  eine  Beleuchtung  von  Saa^a's  Po- 
lemik gegen  das  Trinitätsdogma,  werden  wohl  den  Theologen  inte- 
ressiren,  waren  aber  gerade  nicht  in  einer  Geschichte  der  Attribute 
nothwendig.  Da  Saadja's  Stellung  in  der  Beligionsphilosophie  im 
Ganzen  und  Grossen  niemals  unbestimmt  war  oder  verkannt  wurde, 
so  hat  das  Verdienst  einer  neuen  Darstellung  nur  in  der  Bestim- 
nrang  oder  Berichtigung  von  Einzehiheiten  und  in  der  Beleuchtung 
durch  Parallelen  bestehen  können,  und  dieses  Verdienst  muss  dem 
Yei£  für  die  meisten  seiner  Bemerkungen  zugesprochen  werden. 
Za  bedauern  ist,  dass  er  nicht  ebenso  für  Saadja,  wie  für  Jehuda 
Haleyi  das  arabische  Original  seiner  Quelle  zu  Bathe  gezogen  hat. 


216  Bibliographische  Anneiffem, 

Die  wenigen  Vergleichungen  des  hebr.  Textes  mit  dem  Original  des 
£.  wd.,  die  er  vorgenonmien  hat,  waren  verb&ltnissmSssig  wenig 
von  Belang.  Wie  frachtbar,  ja  wie  nothwendig  eine  durchgängige 
Vergleichung  mit  dem  Original  gewesen  wäre,  mag  ans  folgendem 
Beispiele  ersichtlich  werden. 

S.  66  giebt  der  Verf.  die  Worte  Saadja's,   die  nach   der  Ibn- 
Tibbon'schen  üebersetzung  (ed.  Berlin  p.  33^)  lauten:  ^Tiairt  •^t^rn 

mTö-'^nn  y:ti  (n'a  rr-iy«-)  pD«n»  «■•'in«  vhif'o  '^n«rrtn  •rno«  «im 
-•CD  ^lann  *neo  rby  *ido73  a^yrj  "jiüb  -^'d  n'0''*i«i  nsrnarr  nKtn 
mü'^'nnn  vhy  (lies  mit  den  and.  Ed.  nncott)  rriaOTS  rts-^i  li-^n*!» 
irtir'TD^Tö  rT73  'i^tin%  Töi^T'Ssn  b«  •'HTönn  TOD  «"^atis  TöKDi.  finsoa  «bi 

mD'«'^«a  D"«*nmrj  nbnna  inns'nBOi  folgender  Maasen  wieder:  »und 
[wir]  müssen  folglich  Gottes  Schweigen,  wenn  die  Schrift  ein 
solches  ihm  beilegt  (Jes.  42,  14),  als  „Warten  und  ffinausschieben* 
auffassen.  Das  beweist  das  Arabische,  das  fiir  Gottes  Reden,  dieser 
Auffassung  entsprechend,  eine  eigene  Bezeichnung  hat,  Schweigen 
aber  nicht  einmal  in  rein  geistigem  Sinne  bei  ihm  annimmt.  Wenn 
wir  ähnliche  Ausdrücke  wie  Schweigen  in  dieser  Weise  erklären, 
so  wird  das  im  Eingang  zu  dieser  Auseinandersetzung  Bemerkte 
und  länger  Ausgefohrte  klar  werden.*  Man  kann  nicht  sagen,  dass 
der  Verf  nicht  im  Sinne  Ihn  Tibbons  correct  übersetzt  hätt«.  Nur 
lässt  sich  die  Stelle  trotz  aller  Künstelei  in  den  Anm.  124  und  125 
so  nicht  gut  verstehen.  Dem  Referenten,  welchen  diese  Stelle 
schon  viele  Jahre  wegen  einer  später  anzuführenden  Parallele  im 
TiD  n7J'<Dn73  Josef  al-Basir's  "interessirt,  war  Ibn-Tibbons  ^D  in  dem 
Zusammenhange  n^yrr  liTöb  •'D  stets  verdächtig,  da  er  nicht  glauben 
konnte,  Saadja  hätte  die  Richtigkeit  seiner  Auslegung  oder  üm- 
deutung  eines  biblischen  Wortes  durch  den  Sprachgebrauch  des 
Korän's  und  der  muslimischen  Dogmatik  erweisen  wollen.  Das 
hätte  ja  in  letzter  Linie  nichts  anderes  geheissen,  als  dem  arabischen 
Sprachgenius  eine  grössere  Richtigkeit  im  Denken,  d.  h.  eine  voll- 
ständigere Uebereinstimmung  mit  der  besseren,  geläuterteren  Er- 
kenntniss  zuerkennen,  als  der  Sprache  der  Thorah  und  der  Pro- 
pheten. Wer  Saadja  nur  einiger  Maassen  kennt,  musste  sich  sagen, 
dass  S.  unmöglich  dergleichen  Zugeständnisse  auch  nur  indirect 
hätte  machen  wollen  oder  machen  können.  Er  konnte,  wie  er 
etwas  weiter  nach  der  angeführten  Stelle  dies  that,  das  Arabische 
mit  in  Betracht  ziehen,  wo  es  mit  dem  Hebräischen  übereinstimmte. 
Er  konnte  auch  bemerken,  dass  die  beiden  Sprachen  in  irgend 
einem  Gesichtspunkt«  auseinandergehen;  aber  niemals  könnt«  er 
beabsichtigen,  zu  sagen,  das  Arabische  hätte  den  richtigen  Tact 
gehabt,  für  Gott  ein  Schweigen  nicht  einmal  als  Metapher  gelten 
zu  lassen,  während  das  Hebräische  dafür  Ausdrücke  gebrauche,  die 
erst  umgedeutet  werden  müssen,  und  daraus  die  Richtigkeit  seiner 
Umdeutungsmethode  zu  beweisen.  Femer  schien  dem  Referenten 
die  Schlussbemerkung,  dass  bei  der  richtigen  ümdeutung  von 
Atudrücken,    wie   Schweigen    die    lange  Auseinandersetzung    zum 


Bibliographische  AnMeigen.  217 

Hiiigaiige  sich  als  richtig  herausstelle,  als  ziemlich  überflüssig  und 
als  ganz  und  gar  nicht  hier  am  Platze.  Endlich  hatte  Ref.  ur- 
girt,  dass  Tbn-Tibbon  doch  wohl  kaum  in  wenigen  Zeilen  mD'^'nNia 
in  Yerschiedenem  Sinne  genommen  haben  dürfte,  einmal  in  dem 
nngewöhnlichen  von  «Zuwarten*  und  einmal  in  dem  gewöhnlichen 
von  ,,in  Ausführlichkeit.*  Ref.  ersuchte  daher  Herrn  Dr.  Lan- 
dauer in  Strassburg,  der  im  Besitze  einer  Copie  des  Oxforder 
Originals  des  E.  wd.  sich  befindet,  ihm  den  arabischen  Wortlaut 
dieser  Stelle  mitzutheilen ,  ein  Ersuchen,  dem   dieser   aufs  Bereit- 

-willigste  nachkam.     Es  möge  der  Wortlaut  hier  folgen:    Joto  Ul^ 

•5(5  Lübjb  J.JL^  ^  ^1  Uoc^  iüJLfi  vjOtü  yjJ»  >^-^  i^ 
^^l  •»n'^«nn  ^  LA:?y>t  ioU  Ju^bü  %  o^X^I  'ii*o  iuU  UOLü 

^Lf^ifü  v5^l  S^\  ^  »l-Ä*^  L^  /e**^' .     ^is  l^7!>'  l^Ls  ist  der 

Text  ziemlich  klar  und  zeigt,  dass  das  urgirte  "»D  bei  Ibn-Tibbon 
unrichtig  ist  Was  aber  den  Schluss  betrifft;,  so  deckt  sich  das 
Original  gar  nicht   mit  der  Uebersetzung.     Man   müsste  vielleicht 

statt  L^  =s  Ktl^  —  das  Original  ist  mit  hebräischen  Charakteren 
geschrieben  —  ^  ry^  *™  ^^  1^^  abbrevürt  durch  «Ta'a  lesen,  um 
die  Grundlage  für  die  Tibbonsche  Uebersetzung  zu  bekommen. 

Referent  theilt  hier  eine,  wie  er  glaubt,  richtige  Deutung 
der  schwierigen  Schlussbemerkung  mit,  die  er  im  Wesentlichen  dem 
Verfesser  verdankt,  uiid  die  er  nur  in  einigen  Punkten  schärfer 
erfasst  zu   haben   glaubt.     Saadja  würde   demnach   sagen:    So    oft 

wir  aber  Ausdrücke,  wie  T'^^nJi,  ins  Arabische  [L^  auf  o  jJt  Xjl! 

bezogen]  übersetzt  haben,  gaben  wir  sie  sofort  durch  „Zuwarten* 
wieder,     j^um^äj    heisst   bekanntlich  die  Uebersetzung  im  Gegensatz 

zum  Commentar,  und  auch  bei  Saadja  ist  das  Tafslr  vom  Scharch 
zu  unterscheiden.  Der  Zusammenhang  des  Gtmzen  wäre  demnach 
folgender:  In  der  Sprache  der  Bibel  wird  Gott  auch  das  Gegen- 
theil  von  Reden  beigelegt,  ein  Schweigen.  War  das  Reden  meta- 
phorisch als  das  Schaffen  einer  durch  die  Luft  ans  Ohr  gelangen- 
den Rede  aufzufassen,  so  ist  das  Schweigen  gleichfalls  meta- 
phorisch als  ein  Warten  mit  einem  solchen  Schöpfungsacte  auf- 
zofiASsen.  So  im  Hebräischen.  Das  Arabische  aber  gestattet 
für  Gott  bloss  ein  Reden  in  ähnlich  metaphorischem  Sinne, 
wie  dies  in  der  Bibel  nach  Saadja's  eigener  Auslegung  geschah, 
nicht  aber  ebenso  ein  Schweigen;  d.  h.  Schweigen  ganz  und 
gar  nicht  Wer  nun  aus  dem  Hebräischen,  aus  der  Bibel  ins 
Arabische  übersetzt,  wie  sollte  der  gich  helfen?  Er  kann  vielleicht 


218  Bibliographüeke  Anaeiffmi, 

in  den  Text  der  Üebersetznng  o^jCm   aufnehmen,    nnd   im   Gom- 

mentar  sagen,  o^)Cm  bedeute  hier  Jw^vJü  so  viel  wie  i\^\.     Das 

wäre  aber  nmst&idlich  und  för  ein  arabisches  Ohr  oder  Auge  beim 
Betrachten  des  Textes  verletzend.  Die  bessere  Weise  wird  darin 
bestehen,    sofort  in  den  Text   als  Wort,   das   weiter  keines   Ju^b* 

bedarf  \iyii\  «3^1  ^ ] ,  <3L^S  au&unehmen.  und  das,  meint  Saadja 
habe  er  gethan.  Bef.  hat  alle  Stellen,  wo  nTSntl  in  den  Psalmen 
und  in  Jesaia  in  Beziehung  auf  Gott  und  sonst  vorkommen,  bei 
Saadja  nachgeschlagen  und  sich  überzeugt,  dass  Saadja  in  dem 
einen    Falle    consequent  J^  oder  y^L^wo   dafür  setzt,  im  anderen 

ein  gröberes,  buchstäblicheres  WortJ) 

Die  Stelle  im  "»nD  nTS^lsnÄ,  von  der  vorhin  die  Rede  war,  be- 
findet sich  im  22.  Capitel  und  lautet  nach  der  Leidener  Hand- 
schrift (Cod.  41  Warn.),  deren  Copie  Ref.  besitzt,  wie  folgt: 

rrt  vhy  ^73«-»  «b  ob«  -^d  nb  'htdks  pm«  ik  ob«  ib  ifinpnrr  nbnn 
nntDD«  "»73^  «b»  "ji^bn  -»b^a  T»b:?  niDT^riTD/  «b  t3«n  m  -^d  i^Tab  Dwr» 
Kb«  -^TDa  i73«'^«  tJ-^bK^^TW-rr  iiToba  rr^n-^  t3«  pm«  ba«  iman  -«bD 
n-'n-i  D«i  nn  «"ip"«  «im  T»by  biD*»  im-'n  D3^  ^lain  n«a?'' 
•^''■'  -'S  "jyTsb  ntn  «^p"^  «b  «irr  i^im  -^bs  iis»"^«  "^»a  ^ts«''«  i-nobn 
inöTanttj-^  p  nbn  Va«  ntn  K^p-'  «b  pbi  tas-^^ünb  ^in^  -^bD  ib  v«  ''ri'» 
^»Ki  pE«n«  «-^n»  Dbny73  -^nünn  « n^  •<''••  *n73K©  itdd  m73«n  rrb«n 

.«^p73!i  jiü^n  r?b«  17DD1  ^b  -^tn  b«  D'^nb« 

d.  h.  «Und  wenn  uns  [die  wir  ein  Geschaffensein  der  göttlichen 
Rede  behaupten,  von  gegnerischer  Seite]  entgegengehalten  wird: 
Nachdem  Euere  Meinung  dahin  geht,  dass  Gott  nicht  von  un- 
begrenzter Ewigkeit  her  ein  Redender  sei,  nennet  ihr  ihn  dami 
also  [für  jene  Zeit  vor  der  Schöpfung  der  Rede  und  immer,  wenn 
er  nicht  eine  Rede  schafft]  einen  Stummen  oder  einen  Schweigen- 
den? so  entgegnen  wir:  Der  Ausdruck  ^stnmm*'  kann  freilich  nicht 
auf  Gott  bezogen  werden,  weil  er  in  allen  Sprachen  nur  von  dem- 
jenigen gebraucht  wird,  dessen  Sprachorgan  mangelhaft  ist;  was 
aber  den  Ausdruck  „schweigend*  betrifft,  so  könnte  man  Gott  so 
nennen,  wenn  man  sich  im  Arabischen  derjenigen  Worte  bedient, 
welche  nur  ein  Nichtsprechen  trotz  des  Vermögens  zu  sprechen 
bedeuten,  es  könnten  aber  nicht  diejenigen  Worte  gebraucht  werden. 


1)  Da  die  Deutung  von  \jyÄj\  o^t   ^^   von   Ref.    durch   kein   Analogon 

gestützt  werden  kann,  so  muss  er  es  den  Fachmfinnem  überlassen,  die  Zn- 
lässigkeit  dieser  seiner  Deutung  au  prüfen,  die  sich  ihm  ans  dem  Znaammea^ 
hange  mit  Nothwendigkeit  zu  ergeben  schien.    Unangefochten  dagegen  dürfte  des 

Veriassers  richtige  Ausl^^ung  von  ^juMJtÄJt  ^\  LL>3>t  bleiben,  sowie  des 
Ref.  Andthninig  d«  t3U  auf  alle  FäUe,  in  denen  Saadja  genöthigt  war,  Ana- 
ftMkm,  ivU  ^n^nfl  la  übenetsen. 


BihUogroiphutche  Anaeigen,  219 

welche  im  Arabischen  ein  Bähen  des  8prachorgans  bedeuten,  weil 
Gk>tt  kein  Sprachorgan  hat,  das  ruhen  müsste  oder  könnte.  Im 
Hebräischen  dagegen  werden  Ausdrücke,  wie  Schweigen  auf  Gott 
bezogen,  wie  Jes.  42,  14,  Ps.  83,  2  oind  an  vielen  Bibelstellen  sonst*. 

Im  Anhange  zur  Darstellung  Saadja's  erörtert  der  Verf.  die 
Frage,  warum  Saadja,  eine  polemische  Natur,  im  £.  wd.  sehr  wenig 
gegen  den  Isl&m  und  gegen  die  Karäer  polemisirt,  ja  warum  er 
das  Yon  Muslimen  und  Karäem  angegrijffene  und  von  ihm  sonst 
mit  aller  Wärme  yertheidigte  Rabbanitenthum  gerade  in  diesem 
gewisser  Maassen  abschliessenden  Buche  nicht  besonders  vertheidigt 
Er  stellt  die  Vermuthung  auf,  Saadja  habe  auf  einen  muslimischen 
LesexiEreis  gerechnet  und  darum  nicht  durch  ein  zu  starkes  Be- 
tonen des  streng  confessionellen  Charakters  seinem  Buche  von  vorne 
herein  schaden  wollen.  Die  muslimischen  Leser  sollten  nicht  gleich 
abgesiossen  werden,  sondern  aus  einer  sachlich  ruhigen  Darstel- 
lung das  Judenthum  lieb  gewinnen  lernen,  das  ungeth  eilte  Juden- 
tliiim,  nicht  das  in  Rabbanitenthum  und  Karäerthum  zerklüftete. 
Der  hihisliche  Streit  ging  ja  auch  die  Muslimen  nichts  an,  und 
ihm  war  ja  auch  schon  in  den  anderen,  mehr  für  interne  Leser 
berechneten  Schriften  sein  Genüge  geworden.  Ref.  stimmt  hierin 
nicht  ganz  mit  dem  Verf.  überein.  Doch  würde  ein  genaueres 
Eingehen  auf  diesen  Punkt  die  für  diese  Besprechung  gezogenen 
Grenzen   überschreiten. 

Bezü^ch  der  Darstellung  Salomon  Ihn  GabiroVs  (S.  95 — 115) 
wire  zunftchst  zu  bemerken,  dass  der  Verf  mit  Recht  auch  das 
berühmte  mabö  ^riD  Ihn  Gabirors  in  den  Kreis  seiner  Betrach- 
tung gezogen  hat,  was  ihn  aber  doch  nicht  hindert,  zu  dem 
Schloss-Besultate  zu  gelangen,  Ihn  Gabirol  sei  ein  Gegner  der  An- 
nahme göttlicher  Eigenschaften  gewesen.  Wenn  nur  noch  bemerkt 
wird,  dass  es  dem  Verf.  gelungen  ist,  in  einigen  nicht  imwesentlichen 
Punkten  die  Unabhängigkeit  J.  G.'s  von  Ploün  nachzuweisen,  so  ist 
das  Verdienst  dieser  ebenso  gründlichen,  wie  knappen  Darstellung 
kenntlich  gemacht 

Mit  besonderer  Liebe  und  Sorgfalt  wurde  Jehuda  Halewi,  der 
jüdische  öazzäli,  dargestellt  (S.  117 — 252  incl.  Anhang).  Auf 
Grund  einer  Münchner  Handschrift  des  arabischen  Originals  (Copie 
des  Oxforder  Codex)  war  der  Verf.  im  Stande,  fast  durchweg  einen 
correcten  Text  seiner  Darstellung  zu  Grunde  zu  legen  und  in  den 
Anmeiknngen  uns  den  Text  des  Originals  mitzutheilen.  Wir  lernen 
die  wichtigen  Capp.  IV,  3,  IV,  5  und  andere  fast  vollständig  im 
Original  kennen.  Dass  Jehuda  Halewi  an  Gazzäli  erinnere,  war 
bta^t  kein  Geheimniss;  aber  Jeder  wird  dem  Verf  dafür  Dank 
wiflsen,  dass  er  beide  Männer  aufs  Eingehendste  verglichen  und  die 
Abhftngigkeit  Halewi's  von  Öazzäli  klar  erwiesen  hat.  Diese  Paral- 
Uisimng  stellt  Verf.  in  den  Vordergrund  seiner  Darstellung,  welche 
dion  die  eigentliche  Lehre  Jehudas  von  den  göttlichen  Eigen- 
adiaften  und  die  von  ihm  bis  ins  Einzelnste  ausgeführte  Eintheilung 


220  ßihliographüehs  Anaeigm, 

der  Gottesnamen  in  zehn  Absclinitten  uns  vorfOhrt.  Befl  wurde 
vom  Verf.  ersucht,  die  Anm.  175  auf  S.  199  dahin  zu  berichtigen, 

dass  die  Correctur  jUö  für  «73  bDB  des  Originals  überflüssig  ist, 

und  dass  denmach  auch  im  Texte  das  Wort  „vollendete*  gestrichen 
werden  muss.  In  der  Uebersetzung  Ihn  Tibbon's  (ed.  11  Cassel 
S.  310)  braucht  man  bloss  mit  byica  b^ttJ  Kirr  ^««  einen  neuen 
Satz  beginnen  zu  lassen,  und  sie  deckt  sich  ziemlich  gut  mit  dem 
Original.  Theilweise  ergänzend,  theilweise  berichtigend  hat  Ref.  zur 
Anm.  181  S.  203  und  204  zu  bemerken,  dass  allerdings  die  in  (razzäli's 
D'^3T'3>S1  "^STKTa  vorgetragene  Ansicht  über  die  Prophetie  die  eigent- 
lich philosophische,  die  des  Ihn  S!n&  ist,  wie  Ref.  sich  bei  der 
Durschsicht  des  Manuscripts  der  k.  Hofbibliothek  in  Wien  gleich- 
falls überzeugt  hat.  Aber,  wie  der  Verf.  schon  bemerkt,  scheinen 
sämmtliche  dort  vorgetragene  metaphysische  Lehren  die  Ansichten 
der  Philosophen  zu  enthalten.  Ebenso  befindet  sich  die  philoso- 
phische Auffassung  der  Prophetie  im  Kusari  V,  12  in  einem  Zu- 
sammenhange, der  gar  nicht  zweifeln  l&sst,  dass  nicht  eigene,  son- 
dern fremde  Lehren  vorgetragen  werden.  Dagegen  ist  es  dem 
Verf.  nicht  gelungen,  bei  (jrazz&l!  oder  bei  Jeh.  Halewi  selbst  eine 
Parallele  dafdr  zu  erbringen,  dass  mitten  in  der  Darstellung  der 
eigenen  Ansicht,  welche  der  philosopischen  ganz  entgegengesetzt 
ist,  nun  doch  der  Zweifel  an  der  Alleingültigkeit  der  eigenen 
Lehre  oder  die  Vermuthung  ausgesprochen  wird,  beide  konnten 
am  Ende  doch  gar  identisch  sein,  wie  das  Eusari  IV,  3  (S.  812 
bei  Cassel  in  den  Worten:  mo^wrr  n^n  DrsM  t3"^3-^yrr  T»JT^TD  ^«DKl 
•^b^Oti  nDrr  «tt«*^«  li^n  geschehen  ist  Ref.  hat  sich  dieses  Zu- 
geständniss  Jehuda  Halewi's  an  die  Philosophen,  dass  nämlich  mög- 
licher Weise  sein  „inneres  Auge*  identisch  sei  mit  der  Einbildungs- 
kraft, so  lange  diese  im  Dienste  der  Verstandeskraft  stehe,  mit  der 
sonst  schroffen  Ablehnimg  der  philosopischen  Theorie  bei  Jeh. 
Halewi  nicht  zusammen  zu  reimen  gewusst.     Die  Mittheilung  des 

Urtextes  bei  Eaufinann  [sijLiu^  für  'niDCfiti]  hat  mm  allerdings  ge- 
zeigt, dass  Ihn  Tibbon  nicht  ganz  genau  übersetzt  hat  und  den 
Zweifel  Halewi's  mehr  in  einer   den  Philosophen   günstigen  Weise 

ausgesprochen  hat,  als  der  Verf  mit  dem  Worte  \ji*J^,^  beabsich- 
tigt haben  mochte.  Jedenfalls  beweist  die  Stelle  selbst  nach  dem 
Original,  dass  J.  H.  trotz  seiner  üeberzeugung  von  der  Richtigkeit 
seiner  Auffassung  der  Prophetie  es  für  nöthig  fand,  an  hervor- 
ragender Stelle  die  entfernte  Möglichkeit  anzudeuten,  dass  seine 
Ansicht  mit  der  philosophischen  sich  noch  versöhnen  lasse,  und 
dass  der  mehr  zu  den  Philosophen  hinneigende  Ihn  Tibbon  diese 
Gelegenheit  wahrnahm,  um  durch  ein  geschickt  gewähltes  Wort 
eine  noch  grössere  Annäherung  anzudeuten.  —  Ein  Anhang 
sucht  zu  beweisen,  dass  Abraham  Ibn  Daud  bei  Abfassung   seines 


BiUiograpkUche  Anaeigen.  221 

TXCf^  riDllöÄ  den  Kusari  gekannt  und  benutzt  habe.  Dieser  Nach- 
weis kommt  zur  gelegenen  Zeit,  da  ein  neuerer  Bearbeiter  dieses 
Werkes,  Herr  Dr.  Guttmann  (Frankel -  Grätz'sche  Msch.  1877, 
S.  461  u.  ff.)  eine  solche  Abhängigkeit  nicht  zugeben  will. 

8.  255 — 837  machen  uns  mit  einem  bisher  nur  wenig  be- 
kannten jüdischen  Beligionsphilosophen ,  Josef  Ibn-Zaddik  be- 
kannt. Mehr,  als  irgend  ein  jüdischer  Beligionsphüosoph,  fand  J.  Z. 
sich  bewogen,  gegen  die  karäisch-mutazilitischen  Ansichten  vom 
philosophischen  Standpunkte  aus  anzukämpfen.  Die  Attributenlehre 
Josef  al-Ba§tr's  in  seinem  Compendium  "^nD  n73^Dnn  wird  von  J.  Z. 
eingehend  widerlegt  Gegenüber  früheren  Irrthümem  bemerkt 
Ver£  (8.  336):  »Ein  oberflächlicher  Blick  auf  sein  [J.  Z.'s]  Werk 
verschafft  die  Ueberzeugung,  dass  die  reinste  Auffassung  von  Gott 
darin  waltet  und  schon  der  Versuch  des  Kaläm,  Wesensattribute 
Gottes  au£Eustellen,  als  lästerlicher  Anthropomorphismus  nieder- 
geschlagen wird*^. 

8.  841 — 360  beschäftigen  sich  mit  der  Attributenlehre  Abra- 
ham Ibn  Daud's.  Während  dieser  sonst,  wie  der  Zeit,  also  auch 
der  philosophischen  Anschauung  nach  dem  Maimüni  offenkundig  am 
nächsten  steht,  erscheint  seine  Attributenlehre  anfangs  sogar  als 
ein  Rückschritt  gegenüber  Josef  Ibn  Zaddik.  Aber  dies  scheint 
bloss  so.  «In  Wahrheit  ist  aber  in  ihr  [der  Darstellung  A.  I.  D.'s] 
ebenso  nur  der  peripatetische  Charakter  ihres  Urhebers  ausgeprägt, 
wie  bei  Ibn  Zaddik  der  neuplatonische.  Wie  nachmals  Ibn  Roschd 
die  im  Koran  ausdrücklich  genannten  Attribute  vor  der  Vernunft 
m  rechtfertigen  unternommen  hat,  ohne  über  die  tieferen  damit 
zosanunenhängenden  Fragen  sich  den  durchaus  negativen  Ergeb- 
nissen seiner  eigenen  Speculation  gemäss  auszusprechen,  so  hat 
A.  L  D.,  der  treue  Anhänger  Ibn  Sinas,  die  dem  frommen 
Denken  geläufigen  Eigenschaften  Gottes  einer  besonderen  Be 
sprechung  ohne  tiefere  und  eingehendere  Erörterung  zwar  ge 
würdigt,  aber  über  ihre  Bedeutung  für  die  Erkenntniss  des  gött 
liehen  Wesens  keineswegs  einer  Täuschung  sich  hingegeben.**  (S.  360) 

Wie  die  jüd.  Religionsphilosophie  des  Mittelalters  in  der  Mai 
müni's  gipfelt,  so  bildet  selbstverständlich  auch  bei  unserem  Autor 
die   Darstellung    der    Attributenlehre   Maimüni's    den    Gipfelpunkt 
des  ganzen  Werkes. 

Vorzügliche  Register  und  Verzeichnisse  der  besprocheneu  arabi- 
schen und  hebräischen  Ausdrücke  erleichtem  die  Benutzung  sehr 
wesentlich.  Die  schöne  Ausstattung  rechtfertigt  den  wohlbegründeten 
Ruf  der  Verlagsbuchhandlung. 

Berlin.  Dr.  Fr  an  kl. 


222  Bibliographuehe  Anteigen, 

L.  Oautier y   ad-dourra  cd -fäkhira ,  la  perle  prSdeuee  de 
GhazdlL    Gen^ve-Bale-Lyon  1876.    8.    XVI,  90  und  M.SS. 

Die  merkwürdigsten  Scböpfangen  des  Glaubens,  beziehungs- 
weise Aberglaubens  sind  in  den  meisten  Religionen  die  Vorstellungen 
von  dem  Leben  nach  dem  Tode  und  ihre  Kenntniss  ist  für  die 
Kulturgeschichte  der  Völker  um  so  nothwendiger,  als  sie  von  wirk- 
samstem Einfluss  auf  das  Leben  zu  sein  pflegen.  So  ganz  besonders 
auch  bei  den  Bekennem  des  Islam.  Von  den  alten  Arabern  glaubten 
zwar  einige  wenige  an  die  Auferstehung,  aber  im  Ganzen  und 
Grossen  hat  den  Beduinen  das  Jenseits  nicht  viel  Kopfzerbrechens 
gemacht  Der  Islam  brachte  unter  die  bekehrten  Araber  ganz 
neue  Vorstellungen,  die  sich  wohl  alle  auf  jüdische  und  persische 
Ideen,  letztere  wahrscheinlich  auch  mit  Durchgang  durch  jüdische 
Vermittlung,  zurückführen  lassen.  Leute,  wie  Ka^b - al - a|^bär, 
haben  bei  diesen  Uebertragungen  wesentlichen  Einfluss  geübt. 
Nicht  sogleich  fasste  ein  festes  System  diese  Ideen  zusammen; 
mehrere  Jahrhunderte  bekämpften  sich  eine  freiere,  geistigere  An- 
schauung, z.  B.  die  der  Mu^taziliten ,  und  die  materialistischei'e 
der  Orthodoxie,  bis  letztere  mit  ihrer  Ansicht  von  Auferstehung 
des  Leibes  imd  jüngstem  Geiicht  siegte  und  etwa  mit  dem  elften 
Jahrhundert  unserer  Zeitrechnung  das  immer  mehr  steigende  üeber- 
gewicht  in  allen  Ländern  des  Isl&m  gewann. 

Herr  Prof  Gautier  giebt  ims  in  seinem  Werke  ein  Compen- 
dium  muhanmiadanischer  Eschatologie  aus  der  Feder  Öaz&li's 
(1058 — 1111),  eines  der  einflussreichsten  Theologen,  der  dasselbe 
Thema  schon  ausführlicher  in  seinem  Vi^^k  al-'ulüm  behandelt  hatte. 
Diesen  Abriss  hatte  äaz41i  nach  des  Herausgebers  gewiss  richtiger 
Ansicht  als  Erbauungsbuch  geschrieben;  offenbar  ist  er  auch  viel 
benutzt  und  copirt  worden  und  daher  die  zahlreichen  kleinen  Ab- 
weichungen im  Text,  wie  sie  die  Handschriften  bieten.  Acht  der- 
selben standen  dem  Herausgeber  zu  Gebote  und  er  hat  daraus 
mit  kritischem  Verständniss  einen  guten  Text  hergestellt;  vielleicht 
hätte  den  Handschriften  B  und  G  hier  und  da  mehr  Einfluss  auf 
die  definitive  Constituirung  des  Textes  gegeben  werden  sollen. 
Ueberall  bekundet  sich  der  Herausgeber  als  trefflicher  Kenner  des 
Arabischen,  sorgfältig  bis  ins  Einzelste  imd  Kleinste;  etwas  mehr 
Vocalisation  hätte  das  Lesen  noch  mehr  erleichtert  Beweist  einer- 
seits die  Textherstellung  durchgehends  genaues  Verständniss,  so 
thut  dies  weiter  noch  eine  gute  Uebersetzung ,  die  den  des  Ara- 
bischen Unkundigen  sehr  willkommen  sein  wird. 

Nur  an  wenigen  Stellen  möchte  Referent  Aenderungen  vor- 
schlagen: Text  S.  5,  10  1.  wie  10,  10  3jA;  22  Anm.  h  ist 
\^^  gemeint;    33,  1    würde   ich  wie  33,  9    imd  37,  1.  15  Jlaaj 


Bibliographische  Anzeigen,  223 

▼OTziehen    und    _ax:   überall    sinnlich    fassen    und    nachher    lieber 
Ijt^  lesen.     88,  2  1.  xit^l^  und  102,  5  schrieb  äazäl!  schwerlich 


das   ynlgftre   ^^yfJop^,    —    In    der   üebersetzung    12,  5  (zu  14,  7) 

würde  ,se  d^chirent*  die  7.  Conjugation  fordern;  die  8.  kann  nur 
,il  traverse*  heissen.  —  12,  4  v.  u.  1.  Nicht  das  war  es,  was  mir  als 
Tradition  von  Dir  erzählt  wurde,  einfacher  Negativsatz.  —  Im 
Text  21,  1  wird  min  tillkä'i  sadrihi,  lokal  gefasst,  die  Stelle  be- 
zeichnen, an  der  das  Bahrtuch  sich  bewegte  imd  danach  Uebers. 
18,  13  zu  ftndem  sein.  —  Text  32,  4  ist  mä  huwa  etc.  Relativ- 
satz zu  kalämin  und  üebers.  27,  2  v.  u.  zu  setzen:  Sie  unter- 
hielten sich  über  mir  (nicht  über  mich)  mit  Reden,  die  reiner  Un- 
glaube waren.  —  Uebers.  30, 4  und  40,  3  v.  u.  würde  mir  als 
Bedeutung  von  sa'^ah  Lane's  „the  blast  of  the  hom  on  the  day 
of  resurrection*  besser  gefallen.  —  33, 12  wohl:  Illusion  im  Verein 
mit  (begleitet  von)  Genuss  und  33,15  abzutheilen:  morts.  Quand 
—  a  disparu,  il  y  en  a  etc.  —  Text  45,  7  heisst:  Und  es  wider- 
spricht dieser  Tradition  nach  unserer  Annahme  nicht,  dass  etc.  — 
Text  63,  2  kann  nur  heissen :  Denn  seine  Fürbitte  vrurde  als  Ver- 
mittlung för  sein  Volk  (wie  ein  Schatz)  aufgespart,  obgleich  etc.  — 

Text  86,  4  heisst  ^»^  jv^uo  leprosus  und    ^^  begrüssen,  im  Sinne 


des  v-A^»,   Zeile  9   und    13;    die   IV.  Form   heisst   wiederbeleben, 

wonach  auch  Uebers.  72  Anm.  5  zu  ändern  ist  —  89, 11  ist 
gewiss  Ahl  al-^rrati  zu  lesen  und  danach  zu  übersetzen.  —  94,  9 
beissen  die  letzten  Wörter:  und  in  Schutz  nehmen  der  durch  Un- 
recht Gekränkten.  —  Ob  Üebersetzung  84,  3  ein  Buchtitel  gemeint 
ist,  bezweifelt  Referent,  wie  an  andern  ähnlichen  Stellen;  jeden- 
falls sollte  84, 15  und  85,  5  v.  u.  nur  „richtige,  gültige  Tradition**, 
nicBt  ^^^ßi^  stehen.  — 

Nochmals  begrüssen  wir  die  vortreffliche  Arbeit,  die  auch 
äusserlich  schön  ausgestattet  ist,  auf  das  Lebhafteste  und  hoffen, 
der  Verfasser  werde  uns  bald  nun  auch  über  die  Quellen  der  ein- 
zelnen Vorstellungen  nähere  Auskunft  bringen. 

H.  Thorbeck e. 


V 


XV 


Nachrichten  Aber  Angelegenheiten  der  D.  IL  Gesellschaft. 

Als  ordentliche  Mitglieder  sind  der  Gesellschaft  beigetreten: 

Für  1878: 

949  Herr  Dr.  S.  J.  Warren,  Conrector  am  Gymnasium  in  Zwolle. 

950  „      Dr.  A.  Hillebrandt,  Docent  an  der  Universität  in  Breslau. 

951  „     Dr.  Ch.  Michel  aus  Brüssel,  d.  Z.  in  Paris. 

952  „      Dr.  Bruno  Lindner,  Docent  an  der  Universität  in  Leipzig. 

Durch  den  Tod  verlor  die , Gesellschaft  die  ordentlichen  Mitglieder: 
Herrn  Prof.  Dr.  Georg  Moesinger  in  Salzburg. 
„      Dr.  James  Bewglas  in  Wakeüeld. 


XTI 


Yerzeichniss  der  bis  zum  20.  Juni  1878  für  die  Bibliothek 
der  D.  H.  6.  eingegangenen  Schriften  n.  s.  w.  >) 

(Vgl.     die   Nachrichten    über   Angelegenheiten    der    D.  H.  G.    in    diesem    Bd. 

s.  XI— x^^^) 

I.     Fortsetzungen. 

Von  der  Kaiser!.  Russ.  Akad.  d.  Wiss.  zu  St  Petersburg: 

1.  Zu  Nr.  9.  Bulletin  de  TAoad.  Impir.  des  sciences  de  St.-Pöteisbourg.  T.  XXIV, 
No.  4  et  demier.     (Feuilles  29—36.)     Fol. 

Von  der  I>eutschen  Morgenl&ndischen  Gesellschaft: 

2.  Zu  Nr.  155.  Zeitschrift  der  D.  M.  G.  Bd.  XXXIL  Heft  I.  Mit  3  Tafeln. 
Leipzig  1878.     8. 

Von  der  Königl.  Geograph.  Gesellschaft  in  London: 

3.  Zu  Nr.  609.  c.  Proceedings  of  the  R.  Geograph.  Society.  VoL  XXU. 
No.  U.  Published  March  27th,  1878.  No.  JH.  Published  May  9tli  1878, 
London.     8. 

Von  der  Königl.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin: 

4.  Zu  Nr.  642.  a.  Monatsbericht  d.  K.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin. 
Januar.     Februar.     1878.     8. 

Von  der  Batavia'schen  Gesellschaft  für  Künste  und  Wissenschaften: 

5.  Zu  Nr.  1422.  a.  Verhandelingen  van  het  Batav.  Genootschap  yan  Künsten 
en  Wetenschappen.     Deel  XXXIX.     1«  Stuk.     BaUvia  1877.     4. 

b.  Notulen  van   de  allgemeene  en  Bestuurs-Vergaderingen  van  het  Batav. 
Genootschap  van  K.  en  W.  Deel  XV.     1877.     No.  1.     BaUvia  1877.     8. 

6.  Zu  Nr.  1456.  T\)dschrift  voor  indische  Taal-,  Land-  en  Volkenknnde.  Deel 
XXIV.     Afl.  4  en  5.     BaUvia  1877.     8. 

Von  der  Geograph.  Gesellschaft  in  Paris: 

7.  Zu  Nr.  1521.  Bulletin  de  la  Sociötö  de  Geographie.  Mars  1878.  Paris 
1878.     8. 

Von  der  Königl.  Bayer.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  München: 

8.  Zu  Nr.  2327.  Sitzungsberichte  der  philos.-philol.  u.  hbtor.  Cl.  der  k.  bayer. 
Akad.  d.  Wiss.  zu  München.     1878.     Heft  I.     München  1878.     8. 


1)  Die  geehrten  Einsender  werden  ersucht,  die  Aufführung  ihrer  Geschenke 
in  diesem  fortlaufenden  Verzeichniss  zugleich  als  den  von  der  Bibliothek  aus- 
gestellten Empfangsschein  zu  betrachten. 

Die  Bibliotheksverwaltung  der  D.  M.  G. 
Prof  Müller.      Prof.  Fleischer. 


Yen,  d^f^  du BlhUoihac  der  D.M.  G.eh^geg. Schriften  U.B.W.    XTIl 

Von  der  Kaiserl.  Archäolog.  Commission  in  St.  Petenbnrg: 

9.  Zu  Nr.  2451.  Compte-rendu  de  1«  Commission  Imperiale  Arch^ologiqae  pour 
rannte  1875.  Arec  un  Atlas.  St.-P^tersboarg  1878.  —  Der  Atlas  dazu. 
8t.-P<tersbonrg  1878.     Imp.-FoL 

Von  der,  Verlagsbuchhandlung  J.  C.  Hinrichs: 

10.  Zu  Kr.  2771.  Zeitschrift  für  ägypt.  Sprache  und  Alterthumskunde,  herausgeg. 
von  R.  LeptiuB  unter  Mitwirkung  Ton  H.  BrugBch.  Sechszehnter  Jahr- 
gang.    1878.    Erstes  Heft.     Leiptdg.     4. 

Von  der  Batavia'sehen  (Gesellschaft  fOr  Kflnste  und  Wissenschaften: 

11.  Zu  Nr.  2966.  Tweede  Venrolg-Catalogus  der  BibliothedL  van  het  Batav. 
Genootichap  v.  K.  en  W.     Batavia  1877.     8. 

.  Von  der  Redaction : 

12.  Zu  Nr.  8224.  Hamagid  (Hebr.  Wochenschrift,  erscheinend  in  Lyck,  redig. 
von  Babb.  Dr.  L.  Säbermann).     1878.    Nr.  15— -28.     fol. 

Von  dem  Uebetsetzer: 

IS.  Za  Nr.  3614  und  8689.  Avesta,  livre  sacr^  des  sectateurs  de  Zoroastre, 
traduit  du  texte  zend  par  C  cfe  HarUz.   Tome  III.   Paris  et  Liige  1877.   4. 

Von  der  Palaeogpraphical  Society  auf  SmbMriptioB : 

14.  Za  Nr.  S636.  Facaimiles  of  andent  Mannseripts.  Orlental  Series.  Part  n. 
Ed.  by  Wüüam  Wright.    London  1877.     Roy.  Fol.     (8  £n.) 

Von  der  Bedaction: 

15.  Zu  Nr.  3640.  Soci^t^  de  Geographie  commerciale  de  Bordeaux.  Bulletin. 
(2.  S^rie.)     No.  8.  9.  10.  11.  12.     (15  Avril— 17  Juin.)     1878.     8. 

Von  dem  Verleger  J.  G.  de  Bussy  in  Amsterdam: 

16.  Zu  Nr.  3664.  De  Indische  Letterbode.  Derde  Jaargang.  No.  4.  April 
1878.     4. 

Von  der  Akademie  dei  Lincei  in  Rom: 

17.  Zu  Nr.  3769.  Atti  deUa  R.  Accademia  dei  Lincei,  anno  OCLXXV.  1877 
—78.  Serie  terza.  Transunti.  Vol.  U.  Fase.  4".  5^  Marzo.  Aprile  1878. 
Roma  1878.     4. 

Von  der  Verlagshandlung  F.  C.  W.  Vogel: 

IB.  Zu  Nr.  3*833.     Wilhelm  Gesenius*  hebräisches  und  chaldüisches  Handwörter- 
buch über  das  Alte  Testament.   Achte  Auflage  neu  bearbeitet  von  F.  Mühlau 

nnd  W.  Volck.    Zweite  Hälfte.     (n^73  —  Schluss.)     Leipzig  1878.     8. 

t 

U.     Andere  Werke. 

Von  dem  Verfasser: 

3857.    Die  Familie  el-Zubeir.     Der  Tod  des  Muf'ab  ben  el-Zubeir  aus  den  Mu- 

waflhkljat    des  Abu  Abdallah    el-Dimaschki  arab.   und  deutsch   von  F. 

WüHenfeld.     Aus  dem  dreiundzwanzigsten  Bande  der  Abhandlungen  der 

Konigl.  G^esellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttingen.    Göttingen  1878.    4. 

Von  Herrn  Dr.  J.  Rödiger: 

M58.  lieber  zwei  Pergamentblätter  mit  altarabischer  Schrift.  Von  E.  Rödiffer. 
[A  d.  Abb.  der  K.  Ak.  d.  Wiss.  zu  Berlin  1875.]  Mit  zwei  Tafeln. 
Berlin  1876.     4. 

Von  den  Verfassern,  Herausgebern  und  Uebersetzem: 

tt&9.  Ueber  die  persepolitanischen  Münzen.     Von  A.  D.  Mordtmann.    [A.  d. 
Numismatischen  Zeitschrift  Bd.  X.     Wien  1878.]     8. 

b^ 


XTin  Verz,  der  für  die  BihUothek  der  DM.  G.  eingeg.  Schrifleti  tf.#.  w. 

3860.  .JUJ>^  Cy^^^  A)^  «.^■^»itJ^  W^J^I  [Jesaia,  übers,  y.  Schauffler;  auf 
Kosten  der  Brit.  and  For.  Bible  Soc.  gedruckt  in  Wien  1876].     8. 

3861.  iüuyi  J^^\  jjü  ^LäjJo  ^^  t  {■♦>A0 e5-r^^  ^x^  *'*!;-^^ 

.JuuU5^   <«!^^t  [Thora  übers,  v.  Schaufler  \  auf  Kosten  der  Brit.  and 
For.  Bible  Soc.  gedruckt  zu  Wien  1877].     & 

3862.  Kurze  Wörter-Sammlung  in  Englisch,  Deutsch,  Amhariseh,  Ghülaniscb, 
Guraguesch  von  Johannes  Mayer  . . .  herausgeg.  von  L,  Kropf.  Basel 
1878.     8. 

3863.  'liT  tjbürr  ^iny  IDO  Plenus  Amcb  Targum-Tahnudico-Midrasch  verbale 
et  reale  Lexicon.  Auetore  Nathane  filio  Jechielis  ...  ed.  Alexander 
Kohut  .  .  Viennae  1878.     4.     [Heft  I]. 

Von  der  Indischen  Begiemng: 

3864.  Nr.  250.  Extract  from  the  Proceedings  of  the  Government  of  India  .  .  . 
the  9^^  February  1878.  [Bericht  übes.  die  Resultate  der  in  den  Indischen 
Provinzen  vorgenommenen  Handschriftenverzeichnung].   4.   [London  1878]. 

Von  der  StadtbibUotbek  zu  Hamburg: 

3865.  Catalog  der  hebrftiscben  Handschriften  in  der  Stadtbibliothek  zu  Hamburg 
und  der  sich  anschlieasenden  in  anderen  Sprachen.  Von  Morü%  Stein- 
schneider.   Hamburg  1878.     8. 


225 


Zu  Rückerts    Grammatik,   Poetik   und  Rhetorik 

der  Perser. 

Von 

Prof.  U.  L.  Fleiseker. ') 

II. 

Einzelne  Berichtigungen. 

a)   Veränderung   und  Wiederherstellung   von   Conso- 

nanten  und  ganzen  Wörtern. 

S.   2    Z.    9    ,jO<*   sehr.  ^;    üebersetzung    S.  3  Z.  7  und  8 

ffifeden  deiner  Feinde  abet' ^  den  es  betrifft^  dessen  Leben  ist 
der  Vemicktwng  geioeiht'  sehr.  Und  wenn  dein  Feind  auc/i 
Alles  aufgreift  (d.  h.  welche  Zahlen  aber  auch  immer  dein  Feind 
*Mf<preift),  sein  Leben  u.  s.  w. 


o     >    ,  o      >    « 


S.  9  Anm.  3    Z.  6  und  9   „J^Äi"   und   «jLi^**  sehr.  Jc^ 


^  O  ••  »  (j  ^ 

.  V 


S.  10  Z.  7  -vXÄÄi**  sehr.  JuüU.     Z.  9  „Dhat'*  sehr.  Dhftl. 


S.   12   Anm.    1    Z.    2    ^j^^äjJI"    sehr.  ^:^|    (oder^-^Jl), 
wie  S.  118  drittl.  Z. 


o  ^ 


S.  14   Z.    12    ^Li^**   sehr,   'ui^   ohne  Sukun   des   in   der 
-losspräche  verschwindenden  Wftw,  wie  S.  28  Z.  7. 


1)  8.  den  vorigen  Band,  S.  563 — 581.  Zur  Vermeidung  eine»  besondern 
V'erxeieliiusiies  von  Schreibe-  und  Druckfelilem  habe  ich  auch  diese ,  insoweit 
«le  nicht  schon  vom  Herrn  Herausgeber  selbst  S.  X^^l — XX  berichtigt  sind, 
Sangen  Ortes  dieser  zweiten  Abtheilung  ebigefÜgt. 

Bd.  XXXII.  lü 


226  Fleischer,  zu  Rückerls  Chrammatik^  Poetik  u.  Rhetorik  d,  Perger. 


O  ^  O    ^  Ob« 


S.  17  Z.  5    „vi>»jy«l  JwJU"   sehr.   vi>w--«>.l Jc-.^-j ;   üebersetzung 

Z.  9  und  10  „/cÄ  /and  nichts  wo  das  Ende  dieses  Fadens  an- 
gebunden ist^  dass  mein  Seufzer  wird  durch  Ziehen  nicht  er- 
schöpft^ sehr.  Ich  habe  nicht  gefunden^  von  wo  das  Finde  des 
Fadens  zu  sehen  ist;  denn  mein  Seufzen  (als  langer  Faden  gedacht) 
kommt  durch  Ziehen  nicht  zu  Fmde,  Den  Faden  ziehen,  d.  h.  fort 
und  fort  anziehen,  um  das  Ende  zu  finden;  das  Seufeen  ziehen, 
d.  h.  aus  der  Brust  aufsteigen  lassen,  wie  S.  114  Anm.  2. 

S.  19    Anm.    4    Z.  1    ,o,.  **    sehr,   o . ; .     (In    der    1.    Z.   des 

Textes  ist  o.;  zu  sehreiben,  so  dass  das  zweite  u  die  Conjunction 
^  vertritt.) 

S.  20  Z.  5  „vjLy**   sehr.  vJlÄ. 

S.  22  Z.  7  „Li''  sehr.  L. 

S.  33  Anm.  1.     Gegen  den  hier  gemachten  Vorsehlag  ist  ^t 

beizubehalten  und  mit  gewöhnlicher  Synaloephe  der  mijänin 
zu  lesen. 


o  « 


S.  61   Z.  9  „jjto*'  sehr.  *^. 

S.  62  Anm.  6    ,Jiw^J^    und    Z.    20    Jiat  dem    Tage  mehr 

als  dir  Lob  zugesprochen  mit  FJidschwur"*,  ist  sprachlich  mög- 
lich,   aber  nicht   nöthig.     Das  iß^  <ies  Urtextes:  hat  dem   Tage 

vor  dir  Lob  zugesprochen  u.  s.  w.  rechtfertigt  sich  durch  die 
Stellung  von  Sur.  91  V.  1 — 4  vor  Sur.  93  V.  1  und  2;  um  so 
mehr,  da  die  koranisehen  Eidschwüre  bei  dem  Tage  und  Theilen 
desselben  und  die  bei  der  Nacht  und  Theilen  derselben  an  Zahl 
und  Stärke  einander  im  Ganzen  das  Gleichgewicht  halten. 

S.    64    Z.    14    -biw.*«'*    entweder   nach   Anm.    2    «u^b,    oder 

wahrscheinlicher  L»  ^^  und  demgemäss  in  der  üebersetzung  S.  65 

Z.  4  mit  drei  Stück  lustigen  OeseUen,  mit  scherzhafter  Anwendung 
des  nach  Cardinalzalilen  sächliche  Individuen  bezeichnenden 
U    auf   unbedeutende    Personen;    s.    meine   pers.    Grammatik, 

2.  Aufl.,  S.  108  und  109  Anm.  3. 

S.  65  Z.  1.     Statt   flOi-j,"    ist   das    dem    j^JwJo  •  Z.  2    ent- 

sprechende    ^^j,    des   Urtextes   wiederherzustellen.     Der  Liebende 

hält  dem  Geliebten  den  Wein  hin,  um  ihm  denselben  einzugiessen ; 
ebenso  hält  er  ihm  den  Gürtel  hin,  um  ihm  denselben  anzulegen. 
Zu   beiden    passt   nur   ^^jj,  und  ^^JsJü;    daher  Z.  10  und  11  zu. 


FUiseher,  au  RüekerU  Grammatik,  PoeHk  u,  Rhetorik  d,  Perser.  227 

selireiben:   ufo  willst  du  den   Wein  eingieasenf  —  wo  willst  du 
den.  Oürtel  anlegen? 

S.  71  Anm.  3.  Das  pers.  ^^,  glücklich,  bat  mit  dem 
ar&l).  ^,  Freude,  nichts  zu  schaffen.  Das  zusammengesetzte 
Beiwort  jL4->  «s  bedeutet  von  beglückender  (glück- 
bringender)    Schönheit,    arab.   JUäJI  rij*.\^    oder   ^.Lj^ 

j  » 

S.  75  Z.  13  „  -A^=0'*  sehr.  -*-:pj,  Laut-  und  Sinnparallele  zu 

^   ^HochmiUk^  S.  77  Z.  5;  demgemäss  sehr,  in  der  folgenden 
ile  statt  „Selbstdünkel^'^  besser   Uebei'muth. 

S.  83    Z.    5    V.   u.    „yi  ^**    sehr,   nach    dem    Urtext   jjioj3- 

Nominativ,   und  in  der  Uebersetzung  S.  84  Z.  11    Vom  Rubin 
mer  Lippe  heische  du  selbst  den  Kuss  cds  HeilmiUel,     nFür 

wäre   in    dieser  Verbindung  ji^j*^   ^5'-^   ^^^^  "^y^  t5^-^« 
S.  85  Anm.  2  Z.  3  ,^.^JüLÄji**  und  „»Jütä^**  sehr.  ^.^jJjlÄwc 

S.  93  Z.  8  «jiT  J**   und  S.  133  Z.  2    .^J^f  J"  sehr.   ^Tw 

'^^d    J^  w,   wie    die  Abhängigkeit   von  i..Lj-^  und  üb  es  ver- 
langt.    Im  Ta*llk  imd  Nesta*lX^  der  Handschriften  ist  k^  mit  herab- 
gezogenem  h    oft   schwer   von    j    zu   unterscheiden;    aber   weder 
.  u  »^   noch   ÜIj   können   mit    j    verbunden    werden.     Nach    dem 
Versmasse   bildet   das    erste    w  mit  bloss  graphischem  h  vor  dem 

sp.    lenis   des    folgendem    t    eine   kurze   Sylbe;    in    dem    zweiten 

macht    dasselbe   h,   nach    dichterischer  Freiheit   als  Consonant  be- 
handelt, mit  dem  sp.  lenis  Position  und  ^j  wird  dadurch  lang. 

S.  104  Z.  9  „^^^"  sehr.  ^^^. 

S.  110  1.  Z.  «jL^-**   richtig    ^;    aber  der  Fehler  rührt,   wie 

8.  117    Z.  16,   von    dem   Versmacher   selbst   her.     n^y  **    sehr. 

J^ß,   wie  S.  117  Z.  16;    S.  111  Z.  4    „Jsi-,   ein    Wurm*  sehr. 

15* 


228    Fleischer,  iru  Rückerta  Grammatik,  Poetik  u,  Hhetorik  d.  Perser. 

S.  116  Z.  9  „Ip**  sehr.  J!>,  wie  Z.  13.  — Z.  12  ^^''^  sehr. 
^nÜ,  wie  S.  117  Z.  11. 

S.  124  Z.  9  „»l^^**  sehr.  «'  "  ' 


S.  141  Z.  3  «,*U3"  sehr.  ^L>y,. 

S.  150  Z.  7  «^J^Id"  sehr.  ^JL>^  Sinnparallele  zu  ^jLj  Z.  8; 

Z.  18:  „rfer  geringste  Aufwar ter  deines  Befdds^  sehr,  der  ge- 
ringste Befolger  u.  s.  w.  —  Z.  1 9 :  ^der  geringste  Genosse  deines 
Bundes"^    sehr,   der  geringste  Hörige   (Ünterthan)   deiner    Herr^ 

scluift^  eig.  deines  Herrschaftsvertiags.     jj)^-»^  ist  der  dureh  die 


^  o« 


Kjuu,  Huldigung,  zwischen  Fürst  und  Volk  zu  Stande  kommende 

Vertrag,  J^ ,  dureh  welehen  der  Fürst  dem  Volke  Sehutz  und  Ge- 
reehtigkeit^  das  Volk  dem  Fürsten  Gehorsam  geloht. 

S.  185  Anm.  2  vorl.  Z.  „vi^öJu"  sehr.  vi>J^Xj,  wie  in  der- 
selben  sehmutzigen  Verwünsehung  S.  362  Z.  6  v.  u.  ...j/  ^  ^ 
-.^Ju^  ..L^fsit .  Zwar  geben  persisehe  Original wörterbüeher  aueh 
das  dem  pers.  ...ji"  gleiehbedeutende  türk.  cyT  göt  mit  der  Aus- 
spräche göt  dSy^ ^^ ^  aber  eben  nur  als  türkisches  Wort 

S.  194  Z.  13  ^  .Uai**  sehr.    LÜ;  s.  den  vorigen  Band  S.  564 

Z.  7  flg. 

S.  198    Z.  1    „jIj**    sehr.  »jIj^  wie  es  der  voeativische  No- 

minalsatz  verlangt;  wogegen  dem  vb.  fin.  jtJ  vorausgehen  müsste 
^  k3^\  ^*  ebendas.  S.  564  Z.  8  v.  u.  flg. 

S.  209  Z.  9  „j^i^**  sehr,  j,,^^;  ^-  ^2  „w/i  Äaw^  cfer  Furcht 

und  Hoffnung'^  sehr,  am  Tage  der  Furcht  und  Hoffnung,  arab. 

^L>JI^  vJ^  .^j    d.   h.    am  jüngsten    Tage.      Der   Vers   bezieht 

sieh  auf  den  Ausspruch  Muhammeds,  dass  beim  Hereinbruehe  des 
jüngsten  Tages  Jedermann  bei  seinem  Saatfelde  sitzen,  d.  h.  in 
Sorglosigkeit  dahinleben  werde.     Hieran  erinnert  den  Verskünstler 

der   mit   einem   spriessenden   Saatfelde,    \«;iLJL- /     verglichene 

^    O 

Wangen flaum   des  Gepriesenen,  wobei  sieh  zugleich  an  ^xAf 


FUUcher^  tu  Büekerta  Grammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Pereer.   229 

wohlriechende   kleine   Pastillen,    ^pastelletti  di  profumo** 
(Gazophyl.  ling.  Pers.  S.  275  unter  Pastelletti)  denken  lässt.    Rück  er  t 


le^  in  Ja:>  noch  eine  zweite  Beziehung  auf  wäj^  ,b-5>  oder 
Ss^  schlechthin,  fürstliches  Handschreihen;  aber  das  Beiwort 

^.j^w,  arab.    ^r  ^t  ^  beschränkt  das  Wort  auf  die  obige  Bedeutung, 

far  welche  Bückert  mit  glücklichem  Zurückgriff  auf  die  Grund- 
bedeutung ^Haarstrich^  setzt.  S.  meine  Diss.  de  gloss.  Habichi 
S-  44  Z.  5 — 8;  Dozy,  Script,  arab.  loci  de  Abbadidis,  IJI,  S.  195; 

Liane  unter    ^-r ^t .   Für  uns  ist  dieses  „grün**  vielmehr  schwärz- 


lich oder  brünett  und  Anm.  3  danach  abzuändern. 

S.  230  Z.  15    n1»^oü''  sehr.  f»]jJ;  Z.  18    ^den  PretY   sehr. 

€f€9^  Vorbild  {das  Muster),     »  oi    bedeutet   weder   „Preis",    noch 
^l>«rhaupt  etwas  hier  Sinngemässes. 

S.  243  Z.  3  «L^^  "  sehr.  L^^5^;  Z.  12  „Hügel''  sehr.  Berge. 

ö^s  arab.  X^  ist  schon  deswegen  unzulässig,  weil  es  nicht  einen 
^^türlichen  Hügel,  sondern  einen  Erd-  und  Schutthaufen  bedeutet, 
v^reytag's  ,ut  »«ajo  Cumulus  frumenti",  als  zweite  Bedeutung, 
^^"t  aus  Missverständniss  der  Bemerkung  des  Kämüs  hervorgegangen, 
^iB  Erdhaufen  werde  s^^  genannt,  wie  ein  Getreidehaufen  ö-j.x3.) 

Später  erstreckte  sich  der  Gebrauch  von  iU.J    oder,  nach  der  jetzt 

in  Syrien  üblichen  Aussprache,  '»^jS^   köme    (s.  Diss.   de  gl.  Hab. 

S.  41  und  42,  Mul^it  al-Muhlt  S.  IaöI  Sp.  2  Z.  12)  auch  auf 
andere  Dinge,  wie  Gold,  Silber  u.  s.  w.  Daher  bei  Cu che  S.  oaI 
neben  der  allgemeinen  Bedeutimg  ,tas,  monceau**.  gemeinsprach- 
lich   ,masse,  fonds  d'argent  d'ime  societe**.     Dass  der  Dichter  sich 

jedenfalls  nicht  mit  „Hügeln"  begnügt  hat,  wird  durch  das  ^^^JS' 
der  nächsten  Zeile  zur  Gewissheit  erhoben. 

S.  243  Z.  7  ,oiy>"  sehr.  c>o^. 

S.  261  1.  Z.  ,5^^"  entspricht  allerdings  der  unzweifelhaften 
Herkunft  des  Wortes,  nicht  von  j^  Li,  sondern  von  UJu  Li: 
aber  das  daraus  nach  Ijigäzenischer  Mundart  erweichte  ^.o  ist  die 


230  FUiseker,  mu  RückerU  OrammaÜk,  PöetOe  n.  Rhetorik  d.  Permr. 

nach   alter  üeberlieferung  von  allen  Koranlesem  allein  anerkannte 
Form;  s.  Mufassal  S.  m  Z.  4. 


»  &*■  *  o  • 


S.  267  Z.  3  V.  u.    ,s2k/ö^**  sehr.  s^ü^^. 

S.  298  Z.  12  „  ,Li*  sehr,   jit,  wie  8.  211  Z.  3  v.u.;  Z.  15 

yfluf  deine  Sondergleichheü  legen  ihr  Olauhensbdcenntnias  ab  die 
Feinde''   sehr,  deine  Sondergleichheit  gestehen  (selbst)  die  Feinde 

m 

eu.  j^^ÄJb  Jjtj  pers.  jy  .t jjt  ^^ iA^o ,  einer  Sache  geständig 
sein,   ist   nicht,   nach  Anm.  2,   gleichbedeutend   mit   £  ^^1    .  j», 

m 

pers.  oJ"  jJü'  1.  ^^lA^j   eine  Sache  bestätigen.     ^Olaubens- 

bekenntniss*"    ist  eine   besondere  Art   des    .tj^t ,    aber    keineswegs 

seine  ausschliessliche  Bedeutung.  Und  so  war  auch  S.  212  Z.  4 
zu  übersetzen :  deine  Schönheit  haben  Sonne  und  Mond  ein- 
gestanden. 

S.  303  Z.  7    ,-JiJ!r"   sehr.    J  iJtS',   so  dass  i",   feucht, 

nass,  von  jLmuuo^  mache,  regiert  wird;  S.  304  Z.  5  „So  verlösche 

ihn  (den  Hauch)  wie  eine  Kerze  durch  eine  Thränenioelk^^  sehr. 
So  mache  sie  (die  lappe)  gleich  der  Kerze  durch  Thränen  wieder 
feucht.  Die  brennende  Kerze  „weint*  imd  feuchtet  durch  ihre 
herabfliessenden  „Thränen"  immer  wieder  sich  selbst  an.  Hierdurch 
fallen  Anm.  1  und  2  hinweg. 

S.  314  Z.  9  V.  u.  „  J^i>  ^  •"  sehr,  j^  ^t  als  Anfang  des  Nach- 
satzes, wie  auch  vorl.  Z.  richtig  „«fe  selbst^, 

S.  339  Z.  6  „isJj''^  sehr.  ^^, 

S.  340  Z.  2  „ojli"  sehr,  ^^li;  Z.  6  „/rci  von  iieic**  sehr. 

leer  von  Liebe  oder,  mit  Schiller,  Uebdeer, 

S.  341  Z.  9  „vil^''-  sehr.  v^I-J:^;  Z.  12  „das  Glück'' 
sehr,  rfci*  Thron,  Gegensatz  zu  .b  „rfcr  Oalgen";  —  der  Thron 
die  ^hohe  SteUe*"  des  Gepriesenen,  der  Galgen  die  seines  Gegners. 

S.  344  Anm.  2.     Die  Verwandlung  des  ungefügen    ..Ljüu*wa  in 

..♦AjtÄ.»*MO    würde    nicht    nur   den  Form-,    sondern    auch   den  Sinn- 


ö  y 


parallelismus    der   beiden  Vershälften    zerstören.     Das    \juiM*A   der 
Crothaer  Hdschr.  ist  entschieden  richtig.     Die  Auflösung  der  beiden 


Fieücker,  mu  Rüek^  Grammatik,  PoeUk  u.  Rhetorik  d.  Perser.  231 

Yocaüvischen  Nominalsätze  (s.  den  vorigen  Band  S.  564  und  565) 
in    Verbalsätze    ist:    y^^^U-^t  jLit  jj  yJkM  oUx**^  bS  ^^\    und 

\:>^^J^j^j  |.ljüt  y>  0^  JlmXm^  ^  {S^-   —    S.  345    Z.  6   und  7 

r)0    e/u,    von   dessen    Huld   versorgt   wird   der    Wohlstand   des 

Hzmmels  und  von  dessen  Fülle  unterstützt  wird  das   Wohlthun 

der  Zeit!'^  sehr.  0  du,  von  dessen  Oüte  die  himmlischen  Olücks- 

gohen  als  Gewinn  erfleht  und  von  dessen  Freigebigkeit  die  Huld- 

ge^chenJee  des  Schicksals  als  Anleihe  erbeten  werden.     Der  Vers 

entliält    die    acht  asiatische  Schmeichelei,    der  freigebige  Fürst  sei 

*ö     die  Stelle   des  Himmels   und  des  Schicksals  getreten  und  man 

'^^nde    sich    daher   mit  Wünschen   imd  Bitten  nicht  mehr  an  jene 

*l>«rirdischen  Mächte,  sondern  an  ihren  Stellvertreter  auf  Erden. 

S.  347  Anm.  1  Z.  4  ,oj;5^ '  sehr.  cU5". 

S.  348  Z.  8    «^^tJu**  sehr,  mit  dem  Urtext  (Anm.  1)    ,lJ^, 

^ichgültig  ob  /Oür  ;l  Jju,  oder  xxil]  "ItJu;  S.  350  Z.  10  und  11 

"^^^Visse^  Vorzag  ist  verborgen  tvie  ^Ankd^  darum  weil  übrig  ist 
'^^iemand^  der  den  Humdj  vom  Geier  unterscheidet^  sehr.  Geistes- 
^^^ichthum  halte  verborgen  wie  die  ^Ankd^  weil  es  Niemand  mehr 
&ie6t^   der  den  Paradiesvogel  vom  Hiihnergeier  zu  unterscheiden 

^^yüsste.     ol3-   und   oLi>,  —  Rückert  hier   ^Geter"",  S.  18  1.  Z. 

^Habicht  oder  Weihe"",  S.  19  Z.  6  ^Habicht\  —  ist  nur  Weihe, 
läühnergeier,  milvus  (ft-anz.  milan),  in  den  Originalwörterbüchem 

Erklärt  durch  die  Synonymen  ^t  und  J\yAs.^  jW^j  ^^^*  ä^^-^^^*, 

gemeinsprachlich   ä^IJ^^.     Die    Sage    von    dem  jedes   halbe    oder 

^anze  Jahr  wechselnden  Geschlechte  des  Weihe,  S.  19  Z.  4,  richtig 

xibersetzt  ebendas.  Anm.  2,  steht  im  «^L>  i*%l^*^  (Tebrlz,  J.  d.  H. 

a260,  lithogr.)  unter  ^yAs-^  bei  ^azwtnl,  I,  S.  fl.  Z.  3  imd  4  unter 

^5j^^>..     Die  *Ankä  ist   der   fabelhafte  Vogel,    von   dem  es  heisst: 


^  ^Jsjuo  ^^^^t  öy>-yA  „dem  Namen  nach  daseiend,  dem  Körper 

^der  W^irklichkeit)  nach  nichtseiend**.  Der  Humili  oder  Paradies- 
vogel stellt  den  selbstständigen  schöpferischen  Geist,  der  Hühner- 
geier das  imitatorum  sei'vuin  pecus  und  die  gemeinen  Gedanken- 
diebe vor. 

S.  353    Z.   IG    ^.j"*    sehr,    j^    zusammengezogen    aus    ;i   hS\ 
denn. so    ist   das    S   in   HK   zu   lesen.     Z.    19    y^sprach   bei   sich 


232   Fleiticher,  zu  Rüeherts  Grammaäk,  Poetik  u.  Rhetorik  tL  Faner. 

seihst:  Sei  auf  der  Hut^  sehr,  sprach:  Sei  vor  dir  sdbst  tmf 
der  Hut. 

S.    362    Z.    13   ^K.A  ih''    sehr.   iJ^',    Begrüssung,    Inf. 

von  Lx>-, 

S.  378  Z.  1  und  S.  379  Z.  3  ,^  ^'^  sehr,  ^ij^  In£  von  lÜ 
in  Verbindung  mit  dem  die  Conjunetion  ^  vertretenden  kurzen  u. 

S.  392  Z.  3  „  j^^ "  sehr,  mit  Rückert  o  J  ;  denn  j.5"  (^^J^  bedeutet 

nicht  er  machte  bekannt,  sondern  er  erkannte,  arab.  ^JL^; 

die  Beziehung  auf  das  Vorhergehende  als  Object  ist  selbstverständ- 
lieh.  Wie  hätte  übrigens  JujJ^.  ward,  in  jjT  verkürzt  werden 
können  ?  Zum  Ausdrucke  dieses  Begriffes  durch  ein  einsjlbiges 
Wort  hätte  der  Dichter  o^Äi'  geschrieben. 


b)    Veränderung  von  Vocalen  und  Lesezeichen. 

S.  22  Z.  6  „si>JtJ\^*'  sehr.  vi^JlJ^v^,  wie  S.  140  Z.  4. 

S.  29    Z.  4   V.   u.   „fiüÜN*«^'*    sehr.   f^üC^Ao!    s.    S.    30   Anm.    1, 

S.  46   Z.  2  V.  u.,    S.  180    Anm.  2,    S.  207   Anm.  3.      Wie    diese 
stellen  zeigen,  ist  sJJ^ ,  Pistazie,  erst  nach  einigem  Schwanken 

zu   gebührender  Anerkennung   gelangt.     Die   persische  Aussprache 
mit   i   in  der   ersten  Sylbe  und    zugleich   die  ältere  Form  s^Jj*^ 

sind  erhalten  in  ^rirrrax»;,  ni(iTay.iov ,   pistacium  u.  s.  w.,    die 
letztere    auch   in   dem    arab.    vJU.**o  mit  Verwandlung  des  i  in  u, 

daneben  mit  Vocalassimilation  vjüü^ ;  s.  Mutit  al-Muhit  u.  d.  W. 

^JCLmh  S.  n.r.     Ebensowenig  aber  wie  f*Jü«MO  ist   jn,ä-.>>^  oder 

[^;ÜMO    (S.  30  Anm.  1)    zulässig;    denn   das  tertium  comparationis 
ist   die   der   Pistazie  und   der   Cypresse    gemeinschaftliche    frische 

grüne  Farbe  (s.     Jüü-^     pistaziengrün,  M.  al-M.  a.  a.  0.), 
wegen   deren   die  Cypresse  hier  auf  die  Pistazie  eifersüchtig  wird, 

g.  30  1.  Z.  ^Tachallüs"  sehr.  Tachallö§  {.^^^ÄJ^ä), 


o     ^ 


O     3  ^  ,  ,    O      i 


Ftetseher,  stu  RückerU  Grammatik,  Poetik  u,  Rhetorik  d.  Perser.  233 

S.  31  Z.  17  n^yJu"  sehr.  ^Ju'. 

S.  47    Z.  14,   S.  50   Z.  11    und   an   andern  Stellen   „J-iLi 
8cbr.  jJö. 

^      _      _      _  _    _    _      _ 

Z.  50  S.  15  ,aJUÄ:3=u''  sehr.  iJl4Jc5=\^  oder  vielmehr,    da  hier 

kein   Grund    für    die    Femininform    vorhanden    ist,    Jw^JL^^^uo,    als 
nic5glieh  oder  wahrscheinlieh  gedacht 

S.  51    Z.  2    „^**   sehr.      ij.    —   Z.  10   und  12  „^JiUi" 

besser  J^aüä.«*^  ;  s.  meine  Beitr.  z.  arab.  Sprachkunde,  2.  Stück  vom 
J-     1864,  S.  286—288. 

S.  56  Anm.  1  Z.  6  „'^jj^J*'  sehr.  '^\y>'J . 

S.  59  Z.  9  imd  S.  77  Z.  2  ,vi>^i-J^**  sehr.  vi>^i-J^,  n.  aci, 
*^cht  n.   speciei   von    '3<a,     Ebenso    S.  90  Z.  17,    S.  169  Z.  17 


^  o-  -  o 


^^^nd   S.   170    Z.  2  und  3    n^iiAjaJ"    sehr,    c-^ois..   n.    aet.   von 


>."    scnr.    vi>ois.,   n.    aet.   von   «j».; 

-•^    rey tag  unrichtig  iüts.,   was   n.  vieis  ist.     Beide  Infinitive  haben 

^^nn  conerete  Bedeutung  gewonnen,  und  als  türkische  Eigennamen, 
^ftidhat  und  Bif'at,  sind  sie  in  neuster  Zeit  allbekannt  geworden. 


^     ^ 


S.  60  Z.  10  ytJiJüJ^"  sehr.  ji^jU^. 

S.  70  Z.  1  „„.JL»"  sehr.  v^JL*,  wie  ital.  roba,  vom  deutschen 
^aub.  Die  Kleider  heissen  so  als  wirklicher  oder  möglicher 
Oegenstand   des  i_v_ JL^v ,   spoliare,   öxvkevetv]   s.  KazwinI,  11, 

S.  W  Z.  5  V.  u.  —  Rüstung  und  Waffen  sind  thoils,  wie  in  der 
^ben  angeführten  Stelle,   mit  darunter  begriffen,    theils  nicht,  wie 

in    unserer  Stelle,   wo  J^  noch   besonders  dabei  steht.  —  Z.  3 

O 

O        ^         «  O  a.  «    O 


^J^ÄJ»-*'  sehr.  Jcpv>.,  —  Z.  13  »wi^*'  eig.  n.  vieis,  einmaliges 

iS  c  h  lue  ken,  dann  allerdings  auch  concret  einmaligerSchluek; 
liier  aber,  in  Verbindung  mit     Jo ,  ist  zur  Vermeidung  eines  Pleo- 

nasmus  ^£.i>.  zu  schreiben. 

S.   78  Z.  19  ^Sherf*  sehr.  Sheref  (o^i;) . 

8.  79  Z,  8  ,^U  ^L^-  sehr.  ^Lo  ^ll. 


234  Fleiscker^  sm  Rüeherts  Grammatik,  PoeHk  u,  Rhetorik  d,  Perser. 


S.  83  Z.  20  n^JJJJ"  und  S.  124  Z.  1  ^i^JJJJ"  sehr.  ^^IjOj 
und  ^^^Ijaj,  wie  S.  287  Anm.  1  Z.  2. 

«  O  J 

S.  97  Z.  10   „oder  wohl  richtiger  ^^«^i^**   sehr,    allein  richtig 

-.  C  J 

^^Jj^;  ebenso  S.  129  Z.  2. 

S.  100  Z.  8  V.  u.  ^j^iki^*'  und  S.  101  Z.  15  „^J^ücLi**  sehr. 
jAa^=U/o  und  y^^JJU . 

S.  101  Z.  17  „Jc^*"  sehr.  J^i.  —  Z.  18  ^wiüU'*  sehr.  «5ÜLi. 

S.  102  Z.  3  und  S.  389  Z.  10  ^^^y^''  sehr.  ^^vxJL^,   PI.   von 

kLL;    s.  ZDMG  Bd.  XV,  S.  386  und  387.     Dagegen  S.  102  Z.  4 

^^^^-luu**"  sehr.  ^^wuL^,    Adj.  von  ^^w^;   S.  103   Z.  5    „rfiJs  /^i!Ss»  als 

Jahre^   sehr,   e^tß   scharfe    Spitze,     Hierdurch   föllt   Anm.  5    hin- 

weg.  —  Z.  7  „c^s^iai"  sehr,  v-^w^^iaä;  S.  103  Z.  8  „210«  Trüpfen^ 
herzberückend"'  sehr,  «wci  herzberäckende  Regionen,  wie  sonst 
..I.IOj    zwei  Wohnorte,   d.  h.  dieses   und  jenes  Leben.    ^Zwei 

Tropfen"^  könnte  nur  » J33  ^J  heissen,  da  JaS  Singularcollectiv  ist. 

S.  110  Z.  17  „^•''  sehr.  ^•;  Z.  18  „^OüU"  sehr.  ^JüU, 

S.  116  Z.  9  «(jii>"  sehr.   (jii-. 

S.  118  Z.  1  „^**  sehr.  j44. 

S.  119  Z.  20  .(^O^jLo'*  sehr.  ^^O^^Lo. 

S.  123  Z.  15  „o^*^*"  sc^-  v:>4*J. 

I    '  I 

S.  128  Z.  13  J\''  sehr.  j... 

S.  153  Z.  4  V.  u.  .^UJ»*^  (vory»)  schr.^UJ. 

S.  160  Z.  1  n^^^^^"  schi*.  ,^3-g^. 

S.  165  Z.  6  ^^Sss>^  sehr.  oAp-. 

S.  167  Anm.  1   Z.  2  ,vji3t./i''  ist  im  Gegentheil  das  Richtige, 

in    der    Bedeutung    sich    zugesellend,    als    Gefährte    an- 
schliessend, weil  jeder  Vers  dem  Sinne  nach  sich  jedem  andern 


Fkuehery  m  Büdeeiis  Orammalik,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Perser.   235 


«•  ^  >  w  ^  y 


anreihen  kann.  —  Anm.  2.     Weder  {^iMA  noch  ^^M  kommt  als 


«.  j 


Eigenname  vor.     Das  Richtige  ist  ^^j**;  s.  S.  290  Anm.  2. 

S.  173  Z.  18  ^^^^[slL"  sehr.  ^yCiTLä:^. 

S.  174  Z.  10  ^oJ:^**  sehr.  si^J^;  Z.  18  und  19  ^An  der 

Seite  der  dauernden  ImsI  der  Liebe  (oder  nach  Anm.  3  ^der 
Lust  eines  in  der  Lide  Beständigen'')  ist  das  ewige  Paradies 
ein  geringfügiges  Looa^  sehr.  Neben  (in  Vergleich  mit)  dem  steten 
Wannegenusse    deines   Liebhabers    ist  das  ewige  Paradies  ein 

geringzuachtendes  Oliick.    ^^Ju  ^«^  ist  der  koranische  Ausdruck 

(Snr.  9  V.  21)  von  der  ewigen  Paradieseswonne,  im  Gegensatze  zu 

(mrfj^  v^tcXfi  (Sur.  39  V.  41),  der  ewigen  Höllenpein.     Ebenso  wie 

iii€r  ist  v-.Uj>.   jJ  S.  224  vorl.  Z.  gebraucht  und  S.  225  Z.  4  sinn- 


o      , 


gemäss  übersetzt.  —  ,  ^i^Ji-jj''  sehr.  vi^wÄ^fi . 
S.  184  vorl.  Z.  „v^lcXfi"  sehr.  v^tJ^. 


c    o   ,••       «  « «   o 


S.  203    Z.  4    „.,b.Äj   j«  sehr.  ...IJ-äj   «>,   die  Präposition 

_^^   ihrem  Ursprünge  gemäss  noch  als  Substantiv  behandelt,   daher 
ixiit  dem  dichterisch  verlängerten  i  der  Genetivanziehung  (s.  meine 

l>«rs.  Granun.  2.  Aufl.  S.  81  Anm.  2),  und    ..b-^  synkopirt  aus 

^-jb-5=ü,    PI.  von  j«3\j,  Verständiger,  Kluger,  Gegentheil 

"Von  o..^uj    Verstandloser,  Dummer.     Die  von  Rückert  an- 

Hommene  Zusanmienziehung  aus    . .1  j. yj^ ,  Räucherpfanne,  ist 

unmöglich ;  überdies  wird  Moschus,  um  zu  duften,  nicht  auf  Kohlen 
gelegt  —  Z.  9  und  10  ^Hast  du  nicht  gehart,  dass  Geruch  des 

Weins  und  Geruch  des  Moschus  auf  der  Räucherpfanne  schwer 
ist    zu   verbergen!"    sehr.    Du    hast   wold    schon    gehört^    dass 

Wein'  und  Moschusduft  vor  klugen  Leuten  schwer  zu  ver- 
bergen ist. 

S.  203  vorl.  Z.  ,^^l-I^«  sehr.  j^XX,  von  ^ii,     JLb,    (mit 
etwas)  bestrichen. 

S.  204  Z.  8  ^öJüj"  sehr.  00^3,  wie  S.  54  Z.  14. 


236  FIeüfcher,  zu  RüekerU  CrrammaUk,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Parser, 


O        } 


S.  205  Z.  7  w  ft   ;   ¥>    sehr.    ,j,  ^.^.    wie   S.  98    Z.  3  und 


S.  211  Z.  7. 


S.  214  Z.  8  und  S.  313  Z.  2  «iJ^di"  sehr.  Äi?a^. 


S.  218  Z.  18  ,^Ji''  sehr.  ^J.    Dass  ^Ji  wegen  des  Reimes 


o^ 


auf  ^.Ü  hier  gegen  den  feststehenden  Spraehgebrauch  (vgl.  S.  272 

vorl.  Z.  und  arab.  f^^-ji,  -r-^t,  --r-J,  ^e^^-  ^"^^^O?»  syr.  llpU.) 
^  J  auszuspreehen  sei  (Z.  21  und  22),  ist  derselbe  Fehlsehluss  wie 
S.  217  Z.  2  und  3;  s.  dagegen  Anm.  1  auf  derselben  Seite. 

S.  227  Z.  13  ^^^y^"  sehr.  ^^j^yÄJ.    Z.  14  «oSV  ^^^^''  ooVj. 

S.  233  Z.  6  V.  u.  ^MtU'keffir"  sehr.  Mu^fieffer   (ik*,   der 
Siegbegabte). 

S.  235  1.  Z.  ,1^"  sehr.  ^. 

S.  236  Z.  8  „jykoiU'^  sehr.  jyjaiU;  denn  ^Ijj^  ist  nieht  ein 

dem  OyaÄ«  beigeordnetes  und  durch  jM  i^äfet  damit  verbundenes 

Relativadjeetiv    von    Lj,o,  sondern  dieses  Substantiv  selbst  mit  dem 

Einheits-i,  als  Gegensatz  zu  dem  für  die  zweite  Singularperson  des 
Präsens  von   ^^JiL^«m^.>  gehaltenen    ^y>-.  —  S.  237  Z.  17  y,Jedes 

einzelne^  mögest  du  suchen  aus  ihm  ein  Meereskleinod  gedoppelt^ 
sehr.  Ein  jeder  (  Vers)  ein  Strom^  dessen  Sinngehalt  ein  Doppel- 
meer (wörtlieh :  ein  Meer  zweimal)  ist    ^^  •,  hängt  von  OykoiU  ab, 

arab.  *JL^  «3^JLo  =  ikJwcJl-/«. 

S.  245  Z.  9  ^jkiljJjL"  sehr.  Ni>tv\Jü. 

S.  248  Z.  5  ,^y    sehr.  ^^.      Z.  16  ^f^ly ')  sehr.  ^^4^^. 


m    ,        i 


Z.  20  ,  ^-  sehr.    ^.. 

S.  249  Z.  16   ^^\jJ^'*  sehr.  ^uJuo.     Z.  25  nvi^-o^^^*  unächte 
tureisirende  Form  statt  vi>^^^?=^. 


1)  Nach  S.  XIX  Z.  8  v.  u. 


FUisdtery  zu  Rücktrts  Grainmatiky  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Ferser.    237 


i  ,     o 


S.  251   Z.  12  ,^Jsäa5>  vJL**^**  sehr.  ^Jcä^  J'u^. 
S.  262   Z.  2  ,ijw**  sehr,   ixj^^    dureh  ^  mit  ^:  zur  Genetiv- 
anziehung von  JwL.  verbunden;  Z.  8  »Z?er  KercArte,  der  Schmuck 

^fer  OoUesboten^  sehr.  Z^er  Verherrlicher  und  Schmuck  der  QoUea- 
f>oten  (Ooügesandteii). 

S.  266   Z.  9  „Moh  teshim**   sehr.  Mohteshem  (^..iJüs^v^^ 

der  Verehrte,  Ehrwürdige).     Z.  15  und  17,  und  S.  267  Z.  7  v.  u. 

«Newwftb**    sehr.  Nu ww ab,    v-ji^^    Vicestatthalter,    nach 

persischer   und   türkischer   Weise   Pluralform   statt   des   Singulars 


S.  267  1.  Z.  ^,.^J^  sehr.  ,..U>,  PL  von  iuL>.  —  Anm.  1. 

Itückert's  shelddi  mit  jftY  izäfet  ist  richtig;  denn  Substantiv-  imd 
-A^djectivbeiordnung  werden  beide  wie  Genetivanziehung  behandelt, 
>vie  S.  307  Z.  3  v.  u. 

o  o   ^  o 


S.    269   Z.   2   .y:^  •  rein  persisch  j^ ,    aber   ,^^;:^ 


o 


Schrieb  mir  Herr  Prof.  Pertsch  „wird  als  speciell  indische  Aus- 
sprache gestattet;  s.  Vullers.  Ich  habe  deshalb  die  Rückert'sche 
Schreibung   beibehalten'*.      Später   fand   ich    selbst   im   Farhang   i 

Üashidi,  Calc.  1875,  Bd.  11  S.  154  Z.  1  und  2:  ,J^;:ftJb  ,jJi^ 
^»OcÄ  jj-t-iwo  vJl5"  ^mSj  »^ß\  tJ^^Jü^,  B&zn  die  Bemerkung,  auch 
^us    einem  Gedichte  Nizämi's   scheine    sich  die  Aussprache 

o 

5&U  ergeben,  da  es  dort  auf  ^^^Cix^  gereimt  sei,  doch  wahrscheinlich 

eben  nur  des  Reimes  wegen  ( —  und  auch  dies  nicht  einmal  noth- 
vrendig;  s.  oben  die  Anm.  zu  S.  218  Z.  18  — ), 

S.  271  Anm.  2  Z.  3  ^(jÄjj^*  sehr,  ji.j^  persisch,  nicht 
arabisch;   Z.  6   „vcm  seine)-  Schönheit   sehr,    durch  sein  Schüren. 

S.  280  Z.  8  »sjLaJi*  sehr.  vJLxa^ .  Nach  Südl's  Commentar 
zum  Gulist&n,  Constantinopel  J.  d.  H.  1249,  S.  *lv  Z.  7,  ursprüng- 

lieh  v-jlj^3^,  Particip  von  v-iLo,  als  Substantiv:  einer  andern 
gegenüberstehende  Schlachtordnung;  dann  mit  Infi- 
nitivbedeutung   =    ^]yo^  ^i>^,  Krieg  und  Kampf. 


238  Fleischer,  zu  RückerU  Orammaiik,  Poetik  u,  Hheknik  d.  IWter. 


m  ..    y  ^   o    > 


S.  287  Z.  2  .:^,^^  sehr.  J..^Ä/i. 

S.  295  Z.  4  V.  u,  «^»iÄ^"  sehr.  ^^ , 

S.  303  Z.  11    „  ^^^A^  sehr.    ^lO^. 

S.  307  Z.  7    ^Jnj>-"  sehr.  Jc>-,  organiseh  und  metrisch  noth- 

wendige  Verkürzung  statt  der  contradietio  in  adjecto  J^;   s.  den 

vorigen  Band  S.  577  Z.  8 — 11.  Von  Bezeichnung  der  Kürze  des 
Sylbenvocals  durch  graphische  Verdopplung  des  einfach 
auszusprechenden  Schlussconsonanten  wie  bei  uns  Ball, 
Mann,  wissen  die  Morgenländer  nichts,  und  wenn  selbst  in  orien- 
talischen Handschriften  hier  und  da  dergleichen  vorkonunt,  so  ge- 
hört dies  zu  derselben  durch  angebliches  etymologisches  oder 
exegetisches  Bedürfniss  nicht  zu  rechtfertigenden  Hinzufägung  un- 

gültiger  Lautzeichen,  nach  welcher  man  früher  auch  schrieb  ..y«»! 
j!,U5l  u.  s.  w.     S.  ZDMG  Bd.  XV,  S.  381—383. 

S.  314  Z.  2   ,J'J^^  sehr.  ^^jl. 

S.  317  Z.  11   „.ii3-"   sehr.  ^:ai> . 

S.  326  Z.  19  „iS*'  sehr.  Jo . 


O«  O  > 


S.  337  Z.  2  und  4  ,^  S  sehr.  _  ^ 

S.  344  Z.  5  ,.^l.«.,*-w_>— J^4^"  sehr.  v^L,,.^  — J^, 


C>«  O    «    O-o 


S.  347  1.  Z.  ,f«.,jpü|"  sehr.  «-.äJI. 


o  »  ,<j  i  u    ^  .  o 


S.  376  Z.  17   njiö\x^"   sehr.  jäoU^. 

^•oJc**  sehr.  ^^'jJ. 


S.  389  Z.  9   ,  Jij^*'  sehr.      " 


c)   Aenderungen   der  üebersetzung. 

S.  2  Z.  4  V.  u.  ^Au8  Wohlthat^  sehr.  Durch  die  Freigebig- 
keil,  nämlich  die  deinige.  —  Vorl.  Z.  „/cÄ"  sehr.  Atuh  ich, 

S.  3  Z.  1  „  Und  habe  ein  Exempel  ausgerechnet,  das^  u.  s.  w. 
sehr.  Und  habe  in  der  Rechenkunst  eine  Regel  (die  Anweisung 
zum  folgenden  Rechenkunststück)  aufgestellt  ^  die  u.  s.  w.  Ueber 
y  f-i ^\  ^  in  dieser  Bedeutung  s.  Lane. 

S.  3  Z.  5  und  6  y,Das  Ergebniss  dieser  Zahl  wird^  wie 
du  es  empfängsty  deinem  ncUürlichen  Leben  zu  Stalten  kommen* 


Fleueher,  m  RüekerU  Orammatiky  PoeUk  u.  lüietarik  d.  Perser.  239 

sehr.  Das  Ergebnias  derjenigen  ZaU^  welche  du  aufgreifst^  wird 
dir  als  Facü  deine  natürliche  Lebensdauer  liefern. 

S.  4  Z.  4  und  3  v.  u.   „6tn  Oesäme*"  sehr,  die  Raute, 
S.  6  Anm.  1  1.  Z.  ^Jener   Wind^  der  ^  wenn  er  nach  Indien 
hommt^  als  Sturmwind  kommt''    sehr.  Jener   Wind^  der^  wenn  er 
in  Indien  auftritt^  als  Sturmwind  auftritt. 

S.  21  Z.  1  ,Jt4ß  in  persischer  Sprache  das  Wort  fuhren'^ 
sehr,  die  persisch  sprechen;  denn  das  Wort  führen  ist  nach 
unserem  Sprachgebrauche  etwas  ande/es  als  das  allgemeinhin  reden, 

sprechen  bedeutende  ^Jul.  q.:^U*»,  eigentlich,  wie  *^i)ül  öU^, 

^§"5,  Worte  hinter  einander  her  gehen,  auf  einander  folgen  lassen. 

Dasselbe  ist  ^yCftif  cr^^^^  ^-  ^®^  ^*  '^^  ^^  j'  ^^'^  O^-^'  ^^^  *^*^' 
^^j   nicht  dem  ^  entspricht;    S.  390    Z.  5    ^8o  lange  man  mit 

Heilagruss  zu  sprechen  anhebt'^   sehr.  So  hnge  vom  Heilsgrusse 
die  Rede  sein  wird,  d.  h.  fär  alle  Zeiten.  —  Die  andere,  wie  nair 

scheint,  vorzuziehende  Lesart  JüüLiJj  (Abulfedae  Hist  anteislam. 

S.  122  Z.  12)    giebt  den   Sinn:    ,Die,    welche    persisch    sprechen, 
setzen  o  nicht  da,  wo  j    stehen    muss*^,    als    allgemein    nega- 
tiver Ausdruck    der  Regel,  welche  der  nächstfolgende  Vers  po- 
sitiv  im  Einzelnen   ausführt.     Ausser   der  Dresdener  Handschrift, 
aus  welcher  ich  jene  Anmerkung   zur  Hist.  anteislam.  genommen 

habe,  giebt  auch  das  türkische  Burhftn-i  ka^i'  S.  ir  und  i^iJj^.3 
^JluU..  ed.  Splieth  S.    tl    die   letztere    Lesart,   dagegen   HK,   das 

persische  Burh.  kat-  S.  f  und  das  neue  Calcutt(ier  Farhang  i  Rashidi 
S.  1  die  erstere.  Enweri's  Verse  Anm.  2  sind  eine  geistreich  külme 
Ausnahme  von  der  Regel,  indem   das  feste  arabische  j  des  Stich- 

^d  Reimwort^s   jjj>-   die  weichen  persischen  o   der  drei  vorher- 

Jfehenden  Halbverse  zu  gleicher  Unveränderlichkeit  zwingt. 

S.  23  Z.  G  , Ferse"  sehr.  Fusssohle,  woraus  die  nothigen 
-^^^derungen    in    den    folgenden   Zeilen   sich    von    selbst    ergeben. 

(^^ss  ...bL»  oder  ..jUl^  auch  speciell  Ferse,  talon,  türk.  x^j'^t, 

»ödeute,  ist  ein  in  das  Zenker  sehe  Wörterbuch  übergegangener 
^^hum.) 

S.  27  Z.  6  und  ö  v.  u.     Die  Uebersetzung  „Wegwünschung" 

"^Ut  die  zehnte  Fonn  j'läaä-^^I   unter  die  Begriffsciasse  des  s-JLb 
Wufessal    S.  T.  Z.  2)   statt   unter  die  der  iü'uol    (ebendas.  Z.  6), 

e. 

Wodurch   ausgedrückt  wird,   dass  jemand  eine  Person  oder  Sache 


240    Fleischer,  zu  RückerU  Grammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  der  Perser, 

für  sich,  nach  seiner  Erfahrang,  seinem  Urtheile  oder  Gefühlef  so 
und  so  findet,  für  das  und  das  ansieht.  Das  Wort  bedeutet  dem- 
nach :    etwas  Juou  ^  d.  h.  imwahrscheinlich,  imglaublich,  undenkbar 

finden    oder   dafür   ansehen,   und   jLjLJC^t  ^\^   ist   dasjenige   und, 

welches  in  einem  elliptischen  Ausrufungssatze  zwei  unvereinbare 
Dinge  oder  Begriffe  nach  dem  Grundsatze  Opposita  juxta  se 
positamagis  elucescunt  mit  einander  zusanunenstellt ,  wie 
in  dem  angeführten  Verse :  ^men  u  inkär-i  4ardb  !^  Ich  und  dem 
Weintrinken  entsayen  ! 

S.  29  vorl.  Z.    y.Wenn*'    sehr,   seit  oder  seitdem,  wie  L»    mit 

folgendem  Präteritum  richtig  übersetzt  ist  S.  83  Z.  2  und  S.  215 
Z.  18.     Unzutreffende  Uebersetzungen  dieses  Li  sind  femer  indem 

S.  204  Z.  5,  bis  S.  210  Z.  10,  da  S.  212  Z.  5,  als  S.  332  Z.  7 
und  S.  356  Z.  10  v.  u.  —  U  mit  folgendem  Präsens:  ^^  fj  L», 
solange  (als)  du  häUst  oder  liaJUen  wirst,  ist  S.  139  Z.  7  über- 
setzt  mit   ,,wenn   du   hältst",   und  S.  300   1.  Z.   j>.  l  i  ^  ±  l  Li* , 

solange  ic/i  es  nicht  zerbreche  oder  zerbredien  werde,  mit  ^wenn 
ich  es  nicht  zerbräche'^.  —  S.  105  Z.  2  hat  die  Auffassung 
der  Conjunction   U  als  Präposition   das  richtige  VerstÄnd- 

niss  des  ganzen  Verses  verhindert :  „  Wir  wenden  uns  an  OoU 
um  ein  Traumbild  deines  Scfümheiis/nales,  (und  doch)  kommen 
wir  durch  das  Traumbild  von  dir  (nur)  in  einen  noch  verwirrteren 
Zustand*^  statt  (wörtlich):  Bei  Oott!  Seitdem  wir  das  Phon- 
tasiebild  deines  SdiÖnheitsmales  haben,  haben  wir  einen  über 
deine  Phantasie  hinaus  traurigen  Zustand,  d.  h.  Seitdem  die 
Vorstellung  von  deinem  Schönheitsmale  in  unserer  Einbildungs- 
kraft lebt,  sind  wir  in  einem  Zustande,  dessen  Traurigkeit  deine 
Einbildungskraft  sich  nicht  vorzustellen  vermag. 


>      <•  o^  > 


S.  36  Anm.  1.  j^  »^^  l5^  ^^,  ^®  *^^-  ^^'  ^^  C5'J^^'  ^j 

••         ^        ^  ^ 

gewöhnlich   zusammengezogen  in   ^1^,  ^^JuJ^,    was   wird   es 

sein?  was  wäre  es,  würde  es  sein?  ist  durchgängig 
negative  Frage  im  Sinne  von:  was  wird,  unirde  es  verschlagen 
oder  schaden?  qu  ^y  aura-t-il,  y  aurait-il  de  mal?  Durch  eine 
Ai-t  von  Litotes  hat  aber  das  damit  gemeinte  es  wirdy  würde 
nichts  schaden  (wie  diese  Redensart  auch  bei  uns)  den  entgegen- 
gesetzten Sinn    erhalten:    es    wird ^    würde  recht  gut,    erwünscht 

ftein  u.  dgl.,  tmd  leitet  mit  folgendem  »S  oder  ^^t  ^   ß  bescheidene 

Vorschläge  und  Anträge,  Wünsche,  Bitten  und  Aufforderungen  ein, 
auch  Aufforderungen ,  die  man  gewissermassen  an  sich  selbst 
richtet;  daher  Meninski's  ^libenter  faciam  aut  exequar  mandata*^ 
in  der  Erklärung  von  ^^ ,     Der  hier  angeführte  Vers  Sa^dfs  steht 


Fkiächer,  »u  RückerU  Grrammatik,  Poetik  u,  Rhetorik  der  Perter.  241 
in  Grafs  Ausgabe  des  Bost&n  S.  IIa  Z.  6.     Dem  Sinne  nach  ent- 


oS     « 


sprechend  ist  das  arabische    ..t  «yto  U,    J  »./i?  U,    was  schadet 
es  thm^  dass  — ,   vhis  unirde  es  ihm  schaden^  wenn  — ,      \J'  L^ 


j^  tt,-4to,   was  hätte  es  ihm  geschuldet,  wenn  — ;   s.  Makkari  I, 

S.  Iv  Z.  22,    S.  öl  Z.  5    (1.    an    beiden    Stellen    ^^    st.   ^Lö), 

Mutanabbl,    ed.  Dieterici,    S.  rw  Z.  7,  Kamil,    ed.  Wright,  S.  Tva 
Z.   11,  Ihn  al-Atlr,  X,  S.  \Y.  Z.  15. 

S.  40  Z.  10    „hervor*^   sehr,  zurück,   rückwärts;   wiederum; 

S.   41    Z.    7    „Emolument**    »Jc-jLs  (»JljLj),    sehr,    nach 

unserem  Sprachgebrauche :  nützliche  Notiz,  lehrreiche  Be- 
merkung,  wie   man  eine  lehrreiche  Schrift,   un  livre  instructif, 

von  demselben  Verbalstamme  sXjJla  v-jLä5    nennt. 

•  •  • 

S.  41  Z.   16    ^Nachtflügd^   (als    wörtliche  Uebersetizung  von 

j-jcwÄ  =  --J  v^.^«;i ,  Fledermaus)  sehr.  Nachtfiteger  (d.  h.  in  der 

Nacht  fliegendes  Thier,  wie  bei  uns,  obschon  in  anderer  Bedeutung, 
Nacktfalter)j  Nachtgefiügd.;  denn  der  zweite  Theil  dieser  Zusammen- 

Setzung   ist   nicht  das  Substantivum  ^^  Flügel,    sondern  das  mit 
der  Verbalwurzel   gleichlautende    einfachste   concrete  Verbalnomen 

von   .Juj,  fliegen,  in  der  Bedeutung  von  »Jü-i;    s.  meine  pers. 
Grammatik,  S.  45  Z.  1  ff. 

S.  43   Z.    17 — 19    ,ou  fjit-s,    ^   Ausfeger,   Staubkehrer 

dei  Windes".     Allerdings  haben  die  Ferräsche  oder  Kammerdiener 
neben  ihrem  namengebenden  Hauptgeschäfte,    dem  Auflegen,  Rei- 

nigen,  Ausklopfen  u.  s.  w.  der  jji.*^,  Teppiche  und  Matten,  auch 

das  Ausfegen   und  Auskehren   der  Zimmer   zu   besorgen;    aber  in 
der  Einleitung  des  Gulistan,  woher  dieser  Ausdruck  genonunen  ist, 

^  der  Ostwind,    LJo  ob     nicht   als  Ausfeger   oder  Auskehrer, 
wndem  wirklich  als  strator,  argviTtjg^  Teppichirreiter  dargestellt; 

fc'dl  sagt   dort   von    Gott:    qjoI^;  uä-3  Ij  ^xft^  t^Loo  ob  jäG 

*>;JU^     6r   Ao^  cfewi    Teppichbreiter   des    Ostwindes   (dem    Ost- 
Bd,  XXXU.  16 


242  Fleischer,  zu  Rüekerts  Orammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  der  Pereer. 

winde  als  Teppichbreiter)  geheissen^  den  smaragdgrünen  Teppich 
(die  Gras-  und  Pflanzendecke  über  die  Erde)  zu  breiten, 

S.  43  Z.  22    „eine  wirkliche  Aussage  des  oLaü*  vom  v-juü* 

Kfl\  **  sehr.  Ausdruck  eines  wirklichen  oder  eigentlichen  Angehörig- 
keitsverhältnisses  des  oL^i«  zu  dem  ^t  \Jju:aA. 

S.  44  Anm.  1  „eine  Qualificirung  (ein  Adjectiv)  im  Zustande 
eines  Qualificirten**  (als  üebersetzung  von  vJ*aö^  «3'>-^^  si^^äao) 
fasst  v-j  in  JL^  als  gleichbedeutend  mit  .j  ^  arab.  ^j ;  aber  jL5=u 
ist,  nach  dem  Kunstausdrucke,  nicht  ij.^  oder  ju^  o«JtA*o.  sondern 
isJbo    oder   w  v3ytft^:  v-j   in   der  Bedeutung   des  arab.  v^  in  kaj^d^ 

p  ^^ü,    er   hat   ihn    durch    etwas    qualificirt,    d.  h.  es  ihm  als 

Qualität  beigelegt  Also  wörtlich:  Qualificirung  durch  die  Be- 
schaffenheit eines  (andern)  Qualificirten ,  d.  h.  Qualificirung  eines 
Substantivums    durch    Qualificirung   eines   diesem   untergeordneten 

zweiten  Substantivums,  z.  B.  ^.  u^^  O-^,  arab.  x>^l  ry**»^  J^-^' 

oder  i.^^^  o^^j  ^"^r^P'  o^*^  ^'  ^*  ^*'  ^*  ^®  ^*^^'  ^^"  ^'  ^' 
S.  197—201,  §  330—332.  J;ys>  und  q.--.5>  sind  dem  Sinne 
nach  Qualificirungen  von  ^    und  *j>.^  ==  vi>w«Moi^3-  jii-J»^  i^  c5^j^ » 

.yjw^>.  i4->5  ^^^^  J^-^l ;    ^    Verbindung    mit    dem    von    ihnen 

Qualificirten  aber  qualificiren  sie  das  übergeordnete  j^  und  Jc>.  Jl . 

S.  44  Z.  11  ^ein  schönanüitziger  Mann*^  sehr,  der  sc/iön- 
antlitzige  Mann, 

S.  46  1.  Z.  y,  Habicht*^  sehr.  Sperber^  ^pervier, 
S.  47  Z.  19  y^Trauht^  :,  ist  zunächst  Weinstode  in  generischer 
und  coUectiver  Bedeutung,  und    Weinrebenpflanzung ^   Weingarten^ 
wie  arab.  ^S\  dann    WeintrauAe,  ebenfalls  generisch  und  collectiv. 

Vgl.  die  Berichtigung  von  Freytag's  Angaben  über  *  j    in  Juynboll's 

Lex.   geographicum,    T.   VI,   S.    66.   —   Die   Bedeutung   von 


D' 


Kleid*^,  ist  mir  unbekannt.     Statt   ,b    sehr.    ^ 


S.  48  Z.  18  ^das  Wandebi*^  für  ,»t.i>,  näher  zu  bestimmen: 
BtoUsea^  feierliches  Einherschreiten  mit  Hin-  und  Herwiegen  des 


FUueher,  zu  Rüekerts  Grammatik,  Poetik  v.  Rhetorik  der  Perser.  243 

Körpers }  wie  ÄiUji?  «-^|->  S.  77  Z.  4  übersetzt  ist  ^wandelte 
feierlich  zierhaft^, 

S.  50  Z.  18  „v>J"  wo  oder  ^^J.i  ,  er  machte^,  —  hier  aus- 
schliesslich in  der  Bedeutung  von  würde  mcu:hen^  faceret  (be- 
ziehungsweise auch :  hätte  gemac/U^  würde  gemcLcht  haien^  fecüseff 
wie  S.  67  Z.  1  und  2),    als  modus  hypotheticus,  verschieden  von 


o  »  o  « 


dem  in  dieser  Aufzählung  fehlenden  ^S    ^  oder  i^^S^  er  machte, 

o     o 

fadelKU,  als  imperfectum  historicum  im  Indicativ,  ^^^^X^\  s  ^U 

oder    ^jtoU  jl>-    genannt;    s.    S.    36    Z,    12  ff.    und    meine    pers. 

Grammatik   S.  237    unter      -^sU.      Ebenso   ist   JuXa^  hjS    oder 

tcJcÄ  »J-T   1.  Z.  zu   übersetzen:    er  toürde  gemacht  werden,   be- 
ziehungsweise: er  toürde  gemacht  worden  sein, 
S.  54  Z.  14  „Leberi*^  sehr,  lebend. 

S.    58   Anm.    1.    ojs^    als   Kunstwort    der   Poetik    ist    her- 

IM  

genommen  von  BjJo»^  iüJü ,  eine  Kamelin,  deren  Zitzen  durch  den 

Druck  des   «t-o,  —  eines  fest  über  das  Euter  gelegten  Verbandes, 

durch  welchen  das  Junge  am  Saugen  verhindert  wird,  —  wie 
abgeschnitten    (HJ^lX^)  sind;    s.  Mu^iit  al-Mufeit  S.  m  Sp.  2 

Z.  23,  und  daselbst  Z.  22  die  auch  vom  Calcuttaer  Dictionary  of 
the  technical  terms  S.  \T  gegebene  bildliche  Bedeutung:  jjJuy^aÄJl 

Li^  N.,^y^A^*  ^  pJl  eine  ^ö^^^^g»  von  welcher  der  Dichter  den 
lyrisch- erotischen  Eingang  gleichsam  abgeschnitten,  d.  h.  weg- 
gelassen  hat,  womit  natürlich  auch  der  ,j«aJL<^*,  d.  h.  der  Ueber- 

gang  von  dieser  Einleitung  zum  Lobgedichte,  von  selbst  wegfällt. 
Eine  l^lde    dagegen   mit   dieser  Einleitung,   aber   ohne  Ueber- 

gang  von  ihr  zum  Hauptgegenstande,  heisst  ^..^A^aÄiu;  s.  Mehre n's 

Rhetorik  der  Araber  S.  145  Z.  8  v.  u.  und  das  genannte  Dictionary 

"  .  •••       * 

8.    IUI     Z.    15:     s3^_A-.)    ,j.aJL^J    »^J   ^S   OJ<JjS  \j  »cXuuaä  y^^AjCaXÄA 

^n^ta^ab  nennt  man  eine  Kaside,  in  der  kein  ta^allus  ist*",  wahr- 
leheinlich  in  ähnlicher  Weise,  wie  JwXjpu  von  öJJl:^^   iviJ,   her- 

16* 


244  FleMcher^  zu  Rückerts  Grammatik^  Poetik  u.  Rhetorik  der  Pereer, 

genommen   von   'i^cüjiSLA  *i3Ü,   wörtlich,    mit   einem   von  Pflanzen 

entlehnten  Bilde:  eine  vorzeitig  abgeschnittene,  d.  h.  ohne  Ab- 
richtung und  Einübung  zum  Reiten  gebrauchte  Kamelin.  Anders 
jedoch  wendet  den  Begriff  des  Abschneidens  in  diesem  Kunstworte 

der  türkische  !^&mü.s:    ^oLoÄdt   in   der  Poetik   drückt  aus,    dass 

der  Dichter  den  te^bib  von  seiner  Kaside  abschneidet   (»Joucaä 

oi^Jul  ^laä     ^-*-^>Jiö  ..,J<^^) ,    d.    h.   nicht    damit    verbindet    und 

ohne  Weiteres  zu  seinem  eigentlichen  Gegenstande,  dem  Lobe  des 
zu  Verherrlichenden,    übergeht     Passender  und  gefälliger  aber  ist 

es,   diesen  Uebergang   mit   ,j,aJL^'  i^y-^-   zu  bewirken*,  d.  h.   so, 

dass  man  das  Ende  des  Eingangs  durch  eine  geschickte  Gedanken- 
wendung zum  Anfange  des  Lobgedichtes  überleitet. 

S.  62  Z.  22  „7n  der  WaUfahriazeit  ist  die  Wallfahrt  auch 
nur  am  Toä)  um  das  heilige  Haus*^  sehr,  das  Wallfahrten  zu 
dem  Heüigthume  (der  Ka^ba)  erfolgt  bei  Tage,  und  ebenso  von 
dem  heütgen  Hause  hinweg ,  d.  h.  der  Wallfahrer  ist  verpflichtet, 
seinen  Einzug  in  Mekka  und  den  gleich  dai'auf  folgenden  Besuch 
der  Ka*ba  bei  Tage  zu  bewerkstelligen,  und  ebenso  seinen 
Wegzug. 

S.  62  Z.  27  ^des  Horizonts"^  nach  dem  Texte:  der  Horizonte, 
d.  h.  der  Erdgegenden,  insofern  jede  ihren  besondem  Horizont 
oder  Gesichtskreis  hat 

S.  63  Z.  3  y^tk)  ist  dein  Oebot  minder  als  meines^  und  so 
bist  du  minder  als  ich^  sehr.  Deshalb  ist  die  Zahl  deiner  (der 
in  dir  zu  verrichtenden)  Oebete  geringer  (als  die  der  meinigen), 
weü  du  selbst  geringer  bist  als  ich.     Auch  S.  70  Z.  17  ist  das 

mit  »S    ..t;    gleichbedeutende  ^5^  LäjI   ;t     übersetzt:    ^8o   dctss^ 

statt:   Desshalb  weil  oder  Darum  dass, 

S.  66  Z.  10    y^Da  vom  Morgenwind  mein  Herz  hatte  deinen 

Duft   ergriffen*'    sehr.   Da   mein   Herz  durch   den   Morgenwind 

Witterung  von  dir  bekommen  hatte.     Das  freilich  nicht  eben  zarte 

Bild    ist    von    der  Jagd    und    zunächst  von    dem  Jagdhunde   her- 

genonunen,  dem  der  Wind  die  Witterung  des  Wildes  zuführt. 

S.  70  vorl.  und  1.  Z.  Genau  nach  dem  Texte  (S.  68  vorl. 
und  1.  Z.)  im  Allgemeinen,  ohne  Beziehung  auf  den  Propheten: 
„  Wie  es  möglich  sei,  jenen  langen  Weg  —  hin  und  zurück  zu 
machen*^. 

S.  71  Z.  2  Unter  ^rohen  Gelüsten*^  schlechthin  verstehen  wir 

doch  etwas  Anderes  als  was  der  Dichter  hier  durch  ^L>-  15 tj*^ 
und  das   gleichbedeutende  LJj«:>U   S.  70   Z.  6    —   Synkope   von 

IaL^^U,  fiÜLayx^Xla    —    ausdrücken   will;     etwa:    unlauteres 


-ä.^:. 


Fleueher,  zu  Rüekerta  (Grammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  der  Perser.  245 

Wüsensgelüst  Denn  die  schwarze  Galle  ist  nach  der  morgen- 
l&ndischen  Temperamentenlehre  die  QueUe  jeder  übermässigen,  un- 
geregelten und  ausschweifenden  Begierde,  —  ebenso  leidenschaft- 
licher Liebe .  und  Habsucht ,  wie  faustischer  Gier  nach  höherer 
Erkenntniss. 

S.  71  Z.  3  y^Etwa  um  eine  Frükstückszeü'^  u.  s.  w.     Dieses 
^etwa*   würde  nach   unserem  Sprachgebrauche    die   Zeitangabe   zu 

einer  bloss  ungefähren,  annähernden  machen,  wogegen  JU  in  solcher 
Verbindung,  wie  hier,   im  Anfange  von  Erzählungen  und  bei  Ein- 


*    •• 


tritt  von  Incidenzpunkten  Lsläj!  ,  forte  ^  par  hazard^  zufäUiif  be- 

deutet,  etwas  breiter:  forte  accidit  ut  — ^  es  traf  sich  einmal 
dass  — . 

S.  71  Z.  8  „«Vi  einei'  Stadt''  sehr,  in  der  Stadt  ^  nämlich  in 
welcher  er  wohnte. 

S.  71  Z.  22  „  Vom  Haupt  nahm  er  den  Helm  seines  Trotzes*^ 

als  üebersetzung   von   ^Ji^l^^  (»L^^l  y^  w^y  o3-L^  j^  )>   ^'  ^* 

wörtlich:  ^Aus  dein  Kopfe  {heraus)  schaffte  er  das  Fahrenlassen 
seiner  Endbestimmung*^    d.  h.    er   entschlug   sich   der  fahrlässigen 


o« 


Preisgebung  des    ewigen  Lebens,    arab.   2üC*i^  s^J^   glaubte   nun 

also  an  die  vorher  bezweifelte  nächtliche  Himmelfahrt  des  Propheten, 
um  nicht  durch  hartnäckigen  Unglauben  die  ewige  Seligkeit  zu 
verlieren. 

S.  74  Z.  4    ,&  hat  es  Grund^    sehr.   So  tritt  der  Fall  ein. 

S.  74  Z.  5  ^Da  ich  kein  Zeichen  für  mich  in  Bereitschaft 
hohe*"   genauer:    Ohne  ein  Zeidien  für  mich  zubereitet  zu  haben. 

S.  74  Z.  12  j^Fr  machte  sich  an  ihn,  als  er  ein  Stückchen 
schlief*^  sehr.  Er  (der  lose  Vogel)  ging  ihm  (dem  Kurden)  auf 
dem  Fasse  nach^  bis  dieser  sich  an  einem  Orte  niederlegte  und 

einschlief     OLÄsi  ^j-^-o   .J  arab.  xjüfi  Jl  iü^  , 

S.  14t  Z.  15  und  16  y^sah  den  Kürbiss,  dessen  Schenkel  an 
den  Fuss  eines  Mannes  gebunden  war'^    sehr,   sah  den  Kürbiss 

an  den  Fuss  eines  Menschen  neben  ihm  gebunden.     »I  ^JL^  arab. 

9  ^  O    * 


,  präpositioneller  Oi*tsaccusativ  mit  Genetivanziehung ;  s.  meine 

pers.  Grammatik  S.  82  Z.  12. 

S.  74  Z.  18  ^in    Veiwirrung  über  mein  Ding^  ^Ji^^yz>  }i  .:> 

arab.  ic-^l  J.,  im  Allgemeinen:  übei'  das  mich  Angehende^  meine 
Angelegenheit,  d.  h.  hier:    über   meine  Persönlichkeit^   über   mich 


selbst.      }S  und  ^«1  sind  in  solcher  Verbindung  oft  kaum  wörtlich 


246  FUUcher,  zu  RüekerU  GrammaÜk,  Poetik  u.  Rhetorik  der  Permr. 

übersetzbar,  und  besonders  ^Drng*^  ist  viel  zu  concret  för  diesen 
abstracten  Begriff. 

S.  80  Z.  11  ^Am  Ende  seines  Tisches  sind  nach  Oasies- 
weise  Stier^  Fisch*  n.  s.  w.  sehr.  Auf  seinem  Tische  siehn  für 
den  Oast  Rind^  Fisch  u.  s.  w.,  nämlich  als  Gerichte  aufgetragen. 

WM  ^  ist  gewöhnlich  nur  ein  verstärktes  ^,   arab.     JLc^   im  neueren 

Gebrauche  auch  bloss  ^^  als  pillpositioneller  Ortsaccusativ ;  s.  meine 

pers.  Grammatik  S.  82  vorl.  und  1.  Z.  und  vgl.  S.  102  Z.  12  mit 
der  Uebersetzung  8.  103  Z.  12. 

S.  80  Z.  16  ^Leyer"^  und  S.  108  Z.  6  ^LauU''  sehr.  Harfe-, 
denn  mit  diesem  europäischen  Instrumente  hat  der  persische  ceng 
wenigstens  die  grösste  Aehnlichkeit;  s.  die  Abbildung  davon  in 
Lane's  englischer  Uebersetzung  der  Tausend  und  Einen  Nacht, 
Bd.  I  S.  228. 

S.  81  Anm.  3.  De  Sacy's  „zu  deinen  Füssen*  ist  die 
richtige  Uebersetzung  von  jj  ^^L>    j;   vgl.  S.  85  1.  Z.  mit  S.  86 

Z.  9,  wo  Rück  er  t  selbst  so  übersetzt.  Mit  sinngemässer  Wort- 
stellung also  ist  Z.  9  zu  schreiben:  Ausser  darnach^  dass  ich 
meine  Seele  zu  deinen  Füssen  hinstreue.  Vgl.  den  vorigen  Jahr- 
gang S.  564  Z.  7  flg.;   nur  dass  hier  statt  des  arab.  Jo  das  pers. 


o      «. 


^JoUiit  steht.    „Auf  deiner  Spur*  wäre  y»  s^  y  oder  vi>yo  j3. 

S.  84    Z.  17.     Die  Frage:   „Was  für   ein  Schmerzbehafteter 
bist  du  ?"  würde,  wie  das  folgende    ^mS  ä5>-  „was  für  ein  welcher  ?* 


auf  die  Beschaffenheit  gehen,  wogegen  das  JjS  des  Textes 

nach  einer  Person,  einem  Individuum  unter  zweien  oder 
mehreren  fragt.  Daher  ist  zu  übersetzen:  „welcher  Schmerz- 
behaftete  bist  du?*  nämlich  unter  den  Hunderten,  die  der  Fragende 
dem  zweiten  Halbverse   zufolge  gefangen  hält.     Uebereinstimmend 

damit  der  Zusatz:  v^^w«»^^    JS  vj  jS  ^Sage,  wie  heisst  du?* 

S.  84    Anm.   2.     Die  Auffassung  von  /*Ju^j>3   als   mein   Heü- 

mittel^  „die  Medicin  für  mich*,  ist  offenbar  die  vom  Dichter  selbst 

gewollte. 


S.  88    Anm.  1.     Da  beide,   ^jü   und   j^.j^\z>'^  indeterminirt 

sind,   so   ist   genauer  zu  übersetzen   „in  einem  Lustor^   und  „in 
einem  Feuerpfuhl*. 

S.  90  Z.  6  V.  u.  „dich  drehend  wie  der  Himmel*    sehr,  dem 


o  r 


Himmel  gleich  geworden ,    &ä^  in   derselben  Bedeutung  wie  im 


o.r 


sweiton  HaUrrerse.     »Dicä  drdiend*  wäre  ^biT. 


FieMker,  su  RiUkerU  Grammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  der  Ferser,  247 

S.  94  Z.  4  u.  5.     Der  Gegensatz  von  ^V.f  und  3»!  würde  in 

der  üebersetzung  schärfer  bezeichnet  sein  durch  zuerst  oder  anfangs 
statt  ^gleich  vom  Anfcmg'^y  und  durch  zuletzt  oder  schliesslich 
statt  «nttti*. 

S.  95    Z.  13    ^Der  Zarte  ist  der  Beste ^   über  den  Niemand 
seine  Seele  betrübt*^  sehr,  üs  ist  besser,  dass  Niemand  durch  den 

Schönheitsstolzen  Kränkung  erleide,  ry^\^  ^st  absoluter  No- 
minativ, .!  in  ^J"  das  darauf  zurückgehende  Pronomen,  ,^\  unser 
neutrales    das^   tS  in  ^j^  die    entsprechende    Conjunction    dass\ 

wörtlich :  Der  Schönheitsstolze  —  das  ist  besser,  dass  seinetwegen 
Niemand  Herzeleid  empfinde, 

S.  96  Z.  11  ^Kind  des  Messias^  sehr.  Diener  Christi,     Das 


,  i  « » 


durchaus  nicht  (s.  Annu  2)  anzutastende  .^^o  hat  auch,  wie     JCs, 

^  V  \^         ' 

Jl-Jj,    c^y    naig,  puer,  gargon,   Knappe  u.  s.  w.,    jene   Be- 

deutnng,  ohne  oder  mit  .ÜCäaX^-,  wie  im  Gazophylacium  linguae 
Persanim  S.  133:  „Garzone  servitore,  famulus,  gar9on,  valet: 
JJiXjiiJ^j^.  —  ^iJj  ß    bildet   mit   ^  ^^  ^  nicht   nur 

ein  paronomastisches  Laut-,  sondern  auch  ein  artiges  Sinnspiel, 
mit  Anspielung  auf  die  eigentliche  allgemeine  Bedeutung  von  L«J> ; 

ytoettn  du  auch  ein  Christ  {Gottes fürchtiger)  — furchts  am  — 
bist,  sollst  du  doch  furchtlos  zu  mir  kommen^, 

S.  96  Anm.  4  1.  Z.  ist  zu  streichen. 

8.  98  vorl.  und  1.  Z.  „Mir  fiel  mit  deinem  listvollen  Herzen 
ein  Geschäft  zu ;  geioorfen  haben  in  dieses  mein  Herz  deine  bei- 
den Granatblüthen  Feuer^,  Richtiger  Gedankenfortschritt  und  Zu- 
sanunenhang   kommt  erst  dadurch  in  die  beiden  Vershälften,  dass 

man  \S  nicht  aDgemein  als  Geschäft  fasst,  sondern  als  Streit, 
Kampf,  Treffen,  franz.  af faire,  action,  wie  in  den  damit  zn- 
sammengesetzten  jIX^j,    i\^^  ^-  s.  w.   „Ich  hatte  einen  Strauss 

mit  deinem  ränkevollen  Herzen;  da  warfen  deine  beiden  Granat- 
hUUhen  Feuer  in  dies  mein  Herz*^.  Durch  eine  Kriegslist  lässt 
«las  ränkevolle  Herz  die  beiden  Granatblüthen  (rothen  Wangen), 
gleichsam  als  Grenadiere  in  ursprünglicher  Bedeutung,  Brand- 
puiaten  in  das  Herz  des  Gegners  werfen. 

S.   99    Z.    12    „den   Funken    (der   ZerstörungY    sehr,    einen 
funkenregen;    demgemäss    sind    auch    „ein    Funken'^    und   j^dem 


248  Fleischer j  zu  Rückeri^  Grammatik^  Poetik  u.  Rhetorik  der 


Fufkken!^  S.  121  Z.  8  und  9  zu  Ändern.     Denn   \J^  ist  Collectiv- 

Singular,  Einheitsnomen  aber  H.t^.  Auch  bewirken  diese  sprühen- 
den Funken  nicht  die  „Zerstörung'^  der  Seele,  sondern  entzünden 
nur  in  ihr  ein  Liebes-  und  Sehnsuchtsfeuer. 


«o^ 


S.  101  Z.  11  und  12.     Die  üebersetzung  von  o^J  p     arab. 

Bj^l  ^j,  durch  ,«n  Reichthum^  fehlt  durch  zu  grosse  Wörtlich- 
keit; unser  Sprachgebrauch  verlangt  für  dieses  y^  in  Betreff  oder 

tVi  Anbetracht,  Der  Sinn  des  ganzen  Verses:  Wenn  durch  die 
Sonne  deiner  Huld  ein  einziges  Sonnenstäubchen  zu  mir  gelangt^ 
fühle  ich  mich  in  Anbetracht  des  (dadurch  erlangten)  Reichthuma 
von  der  Erde  zum  Siebengestim  emporgehoben. 

S.  103  Z.  4  und  5.     Das   in  ^    S.  102   Z.  3   enthaltene  tS 

ist  nicht  Relativ-,  sondern  Conjunctivpartikel :  „Da  (oder  Als)  dein 
Oegner  aus  prahlerischem  Uochmuth  immer  mehr  Lebensjahre 
begehrte^  zahlte  ihm  deine  Lanze  mit  scharfer  Spitze  Vernichtung 
aus".  (S.  oben  S.  162  d.  Anm.  zu  S.  102  Z.  3  und  4.)  Dieses 
xS"  steht  nie,   wie   unsere  ihm  entsprechenden  Conjunctionen ,    zu 

Anfang  des  Satzes,  sondern  immer  erst  nach  einem  oder  mehreren 
Worten,  wie  z.  B.  auch  S.  204  Z.  8*,  wo  die  Verkennung  seiner 
Bedeutung  weiter  zu  unrichtiger  Auffassung  der  zweiten  Person 
des  einfachen  Präteritums,  ^^öSö  7i.  9,  als  dritter  Person  des  Im- 

perfectiims    geführt    hat.      Jener    Vefs    bedeutet:    Indem    du  ein 

m 

Schönheitsmal  aus  Odlie  auf  deine  Wange  drücktest^  kündigtest 
du  (eben  dadurch)  dem  Monde  und  der  Sonne  einen  Herrlich' 
heitssieg  (über  sie  beide)  an. 

S.  103  Z.  8  „Sie  (meine  schwarze  Locke)  wird  durch  deinen 
Hof  Seide  nun^  ohne  Zeichen  spitzend"  sehr.  Es  (mein  schwarzes 
Haar)   ward  nun  durch  deinen  Hof  dienst  weisse^  umgemusterte^ 

flach   anliegende  Seide".     „ Ungemustert **  O^-^    tf^?  ^xdh.  Jlt  ^^ 

ohne  anderfarbiges  Abzeichen;  „flach  anliegend"  ^^yj^ij ,  arab.  Jccli, 

nicht,  wie  früher,  emporstehend  oder  gekräuselt. 

S.  103  Z.  13  „auf  diesem  Haar  von  solcher  Art  und  Weise". 

In  ^2^-yJ$-  o^^  l5^  J^  ^  bezieht  sich  qU:$-  ,    arab.  y3  lÄ^,    auf 

das  frühere  schwarze,   .-yjJ^,   arab.   tJc^,   auf  das   gegenwärtige 


weisse  Haar :  Erbarme  dich  über  ^Amtd,  der  an  deinen  Hof  hxm 
mit  schwarzer  Farbe  auf  einem  Hetäre  (damals)  von  jener ^  — 
{jetzt)  von  dieser  Beechaffenlieit, 


Fkischrr,  9u  Rüekerts  OrammaÜk,  Poetik  u.  Rhetorik  fler  Perser,    249 

S.  103  Anm.  5  „Statt:  aller*^  sehr.  Statt  aller, 

S.  104  Anm.  1    ^eine  Rede*^    sehr,  ein  Redestück  in  Prasüj 

^^e  auch  das  dem  .-»-^^U*  entsprechende  arab.  J^  vorzugsweise 
^o  gebraucht  wird ,  im  Gegensatze  zu  jt;i ;  s.  Kämil,  ed.  Wright, 
S.  V.A  Z.  3 :  JLiJt  ^  jLäJ  ^bÜÜI  j  '^  ^_j^ . 

S.  108  Z.  6  ,Zn  /itm/er  Stöhnen"  genauer:    Vor  lauter  Stöhnen. 

S.  108  Anm.  1.     Der  Dichter   hat  jedenfalls  ».Hai  und  nicht 

B.L^   im  Sinne   gehabt ,  und  Bückert   hätte   nur   nichts   gegen 

seine  eigene  Uebersetzung ,  »  Üäi  schreiben  sollen.     Das  Versmass 

an  sich  erlaubt  Beides.     Jenes  b  .ULi  ist  ein  neugebildetes  arabisches 

Wort,  welches  die  Perser,  ^•->\jiJl ,  nach  Bistani,  Muh.  al-Muh.  S.  t*,ii* 

Sp.  2,  Z.  5  und  6,  für  ^^'L^U  (j^Lj  Jl  j.  b^'t  ^  also  ganz  in  der 

hier  durch  den  Zusammenhang  geforderten  Bedeutung  gebrauchen. 

^,     ^  -A  mit  Genetivanziehung,  eigentlich  einem  Menschen  oder 

Thiere  auf  der  Ferse^  hinter  ihm  her\  weiter  in  Verfolgung  oder 
zur  Erlangung  von  etwas,  vor  Abstractbegriffen  imd  Infinitiven 
zum  Zwecke  von,  «u,  wegen  (causa^  nicht  propter),  um  zu^  immer 
mit    causa  finalis,   nie   mit   causa   efficiens.      Daher  S.  235  Z.  21 


O     "    o<«        «> 


und   22   ;äJt   »b^     -j  J  vA.^.^1  nJÜ   nicht   -Z>öm   Herrn   sei  Lob 

iiZ^er  Ac  Macht  und  den  Preis  des  Landesherm!  Ein  Juwel 
der  Hoheit  ist  aus  dein  Ocean  der  Gerechtigkeit  ans  Ufer  ge- 
kommen'^, sondern:  O Ott  Lob!  Zur  {Befestigung  der)  Macht  und 
Herrlichkeit  des  Landesherm  ist  die  Perle  der  Hoheit  u.  s.  w., 
d.  h.  der  Thronerbe  auf  die  Welt  gekommen.  Hiemach  ist  Anm.  2 
zu    ändern.     Ebenso   bedeutet   S.  267   Z.   3    y,wegen   des  Restes'^, 

^b    ^:    um  das   noch  fehlende  Uebrige,   die  Zahl  8,  hinzuzube- 

kommen. 

S.  109    Z.  11    y.Macht"   sehr.  Grösse.     (^ Deine  Macht  wäre 


iOf^jö,  nicht  o^^\3.) 

S.  109  1.  Z.  „So  wird  vor  seinem  engen  Mund  zur  Knospe 
vor  Scham  die  blühende  Rose*^  sehr,  im  entgegengesetzten  Sinne: 
8o  wird  die  (geschlossene)  Rosenknospe  aus  JScham  vor  seinem 
kleinen  Munde  zur  (erschlossenen)  Rose,  d.  h.  Da  die  Rosen- 
knospe   sieht,    dass  sie  in  einem  Schönheitswettstreite  mit  seinem 


250  Fleueher,  zu  RückerU  GrammaUk,  Poetäc  u.  RhOonk  der  Parmr. 

knospengleichen  Mündchen  unterliegen  müsste,  so  entzieht  sie  sich 
vor  Scham  darüber  dieser  Gefahr  dadurch,  dass  sie  ihren  Kelch 
gleich  ganz  ö&et. 

S.  110  Z.  9  und  10  ^deine  OerechUgkeü  die  reine  Milch 
des  Verlangens*  sehr,  deine  Rechtspflege  die  reinste  Liebe.  Z.  11 
^dein  Besuch  die  ersehnte  Ghmst*^  sehr,  dein  Oasibesuch  das 
höchste  Olück  (eig.  der  Vollerguss  des  Grewünschten). 

S.  111  Z.  2  „Reh''  generell  bestimmt:  Antilope,  speciell: 
Antilope  leucoryx\  s.  den  Commentar  zu  Beetzens  Reisen,  S.  496 
Z.  19  flg.  —  Z.  3  y^Blick^  richtig;  der  Perser  aber  übersetzt  Auge^ 

^tJi^^  wie  v_iJ3  anch  wirklich  oft  gebraucht  wird.  „Biene*  sehr. 
Bienenschwarm  oder  Bienen  im  Plural  und  ebenso  S.  116  Z.  14. 
Z.    4    „ein    Wurm*    sehr.    Hitze,    nach    dem    berichtigten     r-*-^ 

g,  110  L  Z. 

S.  113  Anm.  2.  Der  persische  Sprachgebrauch  lässt  nur 
Rückert's  erste  Uebersetzung  des  Halbverses  S.  112  Z.  16  zu: 
„Oott  sei  Dank,  cUiss  er  mir  so  (durch  den  Tod)  zu  Hülfe 
kommt  gegen  meinen  Schmerz*,  nicht :  „dass  (nur  wenigstens  noch) 

meine  Klage  vor  Schmerz  ergehet".  Denn  .^Ju^.  ist  stets  ge- 
langen, hinkommen,  nie  ergehen,  vorkommen,  ge- 
SC  heben.     ^^LJ,   arab.   4.;Lao,  ^.ao,  porj&og,   —  zunächst: 

den  Hülferuf  mit  Gegenruf  erwiedemd,  dann:  zu  Hülfe  kommend, 
Helfer,  —  zeigt  übrigens  klärlich,  dass  auch   ^Joy»*jjLo    (wovon 

S.  113  Z.  16  Ju«.  r^H-^)  ^^^  ^^  Zusammensetzung  ist  st 
.. . Juy»* .  SuJui ,  zu  Hälfe  kommen ,   wie  bei  H&fi^ ,  ed.  Brockh.,  11, 

S.  6  Z.  7:  jL^  Ju«.  vi^JtÄx;,   die  Liebe  kommt  dir  zu  Hülfe. 

S.  114  Z.  4  und  5  „Alles  im  Himmel*  dazu  wäre  der  Artikel 
v,i5UiJi    nöthig;   u5Üi   aber  ist  einer  der  sieben   Planetenhimmel, 

>     «  o    ^ 

und  die  hier  angeführten  beiden  Worte,  ohne  das  folgende  ..^j<=u.^>^ 

Sur.  21  V.  34,  bedeuten  an  und  für  sich:  Jedes  (der  beiden  Haupt- 
gestime, Sonne  und  Mond)  ist  an  einem  (besondem)  Himmel. 

S.  116  Z.  13  „Kunde*  sehr.  Verständniss.  „weise*  sehr. 
Gelehrter, 


S.    118    Z.   16   und    17    „wohl  bekomm' s!*    ^Od;^    ist  nach 
Sinn  und  Sprachgebrauch  unser  bravo!  wie   das  arab.  u>JUi^>>t, 


Heiseher,  zu  RüekerU  Grammaiikj  Poetik  u,  Rhetorik  der  Pernr»  251 

oO---^^'!  n.  s.  w.,  gtU  getnacht!  —  Das  Ausland  v.  J.  1855,  Nr.  38, 

8.  893:  „Der  König  (von  Audh)  riss  die  Augen  auf,  horchte,  und 
rief  Schabasch!  Schabasch!  (bravo!  bravo!)*  nämlich  um  einer 
Sftngerin  seinen  Beifall  zu  bezeigen. 

S.  119  Z.  8  y^Ende'^  ^^  Orund,  Gegensatz  zu  ^Haapt^  -^; 
sehr,  denmach:  der  Rede  Haupt-  und  Grundregel, 

S.  120    Z.    11    „ein  einziges  Mal*^   dies   wäre    »L-Xj;  nj.^S^'^ 

hingegen  ist  unser  mit  einem  Male, 

S.  123  Z.  1    Jbeaser"^   könnte   nach  unserem  Sprachgebrauche 
hier  nur  Adverbium  zu  y^sehe  ich^   sein:    je  vois  mieux";   aber 

,jü^",   schöner,   ist  Adjectivum:    Die  Sonne  deiner   Wange 

Tscheint  mir  nun,  da  dein  Wanaenflaum  wie  Staub  zwischen  sie 
und  mein  Auge  getreten  ist,  noch  schöner, 

S.  123  Z.  17  y,  Bildsäule''  sehr.  Puppe,  als  Liebkosungswort 

Bierbei  sei  bemerkt,  dass  alle  bei  Frey  tag  unter  >LolI  stehenden 


«  o  > 


Bedeutungen,  mit  Ausnahme  der  ersten,  der  Form  K^jJ  zuzutheilen 
sind,  wie  denn  auch  hier  Z.  15  vi>wuJ  zu  lesen  ist. 


S.  125  Anm.  1  Z.  14  „rfcm  Auge  einer  herzrauhenden  Schönen^ 
$chr.  dem  schönen  Auge  der  Herzräubertn   (des  Liebchens),  oder: 

Jem  schönen  herzräuberischen  Auge;   denn  ^y^  als   Hauptwort 

:u  nehmen  verbietet  der  Sprachgebrauch. 

S.    125    Z.    17.     Die    Uebersetzung:    „und   eine    Tasse    voll 


o  -  » 


^franspeise"^   entspricht   der  Lesart    .a^i^  s^\S  v^jo^    mit    Sub- 

jtantiv- Apposition,  wie  in  i^!^     jüi  vjo  u.  dgl.     Das  vom  Herrn 

^  o  ^  > 
Herausgeber  gewählte    Jt£.LA  ^15^  ,£5o»    aber  gestattet  die   durch 

ien  antithetischen  Parallelismus  mit  y^sechs  zarte  Brode'^  und  durch 
len  gefälligem  Sinn  empfohlene  Uebersetzung:  und  einen  safran- 
^cwbigen  (gelbrothen)   Becher    Wein;   denn  bekanntlich  heisst  nur 

1er  gefüllte  Becher  ^JN\S, 

S.  126  Anm.  1.     Dieses  ^  ist  wohl  die  durch  ihre  Lage  in 

«ler  grossen,  wasserreichen  und  fruchtbaren  Aue  (s.  Geogr.  d'Aboul- 
eda  par  Beinaud    et  de   Slane  S.  rf|)    zu   Viehzucht   und   Milch- 


••  > 


wirthschaft   vorzüglich   geeignete    Stadt   Kum    (arab.  ^)   im  per- 
dschen  Irak. 


252    FUMcher^  zti  Rüchevts  Orammatik,  PoeUk  n.  Rhetorik  der  Peraer, 

o 

S.  127  Z.  8   „JL^"  sehr.  ^L-  in  Genetiwerbindung  mit  dem 

folgenden  Eigennamen.  —  Z.  11  y^Judenkirsche*^  ist  doch  etwas 
ganz  Anderes'  als  das  S.  128  Amn.  1  riohtig  erklärte  Bädingän, 
d.  h.  Mdanzane^  franz.  mSlonghne^  volksthümlich  Paradiesapfel^ 
franz.  tomate. 

S.  127  Anm.  1.     Näher  liegt  die  Beziehung  des  ^t  auf  >JCä, 

Bauch i  Wenn  Linien  den  Bauch  füllen,  so  ist  das  Öewohn- 
heiissache  von  ihm,  gegen  die  sich  von  Seiten  eines  feinem  Ge- 
schmacks   nicht    wohl    streiten    lässt,    da    der   Geschmack    einmal 

verschieden  ist ;  oder,  liest  man  ^^y£>  als  vorausgestelltes  Prädieat : 

so  ist  das  eben  Oewohnheitssache. 

S.  128  Z.  1 — 2  „Lauter  Namen  für  Nudeln  oder  Maccaroni*, 

doch  nicht  fk^^^oL^  und  v-jUaä ,  Das  erste,  arabisirt  ^,iisaMyJJ^^  oder 
/  eJMiyjj^^  bedeutet  eine  kleine  Fleischpastete  (s.  Ell.  Bocthor 
unter  P&t6,  und  Cuche  S.  M  Sp.  1);  uJuLä  aber  ist  Singular- 
collectiv  von  iuLLä.  d.  h.  Schnitzel,  Fleischschnitzel. 

•  7 

S.  128  Z.  16  y,des  Preises  {Kaufpreises)^  sehr,  von  Oehädksel 
(hachts);  denn  das  entsprechende  Textwort  ist  nicht  das  arab.  >U^, 
sondern    das   türk.   n^^^  ^    k  y '  m  a ,    von   ,  iu^ ,    zerhacken ,    d.  h. 

klein  gehacktes  und  als  Füllsel  (farce)  in  verschiedene 
Arten  von  Gebäck  u.  s.  w.  eingeschlagenes  Fleisch. 

S.  128  Anm.  1  Z.  5    „gekocht"   sehr,  gebraten  oder  geröstet. 

S.  129  Z.  9  y,80  bist  du  Meister*^  vielmehr:  da  giebts  für 
dich  zu  thun, 

S.  130  Anm.  1.     ,4,^,  wie  im  Texte  zu  lesen  ist,  von  j,K4jiiS^ 

o 

arab.    -x^^iJj,  Kaschmir,  nui*  prosodisch  verschieden. 


S.  132  Z.  20  „oder  besser"  sehr,  richtig. 

S.  134  Z.  7,  S.  135  Z.  4,  S.  166  Z.  3  und  5  v.  u.,  S.  192 
Z.  10.  ^Barf"  nämlich  Wangenbart  (Backenbart),  wie  an  andern 
Stellen  genauer  übersetzt  ist. 

S.  135  Anm.  1.  Rückert  irrt  darin,  dass  er,  gegen  die 
Erklärung  der  Morgenländer  selbst,    den  Vergleichungspimkt  auch 


>o  ) 


bei   y^AAt*  in  die  Blätter  statt  in  die  Blüthen  verlegt    Sunbul 
als   secondum   comparationis   von  Lockenhaar  und  Wangenbart  ist 

,  Kj  * 

nicht  ^KroMsmninz/e^,   p^-^,    sondern    die   eigentliche    Uyacinthe 
mit  ihrem  den  Stengel  wie  krauslockiges  Haar  umgebenden  Blüthen- 


Fleischer^  zu  Rückerts  GrammaUk,  Poetik  u.  R/ietorik  der  Ferger.    253 

gewirr.  An  .^Läk»  J^-*-^,  Hyacmthen  und  Basilikum,  ist  nichts 
zu  ändern. 

S.  138  Z.  4  ^Meinen  Ädern  und  Fasern  ein  Gepräge  hauche 

> 
du  ein!*   als  ob   j^xj,   die  Auferweckungstrompete  des  Erzengels 

Isr&fil  (Sur.  6  V.  73  u.  s.  w.),  Plural  von  'ijyo  wäre.     Möglichst 

wörtlich  also :  In  meine  Adern  und  Fasern  blase  Auferioeckungs- 
trompeteV^  d.  h.  durch  Spenden  aus  diesem  Glase  oder  dieser 
Flasche  wecke  sie  zu  neuem  Leben! 

S.  138  Z.  7  ^diese  räthselhafte  Materie^  sehr,  diese  goldgleich 
gelätUerte  Substanz,    d.  h.   die    Substanz   der  Seele;    s.  die   letzte 

Bedeutung  von  iüJü  in  Mulj.  al-Muh.     Auf  ^^-JUj  ,  der  Eeinigung 

von  Schlacken  und  allem  Ausserwesentlichen,  Ungehörigen,  beruht 
auch  die  Vergleichung  mit  geläutertem  Gold. 

S.  138  Z.  12    „Zupf  ihn   am  Ohr  ^   sich  des  Outen  zu  be- 
ßeissigen*  —  eme    derartige   Mahnung    würde    bei    dem    y^Satan*, 

wenn  überhaupt  möglich,  wenig  helfen;  auch  kann  ^JiJ^yi  ;! 
nicht  bedeuten:  ^sick  zu  befleissigen*^,  ..AaJ^  d^^f  ^^®  Ohren 
reiben,  bedeutet,  ähnlich  wie  frotter  les  oreilles,  überhaupt  züchtigen, 
mit  Worten  und  Werken  strafen,  und    ..L*«^5>1  ^iJ^yi  ist  die  vom 

Dichter  gegen  die  Versuchungen  des  Teufels  zu  Habsucht,  Geiz  u.  s.  w. 
anempfohlene    Handlungsweise :     Strafe     ihn    durch    Fleiss     im 
Wohlthun. 

8.  141  1.  Z.   ^Nicht    ein  Stävichen   deines  Herzens   ist  bei 

rntTy  auf  einmcU  hast  du  den  Bund  gebrochen*^.     Wenn  »I^-JC-j 

S.  140  Z.  6  einen  neuen  Satz  anfinge,  so  würde  man  es  nur  mit 
einmal  in  prägnanter  Bedeutung  übersetzen  können,  wie  wir 
sagen:  „Du  hast  einmal  den  Bund  gebrochen",  d.  h.  ein-  für 
allemal.  Aber  dies  wäre  gegen  die  Analogie  aller  übrigen  Verse 
des  Gedichtes,  in  welchen  das  reimende  Anfangswort  der  zweiten 
Vershälfte   dem  Sinne   nach   regelmässig   zur   ersten  gehört.     Man 

verbinde    daher   jenes  »ijCj  mit  ui^^^-»^  und  übersetze:    Nicht  ein 

einziges  Mal  ist  ein  Stäubchen  deines  Herzens  bei  mir;  du  hast 
den  Bund  gebrochen. 

S.  142  Z.  19  und  20  ^Du  hast  den  Anfang  mit  mir  gemacht, 

zum  Ende  mach*  es  auch,  aber  gelind!^    Auch  hier  ist  <»L>  j 

«Is  Objectsaccusativ  zu  ^^^^    ^  im  ersten  Halbverse  zu  ziehen : 

QUich  anfangs  liessest  du    mich    das   Ende  sehen;    mag    es 
tun  kommen,  aber  gelind! 


254    FleUeher,  su  RüeherU  Grammatüe,  Poetik  u.  Rkeiorik  der  P^ntr. 

S.  142  Z.  22  ^doch  du  scherzest  mit  andern  als 
mir'^  der  allgemeinen  Bedeutung  von  ...ijl^  entsprechend:   doch 

du  schenkst  deine  Ounst  andern  als  mir. 

S.  142  Z.  31  ,So  mehre  mir  nicht  Schmerz  über  Schmen^ 
wortlich:  mehre  du  nicht  meinen  Schmerz  durch  unser n 
SchmerZy  d.  h.  mehre  nicht  den  Schmerz,  den  ich  mir  selbst  ohne 
dein  Zuthon  bereitet  habe,  durch  solchen,  an  dem  du  gemein- 
schaftlich mit  mir  schnld  wärest 

S.  148  Z.  7  ^  ParacUeseslusf"  sehr.  Paradiesesluft. 

S.  150  Z.  10  „0  du^  durch  dessen  Bede  erörtert  sind  die 
Koransverse   der  Tugend*  sehr.    0  du^  der   durch  seine   Worte 

Wundenoerke  von  Geisteskraft  ausgeführt  hat.  Ow^i  Zeichen 
und  Wunder,  hier  durchaus  nicht  in  specieller  Beziehung  auf  den 
Koran;  j^ ^  arab.  Julias,  KLucas,  hoch  ausgebildete  geistige  Be- 
gabung, hervorragendes  Talent,  gelehrte,  schöngeistige  oder  künst- 
lerische Virtuosität;  hier  nach  dem  Zusammenhange  rednerische 
oder  dichterische  Meisterschaft,  —  nur  nicht,  weder  hier  noch 
Z.  15,  ^Tugend*"  und  „Tugenden*"  im  moralischen  Sinne. 

S.  150  Z.  11  ^deine  Kunden*^  d.  h.  was  die  Geschichte  von 
dir  verkündet  oder  erzählt. 

S.  151  Z.  17  ^Macht  es  (d.  h.  sein  Ross)  am  Leib  einer 
Ameise  kein  Spitzchen  eines  Härchens  wund^.     Setzt  man,    wie 

das  vX> JS   des  Textes  verlangt,  an  die  Stelle  der  beiden  ersten  Worte 

Wirdy  so  gewinnt  dadurch  zugleich  der  Gedanke  an  Allgemeinheit 
und  Grossartigkeit:  Wohin  inuner  der  König  zieht,  da  ist  auch 
den  geringsten  Wesen  Sicherheit  gewährleistet,  nicht  nur  vor  den 
Hufen  seines  eigenen  Bosses ,  sondern  auch  vor  denen  seines 
Gefolges. 

S.  156  Z.  9    y/les  Königreichs*"  sehr,  der  Inniglichen  Würde 

oder  Macht.     Königreich  ist  si>0üL4^,  nicht  ,i5JLo. 

S.  164  Anm.  1.  Der  gordische  Knoten  in  Z.  2  und  3  löst 
sich  ohne  alle  Gewaltthat  von  selbst  durch  richtige  Lesung  und 
Erklärung : 


r^ji  Vj5  Vji  r-^i  y— ?a  /— ^ 

v^,  ist  Infinitiv  von  vj,  =  ^t*^,  nnd  \^^  =  pers.  ^.  wenig. 


m    >  O    ^ 


selten,   nach  dem  bekannten  Lehrsatze,    dass  \^.  —  in   dieser 
Hnnadit  im  Gegentheil  des  arab.  ^  —  durch  Abschwächung 


Plascker,  wu  RüeherU  Grammatik,  Föeiik  v.  Rhetorik  der  Pereer.    255 

der  nrsprfinglichen  Bedeatung  nach  überwiegendem  Sprachgebrauche 
nicht    .^ybüdJ     sondern  JwJLääL!  dient,   mit  andern  Worten:   nicht 

eine  relative  Vielheit  oder  Häufigkeit,  sondern  eine  relative  Wenig- 
keit oder  Seltenheit  ausdruckt.  Man  bemerke  auch  den  sich  auf 
diese  Weise  ergebenden  Vocalparallelismus  der  beiden  Glieder  der 
arabischen  Wortreihe  mit  zweimaligem  a  u  a. 

S.    166    Z.    4  V.  u.    »iVi    Verwirrung''   sehr,    ins    Verderben, 

• 

S.  175  Z.  19  ^auf  der  Lauer  stehen'^  sehr,  auf  die  Lauer 
siel/en;  das  hinzuzudenkende  Object  ist  das  im  Laufe  des  Verses 
zur  Vorandeutung  des  Schluss-  und  Reimwortes  vorausgeschickte 
Wort;  s.  Mehren's  Rhetorik  der  Araber  S.  102  und  S.  *11  in  den 

Anmerkungen  vorl.  Z.,  wo  Juo.^i  erklärt  wird  durch  w^J^  wucü 

i  ^j^t  vj,  den  Laurer  auf  den   Weg  stellen. 

S.  180  Amn.  2  zu  Ende.  Der  Vergleichungsgrund  (vgl.  den 
vorigen  Jahrgang  S.  564  Z.  27  flg.)  liegt  darin,  dass  die  Pistazie 
durch  die  aufgesprungene  innere  Schale  den  rothen  lambertsnuss- 
ähnlichen  Kern  durchscheinen  lässt,  wie  der  Mund  durch  die 
geöffneten  Lippen  das  rothe  Zahnfleisch. 

S.  180  Anm.  3.  Ohne  tiefer  liegende  Beziehung  dient  die 
Mandel  einfach  wegen  der  mandelähnlichen  Form  des  Auges  als 
Bild  far  dieses. 

S.  181  Z.  3  ^Orüsse''  sehr.  Nachrichten. 

S.  184  Z.  14  und  15.  Ohne  das  vom  Reime  geforderte 
Sinnesopfer:  Nicht  fand  ich,  o  ireÄ,  bei  der  Welt  Beständigkeit; 
nicht  fand  ich^  o  taeh,  bei  den  Schönen   Treue. 

S.  186  Z.  13  ^mache  nicht  von  trackner  Ascetik  Profession*^ 
genau:  gieb  nicht  (als  Mursid,   geistlicher  Führer,   deinen  Mu- 

riden,  Zöglingen)  zu  starrer  Ascetik  Anleitung.     Üeber  vdS^cixi» 

in  solcher  Verbindung   s.  meine  pers.  Granunatik  2.  Aufl.  S.  208. 

S.  186  Z.  17  und  19  ,£W«  nämlich  ^^^,  fr^mer  Esel, 

das  gewöhnliche  Schimpfwort  für  einen  albernen  Frömmler;  s.  eben- 
daselbst S.  208  und  209. 

S.  192  Z.  9  „flferi  BarV'  nämlich  den  spriessenden  Backenbart 
mit  der  leichten  Krümmung  seines  untern  Endes  nach  dem  Schön- 
heitsmale auf  der  Wange  hin,  wie  der  Ballschlägel  sich  mit  seinem 
Uauenartig   gekrümmten  untern  Ende  nach  dem  Balle  hin  richtet. 

S.  193  Z.  16    ^Er  ist  GoU  allein''  dies  wäre  lSJ>^^  iLTjP; 
wer  j^^t  xJÜ!  j^  ist  nach  den  einheimischen  Erklärem  entweder: 


256    Fleischer^  zu  Rückerts  Grrammatik,  Poetik  u.  Kkelorüc  der  Parter. 

So  tat 8:    OoU  ist  Einer ^  oder:    Er  (nach  dem  ihr  fragt)  tat  OoU, 
Einer,  sowohl  der  Zahl  als  dem  Wesen  nach. 


S.  199  Z.  9.     »v3«j   ist   nach   Burhän-i-gami*   unter  Anderem 


..U^l  'S  iuU^,  eine  Metonymie  för  Himmel,   gleichsam  der  die 

Oberwelt  verhüllende  Vorhang.  Statt  ,0  HimmeUcLdler  des  ZeUea 
der  LuaV"  wird  demnach  zu  übersetzen  sein:  ^O  Paradiesvogel 
der  Himmelsluft  des  Schönheitsstolzes"'  von  einem  Schönen,  der, 
wie  der  Paradiesvogel  nach  der  Volkssage  stets  in  den  Lüften 
schwebt,  sich  nie  aus  der  Aetherregion  seines  Schönheitsstolzes  zu 
Gemeinem  herablässt. 

S.  202    Z.  4  V.  u.    ^aus  guter   Meinung*^    Vi^-*^  *^;  j'j    •** 

rechter   Weise. 

S.  203  Z.  18  y^Wa^ser  und  Feuer  sind  deiner  Oemiithaart 
Söldlinge*'.  Zu  der  schon  im  vorigen  Jahrgange  S.  565  Z.  9  und  10 
gegebenen  üebersetzimg  dieser  Stelle  ist  nur  noch  erklärend  hin- 
zuzufügen, dass  der  Dichter  meint,  die  Gemüthsart  des  Gepriesenen 
vereinige  in  sich  die  entgegengesetzten  Eigenschaften  und  Kräfte 
des  Wassers  und  des  Feuers  in  so  idealer  Vollkonoonenheit ,  dass 
beide  Elemente  bei  ihm  noch  zu  lernen  hätten. 

S.    204    Z.    6    ^auf  deinen    Wangen''    ist    ein    willkürlicher 


o     <. 


Zusatz.  Die  angebliche  Bedeutung  von  jvA^J^.^  bei  Castle  und 
Meninski  „mystax  juvenum,  seu  lanugo  juvenilis,  qua  vestiuntur 
genae*^  ist  vielleicht  daraus  entstanden ,  dass  man  das  Ja-^, 
Strich,  Linie,  der  Originalwörterbücher  in  der  Erklärung  von 
^3wX J^ ,    Zauberkreis*),    irgendwie    aus    dem   Zusanunenhange 

herausgekommen,  als  selbstständige  Bedeutungsangabe  fasste.  Der 
Sinn  ist,  dass  der  angeredete  Schöne,  weil  Sandelholz  unter  ähn- 
lichen aromatischen  Substanzen  zu  zauberischen  Räucherungen  ge- 
braucht wird,  durch  Einreiben  seiner  Stirn  damit  eine  magische 
Operation  zur  Bezauberung  seiner  Liebhaber  eingeleitet  habe,  wie 
ein  Beschwörer  durch  Ziehen  des  magischen  Kreises  um  sich. 

S.  204  Anm.  2.      .  L:>-  -1    ist    einfach    von   Herzen,    d.h. 
gern,    oder,    wie    wir    gewöhnlich    mit  Verbindung  beider   Aus- 


O  «  b   «  O. 


„Mandal  und  Mandala  bt  der  Kreis  und  die  runde  Linie,  welche  die  Be- 
schwörer um  dch  ziehen  und  in  deren  Mitte  sitzend  sie  Gebete  and  Be- 
BchwOrangeii  recStirea.** 


Flaseber,  su  Rückerts  OrammaUk,  Poetik  u.  Rhetorik  der  Perser.    257 

o 

dracke  sagen,  von  Herzen  gern;   verstärkt  jj^    .  L>.  -A     türk. 

S.  206  Z.  4  Junges  Schuf'  Heber,  wie  S.  180  Z.  8,  JiiWj7e* 
Ghas^    oder    allgemein   junger    Triebe    woneben    aber  auch    das 

persische  oLi  als  Kandiaeucker  anklingt  und  mit  dem  vor- 
hergehenden y,Zucker'^  eine  Art  Oxymoron  bildet. 

S.  207  Z.  7  ^verklärt  von  Sann  und  Mond*"  sehr,  glänzender 
als  Sann'  und  Mond;  denn  die  Dichtersprache  erlaubt  den  Ge- 
brauch des  einfachen  At^ectivums  und  Adverbiums  ohne  angehängtes 

j'  in  Verbindung  mit  \\  zum  Ausdrucke  des  Comparativs  mit  als, 

wie   türkisch   ^^^  ^vXiJ^^  ^^\. 

S.  208  Anm.  1.  Vollkommen  einverstanden  mit  der  Be- 
richtigung und  Erklärung  des  Herrn  Herausgebers,  möchte  ich 
nur  mit  noch  etwas  engerem  Anschlüsse  an  die  Textworte  über- 
setzen: y>enn  auch  (von  der  andern  Seite)  dein  Üharakter  ein 
iSchweiastüchlein  ist  vor  dem  AntLüze  der  Bedürftigheit^  indem 
deine  Menschenfreundlichkeit  den  dürftigen  Bittstellern  gleichsam 
den  Angstschweiss  vom  Gesichte  abwischt. 

S.  208  Anm.  5.  y^  ist  hier  nicht  Zeit-,  sondern  Vergleichungs- 

partikel,  und  der  Halbvers  bildet  einen  einfachen  Comparativ- 
salz:  ^Ja  wohl,  wie  ein  Punkt  auf  dem  ^Äin  tausend  ist 
(d.  h.  ergiebt)**. 

S.  209  Z.  14.  Zur  Bestätigung  dessen,  was  oben  S.  229  Z.  9 
und  10  über'ix-»<»#   in  Beziehung   auf  Haarfarbe   gesagt  wurde,    und 

zum  Beweise,  dass  dieser  Sprachgebrauch  auch  im  gemeinen  Leben 
noch  jetzt  stattfindet,  diene  folgende  Stelle  aus  Morier's  trefflichen 
, Abenteuern  Qä^i  B^bä's  in  England",  deutsche  Uebers.  Leipz.  1828, 
1.  Th.  S.  73 :  „Seiner  Beschreibung  nach  war  sie  klein  von  Gestalt, 
besass  aber  Augen  von  einer  erstaunenden  Grösse  und  eine  so 
grünende  Gesichtsfarbe,  als  nur  inuner  die  berühmtesten  Schön- 
heiten von  Iran" ;  mit  der  Anmerkung  zu  grünende:  „Sebs 
oder  grün  ist  ein  Wort,  womit  man  in  Persien  eine  Brünette 
bezeichnet*. 

S.  212  Z.  2  y,beseligten  Oemüths'^  sehr,  gottgesegneten  Ver^ 
Standes.  —  Z.  5  „  Wird  kommen"  sehr,  kommt. 

S.  215    Z.    18    y^Zitrone^    sehr.  Pomeranze,  Orange,    s.    das 

Richtige    S.  219    Z.  13  und  14.  —    Das    „Doch''  zu   Anfang   der 

vorletzten  Zeile  ist  in    die  letzte   zu  setzen:    In  ihrer  Jahreszeit 

ist  süss  die  Frucht;    doch  wie  gäb's  Melonen  im   Winter? 

Bd.  XXXII.  17 


258  Fleueher^  zu  Rückerts  Grammatik,  Poetik  v.  Rhetorik  d,  Pereer. 

S.  216  Z.  16    ^Kortander'*^  jjX^^^',   die   bei  uns  Korinthen 

genannten  kleinen  Weintrauben  ohne  Kerne,    seien  sie  frisch  oder 
getrocknet. 

S.  216  Z.  21  ^Wenn  deine  Liebe  nicht  in  meinem  Haupte 
wäre*^  sehr.  Wenn  deine  Sonne  nicht  über  meinem  Haupte  stände^ 
d.  h.  wenn  du  mir  nicht  als  Sonne  deine  belebenden  Strahlen  zu- 
sendetest. 

S.  216  Z.  24  ^Du  aber  hast  in  deiner  Hand  nichts  als 
Milde  (Travhenf.     Der  Herr  Herausgeber   war   in   Anm.  4    der 


& , 


Wahrheit   schon   ganz   nahe.     Weder   kann   mS   in   j»_5     zerdehnt 

werden,  noch  dieses  zugleich  für  jenes  gelten,  um  so  weniger,  da 
die  ,T  rauben"  schon  S.  215  Z.  5  v.  u.  genannt  worden  sind. — 

j, J ,    später   gewöhnlich   in   Jb     erweicht,    ist  ursprünglich  ^^S 

(über   die   Lautveränderung   s.    oben    S.  42    Z.   10  flg.).    XQUfißtiy 

crambe.  arab.  ^^J    imd  >^^S . 

S.  216  LZ.  y^ÜMckerwiche^  sehr.  Zudcerei'hse ;  G azophylacium 
linguae  Persarum  S.  292:  „Pisello,  pisum,  cicer,  pois,    >j«äj". 

S.  217  Z.  1 — 4.     Verwechslung  von  Pastillen  mit  Pastete. 
LP-^,   pl-  u^'-',   nennt  man  alle  runden,  von  einer  flachen  Basis 

convex  aufsteigenden  Bäcker-,  Conditor-  und  Parfümerie-Waaren, 
besonders  auch  parfümirte  oder  ganz  aus  aromatischen  Substanzen 
gemachte   Wohlgeruchs  -  Pastillen ;    Gazophjlacium    1.    P.    S.    275: 

„Pastelletti  di  profumo,  pastilli  odorati,  pastilles  de  senteur,  (joiJil 

y^^j,s>.  «XÄ^  jy^'  ^'^^  U^jr^-   iO^".     ^Juaa  ^joJj    ist  ganz 

richtig  Sandelpastille ^  denn  die  Verschiedenheit  des  kurzen  Vocals 
vor  dem  Beimconsonanten  hindert  den  Beim  nicht;  s.  das  Ende 
der  Anm.  5  zu  S.  209  und  Anm.  1  zu  S.  217. 

S.  217  Z.  11  und  12  bilden  nicht,  wie  in  der  Uebersetzung, 
zwei  Sätze,    sondern   einen  Vordersatz   imd  Nachsatz,    von   denen 

jener  in  gewöhnlicher  Wortstellung  lauten  würde  ^^.Lj  jJ^   ,Lj  ^j\ 

li'     ^j.    0  Freundj  da  du  einmal  keine  Freundschaft  hältst, 

was  übst  du  soviel  Härte  und   Unrecht? 

S.  222   Z.  9    und    10   „Sonnenpriester*^   sehr.  Sonnenanbeter, 

(Oder  wollte  Bückert  durch  diese  üebersetzimg  von  Afüdb-perest 
vielleicht  eine  von  ihm  damals  vermutbete  Verwandtschaft  zwischen 
perest  und  Priester  andeuten?) 


Fleischer,  eu  RüekerU  Orammatik,  Poetik  u,  Rhetorik  d.  Perser.    259 


«     o    « 


S.  224  Z.  4.  Die  Form  ^Jo.a.Ä^''  steht,  gegen  die  all- 
gemein gehaltene  Bemerkung  S.  XIX  Z.  18,  schon  in  der  ersten 
Aufl.  meiner  persischen  Grammatik  S.  10. 


>  j 


S.  224  Anm.  3.,   ^^^  in  politischem  Sinne  ist  =    .^  — ^t^ 

^lLJLJ;  Kj^LL    oder    ^.^LLiJLJl  ^  ^•.^    (s.    die    2.    Bed.    bei 

Frey  tag),    die  Handlung   eines  Rebellen,      ^«>..Li>,    welcher  der 

bestehenden  Regierung   den  Gehorsam    aufkündigt,   sich  gegen  sie 
empört  oder  selbst  als  Kronprätendent  auftritt. 

S.  226  Anm.  1.  oOau«  ist  speciell  die  ewige  Seligkeit, 
—  hier  die  Gelangung  zu  derselben  durch  den  Tod,  —  das  Gegen- 
theil  davon  cu^liu:.  die  ewige  Verdammniss:  s.  Ali's  hundert 

Sprüche  S.  84  Nr.  258. 

S.  228   Anm.  5.     Zu    dieser   richtigen  Erklärung   von    .LJLJ 

^- 1*^    niir  die  Bemerkung,  dass  nach  islamischer  Vorstellung  nicht 

der  im  Grabe  liegende  Hasan,  sondern  Gott  selbst  als  derjenige 
zu  denken  ist,  welcher  die  himmlischen  Gnadengaben  über  das 
Grab  und  dessen  Besucher  ausstreut. 

S.  230    Z.  9  flg.     Der  Vf.    des  HK.    scheint   iL  Z.  1  als  Zu- 
sammensetzimg   von    J:?  =  9   und   \  =   1    genommen    zu   haben; 

aber  wie  soll  die  Zahl  10  nach  ihm  aus  jenem  ^  -1  .^i^  heraus- 
gefunden werden? 

S.  234  Z.  15  ^Einsichtig  in  der  OuUhat  der    Welt^  undeut- 
lich für:  sich  darauf  verstehend,  der    Welt  woMzuthun. 

S.  237  Z.   17    ^Jedes  einzelne^   mögest  du  suchen   aus  ihm 

ein    Meereskleinod  gedoppelt*^.     Das    Einheitsnomen     ^^y^j    von 

Rück  er  t  für  Ay^-  von  ^j;j^z>-  angesehen,  bildet  den  Gegen- 
satz zu     ^Jtj.J:   Ein  jedes  (B&ii)  ein  Strom ^  dessen  Sinngehalt 

ein  zweifaches  Meer  ist,  h3rperbolisches  Bild  für  dich- 
terische Gedankenfülle. 

S.  239  Z.  5    y,die  Forschung'^    sehr.  Keifi,  als  Dichtemame 

S.  240  Z.  18  ^VermtU/iung^  sehr.  Einbildung;  der  Sinn: 
Möge  das  Glücksgestim  seines  Feindes  immer  so  winzig  sein  und 

17* 


260  Fläseher,  zu  Rückerts  OrammaUk,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Pentr. 

bleiben,  dass  man  sich  nicht  einmal  einbilden  kann,  es  zu  sehen. 
Ebenso  ist  Z.  16  ^y^yA  ^Jaiü  der  eingebildete,  imaginäre, 

d.  h.  mathematische,  in  der  äussern  Wirklichkeit  nicht  existirende 
Punkt.  „  Und  der  vermuthete  Funkt  seiner  Annäherung  enthalte 
selbst  nur  Entfernung'^  wörtlich :  der  (in  dem  Glücksgestim  seines 
Feindes  gegebene)  imaginäre  PunlU  sei  für  ihn  (den  gepriesenen 
Fürsten)  fähig  fortgeschafft  zu  werden,  d.  h.  möge  selbst  dieses 
unfassbare  Nichts  für   ihn   fassbar   werden,   so    dass  es  völlig  be- 

seitigt  und  vernichtet  werden  kann.     (Statt  *^P»^  sehr,  ^^yf^,) 

S.  241  Z.  2  ^^on  dem  Sturmwind'^  sehr,  nach  dem  Per- 
sischen: Vor  dem  Sturmwind  —  Z.  11  ^ilder  dessen  Scheitel*^ 
sehr,  über  seinem  (des  gepriesenen  Fürsten)  ScheiteL  —  dem 
Sinne  nach  zu  verbinden  mit  ^wie  das  irdische  Paradies  des 
Shedddd\ 

S.    243    Z.    10   und    11.     d\J\  ,)Lp^  8>— ^^    ist    beidemal    als 

I 

Eigenname  zu  übersetzen:    Gebaut  hat  Er  in   Dihii  (das  Schloss) 

Sdhi^ihändbdd  (Weltkönigsheim) ;  ewig  bleibe  Sä/iigihdndbdd  durch 
ihn  woUbehaltetil  —  Z.  16  ^Ftuthhecken  mit  Springwerken'^  sehr. 
Wasserbecken  mit  Springwerk.  —  Z.  17  und  18  „bis  zum  Hauch 
der  Auferstehungsposaune*^    sehr,   bis  zur   Verheissungszeit,   d.  h. 

bis    zum  jüngsten   Tage,    wie  Oüt-yc   oft   im  Koran,    z.  B.  Sur.  3 

V.    7.    ^    eig.   Hauch,    Athem,    Athemzug,    arab.    .^^   e   t« 

dann,  wie  dieses,  Zeitdauer  eines  Athemzugs,  Augen- 
blick; weiter  allgemein  Zeitpunkt,  Zeit. 

S.  245  Z.  15  ^dei'  sich  auf  die  Zeit  versteJu!^  sehr,  der  über 
die  jetzigen  Menschen   hinaus    (mehr   als    diese)   einsichtsvM  ist. 

y 

UJi    hier   wie   in   ,.,UJl  <,i>JLo,    der   König    der   Jetztzeit, 

d.  h.  der  grösste  jetzt  regierende  König. 

S.  248  Z.  7  ^Es  ziemt  sich*"  sehr.  Es  ist  natürlich  (ent- 
spricht  den  Umstanden   und    der  Sachlage).     Z.  8  „hinfort*"   nach 

„  Jou  ,.*^  * ;  einen  drastischem  Sinn  aber  giebt  Jsju  ^ :  aus  weiter 

Entfernung,  d.  h.  schon  lange  vor  der  Geburt.  Z.  13  „Denn  die 
Sonne  steht  nur  unter  Einem  Klima*"  sehr,  hol  nur  Ein  KUma 
inne,  nämlich  die  heisse  Zone  innerhalb  der  Wendekreise. 

S.  249  Z.  2 — 4  „durch  die  Begeisterung  deiner  Huld  ziemt 
es,  dass  wirkliche  Dichter  hinfort  die  Staffel  deiner  Huld 
ersteigen!^  durch  Verkennung  des  Spieles  mit  der  doppelten  Bedeutung 

von    ..L*^>»l:    im    ersten   Halbverse  Wohlthun,  Wohlthätig- 


Fleiieher,  gu  Rüekerts  Orammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  d,  Perser.   261 

> 
Iceit,   iin    zweiten  (etwas)   gut   machen,   hier  insbesondre  gut 
dichten.     Der  Sinn:    ^durch   deine  glänzende  Freigebigkeit  ist 
ea  natürlich  y   wenn   die  Dichter   hinfort  die  Stufe  der  Meister- 
schaft ersteigen'^. 

S.  249  Z.  20  „ihre  Verpflichtung  an  seine  Freigebigkeit 
ahndend'^  sehr,  durch  die  Besorgniss  seinem-  (verschwenderischen) 
Freigebigkeit   in  banger  Furcht^    nämlich  vor  möglicher  Hingabe 

an  unwürdige.  Jcjö  nach  pers.-türk.  Sprachgebrauche  Sorge,  Be- 
sorgtheit, mit  dem  Genetiv  des  Gegenstandes  der  cura  oder  soUi- 
citudo.  —  Z.  22  ^das  Streben  auf  ihn*^  d.  h.  die  Bewerbung  um 

seine  Hülfe;  Ju^  in  besonderem  Sinne:  Jemanden  mit  einem 
Gesuch  angehen.  —  Z.  24  ,cter  Lobredner  seiner  Milde  hat  jede 

Schwierigkeit  leicht*"    sehr,    die   Lobdichtung   (^^jJl-ä)    auf  seine 

Milde  macht  jede  Schwierigkeit  leicht^  einerseits  durch  ihre  eigene 
StoflfFülle,  andererseits  durch  den  dafür  zu  erwartenden  reichen 
Dichterlohn. 

S.  250  Z.  2  „0  siehe,  ujelche  Liebe  seine  Handlungsweise 
zur  Beständigkeit  des  Oebefis'  hat!^  sehr.  0  sieh,  wie  die  Liebe 
(zu  den  Menschen)  seinen  Eifer  zu  immerwährendem  Spenden 
antreibt!    j  ^X-Äb  wie  arab.     JU  ^.4^. 

S.  250  Anm.  1.  Nach  der  hier  gegebenen  Berichtigung  ge- 
staltet sich  die  Uebersetzung  so:  {Er  ist)  solch  ein  König^  dasSy 
du  seine  Htdd  durch  zarten  Anreiz  stets  Herzen  zu  gewinnen 
strebt y  selbst  Christus ^  wie  die  Kranken  zum  Apotheker,  nach 
Arznei  (zu  ihm)  kommt,  —  Christus,  dessen  blosser  Athem  todten- 
erweckende  Kraft  hatte. 

S.  254  Z.  9  ^Nach  Gottes   Willen"   ilif^^^,  nämlich  ^uLc, 
hier  in  Beziehung  auf  einen  Gestorbenen:  Oott  habe  ihn  selig! 
S.  255  Z.  21  ,  Vertrauter  der  Edlen  oder  Weisen'"  bL^  i/^^» 

JErheiterer  der  Hochgebildeten. 

S.  257    Z.  22    „die   Lampe''    sehr,    die    Kerze.     Z.   27    ^der 

Gepriesene  (Träger)   des  Korans""    .^iJb  -»Ju^,   der  vom  Koran 

Oepriesene.  ^Der  Saturnstandige*"  eine  etwas  gewagte  Wort- 
bildung, deren  Sinn  ist,  dass  Muhammed  in  der  Reihe  der  Geister 
so  hoch  steht,  wie  Saturn  in  der  Beihe  der  Planeten. 

S.  262  Z.  6  „cfer  Prophet,  die  Krone  der  Olaubensver- 
wandten^  sehr,  der  Prophet  der  Krone  der  Völker,  d.  h.  der 
Araber;  s.  Sur.  2  V.  137.  —  Z.  10  „«fer  Schmuck  von  ganz  Mekka, 
der  Stolz  und  Thron  der  WelV"  sehr,  die  Zierde  des  Alls,  hoch- 
heilig   wie  Mekka j    hocherhaben    wie    Oottes    Weltenthron;    denn 


262  Fleischer^  zu  Rückerts  Grammatik,  Poetik  u,  Rhetorik  d.  Perter, 

'<^  aJoo  lind  ...bC/o  (J^^  sind  zwei  zusammengesetzte  Vergleichungs* 

Adjective,  entsprechend  den  ebenfalls  zusammengesetzten  beiden 
Adjectiven    in    der    zweiten   Hälfte    des    ersten   Halbverses.     Vgl. 

..buo  ^^yt^  S.  257  Z.  19  und  ^ys>  w^L^  im  vorigen  Jahrg. 
S.  576  Z.  21  flg. 

S.  263  Z.  13  ^^\J^  gJä**  sehr.  v^LJl  ^. 

S.  264  Z.  19,  S.  265  Z.  6  und  15  ^Einfalf  sehr,  neu«  ^- 
findung.  Z.  11  und  12  ^rfen  (aufgerichteten)  Fingern  des  Schahs^ 
bei    eingebogenem   Daumen,    gegenüber    [entsprechen d'\    bemerke 

ich  vier  EUfs"^.   Das  :  vor  .  ULiJol .  entspricht    dem  „Abstreifungs- 

^"  des  Arabischen  (s.  d.  vor.  Jahrg.  S.  573  und  574,  S.  580  und 

581),  wonach  zu  übersetzen  ist:  In  den  (aufgerichteten  vier) 
Fingern  des  Schdhs  über  dem  eingebogenen  Daumen  schaute  ich 
nebeneinander  vier  Elifs, 

S.  265  Anm.  2  zu  Ende.     ^Jacl  ^1  S.  264  L  Z.  als  Ta'rich 

ergiebt  im  Gregentheil  die  Zahl  \\\X  und  mit  Unterdrückung  des 
Vorschlags-Elif  von  ^^i  das  gesuchte  IUI.  Darauf  deutet  auch 
schon  der  zweite  Halbvers  S.  264  1.  Z.  hin:  ,fwtV  Eintritt  von 
fJiicS   ätjJi  in  den  Zahlenwerth^  d.  h.  mit  Darstellung  des  Zahlen- 

werthes  von  ^t!  ^»^1  durch  die  im  ersten  Halbverse  beschriebene 
Fingerhaltimg. 

S.  269  Z.  3  „v.^**  sehr.  JjüS. 


S.  273  Z.  14  und  15.     Von  den  beiden  üebersetzungen   des 
zweiten  Halbverses   ist,   da  ^cJo  nicht  Imperativ  sein  kann,   nur 

die  zweite  zulässig.  —  Z.  19  flg.  Der  dem  ursprünglich  persisch 
gedachten  Verse  angekünstelte  arabische  Sinn  ist  so  zu  fassen: 
Meine  Schönheit  (d.  h.  mein  Buhle)  hat  treulos  mein  Haus  geraubt 

(^^.(v3,..L>  nach  der  Aussprache  des  pers.  \iL>;  —  indem  er  sagte): 

Sei  an  dessen  Thüre!  (pers.  jjiL  ^p^  oder  ^j  jä-.JOj  i  foras, 

hfl  &vga^e).  Er  stürzte  sich  auf  mein  Haus>  und  rief  mir  tu: 
Sei  im  freien  Beeide! 

S.  279  Z.  20  und  21.     ^Da  ein   VerMltniss  zwischen  ei« 


und  ^   ist^   sehr.  Da  es   (nämlich   u;)    mit  vi^w^-wÄ  und.   ^  zu- 
sammensteht. —  Ebenso  vorl.  und  1.  Z.  ^da  ein  Verhältniss  zwischen 


Fleisdker,  mu  RQekerU  Grammatik,  Poetik  v.  Rhetorik  d.  Borser.  263 


81  und  vi^wM^t  isf"  sehr,  da  es  (nämlich  ^^  mit  n\  und  c>^.jm^ 
zusammensteht  AJuJii  stets  concret:  ein  mit  einem  andern  in  Ver- 
bindung stehendes,  ein  Seiten-  oder  Gegenstück  dazu  bildendes 
Wort,  ein  in  solchem  Verhältniss  zu  einem  andern  stehendes  Satz- 
glied oder  Satzganzes,  Parallelglied,  Parallelsatz. 

S.  280  Anm.  1.     Rückert   übersetzt  richtig;   •:!    hUngt,  wie 

S.  236  Z.  8  ^^y^  von  o^^koiu,  von  Juai,  -j  aber  von  nJU]  ab,  arab. 
iJjt  lAs^l^  J^MA  JLc  äoL)  Jü^  ^^j-^-«-J  l5^-^*>  wörtlich:  über 
Eine  Bedeutung  Hinausgehendes,    sie  Uebersteigendes.     Bei    Juoä 


«o«  •o.^.C 


Jüuc   und     ^j^ou«  oLl ,    meinen,    ausdrücken   wollen,   wird 

das  Ausdrucks  m  i  1 1  e  1  sowohl  durch  ^  als  durch  \^  eingeführt; 

unmöglich  aber  ist     aj^c  ^j^  J^^oä  oder  pers.  j,!'  Juoä  ^^jla   j. 

S.  281  Anm.  2.     ,  ciA>    dient  nicht  so  wie  ^^aP   zu    blosser 
Verstärkung  von  w     sondern  bedeutet  mit  diesem  zusanunen  inuner 

o.J. 

nichts;   daher   ist   nicht   s:>w-mJuuo    »O  jj*  ^^..  Object  von   vi;^, 

sondern    ^Srir^   selbst.     Femer   ist  ,..Lw«   in  Verbindung  mit  ^^, 

als  Erz,  eherne  Waffe  nicht  „Scheide*,  sondern  Leibesmitte 
mit  dem  Gürtel,  in  welchem  der  Dolch  steckt ;  s.  ZDMG  Bd.  XVIII 
8.  629    Nr.  n.     Noch   bestimmter   tritt   diese    Bedeutung   von  ^ 

iV^ilo  ..*Ly«  in  der  Inschrift  eines  persischen  Dolches  hervor,  den 

ich  im  J.  1866  sah: 

r^^  o^y  C)^  vy!5  l5;'^  c)*^  y  r?^^  >*' 

^Zieh  den  Dolch  (mich  zu  tödten)!  Denn  ich  habe  das  Leben 
^ur  für  dich  Lieblosen.  Du  hast  den  Dolch  in  medio  (im  Gürtel). 
"^nd  ich  haue  das  Leben  in  medio  (dir  zur  Verfügung  gestellt).  *" 
Der  Doppelsinn  der  letzten  Worte  unsres  Verses  ist  demnach : 
Jfafan  doi/  aber  darüber  (über  deine  blutvergi  essen  de  Grausamkeit) 
'michts  sagen  (sie  nicht  tadeln  oder  sich  darüber  beschweren); 
cietVi  Antlitz  ist  ja  inmitten  (der  mörderischen  Locken,  und  dessen 
freigestellter  Anblick    sühnt  auch  den  Mord),    oder:    dein  eherner 

Dolch  steckt  ja  im  Oürtel  (und  würde,  grausam  wie  du  bist,  den 

Torlauten  Sprecher  bald  stumm  machen). 

S.  282  Anm.  4.     Durch  Substituirung   von      _^b    ,b  ;b    für 

ic.lo   ;ü  wird  als  vierte  mögliche  Bedeutung  aufgestellt:  wenn  du 


264  FleUeher,  zu  Rüekerts  Grammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Perter. 

ein  FaUcanier  bist,  —  so  dass  j^Ojb  das  gewöhnliche  Nominal- 
compositum  —  wörtlich  Falkenhalter  —  mit  dem  ^  der  2.  Pers. 
ist.     ,  .{o  v:>wmO  ;b**    wörtlich   Falkenhandhalter,   d.   h.    der 

den  Falken  in  oder  auf  der  Hand  hält 

S.  285  Z.  3  y.  u.  flg.  Als  Lob  gefasst,  hat  der  Vers  einfach 
folgenden  Sinn:  Eine  Rose  ist  für  dick  der  Dom  in  Freundes- 
hand^  ein  FreudenUchi  für  dich  das  Feuer  in  Feindesauge, 

S.  286  Z.  10  ^den  AbgotC^  sehr,  einen  Abgott, 

S.  289  Anm.  3.   ^^^  ^^^  ist  Armbrust  mit  einem  Kugeirohr, 

S.  293  Z.  8  ^Mein  Wesen''  d.  h.  mein  Körper,  wie  Perser 
und  Türken  das  arab.  0^j>3  häufig  gebrauchen. 

S.  298  Z.  4  V.  u.     „&  viel  ist  gewiss.*"     .Jüj  ^^1  steht  hier 

in  beschränkendem  Sinne,  wie  tantum:  nur  so  weit  geht  diese 
Vollkommenheit^  dass  u.  s.  w. ,  d.  h.  die  Vollkommenheit  deiner 
Gerechtigkeit  und  Billigkeit  hat  selbst  wiederum  darin  eine 
Schranke,  dass  du  im  freigebigen  Spenden  kein  gerechtes  und 
billiges  Mass  hältst 

S.  299  Z.  8  V.  u.    ^dass  sie  so  schrumpft  zusammen*'   mit 

o   ... 

Verwischung  des  Sinnes,  dem  Reim  zu  Liebe.     »J^^   der    Knoten 

im  Herzen  der  Tulpe,  ist  das,   was  sonst  Jls^,    das    schwarze 

Mal    schlechthin   (wie  S.  292  Z.  5)   oder  ^Ij     das  Brandmal, 

heisst,  d.  h.  die  schwarzen  runden  Punkte  auf  dem  Boden  ihres 
Kelches.  Dass  der  Dichter  sich  auch  diesen  , Knoten**  durch  die 
Wirkung  der  Hitze  entstanden  denkt  zeigt  der  zweite  Halbvers. 

S.  302  Z.  11  und  12  ^Durchs  Auge*"  sehr.  Sehr  gern;  s. 
meine  pers.  Gramm.  S.  110  und  111  Anm.  1.  Mit  dieser  gewöhn- 
lichen Bedeutung  von  ^.xicffo  verbindet  sich  aber  hier  überall  ver- 


^  

möge   des   Ji^}   noch   eine   andere  dem  Zusammenhange  mit  dem 

Vorhergehenden  entsprechende,  und  beide  zusammen  in  der  üeber- 
setzung  immer  in  denselben  Ausdruck  zusammenzufassen,  würde 
auch    ein   Sprachkünstler    wie   Rückert    nicht    vermocht    haben. 

Daneben  ist  im  ersten  Halbverse  wie  im  letzten  S.  303  durch  w*u 
offenbar  auf  das  -^»*o ,  arab.  ^jj . J|  ^  ^  angespielt,  welches  in  Ver- 
bindung  mit  (^:?r* ,  arab.  ^-j^äJU  ,  jene  Bereitwilligkeitserklärung 


FUischer,  «u  Rückeris  Grammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Perser»  265 

noch  verstärkt.  Man  sagt  aber  auch  in  Genetiwerbindang  .^«o 
^J^-    (s.    die    angeführte   Stelle   der   Grammatik),    wo   j^^^   ein- 

fach  =   ^^       ifi  ist. 

S.  303   vorl.  Z.    ^zur  selben  Zeü*"   sehr,  dann   oder   darauf. 
Jenes  wäre  ^^u^. 

S.   304    Z.    2    jtjene   Sterne*^,      lieber    die   nothwendige   Ver- 
einigung  von    .\   mit   ijli..^=u^   s.    den   vorigen   Jahrgang   S.   579 
Z.  1 7  flg.     Das   übrigbleibende   j^    ^  » .lÄ-^   ist  Imperativ  einer 
Quasi-Zasammensetzung    ..J.4>^  ''j^-^^?   gleichsam   sternzählen, 
^obei  sich  die  zu  denkende  Mehrheit  des  zu  zählenden  Gegenstandes 
fiös  der  Natur  der  Sache  von  selbst  ergiebt;  nach  jenem    .^1    aber 
Diösste,    da   ».U^   an    und  für  sich  ein  Einzelbegriff  ist,  durchaus 

<ier   Plural   stehen.     Vgl.  oJl-j  l-t^*   -^  S.  316  1.  Z.   ^wemn  es 

^Awerter  regnet*^  wörtlich:  wenn  es  schwertregnet, 

S.  304  Z.  10  ^Wenn  du  das  Haupt  niederlegen  willst  in 
äJb  Wüste  meines  Kummers*^  sehr.  Wenn  du  in  die  Wüste  des 
Lfldeskummers  um  mich  ziehen  willst  \   denn  ..jOL^  ^  bedeutet, 

^^    rj-^'-fJ  C5yjj    °^*  V*   ^®^  Kopf,  das  Gesicht,  irgend- 
wo hin  richten   oder  wenden,    d.  h.  sich  selbst  dahin  wenden 

od^T  begeben,    arab.  i>s>-ij,    „Das  Haupt  niederlegen*  wäre  ^-^  y^ 

C)^^^  oder  ^.jO^J^J. 

S.  306    Z.  6    ^Hai  mit   dem    Wimperblick  die    Quästionen 

^^o^^  hundert  Professoren  gelöst*^  sehr,  wurde  durch  den  (blossen) 

*^Miperblick    der   Wissenßchaftslehrer  von   hundert  Professoren, 

»>^^^»mA  quaestio,  C^vfifia,  wissenschaftlicher  Lehrsatz, 

M.er  im  Compositum  :  ^j  nJLL^-wo  in  collectivem  Sinne. 

S.  307  Z.  3  ^mehr  als  Schöpfung'^  sehr,  mehr  als  Geschöpf 
^^gentlich:    mehr   als    die  Geschöpfe,    die  Geschaffenen,    wie  arab. 

(3^^,  d.  h.  die  Menschen  ausser  dir.    Ebenso  ,;weniger  als  Schöpfer'^ 

^gentlich:  weniger  als  der  Schöpfer,  Gott.  Z.  19  ^Orösse'^  sehr. 
^ocht.  Z.  20  ^allmächtig'^  sehr,  gross,  ^ohne  Gleichen*^  sehr,  ohne 
^achtgenossen ,  gleich  Mächtigen. 

S.  309   Z.  19    j,  Unter  dem   Einfiuss  seines  hohen    SchtUzes 
*^fln  beständig*"  sehr,  für  seinen  Hochsinfi  (zum  Dienste  seiner 


266  Fleischer,  zu  RücJeerts  GrrammaUk,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Pereer, 

hochsinnigen  Freigehigkeit)  toerden  beständig  erzeugt'^  denn  dass 
jsJol'j    hier   nicht  in  activer  Bedeutung  zu  nehmen  ist,   sieht  man 

aus  dem  grössten  Theile  der  aufgezählten  Dinge. 

S.  310  Z.  12  ^aufrichtig '^  sehr,  richtig,  wahrheüsgemäss.  — 
Z.  17 — 21.  Wahrscheinlich  hat  der  Dichter  hierbei  auch  etwas 
noch  Höheres  im  Sinne  gehabt,  nämlich  das  geheimnissvoUe  Mono- 
gramm ^1    an  der  Spitze  von  Sure  2,  3,  29,  30,  31  und  32.  — 

Vorl.  Z.  „ßrcnnew**  sehr.  Leuchten,  in  Beziehung  auf  ^die  Kerze'^. 

S.  311  Z.  3  V.  u.  „in  sich  hcu!^  sehr,  zuläast  oder  verträgt, 
wie  S.  285  Z.  6. 

S.  313    Z.  11  und  12.     Dem   durchgängigen   v^   des   Textes 

würde  entsprechen:  durch  die  Wange  — ,  durch  den  Wuchs  — , 
durch  die  Lippe  — ,  durch  das  Auge  — . 

S.  314    Z.    16  .'yfJL^Xj    ein   nach   arabischer   Weise   von    ^JlIi 

gebildeter  Dual:  die  zwei  zu  beiden  Seiten  des  Kopfes  über  die 
Schläfe  und  Ohren  herabhängenden,  von  Natur  lockigen  Haar- 
büschel der  Schönen,  keine  künstliche  „Lockenflechte'', 

S.  315  Z.  5  V.  u.  y^böse  wird*"  sehr,  dräut,  wörtlich:  Schrecken 
verursacht. 

S.  317  Z.  3  „So  werden  wir^  so  Oott  loiU,  den  Nacken 
nicht  (für  jene  Schwerter)  beugen*^  sehr.  So  biegen  wir  den 
Nacken  nicht  (von  jenen  Schwertern)  hinweg \  der  Beschluss  (über 

unser  Schicksal)  steht  bei  Oott,     Das  ,»aj>\j^  ist  durchaus  richtig 

und  nichts  daran  zu  ändern;  vgl.  S.  194  Z.  14  und  19.  —  Z.  14 
und  15  „Wetin  mir  ein  Schluck  des  Lebenswassers  zu  Theil 
loürde  — ,  so  vmrde  ich*^   u.  s.  w.    sehr.    Wenn  ich  des  LAens- 

Wassers  iheilhaftig  werde  — ,    so   werde  ich   u.  s.  w.     »-^,  niit 

^^yiu  ein  Quasi- Compositiun  bildend,  ist  nicht,  davon  getrennt,  fär 

£«^  zu  nehmen. 

S.  322  Z.  17  und  18,  19  und  20  „Wenn  du  —  waschest, 
wird  — "  u.  s.  w.  sehr.  Da  du  —  wuschest^  umrde  u.  s.  w. 

S.  325   Z.  8    „die   ünterscheidungeii''   sehr,   die  Kennzeichen 

oder  Merkmale,  oUaj.    ein  Kunstwort  der  Wissenschaft  von  den 

geheimen  Kräften  der  Buchstaben,  05-Ü  JUi .  dessen  hier  Z.  15 — 17 

gegebene  Erklärung  mit  der  im  Calcuttaer  Dict.  of  the  technical 
terms   S.    lt*A  Z.  8  flg.  und  S.  lo*l  Z.  3  und  4  übereinstimmt. 

S.  329  1.  Z.  und  8.  330  Z.  3  „ein  Zeichen  von  ihrer 
Wohnung*"  sehr,  ihre   Wohnungsangabe  (gemeinhin  Adresse), 

S.  330  Z.  11  und  12.  Der  Satz  ist  keine  Frage,  sondern 
eine  Aussage:    Es  ist  nicht  in   der  Ordnung^  daas  wir  deinen 


FidscheTy  mu  RückerU  Grammatik^  Poetik  u.  Rhetorik  d,  Fernr,     267 

Na/men  nicht  wissen,  »t,  ist  vorzugsweise  der  rechte  Weg,  die 
ordnungs-  und  regelmässige  Seins-  und  Handlungsweise.  Daher 
s:^^  bi-j:    es   geziemt,    gehört,    schickt   sich.    —    Z.  13   und    14. 

Der  Sinn:  Da  zeigte  er  seinen  (geraden,  gleichsam  ordnungs- 
mässigen)  Wuclis  und  sprach  labend :    Wir  sind  in  Ordnung, 

S.  331    Z.  7    ,8.1"   sehr.   »  |.  —    Z.  5  v.  u.  ^was  in  deinem 


o  - 


Namen  beschlossen  isi^   so,  wenn  man  ^«JC^-  liest.     Mit  ^ji3-  aber 

ist    der   Sinn:    was   mit  deinem   Hamen   besiegelt   ist^   d.  h.   den 
Siegelabdruck  deines  Namens  trägt;  vgl.  S.  373  Z.  10. 

S.  332  Z.  6  ^zu  einer  Mosisfrist*^  sehr,  zu  Mosis  Stelldichein, 
d.  h.  zu  geheimer  Audienz  bei  Gott  für  die  Auserkorenen,  wie  die, 
zu    welcher  Moses  auf  den  Sinai  beschieden  wurde. 

S.  333  Z.  3.  Wörtlich:  ^Da  ist  Käf  bis  zu  Kdf  Käufer^ 
d.  h.  Da  möchten  die  den  Baum  zwischen  den  gegenüberliegenden 
Seiten  des  Ringgebirges  um  die  Erde  Bewohnenden  alle  ein  solches 
Feenkind  kaufen. 

S.  338  Z.  11   njj-L)**   t^,  nach  dem  nächstliegenden,  in  der 

TT      -m  Ö    o  - 

^ eiDersetzung  ausgedrückten  Sinne  (denn     Aj  „Mons"  b.  F r e y t ag 

ist;     unrichtig);  aber  allerdings  yjh  nach  einer  andern,    in  Anm.  1 

"^^^r-fehlten  Auffassung:   von  dem  Vorplatze  (oder  durchs  über  den 

^^>rpiatz)  des  VemiittleiS  geheimer  Mittheifungen  (d.  h.  des  Mundes) 

f/«^  seine  Auffahrt,  d.  h.  der  Zahnstocher  steigt  von  den  Lippen 

(*^^er  durch,  über  die  Lippen)  in  den  Mund  und  zu  den  Zähhen  auf. 

S.  340  Z.  8  j^das  Auge  der  tkele'^  sehr,  das  Selbst  der  Seele, 

^■£e  eigentliche^   wahre  Seele.  —    Z.  19  ^deine  Schmeichelei*"  viel- 

^*iehr:  dein  geziertes    Wesen 

S.  342  Z.  6  „deine''  sehr,  seine.  Z.  4  v.  u.  „bürgende*"  d.  h. 
Unterhalt  gewährleistende,  versorgende.  —  Z.  2  v.  u.  „Sein  Herz 
U)ird  durchbohrt  sehr.  Er  (der  Schacht)  reisst  sich  die  Seele  aus, 
mit  leicht  erklärlichem  Doppelsinn. 

S.  343  Z.  12  und  13.    Die  von  dieser  Uebersetzung  Z.  14—16 

gegebene   Erklärung   verfehlt   den    einheitlichen    Sinn    von    ^1    ,Uii 

.Jwlo  ,..Luc.    Dieser  .Staub"  ist  nach  beiden  Seiten  hin  derselbe: 

der  durch  den  Kampf  zwischen  zwei  Gegnern  aufgewühlte,  und 
ihn  e  medio  tollere  oder  wegschaffen  ist  soviel  als  den  Kampf 
selbst  beilegen.  Z.  8  bedeutet  wörtlich:  Was  wird  es  schaden, 
wenn  deine  Hand  den  Staub  zwischen  mir  und  der  Zeit  weg- 
schafft*^ d.  h.  Wie  gut  wird  es  sein,  wenn  du  zwischen  mir  und 
dem  Schicksal  Frieden  stiftest!  S.  oben  S.  240  d.  Anm.  zu  S.  36 
Anm.   1. 


I 


268    Fleischer,  »u  RüekerU  Grammatik,  Poetik  u.  Rhetorik  d.  Pere&r. 

8.  346  Z.  10  y,correspofidtrendea'^  sehr,  ntich  mehr  als  Einer 
Seite  hin  gewendetes.  ^^Aufeinanderfolge^  sehr.  Herbeiziehung 
eines  folgenden  (Lobes). 


S.  350  Z.  2.     Eigenthümlieh  ist  in     jCl^  statt   ^^oL^  die  Er- 


haltung des  alten  Sehluss-M(5^  statt  des  spätem  lautlosen  » .  an  dessen 
Stelle  zwar  aueh  im  Neupersisehen  wieder  wS'  tritt,  aber  regel- 
mässig nur  vor  der  Pluralendimg  an  und  vor  dem  Abstract-  und 
Relativ-1.  —  Z.  14  ^Wie  den  Oarten  erhöht  hat  der  Wuchs  des 
Wachholders'^  sehr,  mit  Umkehrung  des  Subjeets  und  Objeets: 
Wie  der  Oarten  erhöht  hat  den  Wuchs  des  Wachholders,  d.  h. 
ihm  hohen  Wuchs  verliehen  hat  —  Z.  6  v.  u.  ^tvie  sollt  ich  noch" 
u.  s.  w.,  sehr,  tvie  lange  soll  ich  noch  u.  s.  w. 

S.  351  Z.  4  y^Wdche  mir  von  andern  kein  Wasser,  als  nur 
das  meiner  Augen ^  eingebracht  haben*^  sehr.  Welche  von  nie- 
mand anderes  Wasser  als  das  aus  dem  Auge  für  mich  her- 
vorgelockt (eig.  losgemacht)  haben,  d.  h.  Welche  mir  keine  andere 
Genugthuung  verschafft  haben  als  die,  dass  Hörer  und  Leser  da- 
durch  bis   zu  Thränen  gerührt  wurden,     v-^l ,   Wasser,  ist  hier 

in  dreifacher  Beziehung  gebraucht:  das  aus  seinen  Versen  „träufelnde 
Wasser**  ist  ein  Bild  von  deren  vyQOxriq,  das  zweite  (als  durst- 
stillend) von  Befriedigung  äussern  und  innem  Bedürfiiisses,  das 
dritte  steht  für  Thränen. 

S.  358  Z.  19  lind  20.  Der  erste  Halbvers  bezieht  sich  weder 
auf  den  Gaznewiden  Malimüd,  noch  auf  einen  andern  Fürsten,  son- 
dern auf  Gott:  Im  Namen  Desjenigen,  dessen  Ajdz  (antono- 
mastisöh  für  Liebling)  mahmüd  u-^  doppelsinnig:  als  Eigenname 
Mahmud  =  Muhammed,  als  Eigenschaftswort,  aber  mit  Beziehung 
auf  denselben,  preiswürdig.  —  Der  zweite  Halbvers  ist  sufisch; 
der  Liebeskummer  um  Gott,  d.  h.  der  Sehnsuchtsschmerz  des  nach 
Gott  Verlangenden,  wird  in  dessen  Herzen  gleichsam  zu  einem 
Götzentempel,  worin  der  Götze,  —  der  ideale  Geliebte,  —  mit 
Liebeswerbung  (nicht  , Scherz*')  und '  Flehen  lun  Vereinigung*  mit 
ihm  angebetet  wird. 

S.  360  Z.  11  ^traun\*"  Xo  ist  in  solcher  Verbindung  viel- 
leicht, etwa,  wohl,  wie  S.  203  Z.  3,  S.  371  Z.  1.  —  Z.  12 
^was  sie   anregte""    sehr,    was   sie  vorbrachte ,   j  i^  i Aaj  ,   wie    die 

Perser  selbst  das  ^^n^Ä^^LJo!  in  solchem  Zusammenhange  erklären.  — 

Z.  22  „/n  diesem  Faü  reichte  kein  Freund  mir  hülfreiche  Uand^. 
Das  Persische  enthält  eine  Prägnanz;  wörtlich:  Aus  diesem  Un- 
fälle heraus  reichte  kein  Freund  mir  die  Hand,  d.  h.  aus  ihm 
half  mir  kein  Freund  durch  Handreichung  heraus.  —  Z.  3  v.  u. 
,  Versetzung  der  Construction''  sehr.  Umstellung  der  Saiztheüe; 
wörtlich:  Auf  Umstellung  Beruhendes. 


I 
Fleischer^  zu  Rückerts  Grammatik,  Poetik  n,  Rhetorik  d.  Pereer.  269 


o  ^ 


S.  362   Z.  17    ^ Anstechung''    ist   für  ..j^  zu  schwach,   giebt 


o  «• 


auch  das  in  dem  Worte  liegende  sinnliche  Bild  nicht  wieder.    ^Aä 

Z 

ist  ganz  eigentlich:  dem  guten  Rufe  Jemandes  durch  ehrenrührige 
ßeden  Abbruch  thun.  Also  Ehren  Schädigung,  Ehren- 
verletzung,  die  oft  unter  ebendiesem  Namen  der  Gegenstand 
gerichtlicher  Civilklagen  im  moslemischen  Morgenlande  ist. 

S.  363  Z.  1    „OL3^**    die   gebräuchliche  Form  ist  oLi J..;  s. 

Dict.  of  the   techn.  terms  S.  *tvv    u.    d.  W.   ijyiJI. 

S.  369  Anm.  1.     Wenn  ^Lä,  wie  hier,  eine  besondere  Classe 

von    Hof  bedienten   bezeichnet,    —  denn  die   durch    |    nach  ...^Ui 

Aiis^edrückte  Determination,  arab.  ^wJtyiit,  weist  darauf  hin,  dass 
<Ue  verlangten  ^awwal^  bestimmte  im  Dienste  des  Sultans  ange- 
stallte  Leute  waren,  —  so  entspricht  es  dem  pers.  )Kjüujr,  Vocal- 

niixsiker,    Sänger;    wir   würden    sagen:    die   Kammersänger. 
I^exi   Gegensatz   dazu,    die   andere    Hälfte    der   Hofcapelle,    bilden 


c«.    ^ 


^.jL^jUj'u«»,    die  Instrumentalmusiker. 

S.  373  Z.  10  ^Aufgedi-ückV'  sehr.  Eingegraben, 
S.  374  Z.   13  ^gerade^  sehr,  stark.     (Rückert  scheint  ^ji 
iii:x    Sinne  gehabt  zu  haben.) 

S.  379   Anm.  1.     Es  ist  doch  wohl,  wie  Rückert  will,  ,jÄjIj 

nvitidem  Suffix  der  3.  Pers.  zu  lesen;  andernfalls  fiele  ja  jede  Wechsel- 
beziehung zwischen  ^JiJLJ  und   .  >i>  s^^Lm^.  hinweg.     Es  ist  dies 

die  Redefigur   ^^y*ax!t  Aiuyi  ^  jUj^^\,   de   Sacy,    Gr.  ar.  H, 

ö.  370  und  371.     Eigentlich  soll  das  erklärende     o^^  unmittelbar 

*^  das   ^KQ^  folgen,    aber   wenigstens  bei    den  Spätem  geschieht 

dies    nicht    immer.     So   heisst    es   bei    einem  Dichter  in  Dozy's 
History  of  the  Almohades  S.  vi*  vorl.  Z. 

,Nicht  sollen  dich  die  Sorgen,  deine  Seele,  mit  Gewalt 
^  die  Gefangenschaft  führen ,  solange  noch  der  volle  Becher 
^  deinen  Händen  ein  geschliffenes  Schwert  (zur  Abwehr  der 
Sorgen)  ist\ 


270    Fleischer j  zu  Rückerts  GrrammaUk,  Poetik  u,  Rhetorik  d.  Porter. 


o* 


S.  380   Amn.  1.     Man   liest  wohl  besser:  ^*    .^^  S^  ^y^ 

jCä  ^Lä  -3    ^der  deiner   würdige    Zucker   (oder:    der  Zucker    zu 

deinem  Essen)  wird  nicht  vom  Zuckerrohr  gelieferf*,  was  sich 
ebenso  in  gutem  als  in  schlimmem  Sinne  deuten  lässi   „  jC^  j^LUr   s^ 

wörtlich:  am  Zuckeraste  oder  Zuckerzweige,  durch  Verwandlung 
des  Zuckers  in  eine  Frucht,  die,  wie  andere,  an  den  Aesten  oder 
Zweigen  eines  Baumes  oder  Strauches  hängt. 

S.  382  Anm.  2.  Das  ^  in  fyt:**'.  der  dritte,  ist  aller- 
dings nur  eine  ^Lesemutter** ,  und  das  Wort  lautet,  mag  es  j.,^ 
oder  »ytM4  geschrieben  sein,   immer  siwüm  mit  kurzem  i  und  u, 

nie    sijüm    oder   siwiim.     Dagegen   ist   der  dreissigste  J     ^ 

oder  mit  Erweichung  des  Hamza  ^-^-k-N*. ,  ^^^^ .  s  i  ü  m  oder  s  i  j  ü  m. 


S.  389  Z.  6  V.  u.  Vgl.  S.  190  Z.  13  und  14  ,/n  den  Argur 
mentatümen  der  Oottes- Einsicht''  sehr.  Unter  den  Beweisen  für 
das  Schauen  Oottes,  Es  bezieht  sich  dies  auf  die  von  den  mu- 
hammedanischen  Theologen  vielfach  behandelte  Frage,  ob  ein  wirk- 
liches Schauen  Gottes  von  Seiten  der  Engel,  der  höchsten  Pro- 
pheten und  der  Seligen  im  Paradiese  möglich  sei.  Der  Dichter 
versteigt  sich  zu  der  Schmeichelei ,  die  von  göttlichem  Lichte 
strahlende  Stirn  des  gepriesenen  Fürsten,  die  von  Sterblichen  ja 
angeschaut  werden  könne,  sei  der  stärkste  Beweis  auch  für  jene 
andere  Möglichkeit.  —  L.  Z.  ^  Müsse  beides  im  ßinverständniss 
mit  deiner  Lieb*  und  deinem  Zorne  sein^.     Rück  er  t  scheint  bei 

\^^yA  an  /  i-sL^c   gedacht   zu   haben;    aber   der   Textausdruck   ist 

stärker:  Müsse  beides  auf  deine  Freund-  und  Feindschaft  ge- 
stellt sein\  Die  Planetengeisl!er ,  die  Vorsteher  und  Lenker  ihrer 
resp.  Gestirne  und  des  guten  wie  bösen  Einflusses  derselben,  sollen 
zum  Bestimmuugsgrunde  für  jenen  wie  für  diesen  die  freundschaft- 
lichen und  die  feindseligen  Gesinnungen  des  Fürsten  machen. 


In  Betreff  der  metrischen  Fragen  gedenke  ich  meine  indi- 
viduellen, oft  vom  hergebrachten  Schematismus  abweichenden  An- 
sichten in  ihrer  Anwendung  auf  das  vorliegende  Werk,  so  Gott 
will,  später  darzulegen. 


lieber  den  Ursprang  der  altpersischen  Keilschrift. 

Von 

W.  Deeeke.') 

(Ttfit  4  autographirten  Tafeln.) 

Obwohl  es  an  und  für  sich  allen  Forschem  stets  klar  gewesen 
ist,  dass  die  altpersische  oder  arische  Keilschrift  aus  der  anarischen 
entstanden  sein  mnsste,  so  ist  bisher  doch  noch  kein  Versuch 
gemacht  worden,  diesen  Ursprung  im  Einzelnen  nachzuweisen:  die 
gänzlich  abweichenden  Formen  schienen  aller  Herleitung  zu  spotten. 
Es  wird  sich  unten  ergeben,  dass  diese  scheinbare  Unmöglichkeit 
theilweise  darauf  beruhte,  dass  man  die  festen  Regeln,  die,  der  Er- 
finder der  altpersischen  Schrift  sich  gezogen  hatte,  und  die  ich 
gefxinden  zu  haben  glaube,  nicht  kannte,  vor  Allem  aber  auf  der 
irrigen,  freilich  nach  Form  und  Wesen  der  Schrift  und  der  welt- 
geschichtlichen Stellung  der  Perser  so  nahe  liegenden  Annahme, 
uLaji  habe  es  hier  mit  der  jüngsten,  letzten  Form  der  Keilschrift 
zu  thun,  die  sich  zunächst  an  das  Medische  anschliessen  werde. 
Icli  selbst  habe  noch,  als  ich  meine  paläographischen  Forschungen 
in  der  Keilschrift  begann,  diesen  Irrthum  getheilt  und  daher  in 
dex*  Einleitung  zu  meinem  ^Ursprung  des  kyprischen  Syllabars" 
die  altpersische  Keilschrift  als  ,einer  späteren  Entwickelung  an- 
g'^hörig*'  bezeichnet  Erst  im  weiteren  Verlaufe  der  Untersuchungen, 
^^^d  zwar  zu  allerletzt,  hat  sich  mir  der  wahre  Sachverhalt  er- 
schlossen, wie  ich  ihn  hier  darlegen  werde.  Ich  bitte  dabei  den 
Leser,  sich  n\cht  an  einzelne  Bedenken  zu  stossen,  deren  nicht 
Wenige  bleiben,  sondern  das  Gesammtresultat  sorgfältig  zu  prüfen: 
g'erade  beim  letzten  Buchstaben  ha  (n.  35)  ist  mir  zuerst  Wesen 
^*id  Entstehimg  der  altpersischen  Schrift  klar  aufgegangen. 

Ausser  den  in  meinen  früheren  Abhandlungen  citirten  Werken 
"abe  ich  für  diese  Arbeit  noch  besonders  benutzt: 

Pr.  Spiegel,  Die  altpersischen  Keilinschriften.     Im  Grundtext, 
mit  Uebersetzung,  Grammatik  und  Glossar.    Leipzig  1862.    8. 
H.  Kern,    Zur  Erklärung  der  altpersischen  Keilinschriften.     In 
dieser  Ztschr.  Bd.  XXIII,  p.  212—239.     1869. 


1)  Vgl.  die  zwei  Abhandlungen  des  Hm.  Verf.'s  im  vorigen  Bande  S.  102  ff. 
ttnd  598  ff.  D.  Red. 


272        Deeeke,  über  den  Ursprung  der  alipereisehen  KeiUekrifi. 

Cajetan  Kossowicz,  Inscriptiones  Palaeo - Persicae  Achae- 
menidarum,  archet3rporum  typis  primum  editae.  Mit  inter- 
pretatio  und  commentArii ;  enuntiatio  und  transscriptio;  glossa- 
rium;  addenda  et  corrigenda;  indices.  St.  Petersburg  1872.  8.*) 

Abkürzungen. 

ap.  -=:  altpersiscb  '  as.  =  altsusiscb 

ab.  =  altbabylonisch  '  ns.  =  neususisch 

nb.  =  neubabylonisch  arm.  =  armenisch 

an.  =  altninivitisch  i  med.  =  medisch 

nn.  =  neuninivitisch  j 

Analyse    der    Tafeln. 

Ich  schicke  einige  allgemeine  Bemerkungen  über  die  altper- 
sische Schrift  voran. 

In  Bezug  auf  die  Form  beobachtete  der  Erfinder  folgende  Kegeln: 

1)  Kein  Zeichen  hat  weniger  als  zwei,  mehr  als  fünf  Keile. 

2)  Alle  aufrechten  Keile  stehen  senkrecht  mit  dem  Kopfe 
nach  oben,  alle  liegenden  wagerecht  mit  dem  Kopfe  nach  links. 

3)  Nie  stehen  zwei  senkrechte  Keile  übereinander. 

4)  Es  giebt  keine  Ecken  (blosse  Keilköpfe  oder  ausgefüllte 
Haken)  und  keine  Doppelkeile  (mit  Kopf  an  beiden  Enden). 

5)  Alle  Haken  sind  nach  rechts  geöffnet 

6)  Kein  Zeichen  hat  mehr  als  zwei  Haken. 

7)  Zwei  sich  schneidende  Keile  komimen  nur  in  dem  Zeichen 
für  vi  (n.  31)  vor. 

Ausserdem  ist  als  eine  Eigenthümlichkeit  zu  bemerken,  dass 
von  drei  parallelen,  senkrechten  wie  wagerechten  Keilen  der  mittlere 
verkürzt  werden  kann,  vielleicht  mit  einziger  Ausnahme  des  'ä 
(n.  1);  es  scheint  dies  nur  der  Eleganz  wegen  zu  geschehen,  wie 
älinlich  im  Medischen  bei  vier  parsdlelen  wagerechten  Keilen  die 
mittleren  zwei  verkürzt  zu  werden  pflegen.  Zwei  parallele  wage- 
rechte  Keile  können  femer  mehr  oder  weniger  aus  einander  rücken, 
z.  B.  bei  na  (n.  19),  nu  (n.  20),  ha  (n.  35);  ein  einzelner  wage- 
rechter Vor-  oder  Hinterkeil  steht  in  d^r  Regel  in  der  Mitte  (der 
Symmetrie  wegen),  rückt  aber  auch  nicht  selten  hinauf  z.  B.  bei 
ma  (n.  24),  ga  (n.  7),  ca  (n.  9),  besonders  wenn  dies  seine  ur- 
sprüngliche Stellung  war.  Ein  senkrechter  Vorkeil  verkürzt  sich 
mitunter  oder  gewöhnlich,  z.  B.  bei  mi  (n.  25);  ja  (n.  27).  Hier- 
nach   brauche   ich  auf  der  Tafel  nur  die  Normalformen  zu  geben. 

In  Bezug  auf  den  Lautwerth  ist  zu  beachten,  dass  alle  Zeichen 
ursprünglich  Sylbenzeichen  sind,  und  zwar  von  dem  in  der  ersten 
Spalte  zuerst  angegebenen  Werthe.  Bei  ihrer  Verwendung  aber 
gelten  folgende  Regeln: 


1)    Dh    die    Abhandlung    bereits    AnGing    1877    geschrieben    ist.    kcmuten 
Lenormftnt's  SvUabaires  cuneiformes  noch  nicht  benut2t  werden. 


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Deeehe^  iU>er  den  Ursprung  der  aUpersiscHen  Keäschrifi.       273 


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a)  Die  drei  ersten  Zeichen  (  a,  i,  l^u)  gelten  für  die  blossen 
Yocale  a  (im  Anlaute  auch  ä),  i,  ü;  an  das  i  und  u  aber  treten 
mitunter,  schwerlich  zur  Bezeichnung  der  Länge,  am  Schlüsse  der 
Bylben  und  Wörter  die  entsprechenden  Halbvocale  j  (n.  27)  und 
V  (n.  30);  vgl.  Kern  p.  214  f. 

b)  Die  auf  ä  ausgehenden  Sylbenzeichen  werden  auch  als 
blosse  Gonsonanten  gebraucht  (nicht  nachgewiesen  c,  g,  V,  t%  p), 
theils  vor  andern  Gonsonanten  und  am  Schlüsse  der  Sjlben  und 
Wörter;  theils  vor  a,  und  ebenso  vor  i  und  u,  wenn  ein  beson- 
deres Zeichen  fQi'  den  gleichen  Gonsonanten  mit  diesen  Vocalen 
fehlt.  Doch  kann  das  inhärirende  ä  auch  mit  folgendem  i  und  u 
einen  Diphthong  bilden. 

c)  Die  Sylbenzeichen  mit  inhänrendem  i  oder  u  haben  nur 
ausnahmsweise  noch  Sylbenwerth,  wie  mitunter  vi  (n.  31)  in  Vi- 
stS^pa  in  der  Inschrift  von  Behistän;  mi  (n.  25)  in  MiVra;  ku  (n.  5) 
in  Nabukudracara  (einige  andre  Fälle  sind  unsicher);  sonst  wird 
der  Vocal  hinter  ihnen  besonders  geschrieben. 

d)  Nasale  vor  Gonsonanten  im  Innern  des  Worts  werden,  wie  im 
kjprischen  Syllabar,  nicht  geschrieben,  ausgenommen  n  vor  j,  m  vor  n. 
üeber  die  Zeichen  t*ra  (n.  15)  und  n.  36  s.  unten  in  der  Analyse. 

Varianten  und  Unregelmässigkeiten  der  Schreibweise  müssen 
hier  unberücksichtigt  bleiben. 

Als  Reihenfolge  des  Alphabets  habe  ich  die  indische  gewählt. 
In  der  babylonischen,  ninivitischen  und  susischen  Spalte  ist  immer 
die  obere  Form  die  alte,  die  untere  die  junge;  in  der  vierten 
anarischen  Spalte  steht  oben  die  armenische,  unten  die  medischc 
Form;  die  fünfte  Spalte  enthält  wichtigere  Varianten. 

Tafel  I. 

1)  Es   hat   hier   ohne  Zweifel   das  Altninivitische    die    älteste 
Form  bewahrt:  aus  ihr  entstand  die  altpersische,  indem  die  beiden 
Haken  oben,  die,  wie  die  an.  Variante  zeigt,  auch  schon  anarisch 
in   schräge  Keile   übergingen   (archaistisch  auf  der  Stele  von  Lar- 
naka,  Gun.  Insc.  of  W.  As.  III,  t.  XI),  in  einen  wagerechten  Keil 
verschmolzen,  die  beiden  senkrechten  Mittelkeile  aber  in  einen  ver- 
einfacht  wurden,    wodurch   erst  eigentlich  aus  dem  Doppelzeichen 
ein  einfaches  ward.     Es  ist  nämlich  das  anarische  Zeichen  (Men.  I, 
p.  180 — 1,  n.  2)   die  Verdopplung   des  Zeichens  für  a,   eigentlich 
a  (ebd.  n.   1);   sein  Werth   war  daher  ursprünglich  aa  =  ä,    und 
diesen   giebt   ihm  Halevy  (p.  90  und  p.  214,  n.  444)    auch   noch 
för's  Neuassyrische,  während  man  ihm  hier  sonst  in  der  Regel  den 
geschwächten  Werth  ai  (oder  eV)  zuschreibt  (Men.  I,  p.  256;  Sayce 
P-  38,  n.  438).     Dem  altpers.  Zeichen  entspiicht  unseres  vielleicht 
ia  ap.  Ma<^ijä  =  ass.   Masä  (Men.  I,   p.  123  —  4,    n.  77).      Ideo- 
gi|ainmatischer   Werth    beider   assyrischer   Zeichen,    des    einfachen 
^f^  des    doppelten,    war    abu    „Vater**,    des    ersteren    auch    ablu 
t8ohn%  nach  Hai.  noch  abubu  „eau,  inondation,  deluge**,  ein  ecla- 
Bd.  XXXII.  18 


274        Deecke,  über  tlcn  Ursprung  der  aUpersitteh&n  KeäwtimfL 

tantes   Beispiel   der   Hoiuophonie ;   vgl.   noch    das   componirte  eba 
(Hai.  p.  213,  n.  440  a;  Sayce  p.  38,  n.  437  a)  „inondation* ;  «flood*. 

2)  Aus  dem  altbabjl.   oder   altniniv.  Zeichen  (M^n.  I,  p.  184 
— 185,  n.  30)  bildete  sich  das  altpersische  durch  Weglassung  der 
drei    unteren   wagerechten  Vorkeile,   gerade    wie  beim  t'a  (n.  14X 
nach  Kegel  1 ;    nach  Begel  3    wurde   dann    der   kleine    senkrechte 
Keil  oben  rechts  umgelegt,  wodurch  die  Figur  zugleich  vollkommen 
symmetrisch   ward.      Dem   ersteren  Vorgange  analog  hat  das  Neu- 
susische   von  den  unteren  Vorkeilen  einen  verloren,    das  Nb.,  Nn., 
Armenische   und  Medische  zwei.      Das  Kyprische  verliert  sogar  in 
seinen   illtesten  Varianten  alle   (Deecke,  Urspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  I, 
n.  2).     Aus    der   neuassyrischen  Form    endlich   entstand  das  nord- 
semitische  jod  (Deecke,  Urspr.  d.  altsem.  Alph.  T.  I,  n.  10),  dessea 
zwei  Vorstriche  häufig,  z.  B.  in  der  hebr.  Quadratschrift,  auch  auF 
einen   (den  oberen)   reducirt   werden,    so    dass   es   dann   in  dieseir 
Beziehung  genau  zum  Altpersischen  stimmt  (Euting,  Sem.  Schriftt. 
n.  10).      Der  ass.  Werth   ist  i,  1,  e  (Hai.  p.  197,  n.  231;    Sayce 
p.  21,    n.  239),  nach   ersterem  aus  niM   „maison,   palais,   voÄte*, 
s.  jedoch   Deecke,    ZDMG  XXXI,    p.  113,  n.  10.   —    Altpersisch 
bedeutet  es  i  und  entspricht  dem  Anarischen  in  K^sat'rita  =  ass. 
Hasatriiti   (M^n.  I.  p.  92,    n.  15);    Imanis  =  ass.   Imanüsu   (ebd. 
p.  93,  n.   IG);  Haraiva  =  ass.  Ariivu  (ebd.  p.  111,  n.  52). 

3)  Das  altpersische  Zeichen  entspricht  häufig  in  der  Um- 
schreibung der  Namen  dem  ihm  hier  gegenübergestellten  anarischen 
(Men.  I,  p.  182 — 3,  n.  22;  p.  294)  z.  B.  in  ap.  Auramazdä  = 
ass.  Ahuramazda  (ebd.  p.  82,  n.  1);  ap.  Pisijäuvadä  ■-=  ass.  Pisi- 
'huvadu  (ebd.  p.  108,  n.  45);  ap.  Pätisuvaris  =  ass.  Pitis^uris 
(ebd.  n.  46);  ap.  Uvärazmija  =  ass.  Huvarizma  (ebd.  p.  113,  n.  56); 
ap.  Utäna  =  med.  Huüma,  vgl.  griech.  '(Jräviig  (Mordtmann,  ZDMG 
XVI,  p.  5,  n.  17).  Auch  im  Namen  Uvak^satra  gr.  Kva^dgiig 
verräth  das  ap.  u  gutturalen  Anhauch,  wie  auch  da,  wo  es  als 
erstes  Glied  von  Compositen  dem  sanskr.  su-,  zend.  hu-,  »gut 
schön,  reich",  entspricht  z.  B.  in  umartija  „bonos  viros  habens* 
(Kossowicz,  Gloss.  p.  15)  oder  „menschenreich **  (Spiegel  p.  190). 
Das  assyr.  tiu  (Hai.  p.  184,  n.  76;  Sayce  p.  8,  n.  73)  bedeutet 
„oiseau";  „bird**,  nach  Len.  (p.  71;  292)  accadisch.  —  Was  die 
Form  betrifft,  so  sind  die  vier  Elemente  genau  dieselben,  wie  im 
Anarischen,  nur  anders  geordnet:  der  Haken  wechselt  auch  schon 
im  Anarischen  seine  Stelle.  Im  Ap.  hat  zunächst  Umdrehung  einer 
der  medischen  ähnlichen  Form  stattgefunden;  dann  wurde  nach 
Regel  5  der  Haken  nach  rechts  gewendet;  der  Hinterkeil  rückte 
nach  oben,  um  Verwechslung  mit  n.  7  (ga)  zu  verhüten.  Ab- 
weichend ist  die  altniniv.  Form,  auch  später  noch  archaistisch 
gebraucht. 

4)  Das  anarische  Zeichen  (Men.  L  p.  190 — 1,  n.  77;  p.  373) 
ist  im  Altpersischen  umgekehrt,  und  zwar  st«ht  Letzterem  die 
als  Variante   gegebene    archaistisch  -  assyrische   Form   am  n&chsten 


Deeeke,  über  den  Ursprung  der  aUpersischen  KeiUchrift,        275 

(Stele   von  Lamaka,   Cim.  Insc.  of  W^  As.  III,  t.  XI,   col.  I,  58; 
n,  15);  ähnlich  ist  auch  die  medische  Form.    In  der  Umschreibung 
der  Namen  vertreten  sich  die  altpersischen  und  medischen  Zeichen 
in  Katpatuka  =  ^tpatukas  (im  Anlaut;   M6n.  I,  p.  120,  n.  68); 
Korkä  =  Kar^a  (am  Ende;  ebd.  p.  124,  n.  78);  Kuganaka  =  Ku- 
gana^an  (ebd.  p.  127,  n.  85);  AraJcadris  =  Ara^ataris  (ebd.  p.  128, 
n.   88);    Maka  ~    Ma^a    (ebd.   p.  134,    n.  103).       Sonst   hat    das 
anahsche  Zeichen   eigentlich   den    härteren    Laut  ^  (q)  =  V^ph; 
doch  ist  aus  ihm   sowohl   das  nord-  und  südsemitische  kaph  ent- 
standen (Deecke,   Urspr.  d.  altsem.  Alph.  T.  I,   n.  11;    Urspr.  des 
ind.  Alph.  T.  in,  n.  11),    als   das  kyprische  Zeichen  für  Guttural 
+  a  (ya,  xa,  x^)i  ^S^-  Deecke»  Urspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  I,  n.  6. 
Durch  die  gleiche  Umkehr  des  aus  dem  phönizischen  entstandenen 
griechisch -italischen  Zeichens   für  k   geschieht   es,   dass  Letzteres 
mitunter  dem  altpersischen  ganz  ähnlich  wird  (Bitschi  tab.  XILL,  32; 
XV,  5).    —    Das  assyrische   Zeichen  ist   Determinativ  des  Masses 
und  führt  den  Namen  gita  (Sayce  p.  4,  n.  20;  Hai.  p.  180,  n.  22). 
Damit  hängt  wohl  der  Lautwerth  des  um  zwei  senkrechte  Doppel- 
keile    erweiterten   Zeichens   kit,   kit,   aber   auch   kat   (Sayce   ebd. 
n.  21)   zusammen,  und  da  unser  Zeichen  so   auch  den  Werth  gi, 
Id,  ki  gehabt  haben  kann,  erklärt  sich  vielleicht,  warum  die  Perser 
kein  besonderes  Zeichen  für  ki  wählten;  doch  ist  k  vor  i  ap.  über- 
haupt noch  nicht  nachgewiesen. 

5)  Auch  hier  ist  das  ap.  Zeichen  durch  Umkehr  aus  dem 
anarischen  entstanden,  nach  Wegschnitt  der  hinteren  Hälfte.  Das 
altbab.  Zeichen  weicht  ein  wenig  ab  (Men.  I,  p.  180 — 1,  n.  9). 
Der  anarische  Lautwerth  ist  gu  (ebd.  p.  271;  Sayce  p.  44,  n.  500; 
HaL  p.  219,  n.  514),  auch  gü  (Hai.  p.  133  und  134  im  Syll.  I, 
n.  555  und  605);  der  arische  ku;  doch  hat  auch  anarisch  ein  Com- 
positum unseres  Zeichens  den  monogrammatischen  Werth  guza  = 
ass.  kuäsu  „Thron*^  (Hai.  p.  219,  n.  514  a),  und  in  der  Umschreibung 
der  Namen  entspricht  mehrfach  medisches  ku  dem  assyr.  gu  z.  B. 
Makuis  =  Magusu  (Men.  I,  p.,97,  n.  20);  Markuis  =  Margu'  (ebd. 
p.  112,  n.  54);  Satakuis  =  Satagusu  (ebd.  p.  115,  n.  60),  wenn 
auch  hier  überall  wohl  das  g  ursprünglich  ist. 

6)  Aus  der  ab.  oder  an.  Form  (M6n.  I,  p.  184 — 5,  n.  32) 
entstand  die  ap.,  indem  a)  die  beiden  bereits  gegen  einander  ge- 
neigten Vorkeile  zum  Haken  wurden;  b)  aus  den  vorderen  Binnen- 
keilen ein  zweiter  Haken  entstand,  wie  die  Ecke  im  Neubabyl.; 
c)  die  dünnen  Querlinien  zwischen  den  beiden  hinteren  senkrechten 
Keilen  schwanden,  worauf  diese  sich  näher  rückten.  Auf  die  Ge- 
staltung des  Zeichens  mag  nicht  ohne  Einfluss  gewesen  sein,  dass 
es  so  das  Doppelte  des  lautverwandten  vorigen  ward.  Der  Laut- 
werth war  aiiarisch  ka,  sein  Name  kägu  (Sayce  p.  5,  n.  39;  Hai. 
p.  181,  n.  40;  p.  152  im  SylL  IV,  col.  IV,  n.  55),  nach  Hal^vy 
(p.  238)  „dent  molaire,  machoire**;  doch  hat  es  monogrammatisch 
auch  die  Werthe  kalu  „all^;   kaniku  „seal*^.     Die  Bedeutung  kabu 

1  u* 


276        Deecke,  über  den  Ursprung  der  aUpertischen  KeiUehrift, 

„to  speak^  lässt  auch  den  Lautwerth  ka  yermuthen,  und  so  wechselt 
es  nicht  selten  mit  dem  Zeichen  für  ka  (n.  4;  M^n.  I,  p.  810); 
andrerseits  entspricht  es  auch  ap.  ga  in  ap.  A^agarta  =  assyr. 
Iskarta  (M^n.  I,  p.  114,  n.  58),  gr.  ^ayccQtioi,  Femer  hat  es 
den  Lautwerth  kir  (?)  und  die  monogr.  Bedeutung  kibu  «mass*; 
endlich  auch  noch  den  Lautwerth  gu.  Da  es  somit  für  yerschiedene 
Gutturalanlaute  mit  allen  drei  Vocalen  vorkommt,  erklärt  sich, 
warum  es  im  Altpersischen  auch  vor  u  steht;  vor  i  ist  es  noch 
nicht  nachgewiesen. 

7)  Die  vier  hinteren  Haken   der  altanarischen  Form  (M^n.  L 
p.  180 — 1,   n.  8),   im  Altbabyl.  besonders   deutlich,    wurden   auf 
einen   reducirt,    das   Zeichen   umgekehrt,    und   nur  der  Hinterkeil 
nach  Begel  2   in  seiner  ursprünglichen   Bichtung   gelassen.      Eine 
ähnliche  Vereinfachung,    wie    hier    vorausgesetzt    ist,    zeigen    die 
jüngeren   anarischen  Formen,    am   ähnlichsten    die  medische.     Der 
assyr.   Lautwerth   ist   gi,    abgekürzt   aus    der   monogr.  Bedeutung^ 
gimiru,   gimru  „alle,    das  All*  (Sayce  p.  9,   n.  81;   vgL  Lenorm. 
Etüde   p.  186;    232;    M^n.  IE,    p.  •49).      Wegen    des    verwandtem 
Adjectivs  gamru  „complet**  (Len.  p.  129,  n.  2;  144)  ist  auch  der" 
Lautwerth  ga  zu  vermuthen,  und  so  erklärt  sich,  dass  das  Zeiehezm 
altpersisch  ga  und  g  vor  i  bedeutet.    So  entsprechen  sich  die  ZeicherK 
in  ap.  Bägajädis  =  med.  Bagijadis  (M4n.  I,  p.  138,  n.  119).    Nichfc 
ohne  Einfluss  a\if  die  Wahl  des  Zeichens  für  ga  im  Altpersischen^ 
war  vielleicht   auch   sein  zweiter  assyr.  monogr.  Hauptwerth  ^ani^ 
oder  qanu  „Wasserpflanze,  Bohr**  (Sayce  ebd.;  Hai.  p.  184,  n.  84  ^ 
vgl.  Len.  p.  36;  154;  263),  mit  Guttural  -f-  a  anlautend. 

8)  Auch   hier   hat  Umkehr    stattgefunden,  wenn   wir   die  al>- 
Form,    die  auch  neubab.  und  neuniv.    als  Variante  vorkommt,  zr» 
Grunde  legen:  die  Winkelspitze  trennte  sich  dann  als  selbständiger* 
Haken   ab   und   die   liegenden   Keile   folgten   der   Begel  2;    Grad- 
Streckung  zeigt  auch  die  neubab.  und  neuniv.  Hauptform  (Men.  f, 
p.  196 — 7,    n.  25).     Legt  man  aber  diese  Form,    als  der  ältesten 
ähnlicher,  zu  Grunde,  wofür  ihre  grössere  Vollständigkeit  spricht, 
so  ist  der  ap.  Haken   aus   dem    oberen   und   unteren  Vorkeil   ent- 
standen,  während    der    mittlere    eingerückt   ward;    von    den   drei 
hinteren   wagerechten  Oberkeilen  fiel  dann  einer  weg;   der  hintere 
Unterkeil   aber   verlor   die  drei  kleinen  Beiter.     Dies  scheint  mir, 
obwohl   es   weniger   einfach    ist,    doch   wahrscheinlicher.      Die  ab. 
Form   entstand   dann   aus  der  ältesten  durch  Beducirung  der  vier 
Oberkeile   auf  zwei,    der   zwei  Unterkeile   auf  einen,   mit  Wegfell 
der  Beiter ;  der  mittlere  Vorkeil  blieb ;  die  Winkelbildung  ist  viel- 
leicht ursprünglich,  sonst  leicht  erklärlich,  vgl.  Sayce  p.  17,  n.  193; 
Hai.  p.  193,  n.  190.     Der  assyr.  Lautwerth  war  gimi,  guv,   auch 
gü,   entsprechend   dem   ap.  g   vor   u   (Sayce  p.  25,   n.  287;   HaL 
1).  201,   n.  282);   daneben  auch  kü,  nach  Hal^vy  auch  kum,  kuv, 
verkürzt    aus    kummu    „horame,    membre    de    famille*    (vgL  Hai. 
p.  239  im  Syll.  I,  n.  82).     Das  Altpersische   wählte    dies  Zeichen 


Deecke^  über  den  Urepnmg  der  aUperaischen  Keüaehrift.      277 

f&r   gu,   da   es    das   gewöhnliche    anarische   gu   zn  ku   verschoben 
hatte  (n.  13). 

9)  Aus  dem  anarischen  Zeichen,  das  sich  in  allen  Arten  der 
Keilschrift  gleich  blieb  (M6n.  I,  182—3,  n.  17  und  190—1,  n.  74), 
entstand  das  ap.,  indem  nach  Regel  3  die  oberen  Keile  sich  um- 
legten und,  da  so  Identität  mit  n.  2  (i)  eingetreten  wäre,  der 
rechte  Oberkeil  weniger  oder  mehr,  doch  höchstens  bis  zur  Mitte, 
hinabgerückt  ward.  Schräglegung  der  Oberkeile  zeigt  auch  das 
ans  demselben  Zeichen  entstandene  k3rprische  ^a  (Deecke,  Urspr. 
d.  kypr.  Syll.  T.  IV,  n.  45).  Der  assyrische  Lautwerth  ist  sa  (tsa), 
za,  nach  Hal^vy  in  ersterem  Werthe  abgekürzt  aus  sasati  „images, 
fignres,  statues*  (Sayce  p.  38,  n.  441;  Hai.  p.  214,  n.  447;  p.  249). 
Ali|>ersisch  entspricht  die  palatale  tenuis  c  (ts)  vor  a  und  i  (vor 
1}  noch  nicht  nachgewiesen),  und  beide  vertreten  sich  auch  in  ap. 
Ci(n)6ik*ris  =  med.  Isainsakris  (M6n.  I,  p.  99,  n.  26)  und  A9- 
pac[i]na  =  med.  Aspa§ana  (ebd.  p.  105,  n.  39). 

Tafel  IL 

10)  Die  Uebereinstinmiung  der  Formen  ist  klar:  der  urspi'üng- 
liche,  hintere  Haken  des  Vorkeiles  ist  auch  modisch  geschwunden, 
armenisch   in    einen  wagerechten  Keil   verwandelt,    und    in    assyr. 
Varianten  oft  sehr  schwach;  der  Vorstrich  des  Hakens  rechts  fehlt 
auch   im  Niniv.,  Susischen  und  Medischen;   im  Armen,  ist   er   ge- 
kürzt  (M6n.  I,    p.  192 — 3,  n.  102;    etwas  abweichend   p.  224 — 5, 
n.  243;  dann  wieder  p.  402  u.  s.  w.).     Der  assyr.  Lautwerth  des 
Zeichens  ist  ti,  abgekürzt  aus  der  monogr.  Bedeutung  til  „vivifier, 
faire  vivre,  preserver"  (Sayce  p.  4,  n.  28;   Halevy  p.  181,   n.  29; 
nach  Len.  p.  92 — 4;  301  accadisch);  vgl.  ti  «vie*;  tila  „pr^servant* ; 
aach  tin   „vivifier,   vie,    preservateur ,  vivifie**.     Das   aus  derselben 
Grundform  gebildete  kyprische  Zeichen  steht  für  Dental  +  t  (dV,  ti, 
9'i\  vergl.   Deecke,   Urspr.  d.  ky|)r.    Syll.  T.  11,    n.  18.     Medisch 
bat  es  mehrmals  den  weicheren  Laut  (ü  z.  B.  in  Haldida  (Men.  I, 
p.  133,  n.   101);  Bagijadis  (ebd.  p.  138,  n.  119);  Haisijadijais  =  ap. 
At^jädija   (ebd.   p.    139,   n.    124).     Dann   steht   es   aber  assyrisch 
auch    assibilirt   für   sil,    monogr.   silu  „side**;    „cote,   flanc"  (Sayce 
©bd;  Hai.  p.  181,  n.  29;  vgl.  Leu.  p.  91;  301),  sowie  für  sabatu 
»ergreifen*  (Sayce  ebd.,  vgl.  Len.  p.  90;  301).    Altpersisch  hat  das 
Zeichen  den  Werth  von  ga  (d^a)  und  g  (d&)   vor  u;  es   ist   dem- 
*iach  ti,  di  durch  dj  in  dX  übergegangen  zu  denken.     Kem's  Deu- 
^g  als  zh=frz.  j  (p.  213)  scheint  mir  nicht  wahrscheinlich. 

11)  Die  vollständigste  Form  ist  die  altniniv. ;  die  altbabyl.  hat 
*clion  die  beiden  Hinterkeilchen  verloren;  von  den  Ecken  verliert 
^  Altsusische  zwei,  die  jüngeren  Formen  vier  (Men.  I,  p.  182—^3, 
^  18).  Das  Altpersische  schliesst  sich  am  engsten  ans  Altninivi- 
tische  an,  das  durch  wagerechte  üralegung  des  zweiten  senkrechten 
Keils  einen  Winkel  bildet,  aus  dem  der  altpers.  Haken  entstehen 
koBüte;  von  den  Ecken  hat  Letzteres   nur   zwei,   die   wie   in   der 


-% 


278        Deeehe,  Über  den  Ursprung  der  alipersischen 

armen.  Variante  zu  horizontalen  Keilen  ausgezogen  sind.  Den 
mittleren  Hinterkeil  erkläre  ich  aus  der  Fortsetzung  des  durch- 
gezogenen Vorkeiles  entstanden,  also  nicht  wie  in  der  arm.  Va- 
riante. Der  assyr.  Lautwerth  ist  zi  (Sayce  p.  9,  n.  80;  Hai.  p.  184, 
n.  83),  vielleicht  ahgekürzt  aus  ziqqu  (zik^)  «souffle,  &me,  yie* 
(Hai.  p.  236);  der  altpersische  ^  vor  i,  und  so  entsprachen  sich  die 
heiden  Zeichen  im  Namen  ap.  Ka(m)bugija  =  assyr.  Kambuzija 
(M6n.  I,  p.  88—9,  n.  8). 

12)  Die  altbab.  Form  (M6n.  I,  p.  192—3,  n.  101,   berichtigt 
p.  401),  der  die  susische  zunächst  steht,   büsste  im  Altpersischen» 
wie  im  Neubabylonischen,  den  feinen  senkrechten  Verbindungsstrich, 
der  Köpfe  der  sich  kreuzenden  Mittelkeile  ein ;  diese  selbst  wurden, 
wie  im  Neuninivitischen   und  Armenischen   senkrecht   aufgerichtete 
Der  anarische  Lautwerth  ist  ta  (Sayce   p.  17,   n.  190   und   p.  lÄ, 
n.  205;    Hai.    p.    193,    n.    188)    und   die  Bedeutung  «direction  en 
sens  divers,  dans,  de*,  „in,  from*;   vgl.  tag,  tagtag   ,toumer*  (Lea. 
p.    122;   300;    accad.).     Auch  altpers.  hat  das  Zeichen  den  WerÜb 
ta,  aber  auch   t  vor  i.     Beide    entsprechen   sich    in  Namen    r^l- 
massig  z.  B.   ap.  Vistä^pa  =  ass.   üstaöpa   (M^n.   I.   p.  88,   n.  10); 
Artak*satra  ~  Aiia'tatsu  (ebd.  p.  91,  n.  13);  Artavardija  =  Arta- 
varzija  (ebd.  p.  103,  n.  34);  Uüina  =  Uvitana  (ebd.  p.  104,  n.  37); 
A^agarta  =:  Jakarta  (p.  114,  n.  58)  u.  s.  w.    Das  mediscbe  Zeichen 
wechselt  im  Worte   atta  „Vater"   mit   dem   gewöhnlichen   Zeichen 
für  ta,  da  (Mordtm.  ZDMG  XVI,  p.  10,  n.  32). 

13)  Die  altniniv.  Form  scheint  die  älteste,    ist   aber  in  ihrer 
Bildung  nicht  ganz  klar  (Men.  I,  p.  234 — 5,  n.  316);  eine  Ähnliche 
altbabyl.  Form  hat  Chossat  (p.  62,  n.  118).    Zu  der  gewöhnlichen 
altbabyl.  Form,  mit  der  die  neubabyl.  und   neuniniv.   im  Wesent- 
lichen übereinstimmen,   verhält  sich  die   altpersische  so,   dass  der 
Grundkeil  aufgerichtet  zwischen   die  beiden  senkrechten  Keile  ein- 
geschoben ward.    Der  Nachkeil  hat  auch  schon  assyrisch  oft  nicht 
Ecken-  oder  Hakenform,  sondern  einfache  grade  oder  schräge  Keil- 
gestalt, erstere  bei  Chossat  und  Hal^vy  (p.  215,  n.  467)  sogar  als 
regelmässig  aufgeführt.     Andere  Varianten  s.   bei  M6n.  II,  p.  282, 
n.  316.  —  Der  anarische   Lautwerth   des  Zeichens  ist  tuk   (tök), 
abgekürzt   vom  monogr.    tuku    (tukü)    „haben,    besitzen*,    ,»ranger, 
placer,  reimir;   poss^der"  (Sayce   p.  40,   n.    455;   Hai.    ebd.);   vgl. 
itkä  „il  a  r6uni*;  usätkanni  „il  m'a  fait  poss^der,  inspir6*;  bit  itkiti 
„la   chambre    des  d^pouilles*    (Hai.   p.    255);    dagegen    Lenormant 
(p.  302)  accad.  tuq  „avoir,   posseder*   (p.  5);   tuqtuq  „poss^der  en 
pleine  propri^te  (p.  80).     Andere  verwandte  Lautwerthe  sind  tuq, 
tug;  duk  und  du.     Der  Guttural  am  Schlüsse  ist  auch  im  Kypri- 
sehen  verstummt,  wo  das  Zeichen  Dental  +  v  lautet   (öv,  TV,  &v), 
s.  Deecke,  Ursp.  d.  kyp.  Syll.  T.  H,  n.  20.    Altpersisch  bezeichnet 
es  t  vor  u,  und  dem  assyr.  Zeichen  entsprechend  findet  es  sich  in 
Kat(a)patuka  =  assyr.  Katpatu(k)ka  (Men.  I,  p.  120,  n.  68). 

14)  Die    altpers.   Form    beruht   auf  einer  ähnlichen  Verein- 


Deecke,  ülfer  den  Ursprung  der  dUpersüchen  Keilschrift,        279 

fachung  der  altanarischen  Form  (ab.,  an.,  as.),  wie  sie  die  neu- 
babyl.,  neusus.  und  eine  neuniniv.  Variante  zeigen,  und  sie  entspricht 
dem  hinteren  Theil  der  letzteren  Formen  mit  Wegfall  der  drei 
Vorkeile,  wie  in  n.  2  (i);  vgl.  Men.  I,  p.  184 — 5,  n.  26;  p.  180 — 1, 
n.  10;  p.  301,  n.  26  u.  p.  272,  n.  10.  Der  assyr.  Werth  ist  t», 
da  (Mön.  ebd.;  Sayce  p.  25,  n.  289;  Hai.  p.  201,  n.  284),  medisch 
scheint  es  auch  ta  zu  bezeichnen.  Einem  aspirirten  Dental  ent- 
spricht es  im  assyr.  Pifagura  =  gr.  flv&ayogag  (M^n.  I,  p.  151, 
n.  171).     Der  persische  Lautwerth  ist  t*a  und  t*  vor  i  und  u. 

15)  Die   Umschreibung    der    mit    diesem   Zeichen  versehenen 
altpersischen  Wörter  im  Medischen  und  Assyrischen  zeigt,  dass  in 
der  Aussprache  ein  Sauselaut  oder  Zischlaut  durchklang,   weshalb 
ich  th:  imd  nicht  tr  angesetzt  habe;  vgl.  ap.  Artak^sat^ä  =  med. 
Artahsa(s)8a ,    ass.    Aila'lt^atsu ,    Artaksatsu,   Artaksa(s)su   (Men.    I, 
p.    91,    n.    13);    ap.    At^rina    ==  ^med.    Hai(s)sina,     !E[asina,     ass. 
Asina  (ebd.  p.  97,   n.    21);   ap.    Cit*ra(n)tak*ma  =  med.   §i(s)sain- 
tahma,  l^i(s)santa]|;^na,  dagegen  allerdings  ass.  Sitranta|;ima,   Sitiran- 
tahmu,  (ebd.  p.  99,  n,  27);   ap.  Atüjädija  -=  med.  Hai(s)sijatijais 
(ebd.  p.  139,  n.  124);  ap,  K*sat*rapävä  =r  med.  Saksapavana  (ebd. 
p.  141,  n.  131),  doch  gr.  aargccnrig.    Daher  ist  auch  wohl  Mit*ra 
nicht  mit  diesem  Zeichen  geschrieben,  ass.  Mitri,  doch  med.  Mi(s)sa 
(ebd.  p.  84,  n.  2),  gr.  Mirga,  Mid'oa,     Ich  habe  es   daher,   ob- 
wohl   zweifelnd,    gewagt  das   ap.   Zeichen  mit    dem    beistehenden 
anariscben    zu  vergleichen  (M6n.    I,    p.    192 — 3,    n.  93),    welches 
offenbar  ursprünglich  Saatkörner  vorstellt  und  neben  dem  gewöhn- 
lichen Werthe  si,  si,  se,  abgekürzt  aus  dem  monogr.  seum,  seam(?) 
,Kom*,  Monogramm  für  ziru  „Saat**  ist,  also  wohl  auch  den  Laut- 
werth   zir    hatte    (vgl.    Sayce   p.    4,    n.    25).     Dazu  stimmt,   dass 
es,  um  einen  Hinterkeil  vermehrt,  den  Lautwerth  sir,  ser,  monogr. 
6iru,   seru   „detour,   deplacement**  hat;  dass  femer  mehrere   Com- 
posita    die  Werthe    sir,    sir  besitzen   (vgl.  äirgunu  als   Name   des 
Zeichens)   „extension,    öloignement**,  siru   „serpent*;  ja  eines   auch 
tir;  vgl.  Sayce  p.  28,  n.  320—6;  Hai.  p.  204,  n.  317—23;  p.  143 
im   SylL   HI,  n.    55 — 7.     Die   acht  Ecken  der  altanarischen  Form 
(ab.,  an.,  as.)   sind   in   den  jüngeren  Keilschriften  überall,   wie  im 
Altpersischen,    auf   vier    reducirt,    die    sehr  mannigfaltig  gruppirt 
werden,  so  dass  auch  die  ap.  Form  sich  daraus  erklären  lässt :  die 
beiden  oberen   sind  wagerecht,    die   beiden  unteren   senkrecht   ge- 
stallt; das  Ausziehen  zu  Keilen  zeigt  auch  das  Armen.,  Med.,  mit- 
unter das   Assyrische.     Mannigfaltige  Formen   zeigt  auch  das  aus 
demselben  Grundzeichen  entstwadene  kyprische  (T€  ((!'/);  vgl.  Deecke, 
ürspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  HI,  n.  41. 

16)  Die  ap.  Form  schliesst  sich  an  die  ab.  an,  der  die  neu- 
susische  am  nächsten  st^ht  (Men.  I,  p.  236 — 7,  n.  330).  Die  schrä- 
gen Unterkeile  sind  nach  Regel  2  gradegestellt,  der  Oberkeil  nach 
Be^el  3  umgelegt,  s.  n.  2.  Den  linken  Unterkeil  hat  auch  das 
Neus.  u.  Med.  gradegestellt,  nach  Mordtmann  (ZDMG  XXVI,  p.  477. 


280       Deechey  über  den  Ursprung  der  aUpersiedten  KeiUekrifL 

n.  37)  auch  eine  armenische  Variante;  letztere  beiden  haben  aucl 
den  Oberkeil  wagerecht  gelegt,  nur  herabgerückt.  Der  Lautwerti 
ist  anarisch  tar,  nach  Hal6vy  von  assyr.  tarru  „s^parer,  d^ddei 
juger*,  Lenormant  accad.  tar  „decider,  juger/  Jedenfalls  bedeute 
es  monogr.  assyr.  dann  ^richten*',  dänu  ,,Richter'',  kann  also  aucl 
den  Lautwerth  da,  wie  im  Altpersischen  gehabt  haben  (Sayce  p.  2 
n.  5;  Hai.  p.  179,  n.  5;  Len.  p.  301;  Choss.  p.  33,  n.  37);  vgl 
noch  ap.  Arakadris  =  med.  Ara(k)kataris  (Men.  I,  p.  128,  n.  88] 
wo  sich  die  Zeichen  entsprechen.  Demselben  Zeichen  entstanunt 
gleichfalls  mit  Verlust  des  schliessenden  r,  das  nord-  und  süd 
semitische  tav  (Deecke,  Urspr.  d.  alts.  Alph.  T.  11,  22;  XJrspr.  d 
ind.  Alph.  T.  IV,  22),  sowie  das  kyprische  Zeichen  für  Denta 
+  a  (Sa,  ta,  &a);  vgl.  Deecke,  Urspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  ü,  n.  16 

17)  Aus  dem  altanarischen  Zeichen  (ab.,  an.,  as.)  rückte  de 
kleine  senkrechte  Binnenkeil,  der  auch  neususisch  grösser  geworde- 
ist, im  Altpersischen  nach  hinten;  die  beiden  grossen  liegendei 
schräg  sich  kreuzenden  Keile  wurden  nach  Regel  2  grade  gestrect 
die  beiden  kleinen  Vorkeile  verschmolzen  in  einen  Horizontalkek 
da  nach  Regel  1  die  Zahl  der  Keile  auf  fünf  reducirt  werde 
musste.  Für  die  Gradstreckung  vgl.  noch  die  armenische  Fori 
(Mordtm.  ZDMG  XXVI,  p.  476,  n.  29).  In  den  jüngeren  anar 
sehen  Formen  ist  sonst  der  Binnenkeil  geschwunden,  aus  de 
Köpfen  der  vier  liegenden  Keile  wurden  vier  Ecken,  und  dies 
gruppirten  sich  mannigfach,  wurden  auch  wieder  zu  Keilen  au. 
gezogen.  Der  assyr.  Lautwerth  ist  ti,  ti,  te,  \g,  abgekürzt  ai 
timin,  temennu,  ^emennu  ,,pierre  angulaire**;  ,fondation,  assise,  tr6no 
„floor,  foundation,  stone**,  woher  auch  ein  mit  unserm  componirti 
Zeichen  den  Namen  temen-es-gunü  führt,  nach  Halevy  „bloc,  su- 
port";  unser  Zeichen  selbst  heisst  timmenna,  tem(m)enna,  nac 
Sayce  dimmenna;  vgl.  Sayce  p.  28,  n.  327  u.  327  b;  Hai.  p.  20 
n.  324  u.  324b;  p.  238;  p.  139  im  Syll.  II,  n.  12«— 7.  Ausser- 
dem hat  das  Zeichen  noch  den  Lautwerth  dih,  monogr.  dah 
dahliu  „approcher,  s'attaquer  d^;  ,to  face";  „proximite,  voisinage 
vgl.  noch  idlhhu  ,il  s  attaque*" ;  uddiha  ^il  toucha*" ;  idda^u  ,il  sei 
presente,*'  so  dass  Halevy  auch  ein  dihu  ,pousser,  lancer,  approche 
annimmt;  vgl.  ausser  den  obigen  Stellen  Hai.  p.  234;  Len.  p.  9C 
120;  207;  233.  So  lässt  sich  der  ap.  Lautwerth  d  vor  i  e 
klliren.  Kyprisch  bezeichnet  es  Dental  +  €  (?;),  also  Sb  (tf»/),  - 
(ri/),  tfe  (d-fj)]  vgl.  Deecke,  Urspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  IL  n.    17. 

18)  Der  hintere  Theil  des  Zeichens  ninmit,  durch  Reductic 
der  vier  wagerechten  Keile  in  di'ci  (s.  den  Uebergang  im  Medischei 
auch  im  Neunini vitischen  die  ap.  Form  an.  Die  acht  Vorecken  d 
altanarischen  Zeichens  (ab.,  an.),  neususisch  auf  sechs,  neubab.  ui 
neuniuiv.  auf  vier  vermindert,  nmssten  ap.  auf  zwei  zusamme 
schrumpfen,  und  diese  noch  wieder  in  den  Haken  verschmelze 
um  Regel  1  zu  genügen.  Das  Medische  hat  sie  zu  einem  einzig'^ 
horizontalen  Vorkeil   herabgebracht   (Men.   I,   p.  192 — 3,   n.   10 J 


Dtßchey  iiber  den  Ursprung  der  dUpersiachen  Keüschrift,        281 

doch  kommt  auch  eine  Variante  mit  vier  schrägen  Vorkeilen  vor 
(M^n.  ebd.  p.  405;  Mordtm.  ZDMG  XVI,  p.  14,  n.  47,  neben  p.  24, 
IL  90),  wie  es  scheint  für  den  aspirirten  Laut  t*u  (gr.  &ü)  diffe- 
renzirt.  Unser  Zeichen  hat  as83rr.  den  Werth  tu,  abgekürzt  aus 
seinem  monogramm.  Werth  und  Namen  tura,  tun,  nach  Lenor- 
mant  accad.  „i^finne,  malade*;  „le  malade*;  „infirmit^,  maladie"; 
dam  turaga  ,infirme*;  nach  Hal6vy  und  Sayce  eigentlich  „se  cou- 
cher (auch  von  der  Sonne),  ßtre  couch^*;  „to  descend*;  vgl.  Sayce 
p.  7,  n.  60;  Hai.  p.  183,  n.  62;  Len.  p.  82;  303.  Altpersisch  hat 
das  Zeichen  den  Werth  d  vor  u,  vielleicht  du  (Kossow.  Enunt. 
p.  4,  n.  18  u.  Add.  p.  13;  Spiegel  p.  193  unter  Kud(u)ru8),  und 
das  assyr.  Zeichen  entspricht  ihm  in  ap.  Däduhja  =  ass.  Za'tu 
(Men.  p.  106,  n.  43),  wo  letzteres  also  auch  weich  zu  sein  scheint 

Tafel  m. 

19)  Der  Ursprung  des  ap.  Zeichens  aus  der  als  Variante  ge- 
gebenen ab.  Form  (Cun.  Insc.  of  W.  As.  U,  pl.  I,  1.  41,  s.  Choss. 
p.  44,  n.  68  u.  p.  49,  n.  86)  ist  klar;  die  liegenden  Keile  sind 
nach  Regel  2  wagrecht  geworden.  Im  Uebrigen  s.  Men.  I, 
p.  218 — 9  n.  197.  Einer  der  assyr.  Lautwerthe  des  Zeichens  ist 
nat,  ursprünglicher  nad  (M6n.  11,  p.  188,  n.  197;  Sayce  p.  34,  n. 
399  ;  Hai.  p.  210,  n.  398),  letzterer  nach  Halövy  aus  na'du  ,6lev6*; 
vgl.  nahid(u)  ^majestueux* ;  „clear,  glorious*"  (M6n.  I,  p.  184 — 5, 
n.  30;  Sayce  p.  16,  n.  179);  itta'id  „il  a  tenu  pour  sublime,  il  a 
obei*;  nidutuv  „hauteur,  excellence**  (Len.  p.  21;  177;  249).  So 
W^n  es  auch  assyr.  die  Lautwerthe  na  und  ni  gehabt  haben, 
^e  im  Altpersischen  na  und  n  vor  i.  Jener  Werth  könnte  auch 
*^  den  monogr.  Bedeutungen  nakaru  ^feindlich"  und  napuhu  „to 
dawn"  (Sayce  ebd.)  hergeleitet  werden. 

20)  Die  beiden  Haken  der  anarischen  Form  (M«^n.  I,  p.  216 — 9, 
^-  187 — 8),  am  deutlichsten  neubabyl.  und  altniniv.,  sind  im  Alt- 
persischen  erhalten  und  sjmunetrisch  gleich  gross  gemacht;  die 
schräg  liegenden  Verbindungslinien  sind,  wie  nn.;  grade  gestreckt 
(nach  Regel  2)  und  dann,  um  Identität  mit  n.  35  zu  vermeiden, 
'Jach  hinten  gerückt ;  der  Schlusskeil  fiel  fort.  Der  Lautwerth  des 
**syr.  Zeichens  ist  num,  nuv,  nü,  nu,  daneben  enum,  enuv,  was 
^er  Name  des  Zeichens  zu  sein  scheint,  nach  Hal^vy  mit  prosthe- 
tischem e  „hauteur,  ciol**;  dann  aber  auch  nim  und  enim,  inim, 
Dach  Halevy  von  ninimu  „toe  ^lev^ ;  61ev6 ;  pays  ^lev^** ;  nach  Le- 
normant  accad.;  vgl.  Sayce  p.  31,  n.  361;  Hai.  p.  207—8,  n.  360; 
P-  132  im  Syll.  1,  n.  451—2;  p.  138  im  Syll.  H,  n.  53;  p.  140, 
ebd.  n.  144;  Len.  p.  131;  163;  323.  —  Den  Werth  nü  hat  auch 
^as  verwandte  Zeichen  bei  Sayce  p.  32,  n.  365,  wo,  wie  im  Altpersi- 
schen, der  senkrechte  Schlusskeil  fehlt,  aber  durch  drei  Quer- 
Keilchen  ersetzt  ist.  Im  Ap.  bedeutet  das  Zeichen  n  vor  u.  — 
Beinerken  will  ich  noch,  dass  auf  die  Gestaltung  des  ap.  Zeichens 
vielleicht  das  anarische   gewöhnliche  Zeichen   für    nu    (Men.    I,  p. 


282       Deeckey  über  den  Ursprung  der  aUperaiachen  Keüeehrift. 

186 — 7,  n.  55)  nicht  ohne  Einfluss  gewesen  ist,  da  dessen  medische 
Form  genau  die  Hälfte  von  jenem  ist;  vgl.  das  ähnliche  Verhält- 
niss  von  n.  5  (ku)  zu  n.  6  (k^a).  Auch  die  Beziehung  zu  n.  35 
ist  vielleicht  eine  tiefere,  da  dies  Zeichen  assyr.  monogr.  nun(u) 
„Fisch*  bedeutet  (M6n.  I,  182—3,  n.  20). 

21)  Die  Identificirung  halte  ich  nicht  für  sicher.  Ist  sie 
richtig,  so  sind  die  drei  Oberkeile  des  ap.  Zeichens  aus  den  drei 
Yorderkeilen  des  anarischen  entstanden,  nach  Kegel  2  alle  grade- 
gestreckt, wie  meist  in  den  jüngeren  anarischen  Formen;  der 
mittlere  ist,  wie  in  diesen,  mitiüiter  etwas  gekürzt  (M6n.  I,  p.  180 
— 1,  n.  3).  Der  senkrechte  Hinterkeil  ist  heruntergerückt,  um 
Identität  mit  n.  28  zu  vermeiden ;  der  zweite  ünterkeil  wäre  dann 
der  Symmetrie  wegen  hinzugefügt.  Das  assyr.  Zeichen  hat  den 
Lautwerth  ba  aus  seiner  monogr.  Bedeutung  banü  „bauen,  zeugen, 
schaffen"  (Sayce  p.  11,  n.  103;  Hai.  p.  186,  n.  107);  vgl.  ibnu 
„il  a  fait";  binüt  „oeuvre**  (Hai.  p.  231);  banu  „cröateur,  g6n6ra- 
teur*;  ibbanü  „ils  sont  formes'*;  bintu,  pl.  banäti  „fille";  bit(u) 
„maison*^  u.  s.  w.  (Len.  p.  170;  188;  230).  Altpersisch  hat  das 
Zeichen  den  Werth  pa  und  p  vor  i  und  u;  es  entspricht  aber 
dem  assyr.  ba  in  Ka(m)pada  =  assyr.  Kambadu  (Mön.  I,  p.  109, 
n.  48);  ja  dem  medischen  ba  entspricht  es  zwölfinal  (ebd.  p.  259). 
Aus  demselben  Zeichen  ist  das  nord-  und  südsemitische  bet  ent- 
standen, doch  aus  verschiedenen  assyr.  Varianten  desselben;  vgL 
Deecke,  Urspr.  d.  altsem.  Alph.  T.  I,  2  und  ürspr.  d.  ind.  Alph. 
T.  I,  2a.  Ihm  ist  in  mehreren  Schriftarten,  z.  B.  in  der  hebr. 
Quadratschrift  das  pe  angeähnelt  worden. 

22)  Auch  hier  kann  ich  nur  eine  zweifelnde  Vermuthung 
bringen.  Vielleicht  ist  das  ap.  Zeichen  aus  demselben  Grundzeichen, 
wie  das  vorige,  differenzirt.  In  mehreren  anarischen  Varianten 
(an.,  nn.,  arm.)  nehmen  die  beiden  unteren  Vorkeile  Hakenform  an 
(Uebergang  schon  ab.)  und  der  dritte  obere  Vorkeil  rückt  dann 
henmter  und  schliesst  sich  dem  linken  Haken  in  der  Mitte  an 
(Sayce  p.  11,  n.  103;  Hai.  p.  186,  n.  107;  Mordtm.  ZDMG  XXVX 
p.  478,  n.  48;  s.  auch  Men.  I,  p.  180 — 1,  n.  3);  vgl  den  ähn- 
lichen Vorgang  bei  n.  29.  Nun  fiel  dieser  Vorkeil  ap.  weg  und 
das  ganze  Zeichen  ward  umgekehrt,  wobei  nach  Regel  5  die  Haken 
ihre  Richtung  behalten  mussten.  Der  Werth  ist  ap.  f  =  p*  (vor  r) 
und  b*  (in  kaufa  ^Berg**,  zu  sansk.  kub  ^krümmen") ;  auch  indisch 
ist  b*  aus  dem  südsemitischen  b  differenzirt;  vgl.  Deecke,  Urspr. 
d.  ind.  Alph.  T.  I,  2b. 

23)  Die  Identität  ist  klar:  es  sind  nur  im  Ap.  die  Quer- 
striche nicht  durchgezogen,  während  im  Medischen  umgekehrt  der 
vordere  Theil  weggefallen  ist  (M6n.  I.  p.  188 — 9,  n.  68).  Der 
assyr.  Lautwerth  ist  pa  (Men.  I,  p.  364;  Sayce  p.  19,  n.  222; 
Hai.  p.  195,  n.  216),  doch  steht  das  Zeichen  mitunter  auch  für 
ba  (Sargon  I,  75;  H,  21,  34,  nach  Norris  Dict.  I,  p.  62).  Kyprisch 
bedeutet  es  Labial  -f-  a,  also  ßa,  na,    <fa,   ersteres  z.  B.  immer 


Deeche^  über  den  Ursprung  der  altpersischen  Keilschrift.         283 

in  ftaadmig;  vgl.  Deecke,  ürspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  I,  n.  11.  So 
ist  erklärlich,  dass  es  ap.  ba,  aber  auch  b  vor  i  und  u,  bedeutet. 
Es  hat  also  bei  den  Labialen  eine  ähnliche  Verschiebung  der 
Lautstnfen  stattgefunden,  wie  bei  einigen  Gutturalen. 

24)  Die  ap.  Form  entspricht,  bis  auf  den  Wegfall  des  Grund- 
keiles, genau  der  ab.  Variante  in  der  Variantenspalte,  aus  Ohossat 
p.  96,  n.  230;  eine  ähnliche  Variante  mit  schrägstehenden  Haupt- 
keilen hat  auch    M^nant  I,   p.  224 — 5,   n.  241    (unter   sik).     Der 
gewöhnliche  assyr.  Lautwerth  ist  mä,  mit  der  monogr.  Bedeutung 
«Schiff*,    nach  Lenormant  accadisch,   nach   Hal^vy   abgekürzt   aus 
mak  ,roseau,  tronc,  vaisseau*  (aus  Wasserpflanzen  verfertigt);  vgl. 
Sayce  p.  12,  n.  121;  Hai.  p.  188,  n.  124;  Len.  p.  319.     Der  ap. 
Werth  ist   ma.  —  Ob  zwischen   diesem  Zeichen  imd   demjenigen, 
woraus  n.  30    (va)    entstanden   ist,    eine  ursprüngliche   Verwandt- 
schaft existirte,  bedarf  weiterer  Untersuchung.     Letzteres   vertritt 
regelmässig  medisch  und  assyrisch  in  persischen  Namen  die  Sylbe 
ma  (M6n.  I,  p.  327). 

25)  Die  acht  wagerechten  Keile  der  ab.  Form  werden   schon 
an.  tmd  as.  zu  sechs,  medisch  zu  fünf,    neususisch   zu    fünf   oder 
vier,  ab.  und  nn.  zu  vier  (Men.  I,   p.  186 — 7,   n.  46;  p.  196 — 7, 
D.  16);  das  Ap.  behielt  nur  zwei,  wie    das  kyprische    ve  (Deecke, 
^rsp.  d.  kypr.  Syll.  T.  IV,  n.  48).    Dagegen  ist  im  Ap.  ein  meist 
verkürzter,    senkrechter    Keil    vorgetreten,    vielleicht    zur    Unter- 
scheidung vom  assjTT.  lat,  lit  (Sayce  p.  30,  n.  348  u.  s.  w.).    Der 
ässyr.   Lautwerth  ist  mi,    vi    (daher    kypr.    ve),    nach    Lenormant 
(p-     320)  accadisch  „etre  noir**,  daher  mi  „noir*  (p.  34;   67);  mimi 
,ol>scurit^,  t^n^bres**  (p.  67);  miga,  mimiga  „noir,  t6n6breux"  u.  s.  w.; 
n^H  Hal^vy    (p.  208,    n.  373)   verwandt   mit   musu   „Nacht*,  was 
CHX  e  seiner  monogr.  Bedeutungen  ist,  s.  noch  Sayce  p.  32,  n.  374. 
^t,persisch    ist  es  mi  und   m   vor  i,    und   so    entspricht   es   dem 
^arischen  in  M(i)t'ra  =  med.  Mi(s)sa,  ass.  Mitri   (Men.  I,   p.  84, 
ß-    2),  gr.  MiTQa,  Mi&Qa ;  Vaumi^a  =  med.  Vaumisa,  ass.  Umisi 
(eV>d.  p.  102,  n.  32),   gr.  *Sifiiatjg;   Uvärazmija  ==  med.  Varasmija 
(ebd.  p.  113,  n.  56),   gr.  Xagafffila;   Armina  =  med.  Harminuja 
(ftbd.  p.  119,  n.  67);  bumija  =  med.  bumija  (ebd.  p.  143,  n.  140). 

26)  Die  an.  Form,  die  am  vollständigsten  ist,  hat  noch  acht 
Ecken,  die  neus.  sechs,  alle  übrigen  nur  vier,  die,  mannigfach  ge- 
formt und  geordnet,  an.  zu  zwei  Doppelkeilen  verbunden  sind 
fM^n.  I,  p.  186 — 7,  n.  48).  Der  hintere  Theil  ist  nur  an.,  ab. 
^nd  susisch  erhalten,  ist  verschieden  gestaltet  und  hat  in  letzteren 
beiden  Schriftarten  schon  den  kleinen  Reiter  eingebüsst.  Im  Alt- 
pers.  sind  die  beiden  vorderen  Ecken  zu  Horizontalkeilen  aus- 
gezogen, wie  im  Medischen;  die  beiden  folgenden,  statt  zum 
öoppelkeil,  wie  im  Ab.,  was  gegen  Regel  4  gewesen  wäre,  zum 
Haken  verbunden;  der. hintere  Theil  des  wagerechten  Hauptkeiles 
Ward  als  selbständiger  Keil  abgetrennt  (vgl.  n.  11):  Alles  übrige 
Oiusste   nach  Regel    1    wegfallen.     Der  assyr.  Werth   ist  mu,   vu 


284        Deeeke,  iÜ^er  den  Ursprung  der  aUpereischen  KeüeckHfi, 

(Sayce  p.  4,  n.  23;  Hai.  p.  180,  n.  24;  M^n.  I,  p.  338),  nach 
Lenonnant  accadisch  ^nommer;  nom,  renom;  ann^e*',  dazu  muda 
„renomme»  glorieux*'  (p.  107 — 9;  320 — 1).  Kyprisch  sind  daraas 
durch  Differenzirung  die  Zeichen  für  fiv  (mu),  fio  (m^)  ^^id  vo 
enstanden  (Deecke,  ürspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  HI,  34  u.  35;  T.  IV, 
49).  Altpersisch  gilt  das  Zeichen  als  m  vor  u,  und  so  entspricht 
es  dem  anarischen  in  Mudräja  =  med.  Musiraja,  ass.  Musnri  (M^ 
I,  p.   122,  n.  74). 

27)  Aus  der   altanarischen  Form   (ab.,   an.)   entstand  die   ap., 
indem  erstens  der  den  Winkel  links  schliessende  senkrechte  Strich 
sich  als  selbständiger  Keil  von  verjüngter  Gestalt  ablöste,   wie  in 
allen  jüngeren  anarischen  Formen ;  zweitens  der  Winkel  selbst  nach 
Regel    6    umgedreht    ward;    drittens    der    den    unteren    SchenkeL 
schneidende  senkrechte  Keil  zum  wagerechten  Hinterkeü  umgelegt, 
wurde  (M6n.  I,  p.  186 — 7,  n.  53);  vgl.  die  analogen  Umbildungen 
des    formverwandten    Zeichens   M   im  Anarischen   selbst  (M^n.  I^ 
p.  220 — 1,   n.   205)  und  für   den  Hinterkeil   das   Mediscbe   unter" 
n.  28.     Das    assyr.    Zeichen    hat    als    Monognunm   den  Lautwertla. 
ja'u  (jahu),  jau  „to  be**  und  bedeutet  „Gott*,  insbesondere  den  Gotfc> 
Jau    (Jao,    Ao),    hebr.    Jahve,    den   „Seienden*,    vgl.  Sayce    p.  13^ 
n.   139;   Hai.    p.  189,    n.  137;    p.  142  im    Syll.  UI,    n.  51.     AI» 
Name   des   Zeichens    wird   demgemäss  ili   „Gott*   angegeben;    abeir^ 
auch  i  muss  es   gelesen  worden  sein  und  geheissen  haben,  da  e^ 
selbst  durch  i  umschrieben  wird  und  seine  Verdopplung  i-min-nab^ 
heisst  d.  i.  i  (et)  le  meme;    vgl.    Len.    p.    93,    n.    1;    p.    282 — 3^ 
Sayce  p.  13,  n.   139  und  140;  Hai.  p.  142  im  Syll.  ffl,  n.  51—3- 
Der  ap.  Werth  ist  ja  und  j  vor  i,  aber  es   schliesst  sich  auch 
ein  vorhergehendes  i  an  und  steht  am  Ende   der  Wörter  nach 
(Koss.  Enunt.  p.  6,  n.  6 — 7). 

Tafel  IV. 

28)  Das  ap.  Zeichen  entspricht  dem  anarischen  (ab.,  nb.,  mu, 
arm.)  nach  Weglassung  des  Mittelstückes:  man  kann  sich  die  Ent- 
stehung auch    so  denken,   dass   der    obere  und  untere   Vorderkeil 
mit  den  hinter  ihnen  liegenden    verschmolzen,    wobei    der    kleine 
Reiter  des  Ass.  und  Nb.  verloren  ging.    Mit  Ausnahme  des  letzteren 
Verlustes  zeigt  sich  genau  derselbe  Vorgang  bei  Vergleichung  der 
medischen  Form  mit  der  an.  und  ns.  (Mon.  I,  p.  190 — 1,  n.  80).  — 
Der  assyr.  Lautwerth  ist  rä,  ra,  abgekürzt  aus  rahasu  „to  inundate'; 
„laver,  inonder**;  „inondation,  action  de  couler"  (Sayce  p.  24,  n.  286; 
Hai.  p.  201,  n.  278;  p.  125  im  Syll.  I,   n.  179);   dagegen   nimmt 
Lenonnant  (p.  328)  ein  accadisches  Verb  rä  „arroser,    irriguer*  an. 
Uebrigens  kann  der  Werth  ra  auch  auf  eine   andere  monogr.  Be- 
deutung rapasu   „to   enlarge**   (Sayce  ebd.)    zurückgeführt    werden; 
vgl.  Len.  p.  130    u.   26 G  rapsu  „vaste,   ^tendu."     Altpersisch  be- 
deutet das  Zeichen  ra  und  r  vor  i,  und  es  entspricht  regelmässig 
in  der  Umschreibung  der  Namen  dem  anarischen  Zeichen  z.  B.  ap. 


Deechf,  Hier  den  Umprung  der  aUpersiachen  /CeiUehrifi.       285 

Aaramazdä  =  med.  Uramasda,  ass.  Uramazda  (M^n.  I,  p.  82,  n.  1); 
Arijärämna  =  med.  Harijaramna,  ass.  Arjaramna  (ebd.  p.  86,  n,  6); 
Arak'a  =  ass.  Ara^u  (ebd.  p.  100,  n.  29);  Fräda  =  med.  Parada, 
ass.  Parada*  (ebd.  p.  101,  n.  30)  u.  s.  w.  Aus  dem  anarischen 
Zeichen  ist  auch  das  kypr.  Qa  entstanden  (Deecke,  Urspr.  d.  kypr. 
Syll.  T.  n,  n.  26). 

29)  Das  ap.  Zeichen  entstand  aus  dem  ab.,    dem  das  as.  am 
nächsten  steht,   indem  der  Grundkeil   zum  Vorkeil  ward  und  die 
Haken  nach  Regel  5  sich  umkehrten  (M6n.  I,  p.  190 — 1,  n.  82); 
vgl.  zu   ersterem   Vorgange    die    nn.,    arm.,    med.  Form   und    die 
Varianten  von  n.  22;  die  Umkehr  des  linken  Hakens  hat  auch  das 
Nb.  und    das  Archaistisch -Niniv.  z.  B.  auf  der  Stele  von  Lamaka 
(Cun.  Insc.  of  W.  As.  EQ,  pl.  XI,  col.  11,  lin.  3).     Der  assyr.  Laut- 
werth  ist  rum,  ruv,  rü,  ru  (Sayce  p.  3,  n.  11;  Hai.  p.  179,  n.  11), 
nach  Hal^vy  abgekürzt  aus  rümu,  rumu  „seigneur,  prince**  (p.  251); 
vgl.  ramu  „haut,    elev^"  (ebd.);    „lieu  haut  de  culte;    prosperit^*; 
ramü  „elevant,    exaltant";  irammu  „il  relftve**;  tarame  „tu  soulfeves 
häuf*  (Len.  p.  266).     Der  ap.  Lautwerth  ist  r  vor  u,  imd  so  ent- 
spricht  es   dem   medischen   Zeichen    in   Ku(n)durus  =  med.  Kun- 
tarus  (Men.  I,  p.  126,  n.  84);  Paruzana  =  med.  Baruzanam  (ebd. 
p.   142,   n.   135).      Aus   demselben  Grundzeichen  ist  kypr.  {)v  (ru) 
entstanden  (Deecke,  Urspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  IH,  n.  30). 

30)  Bei    der  Entstehung   der  ap.  Form  wurde  der  senkrechte 
Vorderkeil    der   altanarischen  Figur  (ab.,    an.)  vergrössert,   wie  in 
^er  an.  Variante  und  im  Susischen,  besonders  aber  im  Medischen; 
^^r  Grundkeil  ward  verkürzt,  wie  in  fast  allen  jüngeren  anarischen 
*^omien;    statt   des    oberen  wurde  der  mittlere  Horizontalkeil  ver- 
*^gert,  nach  vom  durchgezogen  und  so  ein  Vorkeil  gebildet.    Der 
*^ntere   senkrechte  Keil  musste   dann  als  überzählig  nach  Regel  1 
Wegfallen,  wie  der  vordere  im  N^.,  Nn.  und  Medischen  weggefallen 
^^t  (Men.  I,   p.  186 — 7,   n.  45).      Der    assyrische   Lautwerth    des 
Zeichens  ist  ma,  va,    abgekürzt  aus  dem  zugleich  als  Namen  des- 
selben dienenden  mamü,   nach  Halevy  „demeure,  campagne,  pays'* 
Tj).   201,  n.  286;   p.  149  im  Syll.  IV,   col.  2,   n.   10);    und, so  be- 
deutet   es   monogr.   auch   m5t(uv)   „Land**  (ebd.),    pl.  matäti,    nach 
Jlienormant  (p.  248)    aus   accad.  mad(a).     Doch  entstand  aus  dem- 
selben Grundzeichen  das  nord-  und  südsemitische  mem,  wahrschein- 
Xich  =  ,, Wasser**,    und    ebenso    das   kyprische    ma    und    va;    vgl. 
^fceecke,    Urspr.   d.    altsem.  Alph.  T.  U,   13;    Urspr.    d.    ind.  Alph. 
tr.  III,  13;  Urspr.  des  kypr.  Syll.  T.  HI,  31,  und  IV,  47.  —  Der 
^^Itpers.    Werth    ist   va    (v   vor   u    ist    noch    nicht    nachgewiesen), 
^^ährend  für  ma  ein  anderes  Zeichen  gewählt  vnirde  (n.  24).     Das 
^ip.  va  entpricht   dem   anarischen  in  Viväna  z=  med.  Vivana,    ass. 
Xjvivana'   (Men.  I,    p.   102,    n.  33);    Vahuka  =  med.  Vauka,    ass. 
XJvahku  (ebd.  p.   105,  n.  41);  Uvärazmija  =  med.  Varasmija,  ass. 
^Wuvarisma    ebd.  p.   113,  n.  56);  (^ikt*auvatis  ==  med.  Siktu(k)vatis, 
^Lss.  Siktuvati'  (ebd.  p.   127,  n.  86);  vgl.  noch  Men.  I,  p.  328. 


286        Dsecke,  iiber  den  Ursprung  der  aÜpersUchen  Eeäsckrift. 

31)  Das  ap.  Zeicheu  hat  den  Werth  vi  nur  gelegentlich  im 
Namen  Vista9pa  (Koss.  Enunt.  7,  Z.  2),  der  aber  ass.  auch  Ustaipa 
heisst  (M6n.  I,  p.  88,  n.  10),  gr.  'Yardamig;  vgl.  noch  Vidaina 
=  'YSägvfjgy  iSigvf^',  sonst  ist  es  stets  v  vor  i.  Daher  wage 
ich,  wenn  auch  zweifelnd,  es  mit  dem  beistehenden  anarischen 
Zeichen  zn  vergleichen,  das  neben  ut,  ud  auch  den  Werth  u  hat 
Die  vier  Keile  bildeten  anarisch  ursprünglich  einen  Kreis,  der  ab. 
erhalten  ist.  Im  Ap.  nun  richteten  sich  die  beiden  hinteren  Keile 
gerade,  wie  im  An.;  während  sie  aber  dann  in  allen  andern  ana- 
rischen Formen  in  einen  verschmolzen,  blieben  sie  im  Ap.  getrennt^ 
nur  rückte,  nach  Regel  3,  der  Oberkeil  etwas  nach  links.  Der* 
obere  Vorderkeil  streckte  sich  nach  Begel  2  wagerecht,  wie  aucl& 
neusus.,  armen,  und  arch.  ass.  (Stele  v.  Lamaka  col.  I,  lin.  6  und  9) 
und  schnitt  so  den  hinteren  Oberkeil;  der  untere  Vorderkeil  da- 
gegen streckte  sich  senkrecht,  parallel  dem  unteren  Hinterkeil, 
wozu  der  Uebergang  gleichfalls  in  den  arch.  ass.  Varianten  zu  er- 
kennen ist  (M^n.  I,  p.  192 — 3,  n.  107).  Ueber  den  assyr.  Laut- 
werth  utu,  udu,  ut,  ud,  u  vgl.  Sayce  p.  35,  n.  402;  Hai.  p.  210, 
n.  401,  der  udu  als  „lumi^re  naissante,  soleil*'  deutet,  während 
Len.  utu,  utuki,  auch  uduki  als  accad.  Namen  für  ,,Sonne,  Sonnen- 
gott" fasst,  verwandt  mit  ud,  udda  Jour**;  uddu  ,sortir,  se  lever* 
(von  Gestirnen);  „le  lever*  (p.  284 — 5);  vgl.  auch  noch  u  = 
um(m)u  „Tag**,  ur(r)u  „Licht**  bei  Sayce  ebd.,  HaL  p.  144  im 
Syll.  HI,  86;  Len.  p.  33;  283.  Aus  demselben  Zeichen  ist  das 
nord-  und  südsemitische  vav  hervorgegangen,  aber  auch  das  süd- 
semitische jod  und  das  indische  u  (Deecke,  Urspr.  d.  altsem.  Alph. 
T.  I,  n.  6;  Urspr.  d.  ind.  Alph.  T.  H,  n.  6  a— c). 

32)  Die  vier  ab.  Querstriche  sind  schon  in  allen  anderen 
anarischen  Formen  auf  drei  reducirt;  armenisch  ist  die  vordere 
imd  hintere  Hälfte  derselben  getrennt,  im  Medischen  die  andere 
Hälfte  geschwunden.  Alles  genau  wie  bei  n.  23.  Hier  aber  stimmt 
das  Ap.  zum  Medischen,  da  das  umgekehrte  Verfahren,  wie  es  in 
n.  23  stattgefunden  hat,  Identität  mit  n.  28  hervorgebracht  hätte 
(Men.  I,  p.  192 — 3,  n.  96).  Der  assyr.  Lautwerth  ist  as,  nach 
Halevy  aus  assu  „fonder,  mesurer** ;  „imprecation  (wegen  der  Zahlen 
und  rhythmischen  Formeln)**;  vgl.  auch  asu,  asi  „impr^cation, 
sorcellerie*;  isit  „fondement**  (M6n.  I,  p.  395,  n.  96;  Sayce  p.  25, 
n.  292;  Hai.  p.  201,  n.  287;  p.  230;  Len.  p.  228).  Daneben 
aber  bedeutet  es  monogr.  samu  „heaven"  und  sibutu  „wish**  (Sayce 
ebd.).  Altpers.  ist  es  9a  und  9  vor  i  und  u,  so  entspricht  es  dem 
medischen  Zeichen  in  Vistä9pa  =  Vistaspa  (Men.  I,  p.  88,  10). 

33)  Die  IdentiUcirung  ist  bedenklich,  doch  weiss  ich  keine 
bessere.  In  den  jüngeren  anarischen  Formen  finden  sich  drei  oder 
zwei  Oberkeile,  ein  unterer;  in  den  älteren  dagegen  nur  ein  Ober- 
keil und  ^drei  untere  (M^n.  'I,  p.  192 — 3,  n.  90).  An  letztere 
schliesst  sich  das  Ap.  an.  Es  hat  den  schrägen  Oberkeil  der  ab. 
und  arch.  assyr.  Form  (Stele  v.  Lam.  col.  I,  lin.  43)  nach  Begel  2 


Deecke^  über  den  Ursprung  der  altpenieehen  Keilschrift,        287 

grade  gestreckt;  aus  dem  unteren  Theil  sind  zwei  Haken  geworden: 
wahrscheinlich  fiel,  wie  in  den  jüngeren  anarischen,    aus  nnr  drei 
Ecken   bestehenden  Formen,    ein  Keil  weg  und  die  beiden  andern 
nahmen  Hakenform  an,  um  Gleichheit  mit  n.  16  zu  verhüten;  vgl. 
KU   der  Entstehung   von  Haken   aus    einfachen  Keilen  n.  21.     Der 
ass.  Lautwerth  ist  sa,   sä,   verkürzt  aus  dem  Namen  des  Zeichens 
Sana   oder   sanabu   (sanibi   u.  s.  w.) ,    auch  sananabaku  (?) ,   welche 
Wörter  assyrisch  oder  accadisch  4,  40,  */«,  *®/eo  =  ^/s  »ein  Mass*. 
bedeuten  sollen.     Es  gehören  eine  Beihe  verwandter  Zeichen  dazu, 
auf  verschiedener  Oruppirung  der  vier  Ecken  oder  Keile  beruhend: 
vgl.  Sayce  p.  39,  n.  447;   n.  446a  (sS);    p.  38,  n.  441  (sa,   za); 
p.  40,  n.  458;  p.  28,  n.  320;  p.  33,  n.  385;  p.  15,  n.  166  u.  s.w.; 
Hai.  p.  214,  n.  457—8;  n.  455;  p.  215,  n.  471;  p.  209,  n.  384; 
p.  191,  n.  164;   p.  254 — 5  u.  s.  w.     Ausserdem  hat  das  Zeichen 
aber  noch   den   monogr.  Werth   sakanu  „to  make,   to  do'^;   „faire 
action*;    „agent'';    nach   Sayce    auch    „to    dwell*^,    daher  sukunnu 
„fortress** ;  femer  saraku  „to  fumish* ;  „accorder**  u.  s.  w. ;  vgl.  noch 
Len.  p.  268.      Aus   der   neuassyr.   Form   ist   das   nord-   und  süd- 
semitische  sin,   schin   entstanden   (gr.  adv,   aafini);   vgl.  Deecke, 
ürspr.  d.  altsem.  Alph.  T.  11,  n.  21;   Urspr.   d.   ind.  Alph.  T.  IV, 
IL  2 1 ;   ebenso  das  kypr.  aa  (Deecke,  Urspr.  d.  kypr.  Syll.  T.  HI, 
IL  40).  —  Altpersisch  bedeutet  das  Zeichen  sa  und  s  vor  i  und  u, 
ist    aber   wahrscheinlich    richtiger    als   sa   d.  i.   scha   zu  sprechen 
(Kern  p.  212 ff.);  vgl.  sem.  schin  neben  sin,  und  indisch  s    daraus 
differenzirt  (n.  2 1  d).      Das  ap.   und  anarische  Zeichen  entsprechen 
sich  häufig  z.  B.  in  K'sajärsa  =  med.  Iksirsa,  ass.  ^isi'arsa'  (M^n.  I, 
p.   90,  n.  12);   Artak'sat'rä  c=r  med.  Artahsa(s)sa,  ass.  Artaksa(ä)^u 
(ebd.  p.  91,  n.  13);  K'sath:ita  =r  med.  Satarita,  ass.  ISasatriti  (ebd. 
p.  92,  n.  15);  Arsäma  =  med.  Irsama   (ebd.  p.  131,   n.  94),  gr. 
*^gaä/iif^;   Bagabuk*sa  =  med.  Bakabuksa   (ebd.  p.  132,   n.  97); 
^gl.  noch  M6n.  I,  p.  389. 

34)  Differenzirt  aus  n.  9 :  die  nach  Begel  2  umgelegten  Ober- 

^Leile  sind  zwischen  die  beiden  senkrechten  hinabgerückt;  vgl.  einen 

ähnlichen  Vorgang   beim   kypr.  va  (Deecke,   Urspr.    d.  kypr.  Syll. 

T.  rV,   n.  47)   neben   ma   (ebd.  T.  III,   n.  31).      Das    ap.  Zeichen 

l>edeutet   za  und   z   vor  u   (vor  i  noch   nicht   nachgewiesen)   und 

entspricht  dem   anarischen   in    Zara(n)ka  =  ass.  Zaranga'  (Men.  I, 

p.  114,  n.  57),  gr.  Zagdyyai;  Zazana  =  med.  Zaizan,  ass.  Zazanu 

(ebd.  p.  125,  n.  81);  Paruzana  =   med.  Baruzanam  (ebd.  p.  142, 

n.  135)  u.  s.  w.     Auch  kyprisch  entspricht  ^a  (Deecke,  Urspr.  d. 

kypr.  SyU.  T.  IV,  n.  45). 

35)  Das  ap.  Zeichen  ist  zunächst  mit  dem  archaistisch-assy- 
rischen in  der  Variantenspalte  zu  vergleichen:  die  Haken  sind 
gleich  gross  gemacht  (der  Symmetrie  wegen)  und  die  Querkeile 
JUMsh  Regel  2  grade  gestreckt.  Das  assyr.  Zeichen  führte  den 
Kamen  dügu,  dugu,  nach  Halevy  „abondance,  multitude**,  nach 
Lenomiant   accad.    „genou**;    ein    nahe   verwandtes    Zeichen   heisst 


288        Deeeke^  über  den  Ursprung  tfer  altpersisehen  KeUeehrift, 

sa-düga-ktinu;  vgl.  Sayce  p.  81,  n.  357  und  p.  36,  n.  414;  HaL 
p.  207,  n.  356;  p.  147  im  SylL  IV,  col.  1,  n.  10;  22—3;  50; 
67;  Len.  p.  129;  307.  Nun  vertritt  dies  Zeichen  archaistisch,  wie 
die  eben  citirten  Stellen  beweisen,  das  gewöhnliche,  aus  vier  schr&g 
liegenden  Ecken  bestehende  Zeichen  1;^,  abgekürzt  aus  hig,  nach 
Hal6vy  (p.  211,  n.  414)  „fl^chir,  ployer**;  „genou" ; "  nach  Lenor- 
mant  (p.  73,  292)  ,|faire  du  bien'^,  dazu  l^i^g  „remettre  en  bon 
etat*^;  Ij^ga  „bon,  faisant  du  bien**.  Es  ist  aber  jedenfalls  mit 
diesem  ursprünglich  nicht  identisch,  sondern,  in  Folge  verwandter 
Bedeutung  oder  Form  bei  ähnlichem  Lautwerth,  mit  ihm  gemengt 
Das  Zeichen  ]^  geht  nämlich  auf  ein  schräges  Viereck,  ursprüng- 
lich wohl  einen  Kreis,  zurück  (M6n.  I,  p.  182 — 3,  n.  21);  das 
Zeichen  dügu  aber,  wie  auch  sein  gelegentlicher  Lautwerth  1ä 
zeigt,  auf  das  altanarische  Bild  des  „Fisches**,  dem  der  Lautwerth 
ha  anhaftet  und  das  später  eine  ganz  abweichende,  unkenntliche 
Gestalt  annahm:  ich  habe  seine  Formen  in  den  anderen  Spalten 
gegeben;  vgl.  M6n.  ebd.  n.  20;  Sayce  p.  39,  n.  442;  Hai.  p.  214, 
n.  449;  p.  145  im  Syll.  HT,  n.  117 — 9.  Namentlich  die  an.  Form 
zeigt  den.  Uebergang  deutlich.  Der  assyr.  Lautwerth  ist  ausser 
ha  noch  'a  (a),  ua,  vielleicht  auch  kü'a.  So  entspricht  es  in  Um- 
schreibungen persischer  Wörter  dem  blossen  a  in  apadäna  =  med. 
hapadana  (M^n.  I,  p.  130,  n.  92);  Arakadris  =  med.  Hara(k)ka- 
taris  (ebd.  p.  128,  n.  88);  dem  va  in  Harauvatis  «=  assyr.  Arul^ati* 
(ebd.  p.  115,  n.  59);  dem  Va  in  Hak^ämanis  =  ass.  A];^unams' 
(ebd.  p.  85,  n.  4),  gl-.  'A^aifABVfjg;  K'safrita  =  ass.  l^asatriti  (ebd. 
p.  92,  n.  15);  dann  aber  auch  unserm  persischen  ha  in  der  ersten 
Sylbe  von  Hak^ämanis  =  med.  Hakamanuis;  Haraiva  =  med. 
Harija  (ebd.  p.  111,  n.  52);  vgl.  noch  M^n.  I,  p.  290  ff.  An  der 
Identität  ist  also  kein  Zweifel.  Vor  u  ist  das  ap.  Zeichen  noch 
nicht  nachgewiesen  (s.  n.  3). 

36)  Dies  ap.  Zeichen  erscheint  nur  in  HaPdita  =  med.  Hal- 
dita (M^n.  I,  p.  133,  n.  101)  und  DubäPa  =  med.  Duban?  (ebd. 
p.  134,  n.  106).  Es  entspricht  also  im  ersten  Falle  einem  1,  das 
sonst  dem  Altpersischen  fremd  ist  und  daher  auch  hier  schwerlich 
anzunehmen  sein  wird;  zumal  das  Zeichen  dann  aus  dem  Assyrischen 
stark  umgestaltet  sein  müsste,  was  bei  seiner  vermuthlichen  Ent- 
lehnung wenig  wahrscheinlich  ist.  Eher  ist  anzunehmen,  dass  es, 
wie  im  zweiten  Falle  wohl  zweifellos  na,  ein  n  bedeutet  und  das 
1  vor  dem  d  in  jenem  einzelnen  Falle  statt  in  r  in  den  Nasal 
überging.  Da  wir  nun  aber  schon  ein  anderes  Zeichen  für  na,  xl 
haben  (n.  19),  so  kann  hier  nur  ausnahmsweise  Entlehnung  statt- 
gefunden haben,  und  dafür  spricht  die  vollkommene  Identität  mit 
dem  medischen  Zeichen,  dem  auch  ab.  Formen  ganz  nahe  kommen. 


Als  Resultat   dieser  Vergleichung  ergiebt   sich,  dass  das  alt- 
persische   Alphabet  (oder  richtiger  Syllabar)  sich   durchaus  nicht, 


Deecke,  über  den  Ursprung  der  alipertiseken  KnUekrift,        289 

wie  man  erwarten  sollte,  an  das  modische  Syllabar  anschliesst  oder 
überhaupt  an  irgend  eine  jüngere  anarische  Form,  sondern  dass 
es  direct  aus  der  altanarischen  Keilschrift  entstanden  ist.  und 
zwar  weist  die  Mehrzahl  der  Zeichen  speciell  auf  das  Altbabylo- 
nische hin,  aus  dem  auch  das  Altninivitische  und  Altsusische  ab- 
gezweigt scheinen.  Demnach  ist  die  Entstehung  des  ap.  Alphabets 
in  eine  bedeutend  frühere  Zeit  zu  setzen,  als  man  bisher  an- 
genommen hat:  es  ist  wahrscheinlich  sogar  älter,  als  das  altsemitische 
Alphabet,  das  schon  die  cursivassyrische  Form  voraussetzt.  So 
haben  denn  die  Perser  überhaupt  ihre  Cultur  nicht  erst  von  den 
Medem,  nicht  einmal  von  den  Assyrem,  sondern  schon  in  älterer 
Zeit  immittelbar  von  Babylon  aus  erhalten,  ein  Factum,  das  von 
bedeutender  culturhistorischer  Wichtigkeit  ist  und  näherer  Er- 
forschung auch  nach  anderen  Richtungen  hin  bedarf.  In  ihrer 
Schöpfung  eines  dem  Alphabete  schon  so  nahe  stehenden  Syllabars 
haben  die  Perser  aber  von  vorn  herein  ihre  geistige  üeberlegen- 
heit  über  Assyrer,  Meder,  Armenier  bewährt  und  ihre  weltgeschicht- 
liche Bolle  im  voraus  angedeutet. 


^d.  XXXII,  19 


290 


Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahäbhärata. 

Von 

Adolf  Holtunann« 

§  1. 
Indra  der  Götterkönig. 

Während  der  Blüthezeit  der  epischen  Poesie  galt  Indra  ohne 
allen  Zweifel  für  den  grössten  und  mächtigsten  aller  Götter.  Der 
tapfere  Asnrenkämpfer  war  das  beliebte  Vorbild  der  irdischen  Krieger, 
der  rechte  Gott  der  Schlachten  und  der  Helden,  und  blieb  es  auch 
so  lange  als  die  Heldenzeit  des  indischen  Volkes  dauerte.  In 
dieser  bevorzugten  Stellung  finden  wir  den  Indra  noch  in  allen 
alten  Stücken  des  Mah&bhärata.  Je  älter  und  unentstellter  eine 
Erzählung  desselben,  desto  grösser  erscheint  die  Majestät  des 
Indra;  je  später  und  überarbeiteter  ein  Stück  uns  vorliegt,  desto 
mehr  hat  er  an  Machtfülle  verloren.  In  einer  Menge  von  Namen 
wird  er  bezeichnet  als  der  Herr  des  Himmels,  der  König  der 
Götter,  der  Gott  des  segenspendenden  Regens,  der  Besitzer  des 
Donnerkeiles,  der  Herr  des  unsterblich  machenden  Göttertrankes, 
der  wahre  Gabenverleiher,  von  dessen  Gnaden  jede  gute  Gabe  her- 
rührt. „Es  ist  nur  ein  Götterkönig,  er  der  heldenmüthige  Ver- 
tilger der  Feinde**,  heisst  es  3,iotf58,  und  wie  Ganga  die  erste  anter 
den  Flüssen,  so  ist  Indra  der  vorzüglichste  unter  den  Suren  d,io«5e. 

Diese  Sätze  sind  in  den   folgenden  Paragraphen   des  weiteren- 
auszuführen;    hier    entsteht    zunächst    die  Frage,    wie    und    wann. 
Indra  nach  der  Vorstellung  des  Epos  zu  solcher  Machtfülle  gelangte 
sei,  da  von  einem  Ueberkommen  derselben  durch  Erbschaft  nir^gends 
die  Rede  ist.     Am  häufigsten   ausgesprochen  und   dem  Geiste   des* 
epischen  Poesie   am   angemessensten   ist   die  Ansicht,  er  habe   die 
Herrschaft  über  die  Dreiwelt  seiner  Tapferkeit  zu  verdanken.     Er 
hat  seine  Stellung  sich  erobert,  er  wurde  Weltherrscher  erst  durch 
seinen  Sieg   über  die    Feinde   der  Götter,  die  Asura.     Wie   unten 
auf  Erden  in   den  Stammesfehden   oder   in   den  Kämpfen  mit  den 
wilden   Eingeborenen    oft  genug  tapfere   Helden  sich   zu  Königen 
aufgeschwimgen  haben  mochten^  so,  stellte  man  sich  vor,  sei  auch 


HoUzmanny  Indra  nach  den  VortUUungen  de»  Mahdbhärata,    291 

^en  im  Himmel  nach  den  siegreichen  Kämpfen  mit  den  Asuren 
^T  tapferste  der  Götter  ihr  Gott  geworden.  So  sagt  Kan?a  1,7432, 
^  er  dem  Duryodhana  offenen  Krieg  gegen  seine  Feinde  empfiehlt: 
Durch  Tapferkeit  hat  der  muthige  Bharata  die  Erde  erworben, 
tirch  Tapferkeit  hat  Indra  die  drei  Welten  sich  unterworfen.** 
benso  erzählt  M&rka946ya  3,is2i6:  ,|Als  der  schreckliche  Krieg 
tischen  Göttern  und  Asuren  beendet  war,  da  ward  Indra  Herr 
^r  drei  Welten.**  Auch  2,872,  14,98  ist  deutlich  gesagt,  dass  Indra 
irch  seine  Tapferkeit  die  Asura  besiegte  und  durch  diesen  Sieg 
err  der  Welten  ward.  Specieller  ist  die  Angabe  d,ii807  „als 
dra  durch  seine  Tapferkeit  den  Vfitra  besiegt  hatte,  ward  er 
err  der  Dreiwelt."  Ebenso  erzählt  er  selbst  12,s6«o:  „Als  ich  den 
kmbha,  Yfitra,  B&la,  P&ka,  den  Virocana,  dem  hundert  Listen  zu 
ebote  stunden,  den  schwer  abzuwehrenden  Namuci,  den  viel- 
tügen  (^ambara,  den  Vipracitti,  den  Sohn  der  Diti,  die  Söhne 
^r  Danu  allerwärts  und  den  Prahläda  besiegt  hatte,  da  ward 
h  Oberherr  der  Götter.**  Die  Einweihung  (abhisheka)  des  Indra 
11t  der  Zeit  nach  mit  dem  Kriege  gegen  die  Dänava  zusanunen 
ir.38;  was  den  Ort  anlangt,  so  wird  nur  angegeben,  sie  sei  in  der 
tÜichen  Weltgegend  gefeiert  worden  5,S767. 

Gleich  nachdem  er  Götterkönig  geworden  war,  brachte  er 
n  feierliches  Opfer,  um  sich  berühmt  zu  machen  1,4846.  Dagegen 
iisst  es  2,70,  er  habe  vorher  geopfert  und  diesem  Opfer  habe  er 
jin  Glück  zu  verdanken:  es  tritt  also  hier  die  kriegerische  Tapfer- 
»it  bereits  zurück  hinter  der  mystischen  Zauberkraft  des  Opfers, 
ach  anderen  Angaben  hat  Indra  sein  Amt  von  Brahman  erhalten. 
3  sagt  Ka^yapa  l,i45s:  „Dieser  Indra  ist  zum  Herrn  der  Dreiwelt 
^macht  worden  auf  Befehl  des  Brahman.**  Als  späterhin  die  Ver- 
irung  des  Vishnu  das  Andenken  an  Brahman  zurückdrängte,  war 
(  natürlich  dieser  Gott,  der  den  Indra  in  seine  Würde  einsetzte, 
ie  Götter  sagen  5,297  zu  Vishnu:  „Du  bist  es,  der  das  Amjita 
lubte,  du  hast  die  Daitya  in  der  Schlacht  besiegt,  den  Bali 
edergestreckt  und  dann  den  Indra  zum  Götterherm  gemacht.**  Es 
t  selbstverständlich,  dass  die  Anhänger  des  ^iva  nicht  ermangeln, 
isselbe  von  ihrem  Gotte  zu  behaupten;  z.  B.  12,4495:  „Qiva 
achte  den  tausendäugigen  Gott  zum  Herrn  des  Hinunels;**  13,694: 
'or  Alters  erwarb  sich  Indra  durch  seine  Ergebenheit  die  Gunst 
5S  Gottes,  indem  er  nackt  und  mit  Asche  bedeckt  büsste,  und  in 
olge  der  Zufriedenheit  des  Mahädeva  erlangte  er  die  Herrschaft 
Der  die  Götter;**  13,59i  heisst  Qiva  kurzweg  der  Schöpfer  und 
err  des  Brahman,  des  Vishnu  und  des  Indra.  Die  letzten  indi- 
;hen  Götter  endlich  sind  die  Brahmanen,  und  so  kann  es  nicht 
hlen,  dass  bemerkt  wird,  Indra  habe  seine  Würde  seiner  Devotion 
jgen  die  Priester  zu  verdanken  ld,2i8s,  ö,i7os;  vgl.  5,2884.  Aber 
le  diese  letzteren  Vorstellungen  sind  späteren  Datums;  die  neu, 
ndringenden  Religionen  des  9^^^  '^^^  ^®s  Vishnu  haben  in  der 
)ischen  Poesie  einfach  ihre  Götter  an  die  Stelle  der  alten  gesetzt 

19  • 


292    HolUtmann^  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdhkärata, 

sie  ermangelten  gänzlich  poetischer  Productivitfit  und  konnten  nur 
die  schönen  alten  Sagen  geschmacMos  übertreiben  und  verderben. 
Die  alte  epische  Ueberlieferung  wusste  nur,  dass  Indra  durch  eigene 
Kraft  und  durch  den  Willen  des  Schicksals,  d.  h.  des  Brahman, 
seine  Stellung  sich  erwarb. 

Als  Götterkönig  ist  Indra  ganz  das  Urbild  eines  m&chtigen, 
glücklichen  und  wohlwollenden  irdischen  Königs.  Er  selbst  lebt 
in  Lust  und  Freude,  aber  auch  sein  Regiment  ist  ein  glückliches, 
er  lässt  regnen  und  gedeihen,  die  Menschen  sind  fromm  und  zu- 
frieden, sie  wissen  von  keiner  Krankheit,  Indra  selbst  reist  umher 
und  sieht  überall  nach.  „Als  der  schreckliche  Krieg  zwischen 
Göttern  und  Asuren  zu  Ende  war**,  heisst  es  3,i32iti,  „da  wurde 
Indra  Herr  der  drei  Welten.  Immer  liess  Parjanya  die  besten 
Segenspender  regnen,  die  Geschöpfe  waren  gesund,  fromm  und  ge- 
recht, alles  Volk  war  zufrieden  und  verharrte  in  seiner  Pflicht 
Als  der  Tödter  des  Bala  das  Glück  seines  Volkes  sah,  da  war  er 
zufrieden,  der  Götterkönig  ^^atakratu ;  er  bestieg  seinen  Elephanten 
Airävata  und  besah  sich  die  vergnügten  Geschöpfe.**  —  Dieselbe 
Vorstellung,  dass  nach  Ueberwältigung  der  Dänava  und  der  Ein- 
setzung des  Indra  als  Herrn  der  Welt  Becht  und  Wahrheit  herrsehten, 
wird  auch  13,S885  ausgesprochen. 

§  2. 
Indra  und  Brahma n. 

Als  der  erwachende  speculative  Geist  des  Volkes  sich  mit  den 
alten  Naturgöttem  nicht  mehr  begnügen  konnte,  sondern  anfing,  zu- 
erst dunkel  und  unbewusst,  nach  und  nach  immer  bestinmiter  und 
bewusster,  hinter  der  Vielheit  der  einzelnen  Naturkrftfte  die  Ein- 
heit einer  das  All  umfassenden  Weltseele,  eines  höchsten  Urgrundes 
alles  Seins  zu  suchen,  da  mag  es  zunächst  wohl  nahe  gelegen  sein, 
die  imponirende  Gestalt  des  Götterkönigs  zu  dieser  hohen  Stufe 
zu  erheben,  und  es  fehlt  auch  im  Mahäbhärata  an  Stellen  einer 
solchen  pantheistischen  Auffassung  des  Indra  nicht,  obwohl  in 
dieser  Richtung  gewiss  die  spätere  Umarbeitung  das  meiste  ent- 
fernt oder  auf  Vishnu  übertragen  hat  „Du  bist  der  Wind,  du  die 
Wolke,  du  das  Feuer  des  Blitzes  am  Hinmiel,  du  der  Glanz  aller 
Wesen,  du  bist  die  Sonne  und  das  Feuer,  du  bist  die  Erde  sammt 
Bergen  und  Wäldern,  du  der  helle  Hinunel  mit  der  Sonne,  du  der 
grosse  Ocean  mit  den  Timi-  und  Timingila-Fischen**,  heisst  es  in, 
dem  Spruche  der  Kadrd  l,i285 — 1295.  Dass  aber  diese  pantheistische 
Auffassung  des  Indra  nicht  durchdrang,  lag  hauptsächlich  an  dem 
stark  hervortretenden  kriegerischen  Naturell  des  Götterkönigs;  die 
Priester  mussten  die  beschauliche  Ruhe  des  Brahman  der  energi- 
schen Tapferkeit  des  Götterkönigs  vorziehen.  Aber  auch  die  ander- 
weitigen Vorstellungen,  die  sich  über  den  persönlichen  Charakter 
des  Indra  ausgebildet  hatten,  liessen  ihn  vor  dem  nach  Grundsätzen 


HoUzmann,  Itukra  nach  fien  VarsUUnngen  tles  Mahdbhdrata.    293 

^iner  immer  scrupulöseren  Moral  prüfenden  Auge  der  späteren 
^Weltanschauung  jener  hohen  Stufe  nicht  mehr  würdig  erscheinen; 
^^ine  Gewaltthätigkeiten  und  seine  Liebeshändel  empfahlen  ihn 
^^cht  dazu,  seitdem  das  moralische  Gewissen  des  Volkes  ein  zar- 
teres, feiner  fühlendes  geworden  war. 

Zwar  fehlt  es  dem  Götterkönige,  auch  abgesehen  von  seiner 
heldenmüthigen  Tapferkeit,  nicht  an  trefflichen  Eigenschaften;  be- 
sonders wird  seine  Grossmuth  hervorgehoben,  er  erscheint  als  mit- 
fühlender Freimd  nicht  nur  der  Menschen  (freilich  zunächst  der 
Krieger  und  Könige),  sondern  auch  der  Thiere.  Er  erbarmt  sich 
(3,329 — 34o)  eines  vor  den  Pflug  gespannten  Bindes,  das  hart 
schleppen  muss,  und  lässt  stark  regnen,  so  dass  der  Bauer  ge- 
zwungen wird,  von  seiner  Arbeit  abzulassen.  In  der  Geschichte 
von  Nala,  welche  durch  ihre  Popularität  einer  durchgreifenden 
üeberarbeitung  in  vish^uitischen  Sinne  entging,  zeigt  sich  seine 
grossmüthige  Denkweise  deutlich.  Denn  er  wird  nicht  wie  Kali 
in  seinem  Ehrgeize  dadurch  gekränkt,  dass  Damayanti  bei  der 
Gattenwahl  einen  sterblichen  Menschen  ihm  vorgezogen  hat;  er 
verhilfb  ihr  vielmehr  selbst  dazu,  den  Nala  zu  wählen,  beschenkt 
das  Paar  reichlich  und  bemüht  sich  den  Zorn  des  Kali  zu  be- 
schwichtigen. Auch  als  Wächter  der  Moral  tritt  er  auf,  wie  wenn 
er  im  Vereine  mit  Agni  die  Tugend  des  U^inara  prüft:  »Er  richtet 
in  der  Welt  Wahrheit  und  Falschheit*  l,8io.  Ein  alter,  5,888  an- 
geführter Spruch  droht:  ^Den  trifft  Indra  mit  dem  Donnerkeile, 
welcher  den  Schützling  dem  Feinde  ausliefert.*'  Sehr  neu  dagegen 
ist  der  Versuch,  den  alten  Heldengott  gewaltsam  als  büssenden 
Heiligen  erscheinen  zu  lassen,  5,82o:  ., Durch  tugendhaften  Wandel 
hat  Balabhid  den  höchsten  Bang  unter  den  Göttern  erreicht,  er 
gab  Wohlleben  und  Sinneslust  auf  und  pflegte  eifrig  Wahrheit 
und  Tugend;  so  wurde  ihm  die  Königswürde  zu  Theil."  Nach 
6,3365  bestraft  Indra  Denjenigen,  welcher  seinen  Geführten  in  der 
Noth  im  Stiche  lässt  und  geruhig  nach  Hause  geht,  und  nach 
5,4089  erwirbt  man  sich  durch  unverbrüchliche  Wahrheitsliebe  die 
Gunst  des  Indra  und  des  Agni. 

Aber  so  wenig  wie  an  Lob  fehlt  es  an  Tadel.  Er  bekämpft 
seine  Feinde  ebenso  oft  mit  Verrath  und  Heimtücke  als  mit  ehr- 
lichen Waffen  und  handelt  ganz  nach  dem  Grundsatze  seines  Priesters 
Brihaspati,  dass  gegen  Feinde  jedes  Mittel  erlaubt  sei  2,24r>9.  Den 
feierlich  geschlossenen  Vertrag  mit  Vptra  bricht  er,  indem  er  sein 
Gewissen  mit  höchst  sophistischen  Spitzfindigkeiten  beruhigt  »Viel 
Unrecht,  Betrug  und  Heimtücke",  sagt  Nahusha  5,874  zu  den  himm- 
lischen ^ishi,  „hat  sich  Indra  ehedem  erlaubt,  warum  habt  ihr  ihm 
nicht  gewehrt?**  In  der  nämlichen  Erzählung  (5,263)  antwortet 
Indra  auf  die  Frage,  ob  er  sich  denn  vor  Brahmanenmord  nicht 
fürchte:  „Ich  werde  späterhin  schon  schwere  Busse  büssen,  um 
mich  zu  reinigen.*^  Auf  die  Bewahrung  seines  Ansehens  ist  er  auf 
das  eifersüchtigste  bedacht,  wie  er  z.  B.  den  König  BhaAgä9vana, 


204    HoUzmann,  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahäbhdrata, 

der  ein  dem  Indra  unangenehmes  Opfer  bringt,  ohne  ihn  za  mfenL 
(anahüya  mam  13,ft67),  zur  Strafe  in  ein  Weib  verwandelt  (ebd.  mt)« 
Besonders  aber  wusste  die  alte  Sage  viel  von  seinen  Liebschaften, 
zu   erzählen,   aber   freilich   hat   hier   spätere  Frömmigkeit  die  an- 
stössigsten  Züge    entfernt.      Er  heisst  ein  Frauenjäger  (parastrikÄ- 
macärin)  13,22«5,   wo   seine  Liebe   zu   der  schönen  Brahmanenfran. 
Buci  erzählt  wird  und  er  sich  2327  die  Anrede :  „Leidenschaftlicher, 
schlecht  gesinnter,   verbrecherischer  Indra*^   gefallen  lassen   muss. 
Ein  solcher  Charakter  passt  schlecht  zu  den  Anforderungen,  welche 
eine  spätere  Zeit  an  eine  göttliche  Natur  stellte,  und  welche  6,nm 
so  formulirt  werden :  „Ein  Gott  handelt  niemals  nach  menschlicher 
Weise  aus  Leidenschaft,  Zorn,  Gier  oder  Hass." 

So  war  Indra,    dessen  lebhaftes  und  energisches  Naturell  em 
treues  Abbild  der  kriegerischen  Stammeskönige  der  indischen  Helden- 
zeit  sein  mochte,  zu  wenig  geeignet,  die  Rolle  des  erhabenen,  über 
Göttern   und  Menschen    schwebenden,  ewig  ruhenden  Urgeistes  zu 
übernehmen.     Er   musste   hinter   anderen  Gestalten   des  indischen 
Pantheons    zurücktreten.      Der  erste  Gott,  welcher  dem  Indra  den 
Rang  abgewann,  wie  dieser  vielleicht  den  Agni  und  Agni  den  Va- 
runa  verdrängt  hatte,  war  Brahman.     Wenn  im  griechischen  Epos 
hinter  der  reichbelebten  Götterwelt  das  dunkle  allgewaltige  Schick- 
sal  steht,   dessen  Willen    selbst  Zeus  in  wichtigen  Fällen  befragt, 
so  war  das  indische  Epos  einen  Schritt  weiter  gegangen:  es  hatte 
das  Schicksal  personificirt  in  der  Gestalt  des  Brahman  oder  Vidhätar, 
der   zwar    nicht  handelnd  in    den  Lauf  der  Ereignisse  greift,  aber 
die  Zukunft   kennt  und  stets  den  richtigen  Weg  anzugeben  weiss, 
der   zum  Ziele  führt,  der  das  Schicksal  nach  seinem  Willen  lenkt 
und   dabei   an   nichts   als   in   einzelnen  Fällen   an   sein   einmal   ge- 
gebenes Wort  gebunden  ist    Mag  die  Idee  von  Brahman  theologisch 
sich   andersartig   entwickelt   haben,   im  Epos    ist   er  der  Herr  des 
Schicksals    vmd    das   beständige   Orakel   der  Götter,   bei    dem   sie 
schützenden   Rath,    nie   aber   thatkräftige  Hilfe    suchen.      An   ihn 
wendet   sich  Indra  in  jeder  Bedrängniss,   und  Brahman   giebt  die 
richtigen  Mittel   zur   Rettung   an,   überlässt  aber  die   Ausführung 
dem  Götterkönige;   unmittelbar  betheiligt  er  sich  nicht  am  Gange 
der  Ereignisse.     Diese  Stellung  des  Indra  zu  Brahman  gehört  gewiss 
schon  dem  alten,  nicht  erst  dem  überarbeiteten  Epos  an ;  sie  drückt 
den  Indra  noch   nicht  in  ein  unwürdiges  Verhältniss  herab;   denn 
ist  auch  der  Rath  des  Brahman,  die  weise  und  tapfere  That  bleibt 
dem  Indra,    auch    abgesehen   davon,    dass    es   ganz  in  dessen  Be- 
lieben liegt.,  ob  er  den  Rath  des  Brahman  einholen  will  oder  nicht 

So  oft  die  Götter  sich  an  Brahman  wenden,  ist  Indra  ihr 
Sprecher;  nur  einmal,  bei  der  Vorstellung  der  Götter  bezüglich 
des  Rävana,  führt  Agni  für  sie  das  Wort,  obwohl  Indra  zugegen 
ist  3,ir»j)2j).  Als  die  beiden  Asuren  Sunda  imd  Upasunda  die  Gött«r 
gezwungen  haben  den  Himmel  zu  verlassen  (1,7B8o),  giebt  Brahman 
die  Mittel  zum  Sturze  der  beiden  Brüder  an,  und  nach  dem  Falle 


HoiUmann,  Indra  nach  den  Vorsiellungen  de$  AfahäbkdrcUa,   295 

derselben  wird  bemerkt  (1,7735),  Brahman  habe  die  Dreiwelt  von 
'feuern  dem  Indra  übergeben  und  sich  in  seine  Welt  zurückgezogen. 
Bbenso  erscheint  Indra  als  Führer  der  Götter  in  der  Geschichte 
des  V|itra  3,869s:  die  Götter,  an  ihrer  Spitze  Indra,  begeben  sich 
^  Brahman,  um  Hilfe  gegen  Vyitra  zu  suchen;  Brahman  belehrt 
sie,  wo  der  Donnerkeil  zu  holen  sei,  mit  welchem  Indra  den  Vptra 
tödten  werde.  Auch  allein  sucht  Indra  den  Brahman  auf,  sich 
bei  ihm  Rath  zu  holen;  so  als  er  nach  Besiegung  aller  übrigen 
Asnren  nur  den  Bali  nicht  finden  kann  12,8O60.  Wie  Indra  und 
die  andern  Götter,  im  vergeblichen  Kampfe  mit  den  Asura,  sich 
an  Brahman  wenden,  ist  auch  8,1429  erzählt;  dieser  weist  ihn  an 
Qiva  i486.  Eine  Berathung  der  Götter  unter  dem  Vorsitze  des 
Brahman  wird  auch  1,2504  berichtet;  es  handelt  sich  darum,  wie 
der  üebervölkerung  der  Erde  abzuhelfen  sei;  Brahman  vertröstet 
die  Götter  auf  einen  gewaltigen  Krieg,  der  sich  unter  den  Menschen 
erheben  und  die  Erde  entvölkern  werde.  Bekanntlich  ward  ein 
solcher  „Prolog  im  Himmel"  mit  der  gleichen  Motivirung  auch 
dem  griechischen  Epos  vorangestellt. 

So  steht  Indra  allerdings  in  einem  theilweise  abhängigen  Ver- 
hältnisse zu  Brahman;  er  erscheint  bei  Gelegenheit  in  dessen  Ge- 
folge 3,16548  und  es  heisst  sogar,  Brahman  habe  ihn  zum  Herrn 
der  Dreiwelt  eingesetzt  l,i468  oder  wieder  eingesetzt  1,7785.  Aber 
der  Welt  und  dem  Leben,  wie  es  im  Epos  sich  darstellt,  steht 
Brahman  zu  ferne;  er  ist  nicht  wie  Zeus  der  Vater  der  Götter 
und  Menschen,  sondern  ihr  Grossvater,  Pitämaha,  und  die  epischen 
Vorstellungen  von  Indra  verlieren  an  Poesie  und  Würde  nicht 
durch  ihn. 

§  3. 
Attribute  und  Wohnsitz. 

Ueber  die  Vorstellung,  welche  das  alte  Epos  sich  von  der 
äusseren  Gestalt  des  Gt)ttes  machte,  enthält  das  Mahäbh&rata  keinerlei 
deutliche  Angaben.  „So  schön  wie  Indra*  erscheint  als  sprich- 
wörtliche Redensart  4,2S69.  Der  alte  Beiname  Tausendauge  (sahas- 
r&ksha,  sahasranetra,  da9a9atekshana) ,  der  ursprünglich  wohl  nur 
seine  Allwissenheit  symbolisirte,  wurde  später  wörtlich  genommen: 
er  habe  vom,  hinten  und  auf  der  Seite  grosse  Augen  mit  rothen 
Winkeln  (rakt&nta);  bekommen  habe  er  sie,  als  er  die  alle  Götter 
rechts  umwandelnde  Nymphe  Tilottamä  genau  habe  sehen  wollen, 
1,7706.  Auch  19,3971  sind  die  tausend  Augen  wörtlich  genommen. 
Ein  Bild  des  Indra  (auf  einer  Fahne)  wird  erwähnt  7,i035.  i694. 
Sein  Gewand  ist  von  schwarzer  Farbe  nach  l,8io.  Er  trägt  ein 
Diadem,  daher  Kiritin  1,1525.  Dass  seine  Kleider  staublos  sind, 
sein  Kranz  stets  bunt  und  nie  welkend,  dass  er  keinen  Schatten 
wirft,  nie  vom  Schweisse  (der  überhaupt  im  Himmel  fehlt  3,15454) 
angegriffen  wird  und  nicht  mit  den  Augen  blinzelt,  auch  im  Stehen 


296    HoUzmann,  Jndra  nach  tlen  Vorstellungen  des  Mah6bh6rata. 

die  Erde  nicht  berührt,  hat  er  mit  allen  Gröttem  gemein;  es  sind 
dies  die  Zeichen  der  Götter  3,2214;  vgl.  2,287*.  «unbeschreiblich  ist 
seine  Gestalt;  er  trägt  ein  Diadem  und  ein  goldenes  Armband, 
einen  bunten  Kranz  und  staublose  Kleider.*'  Ueber  seinem  Haupte 
wird  ein  gelber  (p&i^^u^)  Sonnenschirm  (atapatra)  mit  goldenem 
Griffe  getragen  3,i677.  1772.  Von  Waffen  des  Indra  wird  ausser 
dem  Donnerkeile,  wovon  sogleich,  der  Speer  erwähnt,  welcher  im- 
mer trifft  und  wenn  er  Hunderte  von  Feinden  getödtet  hat,  von 
selbst  in  die  Hand  des  Indra  zurückkehrt  3,1 7201.  Dieses  ist  der 
Speer,  welchen  Karna  von  Indra  gegen  Panzer  und  Ohrringe  aus- 
tauscht; nach  dem  Tode  des  Ghat^otkaca  kehrt  er  von  selbst  wie 
ein  Meteor  leuchtend  in  den  Aether  zurück  7,8i7i.  Auch  ein 
Muschelhom  des  Indra  wird  erwähnt;  es  ist  von  Vi^vakarman  ver- 
fertigt 2,1922.  Ein  Bogen  des  Indra  wird  als  im  Besitze  des 
Judhishthira  befindlich  erwähnt  7,ios8.  Der  Regenbogen,  gewöhnlich 
Indrawaffe  (Indr^yudha)  genannt,  heisst  auch  Bogen  des  Indra 
(Indradhanus)  5,2224. 

Der  Donnnerkeil  des  Indra  heisst  Vcyra,  AQani,  Mah^ani, 
Kuli9a.  Der  Gott  hält  ihn  sehr  werth;  «der  geliebte  Donnerkeil 
des  Indra*  (l,i4iß.  3,i79i.  3,12174  u.  s.  w.)  ist  eine  gewöhnliche  Ver- 
bindung. Dem  Kar^a  stellt  Indra  jede  Wahl  frei,  nur  den  Donner- 
keil nimmt  er  aus  3,i7i96:  ,^mit  Ausschluss  meines  Vajra  wähle 
dir  was  du  willst.*  Die  Geschichte  des  Donneilceils  ist  3,869.i  er- 
zählt: Die  Götter,  von  Vptra  und  den  D4nava  hart  bedrängt, 
suchen  Schutz  bei  Brahman ;  dieser  giebt  ihnen  ein  Mittel  an,  wie 
sie  den  Vptra  tödten  könnten :  sie  sollten  zu  dem  heiligen  Dadhica 
gehen  und  ihn  bitten,  er  möge  zum  Heile  der  Dreiwelt  seine  Ge- 
beine hergeben.  Das  werde  Dadhica  freudig  thun.  Sie  sollten 
dann  aus  seinen  Gebeinen  eine  schwere  Waffe  verfertigen,  mit 
welcher  Indra  den  Vyitra  sicher  erlegen  werde.  Alles  trifft  zu, 
wie  Brahman  es  vorausgesagt;  gerne  opfert  Dadhica  sein  Leben 
und  aus  seinen  Gebeinen  fertigt  Tvasht^p  den  Donnerkeil  des  Indra 
(der  daher  Asthisambhava ,  aus  Knochen  entstanden,  heisst  I,i5i4), 
womit  dieser  dann  den  Vfitra  erschlägt  3,8727.  Eine  spätere  Stelle 
(1,6485)  fügt  bei,  der  Keil  sei  an  dem  Haupte  des  Vptra  in  hundert 
und  tausend  Stücke  zerschellt;  aber  es  ist  nirgends  die  Rede  von 
der  Verfertigung  eines  neuen  Vajra.  Der  Donnerkeil  wird  oft  als 
belebt  gedacht;  Indra  spricht  mit  ihm,  so  1,794:  „geh,  hilf  diesem 
Brahmaner*  (nämlich  dem  UtaAka,  der  vergeblich  ein  Loch  in  die 
Erde  zu  bohren  sucht,  um  in  die  Welt  der  Schlangen  zu  gelangen). 
Beim  Herannahen  eines  Feindes  wird  „der  geliebte  Vajra  des  Indra* 
von  selbst  heiss  und  fängt  an  zu  glühen  I,i4i5.  In  einer  anderen 
Erzählung  vom  Tode  des  Vptra  (5,88o)  schleudert  Indra  mit  dem 
Donnerkeile  den  Schaum  des  Meeres  auf  Vptra,  in  dem  Schaume 
aber  ist  Vislu?u  verborgen  (so  auch  3,i74r.4),  der  dann  den  Vjitra 
tödtet.  Hier  ist  Vishnu  ganz  ungeschickt  eingeschoben,  denn  im 
späteren  Verlaufe   hat  Indra  allein  die  Schuld  des  heimtückischen 


HoUrnnofm^  Jndra  nach  den  Voraidlungen  des  MahdbhdnUa.    297 

Mordes  zn  tragen;  aber  mit  dem  Meeresschaume  muss  der  Domier- 
keil  in  irgend  einer  unbekannten  Beziehung  stehen,  da  Indra  beide 
identificirt;  denn  er  sagt:  „dieser  Schaum  ist  weder  trocken  noch 
nass  und  auch  keine  Waffe,'*  und  nach  diesem  Sophisma  (denn  er 
hatte  sich  verbindlich  gemacht,  den  Vptra  mit  keiner  Waffe  und 
weder  mit  Trockenem  noch  mit  Nassem  anzugreifen)  tödtet  er  den 
Vptra  mit  dem  Donnerkeile;  vgl.  die  von  A.  Weber,  Indische 
Streifen  I.  35  citirte  Stelle  aus  dem  Qatapatha-Brahmana:  „Das 
Wasser  ist  ein  Keil,  es  höhlt  aus.** 

Die  durchgehende  Verschiedenheit  der  beiden  längeren  Be- 
richte über  den  Tod  des  Vptra  (3,8e98  und  5,227)  zeigt  sich  auch 
in  den  Angaben  beider  über  den  Donnerkeil.  Nach  dem  ersten 
Berichte  wird  der  Donnerkeil  erst  zu  dem  Behufe  von  Tvash^p 
geschmiedet,  den  Vptra  damit  zu  tödten;  in  dem  zweiten  aber  hat 
Indra  schon  viel  früher,  vor  der  Geburt  des  Vptra,  dessen  älteren 
Bruder  Tri^iras  damit  erschlagen  5,26i. 

In  einer  späteren  Sage,  vom  Tode  des  Suvanjashtljivin ,  des 
Sohnes  des  Spnjaya,  verwandelt  sich  der  Donnerkeil,  welcher  auf 
Befehl  des  Indra  den  Suvar^asht^ivin  tödten  soll,  zu  diesem  Zwecke 
in  einen  Tiger  1 2,1112 — 1121. 

Wenn  Indra  seinen  gewöhnlichen  Wohnsitz  verlässt,  erscheint 
er  entweder  auf  einem  Wagen  fahrend  oder  auf  einem  Elephanten 
reitend.  Die  erstere  Vorstellung  ist  entschieden  die  ältere.  Der 
Wagen  des  Indra  heisst  Jaitra  (d,i65io),  auch  Sudar^ana  (4,i76i);  er 
ist  mit  Edelsteinen  geschmückt,  er  fährt  nach  dem  Willen  des 
Gottes  durch  die  Luft  (4,i7«j«).  Er  wird  von  schnellen  gelblichen 
(hari)  Pferden  gezogen,  daher  Indra  selbst  Harihaya,  Harivähana 
heisst;  die  Zahl  der  Pferde  wird  bald  auf  tausend  (5,8645.  19,2459), 
bald  auf  zehntausend  (d,i720.  12184)  angegeben.  Dieser  von  Mätali, 
des  Götterkönigs  Wagenlenker  und  Freund,  geleitete  oder  nach 
andern  Stellen  (4,i76«.  5,3«45)  durch  den  blossen  Willen  des  Indra 
gelenkte  (k&maga)  Wagen  verscheucht  die  Finstemiss,  zerspaltet 
die  Wolken,  erfüllt  die  Welt  mit  Donnergetöse  3,i7H5;  um  ihn 
her  zucken  helle  Blitzstrahlen,  auf  dem  Wagen  selbst  weht  die 
schwarze  Fahne  Vaijayanta  mit  goldgeschmücktem  Stamme  3,i72i. 
Um  den  Wagen  schweben  allerlei  Genien,  besonders  die  Wind- 
götter oder  Marut,  auch  tanzende  Apsaras,  musicirende  Gandharba, 
ferner  die  Vidy&dhara  und  andere  Halbgötter.  Wenn  der  majestä- 
tische Indra  auf  seinem  Wagen  daherfährt,  erschallen  rings  um  ihn 
die  Lobgesänge  aller  Götter,  Wolken  ziehen  ihm  nach  und  die 
Schaaren  der  Vidyädhara  und  der  Apsaras  1,2121.  Der  Fürst  und 
seine  Begleiter  werden  verglichen  mit  Indra  und  den  Marut  1,7779. 
3,15600.  „Vom  Himmel  herab**,  heisst  es  1,8467,  „fUhrt  Indra,  begleitet 
von  den  Schaaren  der  Marut*.  Das  Herannahen  des  Indra  in  seinem 
Wagen  ist  auch  3,ii9i8  beschrieben:  schon  von  ferne  hört  man  in 
der  Luft  das  Donnern  der  Bäder  und  das  Läuten  der  Schellen,  es 
Uingt  wie  das  Brüllen  wilder  Thiere;  in  glänzenden  Wagen  folgen 


298    HoÜzmann,  Indira  nach  den  VarsteUungen  de*  McU^dbkdraia. 

ihm  die  Gandharba  und  die  Apsaras,  der  von  gelben  Pferden  ge- 
zogene Wagen  ist  mit  Gold  geschmückt,  er  rasselt  wie  eine  Donner- 
wolke. Diesen  Wagen  schickt  Indra  dem  Bama,  dem  Sohne  des 
Da9aratha^  welcher  auf  ihm  stehend  den  Rävana  erlegt  8,i<5io. 
Später  schenkt  Indra  seinen  Wagen  dem  Vasu  oder  üparican 
2,950.  l,2ss.5,  der  ihn  auf  seinen  Sohn  Bfihadratha  und  auf  seinen 
Enkel  Jaräsandha  vererbt;  nach  dem  Falle  des  Jar^sandha  kommt 
der  Wagen  mit  Bewilligung  des  Yndhisht^ira  (2,9s».  97s)  in  die 
Gewalt  des  Krishna;  es  wird  ausdrücklich  bemerkt,  es  sei  derselbe 
Wagen  gewesen,  auf  dem  fahrend  Indra  einst  die  Dänava  besiegt 
habe,  auch  seine  dem  Regenbogen  gleiche  Flagge  habe  sich  noch 
darauf  vorgefunden. 

Späteren  Vorstellungen  gemäss  reitet  Indra  auf  einem  weissen 
Elephant^n;  derselbe  heisst  Airavana,  hat  vier  weisse  StossEähne 
und  entstund  aus  dem  gebutterten  Meere  l,ii5i.  In  dem  Kampfe 
des  Indra  mit  Arjuna  und  Kpshna  1.82ei  reitet  Indra  den  Ele- 
phanten;  die  Stelle  ist  aber  eine  sehr  späte  vischnuitische  Ein- 
schaltung, ebenso  d,i4S70,  wo  Indra  den  Airävata  (sonst  auch  Air&- 
vana)  besteigt  lun  den  Skanda  anzugreifen,  und  5,3«64,  wo  er  in 
dem  Tarakamaya  genannten  Kampfe  mit  den  Asura  auf  einem 
Elephanten  sitzend  streitet;  aber  der  kämpfende  Indra  bedient  sich 
in  allen  älteren  Stellen  des  Wagens.  Dagegen  ist  der  ESlephant 
sein  Beisethier,  das  er  besteigt  um  die  Dreiwelt  zu  durchziehen 
3,13219.  12,80(;9.  8223;  auf  dem  Elephanten  sitzend  besucht  er  den 
Arjuna  3,i67«  und  erscheint  er  dem  UtaAka  1,829.  —  Im  Harivam9a 
endlich  ist  Wagen  und  Elephant  verbunden.  Indra  reitet  auf  dem 
Elephanten,  wenn  die  Götter  gegen  die  Asura  ziehen,  aber  der 
Wagen  fährt  neben  her,  von  Gandharba  und  Yaksha  begleitet,  von 
Wolken  umhüUt  und  von  Blitzen  erhellt  19,246i. 

Der  Palast  des  Indra  heisst  Pushkaram41ini  (2,sio)  und  steht 
in  der  Stadt  Amaravatt.  welche  auch  seinen  Lustgarten  Nandana 
umschliesst.  Sein  Palast  wird  beschrieben  2,283 — sio;  doch  ist  die 
Stelle  im  ganzen  sehr  allgemein  gehalten  und  nicht  alt.  Während 
sonst  Vi^vakarman  die  Wohnungen  der  Himmlischen  zimmert,  wird 
hier  angegeben,  Indra  selbst  habe  sich  seinen  Palast  gebaut.  Nach 
dem  Wunsche  des  Gottes  verändert  sein  in  der  Luft  schwebendes 
Haus  den  Aufenthalt.  Dort  sitzen  Indra  und  ^^ct  auf  dem  Throne, 
umgeben  von  den  Marut,  Siddha  imd  Sädhya,  während  die  Apsaras 
und  Gandharba  das  Lob  des  Götterkönigs  fingen  und  ihn  mit 
Spiel  und  Tanz  erfreuen.  (Nach  2,i75i  reichen  die  Apsaras  dem 
Indra  den  Trank,  wie  Hebe  dem  Zeus.)  Dort  besuchen  ihn  die 
himmlischen  Weisen,  die  einen  kommen  und  die  andern  gehen. 
Alter,  Kummer,  Müdigkeit  und  Sorgen  sind  hier  unbekannt;  über- 
all himmlische  Bäume  und  herrliche  Sitze.  Den  grössteü  Theil 
der  Beschreibung,  von  292  an,  nehmen  die  Namen  der  Himmels- 
weisen ein,  welche  den  Indra  besuchen.  —  Eine  ähnliche  Schil- 
itenuig  steht  3,1751 — 1778.    Hier  kommt  Arjima  vom  Berge  Mandara 


HoUzmanny  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdbhdraia,    299 

ans  in  den  Himmel  des  Indra.  Am  Eingange  desselben  steht  der 
Elephant  Airävata,  und  man  betritt  zunächst  die  Strasse  der  Siddha 
(siddhamarga,  auch  nakshatramärga  und  suravithi  genannt),  welche 
unmittelbar  nach  Amar&vati  führt.  Die  Stadt  selbst,  von  Siddha 
und  Cäraiia  bewohnt  und  mit  herrlichen  Bäumen  versehen,  umfasst 
auch  den  Götterhain  Nandana,  den  Lieblingsaufenthalt  der  Apsaras, 
der  immer  von  hinunlischen  Gesängen  ertönt.  Zuletzt  kommt  er 
zu  dem  auf  seinem  Throne  sitzenden  Indra  selbst,  welchen  Apsaras 
und  Gandharba  lobpreisen,  während  die  Windgötter  ihm  Kühlung 
zufächeln  i764.  —  Eine  Nachbildung  dieser  Stelle  ist  3,i203«,  wo 
Arjuna  die  ganze  Reise  wieder  seinen  Brüdern  erzöhlt.  Auch  hier 
sind  (12037  und  12040)  besonders  die  Bäume  hervorgehoben,  welche 
zur  gleichen  Zeit  blühen  imd  reifen  und  nach  Wunsch  Früchte 
jeder  Art  gewähren  ^) ;  femer  die  Abwesenheit  von  Hitze,  Kälte  und 
Staub,  sowie  die  ungestörte  Freudigkeit  der  Stimmung.  Es  ist 
ein  sagenmässiger  Abschluss  einer  Erzählung:  „und  sie  lebten  so 
vergnügt  wie  Indra  im  Götterhaine  Nandana**  3,80tfr>. 

Au3  andern  Stellen  ist  nur  weniges  nachzutragen;  die  Schil- 
derung bleibt  immer  die  gleiche.  Die  Stadt  hat  nach  1,3592  tausend 
Thore.  Die  Wohnung  des  Indra  ist  der  Versammlungsort  der 
Götter  11,213,  wie  die  homerischen  Götter  bei  Zeus  sich  zur  Be- 
rathung  versammeln.  «Wie  die  Götter  in  dem  Saal  des  Indra,  so 
eilten  die  Fürsten  und  Helden  in  den  Saal  des  Königs  zur  Be- 
rathung*  5,i8oo. 

Wahrscheinlich  ist  der  Mandara  der  eigentliche  Wohnsitz  des 
Indra.  der  Olympos  der  indischen  Mjrthologie.  Es  heisst  3,ii845, 
Indra  regiere  mit  Kuvera  den  Mandara,  und  beide  hätten  dort  ihre 
Wohnung.  Anders  freilich  in  der  Erzählung  von  der  Reise  des 
Arjuna.  Dieser  nimmt  erst  förmlich  Abschied  vom  Mandara  (3,1734), 
ehe  er  von  dort  nach  Amarävati  zieht  (1742). 

Als  sich  mit  der  Zeit  über  dem  Himmel  des  Indra  noch  der 
des  Brahman  erhob,  blieb  der  erstere  der  Lohn  der  Helden tugend, 
der  andere  der  tugendhafter  Beschaulichkeit. 

In  der  ganzen  Vorstellung  von  Indras  Himmel  durchkreuzen 
sich  die  beiden  Ideen  von  diesem  Gotte,  die  kosmogonische  und 
die  anthropomorphistische.  Wenn  es  heisst,  dass  Blitze,  Donner 
und  Wolken  ihn  stets  umgeben  (2,3oi),  so  ist  der  Herr  des  Ge- 
witters gemeint;  singen  die  himmlischen  Musiker,  die  Gandharba, 
.sein  Lob  (3,i678),  so  ist  das  Vorbild  dazu  der  von  seinen  Barden 
umgebene  indische  König  (z.  B.  4,228o:  Den  Yudhishthira  umgaben 
achthundert  Sänger  und  Dichter,  wie  die  Rishi  den  Indra),  und  es 
vrar  ein  Wink  für  diesen,  wenn  man  unter  der  Umgebung  des  Indra 
die  Priester  nicht  aufzuzählen  vergass  2,289.  3,i7e6  u.  a. 


1)  Vgl.  Hom.  Od.  Vn,  115  ff. 


300    HoUwmatm^  Indra  nach  den  VarsteUtuigen  de9  MahAbhAraia. 

§  4. 
Unsterblichkeit   des   Indra. 

Das  wichtigste  unterscheidende  Merkmal  der  Götter  ist  ihre 
Unsterblichkeit.  Aber  die  Götter  sind  nicht  von  vorne  herein  un- 
sterblich. Abgesehen  Yon  der  Ansicht  der  späteren  Theologie, 
dass  Götter  und  Asura  durch  Busse  und  Enthaltsamkeit  die  Un- 
sterblichkeit sich  errungen  hätten  (5,i578),  giebt  es  zweierlei  ältere 
Erklärungen  der  göttlichen  Unsterblichkeit.  Nach  der  einen  be- 
Sassen  die  Asura  dieselbe  früher  als  die  Götter.  Es  konnten 
nämlich  die  Helden  der  Asura  von  den  Göttern  getödtet  werden, 
aber  ihr  Priester  U^anas  brachte  die  Leichname  durch  seine  Kunst 
jedesmal  wieder  in  das  Leben  zurück.  Aber  der  Priester  der 
Götter,  Bfihaspati,  verstand  diese  Kunst  der  Wiederbelebung  nicht, 
so  dass  die  Zahl  der  Streiter  im  Götterheere  täglich  kleiner  wurde, 
bis  der  Sohn  des  Bphaspati,  Kaca,  jene  Kunst  durch  List  von 
U^anas  erwarb  l,si87 — S278.  Nach  dieser  Erzählung,  welche  gewiss 
auf  alten  Anschauungen  beruht,  sind  also  an  und  für  sich  weder 
die  Götter  noch  die  Feinde  der  Gatter  unsterblich,  ja  es  giebt 
keine  eigentliche  Unsterblichkeit,  sondern  nur  die  Möglichkeit  einer 
steten  Wiederbelebung  der  Gestorbenen. 

Nach  einer  zweiten,  geläufigeren,  Vorstellung  ist  die,  auch 
hier  nicht  ursprüngliche  und  absolute,  Unsterblichkeit  der  Götter 
gebunden  an  den  Genuss  des  Ampta,  der  unsterblich  machenden 
Götterspeise.  Aber  auch  das  Ampta  war  nicht  von  jeher  da,  also 
gab  es  eine  Zeit,  da  auch  die  Götter  sterblich  waren.  Wie  die 
Götter  jene  Speise  durch  die  Butterung  des  Meeres  gewannen,  ist 
in  dem  merkwürdigen,  zwar  überarbeiteten,  seiner  Grundlage  nach 
aber  sehr  alten  Abschnitte  l,i098 — 1166  erzählt.  An  dieser  Butterung 
des  Meeres  nimmt  Lidra  thätigen  Antheil;  er  hebt  den  Berg 
Mandara  auf  den  Rücken  des  Schildkrötenkönigs  AMp&ra  iiss, 
und  löscht  mit  seinen!  Wolkenregen  das  durch  die  rasche  Um- 
drehung des  Quirlstrickes  entstandene  Feuer  aus  ii36.  Das  so 
gewonnene  Ampta  bewahrt  Indra  selbst  Li  einer  späteren  Er- 
zählung wird  berichtet,  wie  der  Vogel  des  Vislugiu,  Garu4a,  dem 
Indra  das  Ampta  mit  Gewalt  entreisst  (l,i485);  aber  Indra  raubt 
es  durch  List  wieder  mit  Hilfe  desselben  Garucja  (1539),  bevor  noch 
die  Schlangen,  in  deren  Dienste  Garu^a  jenen  Diebstahl  begangen, 
davon  haben  kosten  können.  Indra  verwendet  das  Ampta,  um 
Günstlinge  mit  Unsterblichkeit  zu  belohnen  oder  sie  nach  dem 
Tode  wieder  zu  beleben.  So  besprengt  er  12,6442  einen  gestorbenen 
Brahmanen  Gautama  damit,  und  dieser  konunt  wieder  zum  Leben. 
Die  im  Kampfe  gegen  Duryodhana  gefallenen  Gandharba  belebt  er 
wieder  mit  einem  himmlischen  Ampta-Regen  d,i5027.  Doch  muss 
das  Ampta,  wie  es  scheint,  in  einer  gewissen  Menge  getrunken 
werden,  wenigstens  wird  7,2277  erzählt,  Mändh&tar  habe  einen 
Tropfen  Ampta   von  Indras  Finger  geschlürft,  sei  aber  doch  ge- 


HoUtnumn,  Indra  nach  den  VorttMmgen  det  Makdbkdraia.    301 

storben.  üebrigens  steht  das  Ampta  dem  Indra  ganz  zur  Ver- 
fagong,  und  wenn  er  5,s«67  erst  noch  die  Erlanbniss  des  Vishnu 
einholt,  ehe  er  dem  Schwiegersohn  seines  Freundes  Mätali,  dem 
Schlangenforsten  Sumukha,  Ampta  zu  trinken  giebt,  so  ist  dies 
nur  ein  späterer  Zusatz,  so  gut  wie  der  Vers  s«s7i,  der,  dem  Zu- 
sammenhange ganz  widersprechend,  behauptet,  Indra  habe  dem 
Sumukha  nur  sehr  langes  Leben,  nicht  aber  Unsterblichkeit  gewährt 
Ziemlich  gleichbedeutend  mit  Am|ita  wird  das  Wort  Soma 
gebraucht.  «Er  trank  Soma  mit  Indra*^  (1,«695)  ist  ein  Ausdruck 
für  die  erlangte  Unsterblichkeit.  Den  unsterblich  machenden  Soma- 
saft  weiht  Cyayana  den  beiden  Hinunelsärzten,  den  A^vin,  und 
nöthigt  den   Indra  sie    denselben   trinken   zu   lassen  3,ios79 — i040s. 

13,7SO< 782S.    14,249 «64. 

Der  späteren  Theologie  gilt  Indra  nicht  für  ewig;  es  hat 
schon  viele  Indra  gegeben,  und  auch  der  jetzige  Grötterkönig  wird 
einst  von  der  Zeit  vernichtet  werden  12,8i4s.  Dass  Indra  der 
Zeit  unterworfen,  dass  er  entsteht  und  vergeht,  wird  auch  13,55 
ausdrücklich  bemerkt 

§  5. 
Familie    des   Indra. 

Nach  der  alten  Ansicht  ist  Indra  der  Sohn  des  Dyu  oder 
Dyau,  eines  der  acht  Vasu ;  aber  im  Mah4bhärata  wird  er  nirgends 
Sohn  des  Dyu  genannt,  nur  der  häufige  Name  V&sava,  Sohn  des 
Vasu,  deutet  noch  darauf  hin.  Vielmehr  wird  er  immer  unter  den 
Söhnen  des  Ka^yapa  und  der  Aditi  mit  angeführt,  z.  B.  1,S52S.  4884. 
13,7093.  19,175.  11549,  fcmer  1,2600 :  „zwölf  sind  die  Söhne  der  Aditi, 
unter  denen  Indra  der  vornehmste  ist*^;  l,si86:  „mit  der  Tochter 
des  Daksha  zeugte  Ka^yapa  die  Aditya,  unter  denen  Indra  der 
erste  ist";  3,u26i:  „meine  Mutter**  (Indra  spricht)  „ist  die  Tochter 
des  Daksha*".  Durchweg  gilt  Aditi  als  die  Mutter  des  Indra 
(3,15264),  während  die  Veda  andere  Namen  nennen.  Als  die  ältere 
Oötterreihe,  zu  welcher  Dyu  und  die  andern  Vasu  gehören,  in 
der  Vorstellung  des  Volkes  zurückgedrängt  wurden,  knüpfte  man 
den  Indra  an  Ka9yapa  an  und  reihte  ihn  unter  die  zwölf  Aditya 
ein,  welche  ursprünglich  nur  Theile  der  Sonne  waren  3,i89.  19,594. 
Eine  vereinzelte  Tradition  berichtet,  Indra  sei  von  Päftcajanya 
erschaffen  3,i4i62. 

Die  Frau  des  Indra  ist  (^aci,  auch  Indrani,  Mahendräni,  Qa- 
kr&i^,  Paulomi  genannt  Oft  werden  Indra  und  (^aci  als  Beispiel 
eines  glücklichen  Ehepaares  genannt;  „Er  lebte  mit  seiner  Gattin 
so  vergnügt,  wie  Indra  mit  (^aci*'  l,tir.si.  l,7S5i.  3,i657o.  Glückliche 
Ehepaare  werden  mit  Indra  und  ^aci  verglichen,  so  Nala  und 
Damayanti  3,22ss,  ^^shya^riüga  imd  (^&ntä  3,ioo92.  Sie  sitzt  neben 
Indra  auf  dem  Throne  2,286.  Wie  Nahusha,  der  nach  dem  Falle 
des  Vptra  zum  Götterkönige  geworden  ist,  ihr  nachstellt  und  wie 


302    Hokzmanti,  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdbhdrata, 

sie  ihm,  eben  so  klug  wie  treu,  zu  entgehen  weiss  und  durch  List 
und  Verstellung  seinen  Fall  herbeiführt,  ist  5,  S58  ff.  erzählt.  Aber 
Indra  vergilt  ihr  nicht  mit  gleicher  Treue ;  seine  zahlreichen  Lieb- 
schaften sind  so  berüchtigt  wie  die  des  hellenischen  Zeus.  Haupt- 
sächlich wird  ihm  vorgeworfen  (5,878),  er  habe  die  Rischifrau 
Ahalyä  noch  zu  Lebzeiten  ihres  Mannes  verführt  Es  ist  bezeich- 
nend, dass  diese  Liebesgeschichte,  welche  in  der  älteren  Mythologie 
eine  grosse  Rolle  spielte,  nur  an  dieser  einen  Stelle  in  älteren  Be- 
richten erwähnt  wird.  Erst  eines  der  spätesten  Bücher  (ld,72i8) 
kommt  darauf  zurück  und  fügt  hinzu,  Lidra  sei  von  Gautama, 
dem  Gemahle  der  Ahalya,  verflucht,  aber  nicht  vernichtet  worden. 
Der  späteren  Ansicht  vom  Wesen  der  Götter  waren  solche  Er- 
zählungen anstössig  und  wurden  daher  gerne  entfernt ;  dass  es  auch 
an  allegorischen  Auslegungen  nicht  fehlte,  ersehen  wir  aus  Muir 
Sanscrit  texts  mi  ^48.  Auch  die  andern  zahlreichen  Liebschaften 
des  Gottes  werden  nicht  erwähnt;  nur  dasselbe  dreizehnte  Buch 
erzählt  2264 — 2848  von  der  Liebe  des  Lidra  zu  Ruci,  der  schönen 
Gemahlin  des  Rischi  Deva^arman.  Dieser  hat  vor  einer  Reise  seine 
Frau  dem  Schutze  seines  Schülers  Vipula  übergeben.  Aber  dieser 
weiss  sie  nicht  anders  zu  hüten,  als  indem  er,  kraft  seiner  Ver- 
tiefung (yoga),  in  sie  fährt,  wie  Kali  und  die  Dämonen  in  einen 
sündhaften  MenscHen  fahren.  Nun  konrnit  Indra  in  seiner  schönsten 
Gestalt,  aber  Vipula  fährt  ihn  hart  an :  „Leidenschaftlicher,  schlimm- 
gesinnter,  verbrecherischer  Indra,  nicht  lange  mehr  werden  Götter 
und  Menschen  dich  verehren;  von  mir  wird  diese  beschützt;  gehe 
wie  du  gekommen  bist,  sonst  verzehrt  dich  mein  Zorn  und  mein 
Fluch,  oder  der  meines  Lehrers ;  habe  künftig  mehr  Ehrfurcht  vor 
den  Brahmanem.''  Ohne  ein  Wort  zu  sagen,  entfernt  sich  Indra, 
und  von  da  an  wandelt  Deva^arman  ohne  Furcht  in  dem  öden 
Walde  umher.  —  Eine  der  vielen  Wallfahrts-Legenden  des  Maha- 
bharata  handelt  von  ^nitavati,  der  Tochter  des  Bharadväja,  welche 
büsst,  um  Indra  8  Gattin  zu  werden  und  zuletzt  von  diesem  in 
den  Himmel  genommen  wird  9,2762 — 2792. 

Ein  Sohn  des  Indra  und  der  (^aci  ist  Jayanta  1,8026.  Eine 
Tochter  des  Indra  wird  nur  in  Vergleichungen  erwähnt  4,236s;  ein 
ihr  geweihter  Wallfahrtsort,  tirtha,  3,6023.  Ein  nicht  mit  Namen 
genannter  Sohn  kämpft  mit  seinem  Vater  Indra  gegen  die  Götter- 
feinde  5,8574. 

Um  den  Rama  mit  Gehilfen  gegen  Ravana  zu  versehen,  be- 
fiehlt Brahman  dem  Indra,  zur  Erde  zu  fahren,  und  dort  erzeugt 
er  (3,16939)  ,,Söhne  mit  Bärinnen  und  Aeffinnen,  ihm  an  Kraft  und 
Stärke  ähnliche,  die  mit  Fäusten,  Aesten  und  Steinen  kämpfen.*^ 
Einer  dieser  Aflenfürsten,  Bälin,  der  Vater  des  AAgada,  heisst  Sohn 
des  Indra  3,11194. 

Femer  gilt  nach  der  vorliegenden  Fassung  der  Sage  Arjiina 
entschieden  für  einen  Sohn  des  Indra.  Ausführlich  wird  1,4791  ff. 
erzählt,   wie  Kunti  mit  ihren  Zaubersprüchen  den  Indra  ruft,    wie 


HolUmmmj  Jndra  ncuih  den   Vorstellungen  dee  Mahdhhdrata,    303 

dieser  kommt  und  wie  Arjuna  geboren  wird.  Durch  das  ganze 
Gedicht  heisst  Arjuna  eben  so  oft  Sohn  des  Pandu  als  Sohn  des 
Indra,  und  wird  oft  in  einem  Verse  nach  beiden  Vätern  genannt 
(z.  B.  2,iosi).  Nach  l,7Si6  und  5,2S5i  ist  Arjuna  sogar  nicht  nur 
ein  Sohn,  sondern  auch  zugleich  eine  Gestaltung  des  Indra.  Es 
entsteht  die  Frage,  ob  schon  das  alte  Gedicht  sich  Arjuna  als 
Sohn  des  Indra  dachte.  Zwar  die  Erzählung  von  seiner  Geburt, 
mit  den  tanzenden  Apsaras,  der  Stimme  vom  Hinmiel  u.  s.  w.,  ist 
jung  und  puranenmässig.  Aber  die  alte,  so  sehr  an  Homer  er- 
innernde Stelle  8,4429  hat  ebenfalls  dieselbe  Vorstellung.  Als  Ar- 
juna und  Karna  zum  letzten  Kampfe  sich  anschicken,  streiten  die 
Unsterblichen  mit^  Worten  gegen  einander.  „Da  sprach  Indra: 
Arjuna  soll  den  Kar^a  besiegen;  Sürya  dagegen  sagte:  Ear^a  soll 
siegen  über  Arjuna.  «Mein  Sohn  Kar^a  tödte  den  Arjuna  und  sei 
Sieger  im  Kampfe*^,  «Mein  Sohn  Arjuna  tödte  den  Karna  und  siege 
heute,*  so  war  der  Streit  zwischen  Sürya  und  Indra.*  Es  scheint 
also  die  Vorstellung,  welche  den  Arjuna  zum  Sohne  des  Götter- 
königs machte,  eine  sehr  alte  gewesen  zu  sein. 

Als  eine  Verkörperung  (avatira,  und  zwar  eine  nur  theilweise, 
am^ävatara,  nach  19,i426.  i764)  des  Indra  galt  nach  späteren  Stellen 
Gädhi,  der  Sohn  des  Ku^ika  und  Vater  des  Vi^vamitra,  nach  12,i7io, 
wo  beigefugt  ist,  Indra  sei  durch  die  Busse  des  Ku^ika  dazu  ge- 
zwungen worden,  in  seinem  Sohne  sich  zu  verkörpern.  —  Fünf 
frühere  Indra  werden  in  einem  ^ivaitischen  Berichte  1,7S04  auf- 
gezählt, vgl.  §  9. 

§  6. 
Indra  und  die  Götterfeinde. 

Einen  Hauptbestandtheil  der  altindischen  Mythologie  bildeten 
die  Erzählungen  von  den  heftigen  Kämpfen  des  Indra  und  der 
andern  Götter  mit  den  Gegengöttem,  den  Asura.  Auch  das  Ma- 
häbhärata  enthält  hierüber  Belationen  von  sehr  verschiedenem  Alter 
und  Werthe.  Eine  alte  Erzählung,  die  aber  bald  wieder  abbricht, 
ist  1,3183  ff.  enthalten;  hier  sind  weder  die  Suren  unsterblich  noch 
die  Asuren,  die  letzteren  aber  im  Vortheile,  weil  ihr  Priester 
U9anas  die  Wiederbelebungskunst  versteht,  der  Götterpriester  Bp- 
haspati  aber  nicht.  Nachdem  Kaca  sich  durch  List  in  den  Besitz 
der  Kunst  des  XJQanas  gesetzt  hat,  treten  die  Götter  vor  Indra  und 
verlangen,  dass  er  sie  jetzt  g^g&n.  die  Asura  führen  und  diese  ver- 
nichten solle  si80.  Aber  alles,  was  Indra  darauf  thut,  ist,  dass  er 
die  Kleider  der  badenden  Asurenmädchen  auseinander  bläst  328s 
(vgL  «Jajati*"  im  ersten  Bande  von  Holtzmann's  «Indischen  Sagen*), 
um  so  Streit  und  Feindschaft  zwischen  den  Töchtern  des  Königs 
und  des  Priesters  der  Asura  und  damit  auch  zwischen  dem  Könige 
Vpshaparvan  und  dem  Priester  U^anas  selbst  anzustiften.  Die 
{Irzählimg   lenkt   hier  ab,   der  Zorn  des  Priesters  wird  durch  die 


304    HoUamatm,  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahäbhdrata, 

Unterwürfigkeit  des  Königs  besänftigt,  und  so  die  Absiebt  des 
Götterherm  vereitelt. 

Ebenfalls  auf  sebr  alter  Grundlage  berubt  die  Erzählung  vom 
Kampfe  um  das  Ampta  l,io98 — iis«.  Wäbrend  des  grossen  Krieges 
zwischen  Suren  und  Asuren  kommen  einmal  alle  Götter  auf  dem 
Berge  Meru  zusammen  und  beratbscblagen ,  wie  sie  sich  das  un- 
sterblich machende  Am^ta  verschaffen  könnten.  Den  richtigen 
Rath  giebt  iiio  När&yai^a  dem  Brahman,  in  der  älteren  Fassung 
wohl  Brahman  den  Suren:  ^Der  Ocean  soll  gequirlt  werden  von 
den  Göttern  und  den  Asuren,  dann  werdet  ihr  den  unsterblich 
machenden  Stoff  finden,  denn  der  Ocean  enthält  die  Kräfte  und 
Säfte  aller  Edelsteine  und  aller  Heilkräuter. '^  Es  scheint  also,  ob- 
wohl es  nicht  ausdrücklich  gesagt  ist,  dass  die  Götter  allein  nicht 
im  Stande  waren  das  Meer  zu  buttern,  dieses  Werk  vielmehr  die 
vereinte  Kraft  der  Suren  und  der  Asuren  erforderte.  Ebenso  ist 
nicht  in  der  Erzählung  gesagt,  dass  Suren  und  Asuren  zunächst 
einen  Waffenstillstand  schlössen;  denn  beide  handeln  jetzt  vereint 
1128.  Sie  reissen  mit  HiKe  des  Schlangenkönigs  Ananta  den  Berg 
Mandant  heraus  und  bitten  den  Schildkrötenkönig,  den  Stützpunct 
des  Berges  abzugeben ;  es  ist  Indra,  der  den  Berg  auf  den  Rücken 
des  Aküpära  presst  iiss.  (Denn  anstatt  aküpare,  am  Meeresufer, 
wie  beide  Ausgaben  haben,  ist  nach  dem  Worte  kürmaräjänam, 
den  Schildkrötenkönig,  gewiss  dessen  Name  zu  lesen:  Aküparam.) 
Um  den  Berg  schlingt  sich  die  Schlange  Väsuki  als  Quirlstrick, 
und  nun  drehen  Götter  und  Asuren  immer  schneller  den  Berg 
herum.  Die  Flammen,  welche  durch  die  rasche  Bewegung  ent- 
stehen, werden  von  Indra  gelöscht  iise.  Um  das  endlich  errungene 
Amjita  aber  werden  die  Asuren  betrogen,  die  Suren  trinken  allein 
davon,  und  nun  entsteht  ein'  neuer  Kampf  zwischen  beiden  Parteien, 
schrecklicher  als  alle  bisherigen  (lies),  in  welchem  die  Asuren 
unterliegen.  In  der,  sehr  allgemein  gehaltenen,  Beschreibung  dieses 
Kampfes  ist  an  die  Stelle  des  Indra  mit  dem  Donnerkeile  (so 
1,142»)  bereits  Visluju  mit  seiner  Wurfscheibe  Sudar9ana  getreten 
1179.  Zuletzt  heisst  es  iiss,  Indra  habe  das  Ampta  dem  Kiritin 
zur  Bewachung  übergeben;  unter  Kiritin  ist  hier  mit  Nilakan^ia 
Vishnu  zu  verstehen. 

In  diesen  beiden  Berichten  sind  die  Asura  im  Allgemeinen 
genannt,  kein  besonderer  Name  eines  einzelnen  Asuren  hervor- 
gehoben. Häufiger  sind  die  Erzählungen,  in  welchen  Vptra  und 
Indra  die  beiden  feindlichen  Heere  in  den  Kampf  führen.  Die 
Mjrthen  vom  Kampfe  des  Indra  und  des  Vptra  sind  sehr  alt,  aber 
im  Mahäbhärata  schon  nicht  mehr  rein  erhalten.  Dass  der  Fall 
des  Vptra  einen  Hauptgegenstand  der  indischen  Mythologie  bildete, 
geht  schon  daraus  hervor,  dass  „Vritratödter**  einer  der  geläufigsten 
Beinamen  des  Indra  ist,  wie  Argostödter  für  den  griechischen 
Hermes  gebräuchlich  war;  freilich  will  man  letzteren  Namen  jetzt 
anders  deuten,  aber  es  fragt  sich  noch,  ob  mit  Recht.     Der  älteste 


HoUzmanny  Jndra  nach  den  Vorstellungen  dee  AfcihdbhdrcUa,    305 

epische  Stil  liebte  solche  Bezeichnungen.  Eine  Nachahmung  ist 
das  spätere  Madhutödter  (Madhusüdana)  für  Vishnu,  und  Aehnliches. 
üeber  den  Kampf  und  Fall  des  Vfitra  haben  wir  neben 
mehreren  kurzen  zwei  ausführliche  Berichte,  welche  aber  in  vieler 
Hinsicht  nicht  in  Uebereinstimmiuig  zu  bringen  sind.  Am  reinsten 
erhalten  ist  die  Erzählung  3,8691 — 87si.  Sie  lautet  in  abgekürzter 
Uebersetzung:  „In  dem  Weltalter  Kfita  lebten  kampfestolle  D&- 
nava,  die  entsetzlichen  Schwärme  der  Kalakeya.  Diese  sammelten 
sich  um  Vptra  und  erhoben  ihre  verschiedenartigen  Waffen;  von 
allen  Seiten  stürmten  sie  an  auf  die  von  Indra  angeführten  Suren. 
Als  diese  alle  Mühe  angewandt,  den  Viitra  zu  tödten,  traten  sie, 
voran  Indra,  zu  Brahman,  und  dieser  sprach  zu  den  mit  gefalteten 
Händen  Dastehenden:  „Ich  weiss  alles,  ihr  Suren,  was  ihr  vorhabt, 
und  ich  will  euch  das  Mittel  angeben,  wie  ihr  den  Vfitra  tödten 
könnt.*  —  Wie  er  sie  nun  an  den  Büsser  Dadhica  verweist,  aus 
dessen  Gebeinen  sie  den  „furchtbaren,  sechseckigen,  schneidenden* 
Donnerkeil  fertigen  sollen,  wie  Dadhica  sein  Leben  willig  aufgiebt 
und  aus  seinen  Gebeinen  der  himmlische  Künstler  Tvasht^;i  den 
Donnerkeil  schmiedet,  ist  schon  oben  erzählt.  —  „Als  Tvash^ri  den 
Donnerkeil  verfertigt  hatte,  sprach  er  erfreut  zu  Indra :  „Mit  dieser 
trefflichen  Waffe  zermalme  schnell  zu  Staub  den  schrecklichen 
Feind  der  Suren,  dann  beherrsche  in  Frieden  die  ganze  Dreiwelt.* 
In  freudiger  Eile  ergriff  Indra  den  Donnerkeil,  und  diesen  in  der 
Hand,  von  den  muthigen  Göttern  beschützt,  griff  er  nun  den  Vptra 
an,  der  Himmel  und  Erde  verhüllend  dastund,  den  allenthalben  die  ' 
gewaltigen  Körper  der  Kalakeya  beschirmten.  Mit  hoch  erhobenen 
Waffen,  wie  mit  begipfelten  Bergen,  griffen  sie  an,  es  entstund  ein 
langer  heftiger  Kampf  der  Götter  mit  den  D&nava,  und  die  Erde 
fing  an  zu  zittern.  Ein  schreckliches  Getöse  erhob  sich,  als  die 
Helden  mit  den  Körpern  aneinander  prallten  und  mit  den  Armen 
die  erhobenen  Schwerter  aneinander  schlugen;  mit  aus  der  Luft 
herabfallenden  Köpfen  war  der  Erdboden  bedeckt  wie  mit  vom 
Stiele  gebrochenen  Palmfrüchten.  Die  K&lakeya  in  ihren  goldenen 
Panzern,  mit  eisernen  Keulen  bewafl&iet,  überfielen  die  Götter,  in 
Brand  gerathenen  Bergen  vergleichbar,  und  als  sie  so  stolz  daher- 
stürzten,  vermochten  die  Götter  ihr  ungestüm  nicht  auszuhalten 
und  wandten  sich  furchtsam  zur  Flucht.  Als  der  tausendäugige 
Indra  die  Götter  fliehen  mid  die  Macht  des  Vfitra  wachsen  sah, 
da  fiel  er  in  die  grösste  Verzweiflung.*  —  Nun  folgt  ein  späteres 
Einschiebsel:  „Er  suchte  eilig  Hilfe  bei  När&yana,  und  als  Vish^u 
den  Indra  in  Verzweiflung  sah,  theilte  er  seine  eigene  Stärke  dem 
Indra  zu,  dessen  Kraft  vermehrend;  auch  alle  die  untadeligen 
Rischi  verliehen  ihm  Kraft,  und  die  Götter  sahen,  dass  Indra  von 
Vishnu  beschützt  sei.  Da  wurde  Indra  wieder  tapfer  sammt  den 
Göttern  \md  den  seligen  Rischi.*  —  Diese  Stelle  ist  zur  Verherr- 
lichung des  Vishnu  und  der  Brahmanen  eingefügt.  In  der  alten 
Erzählung   ward  Indra  auf  irgend   eine    andere  Weise  wieder  ge- 

Bd.  XXXTI.  «0 


y 


306    B^oltamann^  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mdhdbhdraia. 

stärkt.  —  «Als  Vf^itra  bemerkte,  dass  Indra  wieder  bei  Kräften 
war,  da  stiess  er  einen  gewaltigen  Schrei  aus,  dass  die  Erde  an 
allen  Enden,  dass  Luft,  Himmel  und  Aether  erzitterten.  Als  der 
erschreckte  Indra  diesen  ftLrchterHchen  Schrei  hörte,  überfiel  ihn 
Furcht,  und  er  schleuderte  rasch  seinen  Donnerkeil,  um  jenen  zu 
verderben.  Getroffen  sank  der  grosse  Asure,  dessen  Haupt  ein 
goldener  Kranz  schmückte,  sterbend  zu  Boden ;  Indra  aber  verbarg 
sich  voll  Furcht  in  einem  Teiche,  denn  er  glaubte  es  in  seiner 
Angst  nicht,  dass  er  den  Donnerkeil  geschleudert  und  den  Vptra 
getödtet  habe.  Alle  Götter  aber  in  höchster  Freude,  und  die 
grossen  Rischi,  den  Indra  preisend,  stürzten  sich  alsbald  auf  die 
durch  den  Tod  des  Vfitra  entmuthigten  Asuren  und  tödteten  sie; 
nur  ein  kleiner  Rest  verbarg  sich  furchtsam  im  Ocean.*"  Wie  Indra 
wieder  aus  dem  Teiche  hervorkam,  ist  nicht  erzählt;  bei  der  nun 
folgenden  Trockenlegung  des  Weltmeeres  durch  Agastya  ist  er  zu- 
gegen 8808. 

Wir  haben  hier  wohl  einen  auf  alter  Grundlage  beruhenden, 
weniger  entstellten  als  verkürzten  Bericht  Zusatz  sind  nur  die 
oben  erwähnten  Verse  8721 — 8725;  einerseits  konnte  der  unvermeid- 
liche Vishnu  nicht  fehlen,  andrerseits  durfte  keine  Gelegenheit  ver- 
säumt werden,  in  einem  speciell  für  die  Kriegerkaste  bestimmten 
Buche  dieser  in  Erinnerung  zu  bringen,  dass  alle  Heldenthaten 
nur  der  stärkenden  Macht  des  priesterlichen  Gebetes  zu  verdanken 
seien. 

Vielfache  Abweichungen  von  dieser  ersteren  zeigt  die  zweite 
ausfuhrlichere  Erzählung  über  den  Kampf  des  Indra  und  des  Vptra, 
welche  wir  5,277 — 320  lesen.  In  der  ersten  Erzählung  f^t  Vptra 
in  offener  Feldschlacht,  in  der  zweiten  allein,  im  Frieden,  durch 
Verrath.  In  beiden  stürzt  Indra,  nachdem  er  den  Vptra  getödtet, 
in  das  Wasser,  aber  das  Motiv  dazu  ist  in  beiden  verschieden. 

Jener  Tvashtri,  der  in  der  ersten  Erzählung  als  glückwünschen- 
der Freund  des  Indra  auftritt,  für  den  er  den  Donnerkeil  schmiedet, 
erscheint  in  der  zweiten  Erzählung  (wie  in  einigen  vedischen  Stellen) 
als  ergrimmter  Feind  des  Indra,  ja  sogar,  was  höchst  auffallend 
ist,  als  Vater  des  Vfitra.  Nachdem  nämlich  Indra  den  ältesten 
Sohn  des  Tvashtri,  den  Tri9iras,  der  nach  der  Herrschaft  über  die 
Götter  strebte,  mit  seinem  Donnerkeile  erschlagen  hat,  zeugt  Tvashtfi 
den  Vfitra:  „Die  Welten  sollen  meine  Gewalt  und  die  grosse 
Macht  der  Busse  sehen  und  ebenso  der  schlechtgesinnte  verbreche- 
rische Götterherr. **  Nach  der  Geburt  des  Vyitra  sagt  er  zu  diesem: 
„Kraft  meiner  Busse  wachse  heran  als  Feind  des  Indra. '^  Alsbald 
ist  Vptra  erwachsen,  und  sein  Vater  befiehlt  ihm  den  Indra  zu 
tödten.  Es  entsteht  nun  ein  heftiger  Kampf  zwischen  Indra  und 
Vyitra.  Zuletzt  ergreift  Vyitra  den  Götterherm  und  verschlingt 
ihn,  aber  die  andern  Götter  schicken  dem  Vyitra  das  Gähnen,  und 
aus  dem  offenen  Munde  ^onmit  Indra  die  Glieder  streckend  wieder 
hervor,  zur  grossen  Freude  der  Götter.      Wiederum   beginnt  der 


Holtzmann,  Indta  nach  den  VorgteUungen  des  MaMhhdraia,   307 

Kampf,  er  dauert  lange,  aber  Indra  ist  im  Nachtheile  und  muss 
fliehen.  Die  Götter  verzweifeln  und  berathen  sich  mit  Indra;  die- 
ser  spricht:  ,,Die  ganze  unvergängliche  Welt  ist  diesem  Yptra 
in  die  Hände  gefallen;  keine  Abwehr  ist  zu  stark  für  ihn;  früher 
war  ich  dazu  im  Stande,  jetzt  vermag  ich  es  nicht  mehr.  Wie 
könnte  ich  euch  Heil  verschaffen?  Ich  halte  ihn  fast  für  unüber- 
windlich. Glänzend,  von  hohem  Geiste,  von  ungemessener  Kraft 
im  Kampfe,  möchte  er  wohl  die  ganze  Dreiwelt  sammt  Göttern, 
Asuren  und  Menschen  verschlingen.  Desshalb  höret  meinen  Ent- 
schluss,  Bewohner  der  Drei  weit  Wir  wollen  zum  Hause  des 
Vish^u  gehen,  vor  ihn  treten  und  mit  ihm  berathen;  so  werden 
wir  ein  Mittel  finden,  den  Schlimmen  zu  tödten.^  Hier  ist  offen- 
bar wieder  einmal  Vish^u  an  die  Stelle  des  Brahman  gesetzt; 
denn  Brahman  ist  es,  an  den  sich  die  Götter  in  jeder  Verlegenheit 
wenden.  Die  Götter  erhalten  den  Rath,  mit  ihrem  Feinde  Frieden 
zu  schliessen,  ihn  durch  Schmeicheleien  sicher  zu  machen  und 
dann  zu  tödten.  Die  Bischi  begeben  sich  nun  zu  V^fitra  und  reden 
ihm  zu,  er  möge  mit  Indra  Frieden  und  Freundschaft  schliessen; 
lange  genug  habe  der  Kampf  gewährt,  und  keiner  sei  fähig  den 
andern  zu  besiegen;  alle  Wesen  hätten  unter  ihrer  Feindschaft  zu 
leiden.  Die  Bedenklichkeiten  des  Yptra  weichen  den  schönen 
Sprüchen  der  Bischi;  hübsche  Sprüche  und  anmuthige  Erzählungen 
sind  in  allen  alten  Sagen  der  Inder  ein  Beiz,  dem  kein  Mensch 
und  kein  Gott  widerstehen  kann.  Mit  Becht  misstraut  Vptra  dem 
Indra,  obwohl  die  Bischi  diesem  das  Zeugniss  ausstellen  (sie),  er 
sei  zu  den  Guten  zu  rechnen,  eine  Zuflucht  der  Edlen,  spreche 
stets  die  Wahrheit;  Vyitra  möge  nur  Vertrauen  fassen  zu.  dem 
imtadeligen  Indra,  dem  Kenner  des  Bechtes,  dem  Erflnder  {einer 
Anschläge;  ohne  Bückhalt  solle  er  ewige  Freundschaft  mit  diesem 
schliessen.  Nun  lässt  sich  Vptra  überreden,  aber  er  glaubt  in 
seiner  ehrlichen  Einfalt  die  Götter  durch  einen  feierlichen  Vertrag 
binden  zu  können  320:  „Nicht  mit  Trockenem  und  nicht  mit 
Nassem,  mit  Steinen  nicht  und  nicht  mit  Holz,  weder  mit  einem 
Schwerte  noch  mit  einem  Pfeile,  nicht  bei  Tage  und  nicht  bei 
Nacht  soll  Indra  oder  ein  anderer  Gott  mich  schlagen  dürfen.* 
Der  Vertrag  wird  abgeschlossen,  Vyitra  ist  sehr  erfreut  darüber 
(s22),  aber  Indra  sinnt  inmier  nur  auf  Mord.  Einmal  stehn  sie  mit 
einander  zur  Dänunerungszeit  am  Ufer  des  Meeres;  da  überlegt 
Indra  bei  sich,  die  Dämmerung  sei  weder  Tag  noch  Nacht  und 
der  aufgehäufte  Schaum  des  Meeres  sei  weder  nass  noch  trocken, 
auch  keine  Waffe,  und  so  —  sollte  man  denken,  stürzt  er  den 
arglosen  Feind  in  das  Meer  und  erstickt  ihn  im  Schaume  des 
Meeres.  Vielleicht  lautete  der  Schluss  der  alten  Sage  in  ähnlicher 
Weise.  Aber  es  sollte  einerseits  der  Donnerkeil  nicht  fehlen, 
andererseits  musste  der  unvermeidliche  Vishnu  hineingezogen  wer- 
den. Wie  dem  auch  sei,  die  jetzt  vorliegende  Erzählung  fährt  im 
Verse  aau  fort:     „Mit  dem  Donnerkeile  schleuderte  er  schnell  den 

20* 


308    HoUMmanHf  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  MahäbhdrtUa. 

Meeresschamn  auf  V^itra,  in  dem  Schaome  aber  hatte  sich  i*asch 
Vish^u  verboigen ;  und  dieser  tödtete  den  Vptra.*  Alsbald  erhellte 
sich  die  Welt,  ein  günstiger  Wind  wehte,  alle  Geschöpfe  freuten 
sich,  die  Götter  priesen  den  Indra,  der  aber,  überwältigt  von  dem 
Bewusstsein  seiner  Schuld,  zog  sich  an  das  Ende  der  Welt  zurück 
und  versteckte  sich  dort  im  Wasser  ss?. 

Diese  beiden  Erzählungen  sind  die  einzigen  ausführlichen, 
welche  sich  im  Mah&bhärata  über  den  Kampf  des  Indra  und  Vptra 
vorfinden.  Die  kürzeren  Andeutungen  über  denselben  folgen  bald 
dem  ersten,  bald  dem  zweiten  der  erwähnten  Berichte.  Eine  ^i- 
valtische  Umarbeitung  findet  sich  7,s467 — 3477:  der  vonVptra  hart 
bedrängte  Indra  sucht  Rath  bei  Brahman,  der  ihn  seinerseits  wieder 
an  9iva  verweist.  Von  diesem  erhält  Indra  einen  imdurchdring- 
lichen  Panzer,  mit  welchem  angethan  er  den  Vptra  in  der  Schlacht 
eilegi  Auch  in  dieser  Erzählung  wird  Vjitra  ein  Sohn  des  Tvashtri 
genannt  Die  Undurchdringlichkeit  des  Panzers  ist  an  einen  Zauber- 
spruch geknüpft,  welchen  ^i^^  ^^^  Indra  mittheilt  und  dieser 
später  dem  Aügiras. 

Das  vischnuitische  Gegenstück  zu  diesem  Berichte  findet  sich 
12,10104 — 10161.  Beim  Anblicke  des  riesigen  Vyitra  gerathen  aUe 
Götter  in  Schrecken,  den  Indra  überfällt  Gliederlähmung,  während 
V|itra  keine  Furcht  zeigt  Doch  kämpfen  beide  unter  den  Augen 
des  Brahman.  Der  Asura  überschüttet  seinen  Gegner  mit  einem 
Steinregen,  Indra  wird  betäubt,  aber  von  Va^ishtha  durch  einen 
Spruch  (rathantarei^a  101  is)  wieder  erweckt  und  gekiilftigt.  Nun 
hilft  Vishnu  dem  Indra,  indem  er  in  den  Donnerkeil  fährt  (10129), 
dem  Vptra  aber  einen  heftigen  Fieberanfall  (jvara)  zuwendet 
Während  er  gerade  heftig  gähnt,  wird  er  von  dem  Donnerkeile 
des  Indra  getroffen  und  getödtet  10150.  Das  Gähnen  ist  schon 
oben  5,288  in  der  Geschichte  des  Vptra  vorgekommen.  —  In  die- 
ser Erzählung  (12,10137)  ist  Vptra  der  Sohn  der  Diti. 

Die  Prosaerzählung  12,13212  und  is2is  enthält  Berührungs- 
puncte  mit  beiden  Hauptberiöhten.  Die  Hilfe  suchenden  Götter 
verweist  Brahman  an  Dadhica,  aus  dessen  Gebeinen  wird  der 
Donnerkeil  verfertigt,  und  zwar  hier  von  Dhätp  d.  i.  von  Brahman 
selbst;  mit  diesem  Donnerkeile,  in  welchen  Vishnu  gefahren  ist, 
tödtet  Indra  zuerst  den  Tri9iras  oder  Vi9varüpa,  den  älteren 
Bruder  des  V^tra,  dann  diesen  selbst,  und  verbirgt  sich  dann  im 
See  Mänasa.      Die    beiden   Brüder    sind    hier    wieder   Söhne    des 

Tvashtri. 

Eine  werthlose  Phantasie  lesen  wir  14,i98 — 313.  Hier  treibt 
Indra  den  Vptra  mit  seinem  Donnerkeile  nach  einander  in  das 
Wasser,  das  Feuer,  die  Luft,  den  Aether;  zuletzt  fährt  der 
überall  verscheuchte  Vfitra  in  den  Indra  selbst,  der  anfänglich  da- 
durch betäubt,  aber  durch  einen  Zauberspruch  (rathantarena  311) 
des  Va9ishtba  wieder  belebt  wird.  Er  tödtet  dann  den  in  seinem 
Körper  befindlichen  Vptra, 


Holiemann,  Indra  nach  den  Vorstellungen  das  Mahdbhdraia.    309 

Eine  abweichende  Erzählung  scheint  der  Notiz  3,i6605  zu 
Grunde  zu  liegen,  dass  Indra  nur  mit  Hilfe  der  Marut  oder  Wind- 
götter über  Vptra  habe  Herr  werden  können. 

Der  zweite  Hauptbericht  über  den  Fall  des  Vptra  knüpft  an 
diese  Sage  die  Erzählung  von  der  Absetzung  und  Wiederherstellung 
des  Indra.  Von  5,885  an  wird  erzählt,  wie  Indra  aus  Schuld- 
bewusstsein  allen  Muth  verlor,  an  das  Ende  der  Welt  ging  und 
dort  sich  im  Wasser  versteckte,  zappelnd  wie  eine  Schlange.  Ihn 
quält  die  Angst  des  Brahmanenmordes :  die  beiden  Brüder  Tri^i- 
ras  und  Vptra  gelten  hier  also  für  Brahmanen.  Da  aber  hört  der 
Begen  auf,  die  Teiche  vertrocknen,  die  Flüsse  versiegen,  die  Wäl- 
der verdorren,  Empörung  herrscht  in  der  Welt,  weil  der  Himmel 
keinen  König  mehr  hat.  Die  Götter  sehen  sich  nach  einem  neuen 
Könige  um,  und  da  unter  ihnen  selbst  keiner  nach  der  Herrschaft 
strebt  (84i),  so  "wird  ein  sterblicher  Fürst,  Nahusha,  zum  König 
der  Götter  geweiht.  Dieser  stellt  nun  der  Gattin  des  Indra,  der 
Qaci,  nach,  welche  sich  in  den  Schutz  des  Priesters  Bphaspati  be- 
giebt.  Auf  dessen  Rath  erwirkt  sich  (}2^i  noch  eine  kurze  Frist 
bei  Nahusha,  ob  sie  nicht  inzwischen  etwas  über  Indra  erfahre; 
sei  diese  verstrichen,  wolle  sie  seine  Gattin  werden. 

Nun  folgt  409 — 423  ein  Einschiebsel:  Die  Götter  wenden  sich 
um  Rath  an  Vishiiu,  und  dieser  weist  sie  an,  ihm  selbst  ein  Opfer 
zu  bringen ;  dadurch  werde  Indra  seiner  Sünde  ledig  werden.  Sie 
begeben  sich  zu  Indra  (woher  wissen  sie,  wo  dieser  sich  aufhält?), 
und  Indra  bringt  dem  Vishnu  ein  Pferdeopfer,  worauf  seine  Sünde 
auf*  die  Bäume,  Flüsse,  Berge,  auf  die  Erde,  die  Weiber  und  Ele- 
mente vertheilt  wird.  Nun  fühlt  sich  Indra  gesund  und  glücklich, 
aber  plötzlich  ist  mit  Vers  422  alles  wieder  im  alten  Zustande: 
Indra  verschwunden,  Nahusha  mächtig,  Qaci  nach  ihrem  Gatten 
janunemd,  die  Götter  ganz  ungewiss  über  den  Aufenthalt  des  Indra. 
Es  ist  deutlich,  dass  hier  zu  Ehren  des  Vishij^LU  eine  Stelle  ein- 
geschoben ward ;  Indra  bringt  wohl  das  Sühnopfer,  aber  nicht  jetzt, 
sondern  erst  nach  seiner  Wiedereinsetzung. 

Auch  in  der  folgenden  Partie  ist  der  Text  in  Unordnung  ge- 
rathen.  Wie  Qaci  den  Indra  gefunden  habe,  darüber  gab  es  zwei 
verschiedene  üeberlieferungen ;  nach  der  einen,  späteren,  geschah 
es  mit  Hilfe  der  Upa9ruti,  d.  i.  der  verkörperten  Astrologie  und 
Zauberei,  nach  der  anderen,  früheren,  durch  den  alles  durch- 
dringenden Feuergott  Agni.  Wie  an  unzähligen  Stellen,  so  sind 
auch  hier  die  beiden  einander  ausschliessenden  Berichte  neben 
einander  stehen  geblieben:  Indra  wird  zuerst  durch  üpa^ruti  ge- 
sucht und  gefunden,  dann  nochmals  durch  Agni.  Den  Gedanken 
aber,  den  Nahusha  durch  Anreizung  seines  Hochmuthes  zu  Falle 
zu  bringen,  hat  (^^aci  in  der  älteren  Fassung  wahrscheinlich  selbst 
gefasst,  ehe  sie  den  Indra  gesehen;  in  der  jetzigen  Fassung  giebt 
ihr  Indra,  den  sie,  mit  Hilfe  der  Upa9ruti,  gesehen  und  gesprochen, 
diesen  Rath;  denn  die  spätere  Ueberarbeitung  entfernte  im  ganzen 


310    HoUmnamn,  Indra  nach  den  Vorstellungen  de»  Mahdbhdrata. 

Gedichte  sorgfältig  alle  Stellen^  in  welchen  Frauen  selbständig 
denken  und  handeln.  Die  ganze  Zusammenkunft  des  Indra  mit 
(^aci  ist  ein  späterer  Zusatz. 

In  der  jetzigen  Fassung  der  Sage  entwickelt  dieselbe  von 
Vers  423  an  sich  folgendermassen  weiter.  Die  klagende  9^^^  ^^^ 
von  Upa^ruti  über  Berge  und  Wälder  und  über  den  Himavat  ge- 
führt; dort  finden  sie  den  klein  und  unscheinbar  gewordenen  Indra 
in  einem  See,  in  einer  Lotusblume  versteckt  Auf  sein  Befragen 
erklärt  ihm  (Jacl,  wie  sie  ihn  gefunden,  und  fordert  ihn  auf,  den 
Nahusha  zu  stürzen.  Er  aber  meint,  noch  sei  es  nicht  dazu  Zeit 
Nahusha  sei  ihm  noch  viel  zu  stark;  denn  die  Busse  und  das 
Opfer  der  Götter  hätten  ihn  gestärkt.  Darum  solle  sie  in  den 
ffinmiel  zurückkehren  und  dem  Nahusha  erklären,  wenn  er  in 
einem  von  den  heiligen  9^shi  gezogenen  Wagen  sie  abhole,  wolle 
sie  seine  Gattin  werden.  Dieser  Üebermuth  müsse  dann  den  Na- 
husha zu  Falle  bringen.  Nun  entfernt  sich  Qac!  und  kehrt  in  den 
Himmel  zurück;  von  Nahusha,  der  auf  ihren  Vorschlag  begierig 
eingeht,  begiebt  sie  sich  zu  Bphaspati  und  bittet  ihn  (Vers  471), 
den  Aufenthaltsort  des  Indra  zu  erforschen :  ein  deutlicher  Beweis, 
dass  sie  nicht  weiss,  wo  derselbe  sich  aufhält,  und  dass  sie  ihn 
nicht  vorher  besucht  haben  kann.  Nun  bringt  Bphaspati  ein  Opfer 
und  schickt  den  Agni  aus  (474),  den  Indra  zu  suchen,  und  dieser 
findet  ihn  auch  (494)  noch  in  dem  Wasser  versteckt;  er  meldet  es 
sogleich  dem  Bphaspati,  welcher  kommt  und  den  Indra  mit  einem 
Lobspruche  (497 — 502)  stärkt  Indem  Indra  noch  mit  den  andern 
Göttern,  welche  sich  ebenfalls  einstellen,  sich  bespricht,  wobei  er 
wieder  seine  eigene  Gestalt  angenonmien  hat  (503),  erscheint  Agastya 
und  meldet,  dass  Nahusha  bereits  seines  Frevels  wegen  aus  dem 
Himmel  gestürzt  sei.  Nun  kehi't  Indra,  nachdem  er  noch  die  an- 
dern Götter  in  ihren  Aemtem  und  Würden  bestätigt,  zum  Himmel 
zurück,  wo  er  mit  dem  grössten  Jubel  aufgenommen  wird.  Hier- 
her fällt  denn  auch  wohl  das  schon  4i8  erwähnte  Opfer,  durch 
welches  die  Schuld  des  Mordes  auf  die  Natur  übertragen  wird. 

Die  späteren  Bearbeitungen  dieser  Sage  bringen  in  Beziehung 
auf  Indra  wenig  Neues.  So  wird  12,ioi62  erzählt,  aus  dem  Körper 
des  getödteten  Vptra  sei  Brahmabadhyä ,  d.  h.  der  personificirte 
Brahmanenmord ,  entstanden,  ein  schwarzbraunes  Ungethüm  mit 
langen  Zähnen  und  einem  Kranze  von  Schädeln;  diese  habe  den 
Indra  verfolgt,  so  dass  er  bei  Brahman  habe  Schutz  suchen  müssen ; 
dieser  habe  nun  das  Wesen  der  BrahmabadhylL ,  also  die  Schuld 
des  Mordes,  vertheilt  auf  das  Feuer,  auf  die  Bäume,  Pflanzen  und 
Kräuter,  auf  die  Apsaras  (dafür  5,4i9  auf  die  Weiber)  und  auf  das 
Wasser.  Zur  Vervollständigung  der  Sühne  bringt  dann  Indra  noch 
ein  Pferdeopfer. 

Die  Prosaerzählung  1 2,13213  berichtet:  Aus  Furcht  vor  der 
BrahmabadhjlL  verlässt  Indra  sein  Reich  imd  zieht  sich  an  die  in 
den  See  Mänasa  fliessende  Malini  zurück  und  wohnt  dort  in  einer 


HoUgmann,  Indra  nach  den  Vortteüungen  des  MoMbhAraUi,    311 

Wasserlilie.  Mit  Hilfe  der  Upa9niti  findet  ihn  (Jaci  und  er  giebt 
ihr  das  Mittel  an,  den  Nahusha  zu  stürzen;  darauf  verkriecht  er 
sich  wieder  in  die  Pflanze.  Nach  dem  Falle  des  Nahusha  begeben 
sich  die  Götter  zu  Vishnu,  und  dieser  befiehlt,  Indra  solle  ihm 
ein  Rossopfer  bringen;  darauf  holt  Qaci  ihren  Gemahl  aus  seinem 
Verstecke,  und  das  Rossopfer  wälzt  die  Schuld  auf  die  Weiber, 
das  Feuer,  die  Bäume  und  die  Erde  19217. 

Nach  einer  Tirtha  -  Legende  sühnt  Indra  die  Schuld,  die  er 
durch  den  Mord  des  Yptra  auf  sich  geladen,  durch  ein  Bad  in 
der  SamaAg&  d,io69s. 

Neben  der  Sage  vom  Kampfe  mit^  Vfitra  gab  es  noch  eine 
grosse  Anzahl  anderer  von  Einzelkämpfen  des  Indra  mit  hervor- 
ragenden Asuren;  aber  das  Mah&bh&rata  hat  von  ihnen  nur  noch 
verblasste  Erinnerungen.  Besonders  bekannt  waren  die  Kämpfe 
mit  Bala  und  mit  Namuci,  da  einige  der  gewöhnlicheren  Namen 
des  Indra  sich  auf  diese  beziehen,  wie  Balahan,  Namucisüdana  u.  a. 
Aber  der  Kampf  mit  Bala  wird  nur  beiläufig  erwähnt  2,897.  5,497. 
6,1711.  7,542.  lieber  Indra  und  Namuci  berichtet  eine  Tirtha- 
Legende  9,24S8 :  aus  Furcht  vor  Indra  floh  Namuci  in  einen  Sonnen- 
strahl; nun  schloss  Indra  mit  ihm  Freundschaft  und  einen  Vertrag: 
„Nicht  mit  Nassem  imd  nicht  mit  Trockenem,  bei  Tage  nicht  und 
nicht  bei  Nacht  werde  ich  dich  tödten,  das  schwöre  ich  dir.*  So 
schlössen  sie  den  Vertrag.  Zur  Zeit  des  Morgenthaues  aber  schnitt 
Indra  mit  dem  Schaume  der  Gewässer  jenem  das  Haupt  ab.  Das 
abgeschnittene  Haupt  aber  flog  dem  Indra  überallhin  nach,  ihm 
zurufend:  „Wehe  dir,  Feindetödter!*  Der  gequälte  Gott  bittet 
den  Brahman  um  Rath;  er  opfert  nach  dessen  Anweisung  und 
badet  im  Flusse  ArunIL,  wodurch  die  Schuld  gesühnt  wird  und 
jenes  Haupt  verschwindet.  Damit  stimmt  2,i957,  wo  Duryodhana 
sagt,  Indra  habe  mit  Namuci  Freimdschaft  geschlossen,  aber  den- 
noch ihm  das  Haupt  abgeschnitten;  so  verhalte  man  sich  von  je- 
her seinen  Feinden  gegenüber.  Man  sieht,  dass  hier  Namuci  an  die 
Stelle  des  Vptra  getreten  ist,  wenn  nicht  vielleicht  die  ganze  Er- 
zählung 5,277 — 320  sich  ursprünglich  auf  Namuci  bezog  und  erst 
später  an  die  Stelle  seines  Namens  der  bekanntere  des  Vptra  ge- 
setzt wurde.  Die  übrigen  Stellen,  in  welchen  der  Sieg  des  Indra 
über  Namuci  erwähnt  ist,  wie  3,i6606.  5,497.  6,sc78.  890s.  12,866i  u.  a., 
geben  nur  allgemeine  Andeutungen.  Auch  von  dem  siegreichen 
Kampfe  des  Indra  mit  Q^^™^*^^  fehlen  uns  nähere  Nachrichten; 
zwei  gleich  tüchtige  Kämpfer  werden  öfters  mit  Indra  und  Qam- 
bara  verglichen,  l,548i;  6,4583;  7, 1125;  Mätali  lenkte  dabei  den  Wa- 
gen des  Indra  3,12149;  zuletzt  tödtete  Indra  den  Qambara  10,596. 
Wie  die  Asuren  Sunda  und  Upasunda,  Söhne  des  Nikumbha,  welchen 
von  Brahman  Unüberwindlichkeit  zugesagt  war,  die  Welt  des  Indra 
erobern,  ist  1,7657  erzählt;  auch  hier  weist  Brahman  das  Mittel 
zur  Rettung  an  imd  giebt  nach  dem  Sturze  der  Brüder  dem  Indra 
die  Dreiwelt   zurück    7786.      Der  Asure  Naraka,    welcher    gleich 


312    HoUismannf  Indra  nach  den  Vorstellungen  dee  Mahdbhdraia. 

diesen  beiden  durch  Busse  grosse  Macht  erlangt  hatte,  kämpft 
mit  Vortheü  gegen  Indra  (d,i09i5),  und  dieser  muss  sich  an  Yishnu 
wenden,  welcher  den  Naraka  in  einen  Berg  verwandelt.  Von  dem- 
selben Naraka  wird  5,i%88  erzählt,  er  habe  der  Aditi  die  Ohrringe 
geraubt,  und  Indra  habe  ihn  vergeblich  bekämpft,  bis  endlich 
Vishiju  ihn  erlegte  und  ihm  die  Ohrringe  wieder  abnahm.  —  Der 
Keulenkampf  mit  dem  Asuren  Ke9in,  zur  Zeit  des  allgemeinen 
Götterkampfes,  auf  dem  Berge  M^asa,  endet  mit  der  Flucht  des 
Ke9in,  d,i42&5.  —  Von  dem  Asuren  Prahl&da  oder  Prahräda  wird 
12,4568  behauptet,  er  habe  die  Dreiwelt  erobert  und  dem  Indra 
die  Herrschaft  geraubt.  Der  Kampf  beider  dient  zu  Vergleichungen, 
3,16890.  16482  u.  a.,  wic  auch  der  des  Indra  mit  Vipracitti,  einem 
anderen  Asurenkönige  6,4212;  der  mit  dem  Künstler  der  Asuren, 
Maja  6,4549;  der  Sieg  über  den  Täraka  6,4249.  —  Von  dem  Asu- 
ren Bali  wird  erzählt  12,8060 :  Als  Indra  alle  Asuren  besiegt  hatte 
mit  Ausnahme  des  Bali,  den  er  nicht  ausfindig  machen  konnte 
und  den  zu  tödten  Brahman  ihm  verbot,  reiste  er  auf  der  Erde 
umher,  auf  seinem  IUephanten  sitzend,  und  fand  endlich  den  ge- 
suchten Feind.  Nach  langen  philosophischen  Gesprächen  sagt  er 
zu  ihm  (8181):  „Brahman  hat  mir  verboten  dich  zu  tödten,  darum 
schleudere  ich  nicht  den  Donnerkeil  auf  dein  Haupt.  Gehe,  wohin 
du  willst,  Herr  der  Daitya,  Heil  sei  dir,  grosser  Asura."  Dann 
scheiden  sie,  Indra  geht  nach  Norden,  Bali  nach  Süden.  (So  sagt 
Bhüri9ravas  zu  Yujadhäna  7,5886:  ich  habe  dich  gesucht  wie  Indra 
den  Bali.)  Auch  19,i4007  heisst  es,  es  sei  Indra  nicht  beschieden 
gewesen  den  Bali  zu  besiegen;  und  wirklich  wird  in  der  darauf 
beschriebenen  Schlacht  Bali  Sieger  imd  regiert  mm  als  Götterherr, 
bis  der  als  Zwerg  geborene  Vishnu  dem  Indra  die  Herrschaft 
zurückgiebt.  Damit  stimmt  überein  die  Erzählung  12,12943.  Da- 
gegen nach  älteren  Stellen  hat  Indra  den  Bali  wirklich  überwältigt 
(5,4368.  3,12068)  uud  zwaT,  uaph  7,1084,  mit  IClfe  des  Agni.  Sieg- 
reich dagegen  im  Kampfe  mit  Indra  waren  B4vana  3,i6495  imd 
dessen  Sohn  Indrajit  3,i6440.  Ein  Kampf  des  Indra  mit  einer 
Riesin  Namens  Dtrghajihvii ,  in  welchem  Indra  Sieger  blieb,  wird 
3,16605  erwähnt.  Der  Asure  Päka,  welcher  12,3660  unter  den  von 
Indra  gefällten  Götterfeinden  erwähnt  wird,  hat  seine  Existenz  viel- 
leicht nur  einem  Missverständnisse  zu  danken,  indem  der  häufige 
Beiname  des  Indra:  Päka9^ana  (d.  h.  der  das  Reifen  der  Früchte 
regelt)  späterhin  falsch  gedeutet  wurde.  Der  an  gleicher  Stelle 
und  8,516  erwähnte  Jambha  wird  späterhin  nur  unter  den  Feinden 
des  Vishnu  erwähnt 

Die  Pauloma  und  die  Kalakeya  oder  Kälakanja  (3,1220s)  sind 
zwei  Geschlechter  der  Asura,  welche  durch  die  Gnade  des  Brahman 
von  den  Göttern  nicht  besiegt  werden  können.  Daher  beauftragt 
Indra  den  Arjuna  mit  ihrer  Vertilgung,  der  sich  durch  Mätali  nach 
ihrer  Luftstadt  Hiranyapura  bringen  lässt  imd  sie  alle  mit  dem 
Geschosse   des  Rudra  tödtei  —    Die  erste,  ältere  Erzählung  von 


BoUzmannj  Indra  nach  dm  Vortteüungen  des  MahäJbhdnUa.   313 

dem  Aufenthalte  des  Arjuna  bei  Indra  (3,i7u — sois)  weiss  von 
diesem  Asurenkampfe  des  Arjuna  nichts.  Der  Gedanke,  dass  ein- 
zebie  Asuren  und  Asurenschaaren  nur  durch  Menschen  überwältigt 
werden  können  (nach  einem  Spruche  des  Schicksals),  mag  aber  sehr 
alt  sein. 

In  den  spätesten  Darstellungen  sind  es  die  Büsser  und  Heili- 
gen, welche  den  grossen  Kampf  zu  Gunsten  der  Götter  entscheiden. 
Nach  5,1923  verwies  Brahman  den  Indra  an  die  Büsser  Nara  und 
Näraya^a,  und  richtig  tödtet  Nara  die  Pauloma  und  die  Kalakanja 
zu  Hunderten  und  Tausenden.  Anderen  Berichten  zufolge  ent- 
scheidet der  alte  Rischi  Atri  den  Kampf;  so  13,7292:  während  der 
Schlacht  entsteht  eine  grosse  Finstemiss;  da  wird  Atri  durch 
seine  Busse  zum  Monde  und  lässt  leuchtende  Helle  entstehen; 
darauf  besiegt  Indra  die  Asuren.  Also  war  die  Finstemiss  den 
Asuren  günstig;  sie  siegten,  so  lange  diese  anhielt. 

Nach  dem  Siege  über  die  Asuren  beginnt  eine  glückliche 
friedliche  Zeit,  und  jetzt  erst  ist  Indra  Herr  der  Welt  3,i98itf, 
während  die  von  ihm  besiegten  Götterfeinde  in  der  Unterwelt,  Pa- 
tala,  wohnen  5,3557. 

Die  Sagen  über  die  Kämpfe  des  Indra  müssen  sehr  vielfach 
und  mannigfaltig  gewesen  sein;  die  jetzige  Gestalt  des  Epos  hat 
.den  kleinsten  Theil  davon  aufbewahrt.  Viele  einzelne  Anspielungen 
sind  uns  aus  diesem  Giimde  unverständlich;  so  wenn  Indra  auf 
dem  Berge  Nishadha  ein  grosses  Werk  thut  zur  Besiegung  seiner 
Feinde,  und  zwar  in  verstellter  Gestalt  3,i7460  u.  a. 

§  7. 
Indra  und  die  Götter. 

In  der  Zahl  der  Suren  oder  Götter  ist  es  Agni,  mit  welchem 
Indra  am  häufigsten  zusammen  genannt  wird.  Es  ist  ein  allgemein 
giltiger  Satz:  ^A-gni  imd  Indra  sind  zwei  treue  Freunde**  (3,io659), 
wie  auch  im  Veda  Agni  der  geliebte  Freund  des  Indra  heisst.  Sie 
kämpfen  beide  neben  einander  gegen  die  Asuren  7,io84.  Dem 
Range  nach  konunt  Agni  sogleich  nach  oder  neben  Indra,  uild  es 
ist  alterthümliche  Vorstellung,  dass  diese  beiden  die  Herren  der 
Welt  sind:  „Mit  Parjanya  (d.  i.  Indra)  vereint  wird  Agni  Vai^vft- 
nara  Herr  dieser  ganzen  Welt  genannt  3,i4i92.  Gerade  wie  Indra 
tritt  gelegentlich  auch  Agni  als  Wortführer  der  Götter  bei  Brah- 
man auf  3,15929.  Eine  beliebte  Erzählung  ist,  wie  Indra  und  Agni 
die  Frönmiigkeit  des  Königs  Qivi  prüfen  3,i0559.  18274  u.  a.  Wie 
eifrig  und  schmerzlich  Indra  den  Agni  sucht,  als  dieser  sich  grol- 
lend in  einem  (^ami-Baume  versteckt  hält,  ist  9,2748  erzählt;  das 
Gegenstück  dazu,  wie  Agni  den  Indra  sucht  und  findet  5,474. 
Beide  Götter  werden  auch  im  Opfer  gemeinsam  verehrt  5,5i«.  Man 
denkt  sie  sich  wie  Priester  und  Krieger;  die  Satzung  der  Krieger 
rührt  von  Indra  her,  die  der  Priester  von  Agni,  nach  12,ss88. 


314    BoUMmanHf  Indra  nach  den  VorHeUungen  de$  Mahdbh&rata, 

Eine  einzige  Erzählung  zeigt  uns  diese  beiden  Götter  im 
Kampfe.  Eis  ist  dies  die  alte,  aber  sehr  überarbeitete  Geschichte 
vom  Brande  des  Waldes  Kh^^dava  1,8088.  Diesen  Wald  wollte 
Agni  verbrennen,  um  sich  einmal  recht  zu  sättigen.  Aber  so  oft 
er  anf^bigt  zu  brennen,  regnet  Indra;  denn  sein  Freimd  wohnt 
dort,  der  Schlangenkönig  Takshaka.  Da  wendet  sich  nach  vergeb- 
lichen Versuchen  der  Feuergott  an  Krishna  und  Arjuna,  sie  möch- 
ten ihm  helfen  und  den  Wolken  abwehren.  Sie  versprechen  es 
ihm,  und  unter  ihrem  Schutze  setzt  Agni  den  Wald  in  Brand; 
Menschen  und  Thiere  konmien  um.  Die  Götter  wenden  sich  an 
Indra  um  Hilfe  (sssn),  denn  die  Flammen  schlagen  bis  zu  ihren 
Sitzen  empor.  Zwar  regnet  Indra  gewaltig,  aber  die  Hitze  des 
Brandes  macht  die  Wasserwolken  verdampfen,  und  Arjuna  schleu- 
dert mit  seinen  Pfeilen  die  Begentropfen  zurück  (!)  Da  greifen 
alle  Götter  und  alle  Asuren,  voran  Indra,  die  beiden  Helden  an, 
vermögen  sie  aber  nicht  zu  besiegen.  Der  Gott  schleudert  seinen 
Donnerkeil  und  jubelt  schon:  ^Sie  sind  todt!"  (8282),  er  lässt  Steine 
regnen  (st?  7),  reisst  die  Spitze  des  Berges  Mandara  aus  und  schleu- 
dert sie  auf  Arjuna  (828i);  aber  dessen  Pfeile  wehren  Donnerkeil 
und  Steinregen  ab  und  zersplittern  den  Berg.  Zuletzt  (ssoe)  zieht 
Indra  auf  Befehl  einer  himmlischen  Stimme  sich  zurück,  und  Agni 
verbrennt  den  ganzen  Wald. 

Die  späte  Gestaltung  dieser  Sage  erhellt  aus  der  masslosen 
üebertreibung  (zwei  Menschen  gegen  alle  Götter),  aus  der  Ver- 
herrlichimg des  Epshi^,  aus  der  feindlichen  Stellung,  die  hier 
Indra  gegen  seinen  Freund  und  gegen  seinen  eigenen  Sohn  ein- 
nimmt. Aber  eine  alte  Fassung  lag  vor,  in  welche  dann  Kipishna 
und  Arjima  eingefügt  wurden.  In  der  alten  Gestaltung  der  Sage 
war  es  ebenfalls  Agni,  der  den  Wald  Khä^j^^äf  den  Sitz  der 
Asuren,  der  Schlangen  und  Biesen,  verbrannte,  aber  nicht  gegen 
den  Willen  des  Indra.  Diese  Sage  hat  wahrscheinlich  historische 
Grundlage;  in  Khä^^^va,  welches  noch  1,7570  ein  schauderhafter 
Wald  genannt  wird,  war  ein  Hauptsitz  der  Eingeborenen,  ein 
Schutz  gegen '  die  anrückenden  Arier,  welche  dann  den  ganzen  Wald 
niederbrannten.  Vgl.  A.  Weber  Indische  Streifen  I  12.  Die  neue 
Sage,  welche  den  Arjuna  und  den  Kfish^a  einschob,  ward  mit  der 
alten  auf  die  gewöhnliche  Art  in  Verbindung  gebracht:  man  nahm 
mehrere  Brtüide  von  Kh&n^ava  an ,  8i48  sagt  Brahman  zu  Agni : 
,Du  hast  ja  früher  schon  einmal  diesen  Sitz  der  Götterfeinde,  den 
schrecklichen  Wald  Khä^^^^^  zerstört.*  Auch  in  der  jetzigen 
Fassung  werden  unter  den  Bewohnern  des  Waldes  besonders  Asu- 
ren und  Rakschas  genannt  8S9i.  88I8. 

Mit  einem  andern  Gotte  war  Indra  in  der  Vorstellung  der 
Inder  so  innig  verknüpft,  dass  beide  zuletzt  ineinander  verschmol- 
zen: es  ist  dies  Parjanya,  der  Regengott.  In  einigen  Verzeich- 
nissen der  Aditja,  wie  1,4824.  19,598.  1245«,  erscheint  Parjanya 
neben  Indra  als  besonderer  Gott;   aber  später   wurden  beide   mit 


HoUtmann^  Indra  nach  den  VarHeüungen  des  Mahdhhdraki.    315 

einander  identificirt,  tun  dem  Yishnu  als  zwölftem  Aditya  Platz 
za  machen.  Nur  selten  führen  auch  späte  Stellen  Indra  und  Par- 
janja  als  verschiedene  Götter  neben  einander  auf  18,55.  Im  Ma- 
hllbh&rata  erscheint  Indra  vollständig  als  Regengott,  und  Parjanya 
ist  nur  einer  seiner  Namen;  es  ist  eine  gewöhnliche  Redeweise: 
«Indra  lässt  regnen"  l,i8oi.  So  lässt  er  einmal  im  Reiche  des 
Sambaraija  zwölf  Jahre  nicht  regnen  (na  vavarsha  sahasr&kshas 
l,««2i),  so  lange  nämlich  der  König  in  der  Fremde  herumzieht; 
denn  nach  einem  festen  Glauben  der  Inder  lässt  Indra  nicht  regnen, 
wo  kein  König  ist,  oder  ein  schlechter.  Sobald  dann  Sambaraija 
in  seine  Residenz  zurückgekehrt  ist.  lässt  Indra  wieder  regnen. 
Unter  den  Vorzeichen  des  künftigen  Weltuntergangs  wird  auch 
erwähnt,  4&88  Indra  ausser  der  Zeit  regne  d,iso79.  isoss.  Oft  wird 
er  auch  um  Regen  angerufen,  vne  l,i985  mit  den  Worten:  «Du 
bist  der  Herr,  Regen  strömen  zu  lassen  nicht  wenig,  du  der  Wind, 
du  die  Wolke  und  das  Feuer  des  Blitzes  am  Himmel,  du  der 
Treiber  der  Wolkenmassen,  dich  nennen  sie  die  grosse  Wolke. 
Du  bist  der  unvergleichliche  schreckliche  Blitz,  du  die  brüllende 
Wolke,  du  der  Schöpfer  der  Welt  imd  ihr  unbesiegter  Zerstörer.* 
üeberall  aber  stehen  Frömmigkeit  und  Regen,  Gottlosigkeit  und 
Dürre  in  nothwendigem  Zusammenhange.  «Als  der  König  Loma- 
päda  einen  Brahmaner  betrogen  hatte*',  wird  8,10011  erzählt,  «da 
verliessen  alle  Brahmaner  das  Land,  Indra  regnete  nicht  mehr  (na 
vavarsha  sahasr&kshas)  und  die  Dürre  hielt  an,  bis  wieder  ein 
Priester  im  Lande  war.*  Das  goldene  Zeitalter  wird  8,i8»i7  be- 
schrieben:^ «Stets  spendeten  die  Wolken  Regen,  die  Völker  waren 
gesund,  fromm  und  gerecht,  Indra  aber  auf  seinem  Elephanten 
bereiste  die  Welt  und  sah  nach  den  Flüssen,  Brunnen,  Cistemen, 
Teichen  und  Seen.*  Bei  keiner  Schilderung  einer  glücklichen 
Regierung  fehlt  die  Bemerkung,  dass  Indra  zur  rechten  Zeit  habe 
regnen  lassen;  es  ist  der  Regen  ein  sicheres  Zeichen,  dass  der  Gott 
mit  dem  Könige  zufrieden  ist,  besonders  auch,  dass  die  Opfer  rich- 
tig gebracht  und  die  Gebräuche  richtig  eingehalten  werden.  So 
wird  z.  B.  bei  der  Schilderung  der  Regierung  des  Yudhishthira 
2,1206  angegeben,  dass  Indra  nach  Wunsch  regnen  Hess,  und  be- 
merkt (isos),  dass  weder  Dürre  noch  Üeberschwemmung  existirte, 
weil  der  König  an  seiner  Pflicht  festhielt.  Ebenso  4,98i  u.  a.  — 
Nach  5,3553  schlürft  der  Elephant  Air4vata  in  der  Unterwelt  Pät&la 
das  kühle  Wasser  zum  Wohle  der  Welt  und  giesst  es  in  die 
Wolken  hinauf,  aus  denen  dann  der  grosse  Indra  regnet.  Nach 
6,494  zieht  Indra  das  Regen wasser  aus  den  heiligen  Flüssen. 

Dass  das  Verhältniss  des  Indra  zu  Tvashtri  kein  klares  ist, 
indem  diese  beiden  Götter  bald  als  Freunde  erscheinen,  bald  als 
Feinde  gedacht  werden,  geht  aus  den  verschiedenen  Erzählungen 
vom  Kampfe  mit  Vjitra  hervor.  Nach  der  einen  Fassung  der  Sage 
hilft  Tvashtfi  dem  Indra,  verfertigt  den  Donnerkeil  für  ihn  (8,87it) 
und   spricht  den  Wunsch  aus,   er  möge  damit  den  Vptra  tödten; 


316    HoUmumn^  Indra  nach  den  VorHeüungm  des  MahdbhärcUa, 

nach  der  andern  im  An£Euige  des  fönften  Buches  sind  Indra  und 
Tvashtfi  erbitterte  Feinde,  und  letzterer  der  Vater  des  Tri9iras 
und  des  Vjitra  selbst. 

Ausser  Göttern  und  Götterfeinden  kannte  die  alte  M3rthologie 
noch  ein  drittes  Geschlecht,  das  der  himmlischen  Priester  und 
Opferer;  diese  finden  sich  auf  beiden  Seiten,  der  Suren  wie  der 
Asuren,  vor.  Der  Priester  des  Indra  ist  Brihaspati,  dessen  ältester 
Sohn  Kaca,  me  oben  bemerkt,  den  Göttern  durch  List  die  Kunst 
der  Wiederbelebung  verschafft.  Nach  dieser  Darstellung  wählen 
die  Götter  vor  dem  Beginne  des  Kampfes  den  Bphaspati  zum 
Opferpriester,  um  mit  seiner  Hilfe  zu  siegen  l,3i88;  ja  es  giebt 
Brihaspati  dem  Indra  eine  besondere,  vortheilhafte  Schlachtordnung 
an  6,2078.  Dagegen  wird  14,98  berichtet,  erst  nach  ^em.  Siege 
über  die  Asuren  habe  Indra  den  Bphaspati  zu  seinem  Purohita 
erwählt.  Wie  Bphaspati  dem  Götterkönige  behilflich  ist,  sein 
Beich  dem  Nahusha  wieder  abzugewinnen,  und  ihn  dabei  mit  seinen 
Lobsprüchen  stärkt,  ist  schon  oben  erzählt  Das  Yerhältniss  beider 
ist  ganz  so,  wie  es  auf  Erden  zwischen  einem  Könige  und  seinem 
Hauspriester  nach  brahmanischer  Anschauungsweise  sein  soU;  Indra 
fragt,  Bphaspati  belehrt  (z.  B.  5,io4i).  Er  heisst  der  Lehrer  (Guru) 
des  Indra  1,6464,  dessen  Bestes  er  inmier  will  (9akrapriyaishi  12,912), 
den  er  über  Pflicht  (2,1793)  und  Politik  (2,2458)  belehrt;  er  weist 
den  König  Marutta,  welcher  mit  seiner  Hilfe  ein  dem  Indra  miss- 
fälliges Opfer  bringen  will,  zurück  (14,210),  kann  aber  nicht  hindern, 
dass  dann  sein  eigener  jüngerer  Bruder  Sambarta  das  Opfer  durch- 
fährt Die  spätesten  Bücher  bringen  zahlreiche  Unterredungen 
zwischen  beiden,  deren  Resultat  dann  immer  die  Anerkennung  der 
brahmanischen  Superiorität  durch  Indra  ist,  z.  B.  14,256. 

Ein  genauer  Freund  des  Indra  ist  auch  ein  anderer  Himmels- 
weiser,  der  stets  auf  der  Wanderung  begriffene  Närada,  der  un- 
gehindert wie  der  Wind  die  Welten  durchstreift  In  einer  alten 
Stelle  3,9116  kommen  Narada  und  sein  Freimd  Parvata  zu  Indra, 
und  dieser  erkundigt  sich  bei  ihnen,  was  auf  der  Erde  vorgehe. 
Ebenso  besucht  Närada  12,i3768  den  Indra,  und  dieser  fragt  ihn, 
was  er  Merkwürdiges  gesehen  habe.  Als  Götterbote  erscheint  Na- 
rada 3,770;  im  Augenblicke,  da  Pradjrumna  den  (^älva  tödten  will, 
schickt  ihm  Indra  den  Närada,  ihn  davon  abzuhalten,  da  es  ihm 
nicht  beschieden  sei,  den  Q&lva  zu  tödten. 

Dass  die  Schaaren  der  Üntergötter,  der  Marut,  Apsaras,  Vi- 
dyadhara,  Gandharba,  Siddha,  Sadhja,  Yaksha  u.  a.  das  dienende 
Gefolge  des  Indra  bilden,  ist  schon  oben  ei^wähnt  Besonders  die 
Marut  oder  Windgötter  sind  ihm  stets  zur  Hand.  Er  wird  auch 
König  der  Marut  genannt  14,ii76.  Wie  Kubera  Herr  der  Yaksha, 
so  ist  Indra  Herr  der  Marut  7,i59.  Zu  Brahman  kommen  5,i9i8 
Agni  mit  den  Vasu  und  Indra  mit  den  Marut,  und  der  König  mit 
seinen  Helden  wird  dem  von  den  Marut  umgebenen  Indra  ver- 
glichen 3,16600.     Nach  5,8277  sind  die  Marut  Indras  Tischgenossen. 


HoUxmanfit  Indra  nach  den  VorHeUungen  des  Mahäbhdrata.    317 

Nach  5,3808  hat  Indra  die  schwangere  Göttin  Diti  am  Berge  Asta 
Yon  ihrer  Leihesfrucht  hefreit,  und  aus  dem  Fötus  entstanden  die 
Windgötter. 

Als  Günstlinge  des  Indra  gelten  die  regenfrohen  Schlangen; 
es  ist  der  Regen  des  Indra  der  Schlangen  grösste  Freude  l^isoi. 
Zumal  ihr  König  Takshaka  heisst  ausdrücklich  ein  Freimd  des 
Indra,  welcher  ihm  zu  Liebe  seine  Wohnung,  den  Wald  Kh&ndava, 
beschützt  1,8089.  Bei  dem  grossen  Schlangenopfer  des  Janamejaya 
begiebt  Takshaka  sich  in  den  Schutz  des  Indra  1,2054,  aber  der 
Ztmberkraft  der  Opfersprüche  kann  selbst  Indra  nicht  widerstehen, 
er  wird  mit  dem  Freunde  herabgezogen  imd  lässt  seine  Hand  los, 
um  in  den  Hinunel  zurückzukehren.  Wie  er  einem  anderen 
Schlangenfürsten,  dem  Sumukha,  zum  Genüsse  des  Am^ita  verhilft, 
ist  5,3671  erzählt 

9 

§  8. 
Indra  und  die  Menschen. 

Indra  ist  ein  Freund  der  Menschen  und  verkehrt  viel  und 
gerne  mit  ihnen.  Dabei  erscheint  er  gewöhnlich  in  menschlicher 
Gestalt,  von  der  seine  göttliche  nur  durch  gewisse  „Zeichen*  (liAga 
3,2214),  welche  oben  §  3  bereits  genannt  sind,  sich  unterscheidet. 
Seine  VerwandlungsMiigkeit  ist  unbeschi^nkt ;  er  zeigt  sich  (nach 
1 3,2275 — 3285)  bald  alt  bald  jung,  bald  schön  bald  hässlich,  erscheint 
als  Asure,  Priester,  König,  als  Vai^ya  oder  Qüdra,  als  Angehöriger 
einer  Mischklasse,  ja  als  verachteter  C&94^^  ^her  auch  in  Gestalt 
eines  Löwen,  Tigers,  Elephanten,  Raubvogels  u.  dgl.  Der  ältesten 
Gestalt  des  Gedichtes  gehört  die  Erzählung  an,  wie  er  als  ehr- 
würdiger Brahmane  den  Kan^a  besucht  und  ihm  die  Ohrringe 
raubt  3,17177.  Eine  Nachbildung  durfte  nicht  fehlen,  welche  ihn 
in  gleicher  Gestalt  dem  Arjuna  erscheinen  lässt  8, 1505.  Als  Brah- 
maner hetzt  er  die  Söhne  des  Bhaäg&svana  gegen  einander  auf 
13,555  und  besucht  in  gleicher  Gestalt  deren  zum  Weibe  umgeschaf- 
fenen Vater  559 ;  auch  1 3,274  bespricht  er  sich  in  Brahmaneugestalt 
mit  einem  Papageien,  der  aus  Pietät  den  absterbenden  Baum,  auf 
dem  er  lange  gewohnt,  nicht  verlassen  will,  und  belebt  den  Baum 
auTs  neue,  indem  er  ihn  mit  Amrita  besprengt.  Ebenso  erscheint 
er  als  Brahmaner  dem  Utaäka,  als  dieser  in  die  Schlangenwelt 
einzudringen  versucht  14,i72i.  Der  Qrutävati  erscheint  er  in  der 
Gestalt  des  Va^ishtha  9,276«;  als  frommer  herumziehender  Bettler, 
von  einem  Hunde  begleitet,  kommt  er  zu  den  sieben  Rischi  13,4459. 
In  Gestalt  eines  schönen  Jünglings  stellt  er  der  Rischifrau  Ruci 
nach  13,2308.  Sehr  bekannt  war  seine  Verwandlung  in  einen  Falken, 
als  er  den  (^ivi  oder  U9inara  prüfen  wollte  3, 10559.  13275.  In  spä- 
teren Stücken  kommt  er  als  goldener  Vogel  zu  einigen  Brahmanen, 
welche,  ehe  sie  die  Pflichten  eines  Hausvaters  erfüllt  haben,  sich 
dem  Waldleben  widmen  wollen,  um  sie  eines  Besseren  zu  belehren 


318    Udtamanti,  Jndra  nach  den  VorstsUungen  eies  Mahdbhäraia, 

(12,808)  oder  er  erscheint  als  Schakal,  um  einen  von  einem  Yai^ya 
misshandelten  Brahmaner  zu  trösten  12,6696. 

Seine  freundliche  Gesinnung  gegen  ihm  angenehme  Menschen 
beweist  Indra  gewöhnlich  dadurch,  dass  er  ihnen  die  Wahl  einer 
beliebigen  Gabe  freistellt;  er  ist  der  Gabenspender,  Yai'ada,  bald 
aus  freien  Stücken  seinen  Lieblingen  gegenüber,  bald  auch  von 
Heiligen  durch  die  Macht  ihrer  Busse  dazu  gezwungen.  Nur  ein- 
mal fordert  er  dafür  eine  ganz  bestimmte  Gegenleistung  (d,i7i96): 
gegen  den  Panzer  und  die  Ringe  des  Karna  stellt  er  diesem  jede 
Wahl  frei,  nur  seinen  geliebten  Donnerkeil  nimmt  er  ausdrücldich 
aus.  Dass  die  Macht  des  Indra,  Gaben  zu  verleihen,  nicht  absolut 
unumschränkt  ist,  dafür  findet  sich  ein  interessantes  Beispiel  3,io708. 
Ein  heiliger  aber  ungelehrter  Brahmane,  Yavakrtta,  büsst  mit  der 
Absicht,  ohne  Studium  die  Veda  und  alles  Wissenswürdige  zu 
lernen.  Zwar  erscheint  ihm  Indra  und  erklärt,  es  sei  dies  un- 
möglich, er  möge  die  Veda  bei  einem  Lehrer  studiren;  aber  Yava- 
krtta, schon  längst  eifersüchtig  auf  das  grössere  Ansehen  der  Ge- 
lehrten, setzt  trotzdem  seine  Busse  fort.  Da  nimmt  Indra  die 
Gestalt  eines  alten  Brahmanen  an,  setzt  sich  am  Ufer  der  Gaägä 
nieder  und  fängt  dort  an  mit  Sand  eine  Brücke  über  den  Fluss 
zu  bauen.  So  trifft  ihn  Yavakrita  und  fragt  lachend  den  Alten, 
was  er  da  mache.  Als  er  hört,  dass  Jener  den  Sand  in  den  Strom 
werfe,  damit  man  trockenen  Fusses  hinüber  gehen  könne,  sagt  er 
ihm,  dass  dies  unmöglich  sei.  Eben  so  unmöglich,  entgegnet  Indra, 
ist  dein  Verlangen,  ohne  Studium  die  Veda  zu  lernen.  —  Auch 
die  Bitte  des  MataAga  ld,i878  kann  er  nicht  erfüllen.  Dieser,  ein 
C&Q4^a,  büsst,  um  die  Brahmanenwürde  zu  erhalten;  Indra  stellt 
ihm  jede  andere  Gabe  frei  und  macht  ihn  zuletzt  zu  einem  gött- 
lichen Wesen.  —  Als  Süsser  verkleidet  fordert  er  3,i505  den  Arjuna 
auf,  sich  eine  Gnade  zu  wählen,  und  dieser  wünscht  sich,  die 
Waffen  der  Götter  kennen  und  führen  zu  lernen.  Aehnliche  Fälle, 
in  welchen  Indra  als  Varada  auftritt,  finden  sich  5,549:  nachdem 
er  mit  Hilfe  des  Bphaspati  den  Nahusha  gestürzt,  stellt  er  aus 
Dankbarkeit  dem  Vater  des  Bphaspati,  dem  Aügiras,  eine  Gabe 
frei,  worauf  dieser  sich  ausbittet,  dass  der  Atharvaveda  nach  ihm 
genannt  werde;  18,666  lässt  er  den  in  ein  Weib  verwandelten  Bhaä- 
gäsvana  wählen ,  ob  er  Weib  bleiben  oder  wieder  Mann  wer- 
den wolle;  ebenso  schenkt  er  dem  Sumukha  langes  Leben  und 
schöne  Gestalt  5,8678,  dem  Nala  die  Gabe  des  freien  Ganges  und 
den  klaren  Blick  im  Opfer  3,8826,  der  büssenden  ^^^^^^^^  einen 
Sitz  im  Paradiese  9,879i  u.  dgl. 

Am  liebsten  aber  findet  sich  Indra  bei  den  Opfern  der  Könige 
und  der  Priester  ein  und  hilft  selbst  mit  das  Opfer  besorgen.  So 
erscheint  er  1,4687  bei  dem  Opfer  des  Königs  Vyushitä^va  und  ninmit 
an  den  religiösen  Handlungen  thätigen  Antheil;  dadurch  erhält 
das  Opfer  ausserordentliche  Wirksamkeit,  so  dass  der  König  alle 
seine  Feinde  besiegt     Ebenso  betheiligt  er  sich  bei  dem  Opfer  des 


HoUfmanuy  Indra  nach  den  Vorstellungen  dee  Makäbhdraia,    319 

Königs  Nfiga  3,8ssi.  10291,  wo  er  mit  Somasafb  gesättigt  wird,  und 
au  dem  des  Marutta  Avikshita  7,8i78.  1 2,910,  mit  welchem  er  um 
die  Wette  opfert,  dabei  aber  miterliegt,  femer  regelmässig  bei  den 
Opferfesten  des  Mudgala  d,i54ii.  —  Aber  nicht  nur  auf  Erden, 
auch  im  Himmel  selbst  hat  Indra  Opfer  dargebracht,  ja  es  ist  eine 
alte  Vorstellung,  dass  er  erst  durch  ein  grosses  Opfer  seine  Würde 
als  Götterkönig  erhalten  habe.  Soll  ein  Opferfest  eines  irdischen 
Königs  sehr  gerühmt  werden,  so  heisst  es:  das  Opfer  war  ¥rie 
das  des  Indra  im  Himmel;  z.  B.  2,1257.  i684.  Auf  der  Erde  sind 
Opferstätten  des  Indra  der  See  Bindusaras  (2,68  und  6,240),  der 
Wald  Naimisha  (1,7275),  der  Berg  Meru  (6,8i8),  der  Platz  Indra- 
tirtba  an  der  Sarasyatt  und  der  Wallfahrtsort  Prabhäsa  (9,2S9i). 
Nur  ganz  allgemein  wird  6,3775  der  Osten  als  die  Gegend  angegeben, 
wo  «Indra  viele  Eber  und  anderes  Wild  im  Walde  tödtet  und  dann 
den  Göttern  als  Opferantheil  übergibt.*^  Nach  1,4846  opferte  Indra, 
sobald  er  das  Begiment  angetreten  hatte,  und  zwar  in  der  Absicht, 
seinen  Namen  berühmt  zu  machen.  Das  Pferdeopfer,  das  er  nach 
seiner  Wiedereinsetzung  bringt,  um  sich  von  der  Schuld  des  an 
Vfitra  begangenen  Mordes  zu  reinigen  (5,4i8*,  auch  13,S2  erwähnt), 
ist  schon  bei  Gelegenheit  der  Geschichte  des  Nahusha  erzählt  wor- 
den. Gewöhnlich  aber  wird  nur  auf  ein  berühmtes  Opfer  des 
Indra  angespielt;  so  1,2098.  2104,  wo  dieses  Opfer  das  hundertzahlige 
(^ätasankhyas)  genannt  wird;  9,28ss  (vgl.  Id,si64),  wo  er  an  der 
Sarasvati  hundert  Opfer  bringt  und  daher  den  Namen  Q^takratu 
(Hundertopfer)  erhält;  d,8i8i,  welche  Stelle  die  hundert  Opfer  an 
den  See  Devahrada  verlegt.  Eine  späte  Erzählung  14,282o  berichtet, 
Indra  habe  einst  ein  Thieropfer  darbringen  wollen.  Da  wehren 
es  ihm  die  mitleidigen  Bischi,  es  sei  dies  nicht  der  rechte  Opfer- 
brauch,  es  sei  nicht  Becht  ein  lebendes  Wesen  zu  tödten  (2822), 
er  solle  Pflanzen  opfern.  Da  Indra  nicht  nachgeben  will,  wird 
die  Streitfrage  dem  Könige  Vasu  vorgelegt  —  Mit  Vi9v4mitra 
opferte  Indra  und  trank  Somasaft  mit  ihm  in  Kanyakubja  3,8Si8, 
und  über  das  Opfer  des  Sahadeva  machte  er  sogar  einen  Vers  3,8377. 
Waren  es  in  den  älteren  epischen  Gesängen  die  Dtlnava,  vor 
welchen  Indra  zitterte,  so  hat  die  spätere  Auffassimg  ihm  viel 
gefährlichere  Feinde  gegenüber  gestellt,  vor  denen  er  seiner  Gött- 
lichkeit nicht  froh  werden  kann.  Es  sind  dieses  die  Büsser.  Denn 
„Busse  kann  selbst  den  Indra  zwingen,  die  Wohnung  des  Yama 
zu  betreten*"  3,i0444.  Kaum  hat  irgendwo  ein  Brahmaner,  ein  König, 
ein  Asura  sich  in  die  Einsamkeit  zurückgezogen,  um  sich  dort 
Bussübungen  hinzugeben,  so  fängt  Indra  an  zu  zittern,  und  seine 
Angst  wächst,  je  beharrlicher  die  Busse  fortgesetzt  wird.  «Wenn 
der  nur  nicht  zum  Indra  wird*",  seufzt  er,  und  sinnt  auf  Mittel 
den  Bivalen  zu  stören.  Bald  wendet  er  freundliche  Ueberredung 
an,  bald  Betrug  und  heimtückischen  Mord,  bald  verlockt  er  den 
Büsser  zur  Sinnlichkeit,  welche  alle  Früchte  der  Selbstpeinigung 
vernichtet     Als  König  Uparicara   oder  Vasu   das  Büsserleben   an- 


320    HoUzmann,  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdbh&raia, 

fing  (1,2SS6),  fürchtete  Indra,  derselbe  möchte  sich  zum  Götterherm 
aufechwingen,  und  redete  ihm  zu,  er  möge  sich  seiner  eigentlichen 
Pflicht,  der  Regierung,  wieder  zuwenden.  Der  Büsser  giebt  nach 
und  Indra  beschenkt  ihn  reichlich.  Hilft  aber  das  Zureden  nicht, 
80  hat  Indra  ein  beliebtes  imd  wirksames  Mittel,  die  Busse  zu 
stören ;  er  schickt  seine  himmlischen  Nymphen,  eine  oder  mehrere, 
zu  dem  Büsser,  welche  diesen  durch  ihre  Liebeskünste  zur  Sinn- 
lichkeit zu  verlocken  suchen.  So  wird  1,2914  erzählt,  wie  Vi9v&- 
mitra  durch  seine  Busse  dem  Indra  die  Befürchtung  einflösst,  er 
möchte  seinen  Himmelsthron  verlieren;  er  wendet  sich  an  die 
Nymphe  Menak&:  ,,Mit  seiner  schrecklichen  Busse  macht  dieser 
Vi9v&mitra  mir  das  Herz  erzittern,  gehe,  beste  der  Apsaras,  und 
verlocke  ihn*.  Nach  einigem  Sträuben,  das  in  der  Furcht  vor  dem 
Fluche  des  Heiligen  seinen  Grund  hat,  erklärt  Menakä  sich  bereit, 
und  Indra  schickt  ihr  noch  den  Liebesgott  Manmatha  imd  den 
Windgott  V&yu  mit,  der  in  ihrem  Gewände  spielen  soll.  So  wird 
Vi^vamitra  wirklich  verführt  und  Indra  hat  eine  Zeit  lang  vor  ihm 
Ruhe.  Andere  Beispiele  1,5075:  der  Sohn  des  Gotama,  Qaradvat, 
beunruhigt  durch  seine  Busse  den  Indra,  wird  aber  auf  dessen 
Yeranlassimg  durch  J&napadi,  eine  andere  Apsaras,  gestört;  oder 
1,7854:  ein  ungenannter  Büsser  (in  andern  Quellen  M&ndakarni), 
der  bei  Indra  eingekehrt  ist,  wird  von  fünf  Apsaras  vergeblich  in 
Versuchung  geföhrt;  doch  ist  hier  nicht  ausdrücklich  gesagt,  dass 
die  Apsaras  auf  Befehl  des  Indra  handelten.  —  Helfen  aber  selbst 
die  Apsaras  nicht ,  so  greift  Indra  ungescheut  zu  dem  Mittel  des 
offenen  oder  hinterlistigen  Mordes.  Ein  Beispiel  5,283:  Beim  An- 
blicke der  Busse  des  Tri9iras  überMlt  Schrecken  den  Indra;  er 
fürchtet,  dieser  möchte  selbst  Indra  werden;  er  wünscht  Tri^iras 
dahin  bringen  zu  können,  dass  er  sich  dem  Genüsse  hingebe  und 
aufhöre  zu  büssen.  Er  befiehlt  nun  den  Apsaras,  den  Heiligen 
zu  verführen,  damit  seine  Furcht  aufhöre.  Die  Apsaras  machen 
sich  auf  den  Weg,  aber  sie  verschwenden  umsonst  alle  ihre  Kunst 
an  dem  standhaften  Tri9iras.  Ohne  ihre  Absicht  erreicht  zu  haben, 
kehren  sie  zu  Indra  zurück  und  berichten  ihm,  die  Standhafkigkeit 
des  Tri9iras  sei  nicht  zu  erschüttern.  Da  überlegt  Indra  wiederum 
und  schleudert  zuletzt  den  Donnerkeil  auf  Tri9iras,  dass  er  todt 
zur  Erde  fällt  5,252.  Nach  einer  anderen  Version  (1 2,13211)  erreichen 
die  Apsaras  auch  hier  ihren  Zweck. 

Durch  die  Zauberkraft  der  Busse  gezwungen,  muss  der  König 
der  Götter  oft  dem  Willen  der  sterblichen  Menschen  sich  fügen. 
So  wird  er  durch  die  Busse  des  Ku9ika  genöthigt,  in  der  Familie 
desselben  als  Mensch  unter  dem  Namen  Gädhi  geboren  zu  werden 
12,1720.  19,1426.  1764;  doch  ist  diese  Verkörperung  nur  ein  sogenann- 
tes Am9&vatärai}a ,  eine  theilweise  Incamation,  d.  h.  Indra  führt 
nur  einen  Theil  seines  eigenen  Wesens  in  Gadhi  ein  19,i428.  — 
Eine  sehr  beliebte  Erzählung,  um  die  Ohnmacht  des  Götterkönigs 
gegen  büssende  Heilige  zu  illustriren,  war  die  von  der  Busse  des 


Holissmann,  Indra  nach  den  VarsteUungen  de$  Mahdbhdraia.  321 

Cjavana.  Dieser  will  den  beiden  Himmelsärzten  (A9yin)  den  un- 
sterblich machenden  Somasafb  weihen,  aber  Indra  erhebt  Einsprache 
(3^0379)  und  greift,  da  diese  unberücksichtigt  bleibt,  zu  seinem 
Donnerkeile.  Da  aber  lässt  Cyavana  durch  die  Macht  seiner  Busse 
den  Riesen  Mada  (Leidenschaft)  entstehen,  der  auf  den  Gött^rkönig 
losgeht  und  ihn  zu  verschlingen  droht.  Der  erschreckte  Indra 
gibt  nach  und  Cjavana  ruft  den  Mada  zurück  3,io4os.  Die  gleiche 
Geschichte  wird  berichtet  13,7806.  Dort  fordert  Cyavana  den  Indra 
auf,  die  A9vin  den  Somasaft  trinken  zu  lassen;  dieser  weigert 
sich:  ,Mit  den  A9vin  werde  ich  nicht  Soma  trinken,  das  mögen 
andere  thun,  ich  kann  mich  nicht  dazu  verstehen.*'  Darauf  ver- 
schafft Cyavana  durch  den  Zauber  seiner  Busskraft  den  Asuren 
den  Sieg  über  den  Indra;  der  erzürnte  Götterkönig  greift  den 
Büsser  mit  seinem  Donnerkeile  an  und  will  einen  Felsen  nach  ihm 
schleudern,  aber  Cyavana  ruft  den  Riesen  Mada  in's  Leben,  worauf 
Indra  auf  Zureden  der  anderen  Götter  erklärt,  er  wolle  nach- 
geben. —  Kurz  berührt  ist  diese  Geschichte  auch  14,249 — 2M. 

Endlich  ist  noch  zu  erwähnen,  dass  Indra  selbst,  wie  unter 
den  Opferem,  so  auch  unter  den  Büssem  erwähnt  wird  13,696: 
er  büsst  in  Väranasi  und  erlangt  dadurch  die  Zufriedenheit 
des  ^iva. 

Zwar  ist  Indra  aller  Menschen  Freund,  aber  das  Epos  sieht 
in  ihm  vorzugsweise  den  Krieger,  den  Städtezertnunmerer  (Puran- 
dara),  wie  er  mit  einem  alten  und  häufigen  Namen  genannt  wird, 
der  „zum  Verderben  der  Dasyu  den  Krieg  eingesetzt  hat,  von  dem 
Panzer,  Pfeil  und  Bogen  herrühren*  (5,888),  und  daher  erscheint  er 
im  Epos  auch  besonders  als  Freund  der  Helden,  die  er  in  ihren 
Eroberungszügen  unterstützt,  die  er  besucht,  um  sich  nach  ihrem 
Thun  und  Treiben  zu  erkundigen,  deren  Besuch  in  seinem  Palaste 
er  stets  entgegensieht,  die  er  endlich  nach  ihrem  Tode  in  seinen 
Hinunel  aufnimmt.  Gewiss  traten  diese  Beziehungen  in  der  älteren 
Gestalt  des  Gedichtes  ungleich  stärker  hervor,  als  in  der  uns  jetzt 
vorliegenden  Bearbeitung,  welche  ohne  Zweifel  eine  Menge  Züge, 
die  von  dem  persönlichen  Eingreifen  des  Gottes  in  die  Kriege  der 
Menschen  erzählten,  getilgt  hat.  Der  vorbuddhistische  Rationalis- 
mus beseitigte  sorgfältig  die  alten  Göttermährchen  und  nur  einzelne, 
ihrer  Beliebtheit  und  Bedeutsamkeit  halber,  wurden  begnadigt. 
Die  nachbuddhistische  Legendenpoesie  fährte  zwar  die  alten  Götter 
imd  das  Element  des  Wunderbaren  wieder  ein,  aber  sie  brachte 
es  nur  zu  wunderlichen  und  abgeschmackten  Heiligengeschichten. 
Es  ist  uns  von  dem  epischen  Indra  imd  seinem  Verkehr  mit  den 
Helden  der  Sage  die  meiste  und  beste  Kunde  verloren  gegangen, 
und  es  kann  sich  nur  darum  handeln,  einige  gerettete  Andeutimgen 
zu  sammeln. 

Eine   alte  Idee    drückt   die  Frage  des  Indra  an   den   ihn  be- 
suchenden Narada  aus:    „Die  pfiichtkundigen  Hüter  der  Erde,    die 
mit  Preisgebung  des  eigenen  Lebens,  ohne  rückwärts  zu  schauen, 
Bd.  XXXII.  21 


322      Holttsmanny  hidra  nach  den  VorsUüungen  des  Mahdbhdrata. 

dem  Tode  durch  das  Geschoss  entgegengehen,  denen  diese  an 
Seligkeit  unerschöpfliche  Welt  so  gut  angehört  wie  mir,  warum 
sehe  ich  sie  nicht,  diese  meine  geliehten  Gäste,  wo  sind  sie  nur, 
die  heldenmüthigen  Krieger?"  3,2120.  Der  Götterkönig  ist  also  ge- 
wohnt, stets  neue  Gäste,  nämlich  im  Kampfe  gefallene  Helden,  bei 
sich  zu  sehen,  und  es  f^lt  ihm  auf,  dass  jetzt  keine  bei  ihm  sich 
einfinden;  aber  im  Augenblicke  ruhen  alle  Kriege  wegen  der 
Gattenwahl  der  Damajantl  ,Wer  ohne  zu  fliehen  in  der  Schlacht 
den  Tod  findet,  kommt  in  den  Palast  des  Indra  zu  ewiger  Freude*^ 
heisst  es  2,499;  freilich  wird  dann  dasselbe  auch  den  Büssem  ver- 
sprochen und  denen,  welche  ein  Königsopfer  gebracht  haben.  Wer 
aber  in  der  Schlacht  sich  rückwärts  gewendet  hat,  der  kann  den 
Götterhain  Nandana  nicht  erschauen  3,1759.  Nach  2,87o  kommen 
alle  Könige,  welche  im  Kampfe  gefallen  sind,  in  das  unvergäng- 
liche Paradies  (svarga) ;  aber  auch  Vedastudium  und  Busse  werden 
mit  dem  Paradiese  belohnt.  Sehr  bestimmt  lautet  die  Stelle  11, 59 — 61 : 
„Nie  ist  der  Kampf  ohne  Segen:  der  Gefallene  geht  zum  Himmel, 
der  Sieger  erlangt  Buhm,  beides  ist  kostbar.  Diesen  wird  Indra 
die  alle  Wünsche  gewährenden  Welten  schenken,  sie  werden  seine 
Gäste  sein;  denn  sicherer  noch,  als  andere  Sterbliche  durch  gaben- 
reiche Opfer,  durch  Bussübungen,  oder  durch  WissenschE^t ,  er- 
langen die  Helden  den  Himmel  durch  den  Tod  auf  dem  Schlacht- 
felde*'. Aehnlich  sagt  Indra  12,3655,  die  in  der  Schlacht  gefallenen 
Helden  dürfe  man  nicht  beklagen,  sein  Himmel  gehöre  diesen  wie 
ihm  selbst  Bevor  Arjuna  den  Bhagadatta  tödtet,  sagt  er  7,1202: 
„Jetzt  werde  ich  dem  Indra  einen  Gast  schicken"  (vgl.  A.  Holtz- 
mann,  deutsche  Mythologie,  S.  199).  In  der  Schlacht  sterben, 
heisst  den  Indra- Weg  gehen  5,2065 :  „Diese  Helden  gehen  den  alten 
Indra-Weg,  sie  werden  ihr  Leben  verlieren,  aber  auf  Erden  Ruhm 
bewahren*.  Vor  Beginn  der  grossen  Schlacht  erinnert  Bhishma 
6,c44  seine  Krieger  daran,  dass  ihnen  jetzt  das  Thor  zum  Paradiese 
des  Indra  und  des  Brahman  aufgethan  sei.  Dass  sogar  die  so  schlecht 
als  möglich  hingestellten  Helden  der  Kuru  in  den  Himmel  kommen, 
kann  ICiishna  selbst  nicht  leugnen  14,i584.  Bei  seinem  Besuche 
im  Himmel  sieht  Arjuna  auch  die  im  Kampfe  erschlagenen  Helden 
3,1748  und  auch  dort  haben  sie  ihre  alte  Lust  an  Schlachten  imd 
Kämpfen  so  wenig  verloren,  dass  sie  bei  Gelegenheit  vom  Himmel 
herabfahren,  um  den  Heldenthaten  berühmter  Sterblicher  zuzu- 
schauen; z.  B.  4,i7tf8  verlässt  Indra,  von  ^i^i,  Yayati,  Nahusha, 
Püru,  Raghu  und  anderen  Helden  begleitet,  den  Himmel  und  ist 
Zuschauer  bei  dem  Kampfe  des  Arjuna  mit  den  Kuru.  Neben 
solchen  Zeugnissen  hat  es  keinen  Werth,  wenn  2,484  behauptet 
wird,  im  Palaste  des  Indra  halte  sich  nur  6in  König  auf,  nämlich 
Hari^candra.  Üeberhaupt  ist  jene  ganze  Beschreibung  der  himm- 
lischen Paläste  (2,283 — 51  s)  ein  sehr  junges  Stück. 

Aber   auch   bei  ihren  Lebzeiten   sind  die  Könige  und  Helden 
die  Freunde  des  Indra,   die  er  besucht,   nach   ihrem  Wohlergehen 


HoUzmann,  Indra  nach  tlen  Vorstellungen  des  Mahahhärata.     323 

befragt,  zum  Besuche  bei  sich  einladet,  an  deren  Opferfesten  er 
gerne  Antheil  nimmt.  ,Du,  Herr  der  Suren,  bist  unser,  der  Krieger, 
Freund**,  sagt  Mändhatar  zu  ihm  12,2432,  und  Bhagadatta  rühmt 
sich  2,1005:  ich  bin  ein  Freimd  des  Indra;  8,i04  heisst  derselbe 
Bhagadatta  der  geliebte  und  geschätzte  Freund  des  Indra;  7,iso8 
sein  geliebter  und  beständiger  GeMirte.  Ebenso  heisst  Bhishmaka 
öfters  ein  persönlicher  Freimd  des  Götterkönigs  2,58ö.  iiö7.  5,5Sfio. 
Auch  dem  Familienleben  der  Könige  schenkt  er  seine  Theilnahme ; 
so  besucht  er  3,io45i  den  Yuvan&9va,  dem  eben  ein  Erbe  geboren 
ist,  und  gibt  diesem  den  Namen  Mändhatar;  später  weiht  er  diesen 
selbst  zum  Könige  3,io457.  Als  er  hört,  dass  König  Bhima  die 
Gattenwahl  seiner  Tochter  verkündigen  lässt,  zieht  er  selbst  nach 
Vidarbha  (3,2137),  nicht  als  Zuschauer,  sondern  als  Freier,  und  be- 
schenkt den  erwählten  Bräutigam  (3,2226).  An  dem  Beispiele  des 
Kuru  9,3011  zeigt  sich  die  Vorstellung  deutlich,  die  man  von  dem 
innigen  Verkehre  des  Indra  mit  den  Königen  hatte;  er  sieht  den 
Kuru  eifrig  pflügen  und  steigt  herab,  ihn  nach  dem  Grunde  seines 
Thuns  zu  fragen.  Dem  Könige  Uparicara  oder  Vasu  ist  er  bei 
der  Unterwerfung  des  Reiches  von  Cedi  behilflich  1,2335  und  schenkt 
ihm  zum  Zeichen  seiner  Gnade  einen  krystallenen  Wagen,  den  er 
nach  Belieben  durch  die  Luft  leiten  kann,  eine  Fahne,  die  in  der 
Schlacht  seine  Person  unverwundbar  macht,  und  ein  Bambusrohr 
als  Scepter  2350.  Auch  dieser  Uparicara  heisst  ein  Freund  des 
Indra  12,12712.  Jedem  bedeutenden  Kampfe  auf  Erden  wohnt  Indra 
als  Zuschauer  bei,  z.  B.  5,7iio. 

Die  in  den  Himmel  aufgenommenen  Krieger  kann  Indra  wieder 
von  dort  Verstössen,  wie  das  Beispiel  des  Yayati  zeigt,  der  durch 
Busse  und  Frömmigkeit  den  Himmel  erreicht  hat,  aber  nach  nicht 
sehr  langer  Zeit  durch  Indra  wieder  zur  Erde  herab  gestürzt  wurde. 
Die  Ursache  war  der  Uebermuth  des  Yayäti,  welcher  auf  eine 
Frage  des  Indra  sich  dahin  äusserte,  er  kenne  keinen  Gott  und 
keinen  Menschen,  der  ihm  selbst  an  Busse  und  Heiligkeit  gleich- 
käme l,3öB5.  5,4054.  Als  jedoch  die  vier  Enkel  des  Yayati  ihre 
Busse  ihm  abgetreten  hatten,  kehrte  er  mit  Erlaubniss  des  Indra 
wieder  in  den  Himmel  zurück. 

Zwischen  die  Poesie  des  alten  Heldengesanges  und  die  wunder- 
imd  abergläubische  Brahmanenpoesie  der  vischnuitischen  und  9iva- 
itischen  Periode  fällt  ein  mittleres  Zeitalter  der  rationalistischen 
und  pantheistischen  Aufklärung,  welche  den  alten  Sagenschatz  einer 
durchgreifenden  Umarbeitung  unterzog  und  besonders  die  Züge 
eines  persönlichen  Eingreifens  der  Götterwelt  in  die  Geschichte 
des  grossen  Krieges  bis  auf  wenige  Spuren  tügte  oder  durch  ra- 
tionalistische Ausdeutungen  ersetzte.  So  kommt  es,  dass  gerade 
in  den  Büchern,  welche  den  Kern  des  alten  Heldengedichtes  um- 
fassten,  im  sechsten,  achten  imd  neunten,  der  Name  des  Indra  und 
die  der  anderen  alten  Götter  verhältnissmässig  am  seltensten  ge- 
nannt  werden,   indem    ihr  Wirken    einer   natürlichen   Entwicklung 

21* 


324      HoUxmawH^  hidra  nach  den  VarsteUungen  de»  Mahdbkdraia. 

der  Dinge  Platz  machen  muss;  wo  aber  in  den  genannten  Büchern 
das  wunderbare  Element  sich  zeigt,  da  stossen  wir  gewöhnlich 
nicht  auf  Trünuner  alter  Üeberlieferung,  sondern  nur  auf  spätere 
Einschiebsel  zu  Ehren  des  Vishnu  oder  des  Qiva.  Ohne  allen 
Zweifel  aber  hat  besonders  Indra  in  der  älteren  Fassung  der  Ge- 
schichte des  grossen  Krieges  eine  sehr  bedeutende  Rolle  gespielt 
und  es  wäre  vielleicht  noch  nicht  unmöglich,  in  dieser  Beziehimg 
den  alten  Sachverhalt  wenigstens  theilweise  wieder  herzustellen. 
Hier  aber  kann  es  sich  zunächst  nur  darum  handeln,  die  noch  er- 
haltenen Spuren  zu  sammeln.  Dass  zunächst  Indra  stets  die  Pänjava 
begünstigt,  gegen  Duryodhana  imd  Kar^a  aber  feindliche  Gesinnung 
zeigt,  ist  wohl  ein  Zug  der  schon  dem  alten  Gedichte  angehörte. 
Denn  der  tapferste  der  fünf  Brüder,  Arjuna,  ist  der  Sohn  des  Indra ; 
es  ist  1,4791  erzählt,  wie  Indra  an  der  Stelle  des  Pandu  mit  Kunti 
den  Arjuna  erzeugt,  nachdem  die  Zauberformel  der  Kunti  ihn  vom 
Himmel  herabgerufen  hatte.  Bei  der  Prüfung,  welche  Drona  als 
Lehrer  mit  seinen  Zöglingen  anstellt,  1,5402,  bedeckt  Indra  seinen 
Sohn  Arjuna  mit  einem  Nebel,  während  Karna  durch  seinen  Vater, 
den  Sonnengott,  in  helles  Sonnenlicht  gestellt  wird :  ein  alter  Zug, 
der  aber  seinen  Platz  verändert  hat  und  wahrscheinlich  irüher  in 
der  Erzählung  des  grossen  Kampfes  seine  Stelle  hatte;  dort  hilft 
Sürya  seinem  Sohn,  den  Feind  zu  erblicken,  welchen  Indra,  um 
ihn  zu  schützen,  den  Augen  des  Kar^a  verhüllt  hat.  —  Während 
der  dreizehnjährigen  Verbannung  der  Pändava  zeigt  Indra  sich  bei 
verschiedenen  Gelegenheiten  gnädig  gegen  sie.  Er  erscheint  dem 
Arjuna  (3,i505)  und  ladet  ihn  ein,  zu  ihm  zu  kommen  (1709)  imd  bei 
ihm  den  Gebrauch  der  himmlischen  Waffen,  z.  B.  des  Donnerkeiles 
(i79i),  kennen  zu  lernen.  Fünf  Jahre  lang  bleibt  Arjuna  bei  Indra, 
der  ihn  nicht  nur  in  der  Kriegskunst  der  Götter,  sondern  auch  in 
Musik  und  Tanz  unterrichten  lässt.  Späterhin  besucht  er  seiner- 
seits den  Arjuna  und  seine  Brüder  auf  dem  Berge  Gandhamadana 
11918.  —  Der  Besuch  des  Arjuna  bei  Indra  wird  späterhin  noch- 
mals erzählt  (3,11992 — 1227s)  und  hier  hinzugefügt,  Indra  habe  ihn 
gegen  die  Niv&takavaca  und  die  Kälakanja  geschickt,  zwei  Asuren- 
völker,  mit  denen  Indra  nicht  fertig  werden  konnte,  und  Arjuna 
habe  diese  besiegt  imd  vernichtet.  —  Späterhin  stellt  Duryodhana 
im  Walde  dem  Arjuna  und  seinen  Brüdern  nach ;  da  schickt  Indra 
den  König  der  Gandharba,  den  Citrasena,  mit  seinen  Leuten  dort- 
hin, er  solle  ihm  den  Duryodhana  gebunden  in  den  Himmel  bringen 
(3,i&oi2);  was  aber  die  Grossmuth  des  Yudhishthira  verhindert.  — 
Gehören  aber  diese  Stellen  des  dritten  Buches  schwerlich  dem 
alten  Epos  an,  so  ist  dagegen  ein  Beispiel  acht  epischen  Eingreifens 
der  Götter  in  die  Menschenwelt  die  öfters  (1,2779 — 2782.  4407 — 4410. 
3,16922 — 1721«.  12,186 — 189)  erzählte  Sage,  wie  Indra,  als  Brahmaner 
verstellt,  den  Panzer  und  die  Ohrringe  des  Kar^a  mit  List  an  sich 
bringt;  wie  ausdrücklich  gesagt  wird,  aus  Liebe  zu  seinem  Sohne 
Arjuna  und  zu  den  andern  Söhnen  des  Pän(Ju,  während  5, 21 98  be- 


Holtzmann,  Indra  nach  den   VorattUungen  des  MahdbhdrtUa.     325 

hauptet  wird,  Indra  habe  die  Ohrringe  nur  geraubt,  um  sie  seiner 
Gattin  (^aci  zu  schenken.  Die  Besiegung  des  Kar^a,  durch  listigen 
Verrath  der  Götter  und  Menschen  und  durch  die  Arglosigkeit 
seines  eignen  edlen  Sinnes  ermöglicht,  ist  der  Höhepunkt  des  ganzen 
alten  Gedichtes;  die  nothwendige  Vorbereitung  dazu  ist  eben  der 
Baub  des  Panzers  und  der  Ohrringe,  wodurch  Indra,  dem  Arjuna 
zuliebe,  de^  Karna  eben  so  schmählich  hintergeht,  wie  bei  Homer, 
dem  Achilleus  zu  Ehren,  Athena  den  Hektor,  den  Liebling  des 
hellenischen  Sonnengottes,  wie  Kar^a  der  des  indischen  ist.  Ebenso 
alt  und  acht  ist  die,  allerdings  nur  zuschauende,  Theilnahme  des 
Indra  an  dem  entscheidenden  Kampfe  des  Arjuna  mit  Karna  und 
sein  Wortstreit  darüber  mit  Sürya  8,4429.  Auch  unter  den  Waflfen 
des  Arjuna  sind  mehrere  ein  Geschenk  des  Indra  (4,2088),  seine 
Fahne  hat  Vi^vakarman  verfertigt  auf  Befehl  des  Götterkönigs 
6,207(>.  Ebenso  sind  nach  5,2229  die  Pferde  des  Nakula  ein  Geschenk 
des  Indra.  Bei  den  Kämpfen  des  Arjuna  und  seiner  Brüder  stellt 
Indra  sich  als  Zuschauer  ein  4,i76i.  6,1537.  Noch  zuletzt  mag  es 
Indra  gewesen  sein,  der  den  geschlagenen  Duryodhana  in  den  Teich 
lockt,  in  welchem  ihn  die  Sieger  nachher  finden;  in  der  jetzigen 
Gestaltung  des  Gedichtes  findet  sich  hiervon  freilich  keine  Spur, 
dass  aber  ein  grosses  Stück  hier  weggelassen  wurde,  beweist  die 
zum  Ersatz  hier  eingeschobene  Wallfahrtsreise  des  Rama.  Solche 
ohne  deutlichen  Gnmd  und  ohne  Zusammenhang  eingeschobene 
spätere  Stücke  sind  nämlich  immer  ein  Zeichen,  dass  hier  eine 
Lücke,  verursacht  durch  Ausmerzung  eines  alten  ächten  Stückes, 
ausgefüllt  werden  sollte. 

Die  jetzige  Bedaction  des  Mahäbhärata  schliesst  mit  dem  Ein- 
gehen der  fünf  Brüder  in  den  Himmel  des  Indra.  Dieser  konunt 
dem  Yudhisht.hira,  welcher  allein  bei  lebendigem  Leibe  das  Paradies 
erreicht,  entgegen  (17,73)  und  führt  ihn  auf  seinem  Wagen  in  seinen 
Himmel,  wo  er  sich  dann  weiter  mit  ihm  bespricht  (18,9o),  und 
die  Brüder  sich  wieder  zusammen  finden. 

Was  das  Verhältniss  des  Indra  zu  den  Brahmanen  betrifft,  so 
sind  seine  Beziehungen  zu  hervorragenden  Büssem  und  Heiligen 
aus  dieser  Kaste  schon  oben  berührt.  Dass  Indra  in  den  spätesten 
Theilen  des  Mahäbhärata  ganz  zum  gehorsamen  Knechte  der  Priester 
geworden  ist,  kann  nicht  auffallen ;  aber  auch  ältere  Stellen  zeigen 
ihn  uns  als  einen  Freund  und  Verehrer  derselben.  „Selbst  Indra 
verehrt  die  Brahmanen,  wie  viel  mehr  ein  Mensch?*  sagt  der 
Brahmane  Kau^ika  3,is67s,  und  der  König  Janaka  lehrt  3,i0622, 
einem  Brahmanen  müsse  selbst  ein  König  auf  der  Strasse  aus- 
weichen, denn  die  Brahmanen  verehre  selbst  Indra.  Eine  Menge 
Heilige  und  Rishi  sind  Gäste  im  Himmel  des  Götterkönigs  (2,292 
— 300  aufgezählt) ;  wie  die  Könige,  sprechen  auch  Brahmanen ;  „der 
hohe  Indra  ist  mein  Freund"  (so  l,83i),  andere  gehen  bei  ihm  ein 
und  aus  imd  erhalten  Aufträge  von  ihm  (so  z.  B.  Loma^a  3,i879. 
8423) ;  andere  besucht  er  selbst,  so  den  Yaka  3,13224,  einen  hundert- 


326   HoUemanrij  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdbhdrata. 

tatisend  Jahre  alten  Heiligen,  von  dem  er  sich  die  Vortheile  und 
Nachtheile  eines  langen  Lehens  auseinandersetzen  lässt.  Aher  alle 
Brahmanen  verlangen  auch  von  dem  Götterkönige  die  respectvollste 
Behandlung.  Die  zwergartigen  Bälikhilya,  wird  1,1439  „aus  einem 
Purana*  erzählt,  helfen  bei  dem  Opfer  des  Ka^yapa,  indem  ihm 
mehrere  mit  vereinten  Kräften  ein  Baumblatt  herbeischleppen;  da 
verhöhnt  sie  Indra  und  springt  über  sie  hinweg,  ah.er  die  Bäli- 
khilya opfern  zu  dem  Zwecke,  dass  Ka^yapa  einen  Sohn  erhalte, 
der  dem  Indra  an  Kraft  überlegen  sei:  dies  ist  Garuda.  Doch 
weiss  Ka9yapa  die  erzürnten  Zwerge  zu  beruhigen,  dass  sie  ein- 
willigen, Garuda  solle  ein  Freund  des  Götterkönigs  werden;  aber 
niemals  mehr  möge  Indra  sich  beikommen  lassen,  einen  Brahmanen 
zu  verspotten  I,i4ß7. 

Die  Menschen  rufen  den  Indra  an  um  Hegen  (l,i285)  und 
opfern  ihm  nach  glücklich  beendeten  Kriegsthaten  3,i0206.  Auch 
ein  besonderes  Fest  des  Indra  wird  erwähnt,  eingesetzt  zum  An- 
denken an  die  Verleihung  eines  Stockes  aus  Bambusrohr,  als 
Zeichen  der  königlichen  Gewalt,  an  den  König  Uparicara  oder 
Vasu  durch  Indra  (l,23rio);  den  Jahrestag  dieser  Belehnung,  wird 
hinzugesetzt,  hätten  Uparicara  und  die  ihm  nachfolgenden  Könige 
stets  gefeiert  und  noch  heute  (adya  api  2352)  finde  diese  Festfeier, 
Indramaha  genannt,  jährlich  statt,  wie  einst  Uparicara  nach  der 
Eroberung  von  Cedi  auf  Anordnung  des  Indra  sie  eingeführt  habe. 
Nach  19,4930  war  es  ein  sehr  fröhliches  Fest.  Dieses  Fest  soll 
die  Idee  ausdrücken,  dass  die  Königswürde  von  Indra  abstamme. 
So  übergeben  12,t?i86  Indra  und  die  übrigen  Weltenhüter  das  Richt- 
schwert dem  Manu  mit  den  Worten :  ,Du  bist  der  Herr  der  Welt, 
mit  diesem  von  Dharma  stammenden  Schwerte  beschütze  die  Unter- 
thanen**.  Besondere  Wallfahrtsorte  (tirtha)  des  Indra  werden  an- 
geführt 3,10224. 10418. 10542.  9,2831,  einer  der  Mädchen  des  Indra  (Ku- 
märikänäm  (^akrasya  tirtham)  3,r»023.  Nach  3,i34i7  verehren  die 
Asketen  den  Indra  durch  eine  besondere  Art  des  Sitzens,  äsana. 

§  9. 
Indra  und  die  späteren  Götter. 

Die  Verehrer  des  Vishnu  und  die  des  (^iva  erkannten  die  alten 
indischcR  Götter  an,  setzten  sie  aber  herab  in  das  Verhältniss 
dienender  und  geschaffener  Wesen  und  formten  in  diesem  Sinne 
die  alten  Sagen  um;  sehr  viele  alte  Mythen  sind  uns  nur  in  solchen 
Umdichtungen  erhalten.  Einige  Beispiele  aus  einer  Menge  von 
Stellen,  welche  dieser  späteren  Anschauung  Ausdruck  geben,  mögen 
genügen. 

Im  Gefolge  des  (^iva  erscheint  Indra,  auf  seinem  Elephant<>n 
Airävata  reitend  3,i4547.  Lobpreisend  zieht  er  hinter  (^iva  her 
3,14561.  Dieselbe  Vorstellung  13,873;  alle  Götter,  von  Indra  ange- 
führt,- erscheinen  im   Gefolge    des   9^va,   sein  Lob   verkündigend; 


HoUzmann^  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdbhdrata.    327 

zum  Preise  seines  Herren  trägt  Indra  die  Hymne  (JJatarudriya 
(13,876)  oder  das  Rathantara  (13,986)  vor  in  Gemeinschaft  mit 
Brahman  und  Vishnu.  Schöpfer  und  Jlerr  des  Indra  heisst  (^iva 
13,591;  Qiva  selbst  ist  Indra  12,i04ii.  13,7496,  und  Indm  ist  nur 
einer  der  vielen  Namen  des  (JJiva  13,i2i8.  Ohne  Vergleich  mächtiger 
als  Indra  ist  (^iva;  „wem  (^iva  gnädig  ist,  dem  kann  er  Stärke 
geben,  selbst  den  Indra  zu  besiegen**  10,766;  nur  durch  die  Gnade 
des  (JJiva  ist  dem  Indra  die  Herrschaft  über  die  Götter  zu  Theil 
geworden  13,695.  In  Wahrheit  und  vollständig  erkennt  selbst 
Indra  das  Wesen  des  (^iva  nicht  13,io52.  Nach  ö,s826  ist  der  im 
Norden  thronende  (^iva  selbst  für  Indra  unsichtbar.  Auch  der 
Ruhm  der  alten  Asurenkämpfe  wurde  dem  neuen  Gotte  beigelegt 
Hart  bedrängt  von  Vfitra,  wird  7,8457  erzählt,  begeben  sich  Indra 
und  die  anderen  Götter  zu  Brahman,  Rath  und  Hilfe  bei  ihm  zu 
holen;  dieser  aber  verweist  sie  an  den  (JJiva  und  führt  sie  selbst 
zu  diesem  auf  den  Berg  Mandara,  wo  dann  (^iva  dem  Indra  einen 
undurchdringlichen  Panzer  und  einen  Sieg  verleihenden  Zauber- 
spruch schenkt;  jetzt  tödtet  Indra  den  Vfitra  7,8475.  Ganz  ebenso 
verweist  Brahman  8,1427  die  Götter  an  die  Gnade  des  (^iva,  als 
Indra  die  in  Tripura  versammelten  Götterfeinde  nicht  überwältigen 
kann ;  (^iva  sei  der  einzige  der  diesen  Kampf  bestehen  könne.  Die- 
selbe Geschichte  von  den  drei  Burgen  (Tripura)  der  Asuren,  welche 
Indra  nur  mit  Hilfe  des  (^iva  zerstören  kann,  wird  auch  13,7483 
erzählt.  Der  Asura  Mandara  kämpft  siegreich  gegen  Indra  durch 
die  Gnade  des  (^iva  13,664.  Spätere,  zum  Ruhme  des  (^iva  neu 
erfundene  Mythen  sind  z.  B.  die  von  dem  Opfer  des  Daksha,  an 
dem  auch  Indra  Antheil  nimmt  (12,i028o),  das  aber  von  dem  nicht 
geladenen  Qiva  gestört  wird ;  oder  das  ganz  (jivaitische  Stück  7,9576, 
wo  Qiva  als  Kind,  auf  den  Armen  der  Uma,  von  dem  Donnerkeile 
des  Indra  getroffen  werden  soll:  aber  das  Kind  lähmt  ihm  den 
Arm  und  erst  auf  Bitten  des  Brahman,  welcher  dem  Indra  erklärt, 
dass  dieses  Kind  der  höchste  Gott  sei,  wird  der  Arm  des  Indra 
vom  Banne  gelöst.  Beispiele  von  9ivaitischen  Einschiebseln  in  den 
altem  Büchern  liefern  Stellen  wie  3,i507:  Arjuna  bittet  den  Indra 
um  göttliche  Waffen;  dieser  sagt,  da  müsse  er  vorher  den  (^iva 
erblickt  haben,  das  werde  ihn  vollständig  glücklich  machen.  Als 
einst,  wird  1,7275  erzählt,  Indra  den  Qiva  nicht  gleich  erkannte  und 
ihm  nicht  ehrerbietig  genug  begegnete,  wurde  er  zur  Strafe  in 
einen  Berg  zu  fünf  anderen  (früheren)  Indra  eingesperrt  und  soll 
als  Mensch  (als  Arjuna)  wiedergeboren  werden.  In  dieser  Erzählung 
stört  Indra  den  (^iva  im  Spiele  mit  der  Parvati;  ganz  dasselbe 
wird  im  Anfange  des  epischen  Gedichtes  Vlracaritra  von  Ananta 
berichtet,  s.  Hennann  Jacobi  in  A.  Weber's  Indischen  Studien 
XIV,  100:  Indra  stört  das  Spiel  des  (^iva  und  der  Parvati  und 
soll  zur  Strafe  als  Mensch  geboren  werden. 

Jedoch    genügte   es   den   eifrigen   Anhängern    des    (^iva   nicht, 
nur   diesem  selbst  gegenüber  die  Ohnmacht   des  Indra   zu  zeigen. 


328    HoUzmannt  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdbhdrata, 

vielmehr  musste  auch  der  ganze  Kreis  göttlicher  Wesen,  welcher 
sich  um  9^ya  bildete,  dem  Indra  überlegen  sein.  So  besonders 
der  Sohn  des  (Jiva,  der  Kriegsgott  Skanda.  Dieser  entsteht  erst, 
als  Indra  schon  lange  Zeit  mit  den  Asura  gekämpft  hatte  (3,14243) 
und  nach  einer  erlittenen  Niederlage  sich  auf  einen  Berg  zurück- 
zog, wo  er  darüber  nachdachte,  wie  er  dem  Heere  einen  anderen 
Führer  geben  könnte.  Unterdessen  wird  Skanda  geboren;  die 
Gotter  aber,  im  Schrecken  über  den  Glanz  imd  die  Macht  des 
Knaben,  eilen  zu  Indra  und  fordern  ihn  auf,  den  neugeborenen 
Gott  zu  tödten,  sonst  werde  dieser  Herr  der  Götter  werden  14356. 
Der  furchtsame  Indra  schickt  die  Weltenmütter  (Mataras)  zu  dem 
Knaben,  ihn  zu  tödten,  aber  diese  nehmen  sich  im  GegentheUe 
des  Knaben  an  und  thun  Ammendienste  bei  ihm.  Nun  besteigt 
Indra  seinen  Elephanten  Airävata,  um  den  Skanda  aufzusuchen  und 
zu  tödten  (14370);  beim  Anblicke  des  Knaben  ergreifen  die  den 
Indra  begleitenden  Götter  die  Flucht,  er  selbst  schleudert  seinen 
Donnerkeil  auf  ihn  (ussi)  und  zerschmetteii  ihm  die  recht«  Schulter, 
als  aber  jetzt  auch  Skanda  zum  Streiche  ausholt,  verliert  Indra 
dennoch  den  Muth  und  bittet  um  Schonung.  Beide  versöhnen  sich, 
ja  Indra  will  dem  Skanda  die  Herrschaft  der  Dreiwelt  abtreten 
(14416),  da  ein  Zwiespalt  zwischen  ihnen  die  giösste  Gefahr  für  die 
Welt  sei.  Aber  Skanda  lehnt  es  ab :  „Du  bist  der  Herr  der  Drei- 
welt und  auch  mein  Herr**  14420.  Nur  unter  der  Bedingung  führt 
Indra  die  Regierung  weiter,  dass  Skanda  sich  zum  Heeresfürsten 
einweihen  lasse.  Nachdem  dies  durch  Indra  geschehen  (14424),  der 
ihn  darauf  mit  Devasenä  vermählt  (14450)  und  ihn  sowie  seinen  Be- 
gleiter Vi9akha  mit  Glöckchen  beschenkt  (14532),  siegt  Indra  mit 
Hilfe  des  Skanda  über  das  Heer  der  Asura;  Skanda  selbst  fällt 
den  Mahisha,  welchem  Indra  nie  gewachsen  gewesen  war,  und  dieser 
stattet  ihm  dafür  seinen  Dank  ab  (hbis).  So  muss  also  Indra  auch 
seinen  Buhm  als  Asurenkämpfer  sich  schmälern  lassen. 

Auch  9,2506  ist  erzählt  wie  Indra  den  Skanda  zum  Feldherm 
der  Götter  einweiht  und  ihm  Speer  und  Bogen  gibt  (2U62),  damit 
er  zum  Kampfe  gegen  die  Daitya  ausziehe. 

Ganz  dasselbe  untergeordnete  und  dienende  Verhältniss  wird 
von  den  Anhängern  des  Vishnu  dem  Indra  diesem  gegenüber  zu- 
geschrieben. Es  ist  Vishnu,  der  den  Indra  zum  Herrn  der  Götter 
gemacht  hat:  3,479  ,du,  0  Vishnu,  hast  auf  dem  Schlachtfelde  die 
vereinten  Daitya  und  Danava  getödtet  und  dann  dem  Indra  die 
Herrschaft  gegeben** ;  5,297  Vishnu  hat  den  Bali  getödtet  und  darauf 
den  Indra  als  Götterherm  eingesetzt;  12,755s  Vishiju  hat  den  Indra 
zum  Oberherm  aller  Götter  gemacht;  3,i5846  als  Vishnu  durch 
seine  drei  Schritt«  die  Erde  dem  Hiranyaka^ipu  abgewonnen  hatte, 
gab  er  sie  dem  Indra.  Die  Götter  sammt  Indra  erscheinen  im 
Gefolge  des  Vishnu,  sein  Lob  singend  3,i3498.  Wie  ein  Kind  mit 
einer  Puppe  spielt,  so  Vishnu  mit  Indra  (3,5i4),  den  er  aus  seinem 
Körper  erschaffen  hat  5,4424.     Indra,  Brahman  und  (^iva  beten  den 


Holtamanny  Inära  nach  den  Vortteüungen  des  Mahdbhdtuta.    329 

Vishiin  an  (12,i3i58X  ^^^  ^^^  sich  selbst  sagt:  Ich  bin  Indra  14,i576. 
In  die  alten  Sagen  von  den  Asnrenkftmpfen  ist  überall  die  Person 
des  Yishnu  eingefügt,  oft  auf  die  überflüssigste  nnd  auffiUigste 
Weise.  So  haben  1,2504  die  Götter  auf  Anrathen  des  Brahman 
beschlossen,  sich  in  Theilen  ihres  Wesens  auf  Erden  unter  den 
Menschen  zu  verkörpern,  um  die  Asuren,  welche  nach  ihrer  schliess- 
lichen  Niederlage  auf  der  Erde  als  Krieger  wieder  geboren  worden 
waren,  auch  dort  zu  bekftmpfen.  Dieser  Plan  der  Götter  ist 
zwischen  Indra  und  Brahman  verabredet  und  ganz  überflüssiger 
Weise  begiebt  sich  dann  Indra  (2506 — «510)  noch  zu  Vishiiu,  um 
mit  diesem  nochmals  die  gleiche  Verabredung  zu  treffen.  Auch 
in  dem  Kampfe  mit  Vptra  muss  Vish^u  eine  Bolle  spielen;  er  ist 
es,  der  den  Indra  in  diesem  Kampfe  stärkt  3,8728,  und  in  der 
anderen  Erzählung  wendet  sich  der  rathlose  Indra  an  ihn  um  Hilfe 
(6,29s),  wie  sonst  an  Brahman.  Der  Fall  des  Vfitra  wird  hier  (5,s9o) 
so  dargestellt,  dass  der  in  dem  Schaume  des  Meeres  versteckte 
Vishnu  ihn  tödtet:  ein  unsinniger  Zusatz,  da  ja  weiterhin  die  ganze 
Schuld  des  Mordes  nur  auf  Indra  fällt.  Ein  weiteres  deutliches 
Einschiebsel  in  dieser  Erzählung  des  fänft-en  Buches  ist  das  Opfer 
(418),  das  Indra  dem  Vishnu,  auf  dessen  Geheiss,  bringt,  um  sich 
zu  entsühnen;  denn  das  Opfer  wirkt  nur  dadurch,  dass  es  die 
Schuld  des  Indra  auf  die  Natur  vertheilt.  Auch  ein  anderer  Asuren- 
kampf  des  Indra,  der  mit  Naraka,  wird  d,i09i5  so  dargestellt,  dass 
der  ganze  Buhm  von  Indra  auf  Vishnu  übergeht.  Gebückt  und 
bändefaltend  fleht  Indra  die  Hilfe  des  Vishnu  an,  die  ihm  auch 
zu  Theil  wird,  indem  Vishnu  den  Naraka  in  Stein  verwandelt. 
Auch  6,2588  heisst  es:  Yuyndh&na  brachte  in  der  Schlacht  dem 
Arjuna  Hilfe,  wie  Vishnu  dem  Indra.  Ueberall  wird  mit  der 
grössten  Absichtlichkeit  betont,  wie  viel  mächtiger  Vishnu  sei,  als 
Indra.  Der  von  Arjuna  des  Kptaviiya  Sohn  beleidigte  Indra  sucht 
und  findet  Hilfe  bei  Vishnu  3,ii04ia;  der  andere  Arjuna,  des  Pan^u 
Sohn,  wird  5,i876  von  einem  Brahmanen  gefragt,  ob  er  sich  in  der 
Schlacht  lieber  den  Schutz  des  Indra  oder  den  des  Kpshna,  des 
verkörperten  Vishnu,  wünsche,  und  erklärt  sich  ohne  Bedenken  für 
letzteren.  Auch  nimmt  Vishnu  bei  Gelegenheit  die  Gestalt  des 
Indra  an,  wie  12,2S99,  wo  er  den  M&ndhätar  belehrt,  aber  niemals 
umgekehrt  Indra  die  des  Vishnu.  Ein  deutliches  Beispiel,  wie 
Vishnu  an  die  Stelle  des  Indra  getreten  ist,  liefert  5,8667  die  Ge- 
schichte des  Schlangenfürsten  Sumukha.  Diesen,  den  Schwieger- 
sohn seines  Freundes  Mätali,  lässt  Indra  zum  Genüsse  des  Amfita 
zu,  aber  Vishnu  muss  vorher  seine  Einwilligung  dazu  geben.  Auch 
in  den  darauf  folgenden  Zank  des  Indra  mit  Garuda  ist  Vishiju 
störend  eingefügt  und  an  die  Stelle  des  Indra  gesetzt;  offenbar  ist 
es  Indra,  der  den  prahlerischen  Vogel  dadurch  demüthigt,  dass  er 
ihm  seinen  rechten  Arm  einen  Augenblick  auflegt,  denn  in  der 
ganzen  Stelle  smi- — scdo  spricht  Garuda  zu  Indra  und  dieser,  nicht 
Vishnu,    muss    ihm    denmach    antworten.      Vgl.    A*    Holtzmann's 


330    .Boltzmann^  Indra  nach  den  Vorsldlungen  des  Mahdbh&rata. 

«Indische  Sagen"  unter  ^Gnnakesi".  —  Zwar  ist  Vishiju  dem  Indra 
wohlgesinnt  (suraräjahitaishin  3,10915),  doch  gerathen  sie  auch  mit- 
unter in  Streit,  wie  7,403,  wo  Vishnu  den  wunderbaren  Baum  Pa- 
rij&ta  gegen  den  Willen  des  Indra  aus  dem  Paradiese  holt;  eine 
Geschichte,  welche  im  Harivam^  sehr  ausführlich  erzählt  wird. 

Im  alten  Epos  war  die  SteUung  des  Yish^u  zu  Indra,  seinem 
älteren  Bruder  (3,484),  an  dessen  Seite  er  gegen  die  Asuren  kämpft 
(5,676),  eine  ganz  andere.  Aber  alle  Stellen,  welche  den  Vishnu  in 
einem  mehr  abhängigen  Verhältnisse  zu  Indra  darstellten,  wurden 
bei  der  vischnuitischen  Umarbeitung  des  Gedichtes  entfernt  oder 
überarbeitet.  Eine  einzige  Andeutung  ist  l,ii88  stehn  geblieben: 
nach  der  Gewinnung  des  Am^ita  aus  dem  gebutterten  Weltmeere 
,,übergab  Indra  sammt  den  andern  Unsterblichen  den  Schatz  des 
Ampta  zur  Bewachung  dem  Kiritin**.  Dieser  Kirifin  aber  ist 
Vishnu,  denn  auch  nach  anderen  Nachrichten  (vgl.  Muir  Sanscrit 
Texts  r\r  366)  ist  es  Vishnu,  der  das  gewonnene  Ampta  in  Ver- 
wahrung nimmt 

Weil  Garuda  der  Vogel  des  Vishnu  ist,  muss  Indra  in  den 
späteren  vischnuitischen  Stücken  sich  sogar  vor  diesem  beugen. 
«Aus  einem  Pur&na*  wird  erzählt  (l,i4S9),  Indra  habe  bei  dem 
Opfer  des  Ka^yapa  Brahmaner  verspottet,  und  diese  hätten  dann 
die  Geburt  des  Garucja  bewirkt,  der  noch  mächtiger  werden  solle 
als  Indra  selbst.  Späterhin  will  Garuda  für  die  Schlangen  das 
Ampta  rauben,  weil  um  diesen  Preis  seine  Mutter  Vinata  aus  der 
Sclaverei  der  Schlangen  entlassen  werden  soll.  Dieses  Vorhaben 
ist  sehr  gegen  den  Willen  des  Indra,  der,  vor  Furcht  zitternd, 
umsonst  bei  Bphaspati  Rath  sucht  (l,i42i)  und  umsonst  mit  Ge- 
walt den  Garuda  an  seinem  Vorhaben  hindern  will;  dieser  schlägt 
den  Indra  sammt  allen  andern  Göttern  in  die  Flucht  (i485),  raubt 
das  Amfita  und  fliegt  mit  ihm  davon.  Zwar  trifft  Indra  den  Garuda 
mit  seinem  Donnerkeile  (1512),  so  dass  er  einen  Flügel  verliert 
(vgl.  19,755s),  aber  zuletzt  schliessen  sie  doch  Freundschaft  mit 
einander  (1520),  ja  Garuija  ist  sogar  dem  Indra  dazu  behilflich,  das 
•Ampta  wieder  zurück  zu  rauben,  ehe  die  Schlangen  davon  genossen 
haben  (1539),  für  welchen  Dienst  Indra  dem  Garuda  erlaubt  fortan 
Schlangen  zu  essen  soviel  to  wolle  (1532).  Dass  späterhin  einer 
der  Schlangenfürsten,  Sumukha,  trotz  des  Protestes  des  Garuda 
zum  Genüsse  des  Ampta  zugelassen  wird  (5,3t;67),  ist  schon  erwähnt. 

§  10. 
Indra   nach  den  spätesten  Büchern  des  Mahäbhärata. 

Schon  in  den  älteren  Theilen  des  vMahabharata  ist  die  Person 
des  Indra  sehr  zurückgedrängt  und  in  den  Schatten  gestellt; 
nirgends  wird  in  längerem  Zusammenhange  über  sein  Wesen  und 
seine  Thaten  berichtet,  nur  die  Erinnerung  an  seine  Asurenkämpfe 
ist  unauslöschlich.      In   den  spätesten  Theilen  des   Gedichtes,   im 


Holismann,  Indra  nach  den  Vorstellungen  dte  MakdbhdrtUa.    331 

zwölften,  dreizehnten  und  vierzehnten  Buche,  wird  der  Name  des 
Indra  zwar  sehr  häufig  genannt,  aber  von  seinem  ursprünglichen 
Wesen  ist  wenig  mehr  zu  entdecken ;  er  hat  die  Waffen  bei  Seite 
gelegt,  dem  Wohlleben  entsagt,  und  ist  ein  eifriger  Schüler  brah- 
manischer  Weisheit  geworden.  Sein  grösstes  Anliegen  ist,  sich 
über  alle  möglichen  Fragen  der  Theologie  in  aller  Demuth  von 
hinmilischen  oder  von  irdischen  Priestern  belehren  zu  lassen.  In 
diesen  Büchern  ist,  wie  Bhtshma  der  Held,  so  Indra  der  Gott  nach 
dem  Herzen  der  Brahmanen.  Jene  Gespräche  über  Moral  und 
Theologie  werden  ihm  rein  willkürlich  zugeschrieben,  von  einem 
Anknüpfen  an  ältere  Traditionen  findet  sich  nirgends  eine  Spur. 
So  sind  zwar  diejenigen  Stücke  der  Bücher  12 — 15,  in  welchen 
Indra  redend  eingeführt  wird,  für  die  Kenntniss  des  späteren 
indischen  Geisteslebens  durchaus  nicht  ohne  Werth;  aber  eigen- 
thümliche  Vorstellungen  über  das  Wesen  des  Gottes  enthalten  sie 
nicht.  Um  so  mehr  wird  die  folgende  Uebersicht  sich  der  Kürze 
befleissigen  dürfen. 

Gespräch  mit  einigen  Brahmanen,  welche  in  den  Wald  ziehen, 
ehe  sie  ihren  Pflichten  als  Hausväter  genügt  12,so6. 

Mit  Bphaspati  über  die  Verschiedenheit  der  Neigungen  und 
Pflichten  12,ßi5. 

Mit  demselben  über  die  Frage,  was  beliebt  mache  Tind  was 
verhasst  12,3i8s. 

Mit  Ambarisha  über  die  ewige  Belohnung  der  im  Kampfe 
gefallenen  Helden,  welche  man  keineswegs  beklagen  dürfe  12,s6i3. 

Mit  Bphaspati  über  die  Pflichten  eines  Königs  12,s794. 

Mit  Prahrada  über  die  Tugenden  eines  Herrschers  12,4576. 

Mit  einem  unglücklichen  Brahmaner  über  Geduld  und  Hoff- 
nung  12,ßß93. 

Mit  Prahrada  über  die  Vergänglichkeit  des  Irdischen  und  die 
Ruhe  des  Weisen  12,8028. 

Mit  dem  Asuren  Bali  über  die  Selbstlosigkeit  (anahaAkära) 
und  über  die  Macht  der  Zeit  12,807o. 

Mit  Namuci  über  das  Thörichte  der  Klage  12,8i87.  Hier  gibt 
Indra  ganz  nur  den  belehrten  Zuhörer  ab. 

Mit  Bali  über  die  Bescheidenheit,  welche  aus  der  Erkenntniss 
der  Vergänglichkeit  aller  Dinge  und  der  Macht  der  Zeit  und  des 
Todes  hervorgehe  12,82i7. 

Mit  Qu  über  den  Segen  der  Erkenntniss  und  der  Wohlthätig- 
keit  12.8351. 

Mit  einem  Papageien  über  Müde  und  Güte  13,263. 

Mit  (^ambara  über  die  Verehrung,  welche  dem  Brahmanen 
gebührt  13,2i65. 

Mit  Bphaspati  über  den  Segen  des  Gebens  13,si5s. 

Mit  Brahman  über  den  Segen  des  Kühespendens ,  über  die 
Sünde  des  Küheraubes  und  die  Ursachen,  warum  die  Welt  der 
Kühe,  Goloka,  der  Götterwelt,  Svarloka,  vorgeht  13,s546. 


332    HoUstmam^  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Afahdbhäraia, 

Mit  demselben  über  den  gleichen  Gegenstand  13,38h4. 

Mit  sieben  jj^ishi  über  den  Satz,  dass  man  den  Hunger  be- 
zähmen müsse  13,4459. 

Mit  vielen  Brahmanen  und  Königen  macht  Indra  eine  Reise 
nach  den  verschiedenen  Wallfahrtsplfttzen ;  dabei  stiehlt  Indra  dem 
Agastya  dessen  Lotuswurzeln,  um  zu  hören,  wie  sie  alle  der  Reihe 
nach  den  unbekannten  Dieb  verfluchen.  Schliesslich  sagt  Indra,  er 
sei  der  Thäter,  er  habe  seine  Grefährten  nur  zum  Sprechen  ver- 
anlassen wollen,  um  sie  über  die  Pflichten  reden  zu  hören  ;  und 
gibt  die  Lotuswurzeln  dem  Agastya  zurück  13,4549. 

Gespräch  mit  Gautama  über  die  Frage,  ob  es  für  die  Tugend- 
haften nur  ^inen  Himmel  gebe  oder  mehrere  13,4843. 

Mit  Bphaspati  über  die  Opfer,  welche  man  den  Vorfahren 
bringt  13,5976. 

Mit  Vish^u  über  die  Mittel,  womit  man  die  ZuMedenheit 
dieses  Gottes  sich  erwerbe;  worauf  natürlich  die  Antwort  erfolgt: 
Ehre  die  Brahmaner  u.  s.  w.   13,6005. 

So  sind  die  Factoren  und  Vorstellungen  der  alten  Sage  ganz 
verdrängt.  Statt  des  Indra  herrschen  die  Priester,  statt  der  Hel- 
denthat  erwirbt  Busse  den  Himmel;  statt  des  Schicksals  regiert 
der  Wille  der  Brahmanen  die  Welt.  Nicht  von  Indra,  sondern  von 
Atri,  Agastya,  Vasish^ha  und  derlei  Heiligen  sind  die  Dänava  be- 
siegt (13,7265,  7280,  7294)  uud  Indra  muss  regnen  lassen,  wenn 
Agastya  es  ihm  befiehlt  14,2849. 

Wo  möglich  noch  entschiedener  als  in  diesen  spätesten  Büchern 
des  eigentlichen  Mahabhärata  wird  die  Inferiorität  des  Indra,  gegen- 
über dem  ewigen  und  allmächtigen  Vishiiu,  betont  in  dem  Hari- 
vam^a.  Hier  gehört^ Indra  nur  dieser  jetzigen  Weltperiode  an ,  er 
ist  einer  der  zwölf  Aditya  des  gegenwärtigen  Manvantara,  während 
er  in  einem  früheren  zu  den  Tushita  genannten  Göttern  gehörte 
175.  „Die  Fürsten  sind  die  Götter  der  Menschen,  die  Götter  der 
Fürsten  sind  die  Suren,  die  Gottheit  der  Suren  ist  Indra,  der 
Gott  des  Indra  aber  ist  Janärdana",  d.  h.  Vishnu  6019.  Während 
VishQu  auf  dem  Berge  Kail&sa  büsst,  begibt  sich  Indra,  auf  seinem 
Elephanten  sitzend,  sammt  den  andern  Göttern  dorthin,  imi  ihn 
anzubeten  i482r».  Es  ist  Vishnu,  der  den  Indra  zum  Herrn  der 
Aditya  und  der  Drei  weit  eingesetzt  hat  12487.  Nur  wenig  Spuren 
des  früheren  Verhältnisses  von  Indra  imd  Vishnu  zeigen  sich  noch ; 
so  wenn  Indra  sich  rühmt,  er  habe  den  im  Kampfe  mit  den  Asuren 
hart  bedrängten  Vishnu  in  seine  Arme  genommen  und  be- 
schützt 7315. 

Die  Erhebung  des  Indra  zum  Herrn  der  Götter  wird  an  die 
Besiegung  des  Asuren  Bali  angeknüpft:  nach  dem  Falle  des  Bali 
gab  Vishnu  die  Erde  dem  Indra  12902.  Aber  nach  der  ausführ- 
lichen Erzählung  der  Geschichte  des  Bali  (1316» — 14019)  war  dies 
vielmehr  eine  Wiederherstellung  des  Indra  in  seine  frühere  Würde. 
In    einer   grossen   Schlacht  besiegt   Bali   den  Indra,    dieser    muss 


Holtatmann,  Indra  nach  den  Vorstellungen  de»  MahdbhdroJta.   333 

fliehen,  Bali  regiert  allein  die  ganze  Welt,  bis,  von  Braliman  und 
Aditi  dazu  veranlasst,  Vishiiu  als  Zwerg  geboren  wird  und  durch 
die  bekannte  List  der  drei  Schritte  dem  Bali  die  Erde  wieder  ab- 
gewinnt. Nach  einer  anderen  Erzählung  (12206)  war  es  aber  nicht 
Bali,  sondern  HiraQyaka9ipu ,  welchem  Yish^u  mit  seinen  drei 
Schritten  die  Erde  abgewonnen ;  gleich  nachher  weihen  Yish^u  und 
die  anderen  Götter  den  Indra  zum  Herrn  der  Welten  und  Brahman 
theilt  ihm  das  Am^ita  mit  (12207),  worauf  nun  Indra,  auf  dem  Berge 
Mandara  residierend  (12211),  die  Welt  regiert. 

Von  den  Asurenkämpfen  des  Indra  weiss  der  Harivam^a  sehr 
viel  zu  erzählen;  aber  der  eigentliche  Sieger  ist  nicht  er,  sondern 
Vish^u  2451  flf.  Ein  späterer  Zusatz  (12278 — i2eo8)  erzählt  die  Er- 
scheinung des  YisbQu  in  Gestalt  eines  Ebers.  Der  Asure  Hira- 
i^iyäksha  liefert  den  Göttern  eine  grosse  Schlacht  (12022)  tmd  besiegt 
im  Zweikampfe  den  auf  seinem  Airavata  sitzenden  Indra  selbst 
(12555) ;  aber  Yishnu  in  Gestalt  eines  Ebers  tödtet  ihn  und  überträgt 
die  Herrschaft  von  neuem  den  Indra  (12589);  bei  dieser  Gelegenheit 
befiehlt  er  ihm,  nur  die  Frommen  in  seinen  Himmel  aufzunehmen, 
während  die  Gottlosen  nach  ihrem  Tode  in  die  Hölle  (Naraka) 
wandern  müssten.  Ein  anderer  Asure,  Yajranäbha,  ist  in  Folge 
seiner  Busse  für  die  Götter  unbesieglich  (8568);  er  fordert  den 
Indra  auf,  ihn  als  Oberherm  anzuerkennen.  Da  beauftragt  Indra 
die  Gänse  (hamsa),  nach  der  Stadt  des  Yajranäbha  zu  ziehen  und 
dort  dessen  Tochter  Prabhävati  Liebe  zu  Pradyunma  einzuflössen. 
Die  Söhne  des  Kpshna  ziehen  als  Schauspieler  verkleidet  an  den 
Hof  des  Yajranäbha,  und  dort  vermählt  sich  heimlich  Prabhavatt 
mit  Pradyumna,  Nach  einiger  Zeit  erneuert  Yajran&bha  seine 
Forderung  (8820),  wird  aber  in  seiner  eigenen  Stadt  von  Pradyumna 
getödtet.  Demselben  Pradjrunma  wird  auch  die  Besiegung  eines 
anderen  Asuren,  des  Qambara,  zugeschrieben  (9400),  doch  imterstützt 
ihn  dabei  Indra,  indem  er  ihm  im  kritischen  Momente  durch  N&- 
rada  eine  Waffe  des  Yishiju  zuschickt.  —  Ein  Seitenstück  zur  Ge- 
schichte des  Nahusha  wird  1475  erzählt.  Im  Kampfe  mit  den  Asuren 
ist  der  Sieg  von  der  Hilfe  eines  Menschen,  nämlich  des  Raji,  eines 
Bruders  des  Nahusha,  abhängig.  Dieser  hilft  den  Göttern,  weil 
diese  ihm  die  Herrschaft  anbieten,  und  vertilgt  alle  Danava,  welche 
dem  Indra  entgangen  waren.  Nun  wird  Raji  König  der  Götter, 
aber  der  entthronte  Indra  verführt  die  fünfhiindert  Söhne  des- 
selben durch  ein  von  B^aspati  zu  diesem  Zwecke  verfasstes  ketze- 
risches Buch  zum  Atheismus;  die  Folge  ist  der  Tod  der  Söhne 
und  des  Yaters  und  die  Wiedereinsetzung  des  Indra. 

Mit  Kvishna,  dem  incamierten  Yishiiu,  steht  Indra  nicht  immer 
in  freundschaftlichem  Einvernehmen.  Als  der  junge  Kpsluja,  wird 
3788  erzählt,  noch  unter  den  Hirten  wohnte,  bereiteten  diese  beim 
Eintritte  der  Regenzeit  sich  zu  dem  Feste  des  Indra  vor;  aber 
Kpshna  überredete  sie,  an  die  Stelle  dieses  Festes  ein  dem  Berge, 
an  dessen  Fusse  sie  wohnten,  dargebrachtes  Opfer  treten  zu  lassen. 


334    HoU»mann^  Indra  nach  dan  VorsUUangen  des  MahdbhärcUa, 

Da  zürnte*  Indra  über  diese  Yemachlässigung  und  suchte  die  Nie- 
derlassung der  Hirten  mit  Sturm  und  siebentägigem  Regen  heim. 
Aber  die  B[ii'ten  und  ihre  Herden  fanden  Schutz  unter  dem  Berge 
Govardhana,  welcher  von  Kpshi;^  wie  ein  Dach  in  die  Höhe 
gehoben  wurde.  Nach  Verlauf  der  sieben  Tage  setzte  K^ishna 
den  Berg  wieder  an  seine  alte  Stelle  und  der  erstaunte  Indra 
besuchte  nun  den  Epshj^a,  in  welchem  er  alsbald  den  höchsten 
Gott  Visluju  erkannte  Tind  verehrte  3977.  Nun  erhielt  Kpshna  von 
Indra  die  Weihe  als  Herr  der  Kühewelt  und  den  Namen  Govinda 
(4oai),  wogegen  Kpshna  versprach,  dem  Sohne  des  Indra,  dem 
Arjuna,  in  seinen  Kämpfen  beizustehen.  Darauf  ritt  Indra  auf 
seinem  Airavata  wieder  in  den  Himmel  zurück.  Nun  herrscht 
gutes  Einvernehmen  zwischen  ihnen;  durch  seinen  Baumeister 
yi9vakarman  lässt  Indra  die  Stadt  des  Kiishna,  Dväravati,  so  schön 
ausstatten,  dass  sie  ein  zweites  Amaravati  war  89S7.  Als  der  hoch- 
müthige  Asure  Naraka  die  Ohrringe  der  Aditi  geraubt  hat,  reitet 
Indra  auf  einem  weissen  Elephanten  zu  Kpshna  (6814)  und  bittet 
ihn,  den  Frevel  zu  rächen.  Da  tödtet  K^ishna  den  Naraka,  besucht 
den  Indra  in  seinem  Himmel  (G9tf5)  und  giebt  die  Ohrringe  zurück. 
Bald  darauf  wünscht  Kpshna  für  eine  seiner  Frauen  den  Wunder- 
baum Parijäta  zu  besitzen.  Er  schickt  den  Närada  in  den  Himmel, 
dieser  trifft  (7212)  die  Götter  bei  einem  fröhlichen  Feste  versammelt 
und  trägt  die  Bitte  des  Kpsh^  vor,  welche  aber  von  Indra  kurz- 
weg zurückgewiesen  wird.  Da  raubt  (7404)  Kpshija  mit  Gewalt 
den  Wunderbaum  aus  dem  himmlischen  Haine  Nandana.  Es  kommt 
zum  Kampfe  zwischen  Indra  und  Kpshj^a,  der  durch  die  Nacht 
unterbrochen  und  am  folgenden  Tage  fortgesetzt  wird;  aber  auf 
Bitten  ihrer  Mutter  Aditi  (764o)  versöhnen  sich  die  beiden  Kämpfer, 
Kfish^a  Qunmt  zwar  den  Wunderbaum  mit  fort,  bringt  ihn  aber 
nach  Jahresfrist  wieder  zurück  7711. 

Andere  gelegentliche  Mittheilungen  des  Harivam^a  über  Indi'a 
sind  folgende.  Die  Asurenmutter  Diti  soll  einen  Sohn  gebären, 
welcher  selbst  den  Indra  an  Stärke  übertreffe  (239);  aber  Indra 
trifft  die  Diti  schlafend  und  theilt  den  Fötus  derselben  in  sieben 
Stücke,  jedes  derselben  wieder  in  sieben,  und  so  entstehen  die 
neunundvierzig  Windgötter  oder  Marut  Ein  alter,  im  eigentlichen 
Mahäbhärata  nicht  erwähnter  Mythus  wird  12599  erzählt:  die  be- 
flügelten Berge  werden  von  Indra  an  bestimmte  Plätze  festgestellt 
und  durch  den  Donnerkeil  ihrer  Flügel  beraubt;  nur  der  Mainaka 
behält  die  seinen.  (Geflügelte  Berge  werden  genannt  in  Ver- 
gleichungen,  z.  B.  7,565.  ii63.,  und  in  einem  andern  Gleichnisse 
schneidet  Indra  mit  seinem  Donnerkeile  den  Bergen  die  Gipfel  ab 
8,778.)  Wie  Indra  in  Pushkara  büsst,  zur  Winterszeit  in  das  kalte 
Wasser  taucht  und  die  Fische  in  seinen  Haaren  wühlen  lässt,  ist 
12085  erzählt;  wie  er  durch  die  Busse  des  Königs  Ku^ika  gezwungen 
wird,  als  Sohn  desselben,  unter  dem  Namen  Gädhi,  geboren  zu 
werden,    1427;   wie  er  aus  Eifersucht  das  Pferdeopfer    des    Königs 


HoUzmann,  Indra  nach  den  Vort/iellungen  deu  Mahdbhdraia,    335 

Janamejaya  stört,  indem  er  sich  selbst  in  das  Opferpferd  ver- 
wandelt, worauf  der  zornige  König  wünscht,  dass  niemals  mehr 
ein  Krieger  ein  solches  Opfer  darbringen  solle,  11237.  Uebrigens 
ist  Indra  im  Harivam9a  immer  ein  Sohn  des  Ka^yapa  und  der 
Aditi,  z.  B.  11549.  i2i5u.  12912,  Und  es  ist  vereinzelte  Anschauung, 
welche  ihn  (594)  sammt  den  übrigen  Aditya  aus  dem  Angesichte 
der  Sonne  entstanden  sein  lässt. 

§  11. 
Namen  des  Indra. 

Der  Name  Indra  selbst  wird  von  den  indischen  Grammatikern 
von  einer  ad  hoc  erfundenen  Wurzel  ind  abgeleitet,  welcher  sie 
die  Bedeutung  „herrschen"  beilegen,  und  von  der  sie  angeben,  sie 
werde  weiter  nicht  flectiert.  Andere  Ableitungen  s.  bei  Böhtlingk 
s.  V.  Indra,  Benfey,  Glossar  pag.  48,  A.  Holtzmann,  deutsche  My- 
thologie pag.  57.  In  den  späteren  Stücken  ist  der  Name  9^^^^ 
häufiger  als  der  alte  Name  Indra;  nach  diesen  beiden  sind  Qata- 
kratu,  Väsava,  Maghavat  und  P&ka^äsana  die  beliebtesten  Bezeich- 
nungen. Seine  Namen  werden  nirgends,  wie  die  des  Vishnu,  (}iysk, 
Skanda,  Sürya,  vollständig  aufgezählt,  obwohl  ein  solches  Stück  in 
dem  alten  Epos  ohne  Zweifel  nicht  fehlte.  Die  vorkommenden 
Namen  des  Indra  sind  in  alphabetischer  Reihe:  Acyuta,  Adrihan, 
Amararäja,  Aniaravara,  Amarendra,  Amare9vara,  Arihantp,  Asura- 
südana,  Asurardana,  Akhandala,  Aditya,  l9vara,  Ulüka,  Kirttin,  Kau- 
9ika,  Jagatpati,  Jagadi^vara,  Jan&dhipa,  Trida^asärdüla,  Trida^a- 
9reshtha,  Trida9ädhipa,  Trida9&dhipati,  Trida^endra,  Trida9e9a,  Tri- 
dive9vara,  Trilokaräja,  Triloke9a,  Trailokyanätha,  Da9a9atäksha, 
Da9a9atekshana,  D&navaghna,  D^avasüdana,  Devadeve9a,  Devapati, 
Devaräj,  Devaräja,  Devendra,  Deve9a,  Nag&ri,  Namucighna,  Namu- 
cihan,  Parjanya,  Päka9lisana,  Purandara,  Puruhüta,  Balanä9ana, 
Balanisüdana,  Balabhid,  Balavptraghna,  Balavptranisüdana,  Balavfi- 
trahan,  Balasüdana,  Balahan,  Balahantp,  Bhuvane9vara,  Bhütakpt, 
Maghavan,  Marutpati,  Marutmat,  Mahendra,  Lokatraye9a,  Loke9va- 
re9vara,  Vajradhara,  Vajradhpk,  Vajrapä^i,  Vajrabhrit,  Vajrahasta, 
Vajra3rudha,  Vajrin,  Varada,  V&sava,  YibuiUi&dhipa,  Vfitranisüdana, 
Vptraripu,  Vritra9atru,  Vritrahan,  Vptrahantyi,  9^^^»  Qacipati,  (Ja- 
clsah§,ya,  Qatakratu,  (Jatrusüdana,  Q^^^^^i*^^!^  >  Sarvadeve9a,  Sar- 
valokanamaslqita,  Sahasradri9,  Sahasranetra,  Sahasr^sha,  Suragan&r- 
cita,  Suragane9vara,  Surapati,  Surapuögava,  Suraräj,  Suraräja,  Sura- 
9resht;ha,  Surädhipa,  Surärihan,  Surendra,  Sure9a,  Sure9vara,  Hari, 
Harimat,  Harivahana,  Harihaya.  Der  Name  Indra  wird  auch  auf 
andere  Götter  übertragen,  so  auf  Sürya  3,i48.  190,  auf  Vishnu  3,12954, 
auf  ^iva    13,7496,   auf  Skanda  3,14043,  ja  sogar  auf  Garuda  1,1250. 


336    BoÜMnuinnf  Indra  nach  den  VarHellungen  de»  Mahdbhdraia. 

§  12. 
Schlnss. 

Zur  Zeit  der  Ausbildung  des  indischen  Heldengesanges  war 
Indra  unbestritten  der  höchste  aller  Götter.  Da  man  in  dem  Ge- 
witter einen  Kampf  der  göttlichen  Wesen  mit  ihren  Feinden  sah, 
so  musste  Indra,  der  Gott  des  Donners,  als  eigentlicher  Vorkämpfer 
der  Götter  erscheinen,  und  als  solcher  gedacht,  wurde  er  so  natür- 
lich zum  Herrn  und  König  der  Götter  erhoben,  als  auf  Erden  in 
jener  kriegerischen  Zeit  die  Begriffe  Held  und  König  gleich- 
bedeutend waren.  So  wurde  Indra  zum  himmlischen  Vorbilde  für 
die  irdischen  Helden.  Er  war  der  ächte  Gott  der  Krieger;  ihn 
riefen  die  kampf&ohen  Helden  an,  als  sie,  vom  Industhale  auf- 
brechend, die  Ufer  der  Sarasvati  und  dann  der  Gangä  eroberten. 
Die  ganze  Vorstellung  von  Indra  dem  Götterkönige,  wie  er  bald 
mit  Tapferkeit  bald  mit  treuloser  List  seine  Feinde  besiegt,  oft- 
mals unterliegt,  aber  immer  wieder  sein  Reich  erobert,  wie  er  im 
Frieden  glänzenden  Hof  hält,  von  Sängern  und  Barden  gepriesen 
und  von  einer  Menge  dienender  Götter  umringt,  wie  er  die  Guten 
belohnt  und  die  Schlechten  bestraft,  aber  freilich  nur  so  lange  ge- 
recht ist,  als  seine  eigene  LeidenschafÜichkeit  nicht  mit  in  das  Spiel 
kommt,  wie  er  die  Welt  durchzieht  und  selbst  nach  Allem  sieht: 
diese  ganze  Vorstellung  von  der  Begierung  des  Indra  ist  das 
himmlische  Gegenbild  zu  einem  patriarchalischen  Königthum  auf 
Erden,  Tind  diese  epische  Auffassung  des  Indra  ist  rein  anthropo- 
morphistischy  hat  sich  ganz  frei  gemacht  von  den  kosmogonischen 
Ideen,  denen  Indra  allerdings  ursprünglich   sein  Dasein   verdankt. 

So  lange  die  Heldenzeit  des  indischen  Volkes  dauerte,  blieb 
Indra,  als  Gott  der  Schlachten  und  des  Heldenthums,  auch  der 
Gott  der  Götter  und  der  Herr  des  Himmels.  Wie  aber  der  Be- 
ginn der  geräuschvollen  Kriegerperiode  ihn,  den  Heldengott,  weit 
über  Agni  und  Varui^a  emporgehoben  hatte,  so  sank  auch  sein 
Ansehen  wieder  mit  dem  Aufhören  der  Heldenzeit  vor  der  stillen 
Grösse  des  beschaulichen  Brahman.  Sobald  Ruhe  eingetreten  war 
und  die  Priester  den  Vorrang  vor  den  Königen  anzustreben  be- 
gonnen hatten,  sank  mit  dem  Ansehen  des  Kriegerstandes  auch 
das  des  fijiegsgottes,  an  dessen  Persönlichkeit  die  jetzt  in  den 
Vordergrund  des  geistigen  Lebens  tretenden  Ideen  von  Entsagung 
und  Vertiefung,  von  der  geheinmissvoUen  Zaubermacht  des  Opfers, 
der  Andacht  und  der  Busse  nicht  anzuknüpfen  vermochten.  Der 
Kraft  der  richtig  angewandten  Opferformel  vermag  auch  er  nicht 
zu  widerstehen,  und  die  Sünde  kann  ihn  sogar  zeitweilig  vom 
Throne  stürzen;  mit  welcher  Lehre  zugleich  den  irdischen  Königen 
ein  Wink  zur  Beherzigung  gegeben  war.  So  wurden  die  alten 
Legenden  von  Indra  in  ethischem  Sinne  umgedeutet.  Dabei  konnte 
er  nur  verlieren.  Zunächst  war  es  Brahman,  der  ihn  in  den 
Hintergrund  rückte.     Dieser,    als   Herr  des   Schicksals   aufgefasst, 


HoUzmanny  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Afahäbhärata,    337 

wurde  zum  ersten  und  erhabensten  Gotte;  aber  er  griff  selbst 
nicht  thätig  ein  und  durch  seine  stille  Majestät  wurde  die  Wirk- 
samkeit des  Indra  nicht  bedeutend  geschmälert.  Wohl  holt  er  sich 
in  allen  Nöthen  Rath  bei  Brahman,  der  die  Zuknnft  kennt  und 
stets  einen  Ausweg  nachzuweisen  bereit  ist;  aber  die  Ausführung 
ist  immer  noch  vor  Allen  Sache  des  Indra. 

Viel  stärker  ist  die  Einbusse,  welche  die  pantheistische  Auf- 
fassung des  Brahman  in  der  nun  folgenden  Zeit  für  Indra  herbei- 
führte. Die  alt^n  Wundererzählungen  erschienen  der  rationalisti- 
schen Aufklärung  abgeschmackt  und  wurden  gestrichen;  die  alten 
Götter  waren  nur  noch  vorübergehende  Erscheinungsformen  des 
unendlichen  All;  das  eigentlich  allmächtige  Element  ist  nicht  die 
Gottheit,  sondern  die  Energie  des  menschlichen  Willens.  Wir 
sehen  den  Götterkönig  in  unaufhörlicher  Angst  vor  Feinden,  die 
ihn,  nicht  mehr  wie  die  alten  Asuren  mit  dem  Schwerte,  sondern 
durch  die  übernatürliche  Kraft  ihrer  Busse  von  seinem  Himmel  zu 
stürzen  streben;  daher  er  die  Asketen  nach  Kräften  stört.  Ist 
so  seine  alte  Herrlichkeit  schon  sehr  verkümmert,  so  lässt  ihm 
die  folgende  Zeit  nur  noch  einen  Rest  derselben.  Um  dem  Bud- 
dhismus Widerstand  leisten  zu  können,  wird  das  wimderbare 
Element  wieder,  freilich  in  neuer  und  jetzt  wirklich  abgeschmackter 
Form,  in  die  Poesie  eingelassen  und  die  Volksgötter  Qiva  und 
Vishnu  vollständig  in  das  Pantheon  der  Brahmanen  aufgenommen. 
Auf  diese  werden  nun  die  Thaten  des  Indra  übertragen,  soweit 
sich  das  Gedächtniss  an  sie  noch  erhalten  hat.  Dem  gestürzten 
Gotte  bleibt  nur  noch  die  Vorsteherschaft  über  das  Paradies  (svarga) 
und  die  niederen  Götter  in  entschiedenster  Abhängigkeit  von  Vishnu 
oder  von  (^'iva.  In  dieser  unwürdigen  Stellung  im  dienenden  Ge- 
folge eines  andern  Gottes  treffen  wir  den  alten  Asurenkämpfer  in 
der  jetzigen  Gestalt  des  Mahäbhärata  an,  welche  ganz  im  vischnui- 
tischen,  stellenweise  (jivaitischen  Sinne  abgefasst  ist. 


Yerieichniss  der  citirten  Stellen  nach  der  Ausgabe  TOn 
Calentta  mit  Angabe  der  entsprechenden  Stellen  in  der 

Ausgabe  Ton  Bombay. 


Erstes 

Buch. 

794  — 

3,181 

1168  — 

19,11 

1467  — 

31,82 

2121  = 

56,8 

810  — 

3,148 

1179  — 

19,22 

1485  = 

32,15 

2335  — 

63,2 

829  — 

3,167 

1188  = 

19,31 

1512  — 

33,18 

2336  = 

633 

831  — 

3,169 

1250  =^ 

23,16. 

1514  — 

33,90 

2350  — 

63,17 

1098  — 

17.5 

1285  — 

25,7 

1520  — 

34,1 

2352  — 

63,19 

1110  — 

17,12 

1295  — 

25,17 

1525  = 

34,6 

2504  = 

64,60 

1122  = 

18,11 

1301   = 

26,6 

1532  — 

34,18 

2505  = 

64,61 

1123  =- 

18,12 

1415  — 

30,32 

1539  — 

34,20 

2523  — 

65,15 

1136  =^ 

18,25 

1421  — 

30,38 

2054  — 

53,14 

2600  — 

66,36 

1151   = 

18,40 

1428  — 

30,45 

2098  — 

55,2 

2779  = 

67,44 

1166  — 

19,9 

1439  — 

31,4 

2104  = 

55,8 

2782  = 

67,47 

Bd.  XXXII. 

2t 

338    HoUxmannj  Indra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahdbhdrata. 


2914 

: 

71^ 

4687  =-  121,8 

7304 

::— 

197,29 

8088  =   223,6 

3136 

75,11 

4791  =^   12335 

7316 

-  — 

197,41 

8089  —  223,7 

3183 

-. — 

76,1 

4824  =-  123,67 

7351 

: 

199,5 

8148  ~  223,75 

3187 

s-  - 

76,5 

4846  ==  124,11 

7432 



202,17 

8225  --  226,15 

3188 

76,6 

5075  —  130,5 

7570 

207,27 

8261  =r^   227,29 

3278 

77,23 

5402  —  1364J4 

7657 



210,6 

8262  -=  227,30 

3280 

-  - 

78,2 

5481  =-.   138,43 

7680 

__  - 

211,2 

8277  --  22745 

3282 

78,4 

6485  =  nOfiO 

7706 

211,28 

8281  --  227,49 

3565 



88,2 

6621  =-  173,38 

7735 

212,25 

8291  --  228,7 

3592 

89,16 

6631  --  173,48 

7779 



214,4 

8306  --  228,23 

4407 

111,27 

6695  =  175,48 

7854 

216,16 

8318  =-  228,35 

4410 

111,30 

7275  —  197,1 

8025 

: 

221,65 

8467  —  234,7 

Zweites  Buch. 


68 

3,11 

310 

7,30 

935 

=.-_ 

24,12 

1257 

—  - 

33,53 

70 

3,90 

484 

— =- 

12,6 

950 

ZS-— 

24,28 

1684 

■^- 

47,23 

283 

^j— t 

7,1 

499 

12,21 

978 

=  --: 

24,56 

1751 

49,26 

286 

=rt 

u 

513 

12,34 

1005 

i  -i 

26,12 

1793 

r^= 

503 

287 

_-^-' 

7,5 

585 

: : 

14,21 

1031 

_  .- 

27,23 

1922 

-.•^=r 

53,15 

289 

" ■ 

7,7 

870 

=rrr: 

22,17 

1167 

—  - 

31,63 

1957 

■ 

55,13 

292 

7,10 

872 

- — : 

22,19 

1205 



333 

2458 

rrtt 

74,7 

300 

7,19 

897 

233 

1208 

.-■:_ 

33.5 

2459 

■ ' 

743 

301 

' 

7,20 

• 

Dritt 

es  Buch. 

148 

3,18 

2012 

51,46 

10444 

126,21 

13219 

1933 

189 

3,59 

2116 



54,13 

10451 

126,29 

13224 



193,14 

190 

: 

3,60 

2120 

—r. 

54,17 

10457 

: 

126,35 

13274 

: — 

197,1 

329 

=;  — 

9,7 

2137 

:: : 

55,8 

10542 

130,7 

13275 

l:_ 

1973 

340 

; . 

9,18 

2214 

5733 

10559 

130,23 

13417 

• 

200,68 

479 

' 

12,20 

2226 

57,35 

10622 

1333 

13498 

: — 

201,18 

484 

12,25 

3065 

79,3 

10656 

1343 

13673 

=.— 

206,22 

514 

::-"- 

12,54 

5023 

: 

82,81 

10658 

1343 

14162 

=— - 

220,7 

770 

19,21 

8181 



8538 

10659 

1343 

14192 



221,16 

1505 



37,49 

8313 

=1-^ 

87,17 

10693 

1353 

14243 

■ 

2233 

1507 

—  - 

37,51 

8331 

_  -1 

88,6 

10708 

135,17 

14261 

=.-_ 

2243 

1638 

-, — 

40,3 

8377 

90,6 

10915 

142,7 

14255 

-  — 

223,15 

1676 

41,13 

8423 

_ — :• 

91,17 

11194 

14738 

14356 



226,18 

1677 

41,14 

8691 

IOO3 

11807 

1623 

14370 

: 

2273 

1678 

= — 

41,15 

8693 

1003 

11845 

1633 

14381 

.. — . 

227,14 

1709 

■: ■ 

41,45 

8712 

__r 

100,24 

11918 

I663 

14415 

: 

229,14 

1714 

: 

42,1 

8721 

=: 

1013 

11992 

168,1 

14420 

: : 

229,19 

1716 

! 

42,3 

8722 

101,9 

12036 

168,45 

14424 

;:.-_ 

229,23 

1720 

42,7 

8725 

101,12 

12037 

168,46 

14450 

::^-— 

229,49 

1721 

'-^ 

42,8 

8727 

—  — 

101,14 

12040 

168,49 

14532 

:— - 

231,18 

1734 

42,21 

8731 

101,18 

12068 

168,77 

14547 

-_-^ 

231,33 

1742 



42,29 

8808 

105,4 

12149 

171,18 

14561 

: ' 

231,47 

1748 

: 

42,36 

10011 

: ■ 

110,43 

12174 



172,13 

14618 

UL- 

231,104 

1751 

=r-= 

42,38 

10092 

113,23 

12184 

172,23 

14643 

232,16 

1759 

43,4 

11041 

115,17 

12203 

^=— 

173,7 

15012 

=rr= 

2463 

1764 

43,9 

10206 

117,11 

12273 

. 

173,75 

15027 \ 

-— 

246,18 

1765 

::_.. 

43,10 

10224 

118,11 

12954 

=^ 

1893 

15264 

254.28 

1772 

43,17 

10291 

: — : 

121,1 

13079 

— : : 

190,70 

15411 

::i:.  ^ 

260,7 

1773 



43,18 

10379 

-^  : 

1243 

13088 

,rr^ 

190,79 

15454 

= 

261,14 

1791 

■ 

44,4 

10403 

—  . 

1253 

13216 

193,6 

15600 

■ 

265,13 

1879 

-  • 

47,1 

10418 

=■- 

125,23 

13217 

—  -■ 

193,7 

15929 

r 

276,1 

HoUzmanny  Inclra  nach  den  Vorstellungen  des  Mahäbhärata.    339 


15939  == 

276,11 

16495  = 

=  289,31 

16605  =-  292,4 

17201  = 

=  310,24 

16390  = 

286,12 

16510  - 

-  290,13 

16922  =-  300^ 

17460  = 

=  315,13 

16440  =- 

288,3 

16548  - 

-  291,18 

17177  =-  309,26 

17464  = 

-  315,17 

16482  =- 

289,18 

16570  = 

=  291,40 

17196  —  310,19 

Viertes  Buch. 


931  r^  28,19 

1766  -=  56,7 

2028  =r^  63,8 

2368  =- 

72,32 

1761  ^-     56,3 

1768  ^     56,9 

2280  =  70,20 

2369  =- 

72,34 

Fünftes  Buch. 


227  =- 

9,1 

388 

12,21 

1041 

33,71 

3557 

= 

99,11 

233  — 

9,7 

409 

13,9 

1578 

=TT= 

42^ 

3574 

1003 

251  =- 

9,23 

418 

—  - 

13,18 

1703 

44,20 

3645 

i:— 

104,3 

252  r^ 

9,24 

419 

_  _ . 

13,19 

1800 

-   - 

47,10 

3667 

104,24 

263  =r= 

9,35 

422 

— '— 

13,22 

1876 

; '. 

48,68 

3671 



104,28 

277  r- 

9,48 

423 

-  - 

13,23 

1888 

48^1 

3672 

: 

104,29 

282  =- 

9,63 

471 

' — 

15,24 

1918 

•- 

49,2 

3690 

105,17 

293  -- 

104 

474 

: . 

15,27 

1923 



49,7 

3767 

: 

108,7 

297  --- 

10,7 

494 

=■  - 

16,11 

2065 

51,48 

3775 

108,15 

316  ^. 

10,25 

497 

.-.  : 

16,14 

2198 

=_  :■ 

55,65 

3808 



1103 

320  -_- 

10,29 

502 

16,18 

2224 

::_.  . 

56,11 

3826 

;. — 

111,6 

322  =-. 

10,31 

503 

n-rr 

16,19 

2229 

56,16 

4054 

121,7 

330  -- 

10,39 

516 

:_  -. 

16,32 

2351 

; : 

59,24 

4089 

122,11 

335  -- 

10,44 

549 

18,6 

2384 

= — ■ 

61,3 

4368 

130,6 

341  =- 

10,50 

676 

: —  - 

22,32 

2386 

— , 

.61,5 

4424 

131,7 

358  = 

11,17 

820 

' 

29,12 

3277 

: 

91,41 

5350 



158,1 

373  = 

12,6 

838 

29,30 

3553 

99,7 

7110 

178,83 

374  = 

12,7 

Sechstes  Buch. 


213  — 

6,19 

1711 

=-  45,42 

3365  ^.     77,29 

4212  =- 

94,31 

240  — 

6,45 

2073 

=  50,40 

3664  r^  83,26 

4249  — 

95,18 

434  — 

11,34 

2076 

—  50,43 

3678  —  83,40 

4549  — 

100,20 

644  — 

17,9 

2588 

:r-.   59,80 

3903  —  88,17 

4583  -- 

10139 

1537  =- 

43,10 

S  i  e  b  e  n  t 

es  Buch. 

159  -- 

6,5 

1038 

-:    23,91 

1302  —  30,1 

3475  — 

94,66 

403  - 

11,22 

1084 

^-  25,20 

1694  =-  40,18 

3477  ^-- 

94,68 

542  -- 

14,48 

1125 

=   25,62 

2172  —  5539 

5886  == 

1423 

565  -- 

14,71 

1163 

=   2637 

2277  —  62,6 

8171  — 

17937 

1035  = 

23,88 

1202 

=  273 

3457  —  94,49 

9576  = 

20236 

Achtes  Buch. 


104  = 

5,15 

778  —  20,9 

1429  =  3339 

516  — 

13,30 

1427  =-  33,37 

1436  =  33^ 

4429  =     87,58 


Neuntes  Buch. 


2433  =-  4333 

2748  =-  47,21 

2791  —  48,30 

2833  —  49,4 

2506  --  45,4 

2762  —  48,1 

2792  =  4831 

3011  -=  53,4 

2662  --  46,44 

2766  —  483 

2831  =»  49,1 

22  • 


340    Hokwmannf  Indra  nach  tien  Vorstellungen  des  Mahdbhdrata. 

Zehntes  Buch. 

696  =     12,28  766   =     17,7 


59 


2,14 


Elftes  Buch* 

61  =       2,16  213  =       8,21 

Zwölftes  Buch. 


733  =     25,28 


136 

— = 

5,8 

3613 

98,1 

8023 

— 

222,3 

10150 

— 

282,8 

139 

= 

5,11 

3655 

98,44 

8060 

: 

223,3 

10151 

282.9 

306 

IM 

3660 

= 

9849 

8069 

223.12 

10152 

: 

282.10 

308 

— 

IM 

3661 

98,50 

8070 

S== 

223,13 

10280 

2843 

615 

21,1 

4495 

— 

122,« 

8142 

224^^"» 

10411 



284,137 

910 

29,18 

4568 

124,20 

8181 

225,33 

12712 

335,17 

912 

29,20 

4576 

124,28 

8187 



226,1 

12943 

339,79 

1112 

— 

31,25 

5382 

: 

141,64 

8217 

S= 

227,6 

13158 

■ 

341,30 

1121 

— 

31^4 

6186 

166,67 

8223 



227,12 

13211 

— - 

342,35 

1720 

49,6 

6442 

173,13 

8351 

«= 

228,19 

13213 

=—  - 

34238 

2399 

s:: — 

64,14 

6693 

—  - 

180,4 

10104 

281,7 

13217 

342,52 

2432 

rrrrr 

65,16 

6696 

: 

180,7 

10118 

281,21 

13768 

: 

3533 

3183 

— 

84,1 

7553 

207,36 

10129 

28132 

Dreizehntes  Buch. 

32 

: 

1,32 

695 

: 

14,106 

22^5 

<= 

4038 

5976 

: 

1253 

55 

• 

1,55 

873 

: 

14,280 

2308 

41,2 

6005 

126,1 

263 



ö,l 

876 

BK 

14,284 

2327 

: 

41,20 

7093 

151.16 

274 

5,12 

986 

= 

14,392 

2343 

4136 

7218 

154,6 

537 



12,10 

1052 



16,15 

3153 

s=  _ 

6231 

7265 

156,1 

555 

12,)» 

1218 



17,104 

3154 

: 

62,52 

7280 



156,16 

559 

1232 

1872 



27,7 

3546 

a= 

72,5 

7292 

: 

157,2 

566 

12,39 

2165 

1 

36,1 

3884 

83,6 

7294 

157,4 

567 



12,40 

2183 

36,19 

3885 

r= 

83,7 

7306 

— --= 

157,10 

591 

14,4 

2264 

40,18 

4459 

93,63 

7323 

i__ 

157.33 

664 

14,74 

2265 

, ' 

40,19 

4549 

s= 

943 

7483 



161,26 

694 

a= 

14,105 

2275 

= 

40,29 

4843 

r 

102,1 

7496 

= 

16139 

Vierzehntes  Buch. 


98  » 

5,7 

256  —   10,1 

1176  —  43,7 

2820  t=  91,11 

219  — 

9,1 

298  —  113 

1576  —  54,14 

2822  =-  91,13 

249  — 

9,31 

311  1=  11,19 

1584  —  5432 

2849  —  92.4 

254  = 

936 

318  =  11,20 

1721  =  5831 

Siebzehntes  Buch. 

73  =  3,1 

Achtzehntes    Buch. 

90  =  3,10 


341 


Ueber  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  al-kitäb  ^). 

Von 

Itrn*  Ooldziher. 

Die  Geistesrichtung  der  Araber  ist  von  eminent  polemischer 
Natur,  und  ihre  Literatur  bietet  auch  die  treue  Spiegelung  dieser 
geistigen  Tendenz.  Es  giebt  wohl  kaum  noch  eine  Literatui*,  in 
der  soviel  Kleinliches  in  polemischer  Form  abgehandelt  wird,  wie 
in  der  arabischen.  Um  von  den  Wettstreiten  zwischen  den  ver- 
schiedenen Stämmen  und  Stammesgruppen,  welche  eine  bedeutende 
poetische  und  prosaische  matalib -Literatur  hervorgebracht  haben, 
gar  nicht  zu  sprechen,  erinnern  wir  bloss  an  Schriften,  in  welchen 
Tag  und  Nacht,  Feder  und  Schwert,  Kairo  und  Damaskus,  oder 
Aegypten  und  Syrien,  Alif  und  Bä  u.  s.  w.  polemisirend  und  gegen 
einander  mit  Argumenten  kämpfend  literarisch  vorgeführt  werden. 
Es  ist  selbstverständlich,  dass  auf  religiösem  Gebiete  der  aggressive 
Charakter  der  islamischen  Religion  die  Geltendmachung  dieser  Lieb- 
lingsneigung nur  befördern  konnte.  Man  erfährt  dies  unter  ihnen 
im  täglichen  Verkehre.  Man  kann  sehr  lange  Zeit  in  intimem 
Verkehre  mit  einem  Syrer  oder  Aegypter  gelebt  haben,  ohne  von 
ihm  um  den  Namen  befragt  worden  zu  sein.  Die  Frage:  ismalc 
^j?  kommt  nicht  so  schnell  an  Einen  heran  als  die  ihm  viel  in- 
teressantere: niedhebek  ej?  oder  täjifcUak  ij?  worüber  er  genauestens 
orientirt  sein  will.  Ist  die  \^^ifB.  des  neuen  Freundes  nicht  seine 
eigene,  so  wird  der  Grundton  seiner  Conversation  wahrscheinlicher- 
weise ein  religiös  polemischer  sein  und  bis  zum  üeberdruss  ein 
solcher  bleiben,  es  se^  denn,  dass  ihn  die  Unzulänglichkeit  seiner 
Fertigkeit  im  gidal  odei  mugädala  zwingt  mit  Citirung  von  Koran 
29, 45  den  Fluss  der  Conversation  in  ein  anderes  Bett  zu  leiten. 
Diese   Neigung   des   Arabers,   sowohl  des   muhammedanischen   als 


1)  Aus  Anlass  von:  „Polemische  und  apologetiache  Literatur  in  arahischer 
Sprache  zioischen  Muslimen j  Christen  und  Juden,  nebst  Anhängen  ver- 
wandten Inhaltes.  Mit  ßenuizimg  hemdschriftlicher  Quellen  von  M. 
Steinschneider^^     (Abhandlungen    für    die    Kunde    des  Morgenlandes  VI.  Bd. 

N.  3.)     1877. 


342    OoUibdhery  il^er  muhammedaniache  Polemik  gegen  Ahl  al-kitdb. 

auch  des  christlichen,  ist  mit  dein  Islam  eine  allgemein  muham- 
medanische  Eigenschaft  geworden,  und  so  weit  es  Muhammedaner 
giebt,  wird  das  gidäl  mit  Lust  und  Liebe  betrieben,  und  das  Mehr 
oder  Weniger  der  Leidenschaftlichkeit,  mit  welcher  die  Discussion 
geübt  wird,  wird  von  dem  Grade  des  Fanatismus,  welcher  dem 
betreffenden  Volke  eigen  ist,  bestimmt. 

Es   ist   sehr  natürlich,    dass   dieses  Symptom  des  alltäglichen 
Verkehres  in  einer  reichen  polemischen  Literatur  seinen  Ausdnick 
finden  musste.     Hr.  Steinschneider  hat  der  orientalischen  Literatur- 
wissenschaft  den   bedeutenden   Dienst    erwiesen,    zuerst    ein    voU- 
stUndiges  Inventar  alles  dessen  auszuarbeiten,   was    an  literarischer 
Polemik    zwischen   Muhanmiedanem   und  Ahl   al-kitab   nachweisbar 
ist,  und  sich  seiner  wahrlich  nicht  leichten  Aufgabe  mit  der  Ge- 
wissenhaftigkeit und  Akribie  entledigt,  die  wir  an  seinen  literatur- 
geschichtlichen Arbeiten   gewohnt   sind.     Das   rubricirte  Werk  hat 
das    „nonum  prematur  in  annum**   in   reichem  Masse  erfahren.     Es 
ist   die    Frucht  mehr   als  dreissigj ährigen   Sammeins  und   Feilens, 
und  wenn  auch  „eine  Zusammenstellung  wie  die  gegenwärtige  nur 
vom  Buchbinder  abgeschlossen  wird",  wie  der  Verf.  (S.  X)  bemerkt, 
so  können  wir  uns  aufrichtig  freuen,  endlich  eine  monographische 
Basis    zu    besitzen,    auf   welcher    das    Studium    dieses    nicht    un- 
wichtigen Zweiges   der  islamischen  Literatur  sich  weiter  aufbauen 
kann.     Das  Buch  fuhrt  sich  als  einen  „bibliographischen  Versuch" 
ein.     Es   konnten  daher  nur  Bücher  und  Tractate  in  Betracht  ge- 
zogen  werden,  deren  Thema   die   confessionelle  mugadalä  ist,  ob- 
wohl   wir    den  Spuren    der   letzteren   auch   anderweitig   begegnen 
können,   wo   die   polemische  Tendenz   der  Darstellung   eine  eigen- 
thümliche   Färbung    verleiht      An   Volksbüchern   und    Geschichts- 
erzählungen  können  wir  dies  mannigfach  erfahien.     So  wird  z.  B. 
in  dem  Kissat  'Antar  dem  heidnischen  Helden  ziemlich  häufig  mu- 
hammedanische  Polemik  gegen  Christliches  ^)  in  den  Mund  gelegt, 
wenn  der  Verfasser   hierzu   durch   die  Begegnung  des  Helden  mit 
Christen  Anlass  findet,  ebenso  wie  er  auch  die  arabische  ExclusivitUt 
zur  Geltung   kommen  lässt,    so   oft  sein  Held  mit  *Agam  in's  Ge- 
spräch verwickelt  wird.     Der  Redactor  des  AntaiTomans,    der  sich 
als    al-A§ma*i   einführt   und   angiebt,    dass    er  ein  Alter  von    G7Ü 
Jahren  erreichte,    davon   400  in  der  gahilijjä  2),  geftült  sich  über- 
haupt in  Anachronismen  der  krassesten  Ait  und  llisst  nicht  selten 


1)  Die  Beuounung  JüJ^Ji^t  f-Lo  J>«i^t  für  Christen  vordiont  notirt  zu 
werden  (Kissat  'Antar ,  Kairoer  Ausg.  X  p.  vi  Z.  5  v.  u.)  In  Damascus  hörte 
ich  einmal  für  Juden  die  Benennung  \HAjy^\  J^l . 

2)  *Antar  VI  p.  II**a  ,     Ich  mache  auf  den  ganzen  Passus ,    welcher  literar- 

h'istorisch    bemerkensworth    ist,    aufmerksam.     Die    kultur-    und   literarhistorische 
Behandlung  des  merkwürdigen  Volksbuches  wäre  eine  verdienstliche  Arbeit. 


GoUigäier,  über  muhammedanüche  Polemik  gegen  Ahl  al-kitäb.  343 

seinen  heidnischen  Recken  wie  einen  muhammedanischen  Theologen 
reden  *).  —  Ebenso  kann  auch  im  Pseudowäkidi  muhammedanische 
Polemik  gegen  Christliches  gefunden  werden.  Ich  erwähne  dies 
betreffend  die  Erzilhlung  der  Begegnung  der  Abgesandten  Mu- 
hammeds  mit  den  griechischen  Geistlichen  und  die  Schilderung 
des  heiligen  Aktes,  der  von  diesen  celebrirt  wird,  wo  namentlich 
die  Bemerkungen  der  Araber  und  ihre  Controverse  mit  den  Geist- 
lichen zu  den  interessantesten  Stücken  muhammedanischer  Polemik 
gerechnet  werden  müssen  2). 

Die  literarische  Polemik  der  Muhammedaner  gegen  die  „Schrift- 
besitzer •*  ist  so  alt  wie  der  Islam  und  reicht  bis  in  die  allerjüngste 
Zeit  hinunter.  Wilhreud  meines  Aufenthaltes  in  der  umaj- 
jadischen  Chalifenstadt  übte  eine  enorme  Zugkraft  auf  das  Lese- 
publikum  das    arabisch  geschriebene  polemische  Werk   \^fi^  }^^ 

/ 

von  dem  indischen  Muhammedaner  Seich  Rahmat  Allah  gegen  die 
\Jb>^  rj'Tty*  betitelte  Missions-  und  Controvers-Schrift  eines  eng- 
lischen Predigers  des  Evangeliums,  welcher  mit  den  Geschützen 
christlicher  Theologie  die  Bollwerke  des  Islam  erschüttern  wollte  ^). 
In  der  muhammedanischen  Replik  werden  aus  der  alten  polemischen 
Rüstkammer  alle  jene  Argumente  von  Schriftfälschung,  muham- 
medimischen  Bibelstellen  etc.  hervorgeholt,  welche  mehrere  Ge- 
nerationen hindurch  von  Seiten  muhammedanischer  Theologen  sorg- 
fältig gesammelt  waren.  Freilich  konnten  diese  Gegenbeweise  durch 
den  indischen  Muhammedaner  unseres  gegenwärtigen  Jahrzehntes 
gründlicher  tmd,  namentlich  was  die  Bibeldaten  betrifft,  auf  Grund 
noch  sicherer  Information  geführt  werden,  als  es  zui*  Zeit  der, 
wenn  auch  nicht  geradezu  schlecht,  aber  immer  noch  mangelhaft 
infonnirteu  Ibn  Hazm,  al-Sinhagi,  Ibn  Kajjim  u.  A.  geschehen  konnte. 
Die  politischen  Ereignisse  der  letzten  zwei  Jahre,  und  die  Stellung, 
in  welche  dieselben  den  Islam  zum  Christenthum  versetzten,  be- 
günstigten die  Verbreitung  dieses  allerjüngsten  Product«s  der  po- 
lemischen Literatur  der  Muhammedaner,  und  wir  staunen  nicht, 
weim  wir  vernehmen,  dass  die  jugendliche  Energie,  welche  die 
scheintodte  Gewalt  des  Islam  wieder  entfaltet,  der  Verbreitung 
dieser  polemischen  Literatur  Vorschub  leistet.  Die  türkische 
Bibliogi'aphie  des  letztvergangenen  Jahres  verzeichnet  denn  auch  eine 
türkische  Uebersetzung  des  Izhär  al-hakk,  welche  Mevläna  Eumer 
Felmii  Efendi,   Vorsitzender  des  Diwäni  Temjiz  für  Bosnien  unter 


1;  Es  ist  ])omürkoiiswortli,  diiss  auch  diu  Mu'allakd,  dos  *Autar  iu  dor  Kissä, 
wo  dieselbe  XVIII  p.  !*♦  angeführt  ist,  in  muhammodauischom  Siuue  Inter- 
pohitionon  erfaliroii  hat,  besonders  die  letzten  Verse. 

2)  Fiitüli  ui-Sham  ed.  N.  Leus  (Calcutta  1859,  Bibl.   Ind.)  I  p.  1.  ff. 

3)  2  Hde.     8.     Stambul  1284.     Ahmed  Efendi  Paris  schrieb  ein  takriz  dazu. 


344    Goldziher^  Über  muhammedantsche  Polemik  gegen  Ahl  al-kädb. 

Autorisation  des  ottomanischen  üntemchtsministenums  anfertigte  '). 
Dieses  türkische  Druckwerk  ist  wohl  die  jüngste  2)  Aeusserung  der 
theologischen  Polemik  der  Muharamedaner  gegen  Ahl  al-kitab.  Ihre 
Anfänge  gehen,  wie  oben  gesagt,  in  die  älteste  Zeit  des  Islam 
zurück;  denn  das  älteste  Buch  muhammedanischer  Polemik  gegen 
die  Schriftbesitzer  ist  unstreitig  der  Koran  selbst.  Aus  ihm  wird 
das  hauptsächlichste  polemische  Moment,  auf  welches  wir  auch  in 
diesem  Aufsatze  das  Hauptgewicht  zu  legen  gedenken:  die  An- 
schuldigung nämlich,  die  Schriftbesitzer  hätten  die  in  ihren  Händen 
befindlichen  Oflfenbarungsbücher  verändert  und  gefiilscht   (^^Ju^sJ^ 

fjijJCi ,  JljlXaj)  ,  abgeleitet.     Die  Hauptstellen,  welche  von  späteren 

Polemikern  diesbezüglich  angeführt  zu  werden  pflegen,  sind:  2,  73, 

3,  72,    4,  48,    5,  16.  45.  52. 

Der  locus  classicus  der  Traditionsliteratur  ist  wohl  al-Buchäri, 
Kitäb  al-sahädät  Nr.  29  ^),  wo  von  Ihn  *Abbäs  der  Ausspruch 
tradirt  wird:  „0  Gemeinde  der  Rechtgläubigen!  Wie  könnt  ihr 
die  Schriftbesitzer  befragen,  da  doch  euer  Buch,  das  Allah  seinem 
Propheten  offenbarte,  die  besten  Nachrichten  von  Gott  bringt  Ihr 
leset  es  unverfälscht,  und  Gott  hat  Euch  ja  benachrichtigt,  dass 
die  Schriftbesitzer  dasjenige  veränderten,  was  Gott  geschrieben, 
und  das  Buch  mit  ihren  Händen  verfälschten  und  sprachen:  dies 
ist  von  Gott,  damit  sie  dafür  geringfügigen  Preis  erwürben.  Ver- 
bietet Euch  denn  nicht  dasjenige,  was  Ihr  an  Wissenschaft  erhalten 
habet,  jene  Leute  zu  befragen?  Bei  Gott!  Niemals  haben  wir 
gesehen,  dass  einer  von  ihnen  Euch  nach  dem  befragt  hätte,  was 
Euch  geoffenbart  ward." 

Während  in  dieser  Traditionsstelle  die  Anklage  auf  Schiift- 
fälschung  apodiktisch  hingestellt  wird,  tritt  dieselbe  in  anderen 
Stellen  noch  in  skeptischer  Fassung  auf,  und  es  verleiht  der  Sache 
des  fanatischen  Polemikers  Abu  Muhammad  ihn  Hazm  nicht  viel 
Gewicht,  dass  er  in  dieselbe  den  Schwerpunkt  seiner  Argumentation 
verlegt;  nämlich  die  Tradition  Abu  Hurajras:  „Die  Schriftbesitzer 
pflegten  das  Taurät  in  hebräischer  Sprache  zu  lesen  und  den 
Leuten  des  Islam  arabisch  zu  interpretiren.  Da  sprach  der  Prophet: 
Gebet  den  Schriftbesitzem  weder  recht  noch  aber  strafet  sie 
Lügen,    sondern    sprechet:    Wir   glauben   an  Denjenigen,  der  uns 


1)  Bolin's  bibliographischer  Ausweis,  Journal  asiatiquo  1877,  I  p.  125  iir.  5. 
Erwähnonswerth  in  dieser  Hinsicht  ist  noch  das  dort  angegebene  Werk  Bcjiiu- 
i-hakiket  von  'Ali  Hajdär  Beg,  Mitglied  des  Diwans  der  Zölle,  wo  historische 
Daten  über  die  kulturhistorische  Prävaleuz  der  muhammedanischen  Völker  gegen- 
über den  christlichen  zusammengestellt  sind. 

2)  Obiges  wurde  geschrieben  im  Juli   1877. 

3)  od.  Krehl  11  p.  iir.  Es  kann  uns  demnach  wundern,  wenn  die  mu- 
hammedanischen Gegner  der  Tabdil-Anschuldigung  (s.  unten)  sich  auf  die  Tra- 
dition des  Ibn  'Abbäs  berufen. 

4)  al-Buchari  Kitab  tafsir  al-Kuran,  al-bakara  ur.   11  (cd.  Krehl  111  p.  IIa). 


GoldniheTy  über  muhammedanüche  Polemik  gegen  Ahl  eU-küdb.   345 

und  Euch  geoflfenbart  hat ;  unser  Gott  und  Euer  Gott  ist  derselbe" ; 
femer:  \j^  sl  jLäj  ^su^  ^  y^j^  sb'i  iJLt  &JÜI     j:oj  j— •-e  ^ 

jk^«^  J-iJ«  ^t  L^V^Li  ^^  eJ^  Jo^  ji^  ^UlJijiP)  /  ,Ka*b  der 

Rabbine  brachte  dem  *Omar  ein  Buch  und  sagte:  hier  ist  die 
Thora,  also  lest  sie.  *Omar  antwortete:  wenn  du  weisst,  dass  es 
die  ist,  welche  Gott  dem  Moses  oifenbart  hat ,  so  werde  ich  sie 
Tag  und  Nacht  lesen.** 

In  einer  Tradition,  welche  der  Historiker  Ihn  Chaldün  citirt, 
ist  das  Verhältniss  des  'Omar  zur  Taurät-Literatur  anders  dar- 
gestellt. Der  Prophet  sah  nämlich  einmal  ein  Tauratblatt  in 
'Omars  Händen  und  war  unendlich  erzürnt"  darüber  und  verbot 
dem  späteren  Chalifen  die  Leetüre  dieser  Schrift  2). 

Bei  dieser  Auffassung  der  muhammedanischen  Tradition  kommt 
die  auf  derselben  fassende  spätere  Literatur  in  die  Lage,  in  Bezug 
auf  Ahl  al-kitäb  und  ihre  Schriften  zwei  Epochen  Vi  unterscheiden: 
(1)  die  Zeit  vor  der  Fälschung  der  Schriften  und  (2)  die  nach  ge- 
schehener Fälschung  derselben.  So  finden  wir  z.  B.  bei  dem  mus- 
limischen Staatsrechtslehrer  Mawerdi  iLot-AaJÜI^  iLO^^I  j  ^^:>  ^j% 

U^JUXö  JwaÄ  \    Auch  Citate  aus  den  angeblich  gefälschten  Schriften 

werden  häufig  mit  der  ausdrücklichen  Vorbemerkung  versehen,  dass 
dieselben  dem  unverfälschten  Text  entnommen  seien :  so  was  der 
jüdische  Convei*tit  Abu  Malik  vom  Judenstamme  Kurejza  bei  Jäküt 
IV  oif",  1  betreffs  der  Heiligkeit  Jemsalems  sagt  *).     Aehnlich  sagt 

Farkad,  dem  wir  auch  sonst  als  Gewährsmimn  für  Citate  aus  Taurät 


i  c 


begegnen  5):    jJiL-Ä-^1   vi5UL^  ^  ^OsaXi  ^  ^yJl  »l^yJl  ^  oU 

1)  Kitab  al-Milal  (wir  citiron  immer  nach  der  Leidener  llschr.  Warner 
nr.  480)  fol.  87  r.  In  der  Tradition  finden  wir  auch  die  gegen  Juden  erhobene 
Beschuldigung,  dass  sie  Bibolstellon ,  welche  sie  nicht  geradezu  falschen,  ver- 
heimlichen   wollen.     So   wird    z.  B.   erzählt,    dass  sie  den  Vers,    welcher  gegen 

Ehebrecher  Stoinigungsstrafo  verhängt  (^*J>  Jt   iüi)  vor  dem  Propheten  verheim- 
lichen  wollten   (al-Buchäri  cd.  Krehl  III  p.  Tlv)  . 

2)  Prolcgomoua    (Not.  et  Kxtr.j  XVII  p.  1*'av. 

3)  Constitutiones  politicae  ed.  Enger  p.  ha . 

4)  Im  Mu'}5;am  al-buldan  sind  sehr  viele  Taiirätcitate  zu  finden,  sowolil  be- 
gründete   (I   p.  vv.  j  8,    II  p.  v*tfj   14   u.  a.  m.)   als  auch  ganz   grundlose  z.  B. 

ibid.  p.  f^\  9. 

h)  Zwei  Taurätstellen    citirt  er  bei  Al-Munawi  Kitab  al  kawäkib  al-durrijjä 

fi  tarägim  al-sädat  al-süt\üä    (cod.  Ref.  nr.  141)  fol.  61  r  oL^l  »tjj^!  vj  ^^ 


346    CroUUßker,  über  muhammedaniteh«  PoUmik  gegen  AU  ai-kitdb. 

Die  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  al-kitab  betrifft  so- 
wohl ihre  Sitten  und  Gebräuche,  als  auch  (und  dies  besonders 
bezüglich  der  Christen)  ihre  dogmatischen  Anschauungen,  besonders 
aber  ihre  Religionsschriften.  Was  den  ersten  Punkt  betrifft,  so  ist 
nach  der  in  der  ersten  Zeit  Muhammeds  beliebten  Akkommodation 
namentlich  an  jüdische  Religionsbriluche,  in  seiner  späteren  Periode 
die  Desavouirung  dieser  versuchten  Anpassung,  und  die  Umdeutung 
der  sanctionirten  Anpassungsmomente  gefolgt.  Dies  wurde  so  weit 
getrieben,  dass  bei  Feststellung  eines  völlig  gleichgültigen  Gebrauches 
darauf  Rücksicht  genonmaen  wurde,  ob  sich  dei*selbe  nicht  auch  bei 
Ahl  al-kitab  vorfindet,  um  den  Letzteren,  so  weit  nur  möglich, 
unähnlich  zu  sein.  In  älterer  Zeit  wird  die  Sitte  des  Adäu  fest- 
gesetzt, um  —  wie  ausdrücklich  motivirt  wird  —  nicht  wie  Chiisteu 
und  Juden  vermittelst  näküs  und  buk  zum  Gebet  zu  inifen  ^),  und 
in  etwas  späterer  Zeit  wird  das  Lesen  des  Korans  zui*  Nachmittags- 
zeit  getadelt,  weil  die  Juden  ihre  Schriften  zur  selben  Zeit  zu 
studiren  pflegten  ^).  Was  die  dogmatische  Polemik  betrifft,  so 
entwickelt  sich  in  den  theologischen  Kreisen  der  Muhiunmedaner 
die  Streitfrage,  ob  Ahl  al-kitab  überhaupt  Gott  erkennen  können; 
die  Majorität  der  ^ulamä  entscheidet  die  Frage  —  wie  uns  al-Nawawi 
berichtet  —  negativ,  und  diese  Streitfrage  mit  ihrer  negativen  Ent- 
scheidung dnmg,  wie  uns  in  derselben  Quelle  berichtet  wird,  in 
Nordafrika  über  die  gelehrten  Kreise  hinaus  ins  Laionpublikum, 
welches  sich  mit  derselben  beschäftigte  ^). 

Andererseits  muss  aber  zugestanden  werden,  dass  die  ältere 
muhammedanische  Literatur  trotz  dieser  polemischen  Grundfarbe, 
der  Ahl  al-kitab  und  ihrer  Sitten  zuweilen  billigend,  ja  rühmend 
gedenkt.  Der  christliche  rähib  ist  ihr  stets  eine  recht  sympathische 
Gestalt,  und  die  nachmuhammedanische  Literatur  hat  die  wohl- 
wollende Erwähnung  des  christlichen  Einsiedlers  und  seines  zu  so 


*iL..LJi  s-.c>5  gUil  v^^  ^^'  v^3  ^^L-'b  r-^^b  £1-^1 1-*^*-» 

Xjuull^  &j  \^Lot  i't-^^  ^-A-j>J  LüJL»  v.^A^3  ^J  fuajüwQÄi)  LuL^  .  mJ'u:>- 

'iU.   UCÄ  Uilö   ^jn\jS1  L^IXÄi,     Dio  lotztoro  Stollo  wird  häufig  aiis  dem 

Taurät  citirt,  so  u.  A.  boi  Ibu  al-'Imäd  cod.  Rof.  ur.  46  ful.  5  v  aus  Tabakat  al-aiibijä. 

1)  Wohl  oiuo  Rominiscoiiz  an  den  Ausspruch  D732  SIIÖH  "^iT  IJabyl.  Tahn 
Ncdririm  fol.  64b.  ••-  t      -r 

2)  Al-Zamachsari    Kabi^   al-abrär  (Auszug)    Ilschr.  der  Wieuor  Hofbibliotli. 
N.  F.  iir.  63  fül.   127  V. 

3)  Vgl.  tVankol-Grätz  Monatsschr.  f.  Goschichto  d.  Judenth.   1871  p.  307  (T. 

4)  Al-Nawawi  Kitab  al-adkar  (cod.  Kof.  iir.  268)  fol.  67  r. 

^)  Commentar  zu  Huslim's  Traditionsäammlung  (Aufgabe  von  Kairo)  I  p.  I.t . 


Ooldsiher,  über  muhammeclanische  Polemik  gegen  AM  td-küdb,  347 

vielen  schönen  Vergleichungen  benutzten  Lilmpchens  von  der  vor- 
mahammedanischen  Poesie  überkommen,  und  es  mochte  hierbei  noch 
die  Vorstellung  richtunggebend  wirken,  dass  unter  des  Propheten 
Lehrern  so  manche  ruhbän  genannt  werden;  ebenso  wie  eine  ähn- 
liche Erinnerung  die  Ursache  davon  sein  mochte,  dass  die  jüdischen 
ahbär  (sing,  habr  =  "^^n)  *)  mitunter  rühmlicher  Erwähiiung  ge- 
würdigt werden.  Zumeist  beziehen  sich  derartige  Angaben  auf  die 
biblische  Zeit;  so  giebt  es  eine  ganze  Masse  von  Erzählungen,  die 

unter  dem  Titel:  oLJLut--»^^t    in  der  muhammedanischen  Literatur 

vorkommen,  voller  Verehrung  und  Bewunderung  für  die  israelitische 
Vergangenheit.  Von  den  ahbär  der  Juden  wird  anderwärts  ge- 
rühmt, dass  sie  aus  Demuth  und  aus  Furcht,  ihr  Auge  stolz  gen 
Himmel  erheben  zu  können,  nie  ohne  Stab  gingen  ^).  Aber  auch 
in  Betreff  der  imter   den  Arabern  lebenden   Juden   verscheuchten 

A 

Erinnerungen    wie   die  an  Samaual  ihn  'Adijjä  die  durch  den  Zu- 


1)  Es  giubt  im  Arabischen  dem  Hebräischen  entlehnte  Worte,  welche  ur- 
sprünglich nur  auf  das  betreffende  Jüdische  angewendet  wurden,  im  späteren 
Sprachgübraucho   aber   auch   auf  Ausseijüdisches   ausgedehnt   worden.      So  z.  B. 

Jl^   und    äJLä/O   (ICD,   ?1T5'?).      Erstores    Wort,    anfänglich    nur   von    hebr. 
-.  *  • 

ßüchoni  gebraucht,  wird  später  ein  seltener,  aber  allerdings  gebräuchlicher  Aus- 
druck für  V^Ljo  ^  letzteres   (s.  über  den  älteren  Gebrauch  Derenbourg,  Journal 

asiat.   1868  II  p.  382)   war  so  sehr  ein  Opfer  des  schrankenlosen  cLmsjI  ,  dass 

von  den  neuen  türkischen  Gesotzbüchoru  je  ein  Theil  mit  äJL^^^  überschrieben 


ist.     Aohiilich  erging  es  auch  dem  Worte  «a^  .     Ursprünglich  wird  dieses  Wort 

bloss   von  jüdischen   Gclohrteu   und  Frommen  gebraucht   und    zwar  bereits  der 
biblischen  Zeit  (Keskul  p.  ill ;    Kissat  'Antar  ed.  Kairo  I  p.  Ia);    auch  jüdische 

Priester  werden  jL-j-^"!  geimnnt.    Die  Uobersetzer  der  LXX  werden  abwechselnd 

als  ^^^   iVy^)   u"d  als    .U^l    bezeichnet   (Al-Sinhagi  Buch  II.    c.   19;   Ibn 

Kaü""  al-Gauzijjä   (Leidener  Hdschr.)   fol.  141  r.     Ahmed  Faris  al-Sidjäk  nennt 

in  seiner  europäischen  Keisebeschreibung  p.  ttt .  8  den  Leviticus    .LxP^^t    -Ä^ , 

Die    Polemiker   nennen    die    Rabbiner   des  Talmuds   ahbär.      Am   allgemeinsten 
heissen    Muhammeds   zeitgenössische    Schriftgelehrten   so,    und   Ibn  'Abbas   wird 

wegen  seiner  Gelehrsamkeit  vergleichsweise  V^^l   jx^    genannt    (Al-Buchäri 

II  p.  n\*  ed.  Krehl).     Der  spätere  Sprachgebrauch  dehnt  diese  Benennung  ohne 
jede  Beschränkung  auf  grosse  Gelehrte  im  Allgemeinen  aus. 

2)   Al-Munawi    fol.    70b    (^jt*J^^   (^J^  J^tj^'  ^^  j^'   O^-^ 


348   OoUiaiker,  über  muhammedanücJie  Polemik  gegen  Ahl  al-kUdb, 

sammenstoss  mit  dem  Propheten  und  seinen  Anhängern  erregte 
Antipathie,  welche  später  herrschend  wurde,  und  von  welcher  ich 
anderwärts  aus  Ihn  Hazm's  und  Ihn  Kajjim's  Schriften  Proben 
mittheilte  ').  Abu-1-Farag  al-Isfaham  erwähnt  einen  Zug  uneigen- 
nütziger Treue  eines  Juden  vom  Wädi-1-kura  und  fuhrt  folgenden 
Ausspruch  desselben  an,  womit  er  seine  Redlichkeit  motivirt: 
„Wir  lesen  das  Offenbarungsbuch  und  es  geziemt  uns  Treulosigkeit 
nicht"  ^. 

Die  Polemik  gegen  die  Religionsschriften  ist  bis  ungelllhr  zum 
X.  Jh.  u.  Z.  eine  ganz  vage  und  unbestimmte.  Feste  Punkte  sind 
nur  die  Voraussetzung,  dass  die  Verkündigung  der  Sendung  Mu- 
hammeds  in  den  ungeMschten  Offenbarungsschrifben  zu  finden  ist, 
und  die  Anschuldigung,  die  Ahl  al-kitab  hätten  ihre  Offenbarungs- 
bücher gefälscht,  ohne  jedoch  in  beiden  Beziehungen  concrete  Daten 

darüber  liefern  zu  können,  worin  das  JoJs^*  und  v.^...^O'  bestand, 

und  welche  Stellen  der  Schriften  dasselbe  betraf.  Diese  Vagheit 
und  Unbestimmtheit  hängt  mit  dem  absoluten  Mangel  aller  sichern 
Information  betreffs  der  biblischen  Schriften  in  den  ersten  Zeiten 
des  Islam  zusammen.  Alles  was  aus  dieser  Zeit  an  Angaben  über 
Schriften  A.  u.  N.  T.*s  bekannt  ist,  und  was  im  Namen  der  Ge- 
währsmänner aus  jener  älteren  Zeit  in  neuere  Werke,  wie  z.  B. 
Korancommentare  und  isagogische  Bücher,  Eingang  gefunden  hat, 
zeigt  uns,  -dass  die  Informatoren  über  biblische  Dinge  wie  die 
Convertiten  Ka*b  al-ahbar,  Wahb  ihn  Munabbih  u.  A.  m.  eher 
dazu  angethan  waren,  falsche  Ansichten  zuzuführen  als  zu  orientiren. 

Es  ist  fabelhaft,  was  man  sich  nicht  Alles  unter  »L  »j*  (auch  mit 
Imala  äj»jJ'  geschrieben) ')  .^:  und  JuÄil  vorgestellt  hat  Was 
Form,  Eintheilung  und  Inhalt  des  taurät  anbelangt,  lässt  sich  eine 
constante  Verwechslung   desselben   mit    den    Gesetzestafeln    (—UJI) 

constatiren.  Aber  auch  innerhalb  des  Rahmens  dieser  Confusion 
überbietet  eine  Tradition  die  andere  an  Fabelhaftigkeit  Al-Za- 
mach^ari  führt  folgende  Meinungsverschiedenheiten  an.  Nach  Einigen 
soll  das  Taurät  aus  zehn,  nach  Anderen  aus  nur  sieben,  wieder 
nach  Anderen  aus  zwei   ^Tafeln"  bestanden  haben  *).     Eine  andere 


1)  Kobak's  Zoitschr.   für   dio  Wissensch.  d.  Judouth.  Vlll  p.  76—104.   IX 
p.   18—47. 

2)  Kitab  al-agäui  111  p.  aI**  . 

3)  Vgl.  al-Bejdäwi  zu  Sur.  3,1.     Conde  schreibt   in   seinor  Mitthoilunf;  aus 
spauisch-arab.   Manuscripten   an  S.   de  Sacy   atura  (S  .^yul)  Noticos  et  Extraits 

IV   p.  646.     Da»   Taurät  wird    in    der  Tradition    auch    i^)i\    V-jJüül  genannt 

neben  dem  Koran  ab»  ^^1  oLäÜI  (al-Bagawi  bei  Ibn  al-*Imäd  hl  84  r). 

4t)   AX'KmM£  zu  Sur.  7, 143.      Es    möge   noch    die  Ansicht  der    muhamme- 
I^Hjltikw  erwilint   werden,  wonach  Musa   das  Taurät  in  neun  alwäh 


Chlilsdher^  über  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  at-kiidb,  349 

Ansicht,  welche  auf  die  traditionelle  Autorität  des  Rabi'  b.  Anas 
zurückgeführt  wird,  besagt,  dass  das  Taurät  aus  tausend  Kapiteln 
bestehe ,  deren  jedes  tausend  Verse  fasse ;  im  Ganzen  betrage  es 
siebenzig  Kameellasten ,  so  dass  das  Durchlesen  eines  einzelnen 
Theiles  ein  ganzes  Jahr  in  Anspruch  nehmen  würde  und  das 
Studium  des  Ganzen  nur  vier  Menschen  gelungen  ist:  Moses,  Josua, 
Ezra  und  Jesus  *).  Der  Verfasser  des  Fihrist,  welcher  selbst  über 
den  Kanon  wohl  orientirt  war,  erwähnt  die  Aussage  des  Ahmed 
b.  'Abdallah,  der  die  Bücher  des  A.  u.  N.  T.  zur  Zeit  Harun  al- 
Rasid's  ins  Arabische  übersetzt  haben  soll,  wonach  die  Mosen  ur- 
sprünglich geoffenbarte  Thora  aus  zehn  Rollen  bestanden  habe, 
und  nach  der  Offenbarung  dieser  Rollen  die  der  zehn  Tafeln  ge- 
folgt sei,  welche  selbst  grüner  Farbe  und  mit  rothen,  wie  Sonnen- 
strahlen leuchtenden,  Schriftzügen  bedeckt  waren.  Ich  aber,  setzt 
der  Verfasser  des  Fihrist  hinzu,  habe  die  Juden  selbst  über  diesen 
Gegenstand  befragt,  aber  sie  wissen  nichts  dergleichen.  Dies  sollen 
die  ersten  später  in  die  Brüche  gegangenen  Tafeln  gewesen  sein. 
Die  zweite  Ausgabe  enthielt  den  Inhalt  des  Taur&t  auf  nur  zwei 
Tafeln,  deren  eine  das  Zeugniss,  das  andere  das  Bündniss  brachte  ^). 
Betreffs  des  Materials  der  Tafeln  waren  die  verschiedenartigsten 
Fabeln   im  Umlauf.     Einige    lassen    dieselben  aus  dem  Paradieses- 

lotus  (äjLS-  ä  .Ju**)  verfertigt  und  je  zwölf  Ellen  lang  sein ;  Al-Kalbl 

ist  für  gi-ünen  Zabargad,  Sa'id  b.  Gubejr  für  rothen  J&küt,  Rabi* 
b.  Anas  für  Hagelsteine  u.  s.  w.  Nach  Wahb  behaute  Moses 
auf  Gottes  Befehl  die  harten  Steine,  in  welche  das  Gesetz  ge- 
schrieben werden  sollte;  Gott  selbst  erweichte  und  spaltete  sie 
dann  mit  seinen  eigenen  Fingern  imd  schrieb  die  Gesetze  auf  die- 
selben, so  stark,  dass  Moses  das  Geräusch  der  mit  dem  Abschreiben 
der  Gesetze  ])eschäftigten  Feder  hörte  ^).  Auch  textuelle  Daten 
über  den  Inhalt  der  Tafeln  fehlen  nicht.  Im  Safinat  Ragib,  wo 
die  Siebenzahl  der  Tafeln  festgehalten  wird,  wird  der  Inhalt  der- 
selben   nach    alten    Traditionen    mitgetheilt,    und    da    es   zu   weit 


empüng,   wovon   er  sieben  »loni  Volke   mittheilte,  zwei  aber  für  sieh  und  einige 
Auserwählte   als   esoterische  Wissenschaft  zurückbehielt.     Die  Namen  der  alwäh 

sind:    ^j^,    ^yÜ!   ^,    -i^S^    ^,    ^J^Jt    j-^,  j^t   j.^ 

SOLju^mJI   v,JÜ  J^  .      Dieses    Thema    ist    sehr   weitläufig   behandelt    von    Al-('>ilt 

(Hdschr.  der  Wiener  llofbibliothck  N.  F.  nr.  326)  Bl.   101  ff. 

1)  Kassäf  zu  Sur.  20. 

2)  Fihrist   I  p.  ff     vgl.  Sprenger  Mohammad  I  p.  49. 

3)  Alle  Ansichten  sind  zusammengestellt  bei  Ibn  al-'Imäd  fol.  250  ff. 


350  Ooldmker^  Über  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  al'küdb. 

fuhren  würde  und  auch  ziemlich  unnütz  wäre,  auf  den  Text  dieser 
Stelle  weitläufig  zu  reflectiren,  erwähnen  wir  nur  so  viel,  dass  die 

erste  Tafel  mit   den  Worten   begann :    {jop\  vjüj>  ^^ JJt  dJ  Jc*iL 

^1  j^'^  oUL^I  ^JO>^  und   dass  dieselbe  in  der  sechsten  Zeile 

mit  der  Personalbeschreibung  Muhanuneds  und  dem  Hinweis  auf 
den  Koran  schliesst,  während  die  übrigen  sechs  Tafeln  die  Ge- 
schichten der  alten  Zeiten  erzählen  *).  Bei  diesen  völlig  ver- 
worrenen Ansichten  über  die  alten  Offenbarungsschriften  ist  es  auch 
nicht  Wunder  zu  nehmen,  wenn  wir  ganz  und  gar  aus  der  Luft 
gegriffene  Gitate  aus  denselben,  in  muhammedanischen  Büchern 
finden,  wenn  solche  Citate  auch  auf  die  Autorität  von  Schrift - 
gelehrten  gegründet  sind.  Nach  Ka*b  al-ahbar  beginnt  die  Thora 
wie  Sürä  6  und  endet  wie  Stirä  11  ^);  die  Angabe  über  den  In- 
halt stimmt  mit  den  eben  mitgetheilten  Angaben  über  den  Inhalt 
der  ersten  Tafel  überein  und  wird  auch  von  dem  gelehrt^^n  aber 
unkritischen  al-Sujü^l  angeführt  ^) ,  welcher  Schriftsteller  zu  einer 
Zeit,  in  welcher  die  polemische  Literatur  betreffs  des  Inhaltes  von 
Taur&t  und  Ingil  auf  sicherere  Informationen  begründet  war,  diese 
und  noch  andere  Traditionen  über  den  Anfang  des  Taurät  ganz 
unüberlegt  reproducirt,  so  z.  B.  dass  das  T.  mit  den  zehn  ersten 
Versen  der  Sür&  6,  nach  Anderen  einfach  mit  der  Basmalä  be- 
ginne u.  a.  m.  *).     Nach  Abul-'Ata   soll    der  Name    der  Sürä  3  in 

dem  Taurat   KjimuJ^  sein  (St.  p.  150),  und  Abu  Hatim  tradirt  von 

Chajtamll,    dass    der    koranischen   Anrede    1^1  i;^jOJt  L^t  b    ini 

Taurat   ^^A^L*m  L^l  L    entspricht  ^).      Wahb    b.    Munabbih    citirt 

aus  dem  T.    einen  physiologischen  Satz,    welcher  in   der  Medicina 

prophetica   {^^yjS\  -_-   ^^  ^)    reproducirt   wird  ^).     Nicht   nur  die 

Sendimg  des  Propheten  soll  im  Taur&t  vorausverkündet  sein, 
sondern,  was  ziemlich  sonderbar  klingt,  auch  des  arabischen  Dichters 
Abu  Duejb    soU   in   diesem   hebräischen  Buche   ausdiückliche  Er- 


1.)  SaHnat  KAgib  (ed.  Stambul)    p.  f.  ff. 

2)  Al-Mun&wi  fol.  63  r. 

3)  Al-Itkftn  od.  CalcutU  p.  Ai  . 

4)  Ibid.  p.  i. . 

5)  Ibid.  p.  off. 

6)  Sammelcodex  der  Leidener  Universitätsbibliothek    Nr    474  Wanior   (30) 

Kitftb    al-'Ikd   (BülAk)   III   p.  l**ol . 


Ooltlziher,  über  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  aUhiidh.  351 

wähnung  geschehen  sein  '),  und  dies  erinnert  an  eine  andere  An- 
gabe, wonach  in  einem  nicht  näher  bezeichneten  Offenbarungsbuche 
von  dem  rastlosen  Thronprätendenten  der  ersten  Umajjadenzeit 
ausdrücklich  die  Rede  sein  soll  ^),  Auch  ein  Vers  des  Dichters 
Al-Hutaj  a  soll  sich  im  Taurat  vorfinden  ^). 

Dieselbe  Willkür  und  Unorientirtheit  der  muhammedanischen 
Theologen  erfahren  wir  auch  betreflfs  des  Psalters  *),  von  welchem 
aus  den  Büchern  der  Ahl  al-kitAb  die  Angabe  gemacht  wird,  dass 
König  David  eine  besondere  Art  dasselbe  zu  lesen  hatte,  welche 
sowohl  ihn  als  auch  die  Zuhörer  zu  Thränen  rührte  *).  Der  Psalter 
soll  Flüche  enthalten  gegen  die  ungläubigen  Israeliten  *),  und  den 
Anfang  dieses  Offenbarungsbuches  conftmdirt  Al-Gazali  mit  dem 
10.  Verse  seines  CXI.  Kapitels  '). 

Betreffs  des  Zabür  haben  sich  spätere  Muhammedaner  eine 
offenbare  Fälschung  erlaubt,  indem  sie  einen  aus  150  Suren  be- 
stehenden Psalter  in  arabischer  Sprache  fabricirten,  von  welchem 
das  asiatische  Museum  in  St.  Petersburg,  die  Bodleiana  in  Oxford 
und  die  Medicea  in  Florenz  Handschriften  besitzen.  Ausser  den 
beiden  ersten  Kapiteln  findet  sich  darin  gar  kein  Anklang  an  das 
kanonische  Psalmenbuch;  es  liegt  vielmehr  eine  Nachbildung  des 
Koran  vor,  Ermahnungen,  Warnungen,  Drohungen,  Verheissungen 


1)  Al-Muzhir  fi  'ulüm  al-lu^&  od.  Bül&k  II  p.  ff  ^ :    jLä  ^^^^wil  ^J^^ 
oL^Uöt  ^jn-ju-j  i,s^-JcX-j  o-*j>l3  iuüLj-jN«MJb  ^LäJI  ^t  O^^  1^3 

Sollte  violloiclit  tt^;  aus  syr.  j^20j  corrumpirt  soin? 

2)  Bei  Al-Munftwi  fol.  28  r  sagt  Nun  b.  M41ik:  jÜI  ^[jS  ^   Jc^^  ^\ 

3)  Kitäb  al-agftn!  II  p.  0.: 

4)  Zabür  >vird  auch  untor  den  Namen  dos  Korans  selbst  angeführt  (al-Itkftn 
p.   IIa,    4);   auch    ein  Dialect   der   (iurhum   fuhrt   diesen    selben  Namen   (Jäküt 

III  p.  Tö,    17). 

5)  Kitjib  al-'Ikd  al-fartd  (Wiener  Ildschr.)   II  p.  162  a.     Vgl.  den  Vers  des 
Abu  'Ubojda  bei  Ihn  Ilischam  p.  ^v. ,   ult. 

6)  Al-BojdÄwi  zu  Süra  5,82. 

7)  Ihja  'uiam  al-Din  (od.  Bülftk)  III  p.  t**i1 .     Derselbe  Satz  wird  allgemein 
(I^Iäj)  cilirt  im  Kitfib  al-'Ikd  I  Bl.  71r. 


352   Goldnher,  über  muhammedanüche  Polemik  gegen  Ahl  aUküdb. 

im  Stile  des  Korans.  Selbst  von  der  Stelle  Ps.  50  (49),  2,  in  welcher 
die  Muhammedaner  bekanntlich  eine  Hinweisung  auf  ihren  Propheten 
finden  wollen,  ist  darin  keine  Spur  vorhanden  *).  Es  wäre  aller- 
dings interessant  zu  untersuchen,  in  wiefern  die  gangbaren  arabischen 
Citate  aus  Zabür  in  diesem  Pseudopsalter  zu  finden  seien. 

Die  Vorstellung  der  älteren  muhammedanischen  Theologie  vom 
Ingil  wird  folgendes  Citat  characterisiren :   jj^koJL^  ^^— c   ri-^  »3^ 

r?5  c>3^^  cy'r^  g^^t^  o'  J^A^^'  i  ^;^^-^^->5  J^  '^^^^^  o^ 

habe  im  Evangelium  gefunden:  Die  Schlüssel  zu  den  Schätzen 
Kärün's  machten  sechzig  Maulthierlasten  aus ;  von  diesen  Schlüsseln 
war  kein  einziger  grösser  als  ein  Finger,  und  jeder  Schlüssel  war 
für  einen  besonderen  Schatz  bestimmt." 

Während  vom  Psalter  die  Anfangsstelle  angegeben  wird,  werden 
wir  in  Bezi^g  auf  das  Evangelium  mit  dem  Schlusspassus  bekannt 
gemacht.  6a*far  al-Taij&r  befragte  nämlich  im  Traume  Jesum  um 
eine  passende  Siegelinschrift^     Da  sagte  Jesus  zu  ihm :  Präge  darauf 

die   Worte:  ^xaJI  UÜl  vi5ÜLJt  &JÜI  :il  ^Jt  :i,    denn    mit    diesen 

Worten  schliesst  das  Ingil  ^).  Dafür  wird  aber  ein  Theil  des 
Vaterunsers  als  dem  Moses  geoffenbart  vorgeführt  *).  Citate  aus 
dem  Evangelium  sind  sehr  häufig  in  den  theologischen,  morali- 
schen und  mystischen  Schriften  der  Araber.  Besonders  die 
Mystiker,  welche  in  ihrem  Indifferentismus  gegen  formales  Con- 
fessionswesen  weit  entfernt  eine  feindliche  Stellung  gegen  Ahl  al- 
kitäb  einzunehmen,  sehr  häufig  ihren  Satzungen  tiefen  Sinn  unter- 
legen *),  citiren  unter  ihren  moralischen  Sprüchen  sehr  viel  aus 
den  alten  Büchern,  deren  Namen  nach  ihrer  Ansicht  termini  für 
tief  mystische  Vorstellungen  sind®);  aber  in  den  wenigsten  Fällen 
lassen  sich  diese  Sittensprüche  aus  den  betreffenden  Büchern  nach- 

1)  Dom,  Das  asiat.  Miueum  in  8t.  Petersburg  p.  3G5. 

2)  Ibn  al-lrnftd  fol.  231  r. 

3)  Al-MuiiÄwi  fol.  22  r. 

4)  Al-Itkftn  p.  AA . 

f))  Vgl.  meinen  Nachwei»  in  Geiger's  j.  Ztsehr.  XI  p.  68  ff. 

6)  Vgl.  Dictionary  of  the  technical  terms  etc.  p.  *j|ö  .     In    diesem  Sinne  sind 

nach  meiner  Ansiclit  Aeu.sserungGn  von  My.stikem  aufzufassen,  wenn  sie  sich  der 
Kenntniss    der    alten    OfTenbarungsurkunden    rühmen,   wie   wenn    z.    B.  Taus  b. 

Kojs}\n  (.st.  106  d.  H.)  zu  einem  lernbegierigen  Besucher  sagt:  \^>J  5-*^^  \}^ 
^.jb^iJU   Juc?ü!it^   ^|;>^'  (^  '»^  ^S^**i^^  ^    (Al-MnnÄwi   fol.  52  v ) 

oder  was  .4akik  al-Balchi  zu  Hätim  al-asamm  sagt  (bei  Al-Oazzali  O  Kind!  ed. 
Hammer  p.  H  .   1). 


Goldzihery  über  muhammedawtche  Polemik  gegen  Ahl  <üM;bäb,  353 

weisen.  Frähn  bezeichnet  es  als  eine  verdienstliche  Untersuchung, 
den  Quellen  derselben  nachzuspüren,  und  leitet  für  eine  solche 
Forschung  betreffs  der  Citate  aus  Ingil  die  Aufmerksamkeit  auf 
die  apokryphen  Schriften  der  christlichen  Kirchen  ^),  ebenso  wie 
für  den  Nachweis  der  Provenienz  der  Citate  aus  dem  Taurät  und 
Zabtir  wohl  auch  die  Agädä  in  Bücksicht  zu  nehmen  wäre.  Es 
würde  hier  zu  weit  vom  Gegenstande  abführen,  wollten  wir  zur 
Ergänzung  des  bereits  oben  Angeführten  eine  Liste  von  muham- 
medanischen  Citaten  aus  den  alten  Offenbarungsbüchem  folgen 
lassen,  und  wir  wollen  uns  daher  in  Betreff  solcher  Anführungen 
nur  noch  einige  allgemeine  Bemerkungen  anzuschliessen  erlauben. 
Häufig  wird  nach  Art  der  talmudischen  Citatengruppirung  nach 
dem  Schema  D'^mnDS  tt)bntt)m  D-Ä-^naa  "»iDOi  n^nnn  mnD  m  -im  ^) 

in  einem  Zuge  aus  allen  „vier  Büchern"  citirt,  so  z.  B.  Ht  .^jJ!  q^ 

Allerdings  findet  man  neben  solchen  falschen  Citaten  auch  manche, 
welche  sich  nachweisen  lassen,  aber  an  anderen  als  den  angegebenen 

Fundoi-ten.     Der  Satz :  cV>t  ^3  OJuJt  ^  (»A^t^  vi^Jt  ^^  ^-^^^>3 

U^^4jj>-  s.Im*Jj\  ^  '«Js^^l^  (Kohel.  7,  as)   wird  von  Ibn  'Abdi  Rabbihi 

als  in  ^  j^b  x#jC^    vorfindlich    citirt  *).     Derselbe    Autor    lässt 

David  zu  Salomo  sprechen :     \y}\  ^j  n-a:^!^  vi5UJLc    Jy>  ^JLxJl  s^ä^ 

,j5^;cJb>  UA>^!^  ^!  Joc>l^   '^J^  (Prov.  1,9)&).     Wieder  Anderes 

wird  ganz  ohne  Hinweis  auf  die  Quelle  richtig  reproducirt.  So 
finde  ich  z.  B.  bei  Mäwerdi,  Constitutiones  politicae  p.  vf  mit  ein- 
facher Erwähnung  eines  äUI  ^Lcot  ..y«     -o    den  ganzen  Inhalt  von 

Deuteron.  20,  5 — 7  reproducirt,  ebenso  wie  das  Einweihungsgebet 
Salomonis  ohne  jede  Anführung  übernommen  ist  *»). 


1)  Asiat.  Museum  iu  St.  Petersburg  p.  289  ff.     Vgl.  über  die  Bekanntschaft 
der  Muhammodaner  mit  den  Evangelien  s.  H.  Steiner,  Die  Mutaziliteu  p.  28  A.  3. 

2)  z.  B.  babyl.  Tr.  Megillä  fol.   31a. 

3)  Ibn  al-'Imftd  fol.   133  r. 

4)  Al-'Ikd  al-farid  11  Bl.    192  (Wiener  Hdschr.). 
5;  Ibid.  I  Bl.  70  r. 

6>  Cod.  Rof.  211  fol.  22  r     Jt   äJLc  w5^J^   O-^^  o'  *^^b  Vj  ^ 
'x^LJÜt   *^,  vgl.  II.  Chron.  6,20.      Auch   agadische  Dinge   werden  ohne  Citat 
Bd.  XXXII.  23 


354    OoldaiOier,  über  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  nl-kitäl. 

Ausser  der  Anfiihrang  von  tÄurat,  zabür,  ingil  geschieht  auch 
häufig  Bezugnahme  auf  al-^ikmat,  worunter  wohf  salomonische  und 
andere  Weisheits-Bücher  zu  verstehen  sein  werden  *).  Wir  haben 
bereits    oben    einige    solche    Stellen   gesehen.     *ürwä   b.    al-Zubejr 

sagte:  ^^   Uxm^  vi5^-f^^  Kxlb  wiUJb'   ^^uJ  iUJC^t  ^  ^y^ 


i^LLuJt  ^^.bjTj  ^A  jj^LJt  ^1  ,,^  2).     Aus  der  ^^UJL.  x 

OjU  ^  wird  bei  Ihn  *Abdi  Rabbihi  angeführt.:    ^  xJ^I  ^^Jb>    -**Jt 

»3-t ').  In  dieselbe  Rubrik  ist  wohl  auch  ,.,UJL*  KftJk:<uo  zu 
^  ^  L)    ••  •• 

stellen,  woraus  angeführt  wird:  ;t^.  r)^-^  l5^'  '^^  iUJC^I  ^,1 
ajü   -ftill  ^).     Ich  fand  auch    .  UaJUv  X^yo»    und  glaube,  dass  diese 

Benennung  mit  denjenigen  Theilen  des  salomonischen  Proverbien- 
buches  in  Zusanmienhang  zu  bringen  wäre,  in  welchen  die  Weis- 
heitssprüche mit  der  Anrede :  „Mein  Sohn  !**  (■'ra)  eingeführt  werden, 
z.  B.  (vgl.  Prov.  1,  8,  der  Schlusssatz  eine  Reminiscenz  an  Deuteron. 


m    >  w,        ,      > 


wi-4^  v3j^-^  i^'jJlj  Ä-uo.^).      In   den  Erzählungen  Sindbads    (die 
stelle  ist  mir  leider  entgangen)  wird  angeführt:    .,L»-Ju»  üOub*»  ...c 

Jcxixjl   j^ajüt   ^;^  j^c>  j^b  "^^^"^  ^:^  er  /t^  >  ^^  ^'^  Koheleth 
7, 1.  2,  9,  4  passt. 


übernommen:   '«^  «A-A^   KaIxJ!      JLc  v,25Jl4'Jt   J^^>^    (^»JtLo      ^-^t  )    ^Ui 

^;a«Il  :ij  L^  J5_jri  ^  v_ftJ=uJl  ^5^-  ^   *ä;j5  xXr^!.   »^^1.        Voll- 
Btändig  übereinstimmend  mit  Bab.  Talm.  tr.  Niddii  foL  16  b. 

1)  Unter  Jk^X^^Ut  ^JLc  konnte  das  Studium  solcher  WeLsheitHsprüche  der 
Alten  verstanden  werden.  Von  Fachr  al-Din  al-RAzi  wird  erzählt,  da.«is  er  bei 
MajVd  al-Din  al-Öili  iUjC:!=Üt  ^  studirt  habe  (Ibn  Challikan  VI  p.  irf). 

2)  Al-Mun&wi  fol.  57  r. 

3)  Al-'Ikd  I  Bl.   18  V. 

4)  Al-Zamach.^ari  Rabi'  al-abrar  (Auszug)  Hdschr.  der  Wiener  Hofbibl.  N. 
F.  nr.  63  fol.  43  r. 

5)  Ibid.  fol.  163  V. 


Ooldziher,  über  muhammedanisehe  Polemik  gegen  Ahl  äUkUdb,   355 


Wir  finden  auch  j^to  ^\  )U5C5>  angeführt  >)• 

Im  Ganzen  hahen  wir  die  Erfahrung  gemacht,  dass  die  Citate 
aus  den  Weisheitshüchem ,  wie  auch  aus  obigen  Anführungen  er- 
sichtlich sein  kann,  genauer  und  begründeter  sind,  als  die  aus  den 
drei  Offenbarungsbüchem.  Dies  kam!  damit  zusammenhängen,  dass 
dieser  Theil  des  biblischen  Kanon  dem  Genius  der  Araber  und 
ihrer  reichen  Spruchdichtung  (in  welcher  viel  Coincidenzen  mit  den 
hebr.  Sprüchen  nachweisbar  sind)  viel  entsprechender  und  homo- 
gener war,  so  dass  Mittheilungen  dieser  Art  viel  genauer  auf- 
genommen und  in  authentischerer  Form  bewahrt  wurden  als  solche 
aus  anderen  ihnen  minder  homogenen  Theilen  des  Kanon.  Auch 
reicht  die  Kunde  von  diesen  Dingen  in  die  ältere  Zeit  zurück. 
Der  weise  König  Sulejman  wird  schon  vor  dem  Islam  erwähnt  ^); 
allerdings  hält  Nöldeke  solche  Spuren  für  interpolirt  ^).  Nach  der 
Ansicht  von  v.  Diez  soll  der  Ausspruch  ^öheleth  11,  i  noch  lange 
bevor  dieses  Buch  als  solches  den  Arabern  bekannt  geworden,  ein 
fest  eingebürgertes  arabisches  Sprichwort  gewesen  sein  ^). 

Ausser   den  Citaten  mit  concreten  Quellenangaben  finden  wir 

auch    unbestinunt    gelassene    mit    der   Einfuhrung:    ^,,kjS  ipju  ^ 

iU^yt    oder  kürzer  v-AÄ)üt  \jax^  ^,     Viele    solcher  Citate  sind  in 

den  Adabwerken,  namentlich  im  Kitäb  al-'I^d  al-far!d  zu  finden, 
auch  das  Ihj&  Al-Gazälis  enthält  viele,  besonders  zahlreich  sind 
dieselben  in  den  §üf  ibiographieen  vertreten,  in  welchen  den  einzelnen 
§üf  i's  sehr  häufig  unter  obiger  Formel  moralische  Sprüche  in  den 
Mund  gelegt  werden  *).  Es  sei  mir  bei  dieser  Gelegenheit  erlaubt, 
zu   erwähnen,   dass   sich  die   Bezugnahme   auf  ein   Weisheitsbuch 

unter  dem  Titel  ^^'  ^Jü  UJUy   JBuch  der  Benü  Temim"  findet. 

i.  r 

Al-Mejd&nt  ^)  nämlich  führt  zu  dem  Sprichworte:  JucS'J!  vJL->i 
.üL#Ji  ^yaS" Jb  J^i^^  besten  hüpft  das  geborgte  oder  gemästete  oder 
unbändige  Pferd"  den  Vers  des  Bisr  b.  Abi  Chazim  an: 


1)  Al-Hasari   Zahr  al-ftdÄb  wa-tamar   al-alb&b   (od.  BülÄk)  I  p.  Ift**.      Al- 

Mubarrad  K&mil  od.  Wright  p.  fj\ ,  15. 

2)  NabigÄ,  Mu'allaka  v.  22. 

3)  Beiträge  zur  Konntn.  der  Poesie  d.  alten  Araber  p.  XI. 

4)  Denkwürdigkeiten  von  Asien,  Berlin   1811,  I  p.   114,  vgl.  II  p.  77. 

5)  2.  B.  Al-Munftwi  fol.  64,  67  u.  a.  m.  von  Muhammed  b.  Nadr  al-Häritt, 
MÄlik  b.  Dinar  u.  a.  m. 

6)  Magma*    al-amtAl    (ed.    BÜUk)   I   p.    Ivi .      Dasselbe   anch  Al-Mubarrad 

p.    M,  12. 

«3* 


356    Groldsihery  über  muhammedanUche  Polemik  gegen  Ahl  al-kääb. 

Es     ist    mir    kein    anderes    Beispiel    für     die    Anführung     eines 

>^tV  ^  y^ijS   bekannt      Dieser   Stamm   lieferte    der  arabischen 

Nation  mehrere  weise  Männer,  z.  B.  den  in  der  Proverbienliteratur 
hervorragenden  Aktam  b.  §ejfi,  den  Weisen  der  Araber. 

Die  Citatenproben  ans  Taurät,  Zabür  und  Ingü,  welche  unsere 
obige  Auseinandersetzung  enthält,  geben  der  Voraussetzung  Raum, 
dass  eine  Polemik,  welche  an  der  Hand  so  vager  und  verschwommener 
und  fast  durchgehends  falscher  Anschauung  und  Information  geübt 
ward,  den  Stempel  der  grösstmöglichen  Unsicherheit  an  sich  tragen 
müsse.  Es  ist  aber  leicht  verständlich,  dass  die  Polemik  in  ein 
sichereres  Geleise  trat,  sobald  die  Kenntnisse  der  muhammedanischen 
Gelehrtenkreise  in  Sachen  der  Bibel  eine  bestimmtere  Gestaltung 
annahmen,  sobald  sie  eben  aus  dunkeln  Ahnungen  zu  wirklichen 
Kenntnissen  wurden,  beruhend  entweder  auf  Verkehr  mit  con- 
vertirten  Ahl  al-kitäb  selbst,  oder  auf  eigenem  Studium  der  Text« 
oder  der  Uebersetzungen ,  deren  in  der  *Abbäsidenzeit  *)  mehrere 
zugänglich  wurden,  z.  B.  die  des  *Abd  Allah  b.  Saläm^)  und  die 
aus  den  LXX  geflossenen  des  Hunejn  b.  Is^&k  und  H&rit  b.  Sinan  ^). 

Die  erstere  der  beiden  Informations-Quellen,  aus  welchen  den 
Muhammedanem  Kenntniss  von  biblischen  Dingen  zufloss  *),  ist  die 
unzuverlässigere  von  beiden.  Die  Muhammedaner  schöpften  aus 
derselben  vom  Anfange  des  Auftretens  ihres  Religionsbekenntnisses, 
als  ihr  Orakel  für  biblische  Angaben  die  a^bär  waren,  welche  — 
wie  männiglich  bekannt  —  den  hervorragendsten  Anlass  für  grund- 
falsche Anschauungen  abgaben.  Dieselbe  Quelle  wird  auch  späterhin 
von  ihnen  aufgesucht.  Von  Abu  Q&tim  Mul^ammed  b.  Hajjun  al- 
Bustt  (st.  150  d.  H.)  wird  z.  B.  berichtet,  dass  er  von  den  Ahl 
al-kitäb  die  Harmonisirung  ihrer  Bücher  mit  dem  Koran  erlernte  •^), 
imd  noch  später  halten  sich  muhammedanische  Historiker  und  Theo- 
logen an  die  mündlichen  Mittheilungen  von  Christen  und  Juden. 
Es  wird  von  ihnen  auch  sehr  viel  Gewicht  auf  diese  Informations- 
quelle gelegt.  Der  kritische  und  geistvolle  Ihn  Chaldün  misst  den 
jüd.  Convertiten  selbst  betreffs  arabischer  Urgeschichte  den  höchsten 
Glauben   bei  %      So   bezieht   sich   auch   der   fanatische   Polemiker 


1)  Nach  Sprenger  Mohammad  I  p.  132  sollen  Theile  der  Bibel  in  arab. 
Sprache  schon  zur  Zeit  Muhammeds  vorhanden  gewesen  sein,  lieber  eine  sirab. 
UcbersetzuDg  des  Pentateuchs,  der  Psalmen  und  Evangelien  in  kutischer  Schrift 
berichtet  Villoison  (Manuscrits  grecs  et  latins  de  la  Bibliotheque  de  Serail.  No- 
tices  et  Extr.  VIII  p.  4). 

2)  Fihrist  I  p.  rf . 

3)  Mas'üdi,  Kitab  al-tanbih  (Not  et  Extr.  VUI  p.   166). 

4)  Ueber  diese  beiden  Informationsquellen  s.  Nöldeke  Ueber  die  Amale- 
kiter  (Orient  und  Occidont  II  p.  639  f.). 

5)  Ibn  Challikän  VUI  p.  1^0 ,  nr.  743. 

•    6)  ed.  Büiak  II  p.  U  (Leidener  Ildschr.  fol.  8v)  * 


Goldsiher^  Über  muhammedardsche  Polemik  gegen  Ahl  aUhUdb.  357 

al-§iiiliagi  auf  die  Angaben  der  convertirten  Ahl  al-kitäb  in  Bezug 
auf  die  angeblichen  muhammedanischen  Stellen  der  Bibel  ^). 

Sicherere  und  gründlichere  Kenntnisse  als  diese  Mittheilungen, 
welche  ohne  Zweifel  darauf  berechnet  waren,  den  zur  Herrschaft 
gelangten  Muhammedanem  recht  viel  Schmeichelhaftes  und  Er- 
wünschtes aus  den  alten  Büchern  an  die  Hand  zu  geben,  ver- 
mittelte die  oben  erwähnte  zweite  Informationsquelle.  Wir  glauben, 
dass  die  ersten  Antriebe,  sich  eine  genauere  Kenntniss  vom  Inhalte 
der  biblischen  Schriften  anzueignen,  im  Interesse  der  Geschichts- 
wissenschaft auftreten,  und  dass  die  Verwendung  dieser  Kennt- 
nisse für  die  Polemik  eine  secundäre  Frucht  dieser  Beschäftigung 
ist.  Da  die  allgemeine  Geschichtsdarstellung  in  der  arabischen 
Literatur  regelmassig  mit  der  Schöpfungs-  und  Patriarchengeschichte 
beginnt,  um  von  da  auf  Muhammeds  Auftreten  zu  kommen,  konnten 
die  Historiker  sehr  leicht  zur  Einsicht  der  Nothwendigkeit  gelangen, 
über  jene  alten  Zeiten  die  ältesten  Quellen  selbst  zu  Rathe  zu 
ziehen,  und  so  sehen  wir  denn  einige  der  hervorragendsten  Ver- 
treter der  historischen  Literatur  der  Araber  aus  den  biblischen 
Berichten  schöpfen,  in  denen  sie  gute  Orientirung  zeigen.  Namentlich 
gilt  dies  von  Ihn  KutejbÄ,  der  in  seinem  Kitäb  al-ma*arif  eine 
sichere  Kenntniss  der  alttestamentl.  Schriften,  die  er  selbst  gelesen 
zu  haben  vorgiebt  2),  an  den  Tag  legt  und  eine  ganze  Reihe  von 
Stellen  aus  der  Genesis  (weniger  aus  dem  Exodus  und  den  ausser- 
pentateuchischen  geschichtlichen  Büchern)  in  fast  wörtlicher  Ueber- 
setzung  citirt  ^),  zuweilen  in  correctem  Auszuge  mittheilt,  ja  sogar 
die  agadischen  Mittheilungen  der  ahbar  durch  den  Schrifttext 
controlirt  *).  Zwar  nicht  in  der  eingehenden  Weise,  wie  Ihn  Kutejbä 
durch  Textcitate,  documentiren  ihre  Kenntniss  von  den  Quellen  der 
Patriarchen-  und  sonstigen  biblischen  Geschichte  auch  andere 
arabische  Historiker    wie  al-fabari,   al-Mas^üdt,  !Hamz&  al-IsfahUni 


1)  Al-a^'wibat    al-fächirft  (173  Warnor)    fol.  91  r  ^^^  ^JL-I    ^  0;Ätt 

*^ÄJuo  lyLjj  ot^UxJt 

2)  Kitab  al-ma'iirif  od.  Wüstenf.  p.  1     5. 

3)  Bemerkenswerth   ist,    dass  Gen.  1,9  D^tJtCtl  rinFl»  als  Beschreibesatz 

gefasst  und  mit  xLo  übersetzt  wird:  s-K  ^m*^\  v£>w^^'  ^tÄ-i)  M.J  ^L«J) . 
V.  2  iüt  statt  j^S=^i!  V!^^'  "*'^  ^^^  Wiener  Ckid.  r^^l  im'j^'  ^^  \e&en.  2, 3 
tD'12"'"    i«t   ö-^^    übersetzt,     v.    7     1^EK3    =   i^^^  ^j .       Fehlerhaft   3,10 

N^n-"»!  mit  ,  c^  ,  •  . 

4)  Ibid.  p.  ir,  8. 


358    Gcldxihmr^  über  mvkatnmedatnsche  Polemik  gegen  AM  al-küdb, 

(durch  mündliche  Mittheilnng  von  Juden  darin  unterrichtet)  *), 
Al-Birüni,  Al-Makrizi,  in  etwas  oberflächlicher  Weise  auch  Ihn 
al-Atir  u.  a.  m.,  zuletzt  aber  der  in  jeder  Beziehung  unüber- 
troffene Ihn  Chaldün.  Bei  einigen  dieser  Historiker,  so  nament- 
lich bei  Ihn  al-Attr,  bemerken  wir  das  Bestreben,  die  biblischen 
Berichte  mit  agadischen  Ausschmückungen  und  muhammedanischen 
Traditionen,  welche  wieder  grossentheils  aus  der  Agada  fliessen, 
zu    verweben ;     die     agadischen    Angaben     figuriren     da    zumeist 

unter  Zurückfuhrung   auf  »L^yJ!  J^t.     Bei  Ihn   al-Atir,   welcher 

sehr  in  die  Details  eingeht,  finden  wir  auch  die  Anführung  ver- 
schiedenartiger, einander  widersprechender  Angaben  über  Einzeln- 
heiten der  biblischen  Oeschichtserzählung ;  so  z.  B.  werden  über 
die  Lebensdauer  mehrerer  Patriarchen  die  dem  Taurat  wider- 
sprechenden Meinungen  nebeneinander  gestellt,  betreffs  der  GrÖssen- 
verhältnisse  der  Arche  Nül;^'s  neben  den  biblischen  Zahlen,  die  hier 
Katäda  vertritt,  noch  andere  angeführt,  ebenso  betreffs  der  Zahl 
der  in  der  Arche  befindlichen  Menschen  *).  Es  ist  bemerkenswerth, 
dass  in  solchen  Fällen  gerade  die  ahbar  mit  den  biblischen  Be- 
richten im  Widerspruche  stehen  ^).  Es  ist  die  beliebte  Art  der 
meisten  muhammedanischen  Historiker,  in  ihre  GeschichtsdarsteUung 

die  durch  die  (j^Loä  geförderte  Tendenz  einfliessen  zu  lassen,  näm- 
lich den  in  den  Texten  selbst  anonym  eingeführten  Persönlichkeiten 
Namen  und  Genealogie  zu  geben.  Ihn  al-Atir  schwelgt  geradezu 
in  solchen  Angaben  *). 

Es  hiesse,  den  Rahmen  dieser  gelegentlichen  Bemerkungen 
über  das  billige  Mass  ausdehnen,  woUten  wir  hier  darüber  sprechen, 
wie  sich  die  genealogischen  Tafeln  der  Genesis  in  ihrer  Wiedergabe 
bei  muhammedanischen  Historikern  gestalten,  und  welche  Factoren 
häufig  zu  deren  Verunstaltung  beigetragen  haben.  Ihn  Chaldün, 
der  letzte  der  bedeutenden  arabischen  Historiker,  hat  in  dieser 
Beziehung  manche  Fehler  seiner  Vorgänger  gut  gemacht,  indem  er 
eine  strenge  Scheidung  zwischen  den  Genealogien  der  sogen,  nas- 
sabün  (Ihn  al-Kalbi  u.  a.  m.)  und  der  Quellenschriften  sich  zur  Pflicht 


1)  Vgl.   Steinschnoidor   in   Kraukels  Zeitschr.  II  (1845)  325 ff.,    Bacher    in 
Kobaks  Zeitschr.  VUI  (1871)  9  ff. 

2)  Al-Ta'rich  al-k&mil    (ed.  Bülak)  I  p.  Ta. 

3)  Al>Karamani :   AchbÄr   al-duwal    wa-atÄr    al-uwal  (abgedruckt  als  Hämi> 

des   ersten   Bandes   des  Büläker  Ta'rfch  al-kftmil)    p.  f\ :    j^l    ..I   äl .  «^1   Jl^ 

4)  Ibn  al-Atir  I  p.  t*f     tö  u.  a.  m. 


GoUisäher^  über  muhammeilaninche  Polemik  gegen  Ahl  al^kitdö.  359 

macht  ')  und  in  seiner  Wiedergabe  des  biblischen  Oiiginales  so 
gewissenhaft  vorgeht,  dass  er  die  der  Veranstaltung  ausgesetzten 
Eigennamen  mit  genauem,  von  dem  anderer  Schriftsteller  verschie- 
denem 2)    J^^^  versieht,   ein   Umstand,   aus  welchem  wir  für  die 

Aussprache  des  Hebräischen  in  Nordafrika  zur  Zeit  Ihn  Chaldüns 
manchen  bemerkenswerthen  Beitrag  heben  können  ^).  Jedoch  auch 
er  widerstrebt  nicht  der  durch  Ibn  al-Atir  consequent  bekämpften 
Bestrebung  der  persisch-muhammedanischen  Genealogen  und  Ge- 
schichtsschreiber, die  biblischen  Patriarchen  mit  Persönlichkeiten 
aus  der  iranischen  Urgeschichte  zu  identificiren. 

Die  Darstellung  der  Patriarchengeschichte  von  mohammedani- 
schem Standpunkte  aus  involvirte  manches  polemische  Moment.  So 
z.  B.  wurde  durch  dieselbe  gleich  bei  Grelegenheit  der  im  Koran  mit  so 
viel  Nachdruck  vorgeführten  Propheten  Hüd  und  §&lH)i  und  ihrer 
Mission  zu  den  ^Aditen  und  Tamtiditen,  wovon  in  der  Bibel  keine 
Spur  vorhanden  ist,  der  Gedanke  nahe  gelegt,  das  Mangeln  dieser 
Erzählimgen  als  eine  Folge  der  Fälschungen  zu  betrachten,  welche 
die  Ahl  al-kitab  an  den  Ofifenbarungsschriften  verübten  ^).  Ein  ähn- 
liches Moment   bot  auch   das    Opfer   Abrahams,  insofern  die  Mu- 

hammedaner  —   mit  Ausnahme  der  Iranophilen   iLoutÄJl     welche 

Ishak  als  ihren  Stammvater  betrachten  —  Ismä*il  als  denjenigen 
Sohn  Ibrahims  betrachten,  den  der  gemeinsame  Stammvater  der 
Araber  und  Hebräer  auf  Befehl  Allahs  willig  dem  Opfertode 
weihen  wollte  ^). 


Wir   haben    gesehen,    dass    die   Ausbildimg    der    historischen 
Literatur    bei    den   Arabern  das   gründlichere   Bekanntwerden  mit 


1)  Viel  Unheil  haben  die  Copistou  durch  Verunstaltung  der  Eigennamen 
angestiftet.     Für  ^^^^^l  finden  wir  z.  B.    .Lc^LmJÜ  . 

2)  Der  Corrector  der  Biiläker  Ausg.  p.  If  macht  auf  diese  Verschiedenheit 
aufmerksam  und  giebt  der  Amtssprache  dos  Abulfoda  den  Vorzug. 

3J  Beispielsweise   führe  ich  an:  Gide'on:    i^jJtit  v^lXil  m^nääJ  ^yj^K>S 

^\   iüU^I  jtAit  i-)j^^  (»^T^  ^«      i"    Bezug   auf  den   Namen  'Atayä 
sagt  er,  dass  Al-Tabari  LJIäc    schreibt,   während   in   den  ^»yu^Loi-^j'  v--axj 
das  Richtige:   X-Jl/to^ .      Das  1    wird  jedesmal  mit   5    transscribirt    und  als  i-\ji 

^Lj(    Q^    ^-^J--^    ^^|>^    bezeichnet,  während  das  aspirirtc  !3  als  'KA^iJi*  s^Ji 

i-Lül  Q-»  NaJ-^  bezeichnet  wird. 

4)  Ihn  al-AHr  1  p.  l*'v . 

5)  S.  die  weitläufige  Abhandlung  über  diese  Frage  bei  Al-Damiri  Hajät 
al-hajwän  II  p.  ^1*1  ff.  Vgl.  Ibn  al-Atir  p.  ff^  Al-Mas'ödi  Murüg  al-dahab  I 
p.  87,  II  p.  164,  wo  auf  eine  literarische  Polemik  über  diese  Frage  hingewiesen  wird. 


360  Ooideiheri  Über  muhammedaimche  Polemik  gegen  Ahl  al-käAb, 

den  Schriften  der  Ahl  al-kit&b  nicht  unbedeutend  förderte  und  ein 
mUchtiger  Anstoss  wurde  zur  Ueberwindung  jener  früher  gangbaren 
leichtfertigen  Art  über  den  Inhalt  der  biblischen  Bücher  zu  sprechen. 
Es  mag  auch  zu  diesem  Umschwünge  der  Umstand  viel  beigetragen 
haben,  dass   zur  'Abbäsidenzeit,  in  welcher  dieser  Fortschritt  ein- 
trat, das  Interesse  und  der  Geschmack  muhammedanischer  Literaten 
sich  gerne  fremdsprachigen  Büchern  zuwendete,  und  so  mag  auch 
in   Betreff  der   Kenntniss    von  biblischen   Sachen    recht    viel   den 
Syrern   zu    danken  sein  (Honejn  Uebersetzer  der  Bibel).     Wissbe- 
gierige hören  Vorlesungen  über  die  Interpretation  des  A.  u.  N.  T.*s 
und  die  Schätze  der  Bibliotheken  liefern  Material  für  diese  Studien^). 
Von    einem    Zeitgenossen    des   Ga^ar  al-Barmakl,   dem  sonst   des 
Schreibens  und  Lesens  angeblich  unkundigen  Ibrahim  al-Sajjär  mit 
dem  Beinamen  al-Naz^äm,   der   trotzdem  sich  in   die  Widerlegung 
des  Aristoteles,    dessen  Schriften  er  auswendig  zu  kennen  vorgab, 
einliess,  wird  bei  dem  biographischen  Schriftsteller  Taschköprizade  *) 
erzählt,  dass  er  Taurät  und  In^  sammt  Commentaren  inne  hatte. 
In    späterer  Zeit  citirt  der  berühmte  Dogmatiker  Fachr  al-Din  al- 
Bazi  das  Taurät  bereits  auf  der  Kanzel  und  rühmt  sich,  hierüber 
zur  Bede  gestellt,  dieses  ganze  Buch  auswendig  zu  kennen  ').     Bei 
diesem  Stande   der  Kenntnisse    können  wir  auch  bessere  Angaben 
über    Eintheilung    und    Form    der    kanonischen   Bücher    erwarten. 
Die  alten  traditioneUen  Angaben  wurden  beseitigt,  aber  allerdings 
nicht   unterdrückt,    sondern   nach   wie    vor   aufbewahrt  und  citirt 
Aber  welcher  Abstand  ist  nicht  zwischen  denselben  und  den  An- 


1)  Al-BiU'i  (bei  St.  p.  391)   bezieht  sich  auf  Ihn  ChaUikän  nr.  757.     Bei 
dieser  Gelegenheit  möchte  ich  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Stelle  Kitab  al-agani 

XX  p.  VA  hinlenken,  wo  der  Genealog  Abu  'Ubejdä  von  Aban  b.  'Abd  al-hamid 
al-LÄhiki  berichtet:  ^j^^  »'^y^'  ;^-»— '  ^^  ^^J^  »^3  "^^r^-  ^^3  ^ 
iiÄ>   ^^  ^ßf\   ^t   ^•^:uJH:i   J^    KJ^^I   ^^\^    wA^^U^   'u^i 

w 

^j      Afkti  ]  Lo     ..(•&}(   ^y   jiio'-ci  1  ^^  SL  «jut.    Die  Zugchöri)<keit  zum  Juden- 

thum  wird  wohl  nicht  ernst  zu  nehmen  sein,  bemorkonswerth  aber  ist  das  Vor- 
handensein des  Taurät  und  die  Boschäfligung  mit  demselben. 

2)  AK^akft'ik  al-No'mÄnüjA  (Hdschr.  der  Wiener  Hofbibliothok  Mxt.  nr.  464^ 
I  fol.  22  v:  JäÄ»  jUJj  1  Jü  '^^  v^  y   *Ji   iJlkJD  j    ^c^-äÜ    ^3^ 


c^\. 


'       HJ   Al-Kaswin!  H  p.  föl**.      (S.  Anhang  I.) 


Goklzihery  über  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  al'kUdb,  361 

gaben  über  den  Kanon,  wie  sie  durch  Ibn  al-Nadim  '),  Al-Makiizi  ^), 
Al-Sachäwi  *)  und  Ihn  Chaldün  *)  gegeben  werden ! 

Hatte  die  historische  —  zum  Theil  auch  die  bibliographische 
Wissenschaft  (Fihrist)  —  die  Nothwendigkeit  einer  sichereren,  auf 
der  Kenntnissnahme  yon  den  betreffenden  Schriften  selbst  beruhen- 
den Kunde  von  den  kanonischen  Büchern  nahe  gelegt  und,  wie 
wir  oben  sahen,  erheblich  gefördert,  so  sehen  wir  das  volle  Ein- 
dringen in  den  Inhalt  der  biblischen  Bücher,  auch  ihrer  nicht- 
historischen Theile,  sowie  auch  der  nachbiblischen  Literatur  durch 
die  Entwickelung  einer  polemischen  Literatur  der  Muhammedaner 
gegen  die  Schriftbesitzer  zu  noch  grösserer  Vervollkomnmung  und 
Ausweitung  gelangen.  Herr  St.  bietet  uns  in  dem  Grundstocke 
des  vorliegenden  Werkes  eine  vollständige  Bibliographie  dieser, 
sowie  auch  der  gegnerischen  Literatur  und  zwar  in  einer  Fülle, 
die  wohl  der  bibliographischen  Nachlese  nur  noch  einen  spär- 
lichen Wirkungskreis  übrig  lässt.  Ref.  vermisst  allerdings  die  Er- 
wähnung der  schiitischen  Polemiker  und  ihrer  Schriften,  deren  es 
einige  gab,  wie  aus  der  Bibliographie  der  schiHtischen  Literatur 
ersichtlich  ist  ^). 

Eben  mit  dem  Studium  von  Ibn  Hagar  al-'Askal^f  s  biographi- 
schem Werke  über  die  hervorragenden  Muhanmiedaner  des  Vlll.  Jh.  d. 
H.  (Al-durar  al-kamina  fi  a*j&n  al-mi'ä  al-tamin£L,  Hdschr.  d.  Hofbibl.  in 
Wien  Mixt.  nr.  245)  beschäftigt,  kann  ich  auch  aus  diesem  St.'s  biblio- 
graphische Daten  mit  folgenden  Notizen  ergänzen:  I  fol.  194r 
wird  eines  religionspolemischen  poetischen  Briefwechsels  zwischen 
Sihäb  al-Din  Ahmad  b.  Jüsuf  al-Sa*di  al-Harräni  (st  746  H.)  und 


1)  *Mhrist  I  p.  t*t* .     Er  erwähnt  die  Eintheilung  des  Pontat.  in  fünf  Fünftel, 

wovon  jedes  zwei  Theile  hat.  Diese  Eintheilnng  scheinen  die  muhammedanischen 
Theologen  in  Bezug  auf  den  Koran  nachgeahmt  za  haben,  nur  dass  bei  ihnen 
jedes  Fünftel  nicht  einen  zusammouhäugoudeu  Theil ,  sondern  die  Combinaiion 
nach  der  Art  gleichmässiger  Bestandtheile  des  Buches  ausmacht  (NicoU  p.  191), 
wie  denn  im  Allgemeinen  im  Koran  Surrogate  für  die  drei  früheren  OfTenbarungs- 

bücher  enthalten  sein  sollen  (Al-Itkän  p.  It**!*} . 

2)  Geschichte  der  Kopten  cd.  Wüstenfeld  (Götting.  1847)  p.  a.  .  r-^-^ 
^^yy«LuLj  (Wüstenf.  „Die  Schrift  Bei\jamins)"  bt  ohne  Zweifel  corrumpirt  aus 
Dibhre  hajjftmim,  vgl.  Rödiger  De  origine  et  indole  etc.  p.  55.  Ibn  Chaldün 
hat  dafür  .««jucLi   Li«). 

3)  Irsad    ai-K&sid    (Calcutta    1849.    Bibl.   Ind.  VI    nr.  21)    p.  öf  ff.      SUtt 

vj5^JLiJ!  J^   i^UJC^^     .La-J*-!     ist    wohl   zu   lesen    ;^^  iUK^i  ^,Lx«i>t 

(Richtorbuch). 

4)  Prologomm.  Not.  et  Extr.  XVI  p.  f  II .      Der  Kanon  des  I.  Ch.  schliesst 

sich  am  engsten  an  den  der  abessynischcn  Kirche  an;  vgl.  Dillmann  in  Ewald's 
Jahrbüchern  V  (1853)  p.   147;  besonders  die  fünf  salomonischen  Bücher. 

5)  Al-Tüsi's  List  of  Shyah  books  Nr.  109.  559.  622. 


362    Ooldziker,  über  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  al-kUdb. 

einem  Nestorianer  Erwähnung  gethan,  welch  letzterer  dem  mu- 
hammedanischen  Grelehrten  Einwürfe  gegen  den  Islam  vorlegte, 
mit  der  Bedingung  Muhammedaner  werden  zu  wollen,  wenn  Sihäb 
al-Din  die  Einwürfe  zu  widerlegen  im  Stande  sein  werde.  Dies 
geschah,    aber  der  Nestorianer  ergriff  die  Flucht,    statt  den  Islam 

anzunehmen:   (sie!    der   Sinn    erfordert  etwa:    »3j->j')  i^Lj>-^  iJ. 

^f  l^ÄÜCiwo  j^3  L^  oL^t  tot  aJt  JoJu^  iuo^L^  luJt  'i^j^ 
^^^jjJt  ^Ju  ü>^^\  ii>  ^j^  ciJLfiJ  tJoC^  \^S>  l^  L^  wb^t  UU 

v-JL^  Jo^  ^AjJjLJt   iuobU*  ^t.      Der  überaus  schlechte    Zustand 

dfer  Hdschr.  gestattet  mir  nicht  eine  Probe  dieser  poetischen  Po- 
lemik, deren  Charakter  sicherlich  religiöser  Natur  war,  mitzutheilen. 

—  in  fol.  167  V  wird  das  religionspolemische  Werk:  j\*S^\  -i-^ 
von  Muhammad  b.  Said  b.  *Abd  All&h  al-Halabi  (lebte  um  740 
d.  H.)  erwähnt:  oljJÜt  J^t  KäJI^  ^  (Cod.  Kjuj>)  iC^  si  ^\^ 
yXi\ji^  »S^^^j^  vio>L^  M  jXi  Jyi^\  -^Jwo  »U^  ^UXJI  ^y.  (^j^ 

Der  bezeichnete  Theil  des  Werkes  von  St.  zerfällt  in  zwei 
Abtheilungen:  S.  16 — 110  sind  in  88  (zum  Theile  Doppel-) Num- 
mern die  polemischen  Schriften  mit  sicheren  Titeln  in  alphabetischer 
Folge  der  letzteren  aufgezählt  und  beschrieben;  dann  S.  110 — 161 
Schriften  ohne  sicheren  Titel  in  alphabetischer  Reihenfolge  der 
Verfassemamen,  und  im  Anschluss  daran  Anon3rma,  zusammen  von 
nr.  89  bis  151,  wozu  dann  in  den  Nachtr^en  (S.  389—403) 
zwanzig  ParaDelnummem  kommen.  Im  Ganzen  nehmen  wir  hier 
zum  allererstenmale  Kenntniss  von  dem  gesammten  Bestände  dieser 
auf  das  geistige  Leben  der  betreffenden  religiösen  Genossenschaften 
sehr  einflussreichen,  jedoch  bisher  nicht  gehörig  studirten  Literatur. 
Ref.  bedauert  es  wahrscheinlich  im  Verein  mit  vielen  anderen 
Lesern  und  Benutzern  dieses  ebenso  wichtigen  wie  interessanten 
Buches,  dass  sich  der  Verf.  strictissime  in  beiden  Abtheilimgen  die 
alphabetische  Anordnung  zum  Princip  gemacht  hat.  Durch  die 
Scheidung  der  muhammedanischen  von  der  antimuhammedanischen 
Polemik,  ebenso  wie  die  chronologische  Anordnung  des  gebotenen 
Materiales,  deren  Mangel  im  Werke  selbst  allerdings  durch  einen 
chronologischen  Index  (S.  426 f.)  einigermassen  ersetzt  wird,  wäre 
zu  gleicher  Zeit  die  Würdigung  dieser  i)olemischen  Literatur  vom 
Standpimkte  der  Literaturgeschichte  bedeutend  gefördert  worden, 
und  sie  wäre  um  so  eher  am  Platze  gewesen,  als  die  leichte 
Auffindung   von    Titeln   und    Verfassemamen    durch    zwei   mit  der 


Goldzüier,  über  muhammedanifche  Polemik  gegen  AM  al^kUäh,   363 

vom    Verf.    gewohnten    Genauigkeit    gearbeitete    Register    ermög- 
licht wird. 

Nach  der  Ansicht  des  mnhammedanischen  Biographen  Ihn 
Challikän  war  der  andalusische  Zahiri,  Abu  Muhammed  ihn  Hazm 
(st  1064  n.  Chr.)  der  erste  unter  den  mnhammedanischen  Theo- 
logen, der  eine  systematische  Polemik  gegen  Ahl  al-kitab  schrieb. 
Wie  aus  dem  vorliegenden  Buche  ersichtlich  ist,  gab  es  bereits 
vor  Ihn  Hazm  im  IX.  und  X.  Jh.  unserer  Zeitrechnung  muham- 
medanische  Widerlegungsschrifben  gegen  Ahl  al-kitab,  namentlich 
gegen  christliche  Glaubenslehre  (Al-Warräk,  st.  861,  nr.  124;  der 
Philosoph  Al-Kindi  zwischen  813—73  nr.  112;  Hasan  b.  Ejjüb 
st.  vor  987  nr.  104).  Was  wir  aber  von  diesen  Schriften  vor 
dem  XL  Jh.  wissen,  lässt  uns  voraussetzen,  dass  Ihn  Qazm  der 
Erste  ist,  welcher  den  Kempimkt  der  muhammedanischen  Polemik, 

die    Fälschungsfrage    (J^jA-^V)    systematisch    behandelte    und    in 

ganzem  Umfange  besprach.     Er  that   dies   zuerst  in  einer  Schrift, 

betitelt:    J^xäj:^!^  '^.j^^  ^j:^L-;>a,JLJ|^  0^,g  ...  II  JljJuaJ»  ^'^^1 

Ju^UJl  J^^xÄ,  :i  Uo  ^e5Jo  ^  ^•^rxXrfW  U  ^jöäUi*  ^Lo. .     Diese 

Schrift  ist  behandelt  bei  St.  nr.  6  S.  22,  und  wir  kommen  auf 
den  Titel  derselben  weiter  unten  nochmals  zurück.  Dieselbe  ist 
selbstständig  nicht  vorhanden,  wenigstens  nicht  nachweisbar,  und 
Ref.  äusserte  vor  mehreren  Jahren  die  Ansicht,  dass  die  Abhand- 
lung des  Ihn  Hazm,  welche  sonst  verloren  gegangen  wäre,  — 
was  bei  der  Wichtigkeit  derselben  nicht  vorauszusetzen  ist,  —  in 
ein  umfassenderes  polemisches  Werk  desselben  Gelehrten,  in  wel- 
chem er  nicht  nur  die  Ahl  al-kitäb,  sondern  sämmtliche  ihm  be- 
kannten  Confessionen    polemisch   behandelt,  nämlich   in   das  auch 

von   Averroes    cituie  »)   J^äJÜI^  JJUl  V^   (^*-  ^^'  '^'^    ^'  ^^^'^ 

vollinhaltlich  aufgenommen  worden  sei,  und  der  Verf.  thut  dem 
Ref.  entschieden  unrecht,  wenn  er  S.  140  diese  Annahme  als  irrig 

bezeichnet,    voraussetzend,    dass   das   ^\   X^\   identisch   sei   mit 

einer  Streitschrift  gegen  den  Juden  Nagdela,  welche  übrigens  eben- 
falls verloren  scheint.  Ref  muss  noch  jetzt  seine  frühere  Ansicht 
aufrecht  erhalten,  wenn  er  sich  aus  der  ihm  wieder  in  Abschrift 
vorliegenden  gegen  die  Ahl  al-kitäb  gerichteten  Partie  des  Kit&b 
al-milal  die  Ueberzeugung  holt,  dass  sie  ihrem  Inhalte  nach  voll- 
ständig Alles  bietet,  was  der  Titel  des  I^ar  erwarten  lässt,  und 
dies  muss  doch  in  erster  Linie  als  Anhaltspunkt  dienen,  wenn  wir 
das  Verhiiltniss  jener  Partie  zu  dieser  Monographie  beurtheilen 
wollen.     Noch  klarer  wird  dies  werden,  wenn  wir  die  jenem  Kapitel 


1)  Dostructio  dostructionum  pars  altera,  disp.  IV  f.  361. 


364  Goldziher^  über  muhammedafäsche  Polemik  gegen  Ahl  al-kitäh, 

des  Milal  vorgesetzte  üeberschrift  hiehersetzen :    '^J\lb  oLaJjU^  j 

^U    j^     öl^yÜt      Oy^S     ^M^     ^^jJt     VLi^l     J     *^^^^'^    V-^l^i 

L^l^  l^Jcxi;^  ^iu.^*  «5Ü0u  ^yLyü  iLx^^^l  J^^Ü^t  j^  .^^ 
Jc>-^  it  nJÜI  v3jj|  (3 jJt   r^  ^),   was   doch   nichts    anderes  als   eine 

Paraphrase  des  Titels  des  Izhär  ist.  Auffallend  wftre  es  noch 
obendrein,  dass,  wenn  das  so  überschriebene  Kapitel  wirklich  vom 
Izhar  verschieden  sein  soll,  Ihn  Hazm  in  diesem  Kapitel  nirgends 
auf  eine  Monographie  ähnlicher  Tendenz  Bezug  nimmt,  es  sei  denn, 
dass  diese  Monographie  später  abgefasst  wurde  als  das  Kitab  al- 
milal.  Ich  denke  mir  nun  das  Verhältniss  in  folgender  Weise. 
Ihn  Hazm  schrieb  zuerst  das  Izhär  als  Refutation  gegen  die  Ahl 
al-kitab,  nachher  schrieb  er  seine  Polemik  gegen  die  übrigen  Con- 
fessionen  und  Secten  und  nahm  das  ganze  Izhar  als  ein  gerade 
passendes  Kapitel  in  das  grosse  Kitab  al- milal  wal-nihal  auf. 
Diesen  Hergang  wird  jeder  ganz  natürlich  finden,  um  so  mehr,  da 
er  in  der  orientalischen  Literatur  nicht  vereinzelt  dasteht.  Die 
Identificirung  des  I?har  mit  der  Streitschrift  gegen  Nagdela  ist 
eine  Gleichung  mit  zwei  Unbekannten,  wozu  ausser  der  Gemein- 
samkeit des  Verfassers  alle  Beweisbasis  fehlt. 

Der  Kernpunkt  der  muhammedanischen  Polemik  ist  die  Haupt- 
beschuldigung, welche  der  Islam  von  den  ersten  Anfängen  an 
gegen  Ahl  al-kitab    erhob,    dass   diese  nämlich  ihre  Offenbarungs- 

Schriften  ändertet,  fälschten  und  verdrehten  j^^-045  JoJs^^  00-^=0* 

iüiJLjl  wAÄJÜI.     Diese  Anschuldigung,  welche  in  der  älteren  Zeit 

des  Islam  ganz  allgemein  erhoben  wurde,  konnte  erst  nach  der 
Kenntnissnahme  von  und  sicherer  Information  über  den  Inhalt  der 
betreffenden  Schriften  zu  bestinmiter  Formulirung  gelangen,  um 
die  Einzelnheiten  des  Fälschungsvorganges  zu  entwickeln  und  dar- 
zulegen. Da  stellt  sich  nun  heraus,  dass  die  Hauptvertreter  der 
muhammedanischen  Theologie  nicht  einmal  bezüglich  der  Grund- 
frage: wie  man  sich  jene  Verdrehung  und  Fälschung  vorzustellen, 
und  was  man  darunter  zu  verstehen  habe,  eines  Sinnes  sind.  Der 
Verf.    reflectirt   S.  322    (vgl.    S.    392    den   Auszug   aus   Al-Bika^i) 

ganz   kurz   auf   die  Divergenzen   betreffs   des  JoJoJ.     Es  scheint 

uns  für  die  Erkenntniss  der  Art  muhammedanischer  Polemik  wichtig, 
darauf  hier  näher  einzugehen.  Wir  können  zwei  Hauptrichtungen 
unterscheiden.  Die  eine,  mildere,  bestreitet,  dass  die  Beschuldigung 
sich  auf  eine  Fälschung,  Intei-polirung  oder  tendenziöse  Kürzung 
der  Bibeltexte   beziehe;   behauptet   vielmehr   mit  besonderer  Wür- 

1)  Leidener  Udschr.  fol.  46  r. 


(Groktziker,  über  mühammedanitehe  Polemik  gegen  Ahl  alrJat&b.   365 

digang   der   continuirlichen   Traditionskette   (Jl^j)^    welche    diese 

Texte  für  ihre  Authentie  haben,  der  Bibeltext,  wie  ihn  die  Ahl 
al-kit&b    überliefern ,    sei    ungefälscht    derselbe ,    den    Gott    iliren 

Propheten  offenbarte.     Nur  die  Interpretation  (Ju^Lj)   der  Bücher 

sei  durch  sie  verdreht  worden,  und  namentlich  seien  die  SteUen, 
welche  eine  tiefere  und  richtigere  Interpretation  auf  die  Sendung 
Muhammeds  und  die  Wahrheit  des  Islam  beziehen  müsse,  durch 
die  Schriftbesitzer,  trotz  besseren  Wissens,  absichtlich  in  falscher 
Weise  interpretirt  worden.  Die  Anhtlnger  dieser  Richtung  stellen 
sich  natürlicher  Weise  die  Aufgabe,  jenen  Stellen  nachzuspüren 
und  ihre  richtige  exegetische  Anwendung  auf  Muhammedanisches 
zu  constatiren. 

Eine  andere  Richtung,  der  auch  Ihn  Hazm  angehört,  verwirft 

diese  Auffassung  des  JoJlö  und  bezieht  es  unter  besonderem  Hin- 
weis auf  Citate  des  Korans  aus  dem  Taurät  und  In^tl,  welche 
sich  in  dem  jetzigen  Texte  nicht  vorfinden,  auf  die  Fälschung  des 
Textes  selbst.  Ihn  Hazm  polemisirt  gegen  die  mildere  Auffassung 
schon    im   Titel    seiner  Abhandlung.     Der  Verf.   übersetzt   (S.  22) 

den  Titel  des  Tractates  ;:-J|    L^| :  „Aufdeckung  der  Veränderungen 

und  Erörtenmg  der  keine  Deutelei  zulassen- 
den Widersprüche  der  in  ihrem  Besitze  befindlichen  u.  s.  w.**. 
Ref.  ist  der  Ansicht,  dass  Ihn  Hazm  in  dem  Titel  andeuten  wolle, 
er  beabsichtige  in  jenem  Tractate  die  Fälschungen  nachzuweisen 
an  Stellen,  welche  nicht  Interpretationsänderungen  voraussetzen 
lassen,  so  dass  die  Beschuldigung  der  Fälschung  auf  die  falsche 
Interpretation  eines  allerdings  geoffenbarten  Textes  bezogen  wer- 
den könnte;  er  will  vielmehr  nachweisen,  dass  die  Texte  selbst 
untergeschoben  seien  und  fälschlich  als  die  geoffenbarten  ausgegeben 
werden.  Noch  deutlicher  wird  diese  Auffassung  in  der  Paraphrase 
des  Titels,  wie  sie  in  der  Aufschrift  des  betreffenden  Kapitels  des 

Kitab  al-milal  gegeben  ist:  da  heisst  es  statt  Jo^Uil  J^4.Ä^.  ^  L4ja  so: 

In  der  Abhandlung  selbst  nimmt  er  häufig  Gelegenheit  gegen 
die    erstere  Richtung   in  seiner  gewohnten  dialektischen  Weise  ins 

Feld    zu    ziehen ;    z.  B.   ^^^^JU^l  ^  *y5  qC  U*Jb  \X4>^  jj\  JLä 

m  P 


366    GokUdheTy  über  muhammedamsche  Polemik  gegen  Ahl  al-küdb. 

^1  JJjLJt  ^y»5  r*^>>^  ^^-«-^  I^Uj  vAäs  Qa«j  J  r^?^^^-5 
iSj^  Uj  ^b  iuiijuj  Ui5>  ÄAiaju  t,>^|5  LLcs^  5^L>  cX:>t5  JJÜ  ^^j^ 

t^^  *).     Diese  Meinungsverschiedenheit   hat   nicht   nur  theoretische 

Bedeutsamkeit,  sie  hat  auch  wichtige  praktische  Folgen.  Die  An- 
hänger der  ersteren  Bichtung  halten  es  für  die  Pflicht  des  Muslim, 
jene  Schriften  hochzuhalten  und  zu  verehren,  denn  sie  sind,  wie 
sie  vorliegen  und  üherliefert  sind,  göttliche  Offenbarungsschriften, 
nur  ist  ihre  traditionelle  Interpretation  falsch,  was  aber  den  Text 
derselben  nicht  berührt.  Der  berühmte  Safi*ite  Al-Nawawi  lehi-t^ 
dass  nicht  nur  derjenige,  welcher  den  Koran  gering  schätzt  und 
an  seinen  Aussprüchen  zweifelt,  ein  Käfir  sei,  sondern  ebenso  auch 
derjenige,  welcher  solche  Gefühle  den  Schriften  der  Ahl  al-kitab 
entgegenbringt^).  Den  Vertretern  der  zweiten  Richtung  hingegen 
ist  die  Schmähung  und  Verhöhnung  der  gefälschten  Schriften 
religiöse  Pflicht  und  ihre  Verehrung  als  göttliche  Schriften  Tod- 
sünde, denn  ihr  Verfasser  ist  nicht  Gott,  sondern  ein  oder  mehrere 
schlaue   Betrüger   und   böswillige   Fälscher.     Wie   dies    aufgefasst 


1)  Sürä  48,69. 

2>  KiUb  al-milal  fol.  86  v. 

3)  KitÄb  al-adkär  fol.  Ö9v:   ^t  JoJpJ^t^   '^^'jj^'   c\jJ^^»-  ^1    ^c>J  ^ 
ßi  y^  L^  s^Ä.^=UC^I  ^1    l^A^w  ^1    xSiA^Jt  äUI  V*^^-     ^'^    auf    den    Koran 

«•  «TM 

bezügliche    ...*.^Ix*j|   b(|    Km^^  ^    hat   natürlich    auf   sonstige   Offenbarungs- 
schriilen  keine  Anwendung,  ibid.  fol.  70  r. 


GoftlMer,  über  muhammetlafäsche  Polemik  gegen  Ahl  ahkUäb.    367 

wird,  kann  uns  aus  einigen  „Kraftstellen*  des  Ihn  Hazm  verständ- 
lich werden.     Kitäb    al-milal   fol.  60  r  nach  dem  Nachweis  einiger 

arithmetischer    Widersprüche    des    Taurät:    ^^jJt  ...!  UaJö  JÖ5 

Ibid.  fol.  62  r   Oc^'  oU^  »js^  *]Jt  ^«X^^ji  i^^?^'  I^A**^ 
^^  JJI  vIjJoC Jl  ^^ytUJt  v'üJÜf  «5Ü3  jjLao  ^.^b  iü>jU>  iüublä  ä.>L^ 

f-  .  -  IM 

Ibid.  fol.  74  V    nach  Beendigung    der  Widersprüche   und  Ab- 
surditäten des  Taurat:    J.„j>a,gJl  tj^^  L^Ujj  (^b-^  r^  ''^ 

iJj.^  ^-i^y.-  ^.;  j  iüjLo  iü^^  ^Lä  juJoj  ^u  ^ü^y3...j^u 

^if^  »>^  ^'*^  -5'  ^^k^  (>v^=^'  er  (^  *^  ^^  g^j*^'  ^b 

o^'  o^  ^*^  ^  r^  15^^  ^  (^^*  *^'  "^^  o^  '^J^  j^ 

^iSs:.  äUI  u.  a.  m.     Nur  sehr  Weniges  wurde  durch  göttlichen  Rath- 

schluss  vor  Fälschung  verschont  und  dieses  Wenige  sind  die  Stellen, 
welche  Muhtunmed  aus  dem  Taurät  citirt  und  die  auf  diese  Weise 
erhalten  wurden;  ebenso  wie  auch  die  Fälschung  durch  göttlichen 

Rathschluss  geschah:   fol.  85 r   ^^äilht  ^bü  äW  ^t  liiT  Ulä  JcÄj 

^)  JjiÄit  ^l^b  ^^  e^t  i^Uxi^it  er  v!5ÜÄ^  i^\/  ^\}  er  J^ 

uy  ^^  iL^  cj^^^^t  ^^^^  er*  *''^'  ^^  ^  r^rN^i'  ^-^^ 

1^  Cod.  JJUjI.      Ibn  Hazm    hat    in  diesem  Passus  Stellen  im  Sinne,    wie 
Deuteronom.  19,21,  vgl.  Korftn  Sürä  5,49. 


3G8    Goldxüur,  über  muhammedanuche  Polemik  gegen  Ahl  cU-kitdb. 

Die  Anhänger  dieser  Richtung  verbieten  daher  dem  Muslim 
die  Beschäftigung  mit  diesen  falschen  und  gottlosen  Schriften 
(St.  S.  390),  die  Vertreter  der  ersteren  empfehlen  sie,  oder  lassen 
sie  wenigstens  zu. 

Wir  können  annehmen,  dass  alle  jene  Historiker,  welche 
historische  Daten  aus  dem  überlieferten  Texte  des  Taurat  schöpfen 
und  reproduciren ,  diese  mildere  Auffassung  theilen,  welche  auch 
in  der  muhammedanischen  Literatur  bis  in  die  neueste  Zeit  ihre 
Vertreter  hat.  Unter  den  hervorragendsten  Repräsentanten  der- 
selben wollen  wir  Ihn  Chaldün  nennen,  welcher  für  die  Annahme 
der  Interpretationsfälschung  gegen  die  der  Textesfälschung  offen 
eintritt.     Er  sagt  am  Beginne  seines  Geschichtswerkes  (Bd.  U  ed. 

Büläk):  s,^KM^j$\^  Nt>j^'  O^  ^]y^  )y^  ^Ulc  ^  J'Jü  U  L0I5 
^JJ^\  ^^  J^ftJ  U  ^  ^Ci.  ^!  JL5  Jüö  ^Lx>  S  r«^»>' 

«yju  Uit^  i^  »Uä^  i  l-  3I  ^JJLäs  L^  ^  j]lj!  L^LxT  ^\ 

Nach  Al-Makriz!  bezieht  sich  die  Fälschungsanklage  überhaupt 
nicht  auf  alte  Schriften,  sondern  auf  die  Mischna,  die  er  für  einen 
integrirenden  Bestandtheil  des  Taur&t  hält*)  und  mit  dem  Misne 
hat  -  torä  (Deuteron.  1 7,  is)  zu  verwechseln  scheint.  Während  der 
Exile  —  sagt  er  —  gingen  die  authentischen,  von  den  Königen  ver- 
fertigten Mischnaabschriften  verloren  und  wurden  durch  Hillel  und 
Schammaj  durch  andere  untergeschobene  ersetzt.  Darauf  bezieht  er 
Sürä  2,  75  ').  —  Al-Sahrastäni  bekennt  bezüglich  dieser  Streitfrage 
keine  Farbe,  sondern  erwähnt  beide  Auffassungen  neben  einander  *) ; 
auch  Al-Bej4&wi  giebt  in  seinem  Koranconunentar  an  mehreren  Stellen 
beiden  Ansichten  Raum,  ohne  sich  für  die  eine  oder  andere  zu 
entscheiden  *).  Hägi  Chalfä  hingegen  spricht  die  Vermuthung  aus, 
dass  die  Schriftbesitzer  die  in  den  Schriften  nicht  vorkommenden 
und  den  Islam  charakterisirenden  Religionsübungen  und  Dogmen, 
als  da  sind :  Gebet,  Fasten,  Armensteuer,  Wallfahrt,  der  Glaube  an 
das  künftige  Leben  und  die  Vergeltung  in  demselben,  selbst  fort- 
gelassen hätten,  und  dass  das  Tabdil  eben  in  diesen  Weglassungen 


1)  Vgl.  unsere  Anmerkung  S.  344. 

2)  Vgl.  FihrUt  I,  p.  t*r . 

3)  Kitab  al-Chitat  (ed.  Büläk)  II  p.  f  vO  . 

4)  Ed.  Cureton  p.  II0 ,  2  ff. 

5)  Ed.  Fleischer  I  p.  11 ,  1.  2,  p.  t*OA  ,  1.  9. 


OoUkiher,  über  muhammedam9eke  i\)lemik  gegen  AU  ol^hiM.    869 

bestehe  *).  Die  Ansicht  9ägi  Ohalf&'s  gehört  einer  dritten ,  wir 
wollen  sagen,  vermittelnden  Richtung  an,  deren  Anhänger  die  Text- 
fölschung  zwar  zugeben,  aber  dieselbe  nur  auf  einen  Theil  der 
Schriften  beschräÄen,  während  ein  anderer  beträchtlicher  Theil 
ungefälscht  überliefert  %%m  soll.  Sie  wird  in  dam  theologischen 
Werke  des  Averroes  *)  angedeutet,  unter  den  Polemikern  aber  be- 
sonders  durch  Abül-'Abb&s   al-§inh&^,    d^sen  polemisches  Werk 

•iL^4a«  xSU^I  ^^  by>UlJ  'xj^yi  <J\^   der  Verf.  S.  1>7  f.  ver^ 

zeichnet,  vertreten,  so  wie  auch  von  allen  jenen  Theologe^  und 
Polemikern,  welche  sich  für  die  Annahme  der  Textesfälschung  aus- 
sprechen und  dennoch  aus  den  geftlschten  Schriften  Beweisstellen 
für  die  Sendung  Muhammeds  herholen.  Diese  Beweisstellen  eben 
gehören  nach  ihrer  Ansicht  zu  den  intact  gebliebenen  Stücken 
der  theilweise  gefälschten  Bücher.  Vom  Standpunkte  des  Ihn 
l^azm  hingegen  können  und  dürfen  aus  den  Schriften  der  Ahl 
al-kitäb  in  ihrer  überlieferten  Form  keine  BewBisstellen  für  den 
Islam  geholt  werden.  Hingegen  sagt  al-^inhl^^  hierüber,  nach- 
dem  er  die  muh&mmedanisohen  Stellen  ans  dem  Pentateuche  und 

den  Evangelien  aufgezählt  hat :    J^cÄitit  ^j%  '^}^  r-^  ^^^  »^^ 

jUi  jLä  Ur  ^t  sJÜl^  ^t  ^yt  ^\J^  ^\  ^^jU^I  e5^l  ^ 

^W-^'  o^  r^'  o^  /^'  «iütxy'^  (^^\^\  o^jÄJ  u/  wy^ 

*  ^Uj^I  ^Uxj  u^-itjl  ^y\^0^\  U3b  c5;L.^t^  o^l  »).      Obwohl 

er  aber  zumeist  die  historischen  Erzählungen  der  Genesis  als  der 
Fälschung  ausgesetzt  betrachtet,  möchte  er  dennoch  einer  der 
Fälschung  zugänglichen  Schrift  überhaupt  nicht  viel  Zutrauen 
schenken.     Er  spricht  sich  hierüber  am  Schlüsse  seiner  Kritik  des 

Pentateuchs    in   folgender   Weise    aus:  ^^  ^'jj^  ^^  r^'  '»^ 

^  ^JJt  ^^t  ^\  ^t  5^^  ^^Uil  oyy  ^  Ja'LöJl  ^^^ 
JJU  L^  vX^j  lot^  ^^^  ^.xläi.  J^>  yjj  *üt  pbLT  ^.j^j^  j^ 


1)  Kasf  al-zanün  s.  v.  Taurät. 

2)  Averroes*  Philosophie  ed.  M.  J.  Milller  p.  97. 

3)  Al-a^wib&  al<föchir&  Buch  IV  Cap.  18. 

Bd.  XXXII.  24 


370    Goldstiher,  über  muhammedamsche  Polemik  gegen  Ahl  al-küäb. 


vXju  ^^^    ^) bl9  gJlftil  vXJ  ^.jLoftjJt^  HJÜ^I  vW  c)^  '^!;l^^' 

^1  ^t   Ja.  wJU.   ^jJtj   J^   ^y5=U  8b}Jb    iuil  s,,J^iX^\  lot 

^.■.m.ji^  y  *).  —  Als  Falscher  wird  entweder  im  Allgemeinen,  wie 
bei  Ibn  ^azm,  ein  ruchloser  und  ungläubiger  Mensch  vorausgesetzt, 
oder   Ezra    vJC^II  ,  ;U  (==  'iBlori  KpTy),  welcher  ein  J^L>  Jc>.^ 

genannt  wird*). 

Wir  bedauern  lebhaft,  dass  der  Verf.  in  seinen  bibliographischen 
Erörterungen  nicht  —  wie  er  dies  auch  im  Anh.  Vn.  gethan  hat 
—  auch  auf  eine  nähere  Charakteristik  des  Inhaltes  der  polemischen 
Werke  der  Muhammedaner  eingegangen  ist,  namentlich  derjenigen, 
von  welchen  auf  europäischen  Bibliotheken  Handschriften  vorhanden 
sind.  Es  wäre  dann  möglich  gewesen,  die  Stellung  zu  beurtheilen, 
welche  die  einzelnen  Schriftsteller  zu  der  Kernfrage  der  Polemik 
einnehmen.  Es  würde  zu  weit  führen,  wenn  wir  hier  die  Einzeln- 
heiten anfuhren  wollten,  auf  welche  diejenigen  Schrifisteller,  welche 
die  totale  oder  partielle  TextfUlschung  lehren,  ihre  Beschuldigungen 
basiren.  Die  dem  Ref.  vorgelegenen  Schriften  dieser  Art  behandeln 
bei  dem  Nachweise  der  Fälschung  vorzugsweise  die  erzählenden 
Theile  der  Bibel,  in  welchen  sie  sowohl  was  die  Zahlen  (nament- 
lich Lebensalter  der  Patriarchen)*),  als  auch  die  erzählten  That- 
sachen  anbelangt,  Unmöglichkeiten,  Widersprüche,  eines  göttlichen 
Buches  unwürdige  Obscönitäten ,  den  Patriarchen  tmd  Propheten 
zugeschriebene  tmehrenhafte  Handlimgen  hervorheben,  was  nach 
ihrer  Ansicht  unmöglich  in  einem  von  Gott  geoffenbarten  Buche 
gestanden  haben  kann.  Was  die  nachgewiesenen  Widersprüche 
anbelangt,  so  erinnern  diese  Nachweise  lebhaft  an  die  ersten  An- 
fänge der  Pentateuchkritik  in  Europa;  auf  jeden  Fall  dürfen  diese 
Nachweise  als  erster  Versuch  einer  solchen  Kritik  gelten.  Bei 
Ibn  Qazm ,  /  den  die  Späteren  in  diesem  Punkte  zumeist  nur 
excerpiren   und   paraphrasiren ,    füllen   diese  Nachweise    34  Quart- 


1)  lu  der  Leidener  Hd»chr.  unklares  Wort:    >J«-s . 

2)  Ibid.  Buch  11  Cap.  9  §  13. 

3)  Ibn  Kajjim  al-(iauzüj&  (Leid.  Ildschr.  nr.    1510  Tosta)   fol.  94  r. 

4)  Von  Methusalem  weist  z.  B.  Ibn  Ilazm  nach,  dass  er  nach  den  com- 
binirten  Angaben  dos  Pentat.  nothwendig  in  der  Arche  Noah*s  gestorben  sein 
muss.     Er  ist,  w.is  die  Kritik  der  Lebensalter  anbelangt,  überaus  weitläufig. 


Goldzihery  über  muhammedaniache  Polemik  gtgen  Abi  al-hüäb.  371 

blätter  bloss  für  das  A.  T.  ^) ,  deren  grösserer  Theil  sich  lediglich 
mit  dem  Pentateuch ')  beschäftigt,  gegen  welchen  er  57  Ein- 
wendxmgen  in  eben  soviel  Abschnitten  Jukod^   von   denen  mehrere 

in  ünterabtheilungen  zerfallen,  erhebt.  Hierauf  folgt  der  Nach- 
weis der  Ffilschung  der  übrigen  Bücher,  der  historischen,  prophe- 
tischen imd  poetischen^),  besonders  ausführlich  wird  der  Psalter 
bedacht  und  dessen  FlÜschtmg  aus  2,7.  45, 7.  lo.  87,5.  110,  i. 
Jerem.  82,  i    (was    als    Stelle    aus    dem    177.  Ps.  angeführt  wird), 


82, 1    (übersetzt :    ^   by*JJ  iJÜ!  v^ä-Sj^  i^J^t  j-*^?^  j  *^\  C^ 

a^^Ijum^),  89, 7.  27.  28.  80,  welchc  stellen  als  Blasphemieen  dargestellt 

werden,  begründet.  Die  Stellen  sind  falsch  angegeben  und  über- 
setzt, aber  es  verlohnte  sich  der  Mühe,  zu  imtersuchen,  welche 
Uebersetzung  den  citirten  Stellen  zu  Grunde  liegt  So  weit  Be£ 
sieht,  ist  es  nicht  die  des  Sa^adjä,  sondern  eher  eine  christlich- 
arabische uebersetzung,  was  besonders  aus  Stellen  ersichtlich  ist, 
welche  auch  in  der  christlichen  Theologie  von  dogmatischer  Be- 
deuttmg  sind.  Dass  er  überhaupt  nach  Uebersetzungen  gearbeitet 
hat,    ist   aus   folgender  Stelle  einleuchtend,   welche  sich  auf  Gen. 

3,  «4  bezieht:    ^^    ^jj^^J^\    ^kXh  ^A-^  \y^  o^'-5  ^^^^  '"^-5 

JäÄiui  U,ü  L^^  ^x>u  ^^  ^^Aoi^  J^Ut  ^^«::^^t  o^^^  ^^^ 
^  ki>  U^J^I  cr^  ^  o'  ^^^^  ^^  ^^   '  *^^  h^^  ^-^ 

*  \j>J>  UoS'  ^^y I  ^    ^t^  r^y^'  *^'      ^^    Proben ,    welche    ich 


1)  Bl.  46  r  —  84  V. 

2)  Derselbe    besteht    nach    Ibn  Hazm    fol.    79 v    aas     110   Blättern,     die 
Seite   zu   ungefähr   23  Zeilen,  jede   Zeile   faast  einige   zehn  Worte.     Das  Deu- 

teronomium  nennt  er  fol.  80  v    .|.XÄj!. 


3)  Von  dem  Hob.  L.  sagt  er  fol.  83 r    juÄ   »Uju«   ^^^juÄ^    .LÄ   ^c*-**^ 

Lm^I    J^4^  )y^^  ^it  ^t  ^^.  (^^»'i  vi;^^^  ^AäS^ vi^Jj-iJ 

ijftfla^wr  1  j^3  .  Das  Wort  .LA»  ist  mit  Imälä  (Ibn  Hazm  ist  Andalusier)  zu 
lesen.  Das  H.  L.  kommt  in  arabischen  Schriften  häufig  als  rt:^^  Ui^Lx^ 
vor,  vgl.  Rödiger  De  origine  et  indole  etc.  p.  83  Anm.  93.  Eine  häufige  Be- 
zeichnung ist  auch  oUmü  jl)   c\^^  . 

4;   Ibn  i'azm  ful.  48  r. 

24* 


372    OöUmkery  über  imtkammedaHÜehe  Polemik  gegen  Ahl  al-kääb. 

an  anderer  Stelle  aus  einer  auf  Nachbiblisches  bezüglichen  pole- 
mischen Partie  geliefert  habe,  kann  man  ersehen,  welche  Derbheit 
imd  Schonongslosigkeit  des  Ausdruckes  Ihn  Hazm  in  seiner  Polemik 
anwendet. 

Dieselbe  Methode  befolgt  auch  al-$inh&gt  in  dem  IX.  Abschnitt 
des  zweiten  Kiqpitels  seines  Baches ,  welches  sich  mit  der  Auf- 
zählung der  gefachten  Stellen  beschäftigt»  deren  er  in  Summa  18 
(A.  T.)  anführt  Er  citirt  die  Bibelstellen  im  hebr.  Original  mit 
arabischer  Transscription  und  verweilt  besonders  ausfährlich  bei 
den    sogen,    obsednen   Partieen.     Wir    el-fahren    durch  ihn,    dass 

die  Juden   diese  Stellen  mit  dem   Gollectiynamen   oL^i^uJi   be- 

nennen^);  ich  vermuthe,  dass  diese  Benennung  der  Bezeichnung 
^©ribts  tinaJÄ  entspricht,  welche  der  Tahnud  bei  ähnlichem  Anlasse 
gebraucht^.  Es  ist  bekannt,  dass  auch  Abulfeda  auf  Stellen 
dieser  Art  reflectirt  ^.  Dieselben  Stellen  sind  auch  bei  Ibn  Kajjim 
al-dauzijjä  tractirt,  den  ich  überhaupt  von  al-^inhä^  abhängig 
gefunden  habe.  Nur  der  Convertite  Jay&  b.  Ibrahim  al-Rakili 
(Si  S.  84.  83),  dessen  polemischen  Tractate*)  wegen  der  höchst 
interessanten  Momente  derselben  einer  eingehenden  Charakteristik 
würdig  wären,  geht  über  diese  Themata,  die  er  auch  berücksichtigt, 
hinaus  imd  reflectirt  namentlich  auch  darauf,  was  wir  heute  die 
in  den  Pentateuoh  hineingearbeiteten  Urkimden  nennen.    Namentlich 

geht  er  auf  den  Inhalt  der  aus  dem  „Kriegsbuch*^  ^JÜt  ^y3  ^\jS 

und    im  Namen    der    D-b^^ir,    ^jJLm-JI    citirten   Stücke    ein    und 

bemerkt,  dass  solche  Lieder  gleichgültigen  Inhalts  unmöglich  gött- 
liche Offenbarung  sein  können  *). 

Ausser  der  Fälschungsfrage  ist  in  der  polemischen  Literatur 
gegen  Ahl  al-kit&b  der  hervorragendste  Punkt:  der  Nachweis  der 
Bibelstellen,  in  welchen  von  Muhammeds  Sendung  und  von  dem 
Islam  die  Bede  ist.  Schon  im  Koran  Su.  7,  ne  wird  gesagt, 
dass  der  Prophet  in  den  Schriften  der  Ahl  al-kitab  genannt 
sei,    tmd    die  Traditionsliteratur   reflectirt   sehr    häufig   auf  diese 


1)  Al<a^b&  Bach  U  eap.  9  §  8  Vj^^^^Jl»^  jJj^  ^  ö^\j  ^1  öl^^l  j 

ol-LäJI  l^>^  Ht^yJ!  S  »>^  'N^^  «^  J^ '^)  o^i 

^1  ää^-mJ  otjJLj  vJLa^3  oULäJI  ^  S'.^XJ^  v^  «^Mj 

«^Ljö  2JÜI 

2)  Babyl.  tr.  Sanhedrin  fol.  99  b. 

3)  Historia  anteislamica  ed.  Fleischer  p.  f  • . 

4)  Hschr.   der  Wiener  Hofbibl.  A.  F.  nr.  58.     Der  Verf.   schrieb,    was  er 
auch  selbst  eingesteht,  ein  elendes  Arabisch. 

ö)  Bl.  17  a— b. 


Ooldzäier^  Über  muhammedanische  PolenUk  ff^en  Ahl  al-küdb,   873 

Voraüjssetzung.      Diejenigen    Theologen    nun,   welche    das    JusJuj 

als  durchgehende  Unterdrückung  des  orsprängliohen  Textes  auf- 
fassen, sind  mit  der  Ansicht  leicht  bei  der  Hand,  dass  der  in  den 
Schriften  vorkommende  Name  der  arabische  Name  des  Propheten 
war,  der  aber  mit  allem  Anderen  aus  den  Schriften  verschwunden 
sei.  Diese  Ansicht  ist  jedoch  nicht  allgemein  verbreitet,  sie  wird 
wohl  vom  gemeinen  Volke  häufig  ausgesprochen,  ist  aber  in  der 
Theologie  nicht  zur  Geltung  gekommen.  ,Es  ist  eine  vollends 
falsche  Auffassung*  sagt  Ihn  l^ajjim  al-Gauzijjft  „wenn  man  voraxn- 
setzen  wollte,  Juden  und  Christen  hätten  übereinstinunend  axif 
allen  Enden  der  Welt,  wo  sie  leben,  diesen  Namen  aus  ihren 
Schriften  ausgetilgt;  dies  behauptet  Niemand  unter  den  Gelehrten 
der  Muslimin, ,  auch  hat  All&h  nichts  davon  im  Koran  gesagt, 
ebenso  äusserte  sich  keiner  der  Genossen. und  Im&me,  und  nach 
ihnen  der  Korangelehrten  in  diesem  Sinne.  Es  kann  wohl  mög- 
lich sein,  dass  das  gemeine  Volk  durch  eine  solche  Auffassung 
dem  Islam  zu  helfen  glaubt,  aber  hier  gilt  das  Sprüchwort:  Der 
kluge  Gegner  kann  nichts  Besseres  wünschen  als  dass  ein  unwissen- 
der Freund  dem  Feinde  helfe.  Sie  missverstehen  nämlich  den 
Sinn  der  Koranworte  Su.  7,  im,  und  meinen,  der  im  Taur&t  und 
Ingil  vorkommende  Name  sei  der  bestimmte  arabische  Name,  dieser 
aber  findet  sich  in  jenen  Büchern  absolut  nicht  vor.  Was  erwähnt 
ist,  ist  die  Beschreibung  seiner  Eigenschaften  und  die  Zeit  seines 
Erscheinens** ^) ,  wie  es  denn  auch  undenkbar  wäre,  dass  in  den 
Schriften  der  Propheten  keine  Erwähnung  geschehen  sei  von  einem 
so  hochwichtigen  Ereignisse  „dessen  Gleichen  die  Welt  seit  ihrem 
Bestände  nicht  gesehen  und  bis  zur  Auferstehungsstunde  nicht 
sehen  wird**  ^).  Nichtsdestoweniger  hat  man  verschiedene  Namen 
genannt,  unter  denen  der  Prophet  im  A.  und  N.  T.  vorkommen 
soll  (St.  S.  325  A.  48),  und  wir  brauchen  betreffs  der  hierauf 
bezüglichen  Traditionen  nur  auf  Sprenger's  trefflichen  Excurs 
(Mohammad  Bd.  I  p.  155  ff.)  zu  verweisen.  Die  Muhammedaner 
sind  betreffs  der  Namen  derselben  Ansicht  wie  die  jüdischen  Aga- 
disten,  welche  den  Lieblingspersonen  der  biblischen  Geschichte 
gerne  mehrere  Namen  geben  und  in  der  Vielheit  der  Namen  eine 
Bevorzugung  finden').  Es  giebt  verschiedene  Ansichten  über  die 
Anzahl  der  Namen  des  Propheten.  Die  Angaben  varüren  bis  zur 
Höhe   von   tausend^).     Unter   den   aus  der  Bibel  als  in  derselben 


1)  Hdschr.  der  Leidener  Bibliothek  cod.  1150  Testa  fol.  35  v. 

2)  Ibid.  fol.  45  r. 

3)  Exodus  rahhk  sect.  40.  Elias  hat  4,  Bezalel  6,  JÖBua  6,  Moses  V, 
Mordech^  2,  Daniel  5,  Chanai\|a,  Mischael,  Azaija  je  4.  Auch  f&r  Abraham 
werden  anderwärts  verschiedene  Namen  angelÜhrt. 

4)  Vgl.  201  Namen  bei  Dom,  Das  Asiat.  Musen»  in  St.  Petersb.  p.  218. 
300  Namen  bei  Al-Fanlüri  Encyklopädie  (N.  F.  nr.  7  der  Wiener  Hofbibl.) 
Bl.  76  V. 


374   -OMmker,  über  muhcnnmedanüche  Polemik  gegen  Ahl  ai-kUäb. 

angeblich  vorkommend  angeführten  Namen  ist  nur  der  des  Parakleten 
aus  dem  N.  T.  sicher.  Ausserdem  werden  aus  dem  A.  T.  nament- 
lich   aus  Jesaja   und   Daniel   Stellen    angeführt,    in    welchen    die 

hebräischen    Aequivalente    von    Ju^    und    Ju.^!    enthalten    sein 

sollen.     Die    im  A.  T.   vorkommenden  Benennungen    sollen    sein: 

;Lc  jU  oder  o^/i  o^   (=  nfc^M  nfc^tt  Si  S.  827)  in  der  Bedeutung 

v.,^!»  wuJ^  wie  gewöhnlich  erkl&rt  wird,  oder  wie  Andere  — 
darunter  K&müs  —  meinen  ^jJu>l\  iJUJ!  OULÜ  ry^  *)•     Andere 

urgiren  die  Lautähnlichkeit  dieser  hebr.  Worte  mit  dem  Namen 
des   Propheten  ^),    Ein   anderer   alttestamentlicher  Name   des  Pro- 

pheten  soll  sein :  Üxm.^-  (Ka*b  al^al^ibar),  und  die  Bedeutung  dieses 
räthselhafben  Wortes  wird  umschrieben:  q^  /^♦H^  ^-^  «^"^  cr 
J^i:5^I  s^Joy^^^  J.j5^I,  Auch  der  an  den  eben  erwähnten  an- 
klingende Name   ÜlJx*.>>   wird  überliefert   (vielleicht  Anklänge  an 

aram.  Formen,  wie  etwa:  «n''5an,  KSn^an).  Ein  anderer  Name  soll 
yXfpA  sein  mit  der  Bedeutung  v.i-y*J|  ^^1  „j,^uua3ÄJ!  >«^^5>Lo  (vielleicht 

^*30  ^''"'?*)5  ferner  L^  ^  und  das  unverständliche  unerklärte  ^^^  *). 
Auch  der  Name  ^sä^^  wird  erwähnt.  In  einer  schlechten  Para- 
phrase von  Jes.  42  wird  v.  3.  4  in  folgender  Weise  wiedergegeben : 

^1  XiAjutoJt  'iJiioil^  ^  er^'  •  ^^^^^  fJü^  soll  in  der  übrigens 
total  muhammedanischen  Stelle  der  Name  Muhammeds  sein:   t^j^^ 

'^l^li  ^^  j.yCo  ^;^  saSjlJI  ^UJ!^  iU^puJ!  ^^^b  gL;^ 

Aus    der    im    weiteren   Verlauf   aus    Ihn   Kutejbä    citirten    Stelle 


1)  Das  im  Catalog  der  Uammerschen  Bibliothek  orientalischer  Druckwerke 
falschlich    als    |»LLo^I   \mj\jS  von  öähiz   angegebene   türkische  Werk    (Bülak 

1245)  p.  Iv. 

2)  Ibn  Kiujim  fol.  56,  vgl.  Kobak's  Ztschr.  Bd.  IX  p.  28,  wo  ich  die  Stelle 
in  extenso  mitgetheilt  habe. 

3)  St.  S.  329. 

4)  Ibn  al-lm&d  fol.  328  v. 


Gokbuhett  ^^  mtihammedanUche  Polemik  gegen  Ahl  al-kitdb,   375 

ist  ersichtlich,  dass  hier  ein  hebräisches  Wort,  etwa  na^Ta  zu  Grande 
liegen  müsse,  wovon  aber  in  jener  Schriftstelle  keine  Spur  vor- 
handen  ist:    iolj  /JÜ  Juil  \^jÄj  ^\  \^^\J  li!  LPti  lÄft^  oA*rf 

«5^  ^  JU^  g^ft-Ä^  Läää  Ou^  ^I^  ^).     Auf  die  Stellen  des 

A.  und  N.  T.,  aus  welchen  die  muhammedanischen  Polemiker  die 
Sendung  Muhammeds  herleiten,  reflectirt  der  Verf.  S.  326 — 29 
nach  Sa^d  b.  Mansür,  welcher  eine  Refutation  gegen  diese  Be- 
rufungen schrieb.  Im  Ganzen  sind  die  dort  aufgezählten  Stelleil 
an  Zahl  neun.  Diese  Zahl  erschöpft  bei  Weitem  nicht  die  Stellen, 
welche  die  polemischen  Schriftsteller  aus  der  Bibel  anführen.  Am 
ausführlichsten  unter  den  mir  bekannten  ^  polemischen  Schriften 
beschäftigen  sich  al-^inhägt,  Ihn  J^^iyjim  al-Gauzijjä  und  der  christ- 
liche Convertit  aus  Majorka  *Abd  Allah  al-tTar^fumäni  ^)  mit  diesen 


1)  Ibn  Ki^jim  fol.  69  v.     Vgl.  auch  Nöldeko,  Goscb.  d.  Qorans  p.  7. 

2)  Sein  polemisches  Work   w^aLoJI   J^i      JLfi  oJt   ^j  V^^l   \SL^^ 

bt  bei  St.  S.  34  verzeichnet.  Es  ist  sehr  reich  an  interessanten  persönlichen 
und  historischen  Daten,  von  denen  ich  hier  einige  hervorheben  möcht«.  Von 
seinem  Uebertritt  zum  Islam  sagt  er,  dass  sich  seine  firtiheren  Koligionsgenossen 
darob  bekreuzten  und  Heirathslust  als  Motiv  unterschoben:  (fol.  17  r  Cod.  Leiden 


432  Warner)    ww5>  ^1    iJ^      JLfi  sLtS^  U  i^lij    ^^y^^   \!Ls.  I^JUa» 

„^lÄJ   ^  IjuX>a£  (^MuyMfJÜt  ...l3  ^^jÄit .     Er   studirte   in  seiner  Jugend   in 
Bologna    und    schildert    das    dortige    Studentenwesen    fol.    9r:       ^äxj)    «LX^^ 

*  ^Jlt  C)^ V^  <^'^'  LT;^^*^'  ^'   r*^  (•^^^  >5  j^'  •     Vom  Sultan 
Abö  FÄris  *Abd  al-*aziz  in  Tunis  erwähnt  er  unter  Anderem  Folgendes  (fol.  25  v) 

^^  ^ß  ^  ^\  vW  ^}^  J^\  Nii'/J  »»^  »>*  ^5  j^5 
^  »^  j_,^_^  ^.,t  ^U  JJ-  ^  LP3  ^Up  wiJ!  /i*  ^c^b  K»y^\ 


376    CMdstikm',' über  muhammedanuehe  Polemik  gegen  AM  aUaiäb. 

Stellen,  welche  al-^inhä^  in  grösster  Fülle  anführt.  Er  zählt  in 
Bumma  51  Bifoelstellen  auf,  die  er  in  total  yerdorbener  lieber- 
Setzung  ansfuhrlich  mittheilt  und  mit  je  einem  kürzeren  oder 
Ifiiigeren  Excm^e  über  deren  Anwendung  auf  Muhammedanisches 
begleitet  Ich  will,  da  diese  Beweisstellen  von  Hm.  St.  zur  Sprache 
gebracht  worden  sind,  hier  kurz  zusammenfassen,  welches  die  be- 
rufenen Stellen  sind,  mn  seine  Angaben  dadurch  zu  ergänzen. 
Sie   bilden  den  ausschliesslichen  Inhalt  des  4.  Kapitels  vom  Kit&b 

al-agwib&,  welches  die  Ueberschrift  trägt:  *yül  w^:^  q*  ^'-^  '-^ 
äj^LjuJj  ^.|5jiL5"  ^ÄiSU^UJ  ^\^  ^«JiiAö  LU.J  H^j  LLLO  )L^  ^^ 
^^^Jüu^  KÜt  ^^,     Ich   zähle   die  betreffenden  Stellen   nach   der 

von  Al-9inh&^l  befolgten  Reihenfolge  auf:  (1)  Genes.  17,  i7 — 20. 
(2)  49,10.    rf:v»j  übers.  JjJl  J  ^^S^\.  —  (3)  Deuteron.  18, 15. — 

(4)  18.  19.  —  (5)  Genes.  16,8 — 11.  —  (6)  Gen.  21, 13  übers,  ,3t 
uivft,;  ^  ijy  X».^>g  )Lfi)i  J^Afil-M-l  irf5Uj|  ^\j>' .  —  (7)  Deuteron. 
33,  2    M  oJixJU  ^.A^  yX^  Ji  ^  JJt  ^l^  ^   J-x>  ^.,1^L5^ 

ujLä>ü!  J^!  vJjUjU  iÜL^  ^r,U3 viJ.^\Äj^ .     Nach  Tofefat 

al-anb  Bl:  114  v  ist  ^^^-jOUI  iLiüU*i!  ^jL<^  ^  J^^  ^\  ^^^\JJ> 


j^Ui^tj  otoLjJI^  /jd\^  H^LoJl  iü^b:*  tjJjiÄ/i  o^U>5  JÄJÜI3  ^t 
viy:^  ^  8Js^  ici^  liL^I  l^JLc  .juS^!  xJil  ^j^JJI  ^^  ^L»LJ! 

<  iJÜt   /k^UI  (,25cSi3   ^^^£3  L^j:|;b   'ayjjuc^   C1-^^3  O^'*^^  *     ^  demsolben 

Jahre,  in  welchem  'Abd  AlUh  schrieb  (823  H.),  gründete  der  Fürst  ein  Hospital 
r..lJCM.Lo)  für  fremde  Muhammodaner  und  vorsah  es  mit  frommen  Stiftungen; 
es  war  das  erste  in  Afrika  (fol.  27  r).  Vor  Abu  Färis  war  die  Seifonfabrikatlon 
ein  Monopol  des  Aerares;  er  gab  diesen  Industriezweig  frei;  fol.  28 r  Jim«>c  ^W|^ 

1)  8.   über   die  muhammodfijvlsche   Anwendung   dieses  Verses   Nöldeke   im 
.Orient  und  pcddept  11  p.  651.. 


€Mdsdk&r,  über  mukammedamgdte  Polemik  gegem  Abi  MdtAb.    377 

Vgl.  Si  nr.  3.  —  (8 — 18)  Die  Parakletstellen  aus  den  Johanneischen 
Schriften   des  N.  T.  —   (19)  Ps.  39,2.  4 — 7   mit   der  Bemerkung: 

^  wl3  ^.,t j^b  ^-U^t  ^j^  iU^l  bJ^  ^Jl  *JU;  nJJI  ot^  ^rf 

;^\  ^'^\  KJL^>  ^  L^  jj  nJÜI  ^1^  ikX^I^  S-A-^ .  —  (20)  Ps. 
48,2,— so  übersetzt:  ^j^Jö  U^^il  iL^y>  j,^  O^^  ^•-Joä  ULj^  ^.^t. 

iE. 

In  o^M^  soll  Muhammeds  Name  angedeutet  sein,  der  zweite  Vers- 

theil  deutet  auf  Mekka  hin.  —  (21)  Ps.  72,8 — 15  in  freier  und 
gekürzter  Uebersetzung.  —  (22)  Jesaj.  42, 11 — 12.  —  (23)  Ps.  2, 7 — 9. 
Es  ist  bemerkenswerth ,  dass  diese  Psalmstelle,  welche  hier  als 
Beweisstelle  für  die  Sendung  Muhammeds  angeführt  wird,  bei  Ihn 
9azm  unter  den  blasphemischen  Aeusserungen  gegefi  Gott  und 
mit  als  Beweis  für  die  Fälschung  figurirt  s.  oben  S.  371.  —  (24)  Ps. 

8,  5—7  übers.  nI^S^  Äiy t  ^^  JJt  ^Uo^tj  iJSo  ^^  JJl  J^  Jt  er 

w5sJiJL5-  j;^««^  ^^  A^dLoj  Jl>\J!3  oUUüt  und  auf  Muhammed 
bezogen.  —  (25)  Jesaj.  21,  6 — 9  sehr  zusammengezogen.  Besonderes 
Gewicht  wii*d   gelegt  auf  niisn    as^   und   bm  M*i  v.  7:    \^^^\^ 

^^=^^^'  ^  ü^  (**  g-ft-^'  o^  }*^  vy>  g^k«*i'  1-^  cy 

(cod.  oU<ot)  |>U>ol  Jai>~l  ^  Ju^j  Vj^'  l*^W  '^  )W^  O-^l^  jJ^ 
'  L^jAtj  Jju .  —  (26)  Jes.  60, 4—7  JuöjsO"  ^  L^  oU<aJI  »X»ji 
ö^äUi-t  ^j*  ^^t  L«Jt  g^^  ^^^.äJI  ^L5^  L^  vaJL^  ü^  ^1 
Uil  ,**L«*JI  tj^^  L}L^5  Llj^  ^Ij,  Jj^ill  ^J5  oJu-a  ^U«>{ 

i^^JlkJt  y>3  Uü>  ^JLO  ^y^i  ^wülo  JC4.^=wi  Ju^a>.  —  (27)  Jes. 
54, 11—15.  —  (28)  Jes.  49, 1—5  gekürzt,  v.  5  Sai  m^:  \r!?3  1?2»1 
ist  übers.  ^>^  (^J^  l^^45  Vj^'  '■^^**'  '^-^^  ^-^ .  —  (29)  Jes. 
54,1 — 3  ^73731»  -«ia  «==  öjü::^!  »i,UJl  JÜ..  sind  die  Nachkommen 

Hagar's  und   iJ^iLÄ^!  0J5    die  Nachkommen   Sara's.  —    (30)  Jes. 

42, 1.  2.  7.  8.  10.  In  dieser  Versgruppe  soll  gleichfalls  die  ausdrück- 
liche Nennung  Muhammeds  enthalten  sein,  nämlich  in  den  Worten, 


378    Cfoldaiker,  ^Ufer  muhammedanUche  Polemik  gegen  Ahl  al-kUdb. 

statt     ^waät  entsprechend  dem  hebr.  Text :  y^j^^  ^^P,'?  ^^^  unsere 

Hdschr.  J^^t   und  es  ist  sicher,   dass  al-§inh.  diese  LA.  vor  sich 

hatte,  da  er  auf  dieselbe  in  seinen  Ausführungen  die  Beziehung 
dieser  Worte   auf  Mekka  begründet   —    (31)  Jes.  35,  i.  2.     Auch 

hier  ist  Erwähnung  des  Namens  enthalten:  Ju^^b  .  haV  1^13 
^UJ  (cod.  ^^^Läj)  i^ywb^.  I)ie  Prophezeiung  wird  auf  Mekka 
bezogen.  —  (82)  Jes.  41,8 — le  zusammengezogen;  zum  Schluss: 
(bVrtnn)  !jl^  ^^^ojj  JüJ^  f^«^*  v^lj .  —  (33)  Eine  angebliche 
Jesajastelle,  an  die  wohl  kaum  ein  Anklang  nachzuweisen ;  sie  soll 
lauten:  uj5y^l  v-jJt  (j-^^Jö  L  vX*^  L  \Ok^t^  <rf5U^i  vi>JLju:>-  ^\ 
^>Ji\  Q*  <^>^^>^  —  (34)  Jos.  54, 1.  Wiederholung  von  nr.  (29).  — 
(35)  Jes.  9, 5—6  iC^L-^Jt  ^^  ^-jL^bLt  o^-i>t  ^  ^„^s 
iu^Äxi"  ^^  ^^t  H^xJt  ^13-  (so  übersetzt  er  n*iiD73n).  —  (36)  Aus 
Jesaja  citirt :  Jus»-!  tf«:!^  (^^v-v*^-  jX^l  wo  also  gleichfalls  nominelle 
Erwähnung  des  Propheten.  —  (37)  Jes.  52,7  übersetzt:  Uju-«*  üi 
lA.^  o^  JbJl  oijt!  ^  wo  Muhammed  dem  hebr.  ^ten73  ent- 
sprechen soll.  —  (88)  Jes.  43,  20  jLä^^  uj^— *Jt  ^  ic-^-^ 
2Ü^  Xo  ^3v>4il  ^^^  r^^'^  L53'  ^>^^  L5;'Ti^W  (cod.  bV,L>A]l^) 
f^  O^  O^  *^^^'  «^  ^yiuöt  ^-  wl  ^(3  jticaJt  jilif:  Jo^^j 
^:il .  —  (39)  Jes.  60, 1—4  wird  auf  Mekka  und  die  Wallfahrt 
bezogen.  —  (40)  Hosea  12, 1   übers,    t^  Jüj  Oj^-JSj  J^'y-I  j^ 

liegt  die  LA.  b»  D?  1*i  1?  statt  der  lectio  vulgata  b»  er  T^  nr 
zu    Grunde;    ebenso    Peschit.    jol^j  OfiO^  N  ^  ty  J  v>^  v       Unter 

dem  Volke  Gottes  sind  die  Araber  zu  verstehen.  —  (41)  Habak. 
3, 3 — 12   zusammengezogen ;    in   die    arab.   üebersetzung   wird   das 

Wort  yX^^   zweimal   eingeschmuggelt.   —    (42)  Jes.  2, 2.  3    Micha 

4, 1.  2  wird  auf  die  Ka^ba  und  auf  den  Berg  'Arafat  bezogen.  — 
(43)  Ezech.  17,  eff.  sehr  frei  übers.  —  (44)  23,22 — 25  zusammen- 
gezogen und  auf  die  Schlacht  bei  Badr  angewendet.  —  (45)  Eine 
angebliche    Danielstelle,     die     nicht     nachweisbar     ist;     in     der- 


'Ooldsdhtr,  über  muhammcdaräache  Polemik  gegen  Ahl  al-kUdb.    379 

selben  wird  Mohammed  genamii  —  (46)  Dan.  2,  si  ff.  tendenziös 
umgestaltet;  das  vierte  Reich  ist  das  des  Muhammed.  —  (47)  7,  s  ff. 
Die  10  Homer  des  vierten  Thieres  sind  die  Genossen  des  Pro- 
pheten. —  (48)  10, 4  ff.  sehr  frei  umgestaltet  und  in  muhamme- 
danischem  Sinne  gewendet  mit  sehr  nachdrücklicher  Beziehung  auf 
das  Auftreten  des  Islam  zum  Schluss.  —  (49)  Aus  dem  N.  T.  mit 

der  Einfahrung  ^^^\  0^-^bLjJl.  JoU^  y^lif  j  l-.^-5>>-J  vJL3 

^jm>,xj,mS\Ju,  —  (50)  Jerem.  5,  lö.  i6.     ,Das  Volk   von   der  Feme* 

soll  das  arabische  sein.  —  (51)  Jes.  46,  9 — ii  Oc«h^  j^  r^^'  '"^ 

Jw>j!.^I  ^  ^•JLit  ^c  jt^Li^il  »vXJt  ^  iü^  ^.     Die   Zephanja- 

stelle  (St.  nr.  8)  wird  bei  Al-§inh&^  nicht  angeführt  —  Die  Ueber- 
setzung  und  Anwendung  dieser  51  Stellen  rechtfertigt  das  Urtheil, 
welches  Sa^d  b.  Man§ür  (St.  p.  328)  über  die  Beweisstellen  der 
Muhammedaner  fällt;   namentlich  passt  es  auf  die  Art,   yne  jeden 

Augenblick  ein  Ju.^  oder  ou.>t  in  den  Text  geschoben  wird. 

Das  Vorhaben,  von  welchem  Hr.  Si  bei  Abfassung  des  vor- 
liegenden Werkes  ausgegangen  ist,  ist  mit  S.  101  und  den  auf 
diesen  Theil  bezüglichen  Nachträgen  erledigt.  Der  Verf.  bietet 
jedoch  noch  ausser  diesem  Haupttheile  bis  S.  388  sieben  höchst 
dankenswerthe  Excurse,  welche  sich  naturgemäss  in  den  Rahmen 
seiner  Arbeit  einfügen,  und  deren  Ausführung  mit  Recht  in  diesem 
Zusammenhange  unternommen  worden  ist  Wir  sind  dem  Verf. 
zu  besonderem  Danke  verpflichtet  dafür,  dass  er  dieselben  nicht, 
wie  manches  Andere,  zurückgehalten  hat.  Anh.  IQ — V  schliessen 
sich  ganz  eng  an  den  Kern  des  Werkes  an;  sie  enthalten  die 
Bibliographie  der  drusischen  Polemik  gegen  Christen  und  Juden, 
Apocalypsen  mit  polemischer  Tendenz,  sowie  in  arabischer  Sprache 
gehaltene  Missionsschriften  (zum  Theil  aus  occidentalischen  Spra- 
chen übersetzte),  welch  letztere  ihrer  Natur  nach  gegen  das  Be- 
kenntniss  derer,  für  welche  sie  bestimmt  sind,  polemisch  auffcreten. 
Diese  Anhänge  führen  die  im  Werke  beschriebenen  Schriften  bis 
Nr.  182.  Anh.  I  bietet  die  Literatur  über  den  sogen.  Bund  Omar's 
mit  den  Ahl  al-kitab  (S.  166 — 187)  in  grosser  Ausführlichkeit  und 
mit  besonderer  Ausscheidung  der  späteren  untergeschobenen  Tractate 
dieses  Inhaltes.  Wie  Druck  Gegendruck  erzeugt  und  Action  Reaction 
zur  Folge  hat,  so  schHesst  sich  auch  der  muhammedanischen  eine 
antimuhammedanische  Polemik  an.  Die  Bibliographie  der  christ- 
lichen Polemik  gegen  den  Islam,  sowohl  der  offensiven  als  auch 
der  defensiven,  ist,  soweit  dieselbe  in  arabischer  Sprache  geführt 
wurde,  in  den  Haupttheil  des  Werkes  mit  aufgenommen  und 
alphabetisch  eingeordnet  worden.  Was  an  christlicher  Polemik 
gegen  den  Islam  in  occidentalischen  Sprachen  bis  zur  ersten  Hälfte 
des  XVin.  Jahrb.  geschrieben  wurde,  ist  im  Anh.  VI  bibliographisch 
zusammengestellt   (der   auch  S.  227 — 234    einen  Excurs   über  die 


380    CMdmker,  über  muhammedcmifehe  Polemik  gegen  Ahl^al-küäb. 

Idtesten  Koranübersetzungen  einschliesst).  Die  chronologische 
Schranke,  die  sich  der  yer£  selbst  gesetzt  hat,  yerhinderte  ihn  auf 
christlich-polemische  Werke  unseres  Jahrhunderts  Bezug  zu  nehmen; 
z.  B.  Charles  Forster's  Mahometism  unveiled  (1828),  in  welchem 
Daniel  8,  ss  (d3B-t?  "TfbTa)  auf  Muhammed  gedeutet  wird  (vgL  St 
849.  351  jüdische  Polemiker).  Die  antimuhanmiedanische  Polemik 
des  durch  seine  Umtriebe  gegen  Frankreich  berüchtigten  italienischen 
Missionars  in  Persien  Leopold  Sebasüani,  welcher  auch  das  N.  T. 
ins  Persische  übersetzte,  von  welcher  Arbeit  er  in  der  Einleitung  zu 
seiner  Ausgabe  des  N.  T.  (London  1807)  sagt:  quam  eo  labore  ac 
studio  perfeci  ut  ipsorum  Persarum  judicio  non  dubitem  asserere, 
tersiori  stylo  persice  conscribi  non  posse,  praevia  diasertatione 
de  chriatianae  reltgümis  veritate  deque  sacrarum  liäerarum  sin- 
cerücUe  quas  Muhammedani  a  Juaaeis  et  Chrisdants  vitiatos 
credunt  *),  hätte,  da  einmal  der  Verf.  die  auf  dem  Titelblatt  gesetzte 
Schranke  durchbrochen  hat  (S.  393.  407  werden  persische  Schriften 
aufgezählt),  unter  den  christlichen  polemischen  Schriften  gegen  den 
Islam    erwähnt    werden    müssen.     In   dieselbe  Reihe   gehört   dann 

auch   das   polemische  Werk  u.   d.  T.   ^jj^.  c^-«äo*)   verfasst 

von  dem  des  Hebräischen  sehr  gut  kundigen  Historiker  Ra^id 
al-Din  (st.  1318;  Biblioth.  Nationale  Paris  Nr.  356).  Für  ein  Bei- 
spiel jüdisch-persischer  Polemik  gegen  den  Islam  verweise  ich  auf 
de  Gobineau's  Les  reügions  et  les  philosophies  dans  l'Asie  centrale 
(Paris  1865)  p.  37.  Muhanunedanische  Polemik  gegen  Ahl  al-kitab 
ist  auch  in  türkischer  Sprache  vertreten;  z.B.in  Sarrä^  b.  *Abd  Allah's 
Magma' -i-la(&'if^).      In    der  Au£sählung    der   in   occidentalischen 


1)  Joamal  des  Savants  1819  Avril  p.  215. 

2)  Qoatrem^re*»  Ausg.  von  Raschid  el-Din,  Histoire  des  Mogols  de  la  Porse. 
Introd.  p.  LXf. 

3)  Hdschr.  der  Wiener  Hofbibl.:  Mixt.  nr.  708  Kap.  IV  und  V  (überschrieben: 
O*^  Cy^  wi!^^^  C5^^^  {jj^^  O'^^J-y^^  O"^"*^^'^  O'^l'^ 
y  wXÜUj  ^  JjJ^  8^:151  j^jjj  w^^üt^  L^^M:^^  *  J^O  ^°  nament- 
lich den  Juden  gegenüber  die  Sabbath-,  Kiblft-  und  Abrogationsfrage  (vgl.  St. 
p.  822  ff)  besprochen  wird  und  die  Möglichkeit  der  Abrogation  augeblich  mo- 
saischer Gesetze  damit  motivirt  wird,  dass  die  Echtheit  derselben  nicht  verbürgt 
ist.     In  Bezug   auf  die  Verlegung  des  Sabbathtages ,  botrofls  welches  die  Worte 

Moses*  ijoJS\^  ^\y^,m,i\  v£>w«k>   Lo   Ijut    v^^wA^b   I^Xma^'  citirt  werden, 
sagt  der  Türke;   ^^J  iOj  ^  ^  ^^yA    Ijj  ^vXl/O  oL«  ^^^t   ^i^O 


Ooldziher,  Über  muhammedcmigehe  Polemik  gegen  Ahl  al-hUdb.    381 

Sprachen  geschriebenen  KontroYersschriften  vor  dem  XVlll.  Jahrh. 
fehlt  uns  jedoch  recht  fühlbar  die  Disputation  des  Manuel  Palae- 

m  ^    t 

ologos  mit  dem  muhammedanischen  Movragi^VS  (u^>^)>  welche 

der  Hellenist  Hase  bekannt  gemacht  hat^),  vielleicht  das  einzige 
noch  heute  sachlich  interessante  Stftck  dieser  Literatur,  in  welchem 
auch  auf  frühere  polemische  Werke  der  Byzantiner  gegen  den  Islam 
Bezug  genommen  wird,  so  namentlich  auf  ein  polemisches  Werk 
des  Johannes  Cantacuzenus,  das  mit  vielem  Lobe  erwfthnt  wird^). 
S.  220  s.  t  Andrea  Abdalla  Maurus  ist  die  französische  üeber- 
setzung  von  Guy  le  Favre  de  la  Boderie:  Confusion  de  la  Secte 
de  Mohammed  (Paris  1547,  vgl.  Not  et  Extr.  IX  p.  110)  zu 
ergänzen. 

Eine  besondere  ausführliche  Monographie  bildet  Ayihfi.ng  vn. 
^Jüdische  Polemik  gegen  den  Islam*  (S.  244 — 388),  welche  das 
ganze  Buch  beschliesst  Jüdische  Polemiker  und  Apologeten,  die 
in  arabischer  Sprache  schrieben,  sind  dem  Plane  des  Buches  gemSss 
bereits  im  Haupttheile  vorgeführt  worden  (Nr.  19  Sa'd  b.  Mansür, 
Nr.  24.  Jehüda  hal-L6wi,  Nr.  75  b.  Samuel  b.  Chofiii,  Nr.  120  b. 
Samuel  han-Nligid,  in  diesem  Theile  ist  Maimonides  nicht  mit  auf- 
genommen). In  genanntem  Anhange,  in  welchem  zu  dem  Verdienste 
einer  genauen  Bibliographie  das  einer  in  allen  Punkten  lehrreichen 
literaturgeschichtlichen  Darstellung  hinzukommt,  ist  die  Entwicklungs- 
geschichte jüdischer  Polemik  gegen  den  Islam  mit  ausführlicher 
Charakteristik  der  in  Betracht  kommenden  Bchriften,  der  rabba- 
nitischen sowohl  yne  der  karäischen,  in  der  chronologischen  Ord- 
nung, die  auch  dem  Haupttheile  zu  grösserem  Yortheile  gereicht 
hätte,  geschildert  Der  eigentlichen  Literaturgeschichte  der  Polemik 
geht  eine  mit  erschöpfenden  Nachweisen  begleitete  Abhandlung 
über  alle  Namen,  unter  welchen  Araber  und  Mohammedaner  in 
jüdischen  Schriften  vorkommen  (8.  248 — 273)  voraus,  worauf  eine 
Zusanunenstellung  der  Stellen,  wo  in  Gebeten  und  in  der  gottes- 
dienstlichen Poesie  auf  Muhammedaner  Bezug  genommen  wird, 
folgt  (S.  274 — 301),  um  nach  einer  Darstellung  der  Themata, 
welche   den  jüdischen  Theologen  zum  Anlasse  der  Polemik  gegen 


(foL  37  v).  Den  Chmten  gegenüber  greift  er  die  Anschauung  an,  wonach  ...Ol  .Loi 

luu^^t  vjLjt  J*,   idjs^  viiüib  iS  (fol.  41) . 

1)  Not  et  Extr.  Vni.  U.  p.  323  ff. 

2)  I.  c.  p.  328.  333.  Ich  mache,  weil  in  den  Rahmen  dieser  Abhandlung 
besonders  hinein  gehörend,  auf  die  p.  339  gegebene  Charakteristik  der  von  den 
Muhammedanem  benutzten  arabischen  Bibelüberselrangen  aufmerksam. 


382    OokUdkert  über  muliammedanüelie  Polemik  gegen  Ahl  al-kädb. 

Muhammedaner  dienten,  auf  die  Literaturgeschichte  dieser  reichen 
Polemik  zu  übergehen.  Es  ist  zu  bedauern,  dass  sich  der  Verf. 
zu  Ende  dieses  Theiles  wegen  der  ,,ungeahnten  Ausdehnung  dieses 
Anhanges*'  (S.  349)  etwas  zu  knapp  zu  fassen  gezwungen  war. 
Aus  demselben  Grunde  ist  auch  wahrscheinlich  ein  Anhang  ViJi, 
worauf  S.  248  A.  9  verwiesen  wii*d,  unterdrückt  worden.  Die 
Abhandlung  enthält  auch  manche  beachtenswerthe  Bemerkungen^ 
die  vom  Standpunkte  eben  obschwebender  wissenschaftlicher  Fragen 
von  Interesse  sind.  Wir  erwähnen  nur  S.  344,  wo  eben  in  diesem 
Augenblicke  interessirende  Nachweise  über  Fälschungen  des  karai- 


m    ^  ^  i 


tischen  v.^^uajüüo  Firkowitz  geliefert  werden. 

Es  mögen  zum  Schluss  noch  einige  Bemerkungen  über  kleinere 
Details  folgen:  S.  29  flF.  nr.  12  ^Uj^I  ,^^  ^  O^J^'  "^^ 
sollte   Cod.   Gothan.   Möller  Bd.   I   p.  84   nr.  152   qL^jJI  V^^ 

Ml 

viJULJl  J3^  Q^  vS  ^^aXUl^  \^y^\  S6^  i^'  ^y**^\  mit  in 
Combination  gezogen  werden.  —  S.  42  nr.  21  ^t  iLÄj  Jüt  Jl^  . 

In  dem  Handschriftennachweise  zu  ergänzen  der  Leidener  Sammel- 
codex in  foL  Sujüti'scher  Abhandlungen  Nr.  474  Warner,  wo  dieser 
Auszug  mit  enthalten  ist.  Ref.  hat  aus  demselben  in  seiner 
ungarisch  geschriebenen  akademischen  Abhandlung  über  Masrik 
und  Ma^b  (Budapest  1876)   das  Epigramm  gegen  Avicenna  mit- 

getheilt.   —    S.   59   nr.   40    k/^SsA^  ^♦äLo  ^^^t  v^^  j  äJL^. 

Der  Verf.  übersetzt:  ^^Abhandlung  über  Schmähreden  gegen  den 
Propheten  und  seine  Prädicate*;  richtig  wäre:  «Abhandl.  u.  s.  w. 
und  die  hierauf  bezüglichen  gesetzlichen  Verordnungen*  (jüd.  D"'?"»n). 
—  S.  72  nr.  60  ist  kein  eigentliches  polemisches  Werk;  wohl 
aber  sind  von  Al-Mas^üdi  mündliche  Discussionen  erwähnt  Not  et 


y*» 


Extr.  Vm  p.  168.  —  S.  103  Z.  2.  8  »^LÄ  1.  iJU.  —  S.  175.    Ueber 

die  Art  des  Buches  von  Reynolds  ist  noch  das  Urtheil  in  Palmer 
und  Dasent's:  Jerusalem  the  City  of  Herod  and  Saladin  (London 
1871)  p.  59  bemerkenswerth.  —  S.  313  Z.  9  v.  u.  "'S  bl  ist  wohl 
Druckfehler  für  -»Dbr  Koran  Su.  39,4.  —  S.  314  Anm.  22.  Mu- 
hädhira  L  Mu\i&dara.  —  Anm.  23  Z.  8  n«T:;7a  riTsncD  l.  riNS^Ta  'd  ; 
Z.  10  iTabD  1.  N73bD.  —  Z.  16  nbsb«  1.  -larab»,  die  Bst.  b  und  i 
werden  in  den  transscribirten  Manuscripten  häufig  verwechselt.  — 
S.  324  Z.  15  scheint  zwischen  bn?a  und  q"»D  etwas  ausgefallen  zu 
sein.  —   S.  326    Z.  9    OlSn  1.  Dl5n.  —  S.  351  Z.  6    ist   für  die 


o  y 


grammatische    Terminologie    bemerkenswerth,    dass     «IiÄi-Ji   für 


«  ^  o  > 


das  gewöhnliche   vjüüiyjt   (=  "lT:i?ri)   gebraucht  wird.  —  S.  364 


OoltMher,  Über  muhammetianUehe  Polemik  gegen  Ahl  aXrkitäh,    383 

Z.  9.   ^N-o^o^^   1.  «.Lao-oj.  —  Z.  22.  32   •'^^Dno'»  1.  ''i^nnO'»  für  das 

klassische    ä^l^  uaiULJt  ,c^3u.  —    S.   383    Z.    4    •»^2^   «^ID   ist 

nicht  wie  der  Verf.  erklärt  Chod&wend,  sondern  Chudäbende.  — 
S.  388  Z.  6  bK^:*^,  was  der  Verf.  ganz  richtig  in  das  literarische 
löü^b*»  (sehr,  •js^b'»)  corrigirt,  ist  die  allenthalben  gebräuchliche 
Volgärform  mit  Metathesis  der  beiden  ersten  Radicalconsonanten ; 
auszusprechen :  jin*al.  —  S.  392.  Während  die  jüdischen  Apologeten 
und  unter  den  Muhammedanem  Al-Bi^ä^i  die  üebereinstimmung 
der  Taurättexte  urgiren,  um  gegen  die  Annahme  der  Möglichkeit 
einer  durchgehenden  Textesfälschung  zu  plaidiren,  wird  gegnerischer- 
seits    die   Verschiedenheit    der   Texte   hervorgehoben.     Ihn  Hazm 

sagt   diesbezüglich   fol.    46  v:    (äL^J  ^^ju)  «5Ü3  ^3^'  0^4^  y^S  jlä 

'i^Xj^  ih^   KjyoUJt  j^uXjÜ  ^t  ^1   Q>i^  Oj^!  puH^   xLXy» 

Der  Leser  wird  dies  neue  mit  dem  Aufwände  rastlosen  Ge- 
lehrtenfleisses  gearbeitete  Werk  des  Hm.  Dr.  Steinschneider  nicht 
aus  der  Hand  legen,  ohne  den  Wunsch  zu  hegen,  der  Verf.  mOge 
recht  bald  seine  schon  vor  längerer  Zeit  in  Aussicht  gestellte  Ge- 
schichte der  jüdisch-arabischen  Literatur,  deren  Reichhaltigkeit  so 
manche  werthvoUe  Beiträge  aus  den  Materialien  derselben  in  des 
Verf.  Bodleianischem  Katalog  und  in  Einzelabhandlungen  in  dieser 
sowie  auch  in  anderen  Zeitschriften  und  vornehmlich  auch  in  vor- 
liegendem Buche  ahnen  lassen,  der  OeffentUchkeit  übergeben. 
Ebenso  legt  auch  das  vorliegende  Werk  wieder  den  Wunsch  nahe, 

das    8^1  j^t^  öytoL^^uit  ^\^  des  M.  ihn  Ezra,  von  welchem  der 

Verf.  nach  dem  Oxforder  Codex  eine  wohl  vorbereitete  Abschrift 
besitzt  und  hin  und  wieder  in  seinen  Arbeiten  wichtige  Excerpte 
bietet,  in  ausführlicherem  Zusammenhange  kennen  zu  lernen.  Dieses 
Werk  verspricht  nach  Allem,  was  St.  daraus  mitgetheilt,  interes- 
sante Ausbeute  für  die  allgemeine  arabische  Literatur.  So  ge- 
winnen wir  z.  B.  auch  aus  einem  im  vorliegenden  Werke  S.  102 — 3 
mitgetheilten  Excerpt  eine  Notiz  über  Abu  l-*Alä  al-Ma'arrfs  Koran. 

Wir  erfahren  dadurch,  das  diesem  Koran  der  Titel  ouLäJI^  vJ^juläJI 

gegeben  wurde,  was  für  das  Verständniss  der  in  dieser  Zeitschr. 
XXIX  S.  64«  Z.  3  betreffs  des  Abu  'l-'Alä'schen  Korans  gemachten 
Textmittheilung  aufklärend  ist. 


384    Ooidsttker,  Über  mtthafMnedanüche  Polemik  gegen  Ahl  at-küäh. 

Anhänge. 

I.     Zu  S.    360. 

Fachr  al-Dtn   al-R&z!  und   die  Citate   aus   den   alten 

Beligionsschriften. 

Gelehrtthun  mit  Gitaten  aus  alten  Religionsschriften  findet 
sich  ebenso,  wie  in  den  Predigten,  anch  in  dem  grossen  Koran- 
commentare  des  Fachr  al-D!n.  Wie  es  mit  der  Authentie  solcher 
Citate  steht,  will  ich  aas  einer  Probe  klar  machen,  die  ich  hier 
im  Text  mittheile,  weil  die  Bdl&ker  Drucke  mancher  arabischer 
Werke  noch  inuner  nicht  recht  zugänglich  sind: 


Maf&tib   al-gejb   (ed.  Bt\k\  in  8  Bänden)   I  p.  fj^  f.    ^^UJ! 
Juaw  iüiLü  ^JJt  s^  ^  ^t   [^t  Ju^  ^  iJo^l  er  ;>^] 

v^^  JJUJI^  ^tj  ^t  ^li  ^"SüuJJ  !^L=i  LJU  tjjL^Vj  ^  ^.^li 

bj^i  ,j  ^1*»  äIJi  v5i5  j^AÄS^t  u^ *i^:i^i 

!yjj3  j^^  J»4JÜ  bl5  jJL«J  ^^\  v_jL*^    Ir!?^'  ^j  (^^-  (^  (*^***rf 
^Ui-  »JÜ!  ^  vi*5  ^u54^  j^  ^t^  J..*ü  ^  ^yl  _^y 

^U3  JLiI  ^  J-iÄi^ÜI  ^  eio^  ^UJU,  ^^  JJLw  ^Lä,  * 

^_f^i  tUlfcJt  (»Ä*  ^y«**»  L»  (.^L«Jt  U^jiie  ^j^  ^^  L^'*^  ^ 


GoUlsaher^  über  muhanimedafäsehe  Polemik  gegen  Ml  aJrhUäb.   385 

Ibid.  S.  \^f  wird  als  Jucipü^l  J>^l  angefahrt:  UU5>^  l^^t  ^.^ 

ÜL^^.x^  (li^s:   LiL4i»>^).     Der  ganze  Satz  ist  aus  dem  Syrischen 

transscribirt,  nur  scheint  das  Richtige  für  die  beiden  ersten  Worte 
zu  sein :  L^^tj  L4-Ä0 .  Ein  sehr  pikanter  Transscriptionsfehler,  eben- 
falls auf  eine  alte  Beligionsschriffc  bezüglich,  findet  sich  auf  der- 
selben Seite  und  mag  hier .  zur  Illustration  für  das  Mass  der  Mög- 
lichkeit in  Verstümmelung  fremder  Wörter  im  Arabischen  erwähnt 
werden.  Es  ist  die  Rede  von  der  Frage,  ob  die  symbolischen 
Teyte  des  Islam  bloss  in  arabischer  Sprache  recitirt  werden  dürfen, 
oder  ob  auch  Uebersetzungen  zulässig  sind.  (Vgl.  meine  Beiträge 
zur  Literaturgeschichte  der  öi*a  S.  67  ff.)   Da  heisst  es  zum  Schluss: 

ö/Ubj  Hl^ydlj  Ju^^t  i»^Ub  xÄA^  öbUail  ^.^yü  ^Ai  vj>3  Jjü 
;jJt  ..,L*JU  Ju; .     Die  letzteren  Worte  sind  in  dem  Passus  mehr- 

fach  wiederholt.  Ich  zweifle  nicht  daran,  dass  für  das  räthselhafte 
...L-o!»  cXj:  zu  lesen  sei:  l:üi**«jlwXJ;  =  Zend  avesta,  oder  um  auch 
dem  seine  Stelle  in  der  Erklärung  der  Comiption  zu  geben: 
y£'\J^^ö^y  —  Auch  die  „Verdrehungs*-Frage  kommt  im  Mafättt 
al-^ejb  zur  Besprechung.  Fachr  al-D!n  ent^scheidet  sich  für  die 
Annahme   einer  Verdrehung  des  Textes    (-aa*j  Jwftv^.>\ÄJ!  J^^-^ 

^öJuJi  /t^J'  (J^  ^*^  ^    <^^  J^iäJÜIj.     Gleichzeitig  bespricht  er 

die  Frage  ob  die  Fälschungen  von  den  jüdischen  Zeitgenossen 
Mosis  oder  denen  Muhammeds  vollführt  wurden,  und  kommt  zu 
dem  Resultate,  dass  der  Wortlaut  des  Korans  beide  Annahmen 
zulässt    (Mafätih    I    p.    ovo). 

IL     Zu  S.  361. 

Bibelcitate  des  Bahä  al-D!n  al-'Amili. 

^Ich  habe  schon  in  meinen  Beiträgen  zur  Literaturgeschichte 
der  Si'ä  (p.  54)  auf  die  Neigung  schi*itischer  Schriftsteller,  exotische 
Schriften  zu  citiren,  hingewiesen.  Sehr  nahe  lag  dies  besonders 
in  einem  Werke  wie  das  Ke^kül  von  Al-*AjÄil!,  einem  mosaikartigen 
Literaturproducte ,  das  eben  nichts  anderes  als  systemlose  Citate 
aus  älteren  imd  neueren  Büchern  bietet  (a.  a.  0.  p.  26  ff.). 
Welcher  Natur  die  Bibelcitate  des  Keskül  sind,  wird  aus  folgenden 
Proben  erhellen: 

(Bülaker   Ausgabe)    p.    1:  'iüuo  \^js>  ^  ^  »'jj^'  v5 

Bd.  XXXII.  25 


386    Oolägiher,  über  muhammedaniuehe  Polemik  gegen  Ahl  al-kääb. 

Aar  •»  ,  «•        O  ' 

lÜS  w^  «Uc  J^^  J^  j^!^*  ^  *^  LLi>L.  g^xio!  Uibi 
*  JlcLö  ^t  i^yäj  JjÜ  irfiLJt  (^jt^  rfH«^ .     Hierauf   folgen   noch 

^B'  —•.0' 

seclis  mit  *ot  ^!  Lj  beginnende  Sprache;  der  letzte:  jOt  ^t  L 
iUAAO^  ^b  ^^äJI  Ja^  J  ^^  J^  ^^  i^y^  jmJJA  ^  ^y^ 

^  ?^^  L^  '•^^^"^  O^  O**^  l5^  wiio^vi  ^  y^y  viN^ 

Einigen  dieser  Sätze  bin  ich  auch  bei  anderen  Schriftstellern 
als  Citaten  aus  dem  A.  T.  begegnet. 

p.  n*ö  f.    findet   sich   die   Eintheilung   des  Kanons  A.  T.  und 

die  kurze,  im  Ganzen  genonunen  richtige  Inhaltsangabe  der  einzelnen 
Bücher  und  die  Namen  derselben  in  arabischer  Uebersetzung ,  un- 
gefähr den  entsprechenden  Abhandlungen  im  Fihrist  und  Maknzi, 
die  jedoch  nicht  angeführt  sind,  am  nächsten  kommend.  Dass  der 
Verfasser  des  Keäkül  sie  auch  nicht  aus  arabischen  Uebersetzungen 
kannte,  zeigen  obige  Citate  zur  Genüge.  — 

m.     Zu  S.  374. 

Namen  von  Medina  im  Taurat 

Ebenso  wie  die  Namen  des  Propheten  Muhammed,  so  sollen 
nach  muhammedanischer  Auffassung  auch  die  seiner  Stadt  Medina 
in  den  biblischen  Büchern  ausdrücklich  genannt  sein.  Al-Samhüdi 
erwähnt  in  seinem  Geschichtswerke,  dass  Medina  im  Taurat  vierzig 
Namen  habe;  im  Ganzen  habe  Medina  95  Namen.  Diese  95  Namen 
Medin&'s  werden  in  dem  Wallüahrtswerke  Kit4b  al-ha^tkä  w'al- 
magäz  von  dem  berühmten  Damascener  Gelehrten  *Abd  al-Gan!  al- 
N&bulust  sammt  ihrer  etymologischen  Erklärung  aufgezählt  (Hand- 
schrift der  Leipziger  Universitätsbibliothek,  Ref.  nr.  362  fol.  311 — 
foL  818)  und  in  Versus  memoriales  zusammengefasst.  .Wir  lassen 
hier  diejenigen  Namen  folgen,  von  welchen  in  'Abd  al-Ganfs  Auf- 
zählung ausdrücklich  bemerkt  ist,   dass  sie  der  Thora  entnommen 


'O    m 


sind     (öl^yül  ^^  ^yJLkj^) :    Nr.  46    xüLJt  was  so  viel  bedeuten 

soll    als    die    ausgebreitete   oder  die  herrschende,    oder  die  heisse 
Stadt. -^  Nr.  49.  50  iüLb  und  xa^,    welche    nach  einer  Tradition 


Goldzihert  über  muhammedanische  Polemik  gegen  Ahl  aUhüäb,   387 

des  WaHb  b.  Munabbih  die  beiden  biblischen  Namen  von  Medina 
sind.  —  Nr.  57  i^t.JuJt  =  die  jungfräuliche,  d.  h.  uneinnehmbare 

Stadt  —  Nr.  G3  iUAoUüt  =  die  Zermalmende.  —  Nr.  68  iuuJJt! 
d.  h.  die  Gläubige,  oder  nach  einer  anderen  Erklärung:  die  Sichere. 
—  Nr.  72  Ö.J.JÄJ!  ohne  Erklärung  mit  der  Bemerkung  ^  JJüj 

äaXääJI  s^XiS^S.  Dieselbe  Bemerkung  bei  Nr.  73  xL^wit  und 
Nr.  75  io^-c^t.  -—  Nr.  83  '»jtys>yj\  die  Begnadigte  (durch  die 
Sendung  des  Propheten).  —  Nr.  85  ÄJuJC*»M-lt  die  Demüthige.  — 
Nr.  95  s-\jX^]  s.  V.  a.  i^LJutit  (s.  Nr.  57)  oder  die  heisse. 


25  ♦ 


388 


Notizen  und  Correspondenzen. 
Zar  polemischen  Literatur  >)• 

1.    Aus  einem  Briefe   von  Prof.  A.   Müller 

an  Dr.  Steinschneider. 

—  Bei  der  CoUation  der  Münchner  Handschriften  des  Qifti  und 
Ibn  Abi  Useibi^a  habe  ich  ein  paar  Kleinigkeiten  angemerkt,  welche 
mir  mit  Beziehung  auf  Ihre  „Polemische  und  apologetische  Lite- 
ratur in  arabischer  Sprache"  von  Interesse  zu  sein  scheinen. 
Ich  erlaube  mir,  Ihnen  dieselben  hier  vorzulegen,  in  der  Hoffnung, 
dass  sie  Ihnen  zu  weiteren  Bemerkungen  Veranlassung  geben  werden. 
Die  nähere  Bezeichnung  der  citirten  Hss.  ist  folgende:  Us.  B.  = 
Hs.  Berlin,  erster  Band  Wetzst.  H,  323,  zweiter  Spreng.  312;  Us. 
V.  —  Hs.  Wien  Mxt.  180  (Flügel  1164);  Us.  M.  =  Hs.  München 
Prunneri  11  (Aumer  800.  801);  Q.  A.  =  Hs.  Berlin  ms.  or.  fol. 
493;  Q.  B.  =  Hs.  Berlin  Peterm.  H,  738  (360  ZDMG  XXXI.  527 
in  der  Anm.  beruht  auf  einer  andern  auf  dem  Deckel  der  Hs.  be- 
findlichen Zahl  und  ist  zu  ändern);  Q.  V.  =  Hs.  Wien  A.  F.  195 
(Flügel  1162);  Q.  M.  =  Hs.  München  Prunneri  242  (Aumer  440). 

In  no.  8  S.  27  Ihres  Werkes  erwähnen  Sie  das  Buch  des 
Samuel  Maroccanus  unter  Citirung  Ihres  Bodlei.  Catalogs 
2436—2451  (2541  Druckfehler).  Aus  letzterer  Stelle  entnehme 
ich,  dass  in  Geigers  Mose  b.  Maimon  (S.  68)  bereits  die  Stelle 
Qiftl's  über  Samuel's  Schrift  sich  finde,  welche  lautet  (Q.  A.  88b 

B.  76b  V.  123  a  M.  84b):    (a-b  fehlt  V.)   b^X^|  cr-=^*  A^^^ 

«5LJv5  ^  xju->  U  ^^^U  L^LJlö  Jwt  J^vXli  f^lj^* .  Neu  wird 
es  dagegen  sein,  dass  auch  Us.  (B.  H,  52  a  V.  192  a  M.  II,  89a) 
sein  Buch  als  n,  ;^!t  Ac  jJ!  ^sjS  erwähnt;  er  nennt  ihn  Samuel 
b.  Jahja. 

1;  Vpl.  den  vorherp^olienden  Artikel.  D.  Red. 


Notizen  uml  Correspondenzen.  3g9 

2)  In  dem  Artikel  über  Ihn  Gezla  S.  58  scheint  mir  der 
Zweifel,  ob  bei  Ibn.  ChaU.  eine  oder  zwei  polemische  Schriften 
gemeint  seien,  unnöthig.  Der  Artikel  bei  ü§.,  den  Ibn  Chall.  wie 
öfter  mit  einigen  Aendeningen  und  Zusätzen  versehen  wieder^bt, 

lautet   folgendermassen   (B.  I    221a   W.    146a  M.  11,    4 ab):    Z7| 


^  ^.^LTj  L^ftJuo  ^1  ^^,u:Sa\  ^y^  \j^tA^  ä^-wwÜ  Joi:>  JuSj  ii\  ^^b 


^^^  ^t  LxJt  ^1  L^  .^3  ^^LoJt  ^  jJl  i  KiU,  v^t^ 


^-Jl-^ 


^ÄJuo  ^UJyt  ;JL^j>.Ä.^,j  U^  qL^I  r-'*^*  V^  *1^'  j^W  j^J^^^UJÜ 
ö^Ui^t  (a-b  fehlt  M.)  1>v^Lä^'  äW  ^^b  ,^JüÄjLJ  LöjI  (^a^  V.) 
^  (fehlt  M.)  iLx-^JoJt  ^1^1  er  J^*^  L^3  «;^»  U^t^^^'  v5 

^xTJ^L^  Q?^^'  V^  er  '^  o"^'  J2i-ft->3  Kä;^!  jt^oü 


Kiu^  2uJLc  ^jxL  Q^  ^  ^j^l^  v^r^'  ^-^O  £r^  *^^!y!5  v^' 

Ihnen  citirte  Auszug  Nicoll's  ist  also  der  erste,  die  Worte  Ibn 
Challikäns  sind  herübergenommen  aus  dem  zweiten  der  hier  über- 
strichenen  Sätze,  welche  beide,  der  erste  im  Lauf  der  Lebens- 
beschreibung, der  zweite  im  Bücherverzeichniss,  auf  dasselbe  Buch 
gehen;  solche  durch  die  Compositionsart  des  ganzen  Buches  be- 
dingte Wiederholungen  hat  ja  Us.  oft.     Keinesfalls  darf  aber,   wie 

mir  scheint,  aus  dem  iuJLc  ^ytlj  q^  Jwc  oJt^  ein  besonderes  Buch 

gemacht  und  dies  mit  dem  Folgenden  in  Beziehung  gebracht  werden. 
Die  Worte  gehören  vielmehr  dem  ganzen  Zusanunenhang  nach 
zum  Vorhergehenden:  Abhandlung,  bestehend  im  Lobpreis 
der  Medizin  und  (dem  Nachweis)  ihrer  Uebereinstimmung 
mit  dem  göttlichen  Gesetz  und  der  Widerlegung 
derer  welche  sie  (die  Medizin)  schmähen.  Strenge  Theologen 
haben  damals  nicht  weniger  als  heutzutage  gegen  die  Naturwissen- 


390  Natiten  und  Cmrefpondenxm. 

Schäften  geeifert.  So  hat,  um  nur  ein  Beispiel  anzuführen,  Razi 
allein  drei  Bücher  zur  Ahwehr  solcher  frommer  Angriffe  schreiben 
ijpiüssen,  gegen  einen  gewissen  ^kkX  (Fihr.  299  L  Z.)*  gegen  el- 
OtÜ^  (ebd.  300, 2i)  und  —  mehr  allgemein  naturwissenschaftlich  — 
gegen  den  Theologen  el-Misma*i  (ebd.  300,  le).  Solche  „Schmäher" 
nnd  auch  hier  gemeint;  der  zugleich  fromme  und  medicinisch  ge- 
bildete Autor  konnte  leicht  das  einem  Renegaten  doppelt  nahe 
liegende  Bedürhiiss  empfinden,  die  üebereinstimmung  seiner  Recht- 
glftubigkeit  mit  seiner  ärztlichen  Thätigkeit  nachzuweisen.  Bei  Ibn 
Chall.  sind  die  Büchertitel,  welche  U§.  aavvöirwg  verzeichnet, 
durch  »  verbunden,  daher  die  Undeutlichkeit,  welche  Ihre  Zweifel 

veranlasst  hat. 

3)  S.  96  no.  75  b  haben  alle  Hss.  des  üs.  JJUl  ^  o^Ui-^!  j 

im  Titel  des  Buches.  . 

4)  S.   98    no.  76   entspricht    das    von   Ihnen    erwähnte   Ibn 

Kumuz  Hammer's  der  Lesart  in  V.  ;-u^  ^t .      Der  Artikel  steht 

ü§.  X,  45  (B.  47),  nicht  XV,  45. 

5)  S.  99  no.  76b    konnten  Sie  nach  de  Sacy's  Abdallatif 
nicht  anders  citiren.     Aber  meine  Hss.  (B.  11  185  a  V.  276  b  M. 

n  241b)  haben  L^  ^UJüU  ^5^^-^^  ^-^t^'  c>^  ^ß  S  *^^ 
^c.UoJJl^  «3^K^t  J^  jJl  vj.     Man  könnte   einwenden,   der  zweite 

Titel  sei  aus  einer  in  diesen  Hss.  ja  auch  gelegentlich  vorkom- 
menden fälschlichen  Wiederholung  entstanden ;  um  die  Berechtigung 
dieses  Einwandes  zu  prüfen,  darf  ich  Sie  an  das  gegenseitige  Yer- 
hältniss  der  Handschriften  des  ü§.,  so  weit  hier  nöthig,  erinnern. 
Sie  wissen,  dass  das  Berliner  Exemplar  von  dem  Münchner  — 
und,  wie  ich  hinzufüge,  vom  Wiener  —  sich  als  eine  vorzüglich 
in  den  chronologisch  spätesten  Partien  der  verschiedenen  Bücher 
gänzlich  verschiedene  Recension  unterscheidet.  Die  im  Grossen 
imd  Ganzen  frühere  Recension  stellt  sich  in  V.  M.,  die  spätere 
in  B.  dar,  wobei  es  hier  gleichgiltig  ist,  ob  letztere  eine  noch  vom 
Verfasser  selbst  besorgte  zweite  Ausgabe,  oder  eine  nach  seinem 
Tode  von  anderer  Hand  gemachte  neue  Redaction  ist  Alt  muss 
die  letztere  auch  sein,  das  ersieht  man  aus  den  chronologischen 
Endpuncten  der  Zusätze;  aber  der  ursprüngliche  Text  erscheint  in 
ihr  systematisch  durchcorrigirt,  das  ergibt  sich  nicht  nur  aus  den 
vielfachen  Zusammenziehungen,  welche  in  den  Artikeln  des  XV. 
Buches  die  von  loyalster  Ergebenheit  dictierten.langathmigen  Titu- 
laturen der  Ejjubiden  erlitten  haben,  sondern  auch  durch  die 
Controle,  welche  gleichlautende  Stücke  bei  Qif^i,  vor  allen  die 
Lebensbeschreibung  des  Avicenna  ermöglichen  ^).     Dieses  Verhält- 


1)  Dass  die  V.  M.  gemeinsam  zu  Grunde  liegende  Hs.  ihrerseits  wiederum 
durch  viele  nnd  umfangreiche  Auslassungen  sündigt,  ist  für  dies  Verhältniss 
ohne  Belang. 


Notixen  und  CotrespondmMn.  391 

niss  gibt  uns  nun  einen  Grundsatz,  auf  welchem  die  ganze  Text- 
behandlung bei  Ihn  Ab!  üseibi'a  unbedingt  beruhen  muss:  sobald 
eine  Hs.  der  einen  Recension  mit  einer  der  andern 
wesentlich  übereinstimmt,  ergibt  sich  aus  diesenbei- 
den  unter  Beiseitesetzung  aller  übrigen  die  Lesart 
der  alten  üeberlieferung.  Die  Einschränkung,  welche  dieser 
Grundsatz  durch  die  Möglichkeit  zufälligen  Zusammentreffens  Ton 
Fehlem  oder  vermeintlichen  Verbesserungen  ^)  erfUhrt,  brauche  ich 
nicht  zu  betonen.  Danach  wäre  also  durch  die  Uebereinstimmung 
von  B.  mit  V.  M.  auch  in  unserem  Falle  die  zweite  Schrift  des 
Abdallatif  gesichert  Bedenklich  könnte  uns  nur  noch  machen, 
dass  die  beiden  Leidener  Copien,  welche  de  Sacj  benutzt  hat 
(S.  478  a  der  Rel.)  und  deren  Varianten  er,  leider  ungeschieden, 
mittheilt,  yiel  besser  zu  sein  scheinen,  als  die  von  uns  benutzten. 
Aber  natürlich  sind  sie  nicht  unfehlbar,  vielmehr  enthalten  auch 
sie  eine  Anzahl  von  Verderbnissen,  deren  manche  de  Sacy  meister- 
haft corrigiert  hat,  während  allerdings  weitere  Aenderungen  durch 
die  Hss.  noch  erfordert  werden  *).  Sie  können  daher  gegen  die 
vereinte  Autorität  von  B.  V.  M.  nicht  geltend  gemacht  werden, 
und  muss  es  also  dabei  verbleiben,  dass  Abdallatif  zwei  pole- 
mische Bücher  geschrieben  hat. 

6)  Das    S.    120    no.   99    erwähnte    Buch    des    Sa'id    heisst 

Arabisch  J^UaJ!^  v^Li^wj!  ^^  ^JjsJ.  v^O^  nach  ü§.  B.  II,  93  b 
V.  222  a  M.  H,  144  b  Qetztere  hat  jj^  j). 

7)  üeber  das  an  mehreren  Stellen   (no.   37b;   57 b;  S.   139; 
löOff.   no.  131)  von  Ihnen  erörterte  Thema  derHeirathen  und 

^u3  finde  ich  eine  interessante  Stelle  bei  Qifti.  Derselbe  er- 
wähnt (A.  119  b  B.  106  a  M.  112b  V.  170b— 171a)  eine 
Bisale    des    Ibn    Botlan    an    Ihn    Ridwän    ^  •  ^  q   .    >lJI-^ 


1)  So  hat  aus  dem  richtigen  O^f^Äjt  (de  Sacy,  Kel.  de  TEg.  S.  547  Z.  15) 
sowohl  in  B.  (II,  185  b  unten)  als  in  V.  (277  a  oben)  ein  unberufener  Corrector 
o'^JUJ!  gemacht. 

2)  z.  B.  du  S.  545,  Z.  3  v.  u.  ^JNwÄJJt ,   1.  ^jJdJ^S  \  647,1  i^A-iJt  1.  6^\ 

vorl.  Z.  JJb^ULÜ    (Var.  J^jS\jJ!),  1.  Jw-i^LJÜI .     AuffaUendorweise  sind  auch 

zwei   in   dem  Stücke   vorkommende  Qoränstellen  falsch   citirt:   539,8   v.  u.  und 
545, 6.  —  Auslassungen  durch  Wiederkehren  desselben  Wortes  verursacht  finden 

sich  auch  543,8,   wo  hinter  X.«,«!!')  noch  fiu^.LiV^   Jsjül^j)^  einzufügen   ist,  und 
547    Z.    8   V.  u.,    wo   auf  )s^J^   ^L^wxwA-ftl   noch   folgen   muss   ^üli   ^Juu 


392  Noäzeu  und  Correspondenaen. 

t^jAjLfi  ^Ju»  Uxi   (od.  sxSäiu.    wie  M.    zwischen   den  Zeilen  hat) 

gJ!  JJt^^l  ^ji^  ^  ^J^  iu^JL  Uj  ^i^>  ^i  ^.,^;>  ^),   und  gibt 

umfangreiche,   zum   Theil    sehr   amüsante  Auszüge.     Darin    findet 
sich  mit  Bezug  auf  die  fjabier  (Anm.  1  zu  S.  152  Ihres  Werkes) 


Folgendes:  j  UäIä^-I  J^:S<a^  v^*-^^  bt  s^s^l^^  »Äf:^^  Lj!  ^.^ü 
»U^Lo  U^\^  i^A^Os^  jj!  \-^y^  (H^^'-z^  lM  ^^  'i^L^i  -.LxJ 

p 

^•^j5^oU3  jtj^^^-J  bb>li  pbL-M^»  ^J^  jp^A-^4  C)-^^  l5j^-^^^ 
;:jJ!  ^■gÄ.-<ü^'U/Q»  (Varr.  hier  unwichtig.). 

2.    Aus  der  Antwort  des  Dr.  Steinschneider. 

—  Ich  freue  mich,  dass  mein  Wunsch  weiterer  Anregung  (Voi*w. 
S.  IX)  von  Ihnen  beherzigt  worden.  Ihrer  Aufforderung  willfahre 
ich  um  so  lieber,  als  ich  einige  weitere  kurze  Notizen  anzuknüpfen 
gedenke.     Also  zuerst  zu  den  Ihrigen: 

ad  1.     Samuel   ihn   Abbas;   den  Artikel   aus  ^fti  giebt 

schon  Casiri  I,  440  mit  Weglassung  von  ^j>S^  bis  iü.  ^Jt  und 
schliessend  hL^^JI  JuJlö.  Geiger  /.  c,  giebt  die  Worte  l^\  ^ 
bis  xju->  nach  Chwolsohn's  Mittheilung  aus  der  Wiener  HS.  — 
Den  von  Hammer  (VII,  461)  benutzten  Artikel  Us,  citire  ich  in 
Catal.   Bodl.    2441  ^;    die   allgemeine   Bezeichnimg   des   |»b^^i    als 

oJi  y^ixS'  (vgl.  Hammer  n.  4)  habe  ich  allerdings  nicht  berück- 
sichtigt. Dass  der  sonst  bekannte  Vater  Jehuda  (vgl.  Hebr. 
Bibliogr.  Xlll,  113)  arabisch  Jahja  heisse,  hätte  ich  wohl  wieder- 
holen sollen;  dass  die  Juden  Namens  Jehuda  sich  gewöhnlich 
arabisch  Jahja  nennen,  habe  ich,  mit  Heranziehung  des  unseren, 
schon  in  Frankel's  Zeitschrift  f.  die  relig.  Inter.  etc.  1845  S.  78 
nachgewiesen;    -  -    der   daselbst   Anm.  4    citirte   Artikel  über    die 


1)    Die    vcrmuthlich    (liegen    diese    wieder    von    Ihn    Kidwän    gerichtete 
Gegenschrift  env'ähnen  Sie  S.  97. 


Notiaen  und  Carregpondmuien.  393 

arab.  Namen  der  Juden  ist  nicht  gedruckt  worden ;  er  soll  —  wenn 
ich  es  erlebe  —  in  der  Einleitung  zu  meiner  »Arabische  Literatur 
der  Juden*  Platz  finden;  zu  Jehuda  -=  Ja^ja  vgl.  Catal.  Bodl. 
p.  11 76  und  Add.,  2317,  Introd.  p.  XXIV  v,  20.  —  Vernachlässigt 
habe  ich  leider  die  Angabe  einer  biographischen  Stelle  aus 
dem  j»Li=^lj  nach  Mittheilung  Neubauer's  aus  einer  bisher  un- 
bekannten HS.  (Paris  SuppL  ar,  285  f.  64)  arabisch  und  deutsch 
bei  M.  Güdemann  (das  jüd.  Unterrichtswesen,  Wien  1873  S.  39, 
vgl.  Berichtig.  S.  193)  ^).  Wir  ersehen  daraus,  dass  schon  der 
Grossvater  [Samuel?]  abuNasr  hiess  (Zusammenhang  von  Namen 
und  Ktmje  ist  noch  zu  erklären,  vgl.  Catal.  Bodl.  p.  2463  und 
über  h-^^vz  Frankers  Monatsschr.  1870  S.  446,  vgl.  auch  abu 
Mansur  Sam.  in  Catal.  Bodl.  p.  2462,  V).  Namen  und  Person 
der  dort  angeführten  Lehrer  Samuel's  mag  ich  hier  nicht  weiter 
verfolgen,   ich  empfehle  sie  Ihrer  Beachtung;  die  HS.  des  |»L^'it, 

welches  in  dieser  Literatur  eine  hervorragende  Stelle  einnimmt, 
verdiente  näher  gekannt  zu  sein. 

ad  2.  Die  Angriffe  auf  die  menschliche  Heilkunst  reichen  bis 
auf  2.  Chron.  16,  12  hinauf  und  haben  eine  ganze  Literatur  auf- 
zuweisen, welche  Ihre  Auffassung  rechtfertigt. 

ad  4.     Leclerc,  Hist.  de  la  m6d.  ar.  I,  380  liest  Kuaain. 


Fernere  Berichtigungen  und  Zusätze. 

S.  71    N.  58  b.     Die  'ü^^^ijt   ist,    wie  Dr.  Berliner  vermuthet, 

hebräisch  bearbeitet  in  Cod.  Vai  80  imd  171  ^*  (so  lies  bei  De 
Roast,  Bibl.  antichr.  p.  77)  angeblich  von  dem  Mönche  Nestor, 
worüber  mehr  in  der  denmächst  erscheinenden  Ausgabe. 

S.  97  ibn  Ri(Jwan.  Ist  das  Fragment  der  Autobiographie 
in  Genua  {BoUettino  degli  sfudii  orient  I,  410)  etwa  ein  Frag- 
ment aus  f^. ?  —  Der  betr.  Codex,  welcher  im  J.  483  H.  dem 
Juden  ibn  as-^äig,  im  Dienste  des  abu  *Abd  Allah  el-öani  Billah 
gehörte,  enthält  seltene  Schriften  und  verdiente  eine  nähere  Be- 
schreibung. 

S.  194.     Druzisches  besitzt  auch  Genua  {Boüett.  l,  c). 

S.  217.     Missionsschriften,     ol^   \:)^i^    ^^°  ^^^  Basler 

Gesellschaft  horausg.  in  Schuscha  (wann?),  erwähnt  Tomauw,  d. 
Moslm.  Recht  S.  20  A.   1. 


1)   Zu  borichtigen  ist  femor,  dass  rCuXJL^t    V«^Lmw^   auch   einfach  Arith- 

motik    bedeutet,    ..LäjJI   J^^   nicht    „Auflösung   astronombcher  Aufgaben'** 
sondern  Tabellen,  v^^üli^  ist  hier  (wie  S.  28)  nicht  „Schreiber"  sondern  Sekretär. 


394  NoÜzen  und  Correipondetaen. 

S.  218.  Christliche  Autoren  nennt  auch  Wagenseil, 
Confut.  Cann.  R.  L,  (in  Tela  ignea  1681)  p.  46. 

S.  223.  Lomellini,  Ign.  „Questiones  in  Alcoranum''  (üeber- 
setzting  und  Widerlegung)  1622,  dem  Card.  Alexander  de  Ursini 
gewidmet     HS.  in  Genua  (BoüeU.  l,  c.  p.  411). 

S.  248  A.  9  wird  auf  Antiang  VIII  verwiesen,  welcher  die 
im  Vorw.  S.  IX  erwähnten  Miscellen  enthalten  sollte.  Mit  der 
Veröffentlichung  derselben  warte  ich  noch. 

S.  255  A.  27  -jan  vgl  auch  L,  Low,  jüd.  Kongress  1871 
(mit  neuem  Titelbl.:  «Zur  neueren  Gesch.  d.  Juden  in  Ungam*^ 
2.  Ausg.  1874)  S.  X. 

S.  259  A.  41  für  §  9  B.  lies:  §  25  (S.  380). 

S.  261  §  5  Z.  13  lies:  der  Aegypter  und  Araber  .  .  K.  45 
f.  93  b. 

S.  268  ^in  s.  unten  zu  S.  358. 

S.  291  Z.  4  Zakok,  1.  Zadok. 

S.  304  Z.  22,  lies:  kann  ich  nicht  angeben. 

S.  319  Ende  §  15,  über  den  Vertrag  mit  Adam  s.  Geiger, 
jüd.  Zeitschr.  X,  226. 

S.  350  ^•»no»  ^OM,  auch  bei  Josef  Bechor  Schor  in  Cod. 
München  zu  Peric.   ^b'^T,  wie  Berliner  notirt  hat. 

S.  354.  Das  Sendschreiben  des  Maimon  edirte  Hr.  Halber- 
stamm in  Bielitz  nach  einer  vollstÄndigen  Uebersetzimg  B.  Oold- 
bergs  in  der  Zeitschrift  V-^bn  Vm  (Mainz  1872)  S.  199,  207, 
215,  231,  239  (wo  ein  kurzes  arabisches  Gebet),  248,  255,  267, 
276,  287,  311,  319,  327,  335  (Was  heisst  rm»nn  -«bnaa  itd-'H 
S.  255?) 

S.  358     (Disputationen).     In   der  Bearbeitimg  des  Buches 

»3pDn  C)01^(?)  von  Josef  b.  Natan  in  Prwikreich  (Cod. 
Hamburg  80,  N.  187  meines  Catalogs,  f.  66  zu  Maleachi)  heisst  es: 
„die  b«y73t)'<  •'3^  und  rmtsp  ''^a  und  die  anderen  Nationen  o:*'« 
n  apn  ÖOb  D-^td-^t:*.   —   In   dem   s.  g.  „alten*   (von  Wagenseil  in 

Tela  ignea  1681  edirten)  ]iniSD  eines  Deutschen  wird  S.  12  *nn 

auf  Ismael  bezogen  (vgl  mein  Buch  S.  268),  S.  73  die  Eroberung 
des  Grabes  Christi  durch  die  Ismaeliten  hervorgehoben;  S.  137 
wird  gefragt,  ob  Daniel  Jude,  Ismaelite  (Muhammedaner)  oder  ^1:1 
(Christ)  war;  S.  176:  Juden,  Ismaeliten,  C'^^M^t:  und  die  meisten 
Völker  bücken  sich  vor  Jesus  nicht;  ähnlich  S.  237:  nur  11 
Nationen  Hessen  sich  zum  Glauben  an  ihn  verleiten,  die  zusammen 
die  Eine  der  Ismaeliten  nicht  aufwiegen;  nach  S.  237  sollen  die 
Christen  nur  die  Ismaeliten  verfolgen  und  zu  ihrem  Glauben  zwingen; 
S.  256  die  Ism.  glauben  nicht  an  Christum  imd  haben  keinerlei 
Exil.  —  Hinweisungen  auf  Muhammed  von  Seiten  jüdischer  Dispu- 
t«nten  erwähnt  auch  Wagenseä,  Confut.  cartn.  R,  L.  p.  509,  ohne 
Quellenangabe. 

Das.    In    VO^y   ^11135   des  Isak   aus  Corbeil  §  37,  in  einer 


Noümn  und  Correapatuknzen.  395 

HS.  (bei  S.  Kohn,  Die  hebr.  HSS.  des  Ungar.  Nationalmuseums 
in  Berliners  Magazin  IV,  86,  Sonderabdr.  S.  12):  Vertilguii^  der 
Namen  von  Götzen  gilt  auch  jetzt,  wenn  die  Ismaeliten  T  V  der 
Q'fia  und  die  Edomiter  /V  der  Ismaeliten  erobern,  . .  letzteres  von 
Mekka? 

S.  363,  8.  Natan  ...IbnTibbon.  Letzteres  ist  zweifelhaft 
In  der  Hiatoire  lit.  de  la  France^  t.  XXVII  p.  550,  wird  mir 
die  falsche  Auflösung  einer  Abbreviatur  ohne  Weiteres  unterge- 
schoben (AbbremcUian  que  Mr,  Sieinschn,  rend  par  .  .  .).  Davon 
steht  kein  Wort  in  meinem  einfachen  Index  zum  Michael'schen 
Catalog  (18  4  7).  Wenn  der  Namen  ihn  Tibbon  wirklich  nur  auf 
einem  solchen  Irrthum  beruht,  so  ist  dafür  ein  vor  300  Jadren 
lebender  Autor  verantwortlich:  Abraham  ihn  Megas  (vgl.  Pol.  Lii 
8.  382),  welcher  f.  126  L  Z.  citirt  .  .  .  i^DOa  11  an  pK  in3  '-i 
mü  "p*iDT.  Diese  Stelle  citirt  schon  Zunz  in  den  Additt.  zu  De- 
litzsch's  Catalog  (1839)  p.  324,  und  daher  der  Namen  Natan  .  .  . 
»Tibbon"  in  Hamberger's  Uebersetzung  des  histor.  Wörterb.  von 
de  Bossi  (1840)  S.  245.  Dass  der  im  J.  1307  schreibende  Autor 
ein  Sohn  des  bereits  1199  übersetzenden  Samuel  sei,  ist  meines 
Wissens  Niemand  eingefallen!  die  üist.  schreibt:  notts  aurions 
.  .  un  fils  .  .  ,  ou  au  moins  un  descendant  de  la  famiUe. 
Die  Widerlegung  des  Letzteren  ist  nicht  gelungen;  im  Index  p.  759 
ist  ^pris  pour  un  fils  de  Sam^  zu  streichen.  Dass  diese,  eine 
Seite  füllende  starke  antichristliche  Stelle  gedruckt  sei,  ist  auch 
Hm.  Schiller  (Catal.  S.  192)  entgangen. 

S.  370  Z.  12:  Tortosa  (1428)  1.  1418. 

S.  408  zu  S.  17;  ßvMetino^  Juniheft:  ^RectificcUion  de  quel- 
ques erreurs  relatives  au  tnathSmaticien  arabe  Ihn  cU-Banna, 
Extrait  d^une  lettre  .  .  .  par  .  .  M,  Steinschneider'^.  Auch  in 
einem  Sonderabdruck  (2  Seiten),  wovon  mir  einige  Exemplare  zu- 
gegangen. 

S.  413  A.  1:  Die  Thora  mit  schwarzem  Feuer;  vgl.  den 
Artikel  ^Schwarz  auf  Weiss"  von  Egers  in  der  Hebr.  Bibliogr. 
N.  99  S.  63. 


Aus  einem  Briefe  des  Herrn  Hal^yy 

an  die  Redaction. 

Paris,  30.  Novembre  1877. 

—  Je  demande  la  permission  de  terminer  ma  lettre  par  une 
tentative  d'expliquer  deux  mots  talmudico-aram^ens  trfes-Qbcurs, 
qui  me  paraissent  avoir  une  origine  assyrienne  ^). 


1;   Wir  unterbreiten  diese  interessante  These  dem  Urtheiie  der  Comp^tenteiu 

P.  Bed. 


396  Notixen  und  Corrc^pondewseii. 

Le  mot  bl53^n,  «Vias^nn  ^CGq*  a  exerce  inutilement  jusqua 
präsent  la  sagacite  des  ^iymologistes.  On  se  doutait  bien  que 
c'ötait  iin  mot  ^tranger,  mais  on  besitait  ä  en  affirmer  la  prove- 
nance  d'une  mani^re  pr^cise.  Je  suis  convaincu  qu*il  presente 
Falteration  du  mot  assyrien  irb''a^«n  qui  d^signe  le  meme  gallinace. 
Dans   ses    annales,   le    roi    Sargon   dit   avoir  sacrifie   entre   autres 

volatiles   TiSaKbNb  •^rr'D'nKD  "»m^ntD  •^:b"«a^«n  „des  coqs  engraisses 

(racine  rr^«?)   et  des  poulets   (cf.  talm.  nT'a^D,   ar.  ^^^)  tendres 

(ar.  avec  nuanoe  «„.JLJ  „ötre  t^ndre,  caressant*'.  Talm.  abab  ,pousse, 
fleur  tendre').     ün  bymne  au  soleil  (IV  R  19,  no.  2)  contient  ces 

mots  (1.  59)  i:b"«5^Kn  ir-'i-N  (ttj-'ö-bKa  ttj-«?:-;«)  ••a«^  ■•b'^K  ,les 
grands  dieux  ^content  avec  plaisir  *)  le  (cbant  du)  coq**.  La  racme 
de  iDb^'a^iNn  est  naturellement  ban  ^marcber,  pietiner,  ^pier**,  racine 

qui  entre  aussi  dans  le  mot  ibÄJin*»:  „lion  sculpte**  et  dans  le 
nom  divin  Nergal,  b?"^:  qui  figure  egalement  sur  ime  inscription 
pbenicienne. 

L'autre  vocable  qui  a  aussi  fait  le  d^sespoir  des  semitistes 
jusquä  präsent,  cest  le  mot  talmudique  ::a,  «^^,  «^"•5.  Et,  en 
effet,  sous  cette  forme  il  est  absolument  impossible  d*en  deviner 
l'origine.  Constatons  d'abord  que  par  Texpression  t35,  le  Talmud 
d^signe  toute  espfece  de  contrat  et  de  document  affirmant  une 
disposition  ou  un  engagement.  Les  rabbins  disent  nettement: 
133  i^ip*««  m^iüttJ  ba  „tout  acte  conventionnel  s  appelle  aa".  Cette 
definition   m'engage    ä    ramener    ce    mot   ä   la   forme  primitive  et 

assyrienne  iiT'a .  Les  rois  ass3rriens  se  sei*vent  pour  designer  leurs 
allies  iniidöles,  des  expressions  '»TN  *T»as«3  «b  (=  h6b.  "»ninr  ^s:**:  öib), 

et  '^ri'^a  *T^ac«:  Nb  ,n  observant  pas  mon  pacte,  la  Convention  faite  avec 

moi* ;  ainsi  la  synonymie  de  n«  et  de  irr^D  dans  le  sens  de  Thebreu 
niiy  „acte  affirmatif  pouvant  servir  de  temoignage**  est  indubitable; 
c'est  precisement  la  signification  du  mot  ü5  teile  que  l'ont  definie 

les   rabbins.      Quant   ä   Tetymologie   du  terme  assyrien  nrr^a,    eile 

ne  presente  aucune  dilliculte.     nrr'a  est  contractu  de  inr'^a,   de  la 


1)  nr'^aCK,  san»  le  rodoublemont  du  SS,  se  trouvo  Del.  III,  49:  •'b"«N 
NO"»*T»«  13"«a:"«N  (^O-»»*!«)  „Le»  dieux  remarqueroiit  le  (==  mon)  desir";  va- 
riante:  ia»Ü  NO'^-|"'N  iS-'i:"«  (^"•JO-jÖi)  '•b'»«  „Los  dieux  remarquerent  le 
(==  mon)    bon   d^sir.**     Le   sens  de  gardor,    conserver  propre  a  la  racine  .'X*^ 

on  arabc,  coniine  de  tres-prös  k  la  concoption  du  ^iS  assyrion.     Comparez  aussi 

Th^breux  "i^^i^   „marquo,  signal"  et  le  verbe  mischnaitiquo  ^fit  ,,faire  des  mar- 
ques,  marquer". 


Notizen  urul  Correjq)orulemen,  397 

racine  ",id  ^affirmer,  fixer,  etablir*.     La  ressemblance  entre  «La  et 

niT^D  devient  beancoap  plus  6troite,  quand  on  sait  que  la  pro- 
nonciation  assyrienne  confondait  d'une  fa^on  presqne  illimit^e  les 
consonnes  similaires.  11  est  av6r6  que  le  verbe  iiD  se  trouve  sou- 
vent  6crit  p5 ;  d'autre  part,  la  confasion  de  r ,  ü  et  1  se  constate 
dans  un  grand  nombre  d'exemples.  On  ne  peut  donc  pas  con- 
sid^rer  comme  anormale  la  forme  KS?  pour  «ns.  Je  remarquerai 
en  passant  qu'une  confasion  entre  73  et  2  a  emp6ch6  jusquä  prä- 
sent de  reconnaitre  une  viUe  philist^enne  dans  les  Fastes  de  Sargon. 
Ce   roi   dit  qu'il  a  assi6g6  et  pris  nno«  Asdod,    TiTt^K  (Azotus) 

et  i73'»*nno»  nn)2*5 ;  quelle  est  la  demi^re  localite  ?  C  est  simplement 
la  ville  appelee  dans  la  Bible  n^,  mais  dont  la  forme  pleine  est 
na?    jardin",   suivant   ranalogie    de    nl   pour   n:i.      L'expression 

«V 

ra'^TTTO«  in?2^a  equivaut  ainsi  ä  ITiöbreu  D'^'i'nijN  na  „Gath  des 
Asdodiens". 


Ans  Briefen  des  Herrn  K.  Uimly 

an  Prof.  A.  Müller  '). 

—  Die  mir  übersandten  Bücber  sind  die  Ztschr.  XX  S.  XXXII 
unter  No.  2848  verzeichneten  von  Hm.  Dr.  A.  Bastian  eingesandten 
^23  Hefte  chinesischer  Drucke".  Eins  der  Werke  ist  unvollständig, 
nämlich  , 

1)  das  Sing  Ming  Kuei  CI  —  so  auf  dem  Schnitte  und  in 
andern  Büchern  genannt  (Sing  ming  »Leben*  kuei  cX  »Richt- 
schnur"?). Das  Werk,  genauer  betitelt  Sing  Ming  §uang  siu  wan 
Sön  kuei  ci  „doppelt  ßuang]  verbesserte  [siu]  Lebens-Richtschnur 
der  10,000  [wan]  Götter  [Sün]",  erschien  1615  und  wird  gewöhn- 
lich Yin  kao  ii  als  Verfasser  zugewiesen  (s.  auch  Wylie,  Notes  on 
Chinese  Literature  S.  178);  eine  neue  Auflage  erschien  1669, 
welche  Jahreszahl  sich  auch  unter  einer  Vorrede  der  Ausgabe  der 
Kön.  Bibliothek  zu  Berlin  (Schott's  Verzeichniss  S.  33,  II)  befindet. 
Inhalt  ist  die  Wahrsagekunst  aus  dem  menschlichen  Körper,  wie 
sie  sich  aus  der  Lehre  des  Tao  als  ein  Auswuchs  gebildet  hat. 

2)  Vollständig  in  22  Heften  ist  das  (Li  Tai)  §ön  Sien 
(fung)  Kien  „(Allgemeiner)  Spiegel  der  Götter  und  Elfen  (aller 
Zeiten)"    [auf  dem    Schnitte   steht  das  Eingeklanunerte  nicht  mit], 

1)  Oolegontlich  einer  Correspondenz ,  welche  in  Folge  der  von  Ilrn.  Ilimly 
gewünschten  Entleihnng  chinesischer  Dmckwerice  aus  der  Bibliothek  der  D.  M.  O. 
geführt  wurde,  hatte  derselbe  die  Güte,  sich  zur  Durchsicht  und  Bestimmung 
der  bisher  nicht  näher  bezeichneten  Nummern  2848  und  2818 — 19  dos  Accessions- 
verzeiclniisses  bereit  zu  erklären.  Die  Resultate  dieser  fVeundlichen  Bemühung 
werden  zur  Orientierung  der  sich  für  Sinica  interessierenden  Mitglieder  hier 
mitgetheilt.  A.  M. 


396 


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P"*  .  .ff  tt.i  f.'/t^u'ii^   ij/jfj   VMJ  Ton  r*urj{/ I  '1><J.    A'n&n^ 

J'**  liiifiiU'    «r/uht   -irji,  #i;ii,s  Sü  Tao  der  ursprüc 

*|P®  'J*  :■    '/i'ti-tUti    Th<'il<'H    «JirK    W«'rk«*s    war,    dem    es 

*^  ■•     JV^>    iiii'li    '/tiffVoiiiii.     y^\.    Kchott's  Verzeichnis 

™  'U:i't\\,iit    ^Kritwiirf  «-in^r  IJ*fsr|ireibuiif{  der  efain.   I 

^^  in    »Ut   K'ffi.   Kihliotlif'k    zu   H<frliii    i'chlt   das    erst« 

^^  I»    M    'i     liut    iillf'K   vnilNtllndii;,    H'i<i   aus  dem  Inhi 

^^  f  liii  htlif  ti   timl  iiijiHSKclx'iid  zur  iSmrhtigung^  der  l 

ngg  ifiifkiifi^    in    Hrlifitt's  Vcr/firliiiiss.     Nim  herunsgeg« 

jl^  Wf'ik    1700   vnii    i'iiit'iii    ('Uii^  und   «Mnem  Xuang  C 

AiinfnilM*    d«*r  <M'Si'lls('liatl    ist    vicllcit^ht.   von    dem  s 

et*  liiii  niitl  tili  n(Mifs'«'si'liiüt/.t4>n  Sclinörkrl/uthaten.   — 


:i)  Diis  unliT  No.üHis     111,  '/1)M(J  XXS.XXIIl  ve 
kiininii  in  Sifhotd-llolVinann's  Tatalo^is  lihr.  &  mse.  < 
\\t\\     ISir»^    vor,   und    zwar   ist   *•>  Sort.  1  Libri   Ei; 
lea  fii»kt.    v>oho)    Kin    nio   dsu  i    dai    sei    i.  e.  perfecta 

«ollrrtio    in  usum  livonuni.     I4i(>(».    t!l   toini  in   9  \ 
^^  «'isto   dor   lioidon    drr  l>,   M.  ii.    i^fhiironden  Hände 

—  il«»u   \  oi'ivdon    daN   \  «T.MMrhniss    dt'V    21    Abtbeilum: 

diovon  uut>r'*>jdil!  hat.  kann  iili  ;tu>  rivroniT  Aiischauii 
\\\\  vwiMliMi  Hiindilu'n  sind  dio  «Tston  drei  der  vc 
\lMbr*.luuir<M^  lloflniann  t«ui  liin/u:  Ri-petitA  \\\ 
I  »r.V.»^  dnuio  rl;il'orjiiT;i  :itijUr  aUtl:>.  Pii'seS  be.Zie 
•iVii  \  «'v.t  •.*  V.ir.NN  \i'rlii  ivi'l.i  ndi  -.  K;isira  ^aki  j 
«IM*«    '. .    nduiv:  :*:):a>iii-N    iiIm;    -.  •    ii.    UMiiii    tirviTiuni 


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398  NoUten  und  Correspondenzen. 

herausgegeben  vom  Eingeweihten  Gang  und  Xuang  Cang^  Lun.  Zeit 
des  Neudruckes  unbekannt,  Vorreden  (von  einem  Namens  Cangu.  s.w.) 
von  1700—17^0. 

A)  Sien  Cön  Yen  Pai ,  , Ausgiebige  Anordnung  der  Elfen  und 
Wissenden"  nach  Sü  Tao's  Worten  zusammengestellt  von  Kiö  Ku 
Li,  verbessert  herausgegeben  von  Xuang  Gang  Lun,  umfassend  die 
Abtheilungen  oder  Hefte  1  b  (ich  nenne  den  Band  mit  dem  Inhalts- 
verzeichniss  la),  2,  3,  4,  5,  6,  7  und  8. 

B)  Fu  Tsu  Guan  Töng  ,Licht  der  üeberlieferungen  von  Gau- 
tama  Buddha*'  (übrigens  ganz  vom  Standpunkte  der  Tao -Anhänger), 
nach  Sü  Tao's  Worten  zusammengestellt  von  Kiö  Ku  Li,  ver- 
bessert herausgegeben  von  Wang  Sun  I,  umfassend  9,  10,  11,  12, 
13,  14,  15,  16. 

G)  Song  Xien  Kuan  Mo,  „Abstammung  der  Heiligen  und  Welt- 
weisen*, nach  S  ü  T  a  o  's  Wollten  zusammengestellt  von  KiÖ  Ku  Li 
und  verbessert  herausgegeben  von  Cön  Cung  I,  umfassend  17,  18, 
19,  20,  21  und  22,  von  denen  aber  nur  17  ursprünglich  von  Sü 
Tao  stammt,  während  die  folgenden  Hefte  eine  Fortsetzung  ent- 
halten, die  nach  Gong  Yü  I^i's  Worten  von  Wang  Tai  Su  zu- 
sammengestellt und  von  Gön  Gtmg  I  (18),  Xuang  Gang  Lun  (19) 
und  Cön  Cung  I  nochmals  (20,  21 — 22)  verbessert  herausgegeben  ist. 

Hieraus  ergiebt  sich,  dass  Sü  Tao  der  ursprüngliche  Verfasser 
des  grössten  Theiles  des  Werkes  war,  dem  es  Wylie  a.  a.  0. 
S.  179  auch  zuerkennt.  Vgl.  Schott's  Verzeichniss  S.  32  f  und 
desselben  „Entwurf  einer  Beschreibung  der  chin.  Lit.*^  S.  29  f.  — 
In  der  Kön.  Bibliothek  zu  Berlin  fehlt  das  erste  Bändchen,  die 
D.  M.  G.  hat  alles  vollständig,  wie  aus  dem  Inhaltsverzeichnisse 
ersichtlich  und  massgebend  zur  Berichtigung  der  betreffenden  Be- 
merkung in  Schotfs  Verzeichniss.  Neu  herausgegeben  wurde  das 
Werk  1700  von  einem  Gang  und  einem  Xuang  Gang  Lun.  Die 
Ausgabe  der  Gesellschaft  ist  vielleicht  von  dem  alten  Block  mit 
hie  und  da  neugeschnitzten  Schnörkelzuthaten.  — 

3)  Das  unter  No.  2818— 1 9,  ZDMG  XX  S.XXIH  verzeichnete  Werk 
kommt  in  Siebold-Hoffmann's  Gatalogus  libr.  &  msc.  Jap.  etc.  (Lugd. 
Bat.  1845)  vor,  und  zwar  ist  es  Sect.  I  Libri  Encycl.  3  (KaSira 
gaki,  zoho)  Kin  mo  dsu  i  dai  sei  i.  e.  perfecta  adumbrationum 
collectio  in  usum  tironum.  1666.  21  tomi  in  9  voll,  in  8.  Der 
erste  der  beiden  der  D.  M.  G.  gehörenden  Bände  enthält  ausser 
den  Vorreden  das  Verzeichniss  der  21  Abtheilungen  (ob  Siebold 
diesen  mitgezählt  hat,  kann  ich  aus  eigener  Anschauung  nicht  sagen); 
im  zweiten  Bändchen  sind  die  ersten  drei  der  von  S.  genannten 
Abtheilungen.  Hoffinann  fügt  hinssu:  Repetita  libri  praecedentis 
editio  denuo  elaborata  atque  aucta.  Dieses  bezieht  sich  auf  das 
im  Verzeichniss  vorhergehende  2.  Kasira  gaki  z6-bo  Kin  mo 
dsu  i,  adumbrationes  (dsu  i)  in  usum  tironum  (kin  mo)  cum 
explicatione     figurarum    superiori   paginarum    parte    posita    (kasira 


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Notizen  und  Correspondenzen,  399 

gaki)  1661.  21  kiuen  in  8.  Aber  auch  hier  besagt  das  im 
Namen  des  Buches  vorkommende  zo  bo  oder  zo  ho  eine  ^ver- 
mehrte Auflage",  Die  erste  Abtheilung  handelt  von  der  „Himmels- 
Ininde"  (ten-bon).  Auf  der  ersten  Seite  sind  Sonne,  Mond  und 
die  fünf  altbekannten  Wandelsteihae,  die  nach  den  Grandstoffen 
Holz  (Jupiter),  Feuer  (Mars),  Erde  (Saturn),  Gold  oder  Erz 
(Venus)  und  Wasser  (Mercur)  benannt  sind.  Die  zweite  und 
dritte  Seite  zeigen  das  Tai-ki,  den  Uranfang,  und  zwar  die  zweite 
Japanisch**  (Wakoku)  den  Kuni-toko-daci,  eigentlich  erst  den  6.  Him- 
melskaiser, die  dritte  „chinesisch*^  (toto  oder  moroko^i  auf  japanisch) 
den  Pan-ku  (japanisch  ausgesprochen  Han-ko,  die  folgenden  zwei 
Zeichen  bedeuten  , Geschlecht**,  also  gleichsam  »der  von  dem  Ge- 
schlechte Panku**).  Das  Ganze  ist  sehr  hübsch  auf  eine  Art  An- 
schauungs-Unterricht berechnet.  Am  Schlüsse  des  Werkes  ist  auch 
vom  Schachspiele  die  Rede. 


Eine  Münze  Yon  ^r  malallseben  Halbinsel. 

Von 

K.  Himly. 

Mit  einer  TafeL 

Beifolgende  Abbildung  stellt  eine  Zinkmünze  aus  der  Stadt 
Singora  (oder  Sungora),  einem  Hafenorte  auf  der  Ostküste  der  Halb- 
insel Malakka,  vor,  welche  sich  im  Königl.  Neuen  Museum  in  Berlin 
befindet  und  früher  der  schönen  Münzsammlung  des  Herrn  Grimm, 
jetzigen  Eigenthümers  einer  Apotheke  in  Bangkok,  angehörte. 
Letzterer  hatte  sie  von  einem  deutschen  Schiffskapitän  erhalten. 
Durch  die  Güte  des  Herrn  Professors  Dr.  A.  Bastian,  welcher  der 
ethnographischen  Abtheilung  des  genannten  Museums  vorsteht,  bin 
ich  in  Stand  gesetzt,  ein  getreues  Abbild  der  Münze  hiermit  ein- 
zusenden, wie  denn  auch  derselbe  die  Aufschrift  geprüft  und  meine 
Lesung  des  siamesischen  Namens,  der  sich  beiläufig  in  Pallegoix' 
Wörterbuch  findet,  lediglich  bestätigt  hat 

Die  Aufschrift  der  Vorderseite  ist  chinesisch,  die  der  Hinter- 
seite theils  siamesisch,  theils  malaiisch  in  arabischen  Schriftzeichen, 
da  die  Malaien  der  Halbinsel  dem  Islam  angehören.  Die  chinesische 
und  die  malaiische  Aufischrift  sind  ein  wenig  unvollkommen,  aber 
jene  ist  genügend,  letztere  halbweges  kenntlich,  und  zwar 

1.  lautet  die  chinesische  Inschrift  über  und  unter  dem  zum 
Aufreihn  an  einem  Stricke  bestimmten  Loche:  6ön  ;|^ing  „Antrieb* 
(cön)  „zur  Blüthe''  (j^ing).  Diese  Glück  verheissende  Redensart 
entspricht  den  in  China  sogenannten  nien  /ao,  oder  kuo  ;jfao, 
„Jahres**-   oder  „Reichsnamen**,   deren   früher   ein  Kaiser   bald  für 


400  Notizen  und  Correspondenzen. 

kürzere,  bald  für  längere  Zeitaräume  mehrere,  seit  dem  Herrscher- 
hause der  Ming  aber  nur  einen  führte  ^). 

Bechts  und  links  vom  Loche  und  zwar  von  rechts  nach  links 
zu  lesen  steht  t^ung  pao,  „überall"  (tung)  „werthvoU"  (pao),  welches 
die  gewöhnliche  Bezeichnung  chinesischer  Messingmünzen  ist 

2.  Die  siamesische  Inschrift  der  Rückseite  lautet  auf  einer 
Seite  Son,  auf  der  andern  \lk.  Soi\kla  ist  der  Name  der  Stadt 
Singora  oder  Sungora,  auf  7 — 8**  N.  B.  an  der  Ostküste  der  Halb- 
insel belegen  und  Hauptstadt  einer  siamesischen  Provinz,  von  der 
aus  nach  Crawfurd  *)  die  Angelegenheiten  von  vier  malaiischen 
Lehnsfürstenthümem  besorgt  werden. 


-      9  .     O    > 


3.    Die  malaiische  Inschrift  lautet  jjXiu*.  oder  ,  jiii-^  (Singora 

oder  Suiigora),   und  sollte  vielleicht  das  gegenüberstehende  Wort 
JÜ  nagara  oder  ^^Jo  nagari  „Stadt"  sein. 

Dass  Singora  ursprünglich  dieselbe  Bedeutung  hat,  wie  Singa- 
pura,  ist  nicht  unwahrscheinlich,  da  die  Tiger,  welche  im  üeber- 
flusse  auf  der  Halbinsel  vorhanden  sind,  wohl  häufig  mit  dem 
Sanskritworte  siälia  bezeichnet  wurden.  Der  dunklere  Laut  in 
Sungora,  wie  Crawfurd  regelmässig  ausspricht,  und  Soükla  ist  also 
wohl  durch  eine  der  im  Malaiischen  gewöhnlichen  Lautwandelungen 
entstanden. 

Die  dreisprachige  Aufschrift  der  Münze  entspricht  recht  dem 
gewöhnlichen  Völkergemisch  hinterindischer  Hafenstädte,  wo  Chi- 
nesen und  Malaien  in  grosser  Menge  neben  der  sonstigen  Be- 
völkerung leben ;  hier  natürlich  ist  der  Malaie  einheimisch,  wenigstens 
wohl  seit  einer  etwas  früheren  Zeit,  als  die  Tai  (Siamesen)  ihre 
jetzige  Heimath  erobeiien  •). 

Der  Handel  ist,  soweit  er  nicht  königlich  ist,  vorzugsweise  in 
Händen  reicher  chinesischer  Kaufleute,  welche  vor  wenigen  Jahren 
noch  viele  europäisch  gebaute,  grossentheils  von  deutschen  Capitäneu 
geführte  Schiffe  besassen. 


1)  Aus  letaterem  Orande  nennt  man  ^ewöhnlicli  die  Kaiser  aus  dem  ein- 
heimischen nemcherhaase    der  Ming    und   dem  jetzigen  der  Tsinfi^  nach  diesen 

kuo  x^^' 

2)  Descriptive  dictionary  of  the  Indian  Islands  and  adjacent  countries. 
London  1856. 

3)  Im  Jahre  1160  wurde  nach  Crawfurd  (n  grammar  and  dictionary  of 
the  Malay  language  S.  VIII)  Singapore  von  malaÜHchen  Ansiedlern  aus  Sumatra 
gegründet.  Unterm  Jahre  1360  erwähnt  Pallegoix  (Qrammatica  liuguae  Thai 
S.  160)  auch  8ong-khla  unter  den  vom  neuen  siamesischen  Reiche  abhängigen 
IJindern.  Es  ist  unzweifelhaft,  da.ss  die  Tai  von  Norden  einwanderton,  wie  sie 
ja  auch  nach  Edkins'  Forschungen  sprachlich  mit  einigen  Stämmen  der  Urein- 
wohner Süd-China's  zusammenhängen. 


401 


Bibliographische  Anzeigen. 

Semitica  von  Paul  de  Lagarde.  Erstes  heft.  Aus 
d,  23.  bände  der  cAhandlungen  d.  kgl,  ges.  d.  wiss,  eu 
Oöttingen,  Göttmgen,  Dietrich'sche  verlags-buchhandlung 
1878.     (71  SS.     4.). 

Der  erste  Theil  dieser  Schrift  heisst:  ^Kritische  anmerknngen 
zum  buche  Isaias.  Erstes  stück%  der  zweite:  „Erklärung  chal- 
däischer  Wörter.  Erstes  stück.**  Beide  Hälften  haben  aber  nicht 
bloss  in  der  Methode  und  im  Tone,  sondern  auch  inhaltlich  viel 
Gemeinsames,  und  die  Beurtheilung  kann  vielfach  von  der  einen 
auf  die  andere  übergreifen. 

Mit  bekanntem  Scharfsinn  und  bekannter  Entschiedenheit  sucht 
Lagarde  die  Schäden  in  unserm  Text  des  Isaia  aufzudecken  und 
zu  heben.  Sowohl  im  Negativen  wie  im  Positiven  muss  ich 
ihm  oft  beistimmen,  aber  allerdings  mindestens  eben  so  oft  kann 
ich  mich  zu  solcher  Beistinmiung  nicht  verstehn  oder  muss  ich 
doch  mein  Urtheil  suspendieren.  Sehr  plausibel  ist  z.  B.  auch  mir 
die  Streichung  von  "»3^0  Jes.  1 7,  i  als  aus  dem  vorhergehenden 
^■•^73  geflossen.  An  ^iT^iT  v.  2  haben  auch  schon  Andre  Anstoss 
genonunen,  und  auf  die  nach  den  LXX  gemachte  Verbesserung 
ly  "^ly  H'^^y  ist  Lagarde  wohl  auch  kaum  zuerst  gekonmien.  Etwas 
bedenklicher  ist  mir  schon  sein  D?  .  .  .  tin«:  »hat  sich  verbrüdert 
mit*  Jes.  7,  2  für  br  .  .  . .  Sina ;  was  die  alten  Uebersetzer  hier 
gerathen  haben,  ist  für  uns  ohne  Gewicht,  ünnöthig  ist  die 
Anzweiflung  von  ncn  Jes.  11, 11.  Weil  das  Reich  Davids  und  Jero- 
beam's  11.  bis  in  die  Gegend  von  Hamäth  gereicht  hatte,  wird  der 
Ort  zuweilen  in  der  idealen  Begränzung  Israel's  mit  erwähnt,  aber 
in  Wirklichkeit  ist  er  von  Jerusalem  reichlich  so  entlegen  wie  das 
in  demselben  Verse  genannte  Aegypten  *).  IJazzä  hier  einzusetzen 
ist  ganz  willkürlich.  Dass  dies  „der  einheimische  Name  Adiabene's" 
sei,    ist   übrigens  unrichtig.     So  viel  wir  wissen,   ist  Jj*.   (Martyr. 


1)   Ich   berechne    aus   Muqaddast   von   Jerusalem   nach   Hamäth   wie  nach 
Cairo  (mit  dem  Umweg  über  Damiette)  je  ungefähr  11  Tagereisen. 

Bd.  XXXII.  2C 


402  BibliographUehe  Anzeigen. 

1,  129),  si>>  nur  Name  eines  Oertchens,  das  zeitweise  die  Haupt- 
stadt von  £[adjab  gewesen  ist  Der  betreffende  kirchliche  Sprengel 
kann  natürlich  nach  dem  Orte  Hazza  (so  gewöhnlich  in  arab. 
Texten)    wie  nach  dem  Lande  Hadjab  (so  in  syr.  Texten)  genannt 

werden;   ebenso  sind  Hi^  ölä*«»».    Ihn   Qauqal    145    und    Xa^r^ij 

Strabo  735  Bezeichnungen  des  Landes  nach  dem  Hauptort  —  Um 
gleich  bei  der  Geographie  zu  bleiben,  so  scheint  mir  ^üa  Ps.  68,  23 
freilich  auch  bedenklich,  aber  Lagarde's  Ansicht,  dass  Basan  so 
schlechtweg  zum  gelobten  Lande  gehöre  wie  Hessen  zu  Deutschland 
(S.  52),  ist  nicht  zutreffend.  Basui  im  eigentlichen  Sinne  (die 
heutige  Nuqra,  die  Gegend  von  Adhri*&t  "•y-n«)  ist  national  wie 
politisch  immer  nur  vorübergehend  israelitisch  gewesen;  musste 
Israel  doch  alle  Krftfbe  aufbieten,  um  nur  Gilead  gegen  die  Damas- 
cener  zu  vertheidigen.  —  Gunz  zulässig  ist  ^HÄ^tj  Jes.  9, 12,  welches 
nach  Lagarde  „den  Grundregeln  semitischer  Syntax  widerstrebt *" 
Jede  ausführliche  hebräische  Grammatik  ^)  zählt  die  Fälle  von 
DStiabTsn  2  Sam.  1,  u  bis  ■'D^ayTTi  Ps.  103,  4  auf,  womit  längst 

^j^{  'JartS&s  und  ähnliche  Fälle  *)  aus  dem  Arabischen  ver- 
glichen sind.  Sein  ?Tiy  für  n?  erlaube  ich  mir  ein  wenig  monströs 
zu  finden;   ursprüngliches  ^acUn,    das  so  wenig  ein  Plural  ist  wie 

Jl  "»b»;     JL«:  "»by,  wird  eben  zunächst  ny,  nicht  mr.  —  Auch 

sonst  zeigt  die  Schrift  einige  auffallende  granunatische  Ansichten. 
Dass  Formen  wie  ■'^sa  zunächst  zum  Piel  gehören,  ist  sicher  (s. 
z.  B.  Geiger,  Sprache  der  Mischnah  I,  S.  47 ;  Ewald  a.  a.  0.  §  156  a) ; 
dagegen    haben,   wie   längst  erkannt  ist  (z.  B.  wieder  von  Ewald) 

^Utd  und  die  verwandten  Formen  mit  dem  Piel  nur  das  gemein, 
dass    beide    eine    Intension    ausdrücken,    aber   jenes    ist    nur    die 

Steigerung  des  Part.  Qal^  nicht  des  Piel.  J^^  ist  ^est  stehend", 
nicht  „auMchtend*'  («^  ,,aufrichten*') ;  'iS%^  „hochgelehrt*^,  nicht 
„Lehrer"  (JLjuo),  und  ebenso  ist's  in  den  entsprechenden  aram. 
und   hebr.  Formen  *).     Fälle   wie  ^^cLl    „verderblich"    =    \^Av^ 


1)  Z.  B.  Ewald  (Ausg.  von  1863)  §  290d;  vgl.  Philipp!,  Stat.  constr.  S.  30. 

2)  Vgl.  z.  B.  ^^umJI  A'd[ä  in  Morgenl.  Forscluuigon  248;  ^S^^'^y^^ 
Harn.  273;  vjJ^^JcXil  Hain.  467. 

3)  S.  u.  A.  Mandäischo  Grammatik  S.  120  f.  —  Ich  orgreife  diese  Ge- 
legenheit, das  arge  Versehen  zu  berichtigen^  dass  ich  MT^  ^  „Stock'^  als  semitisches 
Wort  behandelt  habe,  während  es  bekanntlich  iranisch  ist. 


ßibliographütche  Anzeigen,  403 

sind  sehr  selten.  Unrichtig  ist  daher  (S.  4),  dass  althebr.  •*ta  durch 
■•^33  gesichert  sei.  Uebrigens  ist  es  noch  sehr  zweifelhaft,  dass 
eine  Form  *  "«sa  im  Hebr.  auch  vor  Suffixen  ihre  Laute  unverändert 

T- 

behalten  hätte  (Lagarde's  "^^^l?)»  und  dazu  passt  Jes.  49, 1 7  das 
reine  Part.  T^^iih  »die  dich  erbauen*^  als  Gegensatz  zu  ^"«o^rsja  und 

*]'*ä'»in73    m.   E.   besser    denn   ,^deine  Baumeister*.  —  d»^  ^    ^^^ 

dialectische   Umwandlung    von    J^ajc    (welches    aber    die  Mehrzahl 

der  Araber  beibehalten  zu  haben  scheint)  hat  im  Arabischen,  wo 
es  selten  ^)  ist,  sehr  intensive  Bedeutung ,  während  /'a"i/  im  Ara- 
mäischen,  vor  Allem   im  Syr.,    so   überhand  genonunen  und  sich 

an  die  Stelle  einfacher  Bildungen  wie  J^aas  gesetzt  hat,  dass  ihm 

alle  Intensivbedeutung  abhanden  gekommen  ist;  wo  es  im  Syr. 
zu   einem  Verb   gehört,    ist   das   fast   stets  ein  intransitives  QaL 

Die  Aussprache  Jwajc   ist  im  Aram.  schwerlich   nachzuweisen.    La- 

garde's  Entdeckung  von  dem  nabatäischen  Msaaiccg  n^^^  ?  welcher 
wiederholentlich  salbt*  (S.  50  f.),  wollen  wir  auf  sich  beruhen  lassen; 

wie  er  M^aaiaq  von  ■»''  tr'm,  ycn'^xa'n  KDbn,  l--^^v^  ^qa^  v^o 

trennen  will,  sehe  ich  nicht  ein.  rrcr  fär  TS  haben  wir  ja  auch  in 
*Ie<f(fai,  und  in  einem  früh  gräcisierten  Namen  würde  selbst  eine 
stärkere  Lautveränderung  nicht  befremden.  —  Ueber  die  Aspiration 
der  Mutae  nDDn:in  im  Aramäischen  äussert  Lagarde  wiederholt  An- 
sichten, welche  mit  unserer  ganzen,  aus  der  Zeit  des  vollen  Lebens 
der  Sprache  stammenden  Ueberlieferung  streiten.  Das  Aramäische 
hat  nämlich  schon  zur  Zeit,  wo  das  Grundgesetz  der  Aspiration 
(„weiche*  Aussprache  einfacher  Mutae  nach  Vocalen)  noch  galt, 
manche  Vocale  völlig  unterdrückt,  welche  im  Hebr.  noch  als  Schwa 
mob.  bleiben,  und  erträgt,  im  Gegensatz  zu  diesem,  auch  im  Inlaut 
geschlossene  Silben  mit  langem  Vocal.  So  schon  im  Bibeltext 
nicht    bloss    das    von   Lagarde   bemängelte    »nni73  Esra   4, 12.  15, 

_  •         »TW 

sondern  auch  Mn'i^sa  Dan.  2,  s  u.  s.  w.;  s.  Luzzatto,  Caldeo  biblico 
§  3.  Ganz  damit  stinmit  die  syr.  Ueberlieferung,  wie  sie  in 
den  massoretischen  Büchern  der  Nestorianer  (in  dem  bekannten 
Codex  des  Brit.  Mus.  von  899)  und  der  Jacobiten  (den  „karka- 
phischen*  Handschriften),  in  den  Angaben  des  Barh.  und  in  der 
Punctation    von   Bibelhandschriften    selbst    erscheint     Plural    von 

käthebh  ist  nach  allen  Ueberlieferungen  y^^^  kdthbin  mit  hartem 


1)  Aber   doch   echt   (gegen  Lagarde  S.  51).     Wörter   wie  wu^,    j^t^^^ 

(Tha'lab,    Fasih    28)    sind    gewiss    nicht    fremd    oder    nach    Analogie    fremder 
Wörter  gebildet. 

26* 


404  Bibliographiache  Ansteigen. 

by   nicht  kdthebhtn,   und   nach  Analogie    von  J?.o  n\j^   pdlgüthd 

mit  hartem  g  müsste  es  2  Thess.  2,  s  heissen  mdrdüthä ,  nicht 
fndredhiUhd  (S.  3) ') .  Die  Ostsyrer  haben  nun  allerdings  solche 
Vocale  in  geschlossenen  Silben  oft  verkürzt,  nicht  aber,  so  viel 
wir  wissen,  die  "Westsyrer,  welche  dieselben  Aspirationsgesetze  ein- 
halten.    Auf  starken   Verwechslungen   beruht   es,    wenn   Lagarde 

Jlyv^ft  „Höhle*"  hierher  zieht  (S.  3).  Dies  Wort  hat  auch  bei  den 
Nestorianem  nicht,    wie  er  meint,  ein  hartes,  sondern  ein  weiches 

p,  und  das  a  des  y  ist  bei  allen  Syrern  im  Sg.  wie  im  Plur.  J-^ 


\'nr 


(z.   B.   Richter    6,  t)   kurz.      Damit   stimmt   ».ju^   in   Namen   von 


syrischen  Städten,  und  auch  das  hehr.  r;^y)3 ,  rTi?^   wird  zunächst 
für    Ti^yii    u.    s.   w.    stehn:    alles    von    '^ny.      Dass    die    Araber 


T- 


H  ^Jla  y  s  .L^  u.  s.  w.  haben,  giebt  uns  bloss  einen  weiteren  Beleg  zu 

dem  Wechselspiel  der  Wurzeln  ^yy  und  'ly.  Hätte  übrigens  das 
Aramäische  auch  wirklich  ganz  die  Aspirationsregeln  des  Hebräischen, 
so  wären  diese  doch  schwerlich  auf  alle  Fremdwörter  auszudehnen, 
wie  z.  B.  amdrkal  (S.  45)^);  man  denke  nur  an  Fälle  wie  mpis 
(mit  p)  und  pethghdmd  (mit  gK),  —  Aus  guten  Gründen  hat  man 
sich  gewöhnt,  syrische  Substantiva  in  der  Form,  des  Stat.  emph. 
anzuführen;  ich  habe  diesen  Gebrauch  ausdrücklich  vertheidigt  und 
muss  mich  daher  in  das  verächtliche:  „ohne  artikel  tun  es  diese 
leute  nichf  (S.  22)  mit  einbegreifen.  Da  zunächst  Gesenius  ge- 
meint ist  und  so  ziemlich  alle  Fachgenossen  es  ebenso  machen, 
so  bilden  seine  iati  freilich  eine  ganz  anständige  Gesellschaft.  Nun, 
man  sieht  hier,  was  aus  dem  Aufgeben  dieses  Gebrauchs  kommt: 
wir  begegnen  bei  Lagarde  einer  Reihe  von  Formen,  welche  in  der 
uns  bekannten  Gestalt  der  Sprache  nicht  vorhanden,  ja  von  denen 
einige  überhaupt  niemals  gesprochen  sind.  Woher  weiss  z.  B. 
Lagarde,   dass    der  nicht  nachweisbare  St.  abs.  (oder  constr.)  von 

JXffcyO^  ist  JJq^^  (soll  wohl  p'üle  sein) ?    Ein  solch  räthselhaftes 

•^  finden   wir  im  Syr.  ja   auch   in  ganz   andern  Formen  z.  B.  im 

Fem.  sg.  st,  obs,  \M^)   (gegenüber  jLio^J   nnd  dem  masc.  io^j , 

JiQ^)) .     Auf  die  hebr.  Abstracta  "«cnon  und  *  r:;.i7:«  möchte  ich 

1)  Welche  Form  aber  a.  a.  O.  für  JLOIV^  ^^  leson,  vermag  ich  ohne 
weitere  Hülfkmittel  nicht  anzogeben.     Dem  sonstigen  Sprachgebrauch  angemessen 

Wäre  JloiO'tid  oder  jLo^pD. 

2)  Unnöthig  ist  wohl  auch  das  Schwa  compos.  in  gdhwärak  (S.  57),  zumal 
ja  im  Pers.  nach  durchgreifender  Regel  daneben  gahwärak  (mit  kurzem  ti) 
erlaubt  ist. 


Biblioffraphitche  Ansseigeru  405 

einstweilen  lieber  noch  verzichten!  Will  Lagarde  übrigens  die 
Themata  der  Wörter  statt  ihrer  wirklich  gebräuchlichen  Form 
setzen ,    dann    muss    er    die  *  Formen    auf  |)L   mit   1.   statt    mit   J 

schreiben;    er    entgeht    dadurch    auch    der   Unbequemlichkeit,    in 

Fällen   wie   JbiSQSc&d   zu   entscheiden,   ob   das  ].  die  syr.  Fem.- 

Endung  ist   oder  nicht;    gegeben   hat   es   aber  natürlich  im  Sjr. 

weder  ein  jnnOwv>oi  noch  ein  K<vnOi<v%o> 

Ich  könnte  noch  viel  Raum  mit  der  Beurtheilung  der  text- 
kritischen Vorschläge  Lagarde's  ausfüllen,  namentlich  derer,  welche 
tiefer  einschneiden.  Sie  verdienen  alle  eine  ernste  Erwägung,  aber 
der  Leser  muss  sich,  wie  immer  bei  Lagarde,  hüten,  dass  er  sich 
nicht  durch  dessen  apodictische  Ausdrucksweise  auch  für  höchst 
missliche  Ansichten  gewinnen  lasse.  Das  Beweisverfahren  geht  eben 
zu    oft  von   rein   subjectiven  Annahmen   aus.     Ein   Muster   dieser 

Argumentation  ist  Folgendes:  ,*^cä ist  meiner  meinung  nac/i^) 

erst  aus  rf^^cri  erschlossen,  als  man  dies  für  ein  femininum  eines 
adjectivs  zu  betrachten  anfieng.  Darum  findet  sich  auch  zu  *ic5 
in  den  dialecten  kein  analogen,  und  da  soll  Genes.  6,  i4  alt  sein  !*' 
Also,  weil  Lagarde  eine  äusserst  anfechtbare  Meinung  hat^  ist  es 
verkehrt.  Gen.  6,  u  für  alt  zu  halten!^) 

Die  Liebhaberei,  die  Sachen  zu  besprechen,  wo  man  sie  kaum 
sucht  —  eine  Liebhaberei,  welche  gewiss  grosse  Schuld  an  der 
von  ihm  so  sehr  beklagten  Nichtbeachtung  trägt  —  veranlasst  ihn, 
S.  22  ff.  in  den  Bemerkungen  zum  Jesaias  eine  Anzahl  Belege  für 
die    Lautverschiebungsreihe    (j^  at  ^    zu    geben.      Die    Liste    ist 

dankenswerth,  aber  ich  glaube  kaum,  dass  einer  von  denen,  welche 
ernsthaft  als  semitische  Sprachvergleicher  gelten  können,  wesentlich 
Neues  daraus  lernen  wird,  denn  die  sicheren  Beispiele  dürften 
ihnen  allen  bekannt  sein.  Unsicher  bleibt  aber  doch  Einiges.  Hebr. 
^^^y  ist  als  aram.  Lehnwort  noch  nicht  gewiss.  —  Vi^^  ^^^  nicht  = 

->Uto,    sondern   =    j-:^.      Letzteres    heisst    n<^<^^9    knotig    sein** 

^T^   ist   „grob*    (von   den  Sinnen,   im  Gegensatz  zu   ^^JO)   Efr. 

ni,  141  B;  „schwer**  (Fesseln)  Apost.  apocr.  23,  n;  (Mühen, 
Leiden)  Land,  Anecd.  ü,  61,8;  Euseb.  Theoph.  IQ,  39  (pg.  4,  i); 
(Sünden)   Ass.    III,  i,  310;    „massig**   Barh.    zu   Gen.    1, 21;    „roh** 

Knös  116,  5;  „schrecklich**  (Stimmen)  Land  11,  61,  3  v.  u.  So  jLoV^^ 
„Härte**    (des  Winters)  Land  II,  214  ult.;    (der  Behandlung)   Isaac 


1)  Von  mir  hervorgehoben. 

2)  Schon  die  erste  Voraussetzung,  dass  ri^^E3  C>J^y>    J^  .*  *n^  „Schwefel" 

von  baktr.  vohükcreti  komme,    dos    „Kienholz"   bedeuten  soll,  ist  lautlich  wie 
begrifflich  mehr  als  zweifelhaft. 


406  BibUoyraphüche  Anzeigen, 

n,  148  V.  143;   „Rohheit**   oder  „Dummheit"  Barh.  Carm.  141,  is; 

mm 

dasselbe  ist  jLoio^jJ^  Georg.  Arabs  bei  Lagarde,  Anal.  120,  2  = 
Wright's  Aphr.  35,  i6.  —  y*ip  »zerreissen*  ist  nicht  aramäisch,  son- 
dern hebräisch,  also  von  ijo3  zu  trennen.  —  \jaso  =  >^3kl  ist  zu 
streichen,  denn  y^/  „ausbrüten*^  konunt  von  ^\2>  (dessen  Identität 

mit  ijiss  sicher  steht).     Das  Verzeichniss  wird  sich  noch  ziemlich 

vermehren  lassen ;  vgl.  z.  B.  die  Spielart  der  y  -^  '  '^ ,  "^^^j 
jlV^;  Qö^i,  yyp,  ^ö30;  sir^x,  Kn'«3'n5^  («n-^s^niK);  ooy),  yn» 

(Hiob  16,  3;  1  Kge.  2,  s;  Micha  2,  lo),  ^•^.  Warum  lässt  Lagarde 
neben  yy ,  y«  das  arab.  K^r  0  weg  ?  Auch  die  andre  Reihe 
(jo  ^  •  Hesse  sich  noch  etwas  stärker  mit  sichern  Beispielen 
belegen  als  mit  Lagai'de's  beiden-):  Jcmö,  T^a:,  ^.;  ^jä.«j>, 
■pan,  Ä*.  (neben  ^^jo-) ;  ^^^^^ia/»,  «stü.  Ja;  [J^^u^,  »^:  ^y^, 
^i    (s.  Laz.  Geiger,  Ürspr.  d.  Sprache  416).     Seltsam  ist  Lagarde's 

Vorschlag,  diese  letzte  Reihe  einem  Dialect  zuzuschreiben,  welcher 
aus  dem  Arab.  und  Syr.  ebenso  gemischt  sei  wie  das  Idiom  der 
Miniscalchi'schen  Evangelien  „aus  dem  hebräischen  und  dem  eigent- 
lichen syrisch  zusammengeflossen*'  sein  soll!! 

Zwischen  den  textkritischen  und  sprachlichen  Bemerkungen 
finden  wir  gelegentlich  dogmatische  und  dogmengeschichtliche  Er- 
örterungen, welche  auch  da,  wo  sie  gegen  die  ganze  jüdische  oder 
christliche  Theologie  gerichtet  sind,  doch  einen  theologischen  Eifer 
zeigen,  der  uns  Philologen  wenig  behagt. 

Viel  weniger  Gelegenheit  zum  Widerspruch  als  der  erste  giebt 
mir  der  zweite  Theil  der  Schrift.  Freilich  muss  ich  gleich  seine 
Vertheidigung  des  Namens  „chaldäisch^  missbilligen.  „Chaldäisch" 
haben  alte  christliche  Theologen  aus  Misverständniss  von  Dan.  2,  4 
zunächst  das  biblische  Aramäisch  benannt;  so  nennt  auch  die  Massora 
des  Onkelos  diesen  Dialect  und  zwar  im  Oegenaatz  zur  Sprache 
des  Targum  ^ ;  ähnlich  wird  auch  die  jüdische  Angabe  im  Fihrist 
23, 8    zu   verstehn    sein ,   wonach   die  Mischna   in   hebräischer  und 

chaldäischer  (  ^\>XmS)  Sprache  sei.    Wollte  jemand  den  Ausdruck 


1)  Vgl.  GGA  1862  Stück  14,  544. 

2)  [yo^mJi    gehört    auch    hier    nicht    hör,    sondern    die    Reihe    ist    (jo.. 

Cvgl.  besonders   \^S)^   V^P>    H^  • 

3)  S.  Berliner's  (2.)  Ausgabe,  Eiul.  XVIII. 


Bibliographische  Änaeigen.  407 

in  dieser  Beschränkung  auf  das  biblisch-Aramäische  anwenden,  so 
könnte  man  sich  das  allenfalls  gefallen  lassen,  wie  leicht  der  Name 
auch  irreführt.  Aber  man  nennt  jetzt  seit  einigen  Jahrhunderten 
alle  in  jüdischen  Schriften  gebrauchten  Dialecte  «chaldäisch*^,  während 
dieselbcH  den  andern  aram.  Mundarten  gegenüber  doch  gar  keine 
sprachliche  Einheit  bilden,  und  das  ist  entschieden  zu  verwerfen. 
Ist  es  nicht  seltsam,  das  Aramäische  der  Bibel,  aller  Targume, 
beider  Talmude  u.  s.  w.  unter  einem  gemeinschaftlichen  linguistischen 
Namen  zusammenzufassen,  während  doch  das  Mandäische  dem 
Vulgärdialect  des  babyl.  Talmud's,  das  christlich -Palästinische  und 
das  Samaritanische  dem  Dialect  der  in  Palästina  abgeschlossenen 
späteren  jüdischen  Schriftwerke  viel  näher  stehn  als  beide  Gruppen 
sich  untereinander?  Eben  dieser  umstand,  dass  jener  Ausdruck 
eine  linguistische  Gemeinschaft  statuiert,  welche  nicht  vorhanden 
ist,  spricht  am  entschiedensten  gegen  den  Namen  „chaldäisch^. 
Ganz  anders  ist  es,  wenn  man  den  ursprünglich  in  viel  weiterem 
Sinne  gebrauchten  Ausdruck  „syrisch*  speciell  von  dem  Dialect 
gebraucht,  welcher  eben  die  Schriftsprache  der  meisten  Aramäer 
geworden  ist  Wir  nennen  das  Edessenische  „syrisch''  auch  gegen- 
über andern  aram.  Dialecten,  die  an  sich  eben  so  gut  „syrisch'' 
sind,  mit  demselben  Becht  wie  wir  z.  B.  das  Toscanische  schlecht- 
weg „italiänisch"  nennen  auch  im  Gegensatz  zu  andern  italiänischen 
Dialecten.  Die  Hauptsache  ist,  dass  eben  die  Syrer  selbst  ihre 
Sprache  seit  sehr  alter  Zeit  so  nannten.  Jacob  von  Edessa  braucht, 
was  Lagarde  nicht  hervorhebt,  als  synonym  „edessenisch*,  „meso- 
potamisch*  und  „syrisch*  von  Sprache  und  Schrift. 

Dieser  zweite  Theil  erklärt  hauptsächlich  persische  Lehn- 
wörter in  alten  jüdischen  Schriften,  bildet  also  eine  Ergänzung  zu 
dem  ersten  Abschnitt  der  „gesammelten  Abhandlungen*.  Da  sind 
wieder  einige  vorzügliche  Entdeckungen  wie  z.  B.  D'^S^SK  „halb 
gar*  =  /^-fl  „über  halb  (gebraten)*.     Beinahe  noch  mehr  als  an 

der  Erklärung  solcher  Wörter  selbst  scheint  aber  Lagarde  daran 
zu  liegen,  festzustellen,  wer  diese  oder  jene  Deutung  zuerst  gegeben 
hat.  Ich  denke  nun  jedoch,  darauf  kommt  wenigstens  bei  völlig 
klaren  Wörtern  gar  nichts  an.  Welche  persischen  Wörter  er  in 
«rnoia  „Garten*,  NS-'jan  „Gürtel*,  «n^n  „Hefe*,  Nn^ipoi  »Dorf* 
vor  sich  hat,  weiss  jeder,  der  nur  ganz  massige  pers.  Kenntnisse 
besitzt,  auch  ohne  es  von  Beland  oder  Lagarde  lernen  zu  müssen ; 
es  wäre  eine  harte  Zumuthung  an  unsre  Arbeitszeit,  wenn  wir,  so 
oft  wir  zum  Nutzen  der  Anfänger  so  etwas  ganz  Sicheres  erwähnen, 
uns  danach  un^sehn  sollten,  wer  etwa  vor  uns  dasselbe  gesagt 
habe.  Was  soll  nun  z.  B.  die  ganze  Buchführung  über  die  Leute, 
welche  sich  über  parwdnak  ausgesprochen  haben,  ohne  dass  sach- 
lich dabei  irgend  Neues  herauskäme? 

Die  Einzelheiten  dieser  Abhandlung  geben  natürlich  zu  man- 
cherlei Ergänzungen,  Bestätigungen  und  Einwendungen  Anlass ;  ich 
beschränke  mich  aber  auf  einige  wenige  Bemerkungen. 


408  BibUograpkuehe  Anzeigen. 

Dass  pers.  afzdr  «Zubehör,  Greräth*  von  der  |/car  komme 
(S.  37),  ist  desshalb  nicht  recht  wahrscheinlich,  weil  es  schon  im 
Phl.,   wo  es  ziemlich  häufig  ist,  immer  mit  T,   nicht  mit  at  (cL  i. 

T  r)   geschrieben   wird.     Man   hat   wohl   an  Yzar   (skr.   har)   zu 

denken. 

Ueber  «ps-'Tn«  (S.  40)  bin  ich  sehr  im  Unklaren.  Die  Be- 
deutung scheint  nach  Baba  b.  6  b  (aufweiche  Stelle  mich  Levy  s.  v. 
führt)  »Schaden*  und  dann  „Ausgabe'  zu  sein.  Ist  vielleicht  ein 
Zusammenhang  mit  .  Aj :  (talm.  «:"<"<t;  mand.  ä3'^»t)?  Dass  an- 
lautendes  iK  je  =  pers.  ^3-  oder  ^   sein  könne ,  bezweifle   ich 


sehr,  und  würde  ich  daher  für  KiDiDia  =   ,bCÄ,3-   nicht  «'^.DOi« 

sondern  K^DtJin  oder  «*iDOi!l  verbessern.  Hu  und  chu  wechseln 
aber  im  Persischen  so,  dass  die  Veränderung  des  überlieferten 
KT^'^^in«  in  «•T^'^^inK  (S.  42)  nicht  nöthig  erscheint 

Was  15:'^«  (S.  45)  sei,  ist  mir  auch  noch  unsicher.     Die  Ver- 

Wandlung  in  a^i'^N  oder  an:«  =  pers.  v^^Jo!  hat  u.  A.  gegen  sich, 

dass  dieses  (als  Diminutiv  von  and  „so  viel';  also  tantulum) 
sicher  auf  k  ausgeht,  nicht  auf  g.  Beiläufig  bemerke  ich,  dass 
das  in  der  betreffenden  Talmudstelle  (Gittin  58  a)  daneben  stehende 

KnOTS  „Seite  im  Buche"  =  jK^cn^  Wright,  Catal.  839  a  ist. 

üeber  «nocON  „Luceme'  (46  f.)  habe  ich  auch  Einiges  (sprach- 
lich und  sachlich)  gesammelt;  davon  demnächst  vielleicht  mehr. 
Für  jetzt  nur,  dass  die  Etymologie  dieses  Wortes  schwerlich  eine 
andere  ist  als  asp-aat  „Bossnahrung'  (Pari  von  ad  „essen');  die 
Luceme  {aapaat^  jAtjSiXf],  medicago  aatioa)  galt  ja  als  das  beste 
Pferdefutter. 

Dass  '^pTS^CDM  allein  berechtigt  ist,  nicht  auch  *>72pncDM, 
zeigen  u.  A.  die  syr.  Formen  ZDMG  XXX,  769. 

Unnöthig   war   es,    so   landläufige   arab.  Wörter   wie  \üu^:>- 

durch  Citate  zu  belegen;  freilich  ist  ein  zu  viel  in  solchen  Dingen 
besser  als  zu  wenig. 

Ich  habe  schon  angedeutet,  welchen  Werth  Lagarde  auf  die 
Priorität  legt,  und  fast  scheint  es,  als  habe  er  diese  Schrift  bloss 
herausgegeben,  um  die  Priorität  seiner  Funde  —  auch  derer,  welche 
am  Wege  lagen  —  zu  sichern  und  bei  der  Nachwelt  die  Zeit- 
genossen zu  verklagen,  welche  ihn  schnöde  ignorierten.  Er  redet, 
als  bestehe  eine  Verschwörung  von  Thoren  und  Schurken,  ihn 
todt  zu  schweigen.  Man  höre :  „dass  in  ZDMG  der  name  Lagarde 
verpönt  ist,  weiss  ich  längst'  (S.  19),  „die  geflissentliche  nicht- 
achtung,  welche  man  meinen  früheren  arbeiten  hat  angedeihen 
lassen'  (S.  36)  u.  s.  w.  Diese  Klage  über  Nichtbeachtung  ist  auf 
alle  Fälle  sehr  übertrieben.  Einige  seiner  Werke,  z.  B.  die  Aus- 
gaben arabischer  Bibelübersetzungen,  konnten  ja  von  vom  herein 
nur  auf  einen  sehi*  kleinen  Leserkreis  auch  unter  den  Orientalisten 


BibUoffraphitche  Awieiff&n,  409 

rechnen,  und  dazu  erschwert  Lagarde  die  Benutzung  und  Be- 
sprechung seiner  Werke  nicht  wenig  durch  die  Art  der  Anordnung 
und  mancherlei  Excentricitäten,  namentlich  auch  durch  den  ver- 
driesslichen  Ton.  Wie  dem  nun  auch  sei,  ich  bin  mir  bewusst, 
die  Werke  Lagarde's,  welche  innerhalb  meines  Studienkreises  liegen, 
nicht  bloss  benutzt,  sondern  auch,  wo  es  anging,  citiert  zu  haben, 
wenn  es  mir  auch  immerhin  begegnet  sein  mag,  dass  ich  das  in 
tninimis  oder  aus  Gedächtnisstäuschung  einmal  unterlassen  habe; 
bekannt  sind  mir  solche  Fälle  aber  nicht.  Ich  war  also  nicht 
gefasst   auf   einen   Ausspruch    wie:    „Ich    habe    1872 T^Sia 

-.<^  '^  =  pnLÄ-fAi    gesetzt,     was    selbstverständlich    vier   jare 

später  ZDMG  XXIX,  650  unbekannt  ist".  Verfasser  des  betreffen- 
den Aufsatzes  bin  eben  ich.  Mit  den  genannten  und  ähnlichen 
Aussprüchen  zusammengehalten,  ist  das  kaum  anders  aufzufassen, 
denn  als  eine  Beschuldigung  absichtlicher  Unterschlagung;  man 
beachte  das  „selbstverständlich*!  Da  ich  leider  kein  Armenisch 
verstehe,  so  hätte  mich  jene  Zusanmienstellung,  wenn  ich  mich 
ihrer  erinnert  hätte,  doch  höchstens  dazu  veranlassen  können,  zu 
erwähnen,  dass  das  Wort  nach  Lagarde  auch  im  Armenischen  vor- 
komme. Ob  aus  der  armen.  Form  irgend  etwas  für  die  Etymologie 
folgt,  bezweifle  ich  etwas;  aus  Beobachtungen  darüber,  wie  die 
älteren  Armenier  fremde  Wörter,  besonders  Eigennamen  schreiben, 

glaube  ich  gefunden  zu  haben,  dass  der  Buchstabe  et    in    griech. 

Wörtern  fehlt,  aber  semit  2  ijo  wiedergiebt:   — »Äi  =  pnLO-h*ii 

wäre  also  ideni  per  idem.  Und  wie  konnte  Lagarde  den  sei. 
Eoediger  in  ähnlicher  Weise  einer  geflissentlichen  Unterdrückung 
seines  Namens  zeihen,  während  derselbe  ihn  doch  ZDMG  XVI,  552 
aufs  Wärmste  anerkannt  hat! 

Dass  nun  Lagarde  selbst  auch  wohl  einmal  Bemerkungen 
Früherer  übersieht,  will  ich  ihm  zeigen,  wie  ich  das  auch  schon 
gelegentlich    oben    angedeutet    habe,      üeber  |iOufiQi2D   (S.    16)    s. 

o  -   i 

ZDMG   XXV,    673;    über   ^  =   xaotoov    und    ^b^J,  ^  = 

XfiaTrig  GGAnz.  1865  Stück  19,  735,  vrgl.  ZDMG  XXIX,  423; 
über  den  von  Lagarde  „eigentlich  erst  entdeckten**  Talmudcodex 
(S.  71)  GGAnz.  1863  Stück  7  S.  266.  Es  würde  mir  nicht  ein- 
fallen, hierauf  hinzuweisen,  wenn  nicht  Lagarde  selbst  so  über- 
mässige Genauigkeit  in  solchen  Dingen  verlangte.  Und  so  will 
ich   denn  auch  noch  hervorheben,    dass  sich  die  wichtige  Identifi- 

cierung  von  ^ja^  yrxo  |ä*2D  (S.  26)  schon  bei  Laz.  Geiger,  Urspr. 

d.  Sprache  S.  416  findet. 

Nun  noch  eins:   wenn  jemand  sagte:    „da   .|j^  (von  ^yuÄÜ  ^) 

als    Oalgen,    Kreuz   allbekannt   ist**,    würde    da   nicht   Lagarde 


410  BibliograpkUche  Anzeigen, 

bemerken:    »  Jj  j   heisst  nicht  Galgen,    sondern  am  Oalgen  = 

yyr^  ba^  *)•    J^   »Baum**,  „Holz*  hat  mit  Q-5L^b    (Wurzel   dkar) 

nichts   zu   thun;   auch   wäre  ein   .b-j  „emporhaltond'*  wohl  nur  als 

zweites  Glied  eines  Compositum  denkbar.  Das  sind  alles  bekannte 
Sachen;  wer  so  etwas  nicht  weiss,  der  hat  in  der  persischen  Phi- 
lologie keine  Stimme*'.  Dieser  letzte  Schluss  wäre  aber  ganz  falsch, 
denn  der,  welcher  jene  Aeusserung  gethan,  ist  eben  Lagarde  selbst 
(S.  39),  der  damit  nur  wieder  beweist,  dass  sich  selbst  der  tüchtigste 
Gelehrte  auf  einem  ihm  ganz  bekannten  Gebiete  wohl  einmal  recht 
gründlich  versehen  kann.     Aber 

hanc  veniam  petimusque  damusque  vicissim. 
Wenige  verdienstvolle  Gelehrte  haben  diese  venia  öfter  nöthig 
als    der   verstorbene  Haug.     Aber  S.  62    wird   er   doch  ungerecht 

behandelt.     Haug    setzt    phl.    '^  (bn)  =  aram.  by;  Lagarde  liest 

11,  erklärt  es  =  awar,  abar,  apar  (sskr.  upari)  und  findet  jene 
Gleichsetzung  so  falsch,  dass  er  ausruft:  „und  solche  leute 
wollen  mitsprechen**.  Und  doch  hat  Haug  hier  im  Wesentlichen 
Recht;  er  hätte  nur  deutlicher  sagen  sollen,  bi  sei  nur  graphisch 
=  by.  Die  Pehlevi- Alphabete  haben  kein  y,  sondern  drücken  es 
verschiedentlich  aus;  mit  i  u.  A.  in  m  „bis**  =  ly  (lies  iä); 
011373  „etwas**  =  0^13«  (gelesen,  wie  es  scheint,  cie)  u.  s.  w. 
Dass  eine  so  abgeschliffene  Form  wie  war  schon  in  der  Inschrift 
des  ersten  Sapor  vorkäme,  ist  von  vorne  herein  wenig  glaublich. 
Nun  bedeutet  aber  bi  gar  nicht  „auf,  über";    das  ist  vielmehr  das 

graphisch    räthselhafte   ,J^    (gelesen   apar  oder  abar)]    bl   heisst 

ungef^thr  so  viel  wie  das  ital.  und  französ.  a,  ä  und  unterscheidet 
sich  in  der  Bedeutung  nur  wenig  von  'iiD  (gelesen  pa  =  neup. 
ba).  Graphisch  ist  also  bi  doch  by,  wird  aber  6i  gelesen;  das 
unvorsichtige  Urtheil  ist  hier  einmal  nicht  auf  Haug  s  Seite. 

Indem  ich  die  lebhafte  Erwartung  einer  Fortsetzung  nament- 
lich des  zweiten  Theils  ausspreche,  kann  ich  den  Wunsch  nicht 
unterdrücken,  diese  Fortsetzung  möge  alle  Prioritätsfragen  bei 
Seite  lassen  und  sich  eines  weniger  herben  Tones  gegen  Schuldige 
und  Unschuldige  befleissen. 


1)  Er   könnte   auch    an   die   biedre  Dynastie  der    „Galgenstricke''    .i^>j.^ 
erinnern. 

Strassburg.  Th.  Nöldeke. 


Bibliographische  Anzeigen,  411 

Bibliotheca  Indioa^  a  coUedian  of  oriental  worka  published 
under  tke  superintendence  of  the  Aaiatic  Society  of  Bengcd, 
nos.  227—236.    New  Series  231—386  0- 

(s.  Band  XXV,  656  fg.) 

Von  der  Aasgabe  der  Taittiriya  Saiphitä  durch  Mahe9a- 
candra  Nyäyaratna  sind  seit  1870  nur  sechs  Hefte  erschienen.  Der 
Text  geht  darin  nur  bis  4, 4,  9,  während  der  Commentar  ja  freilich 
wesentlich  auch  schon  das  fünfte  Buch  mit  umfasst.  Ein 
rascheres  Tempo  wäre  hier  dringend  zu  wünschen!  —  Bei 
dem  Taitt.  Brahmai^a  fehlt  noch  immer  das  sücipatram  und  das 
englische  Inhaltsverzeichniss  für  das  erste  Buch.  —  Das  Taitt. 
Ara^yakam  ist  vollständig  abgeschlossen;  die  dem  letzten  Hefte 
(New  Ser.  263)  beigegebene  ausführliche  Einleitung  resp.  Inhalts- 
übersicht Bäjendra  Läla  Mitra's  ist  ganz  dankenswerth.  In  der 
auf  das  Todtenopfer  bezüglichen  Stelle  finden  wir  leider  keine 
Aufklärung  darüber,  woher  wohl  Bädhlik&nta  Deva  die  in  seiner 
Zuschrift  an  Wilson  (Calc.  30  Juni  1858)  enthaltene  Angabe  über 
,the  two  Verses  of  the  Aukhya^äkhä  of  the  Tuitt.  Saiphit&  quoted 
in  the  84  anuv&ka  of  the  Näräya^a  Upanishad'^  (s.  Wilson  Works 
n,  295  ed.  Bost)  entlehnt  haben  mag.  —  Als  neu  tritt  hier  hinzu 
Bäjendra  L&la  Mitra's  Ausgabe  des  Taittiriya  Prati^&khya  nebst  dem 
Commentar  Tribhäshyaratna,  in  drei  Hefben.  —  Vom  Sämaveda 
sind  das  T&^^y&ni  (PaficaviÄ9am)  Mahlibr&hmanam ,  sowie  das 
L^tj^J^^Asütram  vollendet  Auch  die  Ausgabe  der  Saiphitä 
und  der  Gäna  des  Sämaveda  durch  Satyavrata  Slü3iä9ramin  in  fünf 
stattlichen  Bänden  (31  Heften)  ist  bereits  bis  II,  8,  2,  5  vorgerückt, 
somit  ihrem  Ende  (11,  9,  3,  9)  sehr  nahe.  Vom  Gobhilagvihya 
fehlt  auch  nur  noch  ein  Hefb,  da  das  siebente  in  4,  4  schliesst. 

Der  l^igveda  ist  durch  den  endlichen  Abschluss  von  A9va- 
Hyana's  9rautasütra  —  zwischen  Hefb  10  (1866)  und  Heft  11 
(1874)  liegen  acht  Jahre  —  und^  sodann  durch  die  höchst  dankens- 
werthe  Ausgabe  des  Aitareya  Ara^yaka,  in  fünf  Heften,  durch 
Rajendra  Läla  Mitra  .edirt,  vertreten.  —  Vom  Atharvav.eda  liegt 
der  Schluss  des  Gopatha  Brähma^a  und  der  NpsiAha  T&p.  Up., 
je  in  einem  Hefte,  vor,  und  als  neu  kommen  hinzu  fünf  Hefbe 
einer  Sanmilung  der  kleinen  Atharvan-Upanishad  mit  dem  Conmi. 
des  När&yai^a,  edirt  durch  Bämamaya  Tarkaratna.  Dieselben  ent- 
halten 1.  atharva^iras,  2.  garbha,  3.  nädavindu,  4.  brahmavindu, 
5.  amyitavindu,  6.  dhyanavindu,  7.  tejovindu,  8.  yoga^ikha,  9.  yoga- 
tattva,  10.  saipnyäsa  (in  den  Commentar  ist  eine  doppelte  Textauf- 
führung von  Ath.  S.  Buch  18  aufgenommen!),  11.  Äruijeya,  12.  brah- 
mavidyä,  13.  kshurikä,  14.  cülikä,  15.  atharva9ikh4,  16.  brahmop., , 
17.   pritnagnihotra ,    18.  nilarudra,    19.   kantha9ruti  (!) ,    20.  pii[i4<^, 


1)  Acht  dieser  nros.,  nämlich  Old  Series  234.     New  Series  314.  358.  359. 
374.  375.  384.  385  sind  bis  jetzt  (April  1878)  noch  nicht  nach  Ber)ip  gekommen. 


412  BibHographisehe  Anzeigen. 

21.  4tinop.,  22.  i^mapürvatapantya,  23.  rämottaratapaniya,  24.  Ha- 
numadukta-r^mop. ,  25.  sarvopanishats&ra ,  26.  haAsa,  27.  parama- 
haAsa,  28.  j^vala,  29.  kaiyalya,  30.  gäruda. 

Von  der  Uebersetzung  des  Brahmasütra  nebst  Qamkara's 
Commentar  durch  Rev.  K.  M.  Banerjea  ist  leider  gar  kein  Heft 
weiter  und  von  (^abarasvHmin's  Comm.  zu  Jaimini's  mimaösa- 
dar^ana  sind  nur  drei  weitere  Hefte  ^  (bis  10, «,  73)  erschienen. 
Neu  und  dankenswerth  ist  Bäla^astrin's,  des  bekannten  Mit- 
arbeiters des  „Pa^dit*  in  Benares,  Ausgabe  von  Väcaspatimi^ra's 
Bhamati,  Glosse  zu  ^amkara's  Commentar  des  Brahmasütra  (die 
vorliegenden  vier  Hefte  gehen  bis  2,  2,  2). 

Die  Ausgabe  des  Agnipur&na  ist  in  sieben  weiteren  Heften, 
und  zwar  durch  Räjendra  L&la  Mitra,  bis  zu  adhy.  294  geführt 
worden.  VonHem&dri's  caturvargacintämani  liegt  das  d&nakha^- 
4am  in  elf  Heften  fertig  vor,  und  vom  vratakhanda  sind  bereits 
zwölf  Hefte  erschienen,  die  bis  zu  den  dväda9ivrata  in  adhyaya 
15  reichen^). 

Von  der  Uebersetzung  des  S^hityadarpana  ist,  nach  9jähriger 
Pause,  1875  das  Schlussheft  erschienen;  auch  Pingala's  chanda^l- 
sütra  ist  in  zwei  weitem  Heften  vollendet.  —  Neu  ist  JuL  Egge- 
ling's  Ausgabe  des  K&tantra  mit  dem  Comm.  des  Durgasinha, 
von  der  vier  Hefte  vorliegen  (das  letzte  1874).  —  Von  dem  seit 
1864  im  Druck  (bei  9,  s«)  stecken  gebliebenen  Commentar  zu  K^an- 
daki's  nitis&ra  ist  1876  ein  neues  Heft,  edirt  durch  Jaganmohana 
Tark&lamkära ,  erschienen  (reicht  bis  adhy.  15,  resp.  14);  von 
adhy.  12  (11)  ab  wird  derselbe  als  von  J.  T.  selbst  verfasst 
bezeichnet,  bis  dahin  nur  als  „upädhyäya-Nirapeksh&nusärini*.  — 
Der  Schluss  des  Lalitavistara  fehlt  noch  immer  (seit  1858);  da- 
gegen ist  Chand  Bardai's  Hindigedicht  Prithiräja  Msau  in  zwei 
Theilen,  Theil  1  von  Beames  und  Theil  2  von  Hörnle,  zu  ediren 
begonnen,  von  jedem  Theile  übrigens  bis  jetzt  nur  ein  Heft  (1873 
und  1874)  erschienen.  — 

üeberblicken  wir  das  Obige,  so  ergiebt  sich,  dass  während 
der  letzten  7  Jahre  ein  gewisser  Stillstand  stattgefunden  hat. 
Die  einmal  begonnenen  (Samasaiphit&,  Hem&dri,  Agnipura^a)  sind 
zwar  kräftig  fortgeführt  worden,  auch  sind  mehrere  lange  fehlende 
Schlusshefte  erschienen  (einige  dgl.  fehlen  freilich  noch  immer), 
aber   neue  Publikationen   sind   nur   wenige   geliefert  (Taitt.  Prat., 


1)  Das  letzte  derselben,  New.  Ser.  368,  ist  auf  dem  Umschlag  irrig  als 
Old  Seriös  368  bezeichnet. 

2)  Bemerkonswerth  ist,  dass  der  ashtami-Abschnitt  (adhy.  12  p.  811 — 886) 
die  in  spätem  Texton  aus  HemAdri  citirte  specielle  Darstellung  der  Krish- 
najanmashtami-Foior  nicht  enthält.  Er  beginnt  mit  dem  Jayantivrata,  führt 
aber  nur  ein  paar  Stellen  aus  vishnudharmottara  und  vahnipur.  an;  ein  Schluss 
ist  nicht  angegeben;  auf  p.  813  aber  geht  die  Darstellung  selbst  plötzlich  auf 
die  anaghüshtami  über. 


Bibliographische  Ansteigen,  413 


A 


Aitar.  Ar),  resp.  begonnen  worden  (Atharvan  Up.,  Bh&mati,  Kätantra, 
Chand  Bardai).  Besonders  zu  wünschen  ist  die  Beendigung  der 
Taitt.  Saqihitä. 

Von  den  vielen  Desideraten,  die  ich  in  meiner  letzten  Anzeige 
in  dieser  Zeitschrift  (XXV,  661%.  1871)  aussprach,  ist  kein  ein- 
ziges zur  Erledigung  gekommen.  Es  fehlt  eben  wohl  in  Calcutta 
selbst  an  Mschen  Kräften  und  an  europäisch  geschulten  Sanskrit- 
Philologen.  Nim,  warum  zieht  man  dann  nicht  z.  B.  einen  Mann 
wie  Thibaut  heran,  dessen  Thätigkei^,  dem  Vernehmen  nach, 
durch  die  Aufhebung  der  Stelle  in  Benares  ja  frei  geworden  ist? 
Und  femer,  warum  wendet  man  sich  nicht,  wie  ich  am  a.  0. 
bereits  in  Anregung  brachte,  überhaupt  in  ausgedehnter  Weise  an 
die  Sanskrit-Philologen  in  Europa,  die  gern  bereit  sein  würden, 
ihre  Text- Arbeiten  in  der  Bibl.  Indica  zu  publiciren?  £ gg eling's 
Klltantra-Ausgabe  ist  in  dieser  Beziehung  ein  guter  Anfang. 

Von  arabischen  Werken  sind  nur  drei  Hefte  von  Ibn  Hajar's 
biographischem  „Dictionary  of  Persons  who  knew  Mohammad**  er- 
schienen. Dagegen  auf  persischem  Gebiete  ist  ganz  wacker 
gearbeitet.  Vom  Aln  i  Akbari  liegt  durch  H.  Blochmann's 
treue  Fürsorge  theils  der  erste  Band  in  Uebersetzung  vor,  theils 
mehrere  neue  Hefte  des  Textes  (bis  zu  Heft  21).  Daran  schliesst 
sich  Abul  Fazl'ß  Akbar  Nameh,  edirt  von  Maulavf  Abdur 
Rahim  (bis  H,  2  acht  Hefte,  quarto).  Die  Schlusshefte  des  Bädsh&h 
Nameh,  Alamgir  Nameh  und  der  Maäsir  i  Alam^ri  enthalten  reiche 
Indices  der  im  Innern  dieser  Werke  erwähnten  nomina  propria  und 
geographischen  Namen.  Auch  von  Ehäf!  Ehän's  Muntakhab  al  lubäb 
liegt  der  zweite  Band  vollendet  vor.  —  In  weit  ältere  Zeit  zurück 
fuhrt  uns  des  Minhäju  -  sSirSj  ^)  Tabak 4t  i  Näsiri,  übersetzt 
durch  Major  H.  G.  Baverty.  Diese  Uebersetzung  beginnt  einige 
Capp.  früher,  als  die  in  der  Bibl.  Ind.  selbst  (Jahrgang  1863 — 64) 
vorliegende*  Textausgabe  durch  W.  N.  Lees,  über  die  sich  der 
Uebersetzer  (p.  67)  in  sehr  absprechender  Weise  äussert  *),  während  er 
seinerseits  wieder  für  einen  Theil  seiner  Arbeit  mit  Blochmann, 
im  Joum.  As.  Soc.  Beng.  1875  p.  275  fg.,  in  scharfen  Conflikt 
gerathen  ist,  s.  seine  Antwort  ibid.  1876  p.  325  fg.  Die  betreffenden 
acht  Hefte  sind  in  London  gedruckt,  und  können  wir  eben  speciell 
nur  wünschen,  dass  man  auf  diesem  Wege  weiter  fort  gehen  und 
auch  ausserhalb  Indiens  lebende  Gelehrte  zur  Mitarbeiterschaft  an 
der  Bibl.  Indica  heranziehen  möge. 

Führt  uns  das*  letztgenannte  Werk  schon  theilweise  über  Indien 


1)  Mitte  des  dreizehnten  Jahrb.,  s.  Sir  H.  EUiot  Hist.  of  India  11,259— 
383  (1869)  ed.  Dowson. 

2)  Hierauf  sowohl,  wie  auf  die  bittere  Kritik  der  im  zweiten  Bande  (s. 
die  vorige  Note)  enthaltenen  Uebersetzungen  daraus,  hat  Dowson  im  achten 
Bande  von  EUiot's  Hist.  of  India  (London  1877)  am  Schlüsse  der  preface  in 
eingehender  und  würdiger  Weise  geantwortet. 


414  BüMographiBche  Anneigen. 

hinaus,  so  geschieht  dies  dann  in  noch  ganz  anderer  Weise  in  der 
trotz  dessen  höchst  dankenswerthen  Ausgabe  des  Wörterbuchs 
Farhang  i  Bashldl  bj  Mulla  Abdur  Rashid  of  Tattah,  edirt 
und  annotirt  von  Maulayi  Zul  faqar  'Alt,  zwölf  Hefte  in  quarto  (bis 

»JL>^),   und   in  dem   »Haft  Asmän'^    er  history    of  the  Masnavi 

of  the  Persians  von  dem  (1873)  verstorbenen  Maulav!  Aghä  Ahmad 
'Ali  ^) ,  herausgegeben  mit  einer  kurzen  Biographie  des  Autors 
durch  Pro£  Blochmani^ 


1)  Wohl  verdient  um  die  Bibliotheot  Indica  durcli  Herausgabe  von  Wis 
o  R&miu,  von  Nizimi'ii  Iqb&ln&mah  i  Sikandari,  des  Iqbaln&mah  i  Jahftngtri, 
von  Badaonfs  Muntakhab  ut  tav&rikh,  der  Ma&sir  i  'Älamgiri,  und  der  beiden 
ersten  Heile  von  Abul  Fazies  Akbar  Nämah. 

Berlin.  A.  Weber. 


Beriehtlgnngeii  zum  XXXII.  Band. 

S.  XX,  Z.  6  V.  u.  „drittes  Heft.     Juli  —  September"  ist  zu  tilgen 
„  100,  Z.  16  lies  nram  f&r  siro. 

„  110,  Z.  7  verbinde  Da^nanena  mit  dem  Vorangehenden. 
„  207,  Anm.  Z.  2  „etwas"  sehr,  etwas,  als  Bedeutung  von  w 

„  244,  Z.  23  ,'Qebot"  sehr.  Gebet. 
„  246,  Z.  20  ^  »^  •  sehr.  ^ . 

„  250,  Z.  8  V.  u.  ,vi5UL9*  sehr.  v^^JL». 


;  "^ 


Naehriehten  Aber  Angelegeaheiteii  der  D.  M.  Gesellschaft. 

Ab  ordentliches  Mitglied  ist  der  G^ellscbAft  beigetreten: 

Pttr  1878:  * 

958  Herr  Dr.  James  Robertson,  Professor  in  Glasgow. 

Durch  den  Tod  verlor  die  Gesellschaft  die  ordentlichen  Mitglieder: 
Herrn  Prof.  Dr.  Heinrich  Blochmann  in  Calcutta,  f  13.  Juli  1878. 
„     Pfarrer  Jacob  Lickell  in  Winzenheim,  f  1878. 


Terzelehnlss  der  bis  zum  2.  Angnst  1878  fftr  die  Bibliothek 
der  D.  M.  6.  eingegangenen  Schriften  n.  s.  w.  >) 

(Vgl.    die    Nachrichten    über   Angelegenheiten    der    D.  M.  G.    in    diesem    Bd. 

s.  XVI— xvm.) 

I.     Fortsetzungen. 

Von  der  Kaiserl.  Boss.  Akad.  d.  Wiss.  lu  St.  Petersburg: 

1.  Zu  Nr.  9.  Bulletin  de  racadömie  imperiale  des  sciences  de  St.  Pötersbourg. 
Tome  XXIV,  no.  1  (feuiUes  1—6.)     1878.     Fol. 

Von  der  Deutschen  Morgenlfindischen  Gesellschaft: 

2.  Zu  Nr.  155.  Zeitschrift  der  D.  M.  G.  Bd.  XXXU.  Heft  2.  Mit  5  Tafeln. 
Leipzig  1878.     8. 

Von  der  Asiatischen  Gesellschaft  von  Bengalen: 

3.  Zu  Nr.  593  und  594.  Bibliotheca  Indica.  Old  Series,  No.  237.  The  LaHta 
Vbtara  or  Memoirs  of  the  early  Life  of  äileya  Sinha.  Ed.  by  Rdjendra- 
Idla  Müra.  Fase.  VI.  Calc.  1877.  8.  —  No.  238.  No.  240.  A  Bio- 
graphical  Dictionary  of  Persons  who  knew  Mohammad,  by  Ihn  Hi^.  Ed. 
in  Arabic  by  Maulawi  Abdul-Hai.  Fase.  XVI.  (Vol.  II,  4.)  Fase.  XVU. 
(Vol.  m,  1.)  Calc.  1877.  8.  —  New  Series,  Nos.  374  &  375.  The 
AkbamÄmah  by  Abul  Fasl  i  Mubarak  i  'Allimf,  ed.  by  Maulawi  'Abd-ur- 
Rahim.  Vol.  I.  Fase.  VU  &c.  VIU.  Calc.  1877.  Fol.  —  No.  384.  BhA- 
mati,  a  Gloss  on  Öankara  Achirya's  Commentary  on  the  Brahma  Sütras.  By 
Vichaspati  Misra.  Ed.  by  Pan^ä  ßdla  Sdstri.  Fase.  V.  Benares 
1877.  8.  —  No.  385.  No.  389.'  S&ma  Veda  Sanhiti,  with  the  Common- 
tary  of  S&yana  Achirya.  Ed.  by  Satyavrata  Sdmaärami.  Vol.  V.  Fase. 
m.  Fase.  IV.  Calc.  1877.  8.  —  No.  390.  The  Agni  PurÄna.  A  System 
of  Hindu  Mythology  and  Tradition.    Ed.  by  Rdjendrcddla  Mära. 

Von  der  Königl.  Geograph.  Gesellschaft  in  London: 

4.  Zu  Nr.  609.  a.  The  Journal  of  the  B.  Geograph.  Society.  Vol.  the  forty- 
seventh.     1877.     London.     8. 

Von  der  Königl.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin: 

5.  Zu  Nr.  642.  Monatsbericht  d.  K.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Berlin. 
März.  April.  Mai  1878.     8. 


1)  Die  geehrten  Einsender  werden  ersucht,  die  Auffuhrung  ihrer  Geschenke 
in  diesem  fortlaufenden  Verzeichniss  zugleich  als  den  von  der  Bibliothek  aus- 
gestellten  Empfangsschein  zu  betrachten. 

Die  Bibliotheksverwaltung  der  D.  M.  G. 
Prof  Müller.      Prof  Fleischer. 


Verz,  der  für  die  BihUothtk  der  D.  M.  O.  eingeg,  Schriften  u.  $,  to,     XXI 

Von  der  Asiatischen  Zweiggesellschaft  in  Bombay : 

6.  Zu  Nr.  937.  The  Journal  of  the  Bombay  Branch  of  the  B.  Asiatic  Society. 
187..     No.  XXXV.     Vol.  Xm.     Bombay  1878.     8. 

Von  der  Asiatischen  Gesellschaft  yon  Bengalen: 

7.  Zu  Nr.  1044.  a.  Journal  of  tiie  Asiatic  Society  of  Bengal.  New  Series. 
Vol.  XLVI*  Part  I,  No.  U.  No.  m.  No.  IV.  1877.  Ed.  by  the  PhUo- 
logical  Secretary.  Calc.  1877.  8.  —  Vol.  XLVI,  Part  II,  No.  lU.  1877. 
Ed.  by  the  Natural  History  Secretary.     Calc.  1877.     8. 

b.  Proceedings  of  the  Asiatic  Society  of  Bengal.  Ed.  by  the  Honorary 
Secretaries.  No.  VII.  VIII.  IX.  July.  August.  November  1877.  Calc. 
1877.     8. 

Von  Herrn  Justus  Perthes  in  Ootha: 

8.  Zu  Nr.  1644.  Bfittheilungen  aus  Justus  Perthes  Geographbcher  Anstalt  .  . . 
von  Dr.  A.  Petermann.  1861,  Heft  7  —  1863,  Heft  11.  12  —  1864, 
Heft  3—8  —  1865,  Heft  1.  4—12  —  Ergänzungshefte  5  und  11.     4. 

Von  der  Deutschen  Morgenlftndischen  Gesellschaft: 

9.  Zu  Nr.  1867.  Abhandlungen  für  die  Kunde  des  Morgenlandes,  heraus- 
gegeben von  der  D.  M.  G.  Leipzig.  8.  Bd.  V  No.  4.  Zur  Sprache, 
Literatur  und  Dogmatik  der  Samaritaner  .  .  .  von  Dr.  Samuel  Kohn.     1876. 

—  —  Bd.  \l  No.  1.  Chronique  de  Josuä  le  Stylite  .  .  .  texte  et  tra- 
duction  par  M.  Tabbö  PauUn  Martin.     1876.     8. 

—  —  —  No.  2.  4.  Indische  Hausregeln.  Sanskrit  und  Deutsch  heraus- 
gegeben von  A.  Fr.  Stenzler.  II.  Päraskara.  I.  Heft.  Text.  1876. 
U.  Heft.     Uebersetzung.     1878.     8. 

—  —  —  No.  3.  Polemische  und  apologetbche  Literatur  in  arabbcher 
Sprache  .  .  .  von  Moritz  Steinschneider.    1877.     8. 

Von  der  Königl.  Bayer.  Akad.  d.  Wissensch. .zu  München: 

10.  Zu  Nr.  2327.  Sitzungsberichte  der  philos.-philol.  u.  histor.  Cl.  der  k.  bayer. 
Akad.  d.  Wissensch.  zu  München.     1878.     Heft  U.  lU.     München  1878.     8. 

Von  der  Bedaction: 

11.  Zu  Nr.  2452  >).  Revue  Arch^logiqne.  Nouvelle  SSrie  —  19^  ann^e. 
V.  Mai  1878.     Paris.     8. 

Von  der  Amerikanischen  Philosophischen  Gesellschaft: 

12.  Zu  Nr.  2971  u.  3097.  Proceedings  of  the  American  Philosophical  Society, 
held  at  Philadelphia,  for  promoting  useful  knowledge.  Vol.  XVII.  Ifay 
to  December  1877.  No.  100.  8.  —  List  of  surviving  members  of  the 
American  Philosophical  Society  at  Philadelphia.  (Read  at  the  regulär  Mee- 
ting, January18,  1878.)     8. 

Von  der  Redaction: 

13.  Zu  Nr.  3224.  Hamagid  (Hebr.  Wochenschrift,  erscheinend  in  Lyck,  redig. 
von  Rabb.  Dr.  L.  Sübermann).     1878.     Nr.  24—30.     fol. 

Von  der  Regierung  der  N.-W.-Provinzen,  Indien: 

14.  Zu  Nr.  3563.  Catalogue  of  Sanskrit  Mss.  existing  in  Oudh.  Prepared  by 
John  C.  Neefieldy  assisted  by  Devipraedda.  Edited  by  Rdjendraldla 
Mitra.     Fasciculus  IX.     Calcutta  1877.     8. 

Lbt  of  Sanskrit  manuscripts  discovered  in  Oudh  during  the  year  1876. 
Prepared  by  John  C.  Ifesfield^  assisted  by  Deviprasdda.  Edited  by 
Bdjendraldla  Mitra.    Calcutta  1878.     8. 


1)  Das  letzte  vor  dem  obigen  bei  uns  eingegangene  Stück  der  Revue 
Arch^ologique  ist:  10«  annöe.  XU.  D^cembre  1869;  s.  die  Gesellschaftsnach- 
richten zum  24.  Bande  dieser  Zeitschrift  vom  J.  1870,  S.  XI,  Nr.  25. 


c* 


XXII   VerM.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  O.  eingeg,  Schriften  v.e,w. 

Von  der  D.  M.  G.  durch  Sabscription: 

15.  Zn  Nr.  SÖ88.  Abraham  Geiger^M  nachgelassene  Schriften.  Heransgeg.  von 
Ludwig  Geiger.     Fünfter  Band.     Beflin  1878.     Gr.  8. 

Von  der  Verlagshandlung  F.  A.  Brockhans: 

16.  Zu  Kr.  8596.  Neuhebriusches  und  chaldäisehes  Wörterbuch  über  die 
Talnradim  und  Ifidraschim.  Von  «/.  Levy.  Nebst  Beiträgen  Ton  H.  L. 
Fleiäeher.  Nennte  Lieferung.  (Bogen  48  —  56  des  zweiten  Bandes.) 
Leipzig  1878.     4. 

Von  der  Redaction: 

17.  Zu  Nr.  3640.  Sociöt4  de  G^graphie  commerciale  de  Bordeaux.  Bulletin. 
(2.  S^e.)     No.  13.  14.     (1  JuiUet     15  Juillet.)     1878.     8. 

Von  dem  Verleger  J.  G.  de  Bussy  in  Amsterdam: 

18.  Zu  Nr.  3664.  De  Indische  Letterbode.  Derde  Jaargang.  No.  6.  Juni 
1878.     4. 

Von  der  Amerikanischen  Orientalisehen  Gesellschaft: 

19.  Zu  Nr.  8686.  American  Oiiental  Society.  Proceedings  at  Boston,  May 
89th,  1878.     8. 

Von  der  Akademie  dei  Lincei  in  Bom: 

20.  Zu  Nr.  3769.  Atti  deUa  R.  Accademia  dei  Lincei,  anno  CCLXXV.  1877 
—78.  Serie  terza.  Transunti.  VoL  II.  Fase.  6».  7^  Maggio.  Giugno  1878. 
Mit  dem  Titel  su  VoL  II.  und  dem  Verzeichniss  der  Mitglieder  vom 
8.  JuU  1878.     Fol. 

Von  der  D.  M.  G.  durch  Subscrlption: 

21.  Zu  Nr.  3863.  DbUDH  ^1*17  *)&0  Plenus  Aruch  sive  Lezicon  verbale  et 
reale  ad  Targum,  Talmud  et  Mldrasch  auctore  Nathane  filio  Jechielb. 
£d.  Dr.  Alexander  Kohut.    Viennae  1878.     4.    Heft  I.     Zwei  Exz. 


n.    Andere  Werke. 

Von  der  Regierung  der  N.-W.-Provinzen,  Indien: 

3866.  A  Catalogue  of  Sanskrit  manuseripts  in  private  libraries  of  the  North- 
Westem  Provinces.  Compiled  by  order  of  Government,  N.-W.  P.  Part 
n.  (I.?)  1877.    Part  H.     1878.     Gr.  8. 

Von  dem  Herrn  Verfiuser  durch  Herrn  Prof  Pizzi: 

8867.  Stndi  iul  Planisfero  oisia  Esposl^one  dei  senso  storioo  e  biologioo  dei 
simboli  siderali  dei  Conte  Cavaliere  Fra  Füippo  LimaU,  Torino 
1859.     8. 

Von  der  Redaotion: 

3868.  Annales  de  Textr^me  Orient.  Revue  illustrde  asiatique  et  oc^anienno 
mensuelle,  sous  la  direction  de  M.  le  Comte  Meyners  dEetrey^  V^  Ann^e. 
No.  1.    Paris  1878.     Gr.  8. 

Von  Herrn  Prof  Heydemann  in  Halle: 

3869.  De  forma  pluralis  in  ling^  Aagyptiaea.  Diss.  quam  .  .  .  defendet  J.  P.  A. 
Ermtm,    Berolini  1878.    8. 

8870.  Rgvidh&nain.  Diss.  quam  .  .  .  defendet  Rudolf  Meyer.  Berolini 
1877.     8. 

Von  den  Ver&ssem,  Herausgebern  und  Uebersetzem: 

8871.  Fourth  set  of  Metrical  Translations  from  the  Sanskrit  By  J.  Muir, 
Esq.     For  private  circulation.    Edinburgh.    July  1878.     8. 


Ven.  der  für  tue  BibUothek  der  D.  M.  O.  eingeg.  Schriften  u.  $.  w,  XXIII 

3872.  Die  Amharische  Sprache  von  Franz  Praeiarius.  Erstes  Heft.  Laut- 
und  Formenlehre.     Halle  1878.     Gr.  4. 

3873.  DeUa  poesia  hihlica  studii  di  David  Castelli.     Firenze  1878.     8. 

3874.  A  Sketch  of  the  Talmud,  the  world  renowned  collection  of  Jewish  tra- 
ditions,  by  laiciar  KaHsch.     New  York  1877.     8. 

3875.  Hebräische  Schulgrammatik  von  August  Müller.     Halle  1878.     8. 

Von  der  J.  C.  Hinrichs'schen  Buchhandlung: 

3876.  Der  Darwinbmus  im  zehnten  und  neunzehnten  Jahrhundert.  Von  F*r. 
Dieterici.     Leipzig  1878.     8. 

Von  dem  Deutschen  Verein  zui^  Erforschung  Palästinas: 

3877.  Zeitschrift  des  Deutschen  Palästina -Vereins.  Herausgegeben  von  dem 
geschäftsführenden  Ausschuss  unter  der  verantwortlichen  Redaction  von 
Lic.  Hermann  Guthe.     Band  I,  Heft  1.     Leipzig  1878.     8. 


415 


Die  Sahosprache. 

Von 

Leo  Reiniseh. 

Auf  meiner  im  Jahre  1875 — 1876  ausgeführten  Reise  in  die 
nordöstlichen  Grenzländer  Abessiniens  war  ich  in  der  Lage,  die 
Sahosprache  einem  eingehenden  Studium  zu  unterziehen.  Da  je- 
doch die  Publication  der  auf  dieser  Reise  gesammelten  Sprach- 
materialien voraussichtlich  noch  nicht  so  bald  sich  ermöglichen 
lassen  wird,  so  will  ich  hier  eine  kurze,  jedoch  in  so  weit  voll- 
ständige Skizze  dieser  Sprache  zur  Mittheilung  bringen,  dass  die- 
selbe den  grammatischen  Bau  und  die  linguistische  Stellung  des 
Saho  im  semitischen  Sprachkreise  klar  erkennen  zu  lassen  geeignet 
sein  dürfte  '). 

Bemerkungen   zu   den   Sprachlauten    des    Saho. 

Das  Saho  hat  mit  dem  Geez  und  Tigr6  sämmtliche  Laute 
gemeinsam   mit   Ausnahme    von    /^/T  iii^d  den  sogenannten  u- 

haltigen  Kehllauten,  welche  dem  Saho  fehlen,  dagegen  besitzt  dieses 
noch  folgende  drei  specielle  Laute,  die  ich  mit  4/1»  ^  bezeichnen 
will.  Das  d  wird  gebildet,  indem  man  die  Zungenspitze  an  den 
rückwärtigen  Gaumen  anlegt  imd  dann  d  zu  sprechen  sucht;  es 
findet  sich  dieses  d  im  Inlaut  nur  dann,  wenn  ihm  ein  n  oder  1 
vorangeht,  sonst  aber  geht  es  in  1  über,  wie  dago  das  Wissen, 
aber  'a-lag-o  dass  ich  erfahre,  'a-Jig-e  ich  weiss,  'e-Jig-e  ich  wusste, 
'i-Jig  wisse!  u.  s.  w. 

Dieses  1  wird  am  mittleren  Gaumen  gebildet  und  steht  in  der 
Aussprache  zwischen  Gaumen-1  und  -r.    Ein  der  äthiopischen  Schrift 


1)  Die  Literatur  za  den  bisher  über  das  Saho  bekannt  gewordenen  höchst 
dürftigen  Sprachmaterialien  Mndet  sich  zusammengestellt  in  J.  S.  Vaters  Literatur 
der  Grammatiken,  Lexika  und  Wörtersammlungen ,  2.  Auflage,  herausg.  von 
B.  Jülg,  Berlin  1847  s.  v.  Saho  und  Schi  ho,  S.  320  und  338;  vgl.  auch 
meine  Abhandlung:  Studien  über  Ost- Afrika.  I:  Das  Saho- Volk,  in:  Oester- 
reichische  Monatsschrift  für  den  Orient,  15.  Mai  1877.    Nr.  ö.   S.  65—73. 

Bd.  XXXn.  27 


416  Reifiüch,  tue  Sahosprache, 

kundiger  Schoho  umschrieb  mir  diesen  Laut,  bald  mit  ^     bald  mit 

j^  und  drückte  mit  diesen  diakritischen  Punkten  (••)  über  dem  1 

und  r  aus,  dass  die  Aussprache  dieses  Lautes  in  der  Mitte  zwischen 
1  und  r  liege. 

Das  n  endlich  wird  ebenfalls  am  rückwärtigen  Gaumen  ge- 
bildet, findet  sich  aber  nur  vor  d,  z.  B.  'anda  nicht,  'endoki  Knabe, 
fanda  wir  wollen  u.  s.  w. 

Pie    consonantischen  Laute    des  Saho   bezeichne  ich   in  über- 
sichtlicher Zusammenstellung  mit  nachstehenden  Zeichen: 
td^szSijylrn 
t       4  s       z  l  9 

^  ^  8      r      X      ^      ^  ö 

b  f      w  m. 

Von    diesen  Zeichen   entspricht  t  und  d  dem  äthiop.  ^  und 
p*    und   den  gleichen  Lauten  im  Deutschen;  S  dem  äthiop.  *|] 

und  dem  8  in  der  heutigen  neugriech.  Aussprache.  Der  Laut  s 
verhält  sich   zu   z,   wie  äthiop.    fi  zu  (XJ   und   deutsches    ss  in 

Hass,   Wasser  zu   s   in  lesen;   i    entspricht  dem    amhar.  J^ 

und  unserm  seh  in  Schiff,  dagegen  i.  (im  Aethiopischen  nicht 
vorhanden)  dem  französ.  j  injamais.    Mit  j  bezeiche  ich  das  amhar. 

V     arab.  ^  und  den  italienischen  Laut  gi  in  giorno;  mit  y  das 

äthiop.  P  und  unser  j  in  ja,  jeder  u.  s.  w. ;  1 ,  r  und  n  ent- 
sprechen  unsem   gleichen    deutsehen  Lauten    und  dem  äthiop.  ^ 

Der  Laut  t  =  äthiop.  ^^  s  und  z  =  äthiop.   /f  und  ^; 

über  4>  l»  9  war  bereits  oben  die  Rede. 

Bei  den  Gutturalen  entspricht  k  und  g  unsem  gleichen  Lauten 

und  dem  äthiop.  ^J  und  "J;  q  =  ^,  ^^  ==  Öj  ^^^^*  &>  '^  ^^ 
fij^    arab.    ^,    t   =    fh ,    arab.  h    =    ü,    arab.   '»,    unser 

deutsches  h.  Der  Laut  ü  findet  sich  nur  vor  k  und  g  und 
entspricht  dem  deutschen  n  in:  wanken,  Wink,  Engel, 
Menge  u.  s.  w. 

Bei  den  Labialen  entsprechen  b  und  f  den  gleichen  deutschen 

Lauten   und   dem  äthiop.   rQ   und   ^,   w  dem  äthiop.   (0^    und 

dem  englischen  w  in  water,  Wales  u.  s.  w.,  m  =  äthiop.  f^ ^ 

unserem  deutschen  m. 

Mit  *a,  'e,  *i,  'o,   u  bezeichne  ich  das  äthiop.  ^  u.  s.  w.    Aus 

typograpliischen  Gründen  will  ich  jedoch  nur  im  Inlaut  die  selbst- 
^ständigen   Vocale   so  bezeichnen,   um  sie   von   den    inhärenten    zu 
unterscheiden,   und   lasse  im   Anlaut  dieses    Zeichen   '  als   unnütz 
erscheinend  weg. 


Jieinischf  die  Sahotpraehe, 


417 


delaito 

der 

didaleita 

had6 

adgalab 


Diese  genannten  Laute  bleiben  sich  in  allen  Saho-Dialekten 
ziemlich  gleich,  nur  d,  8  und  z  wechseln  sehr  häufig  upter  einander 
ab,  z.  B. 

delaito       und    zelaito   Affe 
der  y,      zer  schreien 

didaleita      „      zizaleita  Biene 
hadö  „      haz6  Fleisch 

adgalab  y,  azgalab  Hase 
Die  Formen  mit  d  gehören  den  Stänunen  Azaorta,  Herto 
und  überhaupt  den  gegen  das  Dankaliland  zu  wohnenden  Saho,  die 
mit  d  und  z  den  auf  den  Tarantahöhen  weidenden  Stämmen,  den 
Dabrimela  und  Taru^^a  an;  doch  hörte  ich  auch  innerhalb  ein  und 
desselben  Stammes,  wie  bei  den  Taru/a,  Wechsel  zwischen  d,  d 
und  z. 

Das  Saho-Volk  zerfällt  in  sieben  Hauptstämme;  diese  sind: 
1)  die  Azaorta,  2)  Taruya,  3)  Dasamo,  4)  Q&yaso,  5)  Haz6,  6)  Dab- 
rimela, 7)  Herto.  Die  Sprache  dieser  sieben  Stänune  zeigt  zwar 
im  einzelnen  mehrfache  Besonderheiten,  besonders  in  der  Phonetik, 
doch  sind  in  der  Granunatik  und  im  Wortschatz  keine  nennens- 
werthen  Unterschiede  vorhanden.  Meine  Aufzeichnungen  habe  ich 
zum  grössten  Theil  dem  Stamme  der  Tarup'a  entnonunen. 

Wir  gehen  nun  über  zur  Behandlung  der  Formenlehre  und 
betrachten : 

I.     DasNumerale. 


1) 

Die  Cardinalia. 

1 

> 

1  inik 

11)  inikän   ke   tdmman 

2] 

1  lammä 

12)  lammän  ke       „ 

■3] 

1  adoh 

13)  ado^n     „         „ 

4) 

)  afar 

14)  afarän      „ 

6] 

)  kön 

15)  konän       „         „ 

6] 

1  leh 

. 

16)  le^än 

7j 

1  mal^hen 

17)  malgtSn  „ 

8] 

1  ba^är 

18)  ba^aran    „         „ 

9] 

1  sagäl 

19)  sagalä?     „ 

lOj 

1  tamman 

20)  lamma  tanna 

21] 

1  lammä    tanna 

ke    inik 

22J 

'           «                  w 

„    'lanmiä 

23] 

'           n                 n 

.     adöt 

30] 

1  saz-^am 

300)  ado^ä  bol 

40] 

1  mero-tom 

400)  afarä  bol 

5o; 

1  kön-tom 

500)  könä  bol 

60] 

1  leha-tom 

600)  lel^ä  bol 

70] 

1  mal^^en  toman 

700)  malghenä  bol 

8o; 

1  ba^är  toman 

800)  ba\iärä  bol 

90] 

1  sagäla  toman 

900)  sagälä  bol 

oo; 

1  bol 

1,000)  ll^x 

27* 


418  Reinüehf  dU  Saiionpracke. 

200)  lammg  bol  2,000)  lammä  ll%x 

10,000)  alf  20,000)       „        alf 

100,000)  tammana   alfe  200,000)       ,        tanna  älfe 

1,000.000)  bol  alfe  2,000.000)       „        bol  alfe 

In  dieser  angegebenen  Wobä  wird  gezählt,  wie  bei  uns:  eins,  zwei, 
drei  u.  s.  w. ;  wenn  aber  diese  Numeralien  als  Adjectiva  vor  ein  Substantiv 
treten ,  so  lautet  inTk  dann :  inki ,  z.  B.  inki  bila  o  i  n  Sohn,  femer  die  con- 
sonantisch  auslautenden  Numeralien  der  Einheiten  bis  inclusive  10  setzen 
an  den  Auslaut  ein  ä  an,  als:  ado^iä  faras  drei  Pferde,  knnä  lele/  fünf  Tage, 
leliä  qarsi  sechs  Thaler  u.  s.  w.    ' 

2)   Die  Ordinalia. 

Dieselben  lauten  for  die  ersten  fünf  Zahlen  also: 
Itor  elel,  owel 

2  „    ma-lanuni,  sara 

3  „    mäda^i 

4  „    m'-äfari 

5  „    ma-kauwani,  ma-kawani 

Von  6  an  werden  die  Ordinalia  gebildet,  indem  man  an  die 
Gardinalformen  die  Belativpartikel  ya  ansetzt,  also: 

6*er  leh-ya  ll^r  inikän  ke  tamman-ya 

7  „    mal^^en-ya  12  „    lammänke      „ 

8  „    bahär-ya  20  „    lammä  tanna-ya 

9  „    sagäl-ya  21  „    lammä  tanna  ke  'inik-ya 
10  „    tamman-ya  30  „    sazzam-ya 

3)   Die  Multiplicativa. 
Sie   werden  gebildet,   indem  man  den  Grundzahlen  das  Wort 
ged  mal  (eigentlich:  Zeit  =  Aeth.  9 Fi!)  »^^setzt,  die  Grund- 
zahlen   erscheinen  aber  in  der  oben  Anm.  zu  1)  angegebenen  Ad- 
jectivform,  als: 

Imal  inki  ged  6  mal  lehä  ged 

2  „      lanamä  ged  7  „     mall^enä  ged 

3  «      ado^  ged  8  „     bahärä  ged 

4  „      afarä  ged  9  „     sagälä  ged 

5  „     könä  ged  10  „     tanunanä  ged 

Zur  Bezeichnung:  Das  erste,  zweite  mal  u.  s.  w.  werden 
in  derselben  Weise  die  Ordinalia  mit  ged  verbunden,  als  elel  ged 
oder  owel  ged  das  erste  mal,  malammi  ged  das  zweite  mal  u.  s.  w. 
Statt  ged  hörte  ich  auch  bisweilen  den  Tigre -Ausdruck  gabay  mal 
(eigentlich:  Weg)  gebrauchen,  als:  mädahi  gabay  das  dritte,  zum 
dritten  mal  u.  s.  w. 

4)    Die  Theilungszahlen. 

Sie  werden  ganz  so,  wie  die  Multiplicativa  gebildet,  indem 
an    die    dort   angefühi-ten  Numeralfonnen    das  Wort   aba)ä  Theil 


BeinUch,  tlic  Sithottprachf.  4 19 

angesetzt  wird,  z.  B.  inki  abajä  ein  Theil  =  ^/^ ,  adoJt^a-ko  lammä 
abalä  ^/^  =  von  3  zwei  Theile,  alsa  ke  als*  abalä  P/x  Monat  = 
(1)  Monat  und  Monat's  Hälfte. 

II.    Das  Pronomen. 

1.   Das  Personal-Pronomen. 

Für  den  Nominativ  lauten  die  Formen  also: 
Singular  Plural 

anü  ich  nanu  wir 

atü  du  atin  ihr 

üssuk  er  üssun  sie 

»vv 

issi  sie 

Der  Ausdi-uck  selbst  wird  also  bezeichnet: 

auu  hine  ich  selbst  nanu  nine  wir  selbst 

atu  i^e  du  selbst  atin  sine  ihr  selbst 

ussuk  ise  er  selbst  ussun  sine  sie  selbst 

•vv«       »V—  •  11        i 

issi  ise  sie  selbst 

Die  abhUngigen  Casus  werden  folgendermassen  ausgedrückt: 
Singular  Plural 

ya,  yi,  yo,  yoya  mein,  mir,  mich         na,  ni,  nö,  nöya  unser,  uns 
ko,  ku,  koya  dein,  dir,  dich  sin,  sini,  sina  euer,  euch 

ka,  kaya  sein,  ihm,  ihn  t6n,  teni,  tena  ihr,  ihnen,  sie 

te,  t§ya  ihr,  sie  »        »         «  n 

Die  Formen  ya,  yi,  dann  na,  ni  werden  am  häufigsten  für 
den  Genetiv:  mein,  unser  gebraucht,  und  zwar  ya,  na,  wenn  das 
folgende  Nennwort  mit  dem  Vocal  'a,  dagegen  yi,  ni,  wenn  dasselbe 
mit  einem  Consonanten  anlautet,  wie :  ya  'abba  (auch  wohl  y'  abba) 
mein  Vater,  ya  *ari  mein  Haus,  ya  *arät  mein  Bett,  na  'abba  unser 
Vater  u.  s.  w. ,  dagegen:  yi  mal  mein  Geld,  ni  garüd  unser 
Sklave  u.  s.  w.  Vor  Nennwörtern,  die  mit  einem  andern  Vocal, 
als  a  anlauten,  stehen  meist  die  apokopirten  Formen  y*,  n'  neben 
seltenerem  yi,  ni,  als:  y*  inä  meine  Mutter,  n*  okoli  unsem  Eseln 
(yi  danän  mein  Esel)  u.  s.  w.  Die  Formen  yo,  yoya,  no,  noya 
stehen  neben  yi  und  ni  unterschiedslos  für  unsem  Dativ  und 
Accusativ,  vor  Postpositionen  werden  aber  stets  die  Formen  yo, 
yoya  und  no,  noya  gebraucht,  z.  B.  yi  sa;'äl  yo  ma;'e  säheb  yine 
mein  Bruder  war  mir  ein  edler  Freund,  yoya  yi  mi-yaluwini 
sie  werden  mich  nicht  binden,  yoya  yi  amine-waytando  wenn 
ihr  an  mich  nicht  glaubt,  yi  garüd  yo-g  mayHta  mein  Sklave 
hat  Furcht  vor  mir.  yi  ba,]a  yol  (oder  yoyal)  bahanta  bringt 
mir  meinen  Sohn!  ta  ari  na  ari  das  ist  unser  Haus,  ta  faras 
n  i  faras  das  ist  unser  Pferd,  n  o  -  k  o  mung6  mal  atü  lito  du  hast 
mehr  Geld  als  wir.  mahali  no-d  (oder  no-1  und  noya-1)  yempte 
Krieg  ist  über  uns  gekommen. 

Für  die  2.  und  3.  Person  gelten  die  oben  angegebenen  Formen 
imterschiedslos    für   den  Genetiv,   Dativ  und  Accusativ,    mit  Aus- 


420  Reinisch,  die  Sahosprache. 

nähme  der  verlängerten  Formen  koya,  kaya,  teya,  sina,  tena,  welche 
nur  im  Dativ,  Accusativ,  sowie  vor  Postpositionen  gebraucht  wer- 
den; z.  B.  ko  'bba  dein  Vater,  ku  ina  deine  Mutter;  ku  mal 
ko-k  bays§na,  koya  ku  nagdife  wir  werden  dir  dein  Geld  rauben 
und  dich  tödten.  ka  'arät-ko  ku  *arät  maye  dein  Angareb  ist 
schöner  als  seines,  t  e  sa;^äl  teya  yabulo  teya-d  kulu;'e  ihr  Bruder, 
um  sie  zu  betrachten,  blickte  zu  ihr  auf.  sin  faras  aula  wo  ist 
euer  Pferd?  sin  duiye  sina-k  baySa  ich  werde  euch  (von  euch) 
euer  Geld  rauben,  yalli  ;afiyet  sina-1  obiSo  möge  Gott  über 
euch  Gesundheit  herabsenden!  ten  sayö,  teni  duiye  tena-k 
baysen  sie  raubten  ihnen  ihre  Weiber  und  ihr  Habe. 

Für  das  Possessiv  werden  neben  den  genannten  Formen  auch 
folgende  gebraucht: 

hinni  mein  ninni  unser 

iSi  dein,  sein,  ihr  sinni  euer,  ihr 

Dieselben  Formen  gelten  auch  für  den  Vocativ,  z.  B.  sik  eleh 
ko  kare  schweig,  du  Hund!  te!  numä  yo  diwit!  du  Frau,  schwöre 
mir!  u.  s.  w. 

Für  den  Dativ  und  Accusativ  der  2.  und  3.  Person  sing,  und 
plur.  wird  auch  äkä,  äk  gebraucht,  z.  B.  ak  yelehe  er  sprach  zu 
ihm,  ihr,  ihnen,  bisweilen  im  Plural  auch  tenäk. 

2.     Das  Demonstrativ. 

Das  Saho  kennt  folgende  Demonstrativpronomina: 

1)  ay,  ayi  (gen.  comm.)          plur.  ay,  ay-mara,  ayi-mara  dieser 
ayiti,  ayitiya  fem.  ayityä      „  ayi-him  dieser 

2)  ama  (gen.  comm.)                  „  amä,  amä-mara  dieser 
amäti,  amatiya  fem.  amatyä   „  ama-him  dieser 

3)  ta,  tay  (gen.  comm.)              „  ta,  tay,  ta-mara  dieser 
tati,  tatiya  fem.  tatyä            „  tayl-him  dieser 

4)  tamä  (gen.  comm.)                 „  tamä,  tamä-mara  dieser 
tamäti,  tamatiya                      „  tamä-him 

5)  wo,  woy,  0,  oy  (gen.  comm.)  ,  wo,  woy,  wo-mara  jener 
woti,  oti,  wotiya  fem.  wotyä  ,  wo-him  jener 

6)  to,  toy  (gen.  comm.)             „  to,  toy,  to-mara  jener 
toti,  totiya  fem.  totyä           „  to-him,  toy-him  jener. 

Die  Formen  sub  1 — 4  wechseln  unterschiedlos  unter  einander 
ab ,  ebenso  die  sub  5  und  6 ;  im  Plural  werden  die  kürzeren 
Formen  ay,  amä,  ta,  tamä,  wo,  to  gebraucht,  wenn  denselben  ein 
Nennwort  folgt,  z.  B.  ay  heyo  diese  Leute,  o  sayo  jene  Frauen  u.  s.  w.; 
folgt  dem  Demonstrativ  kein  Nennwort,  dann  werden  die  stärkeren 
Formen  mit  -mara,  -hini  gebraucht,  z.  B.  sin-ko  umbakä  umä  heyo, 
ta-mara,  to-mara  ihr  alle  seid  Schurken  sowohl  diese  da,  als 
jene  dort. 

Folgt  dem  Plural  auf  -raara  im  selben  Satze  irgend  ein  anderes  Wort,  so 
lautot  derselbe  -mari,  z.  B.  ta-mari  meye-mara,  to-mari  umä-mara  diese  da  sind 
edel,  jene  dort  sind  bösartig. 


Reinüeh^  die  Saho9prackB,  421 

Wenn  das  Demonstrativ  ay  mit  einer  Postposition  verbunden  wird,  so  lautet 
dann  die  Form  gewöhnlicH  c  für  ay,  z.  B.  lubäk  c-1  yirde  der  Löwe  stürzte  sich 
auf  diesen. 

3.     Das  Inten'ogatiy. 

Für  dieses  bestehen  folgende  Formen: 

1)  atiya  fem.  atyä  plur.  a-mara  wer? 

Beispiele :  atu  atiya  wer  bist  du  ?  ta  numä  atya  wer  ist  diese 
Frau?     to  daylo  a-mara  wer  sind  jene  Kinder? 

2)  a  wer,  welcher,  was?    plur.  a,  iya. 

Beispiele:   totiya  a  labahayto    wer  ist  jener   Mann?   tatyä  a 

numä  wer  ist  diese  Frau?     a  labaha  temetem  welche  Männer  sind 

'   gekommen?     atu   a  abta  was  machst  du?     a  abto  temete  was  zu 

thun  bist  du  gekommen  (wesshalb  konmist  du)?     ta  daylo  iya  wer 

sind  diese  Knaben? 

Für  den  Genetiv  lauten  diese  Formen  eyi,  auch  eji,  vor  allen 
Postpositionen  aber  iya;  z.  B.  eyi  daylo  kitini  wessen  Kinder  seid 
ihr?  eyi  (und  eji)  bäla  kito  wessen  Sohn  bist  du?  abba  iya-k 
ta  zu  wem  sagst  du  denn  Vater?  iya-ko  többe  von  wem  hörtest 
du  es? 

3)  ay  was?  warum? 

Beispiele:  ay  kok  e  was  sagte  er  dir?  ay  kini  ta  was  ist 
das?  ay  tübi}e  was  sahst  du?  ay  fa}4a  was  willst  du?  ay  kalä;|fta 
was  (warum)  reisest  du?  ay  tigdife  ta  bakäl  warum  tödtetest  du 
dieses  Zicklein?  ta  mal  ay  lito  warum  (zu  welchem  Zweck)  hast 
du  dieses  Geld?     ay-li  tane  zu  was,  wesshalb  bist  du  (hier)? 

Wenn  dem  Verb  im  Fragesatz,  in  welchem  die  eben  genannton  FrRgewörter 
zu  stehen  kommen,  ein  Nennwort  folgt,  so  wird  demselben  ein  -a,  -i  oder  -u 
suffigirt  und  zwar  -a,  wenn  der  Vocal  der  letzten  Silbe  dieses  Wortes  ein  a  bt, 
dagegen  -i,  weiui  derselbe  ein  e  oder  i  ist,  und  -u,  wenn  dieser  ein  o  oder  u 
ist;  z.  B.  atiya  rabcti,  Mohammad-a,^  Abdallah-a  wer  ist  gestorben,  Mohammed 
oder  Abdallah  V  yometcti  atiya ,  Sma'el-i,  Tosif-i,  Ya/aqob-u  wer  ist  gekommen, 
Lsmael  oder  Josef  oder  Jakob  V  atu  ay  fÄlda,  mes-i,  maläb-a  was  willst  du,  Bier 
oder  Honigwein? 

4)  ziinko  warum? 

Beispiele :  zanko  tai  abta  wesshalb  thust  du  das  ?  anu  zanko 
dirabita  warum  soll  ich  lügen?  zanko  nugus  yadiyö  warum  soll 
der  König  gehen? 

5)  aula  wo,  wohin?  (aus  a  ula  welcher  Ort). 

Beispiele:  ko  ari  aula  wo  ist  dein  Haus?  ku  bajo  aula  wo 
ist  deine  Heinlat?  atu  aula  tadiye  wohin  gehst  du?  atu  aula-ko 
temete  woher  kamst  du? 

r>)  andä  wann? 

Beispiele:  ayrö  andä  tawe  wann  wird  die  Sonne  aufgehen? 
ko  *bba  andä  rabe  wann  starb  dein  Vater?  andä  toboke  wann 
wurdost  du  geboren? 

7)  ii'ilda,  ajda,  aldole  (aus  a  ijda  was  Gleichniss)  wie  lang? 
wie  viel?  wie  gross?  u.  s.  w. 


422  Rmniseh^  die  Sahosprachc. 

Beispiele:  ko  faras  al(}a  yake  wie  gross  ist  dein  Pferd?  atu 
a'ildo  mal  lito  wie  viel  Geld  hast  du?  ku  ba]a  tal  a'ilda  suga 
wie  lange  bleibt  dein  Sohn  hier?  atu  aldole  sä/  dinta  barad  wie 
viele  Stunden  schläfst  du  in  der  Nacht?  Saho  a]dole  balo  yakini 
wie  viele  Stämme  der  Saho  giebt  es?  aldole  heyo  tane  Unkullul 
wie  viel  Einwohner  sind  in  Mukullu?  ku  sa;'äl  walado-ko  aldole 
(oder  ai-le)  wie  alt  ist  dein  Bruder?  =  dein  Bruder  an  Alter  in 
welchem  Gleichniss. 

8)  i]^a,  ilda-d,  hil^a-d  warum?  ai  hildad  tay  abta  warum 
thust  du  das? 

4.     Das  Relativ. 

Die  Relation   wird  im  Saho  auf  folgende  Arten  ausgedrückt: 

1)  mittelst  yä;  z.  B.  näbä  heyoti  roh6s  kini-yä  yine  yen  es 
war,  so  erzählt  man,  ein  vornehmer  Mann,  der  reich  war.  ay 
kultenaiti  bosö  te  bs^-ala  ki  yin6-yä  e-1  temete  yen  dieser  Zauberer 
nun,  der  ehemals  ihr  Gatte  war,  kam,  so  erzählt  man,  zu  ihr. 
hinni  sa^^ä  urhöd  yok  te-yä  urhod6-yä  te  bili  tayk  anä  hier  ist 
das  Blut  meiner  Schwester,  die  ich  auf  dein  Geheiss  getödtet  habe, 
sinni  arabäl  habeni-yä-l  gaben  yen  sie  kehrten,  so  erzählt  man,  zu 
ihrer  Gesellschaft,  die  sie  verlassen  hatten,  zurück,  ai  te  bä;'alal 
nngus-li  yine-yä-1  Äka  wariSe  ygn  er  meldete  es  diesem  ihrem  Gatten, 
der  bei  dem  König'  sich  befand. 

2)  mittelst  -m,  -mi;  z.  B.  ai  yubilini-m  sinni  maddära  wamsen 
yen  sie  berichteten  ihrem  Herrn  das,  was  sie  gesehen  hatten,  um- 
manti  iSe  le-mi  aba^ä  ko  yahay  ein  jeder  wird  dir  die  Hälfte  von 
dem,  was  er  selbst  besitzt,  geben,  yalli  3riftere-mi-d  siriyä-m  yo 
eläha  sagt  mir  an,  welches  das  vorzüglichste  (von  dem)  ist,  was 
Gott  erschaffen  hat?  anu  rabe-mi  ummando  sinli  aniyo  wenn  ich 
auch  gestorben  sein  werde  (ich  gestorben  seiend),  so  bin  ich  doch 
stets  bei  euch,     kay-im  aka  ohowa  gebt  ihm  das  seine! 

3)  mittelst  ti,  tiyä  fem.  tyä  plur.  -m,  -mara;  z.  B.  arade-tiyä 
sari^a-ti,  luwe-tiyä  angaliSe-ti  welcher  den  Nackten  bekleidet ,  den 
Hungrigen  speiset,  PI.  arade-mara  sarisana-m,  luwe-mara  anga- 
li§ena-m  die  welche  die  Nackten  bekleiden  u.  s.  w.  wili  heyoti 
ka  tigägal  defeya-ti:  abSir  iSit!  äk  yelehe  yen  Jemand,  der  bei  ihm 
sass,  sprach  zu  ihm:  fasse  Muth!  me^'e-ra  aba-ti,  me^'e-m  yahay-ti, 
meye-m  wanisa-ti  janatad  zä  wer  gutes  thut  (welcher  thut,  was 
gut  ist),  Almosen  giebt  imd  Wahrheit  redet,  wird  ins  Paradies 
eingehen,  abba  äk  soliSima-tyä-d  ai  dalta  warum  erzeugst  du 
(Kinder)  mit  einer  (Frau),   deren  Vater  unbekannter  Herkunft  ist? 

4)  Der  Relativsatz  wird  auch  ausgedrückt,  indem  derselbe  dem 
Worte,  auf  welches  die  Relation  sich  bezieht,  vorangestellt  wird; 
z.  B.  are-d  ra;'te  tine  balä  ynbile  =  balä  ared  ra^'te  tine-yä  yubi|e 
er  erblickte  das  Mädchen,  welches  zu  Hause  geblieben  war. 


Reinischy  die  Sahoapraehe.  423 

5.     Allgemeine  pronominale  Ausdrücke. 

1)  ti  einer,  ti  —  ti  der  eine  —  der  andere  (gen.  comm.). 
Beispiele :  ti  ak  ra/e  yen  adohä  §i§;|f-ko  nur  einer  blieb  übrig 

von  den  dreitausend.  lammS  heyoti  yinS  yen,  amä  lanimä  ti  rohos 
kini  yen,  ti  yobüs  kini  yen  es  waren  zwei  Männer,  von  diesen 
zwar  war  der  eine  reich,  der  andere  arm.  ti  /älim,  ti  kadäm  kini 
yen  der  eine  war  ein  Gelehrter,  der  andere  ein  Diener. 

2)  tiyä  fem.  tyä  einer,  eine,  tiya,  tyä  —  üyä,  tyä  der,  die 
eine  —  der,  die  andere. 

Beispiele:  ay  Jelä  tiyä  hinnim  bakära  bakiten  diese  Affen 
verdursteten  alle  mit  Ausnahme  eines  einzigen,  ama  ado^-ko  tyä 
balä  kini  yen,  lammä  daylo  kinon  yen  von  diesen  dreien  war  das 
eine  (Kind)  ein  Mädchen,  zwei  aber  waren  Knaben,  yi  wani  tyä 
kini  mein  Wort  ist  eines  (d.  L  ich  lasse  mit  mir  nicht  feilschen), 
anu  tiyä  ko-li  wani§o  ich  will  mit  dir  allein  sprechen. 

In  dor  Bedeutung  allein  lautet  der  Plural  von  t!}ra  und  tyä  stets  ula 
z.  B.  anu  tiyä  dofeya  ich  bin  allein,  plur.  nanu  üla  defeyna.  Von  tiya  —  tiya 
der  eine  —  dor  andere,  ist  der  Plural  gari  —  gi^ri,  s.  unten.  Jedoch  ist  ula 
nicht  etwa  eine  wirkliche  Pluralform,  da  dasselbe  auch  ab  Singular  vorkommt; 
z.  B.  numä  ared  ula  tane-yä  orobe  er  trat  in  ein  Haus,  in  welchem  eine  Frau 
sich  befand,  umbakä  yedeyn,  anu  ula  ra^o  alle  gingen  fort,  ich  allein  blieb 
zurück. 

3)  wili,  wili-ti  (gen.  conun.),  wili-tiyä  fem.  wili-tyä  einer, 
eine;  wili  —  wili;  wili-tiyä  —  wili-tyä  der,  die  eine  —  der,  die 
andere. 

Beispiele:  atu  me/etiyä  kito  wili  balä  belli  du  bist  schön, 
wie  ein  Mädchen,  üssuk  siritiyä  kini  wili  lubäk  b^lli  er  ist  stark 
wie  ein  Löwe,  wili-ged  heyoto  yake  yen,  wili-ged  danän  yake 
yen,  wili-ged  yangüla  yake  yen  er  erschien  das  eine  mal  als  Mensch, 
ein    anderes    mal    als  Esel,    wieder    ein    anderes    mal    als   Hyäne. 

9      ^^      9 

redanti  adoha  bala,  wiliti  Mohammad  äk  an,  wiliti  Abrähim  äk  an, 
wiliti  Yosif  äk  an  der  Fürst  hat  drei  Söhne,  der  eine  heisst  Mo- 
hammad, der  andere  Abraham,  der  dritte  Josef,  ai  lammä  balä-ko 
wili-tyä-ko  soro  ak  bete  yen  einem  dieser  zwei  Mädchen  -»ahm  er 
den  Riemen  weg. 

Man  hört  auch  bisweilen  die  Form  uli-ti,  uli-tiya,  uli-tyä  für  wiliti.  Ueber 
den  Plural  gilt  dasselbe,  was  oben  s.  v.  tiyä,  2,  Anmerkung  gesagt  wurde. 

4)  garo  —  garo  ein  Theil  —  der  andere  Theil ,  gari  —  gari 
die  einen  —  die  andern. 

Beispiele.  haJo-ko  garo  äk  beten  yen,  garo  dakani  irod  äk 
ha3rn  yen  einen  Theil  des  Fleisches  assen  sie,  den  andern  legten 
sie  auf  den  Rücken  des  Elephanten.  käliq  garo  rohosät  äk  aba, 
garo  3rubusät  äk  aba  Gott  macht  (von  den  Menschen)  einen  Theil 
reich,  den  andern  arm.  gari  mal  yahau  yeni  y6n,  gari  rabo  yeni 
yen  die  einen  sagten,  er  müsse  zahlen,  die  andern  aber,  er  müsse 
sterben. 


424  Beümch,  die  Sahosprache. 

5)  umbakä  ganz,  jeder,  alle. 

Beispiele:  umbi^ä  bärad  dinte  hast  du  die  ganze  Nacht  ge- 
schlafen? anu  umbaka  lele;^  sinli  asa  ich  werde  den  ganzen  Tag 
bei  euch  zubringen,  umbakä  ba]6  yimilike  er  beherrschte  das 
ganze  Land,  ia  umbaka  okoli  yo  okölo  alle  diese  Esel  sind  mein, 
umbakä  heyö  raban  alle  Menschen  sterben. 

6)  tirä  ganz,  rein,  nur. 

Beispiele:  \\rB,  dahab  te  sariSe  er  kleidete  sie  in  pures  Gold, 
tirä  folö  bete  er  ass  blosses  Brod,  nur  Brod.  yi  kofiyät  tirä  assa 
mein  Tarbusch  ist  ganz  roth,  hoch  roth. 

7)  hebela,  h^bbela  fem.  hebelä  ein  gewisser,  der  N.  N. ,  wie 
arab.   ..j^,    z.  B.   hebela   baja    der   Sohn    des   N.  N.   hebela   balä 

maryeSite  er  heirathete  die  Tochter  des  N.  N. 

8)  aki,  akiti  (gen.  conun.),  akito  fem.  akito  plur.  aki-mara 
anderer  (alius) ;  z.  B.  aki  numä  mar/eSite  er  heirathete  eine  andere 
Frau,  aki  labahayto  tekhene  sie  liebte  einen  andern  Mann,  aki 
bajöl  yede  er  zog  in  ein  anderes  Land,  aki-1  yede  er  ging  wo 
anders  hin.  akimara  e^^^i^  yohoy,  i^e  nabam  ra/site  den  andern 
gab  er  den  kleinem  Theil,  er  selbst  behielt  sich  den  grossem. 

9)  maiin  (gen.  comm.)  anderer,  fremd;  z.  B.  marin  mal  betan 
sie  verzehren  fremder  Leute  Vermögen,  marin  sayo  yaznin  sie 
verführen  anderer  Leute  Frauen,  marin  lä  yarhude  er  pflegte 
fremder  Leute  Kühe  zu  schlachten,  marin  dikil  emete  ich  kam 
in  anderer  Leute  Dorf,  in  ein  fremdes  Dorf. 

m.     Das  Verb. 

1)  Allgemeine  Bemerkungen;  Eintheilung  des  Verb's. 

Die  Verba  der  Sahosprache  sind  entweder  zwei-  oder  drei- 
radicalige,  und  der  grössten  Zahl  nach  sind  dieselben  primitiv, 
ganz  wenige  nur  von  Substantiven  abgeleitet. 

Die  Verba  theilen  sich  im  Saho  in  zwei  Classen  ein  und  zwar 

A)  in  solche,  welche  in  der  Flexion  die  Stammvocale  ver- 
ändem  und  die  Personenbezeichnung  in  den  Tempora  und  Modi 
durch  Präfixe  ausdrücken;  z.  B. 

a-leli-e  ich  sage       e-leh-e  ich  sagte        a-Jali-ö  ich  will  sagen 
ta-leh-e  du  sagst     te-le^i-e  du  sagtest    ta-lah-o  du  willst  sagen 
ya-jeh-e  er  sagt       yo-le^-e  er  sagte        ya-lah-o  er  will  sagen 

B)  in  solche,  welche  in  der  Flexion  die  Stammvocide  nicht 
verändem  und  die  Personenbezeichnung  in  den  Tempora  und  Modi 
durch  Suffixe  ausdrücken,  z.  B. 

din-a  ich  schlafe        din-e  ich  schlief       din-o  ich  will  schlafen 
din-ta  du  schläfst       din-te  du  schliefst    din-to  du  willst  schlafen 
din-a  er  schläft  din-e  er  schlief        din-o  er  will  schlafen 


Eeinüchj  die  Sahosprachs,  425 

Wir  wollen  in  Ermangelung  eines  passenderen  Ausdruckes 
die  Verba  der  ersten  Classe  als  starke,  die  der  zweiten  als 
schwache  Verba  bezeichnen. 

2)  Tempora  und  Modi. 

Das  Saho  besitzt  nur  zwei  Tempora,  nämlich  Imperfect 
und  Perfect,  jenes  zur  Bezeichnung  des  Werdens  einer  Hand- 
lung oder  eines  Zustandes,  entsprechend  in  der  Bedeutung  unserm 
Imperfect,  Präsens  und  Futurum,  dieses  aber  zur  Bezeichnung 
einer  abgeschlossenen  Handlung  oder  eines  fertigen  Zustandes, 
entsprechend  unserm  Perfect  und  Plusquamperfeci 

Mittelst  Benützung  von  Hilfsverben  werden  aber  von  diesen 
zwei  Tempora  noch  zwei  abgeleitete  gebildet,  um  die  Dauer  aus- 
zudrücken ;  demnach  unterscheidet  das  Saho : 

A)  Imperfect 

a)  einfaches  oder  aoristisches  Imperfect 

b)  zusammengesetztes  oder  duratives  Imperfect 

B)  Perfect. 

a)  einfaches  oder  aoristisches  Perfect 

b)  zusammengesetztes  oder  duratives  Perfect 

Von  den  Modi  kennt  das  Saho:  1)  Imperativ,  2)  Subjunctiv, 
3)  Conditional,  4)  Optativ,  5)  Causalis,  6)  Potentialis,  7)  Temporaiis, 
8)  Gerundiv,  9)  Particip,  10)  Verbalnomen.  Für  jede  dieser 
Tempora  und  Modi  unterscheidet  das  Saho  ein  Positiv,  Negativ 
und  Interrogativ. 

3)  Die  Hilfsverba. 

Es  sind  dies  folgende:  a  sein,  nennen,  ne  sein,  ki  sein,  ke 
werden,  entstehen,  le  haben.  Wir  lassen  hier  die  im  Gebrauche 
vorkommenden  Tempora  und  Modi  folgen: 

A)  ä  sein,  nennen. 


Imperfect. 

Perfect 

Subjunctiv.     Imperativ. 

Sing.  1  gen.  comm.     ä 

e 

0 

2          ,                 tÄ 

te 

to                e  negat  min! 

3  masc.                yä 

ye 

yo 

3  fem.                  tä 

te 

to 

Plur.  1   comm.              nä 

ne 

no 

2        ,                    tan 

ten 

ton              ea  negat  mina! 

3        n                   yän 

yen 

yon              - 

Ausser    diesen   angegebenen 

Formell    sind    von    diesem  Verb    keine   andern 

gebräuchlich.     Zu    bemerken    ist 

noch    eine 

emphatische    Form    dieses    Verb's, 

welche   nlso  lautet: 

Imperfect. 

Perfect. 

Subjunctiv. 

Sing.  1                 ä 

c 

6wä 

2                 tä 

te 

towä 

3  ni.           yS 

ye 

yowä 

3  fem.       tä 

te 

towä 

426 


Reintteh,  die  Sahosprache. 


Imperfect     Perfect     Subjanctiv. 


.  1 

nä 

ne 

nowä 

2 

täm 

tcni 

tonä 

3 

yani 

yeni 

yonä 

Sing. 


Plur. 


B)  ne  sein,  exisüren. 
a)  Positiv. 


Imperfect. 


Perfect. 


Subjunctiv. 


Form  I. 

1  an@ 

2  tanS 

3  m.  yane 
3  fem.  tane 

1  nane 

2  tanin 

3  yanin 


Form  II. 
aniyo 
tanito 
yani 
tani 
nanino 
taniton 
(yanon) 


Form  I. 
ine 
tine 
yine 
ting 
nine 
tinin 
yinin 


Form  II. 
iniyo 
inito 
ina 
ina 
inino 
iniün 
inon 


anawo 

tanawo 

yanawo 

tanawo 

nanawo 

tanon 

yanon 


Zwischen  der  ersten  und  zweiten  Form  Ut  im  Gebrauch  kein  Unterschied 
zu  bemerken ;  ausser  diesen  ist  noch  die  emphatische  Form  zu  erwähnen,  welche 
hier  nur  in  der  2.  und  3.  plur.  vorkommt  und  tanini,  yanini;  tinini,  yinini; 
tanonA,  yanonA  lautet.  Für  ine,  tine  u.  s.  w.  hört  man  auch  die  Formen  cne, 
tene,  yene  u.  s.  w. 

b)  N^ativ. 


Imperfect 


Perfect 


Sing.  1 
2 

3  m. 
3  f. 


m-ani     plur.  ma-nani 
ma-tani  ma-tanini 


mi-yani 
ma-tani 


mi-yanmi 


ma-naniyo  plur.  ma-nanino 

ma-nanito  ma-nanitini 

ma-nana 

ma-nanä  ma-nanoni 


C)   ki    sein, 
a)  Positiv. 


Imperfect. 


Perfect. 


Form  I. 

Form  n. 

Sing.  1             kiyö 

kiniyö 

2             kitö 

kinito 

3  m.       ki 

kin 

3  fem.    ki 

kin 

Plur.  1             kinö 

kinino 

2            kitin 

kiniton 

3 

kinön 

Form  I. 
ki  ine 
ki  tine 
ki  yine 
ki  tine 
ki  nine 
ki  tinin 


Form  IL 
kik  ine 
kik  tine 
kik  yine 
kik  tine 
kik  nine 
kik  tinin 
kik  yinin 


Form  m  u.  IV. 
ki,  kik  iniyo 
ki,  kik  tinito 
ki,  kik  yini 
ki,  kik  tini 


ki  yinin 

Der  Imperativ  lautet  tik!  sei  plur.  tika!  das  Partieip  kini-yä 
fem.  kin-yä  und  tiya  fem.  tyä  plur.  mara.  Der  Gonditional  wird 
gebildet  mittelst  des  Suffixes  -nka,  -nko,  als  kiyö-nku  wenn  ich 
bin  u.  s.  w. 


ReiwBchy  ilie  Sahotpraehe. 


427 


In  den  oben  angegebenen  zwei,  beziehungsweise  vier  Formen  des  Imper- 
fect's  und  Perfect*s  besteht  kein  Unterschied  der  Bedeutung.  Im  Perfect  ist  die 
Form  mit  kik  in  der  1.  Person  sing,  und  plnr.  vorherrschend,  in  den  Übrigen 
Personen  aber  ki.  Die  emphatische  Form  lautet  im  Imperfect  3.  sing,  kiui, 
im  plural  2.  und  3.  kitini,  kinoni   und  im  Perfect  ki  tini,  ki  yinini. 


b)  Negativ. 

Imperfect. 
Sing.  1  ma-kiyö 

2  ma-kito 

3  masc.     ma-ki 
3  fem.       ma-ki 

Plur.   1  ma-kinö 

2  ma-kitin 

3  ma-kinön 


Perfect. 
ki  oder  kik  mä-naniyö 
„  ^    ma-nanit6 

„  „    ma-nanä 

„  „    ma-nana 

y,  ^    ma-nanino 

y,  y,    ma-nanitin 

.    ma-nanön 


ki    oder    kik    lautet    im    Perfect    auch    ku    und    kuk,    als    knk   ine,    kuk 
tine  u.  8.  w. 

c)  Interrogativ.  *^ 

Basselbe  wird  gebildet,  indem  an  die  obigen  Formen  die 
Fragepartikel  ho  angefügt  wird,  als  kiyo-hö  bin  ich?  kito-hö  bist 
du?  ma-kiyo-hö  bin  ich  nicht?  u.  s.  w.  Im  Positiv  kann  dieses 
ho  weggelassen  werden;  in  diesem  Falle  aber  steht  der  Accent 
auf  der  vorletzten  Silbe,  z.  B.  ma^etiya  kiyo  bin  ich  gut?  aber 
ma/etiya  kiyo  ich  bin  gut. 


\ 

D) 

ke  werden, 
a)  Positiv. 

Imperfect. 

Perfect. 

Subjunctiv. 

einfache 
F 

emphatische 
orm 

einfache    emphatische    einfache    emphatisch 
Form                                    Form 

Sing.   1 

ake 

eke              — 

ako 

akowd 

2 

take 

teke             — 

tako 

f^kows 

3  m 
3  f. 

.    yake 
take 

yeke             — 
teke             — 

yakö 
tak6 

yakowä 
tAkowa 

Plur.  1 

nake 

neke             — 

nak6 

nakow& 

2 

takin 

takini 

tekin        tekini 

takön 

takona 

3 

yakin 

yakin  i 

yekin       yekini 
b)  Negativ. 

yakön 

yakonä 

Sing. 

Imperfect. 
1           m  -äke 

Perfect 
ma-  eke 

Subjunctiv. 
m-äko 

2 

ma-take 

ma-teke 

ma-tako 

3  m. 
3  f. 

mi-yake 
mä-tüke 

mi-yeke 
ma-teke 

mi-yako 
mä-tako 

Plur. 

1 

ma-nake 

ma-neke 

mä-nako 

2 

mä-takin 

ma-tekin 

ma-takon 

3 

nii-yakin 

mi -yekin 

mi-yakon 

428 


Rmmteh^  tue  Sahospraehe. 


c)  Interrogativ. 

Die   obigen  Formen   erhalten  das  Suffix  ho ,   als  ake-ho,  eke- 
ho,  m-ake-ho  u.  s.  w. 

Der   Conditional    wird    mittelst    des   Suffixes    -nko    gebildet,    als:    ake-nko 
wenn  ich  werde-  u.  s.  w. 

£)  le  haben,  besitzen, 
a)  Positiv.  b)  Negativ. 


Imperfect         Perfect. 


Imperfect         Perfect. 


I.  Form.  n.  Form, 
li  ine        lik  ine 


Sing.  1  liyö 

2  lito 

3  m.  le 
3  f.  le 

Plur.  1 
2 

3  Ion     li  yinin    lik  yinin 


Unö 


li  tine 
li  yine 
li  tine 
li  nine 


litin    li  tinin 


lik  tine 
lik  jine 
lik  tinS 
lik  nine 
lik  tinin 


ma-liyö  li  oder  lik  ma-naniyo 

ma-lito  ^      ,       ,  ma-nanit6 

ma-le  ^      »       n  ma-nana 

ma-U  y,      1,      n  nia-nana 

ma-lino  ^      ^       ^  ma-naninö 

ma-litin  „      n       ?>  ma-nanitin 

ma-lon  ...  ma-nan6n 


Für  die  2.  und  8.  Person  plur.  existirt  die  emphatische  Form  mit  aus- 
lautendem i  als:  litinf,  loni,  li  oder  lik  tinini,  -yinini  u.  s.  w.  Im  Perfect 
lautet  obiges  li  oder  lik  auch:  lu,  luk,  als:  luk  ine,  luk  mananiy6  u.  s.  w. 

Das  Negativ  lautet  im  Imperfect  auch  dialectLsch  also: 


Sing. 

1 

ma-yo, 

ma- 

•  zo  — 

ma-liy6 

2 

ma-lto 

. — 

ma-lito 

3 

ma-1^ 

= 

ma-le 

Plur. 

1 

ma-nnö 

ma-Iinu 

2 

^ma-lton 

r== 

ma-liton 

3 

ma-lon 

ma-lon 

c)  Interrogativ. 

Dasselbe  wird,  wie  bei  ki,  ke  gebildet,  indem  an  die  obigen 
positiven  oder  negativen  Formen  die  Fragepartikel  ho  angesetzt 
wird,  als:  liyo-hö  habe  ich?  lik  ine-hö  hatte  ich?  ma-liyo-hö  habe 
ich  nicht?  u.  s.  w. 

F)  way  ohne  sein,  entbehren,  nicht  ßnden. 

Imperfect       Perfect. 


Sing. 

1 

wa 

way 

2 

wayta 

wayte 

3  m. 

wä 

way,  we 

3  f. 

wayta 

wayte 

Plur. 

1 

waynä 

wayne 

2 

waytan 

wayten 

3 

wan 

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Eeinuchy  die  8mko§prache.  429 

G)  naha  noch  nicht  sein,  vermeiden. 

Imperfect.  Perfeci 


Sing. 


Plur. 


Form  I. 

Form  n. 

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Mit  Zuhilfenahme  dieser  Auxiliarverhen  können  abgeleitete 
Tempora  und  Modi  bei  den  starken  und  schwachen  Verben  ge- 
bildet werden. 

4)  Flexion  der  starken  und  schwachen  Yerba. 

Als  Paradigmata  wähle  ich  von  der  ersten  Classe  oder  den 
starken  Verben    folgende    aus:    I,    1)  c}a^   sagen,    2)   läk   senden 

(Tigre  -^Yll«  ^®*^*  AATlDi  3)  yab  trinken,  4)  gav  schlagen, 
5)  daw  gehen,  6)  haw  geben,  7)  ^'ay  arbeiten,  8)  'ab  hören,  9)  t&han 
malen,  reiben  (Tigr6  fllrfif ;),  10)  falaz  spalten  (Aeth.  ^/VÄ  l)> 
ll)brar  fliegen  (Tigr6  Q^;),  12)  gadaf  tödten  (Aeth.  7^^;), 
13)  garaad  schneiden  (Aeth.  *J<^J^\)^  14)  ^akam  regieren  (Aeth. 
rflTl^r)^  15)  baqal  wachsen  (Aeth.  fiCJ>/Y;),  16)  faday 
zahlen  (Aeth.  ^^P ;) ,  17)  gaza  herrschen  (Aeth.  7*HÄI)> 
18)  'adag  kaufen,  19)  'amen  glauben  (Aeth.  /^^^J;),  20)  'azaz 
herrschen  (Aeth.  /^HH*). 

Von  der  zweiten  Classe  oder  den  schwachen  Verben  wähle  ich 
folgende  aus:  II,  1)  ab  machen,  2)  bah  bringen,  3)  bay  nennen, 
4)  faj  wollen,  5)  arak  gelangen  wohin,  6)  bakar  dürsten,  7)  birrig 
erschrecken,  8)  vk  machen. 

Wir  lassen  hier  zuerst  die  Paradigmen  für  das  Imperfect, 
Perfect  und  den  Subjunctiv  folgen,  in  den  Noten  gebe  ich  die 
äthiopische  Umschrift  in  der  ersten  Person. 


430 


Rtinitek,  die  S<Ju>tpraehe. 


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434 


Rekdsckt  ttie  Sahotprache, 


Ich  liabe   in    diwen  Paradigmen  die  3.  Person  sing.  fem.  weggelassen,    da 
dieselbe  durchwefi;  mit  der  2.  sing,  übereinstimmt. 

Das  Negativ  wird  gebildet,  indem  der  positiven  Form  ma 
vorgesetct  wird,  welches  a  in  der  1.  Person  mit  dem  Präfix  a 
zusammengezogen  wird,  wie  m'-ale^e  ich  sage  nichts  aber:  ma-tale^e 
du  sagst  nicht  Die  3.  sing,  und  plur.  lautet  mi-,  als:  mi-yalehe 
plur.  mi-yale^en  u-  s.  w. 

Das  negative  Perfect  aber  wird  mittelst  der  Copula  und  des 
ConditionaLstarams  also  gebildet: 


Sing. 


- 

L  Classe. 

n.  Classe. 

l 

m&lah-iniyo 

mäb-iniyo 

2 

mälah-inito 

mäb-inito 

3  m. 

mäla^-ina 

mäb-ina 

3  f. 

m&lali-ina 

mäb-ina 

1 

mäah-inino 

mäb-inino 

2 

ni&]ah-initin 

.  uiäb-initin 

3 

mälah-inon 

mäb-inon 

Plur. 


Das  durative  Imperfect  und  Perfect  wird  mittelst  des  Hilfs- 
verbs ne  in  Verbindung  mit  dem  Imperfectstamm  des  bestimmten 
Verbs  also  gebildet: 

Imperfect. 
Classe  I.  Classe  U. 

Sing.  1     a^ehe  oder  a^ebe-k  ane         aba  oder  aba-k  ane 

2  «         „  n        tane  ^        ^  ,       tane 

3  „        ,,  „        yane         ^       ,  „       yane 

u.  s.  w. 

Perfect 
Sing.  1     ajefie  oder  a)e\ie-k  ine  aba  oder  abak  ine 


2 
3 


tine 


tine 


T,        yine  „       ,  ^      yine 

u.  s.  w. 
Die  negative  Form  wird  in  derselben  Weise  mittelst  des  Hilfs- 
verbs way  gebildet,  als: 

Imperfect. 

Classe  I.  Classe  IL 

Sing.  1     a\e\}e  oder  a^hek  wä  aba  oder  aba-k  wä 


way-ta         ^ 
u.  s.  w. 


wai-ta 


Perfect 

Sing.  1     a]ehe  oder  alehek  way,  we       aba  oder  abak  way,  we 
2         ,  „       wai-te  ^  ^     way-te 

u.  s.  w. 
Statt   dieser  Bildung   kann    auch   die  mittelst  der  Verba  mar 
oder  sug  (schwach  flectirt)  gebraucht  werden,  und  zwar  also: 


RsinUch,  die  Sahosprticht^ 


435 


Imperfect. 
Positiv. 
Sing.  1  ajel^e,  a]ehek;  aba,  abak  suga,  mara 


Negativ, 
a-le^e  etc.tna-suga 
^  mi^sukta 

^  ma-suga 

^  ma-sagna 

^  ma-suktan 

^  ma-sugan 


ma-sug-iniyo 
ma-sug-inito 


2  ^  ^  T>       D  sukta,  marta 

3  ^  n  n       n  suga,  Hiara 
Flur.  1  ,  ^  n       n  sugna,  marna 

2  ^  y,  n       n  suktan,  martan 

3  ,  ,  „1»  sugan,  maran 

Perfeci 

Sing.  1   ajehe  etc.     suge,  mare  ajehe  etc. 

2      „  sukte,  marte  „ 

u.  s.  w. 
Das  Interrogativ  wird  gebildet,  indem  an  die  obigen  Formen 
das  Suffix  ho  angesetzt  wird,  z.  B.  a]e^e-hö  sage  ich?  mälehe-hö 
sage  ich  nicht?  £s  kann  dieses  hö  aber  auch  wegbleiben,  nur 
wird  dann  die  vorletzte  Silbe  des  Verb's  scharf  betont,  z.  B.  al^^ö 
sage  ich? 

D)    Imperativ. 

Der  Gebrauch  desselben  beschränkt  sich  nur  auf  die  zweite 
Person  der  Ein-  i^pd  Mehrzahl  und  lautet  wie  die  erste  Person 
des  Perfect's  bei  Wegfall  von  auslautendem  -e;  so  im  Singular; 
im  Plural  tritt  an  diese  Form  -ä  an;  im  Negativ  wird  an  den 
Stamm  in  pl.  inä  angesetzt;  als: 


Positiv. 

Negativ. 

I.  1] 

1   eleh 

plur 

.  e]a^a 

m-äläJi^-in 

plur. 

m-ala^-inä 

2] 

1  ilik 

fi 

ilik-a 

m-älik-in 

« 

m-älik-ina 

3] 

1  o;'6b 

^ 

o^'ob-ä 

mä-'o/ob-in 

f» 

mä-o/ob-inä  *) 

4: 

1   ogiir 

»» 

ogur-ä 

m-agur-in 

ft 

m-ägur-inä 

5; 

1   ede 

11 

edey-a 

rn-ädey-n 

n 

m-ädey-nä 

6; 

fl 

iyiy-a 

m-äyiy-in 

*» 

m-äyiy-inä 

7: 

1  oho 

« 

ohow-ä 

m-ähay-n 

1» 

m-ähay-nä 

s; 

1  ob 

n 

ob-ä 

ma-'ob-in 

n 

mä-ob-inä 

9) 

1  etehen 

n 

et-ehön-ä 

ni-äta^-in 

n 

m^ätab'Uiä 

10] 

1  ifiliz 

fl 

ihli^-ä 

m-äfili^-in 

!» 

m-äfilis^-inä 

11] 

1  ibrir 

•) 

ibrir- ä 

m-äbrir-in 

fl 

m-äbrir-inä 

12; 

1  igdif 

n 

igdif-ä 

m-agdaf-in 

•» 

m-ägdaf-inä 

13] 

1   ogomiid 

1 

ogomüd-ä 

m-ägoumd-ii] 

l         n 

mä-gomud-inä 

h; 

1   ohküm 

•» 

o\iküjn-a 

m-S^kum-in 

fl 

m-ä^kum-inä 

15) 

1   ubqiil 

1 

ubqiil -ä 

m-äbqul-in 

»» 

m-äbqul-lnä 

16) 

1   ifdi 

1 

ifdiy-ä 

m-äfdey-ln 

« 

m-äfdey-inä 

17] 

1   egz'i 

n 

egzi-'a 

m-agze-'in 

n 

m-agzo-  inä 

18) 

\   e'edig 

•» 

e'edig-ä 

m-ädig-in 

« 

m-ädig-inä 

19] 

1   emin 

n 

emin-ä 

m-ämin-in 

•> 

m-ämin-inä 

20; 

)   iziz 

^ 

iziz-ä 

m-aziz-in 

•> 

m-äziz-inii 

1)  und  m-ii^obin  plur.  m'-ä^'obina ! 


436 


Reinischt  tUe  Sdlia9pr€U!he. 


n.    1)  ab 

2)  ai-ak 

3)  bah^ 

4)  bakar 

5)  b5 

6)  birrig 

7)  fal 

8)  iS 


plur.  ab-ä 

^  aräk-ä 

,  bah-ä 

„  bakär-ä 

„  bäy-ä 

^  birrig-a 

,  fal-a 

-  is-ä 


m-äb-in 

m-ärak-in 

ma-bah-in 

raa-bakar-in 

ma-bay-n 

ma-birrig-in 

ma-fal-in 

ma-*i§-in 


plur.  m-äb-inä 

,  m<arak-inä 

,  ma-bah-iiiä 

^  ma-bakar-inä 

„  ma-bay-nä 

,  ma-birrig-inä 

-  ma-fal-inä 


ina-'is-ina 


E)    Conditional. 

a)  Die  positive  Form  wird  gebildet,  indem  an  das  Imperfect 
das  Suffix  -do  und  an  das  Perfect  das  Suffix  -nko  angesetzt  wird; 
z.  B.  „wenn  ich  sage,  thue**. 


Smg. 


Plur. 


1 
2 
3 
3 
1 
2 
3 


Sing. 


Plur. 


1 
2 
3 
3 
1 
2 
3 


Imperfect. 
Classe  I. 

alehe-do 

talehe-do 
m.  yaje^e-do 
f.       talehe-do 

nalehe-do 

ta]ehenin-do 

yalehenin-do 

Perfect. 
Classe  I. 

ejehe-nko 

tejehö-nko 
m.  yeleljö-nko 
f.       telehö-nko 

nelehe-nko 

telehiSni-nko 


Classe  II. 

abä-do 

abtä-do 

abä-do 

abtä-do 

abnä-dö 

abtän-do 

abän-do 

Classe  IL 

abe-nko 

abte-nko 

abi-nko 

abte-nko 

abne-nko 

abteni-nko 

aböni-nko 


yeleheni-nko 

b)  Die  negative  Form  unterscheidet  zwei  Tempora  und  wird 
mittelst  des  Imperfectstammes  bei  den  starken,  jedoch  bei  den 
schwachen  Verben  mittelst  des  Perfectstarames  und  dem  Hilfsverl» 
way  also  gebildet  („wenn  ich  nicht  spräche,  nicht  thäte**): 

Imperfect. 


Classe 

J    I. 

Classe  II. 

Sing. 

1 

alehe 

wä-do 

abe 

Wä-do 

2 

fl 

way-ta-do 

n 

way-tii-do 

3  m. 

n 

wa-do 

•) 

wä-do 

3  f. 

n 

way-ta-do 

•» 

way-ti-do 

Plur. 

1 

n 

way-na-do 

n 

way-na-do 

2 

n 

way-t4in-do 

«1 

way-tan-do 

3 

n 

wä-n-do 

n 

wä-n-do 

Reinischy  die  Scüiogprachß.  437 

Perfect 

Sing.  1        alehe  we-nko  abe  wö-nko 

2  „       way-te-nko  „     way-t^-nko 

3  m.      y,      we-nko  ,     wö-nko 

3  f  ,  way-te-nko  „  way-tö-nko 

Plur.  1  „  way-nS-nko  ,  ^ay-ne-nko 

2  ,  way-tgni-nko  „  way-tö-ni-nko 

3  ,  wg-ni-nko  „  w6-ni-nko 

„wenn  ich  nicht  gesprochen  habe  oder  hätte,  wenn  ich  nicht  gethan 
habe  oder  hätte"  u.  s.  w. 

'  F)    Optaüv. 

a)  Die  positive  Form  ist  a)  entweder  gleich  mit  dem  Sub- 
junctiv,  oder  /?)  sie  wird  gebildet  mittelst  des  Verbums  fa}  wünschen, 
wollen  in  Verbindung  mit  dem  Subjunctiv  oder  Relativ  des  be- 
stimmten Verbums.  Der  Optativ  hat  zwei  Tempora,  Imperfect  und 
Perfect  und  lautet: 

Imperfect. 


Classe  I. 

Classe  n. 

Sing.  1 
2 

3iii 
3  f. 

Plur.  1 
2 
3 

alaho     oder  ulelie-m  fal-a 
talaho       ,     tale^e-m  fal-da 
i.  yalaho      „     yale^e-m  faj-da 
talaho       „    tale^e-m  fal-da 
nalahona  „     nalelje-m  fa^-da 
tajahona  „     taleheni-m  faj-dan 
yalahona  „     yaleheni-m  fal-an 

Perfect. 

abo    oder  aba-m  fal-a 
abto      -     abta-m  fal-da 
abo        „     aba-m  fal-a 
abto      „     abta-m  fal-da 
abno      „     abna-m  fan-^a 
abtona  „     abtani-m  fal-^an 
abona    „     abani-m  fal-an 

Sing.   1 
2 
3 

alaho    oder  ale\i6-m  fal-e 
talaho     y,      talehe-m  £al-de 
m.  yalaho    „      yaje^e-m  faj-e 

U.   8.   w. 

abo  ^)der  aba-m  fal-e 
abto     „     abtA-m  fal-de 
abo       „      aba-m  fa]-e 

b)  Die  negative  Form  wird  in  der  Begel  mittelst  der  Negirung 
von  fal  ausgedrückt,  als:  ala^io  oder  alebie-m  ma-fal-a  ich  möchte 
nicht  sprechen,  Perfect  alaho  oder  ajehem  ma-fal-iniyo  ich  wollte 
nicht  sprechen.  Bei  Interjectionen  gebraucht  man  aber  sowohl  zur 
Bezeichnung  des  Perfects  als  Imperfects  den  Subjunctiv  von  way 
in  Verbindung  mit  dem  bestimmten  Verb  in  der  Verbindung,  wie 
dieselben  oben  sub  E  beschrieben  wurde;  „o  müsste,  möchte  ich 
nicht  sprechen,  thun  oder  gesprochen,  gethan  haben"  wird  demnach 
so  ausgedrückt: 

Classe  I.  Classe  11. 

Sing.  1         alehe  way-o  abö  way-o 

2  „      way-to  ,     way-to 

3  ra.      „       way-o  „     way-o 
3  f.       „       way-to  „     way-to 


438  Reinitchy  tue  Sahosprache. 

Plur.  1        ale^e    way-no  abe    way-no 

2  ^       way-ton  ,     way-ton,  waytona 

3  ,       way-on,  wön        „     way-on,  wona 

G)  Gerundiva. 

Das  Saho  unterscheidet  zwei  Arten,  wovon  die  erste  mittelst 
^  des  Hil&yerbs  ki,  das  zweite  mittelst  le  in  Verbindung  mit  dem 
Subjunctiv  des  Hauptverbs  gebildet  wird.  Das  erstere  wird  ge- 
braucht für  unsere  Bezeichnung:  ich  bin  soeben  daran,  mache 
mich  daran  etwas  zu  thun  oder  zu  erdulden,  das  letztere  aber  be- 
deutet: ich  muss,  bin  genöthigt  zu  thun  oder  zu  erdulden;  z.  B. 
rabo  kiyo  ich  bin  daran  zu  sterben,  fühle  mein  Ende,  dagegen 
rabo  liyo  ich  muss  sterben.     Die  Paradigmata  lauten: 

Imperfect 
Positiv. 

Classe  I.  Classe  11. 

Sing.  1  ala^lo     kiyo,    aja^o    liyo  abo  kiyo,    abo    liyo 

2  tala^o   kito,     tala^o  lito  abto  kito,     abto  lito 

3  yalaho  ki,       yalaho  le  abo  ki,        abo    le 

Negativ. 

Sing.  1  ala^o,     abo    ma-kiyo,  ma-liyo 

2  t«4aho,    abto  ma-kito,  ma-lito 

3  yalal^o,  abo    ma-ki,  ma-le 

u.  s.  w. 

Perfect. 

Positiv. 
Sing.  1  ala^o    ki    ine,    a]a^o    li    ine         abo    ki    ine,    -li    ine 
2  ta]al;io  ki    üne,  taiaho  li    tine        abto  ki    tine,  -li    tine 

Negativ. 
Sing.  1   alal^o,    abo    ki    und    li    ma-naniyo 
2  tafa^^o,  abto  ki      ,,      li    ma-nanito 
u.  s.  w. 

H)    Relativa. 

Es  giebt  deren  zwei  Arten,  welche  sich  jedoch  in  Bedeutung 
und  Gebrauch  nicht  von  einander  unterscheiden.  Sie  werden  ge- 
bildet, indem  man  an  das  Verb  -m,  mi,  Plural  ebenso,  oder  -tiya 
fem.  tyä  plur.  mara  ansetzt: 

Imperfect 
Classe  I. 
Sing.  1        ale^Ö-m    oder  alelie-tiyä    fem.  »lehe-tyä 

2  tal.e^e-m      ,     tajelje-tiyä      ^      tajehe-tya 

3  m.  yale^e-m      ^     ya]e)iie-tiyä     .,      talehe-tyii 
3  f.    talebe-m      ,  —  .,  „ 

Plur.  X        najel^e-m     ^     nale^e-mara 


lUinüchj  die  Sahosprache,  439 

Classe  n. 
Sing.  1         aba-m    oder  aba-tiyä,    abä-tya, 

2  abta-m      ,     abta-tiyä,  .abta-tyä 

3  m.  aba-m        ,     aba-tiyä,    abta-tyä 
3  f.    abta-m      „  —  » 

Plur.  1        abna-m     ^     abna-mara 

u.  s.  w. 

Ebenso  ist  die  Bildung  für  das  Perfect  und  den  Subjunctiv, 
wie:  elehe-m,  alaho-m  u.  s.  w. 

I)   Causalis. 

Derselbe  wird  gebildet,  indem  an  die  vorangegangene  Relativ- 
form auf  -m  das  Wort  hi]da,  hijda-d  (Ursache,  aus  Ursache)  an- 
gesetzt wird ;  z.  B.  yi  meskinto  tikriminim ')  hil^^^d  jannätad  zaytan  ^ 
weil  ihr  euch  meines  Armen  erbarmt  habt,  so  werdet  ihr  in's 
Paradies  eingehen,  yi  balod  te^'ete-m  hi}4ad  rabto  lito  weil  du 
mein  Land  betrete\i  hast,  so  musst  dji  sterben,  atu  tay  redanto 
talehe-m  hijdad  anu  yi  dik  hab  ')  weil  du  dieses  dem  Fürsten 
sagen  wirst,  so  will  ich  meine  Heimat  verlassen,  atu  tay  abte-m 
hildad  anu  ku  agure  weil  du  das  gethan  hast,  so  werde  ich  dich 
schlagen. 

Das  Negativ  wird  entweder  regelrecht  mittelst  der  Negativ- 
partikel ma-  gebildet,  als  ma-tale]|^e-m  hildad  weil  du  das  nicht 
sagen  wirst;  oder  und  zwar  häufiger  wird  dasselbe  mittelst  des 
Hilfsverbs  way  gebildet,  welchem  der  unverändert  bleibende  Imper- 
fectstanun  vorgefügt  wird,  als: 


Imperfect 
Classe  I. 

Classe  n. 

Sing.  1 
2 
3 

alehe   wä-m      hildad 
,        way-ta-m      , 
wä-m            „ 

abe 

wä-m      hildad 
way-ta-m      „ 
wä-m            „ 

Plur.  1 
2 
3 

way-na-m     „ 
^        way-t»na-m  „ 
„        wä-na-m       , 

Perfect. 

1» 
n 

way-na-m     „ 
way-tiana-m  „ 
wä-na-m       , 

Sing. 

1  ajehe  we-m     hiJ^ad 

2  ^       way-te-m    „ 

u.  s.  w. 

abS  we-m     hildad 
,     way-te-m    , 

K)  Potentialis. 

Die   positive  Form  wird  gebildet,  indem  dem  Subjunctiv  des 
Hauptverbs    das   Hilfsverb    diy   (schwach  flectirt)   im    Stande   sein, 

1)  Von  karam  I  sich  erbarmen,  ar.  *^ .       2)  zay  II  eingehen        3)  hab  II 
verlassen. 


440  Rmnischj  die  Sahosprache. 

vermögen,    wissen,  nachgesetzt  wird;   das  Paradigma  (,ich  vermag 
zu  sprechen,  zu  thun**)  ist: 

Imperfect. 
Classe  I.  Classe  IL 

Sing.  1    alabo  ^iy-Sk  abo  diy-a 

2  tala^io  <Ji/e-ta  abto  di/e-ta 

3  yalaho  di;'-a  abo  di/-a 

u.  s.  w. 

Perfect 

Sing.   1    alaho  di^'-e  abo  ^iy-e 

2    ta)a^o  di^'e-te  abto  di/-te 

u.  s.  w. 
Die  negative  Form  wird  entweder  mittelst  Vorsetzung  von 
ma-  vor  das  diy  gebildet  (d  geht  dann  im  Inlaut  zu  1  über) ;  z.  B. 
alaho  ma-]i;'-a  ich  kann  nicht  sprechen,  Perfect:  alaho  ma-li;'-iniyo 
ich  konnte  nicht  sprechen,  —  oder  es  wird  da^  Hilfsverb  way  mit 
dem  bestimmten  Verb  verbunden,  als:  ajaho  wä,  Perfect:  a]alio 
we  u.  s.  w. 

L)   Temporaiis. 

In  Nebensätzen  der  Zeit  unterscheidet  das  Saho  drei  Be- 
zeichnungsarten.  Die  erste  wird  gebraucht,  um  die  Gleichzeitigkeit 
der  Action  des  Verbs  im  Haupt-  und  Nebensatz  auszudrücken;  die 
zweite,  um  anzugeben,  dass  die  Action  des  Verbs  im  Nebensatz 
der  des  Hauptsatzes  vorangegangen  sei ;  endlich  die  dritte,  um  aus- 
zudrücken, dass  die  Action  des  Verbs  im  Hauptsatze  der  des  Verbs 
im  Nebensatze  vorangegangen  sei. 

a)  Die  erste  Art  wird  dargestellt,  indem  an  das  Verb  im 
Nebensatze  das  Wort  ged  (Zeit)  oder  ged-da  (zur  Zeit),  auch  mah 
(Tag,  Zeit)  angesetzt  wird ;  z.  B.  anu  alehe  ged  atu  sik  t^laho  lifo 
w^rend  ich  rede,  hast  du  zu  schweigen,  anu  elehe  gedda  umbakä 
heyo  sik  yelehen  wahrend  ich  sprach,  schwiegen  alle,  din-a  ^)  ged 
abulo  ma-U^'a  während  ich  schlafe,  vermag  ich  doch  nicht  zu 
schauen,  dine  ged  yi  bala  yemete  *)  während  ich  schlief,  kam 
mein  Sohn,  are-d  dine  gedda  habub  y'  illau  beten  während  ich 
im  Hause  schlief,  frassen  die  Paviane  meine  Durra,  amä  bala 
arte -mal)  te  abbä  dabri  bukäd  hay  yen  zur  Zeit,  als  das  Mädchen 
erwuchs,  quartirte  sie  ihr  Vater  in  das  obere  Stockwerk. 

b)  Die  zweite  Art  wird  ausgedrückt,  indem  an  das  Verb  im 
Nebensatz  das  Wort  sarä  (Schweif,  Schlepp,  Hintertheil)  oder  sarä-1 
(am  Ende)  angesetzt  wird;  zwischen  das  Verb  und  sarä,  saräl  kann 
auch  k  (verkürzt  aus  ki  sein)  eingefügt  werden:  z.  B.  imu  ejehe 
sarä,    elehe-k   sarvA   nachdem   ich  gesprochen  hatte,    ab-te-k   saräl 


1)    Von    fUn  {»chlafen   (schwach   flec-tirt  =:  II).  2)    mat   kommon    (stark 

flectirt  =  1). 


ReiMsehj  die  Sahoiprachs,  441 

nachdem  du  gemacht  hattest,  rabeti  rabe-k  saräl  ma-gaha  ^)  der 
Todte  kommt  nicht  zurück,  nachdem  er  einmal  gestorben  ist.  y'inä 
rabte-k  ^)  saräl  yi  balo  habe  nachdem  meine  Mutter  gestorben  war, 
verliess  ich  mein  Land,  yi  numä  tay  yok  telehe-k  saräl  tede  nach- 
dem mein  Weib  zu  mir  dieses  gesprochen  hatte,  giAg  sie  von 
dannen.  ussuk  y'  abbä  ka  yigdife-k  saräl  marin  balo  ewu^'ö  ^) 
nachdem  er  meinen  Vater  getödtet  hatte,  flüchtete  er  in  ein  anderes 
Land,  inki  \e\ey  saräl  yi  numä  dalte-k  *)  saräl  rabte  einen  Tag 
darnach  nachdem  meine  Frau  geboren  hatte,  starb  sie. 

c)  Die  dritte  Art  wird  gebüdet  mittelst  des  Hilfsverbs  nah, 
welchem  das  Verb  vorgesetzt  wird  und  zwar  wird  bei  den  Verben 
der  ersten  Classe  die  erste  Person  des  Imperfects,  bei  denen  der 
zweiten  Classe  die  erste  Person  des  Perfects  jenem  nah  voran- 
gestellt; das  Paradigma  lautet: 

Imperfect. 
Classe  I.  Classe  IL 

Sing.  1    ale^e  nahiyo  abe  nahiyo 


2 

n 

nahito               „     nahito 

3 

n 

naha                 „     naha 
u.  s.  w. 

Perfeci 

Sing.   1    alelie  naha  ine  abe  naha  ine 

2        „  ,      tine  „       „       tine 

u.  s.  w. 
Beispiele,  alehe  nahiyo  ayobem  falo  bevor  ich  rede,  möchte 
ich  trinken,  ta  arhode  ^)  nahito  sagä  adagä  arkis  bring  diese  Kuh, 
ehe  du  sie  schlachtest,  auf  den  Markt!  iSi  ba]ol  amite  naha  ado^a 
egida  nitire  yen  er  blieb,  so  erzählt  man,  drei  Jahre  (abwesend), 
bevor  er  in  seine  Heimat  kam.  atu  ko  nahiyö-m-ko  ay  ko  abe 
was  that  er  dir  von  dem,  was  ich  zuvor  nicht  gemacht  haben 
sollte  ? 

An  die  Formen  nahiyo,  nahito  u.  s.  w.  kann  auch  k  angeftigt  werden;  z.B. 
anu  yi  sa/äl  ka  duiye  ahawo  diye  nahiyok  will  katari  yok  bisite  •)  bevor  ich 
meinem  Bruder  sein  Gold  übergeben  konnte,  entrias  os  mir  ein  K&uber.  y*  abbä! 
anu  jHi  sa  äl  m-äguriniyo,  aguro  diye  nahiyo-k  y'inä  temcte  o  mein  Vater,  ich 
schlug  ja  meinen  Bruder  nicht;  ehe  ich  ihn  nämlich  schlagen  konnte,  kam 
schon  meine  Mutter,  y'  inä  rabe  naha-k  mingum  lahottc  ')  meine  Mutter  litt 
sehr,  ehe  sie  starb,  ta  sagä  ko  ahay  nahiyok  arhadSm  fala  ich  will  diese  Kuh 
lieber  erschlagen,  oho  (als  dass)  ich  sie  dir  gebe,  ta  balul  amite  naha  inek 
anii  rohos  kin  heyoti  ki  ine,  kädo  yubüs  kin  heyoti  eke  ane  bevor  ich  in  dieses 
Land  gekommen  war,  da  war  ich  ein  reicher  Mann,  nun  aber  bin  ich  ein  arm 


1)    gab  II   zurückkehren.  2)   rab   I   sterben.  3)   wa/   I   weggehen, 

fliehen.  4)  dal  gebären.  .5)   Von    rahad  I   schlachten    (Aoth.  Zm\  * 

Tigre   ^°2fJ  |)  .        6)  Von  bisit  II  an  sich  nehmen.        7)  lahot  II  erkranken, 
leiden,  erste  Person  lahotc,  zweite  lahot-te  u.  s.  w. 


442  JUifdsch,  die  Sahosprache. 

gewordener,  ta  nmbakä  ko  amine  nahiyok  yi  nebsi  hiimi  intatili  abule  M  bevor 
icb  dir  das  alles  glaube,  werde  ich  selbst  mit  meinen  eigenen  Augen  sehen 
(mich  überzeugen). 

M)  Verbalnoinina. 

Die  Bildung  der  Yerbalnomina  ist  eine  sehr  mannigfaltige  und 
erfolgt 

a)  innerlich,  durch  Vocalveränderung  in  der  Verbalwurzel, 

b)  ftusserlich,  durch  Präfixe  und  Suffixe, 

c)  durch  Combination  dieser  beiden  Bildungsarten. 

Die  erste  und  dritte  Art  dieser  Nominalbildung  gehÖit  den 
starken,  die  zweite  aber  den  schwachen  Verben  an.  Wir  betrachten 
zunächst : 

Die  Nominalbildung  der  starken  Verba. 

Die  gewöhnlichsten  Formen  derselben  sind  folgende: 

1)  Das  Nomen  abstractum ;  die  Vocale  des  Wortstammes 
stimmen  mit  denen  des  Subjunctiv's  überein;  z.  B. 

adäg    pl.  adog  der  Kauf,  das  Kaufen ,  gener.  masc.  (Subj.  a-'adäg-o) 
kahän   „    kahon  die  Liebe,  das  Lieben  „  „       a-kahän-o 

qamät  ^     qämot  das  Suchen  „  „       a-qamät-o 

haläf     ^    hälof  Zudringlichkeit  ^  ^       a-haläf-o 

2)  Der  obige  Stamm  erhält  das  Suffix  ä,  der  vorangehende 
Vocal  des  Stanmies  wird  gekürzt,  z.  B. 

adagä    plur.  adägag  Markt,  Bazar,  gen.  fem. 
ba]älä      „      balälal  Räubergewerbe  „       von  bajal 

barakä     „      barakak  der  Segen  „         „     barak 

katrä        „      katarar  Raub  ,         ^     katar 

3)  Häufiger  als  die  sub  1  angegebene  Art  kommt  nachstehende 
Bildungsweise  vor,  indem  man  vom  Subjunctiv  das  auslautende  o 
abwirft;  z.  B. 

agdäf   pl.  ägdof  das  Tödten,  der  Mord,  gen.  masc.  (Subj.  a-gdäf-o) 
agdäl     „    ägdol  das  Brechen  ,  ,      a-gdäl-o 

aläk       „    älok  das  Senden  „  „      a-läk-o 

ataläm  „    atlQom  das  Betrügen  „  ^      a-^aläm-o 

ataläl     „    atalol  das  Einwickeln  ^  „      a-taläl-o 

Die  Formen  sub  1  und  3  können  wir  am  besten  als  Infinitiv 
bezeichnen. 

4)  Den  vorangehenden  Formen  wird  ein  m  präfigirt;  Genus 
und  Pluralform  stinunen  mit  den  Nomina  sub  3  überein;  z.  B. 

ma/ät  der  Tritt,  die  Fussspur  (Subj.  a-yat-o) 
mahät  Kauwerkzeug  ,       a-hät-o 

matahän  Reib-,  Mühlstein  ,       a-tuhän-o 

5)  An  die  vorangehende  Form  wird  ä  plur.  -it  angefügt  und 
bildet  Nomina  agentis;  z.  B. 


1)  Von  bal  I  sehen. 


Manisch^  die  StJiospracke,  448 

magramräm-a  Grobian  (Subj.  a-graniräm-o,  Aeth.  T/^^l) 

mahräs-a  Pflug  „       a-hras-o 

malSg-a  Gelehrter  „       a-läg-o 

ma(iäy-a  Träger  „       a-qä^'-o 

,  xnarhäd-a  Schlächter        ^       a-rhäd-o 

matäk-a  Schläger  ^       a-täk-o 

Die  Feminina  haben  -ä,  dafür  in  der  letzten  Stammsilbe  ä;  2.  B. 
maqa^'ä     plur.  maqä)'it  Trägerin 
matabanä     „     mataliänit  Müllerin. 

6)  An  die  Form  sab  4  wird  ö  angefügt;  diese  Nomina  sind 
temm.  generis: 

mahat-6  pl.  mahätot  Gekäue 
malal^-6    „    mala^o\^  Wort 
mab-6       ^    mäbob  Gehörsinn 

7)  Nomina  femin.  gen.  aus  dem  ImperaÜYstanun  gebildet;  z.  B. 
ubq-ä    plur.  übqiiq  Geburt  (Imperat.  o-boq,  Subjunct.  a-baq-o) 
ogur-ä     ^      ogur^  Schlag         ,  o-giir,         ,  a-gar-o 
uqu/-ä     „      uqü/a  Last              „           u-quy,         ^            a-qa;'-o 
utk-ä       „      utiikak  Schlag         „          u-tuk,         „  a-tak-o 

8)  Nomina  masc.  gen.  aus  dem  vorigen  Stamm  mittelst  Präfix 
m;  z.  B. 

mulüg  pl.  mulügug  Wissenschaft  (Imperat.  e-lig  u.  u-Jug,  Subj.  a-lag-o) 
muliik    „  muliikuk  Botschaft  ^         u-luk,  „     a-läk-o 

musül    „  musülul  Gelächter  „         u-sul,  „     a-säl-o 

Vgl.  luk  pl.  lukuk  der  Bote. 

Die  Nominalbildung  bei  den  schwachen  Verben. 

Die  gebräuchlichsten  Formen  sind  folgende: 

1)  Der  reine  Yerbalstamm;  er  bildet  den  Infinitiv  und  das 
Nomen  abstractum,  masc.  gen.;  z.  B.  din  der  Schlaf,  das  Schlafen, 
schlafen,  din-ko  ogute  er  erhob  sich  vom  Schlafe.  Der  Plural 
hat  -ä,  wenn  der  Stammvocal  e,  i,  o  oder  u  ist,  wie :  Ser  schreien, 
Geschrei  pl.  Jer-ä;  degir  spielen  und  das  Spiel,  plur.  degir-ä;  olul 
sehr  hungern  und  Hungersnoth,  plur.  olul-ä;  wenn  aber  der  letzte 
Stammvocal  ein  a  ist,  so  verwandelt  sich  dieses  im  Plural  in  o, 
dafür  unterbleibt  das  Pluralsuffix  auf  ä;  z.  B.  bakär  dürsten  und 
Durst,  plur.  bäkor;  darä;'  zürnen,  Zorn,  Ausbruch  des  Zornes,  plur. 
däro/;  dirab  Lüge,  plur.   dirob  u.  s.  w. 

2)  Nomina  fem.  gen.  auf  -a;  z.  B. 

ark-ä    plur.  ärka-k  Ankauf,  arak  anlangen 

bok-ä       „      boka-k  Glatze,  bok  kahl  sein 

dal-ä        „      däla-1  Geburt,  dal  gebären 

gara/-ä    ,     gäro;'  Diebstahl,       gara;'  stehlen 
orb-ä        „      6rba-b  Heimkehr,      orob  heimgehen 

3)  auf  -ö  gleichfalls  fem.  gen.,  z.  B. 

abar-ö    plur.    abär-or  Fluch,  abar  fluchen 

bak-6         „      bäk-ok  Ende,  bak  zu  Ende  sein 


444  Reinischf  die  Sۆiosprache, 

bod-6  plur.  bod-od  Loch,  bod  ausgraben 

badan-6      ^      hadän-od  Jagd,  badan  jagen 

maj-o         „      mäl-o}  Beischlaf,  mal  beschlafen 

•    tilab-6        ^      tiläb-ob  Passage,  tilab  vorbeiziehen 

4)  Nomina  agentis  auf  -ena,  fem.  -enä  plur.  -enit;  z.  B. 

daul-ena  Wächter,  daul  bewachen 

gara;'-ena  Bäuber,  garay  rauben 

kalah-ena  Reisender,  kalah  reisen 

sareh-ena  Zimmermann,  sareh  bauen 

akali^-enä  Wäscherin,  akaliS  waschen 

da;'emit-enä  Bettlerin,  da;'emit  betteln 
gara/-enä  Diebin  u.  s.  w. 

5)  Das  Suffix  ta  oder  to,  fem.  tä,  to  plur.  to-t  drückt  die 
Individualität  aus,  z.  B. 

kohöl-to  ein  Stück  Kohol,  Augenschminke,    kohol  die  Augen 

bestreichen  mit  Kohol 
kadam-to  fem.  kadam-to  Knecht,  Magd,  kadam  dienen 
rab-en-ta  ein  Sterbender,  rab-ena  Sterbender,  rab  sterben 

5)  Ableitungsformen  des  Verbs. 

Aus  der  ursprünglichen  oder  Stammform  des  Verbs  bildet 
das  Saho  eine  Reihe  von  Ableitungsformen,  welche  bestimmte  Mo- 
dificationen  des  Grundbegriffes  ausdrücken.     Es  sind  dies  folgende : 

A)  Der  Steigerungs-  oder  Wiederholungsstamm,  welcher  aus 
der  Grundform  gebildet  wird: 

a)  mittelst  Reduplication  der  Grundform,  wie  dag  berühren, 
aber  dagdag  betasten;  da^  reden,  dahijab  schwatzen. 

b)  Die  gewöhnlichste  Art  aber  ist  die,  dass  die  zweite  Silbe 
der  Grundform  reduplicirt  wird,  z.  B.  adadag  kaufen  und  verkaufen, 
Handel  treiben  von  adag  auf  den  Markt  gehen;  badadal  Gegen- 
stände gegen  andere  umtauschen,  Tauschhandel  treiben,  von  badal 
verändern;  hadedeg  sich  eilends  aus  dem  Staube  machen,  auf  der 
Stelle  fortlaufen,  von  hadeg  weggehen;  bala)  ein  Räuber  sein,  bal 
rauben  (einmal);  ogugut  vom  Sitze  auffahren,  von  ogut  sich  er- 
heben ;  vgl.  die  11.  Forni  im  Arabischen  und  das  Piel  im  Hebräischen. 

B)  Der  Causativstamm  (vgl.  die  IV.  Fonn  im  Arabischen  und 
das  Hiphil  im  Hebräischen).     Derselbe  wird  gebildet: 

a)  bei  den  starken  Verben, 

d)  durch  Präfigirung  von  s,  S  vor  den  Verbalstamm,  z.  B. 
s-adag  kaufen  lassen,     von  adag  kaufen 
s-barak  segnen  lassen,     „     barak  segnen 
s-gadaf  tödten  lassen,      ,     gadaf  tödten 
s-katab  schreiben  lassen,  ,     katab  schreiben 

ß)  durch  Präfigirung  von  i;  z.  B. 

i-bal  zeigen,  von  bal  sehen 

i-bal  fangen  lassen,  „     bal  fangen 


Reinüch,  die  Sahosprache. 


445 


i-dab  heimkehren  lassen,  von  dab  umkehren 
i-fatah  öffiien  lassen,  ^     fatah  öffnen 

Die  Flexion  ist  folgende: 


Iniperfect. 

Sing.    1  as-idig-e 

,       2  tas-idig;e 

,       1  as-kutube 

r,      2  tas-kutube 

„       1  ai-bule 

^      2  tai-bule 

f,      1  ai-fitihe 

2  tai-fitihe 


Perfect. 

is-idige 
tis-idige 

ns-kutube 
tus-kutube 

ui-bule 
tui-bule 

ei-fitihe 


Subjunctiv. 

as-adag-o 
tas-adag-o 

as-katabo 
tas-katabo 

ai-balo 
tai-bala 

ai-fataho 
tai-fataho 


tei-fitihe 

b)  Bei    den    schwachen   Verben    wird    das    Causativ    gebildet 
mittelst  Suffigining  von  iS,  is  (vgl.  das  Verb  iä  machen);  z.  B. 

ab-is,  ab-i£  machen  lassen,  von  ab  machen 
bolol-is,  bolol-i§  anzünden,    „     bolol  brennen 
kor-is,  kor-iS  reiten  lassen,     „     kor  reiten 

Die  Flexion  ist  wie  die  der  schwachen  Verba,  als:  abiS-e  ich 
Hess  machen,  abiS-Se  du  liesst  machen  u.  s.  w. 

C)  Das  zweite  und  dritte  Causativ,  welches  durch  Anfügung 
von  s-iS,  S-iS-iS  an  die  Formen  sub  B  gebildet  wird;  z.  B. 

Starke  Verba.  Schwache  Verba. 


II.  Causativ.     HL  Causativ. 
s-adag-iS         s-adag-S-iS 


n.  Causativ.     HI.  Causativ. 

ab-S-iS  ab-S-iS-iS 

i-bal-i^  i-bal-S-iS  kor-S-iS  kor-S-iS-iS 

Die  Flexion  ist  bei  den  schwachen  Verben  wie  oben ,  als : 
ab^iM^e  ich  veranlasste  Jemand,  dass  er  machen  Hess,  ab§iSil-§e 
du  u.  s.  w.,  bei  den  starken  Verben  ist  in  diesen  Fällen  doppelte 
Flexion  vorhanden,  als: 

Perfect. 

is-idig-iS-e 
tis-idig-iS-Se 
u.  s.  w. 

D)  Der  causative  RedupHcationsstamm ,  als  Combination  von 
A,  B  und  C;  z.  B. 

Starke  Verba. 

I.    i-balal,  s-hadedeg 
n.    i-balal-iS,  s-hadedeg-iS 
III.    i-baJaJ-S-iS,  s-hadedeg-S-iS 

E)  Der  Reflexivstamm  (vgl.  die  V.  Form  im  Arabischen). 
Dieser  wird  bei  den  starken  Verben  durch  Vorsetzung  von  ta-,  bei 
den  schwachen  Verben  durch  Anfügung  von  -it  gebildet;  z.  B. 


Imperfeci 

as-idig-iS-e 
tas-idig-iS-Se 


Subjunctiv. 

as-adag-iS-o 
tas-adag-i%-§o 


Schwache  Verba. 

dag(Jag-iS,  ogugut-iS 
4ag4ag-£-i§,  ogugut-S-i§ 
4ag4ag-§-iS-iS,  ogugut-S-iS-iS 


446  Reinüeh,  die  SahospracKe. 

Starke  Verba.  Schwache  Verba. 

ta-bal  sich  sehen  ab-it  für  sich  thun 

ta-lah  für  sich  reden  bolol-it  von  selbst  brennen, 

ta-tak  sich  schlagen  i^-it  für  sich  machen 

Die  Flexion  ist  bei  den  schwachen  Verben  wie  oben,  als: 
abit-e  ich  that  es  für  mich,  abit-te  du  thatst  es  für  dich  u.  s.  w., 
nur  die  erste  pluralis  assimilirt  t  an  den  Personalstanmi  ne  zu  n, 
als :  abin-ne.     Bei  den  starken  Verben  ist  folgendes  das  Schema : 

Imperfect.  Perfect.  Subjunctiv. 

Sing.  1    a-ta-bul-e         i-ti-bul-e  a-ta-bal-o 

2    ta-ta-bul-e       ti-ti-bul-e         ta-ta-bal-o 

1  a-ta-le^-e         e-te-jeh-e         a-ta-lah-o 

2  ta-ta-Jeh-e        te-te-Jeh-e        ta-ta-lah-o 

1  a-ta-tuk-e         u-tu-tuk-e        a-ta-tak-o 

2  ta-ta-tuk-e       tu-tu-tuk-e      ta-ta-tak-o 

P)  Der  causative  Reflexivstamra  (vgl.  die  X.  Form  im  Arabischen), 
welcher  durch  Combination  des  Causativs  und  Reflexivs  gebildet 
wird,  und  zwar  auf  folgende  Art: 

Starkes  Verb.         Schwaches  Verb. 
I.  Causativ:  s-ta-katab  ab-it-i^ 

IL         „  s-ta-katab-i§  ab-it-S-iS 

in.         „  8-ta-katab-S-iS  ab-it-S-iS-iS 

Die  Flexion  der  schwachen  Verba  ist  wie  oben  sub  B,  b;  bei 
den  starken  im  L  Causativ  aber:  as-ta-kutub-e  ich  lasse  für  mich 
schreiben,  Perfect :  us-tu-kutub-e  ich  Hess  für  mich  schreiben  u.  s.  w. ; 
beim  11.  und  III.  Causativ  wird  überdiess  noch  das  sufUgirte  -i^ 
für  sich  nach  Art  der  schwachen  Verba  flectirt. 

Bei  den  schwachen  Verben  findet  sich  auch  das  Causativ  vor  dorn  Reflexiv- 
suflix,  als:  ab-is-it  u.  s.  w. 

G)  Der  Passivstamm  (vgl.  die  VII.  Form  im  Arabischen)  wird 
gebildet  bei  den  starken  Verben  durch  Präfigirung  von  m  (vor  t- 
und  k-Lauten  auch  bisweilen  n  lautend),  bei  den  schwachen  Verben 
durch  Suffigirung  von  im  an  den  Verbalstamm. 

Starke  Verba.  Schwache  Verba. 

m-bal  gesehen  werden  ab-im  gemacht  werden 

n-gadaf  getödtet  werden  dag-im  berührt  werden 

n-tak  geschlagen  werden  kor-im  geritten  werden 

H)  Der  causative  Passivstamm,  welcher  bei  den  schwachen 
Verben  gebildet  wird  durch  Einfügung  von  i&  zwischen  den 
Verbalstamm  und  das  Passivsufßx  im,  beim  starken  Verb  aber 
durch  Einfügung  von  as  zwischen  das  passive  m  und  den  Verbal - 
stamm;  z.  B. 

Starkes  Verb.         Schwaches  Verb. 
I.  Causativ:  m-as-katab  ab-S-im 

IL         y,  m-as-katab-iS  ab-S-is-im 

m.         ,  m-as-katab-S-iS  ab-S-iS-5-im 


Reinisch,  die  Sahosprache,  447 

Die  Flexion  isl  beim  schwachen  Verb  einfach  die,  dass  die 
Personalendungen  an  das  im  angesetzt  werden,  abime,  abäime  u.  s.  w., 
bei  den  starken  Verben  ist  die  Flexion  folgende: 

Imperfect.  Perfect.  Subjunctiv. 

an-as-gidil-e  en-es-gidil-e  an-as-gadal-o 

an-as-kutub-e         un-us-kutub-e        an-as-katab-o 

I)  Der  reflexive  Passivstamm.  Die  Bildungsweise  ist  ganz  so, 
wie  sub  H,  nur  wird  statt  iS,  respective  as  ein  it  oder  at  ein- 
gefügt; z.B.  «^ 

Starkes  Verb.  Schwaches  Verb, 

m-at-adag  für  sich  gekauft  werden  ab-it-im  für  sich  gemacht  w. 
m-at-gadal  für  sich  gebrochen  werden  .  dag-it-im  für  sich  berührt  w. 
m-at-katab  für  sich  geschrieben  werden  hab-it-im  für  sich  verlassen  w. 

Die  Flexion  ist  analog  der  obigen  sub  H. 

K)  Der  causative  Reflexiv-Passivstamm;  an  die  obigen  Formen 
sub  I  wird  bei  den  starken  Verben  zwischen  m-  und  -at  das  cau- 
sative as,  bei  den  schwachen  Verben  aber  zwischen  das  Verb  und 
den  Reflexivcharacter  it  ein  i  eingefügt.  Das  11.  imd  IIL  Causativ 
wird  bei  beiden  Verbalclassen  gebildet,  indem  -iS  an  das  Wortende 
angefügt  wird,  bei  den  schwachen  Verben  wii'd  dasselbe  iS  auch 
im  Inlaut  gebraucht;  z.  B. 

Starkes  Verb.  Schwaches  Verb. 
I.  Causativ:  m-as-ta-katab  ab-S-it-im 

IL         „  m-as-ta-katab-iS  ab-S-it-im-iS 

III.         „  m-as-ta-katab-S-iS       ab-§-it-im-S-iS 

IV.   Das  Nomen. 

üeber  die  gewöhnlich  vorkommenden  Ableitungen  der  Nenn- 
wörter aus  dem  Zeitwort  war  bereits  oben  die  Bede.  Das  Saho 
besitzt  nur  wenige  Nomina,  deren  verbale  Natur  schwer  zu  er- 
weisen wäre,  doch  würde  es  hier,  wo  es  sich  um  eine  gedrängte 
Beschreibung  der  Grammatik  handelt,  zu  weit  führen,  dem  Aufbau 
des  Nennwortes  ein  specieDes  Capitel  zu  widmen.  Wir  wollen  ims 
demnach  darauf  beschränken,  das  Geschlecht,  die  Zahlbildung  und 
die  Casus  der  Nennwörter  in  kurzen  Strichen  zu  zeichnen. 

1)   Das  Geschlecht 

Das  Saho  unterscheidet  ein  männliches  und  weibliches  Ge- 
schlecht. Die  Bestimmung  des  Genus  unterliegt  keiner  Schwierig- 
keit: sämmtliche  weibliche  Nennwörter  endigen  auf  ä,  e,  i,  ö,  u; 
alle  übrigen  Nennwörter  sind  Masculina. 

2)    Die  Zahl. 

Der  Numerus  der  Nennwörter  ist  ein  zweifacher  und  zwar 
Singular  und  Plui'al ;  doch  unterscheidet  das  Saho  bei  den  Gattungs- 

Bd.  XXXII.  21> 


448  Heinuchf  die  8aho9praehe. 

namen  sowohl  im  Singular,  als  auch  im  Plural,  ob  das  Nemiwort 
ein  Individuum,  einen  einzelnen  Gegenstand  oder  den  Begriff  als 
solchen  ausdrücken  soll,  z.  B.  adäm  Mensch,  plur.  adämum  Menschen 
im  Allgemeinen,  aber  adsmto,  fem.  adamtö  ein  einzelnes  Individuum^ 
männlich  oder  weiblich,  plur.  adamtit  (gen.  commun.)  die  einzelnen 
Individuen. 

Der  Individualis   wird   gebildet  durch  Anfügung  des  Suffixes 
ta,  to  fem.  ta,  tö  plur.  tit  an  den  Singularstamm,  z.  B. 
haras-ta  fem.  haras-ta   plur.  haras-tit  Bauer 
lubäk-to     „     lubak-to      „       lubäktit  Löwe 
tagar-to    —        —  „      tagar-tit  Haar 

Auf  a,  e,  0,  u  auslautende  Nennwörter  fügen  -ito  an,  dessen 
i  mit  dem  vorangehenden  Vocal  einen  Diphthong  bijdet.,  z.  B. 
asalaito  fem.  asalaito  Wanze,    von  asala,   fem.  asala  plur.  asalal 

—  foloita  Brod,  „     folo  plur.  f61al 

okololta  fem.  okoloita  Esel  „     ok61o  fem.  okol6  plur.  okolol 

Der  Plural  der  Gattung  wird  entweder  Uusserlich  durch  Prä- 
fixe oder  Suffixe  gebildet  (entsprechend  dem  pluralis  sanus  im 
Arabischen),  oder  durch  Veränderung  der  Stammvocale  des  Wortes 
(pluralis  fractus). 

A)  Der  äussere  Plural  wird  gebildet: 

a)  mittelst  des  Suffixes  -t,  der  auslautende  Vocal  des  Stamm- 
wortes wird  vor  t  zu  i  verwandelt;  z.  B. 

abina      plur.  abini-t  Zauber 
öbo  „      abi-t  Grossvater 

abuyä       ,      abuyi-t  Grossmutter 
äwi  ,      4wi-t  Speise 

dirabile     „       dirabili-t  Lügner 
dahine       „       dahini-t  Morgen 

b)  mittelst  des  Suffixes  -a,  wenn  das  Stammwort  auf  einen 
Consonanten,  mittelst  wa,  wenn  dasselbe  auf  einen  Vocal  endigt; 
ist  dieser  auslautende  Vocal  ein  a,  e,  i,  so  geht  derselbe  vor  wä 
zu  0,  u  über,  ist  aber  derselbe  ein  o  oder  u,  so  verwandelt  sich 
derselbe  vor  wa  zu  a;  z.  B. 

abir  plur.  abir-a  Riese,       aber:  ela     plur.  elo-wä  Cist^nie 
afur     „      afur-Ä  Eidechse,     „      ^de     „      gado-wa  Thal 
dik       „      dik-a  Dorf  ,      gali       „      galu-wä  Flügel 

egil      „      egil-a  Bach  „      heyo     ,      hevä-wä  Mensch 

kis        „      kis-a  Sack  „      illo       ,      illa-wä  Durra. 

c)  durch  das  Präfix  a-,  wie  a-lah  Ziegen,  von  Iah;  a-ruh 
Geister,  von  ruh. 

d)  Die  am  häufigsten  vorkommende  Formation  des  Plurals 
erfolgt  aber  mittelst  Reduplication  des  letzen  Stanmiconsonanten ; 
hier  sind  jedoch  folgende  Unterschiede  zu  beachten: 

a)  Lautet  das  Wort  auf  einen  Vocal  aus,  so  wird  an  diesen 
der  letzte  Wortconsonant  angefügt,  femer  wird  der  Vocal  der  vor- 
letzten Stammsilbe  gedehnt  und  erhält  den  Accent;  z.  B. 


Reinisch^  die  Sethosprache.  449 

kakala  plur.  kakila-1  Nachrede 

kal4  „  kala-1  Thonerde 

gid@  „  gide-d  Antheil 

gili  „  glli-1  Daumen 

ha^6  ^  h&So'd  Fleisch 

ik6  j,  iko-k  Zahn 

il6  „  ilo-1  Stock 

amü  „  smu-m  Kopf 

armu  „  Ärmu-m  Zügel 

ß)  Lautet  das  Wort  auf  einen  Consonanten  aus,  so  wird 
zwischen  diesen  und  den  Plui^alconsonanten  ein  Vocal  eingeschoben 
und  zwar  o,  u,  wenn  der  Vocal  der  letzten  Stammsilbe  ein  a  ist, 
ein  a  aber,  wenn  derselbe  nicht  a  ist,  z.  B. 

af        plur.  äf-of  Mund,         aber  hol  plur.  bol-al  Höhe 
bar        ,      bar-or  Nacht,         „     bus     „      büs-as  vulva 
han        ,      han-im  Milch,         „      dor     „      döf-ar  Tränke 
adam     ,      adam-um  Mensch,  „     nif      ^      nif-af  Gesicht 

B)   Der   innere  Plural   (pluralis  fractus)   zeigt  folgende  Fälle: 
a)  Bei  consonantisch  auslautenden  Nennwörtern. 

a)  Ist  der  Vocal  der  letzten  Stanmisilbe  ein  ä,  so  geht  er  in 
0,  u  über,  ist  derselbe  ein  S,  so  verwandelt  er  sich  zu  i ;  der  Ton 
liegt  im  Plural  auf  der  vorletzten  Silbe,  die  zugleich  gedehnt 
wird;  z.  B. 

agab  plur.  agob  Sünde,  aber:  faras  plur.  firis  Pferd 

bakal     ,      bakol  Kitzlein,  „      dÄmbar  „  dambir  Stirn 

danan    ,      danun  Esel,       ^      malahal  „  malähil  Schusterahle 

lubak     „      liibuk  Löwe       „      md^a^an  „  mafÄ^in  Mühlstein 

fi)  Ist  der  Vocal  der  letzten  Stammsilbe  ein  e,  i,  o,  u,  so 
verwandelt  sich  derselbe  zu  a;  z.  B. 

kober   plur.  kobar  Ferse  gomol  plur.  gomal  Baumstamm 

madir       „      madar  Dumpalme  modöd     ^      modad  Reibstein 

qaraä       ^      qäraaS  Hemd  qonqör    „      qönqar  Loch 

y)  Schliesst  die  vorletzte  Silbe  mit  einem  Doppelconsonanten, 
so  wird  meistentheils  zwischen  diese  zwei  Consonanten  ein  ä  ein- 
geschoben, es  kann  aber  auch  der  Plural  nach  obigem  gebildet 
werden,  wie: 

dambar  plur.  danäbar  oder  dambir  Stirn 
kürkur      „      kuräkur     „      kiirkar  junger  Hund 
qonqör      „      qonäqor     „      qönqar  Loch 
qirqab       „      qaräqab     „      qirqob  Frauenschuh 
zembil       „      zenäbil       „      zömbal  Korb 

b)  Bei  vocalisch  auslautenden  Nennwörtern  wird  der  pluralis 
fractus  gebildet: 

a)  Durch  Abwerfung  des  auslautenden  Vocals,  wenn  der  Vocal 
der  vorletzten  Silbe  e,  i,  o,  u,  aber  nicht  a  ist;  z.  B. 

29* 


450  Reiniach,  die  Sahoaprache. 

kabelä     plur.  kabel  Pantoffel 

kimbiro  „  kimbir  Vogel 

koruma  ,  koram  Höcker 

habuka  ^  babuk  Gummi 

yangüla      ^  ysngol  Hyäne 

inebe  „  ineb  Rübrstock 

kosoi^  ,  kösor  Verabredung 

laqota  y,  idqot  Sack 

ß)  Ist  der  Vocal  der  vorletzten  Silbe  ein  a,  so  gebt  derselbe 
im  Plural  zu  o,  u  über,  der  auslautende  Vocal  fällt  ab;  z.  B. 

agada   plur.   agod  Arm 
anada       „       anod  Haut 
galaba     ^       galub  Hoble 
gasa         ^       gos  Hom 
bala         ^       bol  Baum 
kabaro     ^       kabur  Trommel 
laqaro      ,       läqoy  Silber 
dakanu    ^       dokun  Elepbant 
gabadu     ^       gabud  Antilopensorte 

y)  Gebt  dem  auslautenden  Vocal  ein  Doppelconsonant  voraus, 
so  wird  zwiscben  diese  zwei  Consonanten  ein  Vocal,  meist  o,  u, 
bisweilen  aucb  a  eingescboben  und  der  auslautende  Vocal  ab- 
geworfen; z.  B. 

baklo  plur.    bakul  weibl.  Kitzlein 

borso      ,,       boras  Fetzen 

dorbö     „       dorab  Henne 

etrö        „       etor  Tbongefäss 

kirda      „       kirud  Armband 

dibna      ,       dibun  Kinn 

qar^i       „       qüruS  Tbaler 

S)  Manche  Wörter  bilden  den  Plural  aus  einem  andern  Wurzel- 
wort; z,  B. 

b4]a  fem.  bal&  plur.  daylo  Kind 
numä  „     sayo  Frau 

saga  ^     lä  Kub 

3)     Die  Casus. 

Die  verscbiedenen  Casus- Verbältnisse  des  Nomens  werden  ent- 
weder durch  die  Stellung  im  Satze  oder  durch  Postpositionen 
ausgedrückt. 

Aj  Der  Nominativ  kann  sowohl  vor,  als  nach  dem  Verbum 
des  Satzes  stehen  und  wird  durch  kein  besonderes  äusseres  Merk- 
mal kenntlich  gemacht.  Nur  wenn  das  Subject  durch  den  Satzton 
hervorgehoben  werden  soll,  wird  der  Nominativ  durch  -i  aus- 
gedrückt, welches  vorangehendes  unbetontes  a,  o,  u  (der  nämlichen 
Nomina)  verdrängt.;  z.  B.  numä  ke  ba;'ela  ki  yinin  yen;  ay  ba^eli 


Reinüchf  die  Sahosprache,  451 

rabe  yen  es  war   einst    eine  Gattin   und   ein   Gatte;    dieser   Gatte 
nun  starb. 

B)  Der  Genitiv  wird  ausgedrückt: 

a)  indem  das  nomen  rectum  dem  regens  unmittelbar  voran- 
gestellt wird,  z.  B.  faras  ba/ela  Reiter  (Pferd  Herr),  Sahö  bajö 
das  Saholand,  Saho  wäni  die  Sahosprache,  abba  sa;^äl  Oheim 
(Vaters  Bruder),  faras  bäja  Fohlen  (Junges  vom  Pferd)  plur.  faris 
daylo  u.  s.  w. 

b)  durch  Anfügung  des  demonstrativen  -1  an  das  nomen 
rectum;  z.  B.  bayel-l  sayäl  der  Schwager  (Bruder  des  Gatten), 
baj-i  (oder  b^l-i)  numä  Schwiegertochter  (Frau  des  Sohnes,  von 
bäla  Sohn),  ginn-i  numa  die  Frau  des  Dämon  (von  ginni),  nugus-i 
are  das  Haus  des  Königs  (von  nugus),  yangul-i  haJo  das  Fleisch 
der  Hyäne  (von  yangüla). 

c)  indem  das  nomen  rectum  dem  regens  nachgesetzt,  jenem 
aber  das  relative  yä  angefügt  wird;  z.  B.  dau}ena  masel-yä  der 
Wächter  über  die  Durra.  Meist  aber  wird  in  diesen  Fällen  zwischen 
das  Nomen  und  das  relative  yä  das  bereits  oben  erwähnte  i  ein- 
gefügt; z.  B.  inä  äbba  birrigen  yen  bej-i-yä  die  Mutter  und  der 
Vater  des  Knaben  (bäla,  mit  dem  Demonstr.  iibeji)  erschraken. 

d)  indem  das  abhängige  Wort  als  absoluter  Nominativ  an  die 
Spitze  des  Satzes  gestellt  und  mit  diesem  das  nomen  regens 
mittelst  des  Possessivpronomens  verbunden  wird;  z.  B.  ay  heyoti 
ka  abba  yine  yen  der  Vater  dieses  Mannes  lebte  noch  (=  dieser 
Mann  nur  sein  Vater  lebte),  naba  bell  ka  migä;^  Mohammad  der 
älteste  Sohn  heisst  M.  (==  der  älteste  Sohn  sein  Name  M.).  ku 
balä  te  migä;'  atiyä  wie  ist  der  Name  deiner  Tochter?  (=  deine 
Tochter  ihr  Name  welcher?),  ku  daylö  ten  faris  aula  yanini?  wo 
sind  die  Pferde  deiner  Söhne? 

e)  Aus  diesem  häufigen  Gebrauch  scheint  eine  Abschleifung 
dieser  Possessivformen  eingetreten  zu  sein;  so  sagt  man  z.  B.  bar- 
ak  abalä  neben  bar-ti  abalä  Mittemacht,  jedoch  dürfte  jenes  ak 
wohl  eher  der  Dativ  des  persönlichen  Pronomens  sein,  demnach 
bar  ak  abalä  =  Nacht  in  ihr  die  Hälfte,  bedeuten.  Was  aber 
dieses  ti  sei,  ist  wohl  zu  ersehen  aus  Beispielen,  wie :  anü  manäduq- 
ti  däqe,  karowä  hol  le-ti  balä  kiy6  ich  bin  die  Tochter  eines 
(Mannes),  welcher  ein  Magazin  von  Gewehren  und  hundert  Hunde 
besitzt  (le-ti  von  le-tiya  welcher  hat;  le-ti  balä  die  Tochter  eines 
Besitzers  =  ba]ä  le-ti-yä).  Diese  Genitivbildung  ist  ungemein 
häufig  im  Gebrauch,  als  ti  umd  auch  abgekürzt  zu  t,  wie:  bä/ar- 
ti  afof  die  Mäuler  der  Stiere,  okak-ti  lamma  die  zwei  Ohren 
(Zweiheit  der  Ohren),  leley-ti  ifo  das  Tageslicht,  lak-ti  hadö  Fleisch 
vom  Schenkel,  numa-t  balä  die  Tochter  der  Frau,  bajä-t  abba  der 
Vater  des  Mädchens,  abba-t  abba  Grossvater  (Vaters  Vater)  u.  s.  w. 

Dieses  t  assimilirt  sich  auch  an  den  folgenden  Consonanten, 
z.  B.  qädi-s  sayto  die  Töchter  des  Richters,  numä-s  saheb  der 
Freund  der  Frau,  abba-n  numä  die  Gattin  des  Vaters  (Stiefmutter). 


452  Beinischj  die  Sahosprache. 

f)  Anstatt  ti  findet  sieb  ebenso  häufig  bi  gebraucht ,  z.  B. 
lä-bi  gos  die  Homer  der  Kübe;  gufa-bi  qamiS  das  Hemd  des 
Jünglings;  wali-bi  sa^^äl  der  Bruder  des  heiligen  Mannes;  airo-bi 
dumo  der  Untergang  der  Sonne;  Sire-bi  waraqat  ein  Amulet  mit 
einer  Sura  beschrieben,  u.  s.  w. 

C)  Der  Dativ  und  Accusativ  werden  in  der  Begel  nicht 
von  einander  unterschieden,  nur  wenn  Dativ  und  Accusativ  in 
einem  und  demselben  Satze  vorkommen,  wird  dem  Dativ  das 
Personalpronom  ak  (ihm,  ihr,  ihnen),  nach  Vocalen  bloss  k  an- 
gefügt; z.  B.  folo  oboy  daylo-k  ich  gab  den  Kindern  Brod. 

D)  Der  Vocativ  lautet  wie  der  Nominativ;  nur  wenn  das 
Nennwort  auf  einen  Consonanten  oder  auf  die  Vocale  ä,  ä  endigt, 
kann  demselben  im  Vocativ  ein  o,  u  angesetzt  werden;  z.  B.  yi 
saheb-o  o  mein  Freund,  yi  balau  o  mein  Sohn,  yi  ba]äu  o  meine 
Tochter  u.  s.  w. 

E)  Der  Ablativ.  Die  verschiedenen  Fälle,  welche  die  Be- 
wegung nach  oder  von  einem  Gegenstande  her,  das  Verweilen  an 
einem  Orte  u.  s.  w.  ausdrücken,  werden  durch  Postpositionen 
ausgedrückt. 

V.    Das  Adjectiv. 

Das  Saho  besitzt  keine  ursprünglichen  Adjectiva,  sondern  es 
werden  dieselben  aus  dem  Verb  (Participia,  Nomina  agentis)  ab- 
geleitet; in  vielen  Fällen  wird  die  3.  Person  sing,  als  Adjectiv 
verwendet;  z.  B.  nab-ä  er  ist  gross,  nab-ä  ferä  der  grosse  Finger 
(Daumen)  =  Finger  (welcher)  gross ;  ma^^-e  er  ist  gut,  ma^'g  sa/al 
der  gute  Bruder  =  Bruder  (welcher)  gut  (geworden). 

Stehen  solche  Adjectiva  unmittelbar  vor  ihrem  Substantiv,  so 
bleiben  sie  im  Feminin  wie  im  Plural  ohne  Motion,  als:  ma^e 
abba  der  gute  Vater,  maye  inä  die  gute  Mutter,  mape  säyol  die 
guten  Brüder;  sonst  aber  wird  an  diesen  Adjectivstamm  für  das 
Masculinum  tiyä,  für  das  Femininum  tyä,  für  den  Plural  mara  an- 
gefügt; z.  B.  y*  abba  maye-tiyä  mein  Vater  ist  gut^  y*  inä  maye- 
tyä  meine  Mutter  ist  gut,  yi  säyol  mayi-mara  meine  Brüder  sind 
gut;  ebenso:  naba-tiyä,  fem.  naba-tya  plur.  naba-mara  gross  u.  s.  w. 

Der  Comparativ  wird  mittelst  der  Postposition  -ko  von, 
über  gebildet,  welche  dem  verglichenen  Nennwort,  das  stets  die 
erste  Stelle  im  Satze  einninamt,  nachgesetzt  wird;  z.  B.  ku  ari-ko 
ya  ari  naba  mein  Haus  ist  grösser  als  deines,  yo-ko  äla  map'e 
numa  ma-ki  es  gibt  keine  schönere  Frau  ausser  mir. 

Der  Superlativ  wird  ausgedrückt,  indem  an  den  Plural 
des  verglichenen  Gattungsnamens  jenes  ko  angesetzt  wird,  bisweilen 
wird  jenem  Plural  auch  das  Wort  umbakä  alle  vorgesetzt;  z.  B. 
ta  balo-ti  sayo-ko  yi  numa  ma/etyä  meine  Frau  ist  die  schönste 
unt«r  den  Frauen  dieses  Landes,  umbakä  heyo-ko  y'  abba  mayeti- 
ya  mein  Vater  ist  unter  allen  Männern  der  trefflichste,   dik-tl  heyö- 


Reinisch,  die  Sahosprache.  453 

ko  yi  sa;'äl  hayla  le  mein  Bruder  ist  der  stärkst«  im  Dorf  (über 
die  Mämier  des  Dorfes  hat  mein  Bmder  die  Stärke). 

In  diesem  letzten  Falle  wird  auch  die  Postposition  de  ge- 
braucht; z.  B.  yalli  yiftii*e-mi-d  siri-yä-m  yo  e}äha!  macht  mir 
namhaft  das  stärkste  Wesen,  das  Gott  erschaffen  hat!  (=  sagt  mir 
das  was  stark  unter  dem,  was  Gott  u.  s.  w.). 

VI.    Die  Postpositionen. 

A)  Eigentliche  Postpositionen  sind  nur  d,  de;  1,  le;  li;  ko, 
ku,  abgekürzt  k,  g. 

a)  Von  diesen  bezeichnet  d  oder  de,  dann  1  oder  le  die 
Richtung  nach  einem  Gegenstand  oder  einer  Localität  hin,  femer 
das  Verhangen  an  einem  Orte,  und  zwar  werden  d,  de  imd  1,  le 
ganz  gleichbedeutend  gebraucht;  z.  B.  dibo-d,  HabaSa-d  oder  dibo- 
1,  Haba5a-1  yede  er  ging  in  den  Wald,  nach  Abessinien.  dibo-d, 
HabaSa-d  defeya  oder  dibo-1,  Haba§a-1  defeya  er  wohnt  in  der 
Wüste,  wohnt  in  Abessinien*). 

b)  li  drückt  die  Gesellschaft  aus;  z.  B.  anu  sin-li  waniSo  ich 
wünschte  mit  euch  zu  sprechen,  isi  ina-li  galaba-d  raye  er  blieb 
mit  seiner  Mutter  in  der  Höhle,  bala  iSi  diki-1  be  er  nahm  das 
Mädchen  mit  sich  in  seine  Heimat. 

c)  ko,  ku  bezeichnet  die  Richtung  von  einem  Gegenstande 
oder  einer  Localität  her:  von,  aus,  auch  temporal:  seit;  z.  B. 
atu  aula-ko  tem6te  woher  konunst  du?  anu  kiimal-ko  ma-betiniyo 
ich  habe  seit  gestern  nichts  gegessen. 

B)  Diese  genannten  Postpositionen  verbinden  sich  mit  be- 
stimmten Nennwörtern,  um  die  verschiedenen  Beziehungen  und 
Verhältnisse  des  Subjects  auszudrücken.  Die  wichtigsten  sind 
folgende : 

a)  af  Mund,  af-ad,  af-al  vor  (ante,  coram);  z.  B.  Yosif  y* 
intit  af-al  rabe  Josef  starb  vor  meinen  Augen,  habubi  lä-ti^)  af-ad 
yirde  der  Pavian  lief  vor  den  Kühen  einher,  yi  sayäl  y*  af-ad 
mar^'esite  mein  Bruder  heiratete  vor  mir.  y*  intit  af-ako  adü! 
geh*  mir  aus  den  Augen! 

b)  addä  Inneres,  adda-d ,  adda-1  hinein,  innerhalb,  addä-ko  von 
Innen  heraus;  z.  B.  mahalo-ti*)  addä-1  yirde  er  stürzte  sich  mitten 
unter  das  feindliche  Heer,  ko  addä-d  tanem  solSni  sie  wussten 
nicht  was  in  deinem  Innern  sei,  vorgehe  (kannten  deine  Gesinnung 
nicht),  dibo-k*)  addä-ko  yemete  er  kam  aus  dem  Innern  des 
Waldes  heraus  (aus  dem  dichtesten  Walde). 

c)  agäga  Seite,  agäga-d,  agäga-1  neben,  bei,  zu,  agäga-ko 
von  der  Seite  her;  z.  B.  ya  agäga-1  defe  setze  dich  zu  mir;  heyö 


1)  liAutot  das  Nennwort  auf  oinon  Consonanten  aus,  so  wird  zwischen 
diesen  und  die  Postpositionen  d,  1,  li,  ko  ein  a  eingeschoben,  z.  B.  bäb-al  zum 
Thoro  hin,  bäb-ako  vom  Thoro  her  u.  s.  w. 

2)  Vgl.  Genetiv  sub  o. 


454  Jieinüch,  die  Sahottprache. 

ka  agäga-1  kä-li  wiirsitona  jamitin  die  Leute  kommen  zu  ihm,  um 
mit  ihm  sich  zu  unterreden,  bad  agäga-1  dau  ane  ich  stehe  am  Ufer 
(an  der  Meeres  Seite),  ha^ä  laj-t  agäga-1  tane  der  Baum  steht 
neben,  bei  einem  Wasser. 

d)  agän  Obertheil,  agän-ad,  agän-al  hinauf,  oben,  agän-ako  von 
oben  herab;  z.  B.  are-k  agan-ad  adü  steig'  auf  das  Haus,  den 
Giebel  des  Hauses  hinauf;  ay  numä  ülla-ko  guba-1  ak  yo^'ogin  yen, 
f[lla-ko  agän-al  ak  haben  yen  man  grub,  so  erzählte  man,  diese 
Frau  bis  unterhalb  vom  Halse  ein,  oberhalb  des  Halses  aber  liess 
man  sie  frei,  dilol-ko  agän-al  heyäwa  egidä  yen,  dijol-ko  guba-1 
habüba  egidä  yen  oberhalb  der  Hüften  soll  er  den  Menschen, 
unterhalb  der  Hüften  einem  Pavian  geglichen  haben,  sorö  ha}ä-t 
agän-ako  yeide  er  warf  den  Strick  vom  Gipfel  des  Baumes  herab. 

e)  baso  oder  bas6-l  vor  (temporal),  das  vorangehende  Nenn- 
wort wird  mit  diesem  in  der  Regel  mittelst  der  Postposition  ko 
verbunden;  z.  B.  anü  le^ä  egida-ko  basö  (oder  b^ö-1)  ta-le  märak 
ine  ich  wohnte  hier  vor  sechs  Jahren. 

f)  behi,  behinam,  behenam,  ausser,  das  vorangehende  Nenn- 
wort erhält  -ko;  z.  B.  ta  äre-d  yö-ko  behi  tanem  ma-le  in  diesem 
Hause  wohnt  ausser  mir  Niemand  (tanem  ma-le  ist  nicht,  was  ist, 
existirt  nichts,  welches  sich  be^de).  anii  ta  sagä  ko-ko  behinam 
ma-beha  ich  verkaufe  diese  Kuh  ausser  dir  Niemanden,  han  folö-ko 
behenam  aka  ma-hayniyo  ausser  Milch  und  Brod  gab  ich  ihm  nichts. 

g)  b^Ui  gleichend,  wie,  gleichwie;  z.  B.  düdä  kito  sagä  belli 
du  bist  dumm  wie  eine  Kuh.  ku  bä^'ela  b6lli  seritiya  kiyö  ich 
bin  stark  gleich  deinem  Gatten,  ta  ba)ä  äla  ma^'e  alsa  beÜi  kini 
dieses  Mädchen  ist  schön  wie  der  Mond. 

h)  bukä  Höhe,  bukä,  bukä-d,  bukä-1  hinauf,  oben,  bukä-ko 
von  oben:  z.  B.  indop^arto  bukä  yang  er  befindet  sich  auf  der 
Sykomore.  arät  bukä-1  dina  er  schläft  auf  dem  Angareb.  aran  ni 
bukä-d  yane  der  Himmel  ist  über  uns.  halä  bukä-ko  ob  steig* 
herab  vom  Baume. 

i)  fön  Zwischenraum,  zwischen,  bis,  fan-ad  zwischen  hinein, 
fan-ko,  fan-ako  aus  dem  Zwischenraum  heraus;  jenes,  fön,  wird 
vornehmlich  bei  Zeiterstreckungen  gebraucht,  dieses  aber  auf  Locali- 
täten  angewendet;  z.  B.  kiimal-ko  ayke  käfa  fän  ma-betiniyo  ich 
habe  seit  gestern  bis  auf  heute  nichts  gegessen  (ayke  Zeit,  käfa 
heute,  auch  nur  kümal-ko  käfa-fan  mit  der  gleichen  Bedeutung), 
ayke  namite  fan  ta-1  defe  bleib'  hier,  bis  wir  kommen  werden. 
Musüwa^'-ko  ayke  ünkuUu  fan  inki  sä;'  yake  von  Massaua  bis 
Mukullu  ist  eine  (Weg)  Stunde,  ka  säyol  tede  sie  ging  zu  seinen 
Brüdern,  ni  fön-ad  defe  setze  dich  zwischen  uns!  ta  lammä  boli 
fän-ko  yi  obiS  hilf  mir  heraus  aus  der  Stolle  zwischen  den  zwei 
Wänden ! 

k)  foro  (Höhe)  hinauf,  oben,  föro-1  dass.;  z.  B.  halä-t  foro-l 
kuluh  ye  er  blickte  hinauf  auf  den  Baum.  Meistentheils  wird 
foro.  iorol  nur  adverbial  gebraucht. 


Reinisch,  €Ue  Stihosprach^.  455 

1)  ged  (Zeit),  während,  Mrird  dem  Verb  nachgesetzt,  dintan 
ged  während  ihr  schlafet  (s.  oben  beim  Verb  den  Modus  temporalis) ; 
femer  nach  ay,  amä;  als:  ay-ged,  amä  ged,  auch  ama-ged-da  da, 
jetzt,  nun. 

m)  guba  (Tiefe),  unten,  abwärts,  auch  guba-1  dass.,  guba-ko 
von  unten;  z.  B.  filla-ko  giiba-l  unterhalb  des  Halses  (s.  oben  s.  v. 
agan);  meist  nur  adverbial  gebraucht,  z.  B.  giiba  gab  begieb  dich 
hinab!  bara  bol-ko  eide,  giiba  malaykä  ka  tibile^)  er  stürzte  den 
Greis  von  der  Anhöhe  hinab,  unten  aber  fingen  ihn  Engel  auf. 

n)  hin,  hinim  ohne  (hin-im  ohne  seiend);  z.  B.  lay  hin  bäjö-l 
yemete  er  kam  in  ein  Land  ohne  Wasser.  ha5ö  hin  läfof  Knochen 
ohne  Fleisch,  intit  hin  lammä  ba]ä,  intit  le  lammä  bä^a,  ta  afar 
däle  zwei  blinde  Mädchen  und  zwei  sehende  Knaben,  diese  vier  er- 
zeugte er.  hin  eigentlich:  nicht  haben,  ein  Gegensatz  von  le  haben, 
daher:  anü  mal  hin-im  emete  ich  kam  ohne  Geld  (Geld  nicht 
habend);  inki  inti  hin-tiya  kini  er  ist  einäugig  (ist  ein  Auge  nicht 
habend);  af  hin  labahayto  af  hini-yä  oder  af  hin-ti-yä  ein  stununer 
Mann,  Mann  ohne  Sprache  (Mund  nicht  habend). 

o)  kiba  ausser;  z.  B.  folo  kiba  akim  ma-liyo  ausser  Brod 
habe  ich  nichts  anderes,  yoya  kiba  äkim  tanem  ma-le  ausser  mir 
ist  Niemand  da.  Es  wird  meist  adverbial  gebraucht  mit  der  Be- 
deutung nur;  z.  B.  y'  abba  kiba  agäb  bäyali,  anü  agSb  ma-liyo 
nur  mein  Vater  ist  der  Urheber  des  Verbrechens,  ich  aber  bin 
ausser  Schuld,  diraba  tam  kiba  eine  Lüge  ist's  nur,  was  du 
sprichst,  anu  zanko  dirabita?  dirabeli  koya  kiba  warum  sollte  ich 
lügen,  nur  du,  sondern  du  bist  ein  Lügner. 

p)  qalla  (Niederung),  qalla-d  am  Puss,  koma  qalla-d  am  Fuss 
des  Berges. 

q)  rigid  (Fuss),  rigid-id,  rigid-ü  unterhalb ;  z.  B.  silän  ni  rigid- 
id  (oder  rigid-il)  tane  die  Matte  ist  unter  meinen  Füssen,  unter 
mir.  ay  dummü  matahän  rigid-id  to;^oge  sie  begrub  die  Katze 
unter  dem  Beibstein.  halä  rigid-il  dine  er  schlief  unter  dem  Baum. 
indo;^arto  rigid-ü  yemetin  sie  kamen  hinter,  imter  die  Sykomore 
(traten  in  den  Schatten  der  S.).  hajä  rigid-id  raye  er  blieb  unter 
dem  Baume  zurück. 

r)  sarä  (Hintertheil) ,  nach,  hinter,  sarä-1  dass.,  sarä-ko  von 
rückwärts;  z.  B.  amay  sarä-1  nach  diesem,  hierauf,  auch  amay-k 
sarä-1  dasselbe,  kare  arät  sarä-1  defeyak  yanS  der  Hund  liegt  hinter 
dem  Angareb. 

Es  wird  dieses  saräl  auch  in  der  Bedeutimg:  ausser  ge- 
braucht; z.  B.  köya-k  sarä-1  wakll  ma-lino  nach,  ausser  dir  haben 
wir  keinen  Anwalt,  ayi  dik  ok61o-k  saral  (oderokölo  kiba)  sa^'a 
tanem  ma-le,  dieses  Dorf  besitzt  ausser  Eseln  kein  Hausvieh. 


1)  Statt  yibilüi;  wenn  das  Subjcct  im  Plural  steht,  kann  das  Verb  in  der 
Feminin-Form  im  Singular  damit  verbunden  worden,  doch  gilt  dies  nur  von 
der  3.  Person. 


456 


Reinueh,  die  Sahotprache. 


s)  üllo  (Tiefe)  unten,  hinab,  ullo-1  dass.,  Gegensatz  von  föro; 
z.  B.  dik  ullo-1  auch  dik-ti  üllo-1  unterhalb  des  Dorfes,  oder:  hinab 
in  die  Richtung  unterhalb  des  Dorfes. 

VII.     Die  Conjunctionen. 

1)  Die  Verbindung  zweier  coordinirter  Begriffe  erfolgt  mittelst 
der  Partikel  ke  und;  z.  B.  inä  ke  abba  die  Mutter  und  der  Vater, 
numä  ke  bä;'ala.die  Gattin  und  der  Gatte,  nuinä  ke  daylo  die 
Frau  und  die  Kinder.  ba|ä  ke  baja  ko  toboke  eine  Tochter  und 
ein  Sohn  sind  dir  geboren  worden,  yalli  aran  ke  balo  yokluqe 
Gott  hat  den  Himmel  und  die  Erde  ei*schaffen. 

2)  Die  Trennung  wird  nicht  durch  eine  besondere  Partikel 
bezeichnet,  sondern  nur  durch  den  Satzton  angedeutet;  z.  B.  atu 
me/'etiya,  umatiya,  bist  du  gut,  (oder)  böse? 

3)  0 — 0  entweder  —  oder;  z.  B.  mangum  waniseti  o  malaga 
yake  o  dirabile  yake  wer  viel  spricht,  ist  entweder  ein  Weiser  oder 
ein  Lügner. 


Textprobe. 


Tingm  tine  yen  ').  Numä  ke 
bä;^ela  yinln  yen;  nabä  bala, 
e^dä  balä,  umbaka  ei^^Ä  bä}a  li 
yinin  yen  ay  numä  ke  bä^^ela. 


Ay  nabä  bell  2)  lä  yäligile*) 
yen,  eiidä  bajä  rugag^  äka  täbile*) 
yen. 

Ay  sap^alä  ala  ma;^etyä  ki  tine 
y6n,  ay  te  nabä  sa^'äl  mangum 
te  yiWiene*)  yen,  töya  yabulo 
teyad  kulu^'ö*)  yen,  amä  ged 
han  bälod  yäligile  yen. 


Erzählung.  Es  war,  so  eraählt 
man,  eine  Gattin  und  ein  Gatte; 
diese  Gattin  und  dieser  Gatte 
hatten  einen  erwachsenen  Sohn, 
eine  junge  Tochter  und  einen 
ganz  kleinen  Sohn. 

Dieser  iiltore  Sohn  nun  pflegte 
die  Kühe  zu  melken,  die  junge 
Tochter  aber  ihm  die  Kälber  (von 
den  Kühen  fem)  zu  halten. 

Diese  Schwester  nun  war  schön 
von  Antlitz  und  ihr  älterer  Bru- 
der liebte  sie  gar  sehr;  um  sie 
zu  beschauen  blickte  er  (beim 
Melken)  stets  zu  ihr  empor  und 
molk  dann  die  Milch  auf  die  Erde. 


1)  Wörtlich:  man  hat  erzählt,  was  sich  ereignet  habe,  sei  (folgendos). 

2)  Von  bäla  Sohn,  mit  dem  betonenden  i:  hHU,  bSli;  s.  oben  im  Nomen 
8.  V.  Casus  A. 

3)  Von  dagal  oder  lagal  melken,  Subj.  a-lagälo,  Imporf.  a-ligile,  Perf. 
i}igile,  Imperat.  iligil. 

4)  Von  baj  halten,  fangen  (Aeth.   CiCCi/^l)' 

b)  kahan  lieben  (dialectisch  kaham,  Tigre  ^f^Ci  l   ^^^   l?li<). 

6)  Für  kuluy  e  er  machte  oder  sagte«  kulüy,  daher  auch  kulüy  yelehe 
dasselbe,  ebenso  kab  e  oder  kab  yelehc  er  nahte  sich  u.  s.  w.,  woraus  sich  die 
Formation   der   schwachen  Vorba   erklärt;   mit   kulu/,   auch   kuluh,   vgl.  Tigr^ 


Reinücht  die  Sahoapraehe. 


457 


Amayk  saräl  ilk'  ina,  vk'  abbäk : 
„anü  sinak  rabe'),  mS-le  teninko*) 
hinni  sap^alä  maryeSlto  *)*  ak 
yele^e  yen  ai  naba  ba^a. 

Amayk  saral:  i,m&ye,  te  mar- 
;'eSit!*  ak  yejeben  yen,  ay  sa^^ä 
ak'  ülal'®)  tineyä  t§le^^em^*)  mä- 
tabbe^^)  yen. 

Ay  man  aka  maiyiSona  illau 
yatahanan*'),  subali  4^"iia^**)> 
baskä  daman,  sara  4s^i]^^£ui  yen, 
ai  mara/S  kabb  teleb©**)  yen. 

Amayk  saral:  ^»ta  mara^^a  eyi 
mara^a  kini?**  telefee  yen  ay  e^dä 
balä  isi  e];^dä  sa;^älak. 

Te  ei^dä  sa^al:  „naba  ku  sa;^al 
ku  mar/eSlto*  ak  yejete  yen. 

Amayk  saräl  aybaläbirrikte^^), 
tede^^  yen,   dikti   inda^'arto^*), 


Hierauf  sprach  dieser  ältere 
Sohn  zu  seiner  Mutter  imd  zu 
seinem  Vater:  ^ich  werde  euch 
sterben,  wenn  ihr  es  verbietet, 
dass  ich  meine  Schwester  heirate*. 

Hierauf  entgegneten  sie  ihm: 
„gut,  heirate  sie!*  die  Schwester 
aber,  die  gerade  abwesend  war, 
hörte  es  nicht,  was  sie  gesprochen 
hatten. 

Diese  nun,  um  ihm  die  Hoch- 
zeit zu  bereiten,  kaufen  Getreide, 
kaufen  Butter,  kaufen  Honig, 
kaufen  Gewänder,  denn  die  Hoch- 
zeit war  schön  nahe. 

Da  sprach  das  junge  Mäd- 
chen zu  ihrem  jüngeren  Bruder: 
„wessen  Hochzeit  ist  denn  diese 
Hochzeit?* 

Da  antwortete  ihr  der  jüngere 
Bruder :  „dein  älterer  Bruder  soll 
doch  dich  heiraten!* 

Da  erschrak  das  Mädchen,  ging 
von  dannen  und  kam  zur  Syko- 


7)  rab  sterben,  schwach  flectirt,  vgl.  Galla  dua,  duwa  sterben  (cf.  tin). 

8)  Wörtlich:    es  ist  nicht,  wenn  ihr  sagt. 

9)  Wörtlich:  da^  ich  für  mich  Heirat  mache  mit  der  Schwester,  Aeth. 
^^CS^\  Heirat,  zu  mar^e-l-ito  s.  oben  im  Verb  unter  F,  der  causative 
Reflexivstamm. 

10)  aki  üla^l  an  einem  andern  Orte. 

11)  Für  ye}eheni-m;  vgl.  oben  bei  den  Postpositionen  die  Note  zu  littera  m. 

12)  Imperfect  der  2.  Form  von  ab  hören,  2.  Form  ^abb  für  abab,  stark 
flectirt,  Subjunct.  abo,  Imperf.  abe,  Perf.  obe,  Imperat.  obä!  plur.  öbä!  mabö 
das  Gehör. 

13)  tahan  mahlen,  starkes  Verb  (Tigri  fTlrflJo   1^23)    Imperfect. 

14)  dam  kaufen,  schwaches  Verb,  Imperf.,  vgl.  Tigr4  ^'^fl»  • »  '^®*^* 
HflP  ;  keifen 

15)  kab  oder  kabb  mit  e  oder  yelehe  s.  Note  6;  Tigrö   Yl4»I  flAl  AI 

16)  birig  erschrecken,  birrig  sehr  erschrecken,  schwaches  Verb;  ^eth. 
Z.CV  :     Arab  OJ  j  . 

17)  Perfect  vom  starken  Verb  aday  gehen,  Subjunct.  adäwo,  Imperf.  adiye, 
Perf.  ede,  Imperat.  adü  pl.  adüwa^(Tigr^  YlJSl  ^^^  iJSo  ^®***   'ilPi?!)- 

18)  Individualform  von  indayär  plur.  indä^oir,  fem.  gen.,  die  Sykomore, 
bei  den  Saho  ein  geheiligter  Baum;  Aeth.  JP^^C« 


458 


Reinisch,  Hie  Sahosprache. 


temete^*)  yön:  y*  abbä  bälo 
inda^'arto,  lad  yo  elefe^*')!''  ak 
telehe  yen  inda;^artök  ay  ba}ä. 

Amä  ged  ay  inda^artö  lad 
aka  telel^@  yen,  ai  indap^artök  äk 
ga;iftö^^)  yen  ay  bala. 

Amayk  saral:  ^y'  abbä  bä]6 
inda^^arto,  haf  el@h'^)!  ak  telebe 
yen  indap'artok  ay  balä. 

Amä  ged  ay  mda;^arto  haf 
aka  telebe  yen,  inda/'artö  bukäk 
ga;ifte  yen  ay  balä. 

Amayk  saral  ay  balä  te  inä, 
ay  te  abbä  el  yemetin  yen: 
^Dahaba,  yi  ba}äu  ob*')!  fol6  nok 
ma-ma§hesln'^^),  ob!*  äk  yelehen 
y@n  ay  ten  ba^äk. 

Amä  ged:  ^anü  yi  sa;^äl  yi 
bä/ela  y4ko,  yi  eJ34^  s&ysl  yi 
bä;^eli  sa^^äl  yako,  y'  inä  yi  ballo 
tako,  y'  abbä  yi  ballo  yäko,  anii 
möba*^  äk  te}e)3ie  yen  ay  ba^ä, 
wen*'*)  yen,  äk  heute  ^^)  yen  ay 
bajä;  yedeyn*')  yen  ay  bajät  inä, 
ay  bajä  te  abbä. 


more  des  Dorfes;  zu  dieser  nun 
sprach  das  Mädchen:  ,du  Syko- 
more  meines  Vaterlandes,  neige 
dich  zu  mir  herab!" 

Da  neigte  sich  die  Sykomore 
zu  ihr  herab  und  das  Mädchen 
setzte  sich  auf  die  Sykomore. 

Hierauf  sprach  das  Mädchen 
zur  Sykomore:  „o  du  Sykomore 
meines  Vaterlandes,  erhebe  dich!* 

Da  erhob  sich  ihr  die  Syko- 
more, die  Jungfrau  aber  sass 
hoch  oben  in  der  Sykomore. 

Hierauf  kamen  die  Mutter  und 
der  Vater  des  Mädchens  herbei 
zu  ihm  und  riefen  ihm  zu:  ,o 
Dahaba,  meine  Tochter!  steig* 
herab,  lass*  uns  das  Brod  nicht 
sauer  werden,  steig*  herab!* 

Da  sprach  zu  ihnen  die  Toch- 
ter: ^mein  Bruder  soll  mein  Gatte 
werden,  mein  jüngerer  Bruder 
soll  mein  Schwager  werden,  meine 
Mutter  soll  mir  Schwiegermutter 
und  mein  Vater  mir  Schwieger- 
vater werden!  nein  ich  steige 
nicht  hinab*,  man  wurde  ihrer 
nicht  habhaft,  sie  selbst  aber 
willigte  nicht  ein,  die  Eltern 
gingen  also  von  dannen. 


19)  Perfect  von  mat,    Subj.  amato,    Imperf.  amitc,    Perf.  emete,    Imporat. 
unregelmässig  amo  pl.  amoa  (vgl.  Aeth.  C/^J^f  ^  *  ^  Amh.   ^^ft\  '  j   KXO : 

20)  Subjanct.  lad  owa,  lad  towa,  Imperf.  lad  a,  lad  ta  oder  lad  ajeho,  Perf. 
lad  e  oder  lad  elehe  sich  senken,  neigen  (vgl.  Aetb.  Xj^lPj)}  *•  ^o^Q  6  und  15. 

21)  Perfect  von  gab  gelangen  wohin,  schwach  flectirt  (vgl.  Aetli.  °2/^m*). 

22)  Vgl.  Note  6,  15  und  20;   mit  haf  vgl.  v^,  OiP,  L^,  UP,  vi>sÄ^. 

23)  Schwaches  Verb. 

24)  Negativ  -  Imperativform  der  secunda  singularis  in  der  Cau!>ativform  von 
masoh  sauer  worden,  schwach  flectirt,  Tigre  ^^/f /fl  ' 

26)  Perf.  von  way  nicht  Anden,  nicht  erlangen,  schwach  floctirt,  Inip.  way, 
way-ta  u.  s.  w.,  Perf.  we  oder  wey,  wey-te  u.  s.  w. 

26)  hen  nicht  wollen,  schwach  floctirt. 

27)  Perfect  von  day,  s.  Note  17. 


Reiniach,  die  Sahowprache, 


459 


Amayk  saräl  en4a  te  sa^^al  el 
jemete  yen:  „Dahaba,  j  asa 
sa;^aläu  ob!  atii  fal^a  ba^o  ink6 
nädiyek*®)*  äk'ye^e^e  yen. 


Amä  ged  ay  ba^ä  obte  yen, 
iSi  sap'äl  fogutte*^)  yen ,  inko 
dlbol  yedeyn  yen. 

Ayi  sa;^äl  &ka  yenebe^")  yen, 
dibod  maiin^')  yen. 

„Giräma-badiSin^*)!*  äk  ye^e^ie 
yen  sa^'äl,  üssuk  manduq  biSitä*^), 
dibol  yadiye  yen,  maleljienä  sagrä 
baha^*)  yen  ummdn  mä^  ay 
sa^'alak. 

Wili  mäb  ay  sa^^äl  dibol  yine 
ged  girä  äk  bade  yen  ay  sa;^aläk, 
girä  ba;|^to^^)  tede  yen. 


Ay  girä  tede  ged  ginni  niunäl 
temete  yen;  ay  ginni  numä  girä 
aka  tohoy^**)  yen,  ay  ginni  numä 
mazeli  ombobä  ke  gomböd  aka 
tohoy  yen  arahäl*^). 


Hierauf  kam  zu  ihr  der  jüngere 
Bruder  heraus  und  rief  ihr  zu: 
„Dahaba,  meine  liebe  Schwester 
steig*  herab!  wir  werden  zu- 
sammen in  das  Land  ziehen,  in 
welches  du  willst*. 

Da  stieg  das  Mädchen  herab, 
küsste  ihren  Bruder  und  sie  zogen 
zusammen  in  die  Wüste. 

Dieser  Bruder  erwuchs  ihr  nun, 
und  sie  nahmen  ihren  dauernden 
Aufenthalt  in  der  Wüste. 

„Lass*  nur  das  Feuer  nicht 
ausgehen!*  sagte  zu  ihr  der  Bru- 
der, er  aber  nahm  die  Flinte, 
ging  in  die  Wüste  und  brachte 
jeden  Tag  sieben  Perlhühner  heim. 

Eines  Tages  nun,  während  der 
Bruder  im  Walde  sich  befand, 
ging  der  Schwester  das  Feuer 
aus  und  sie  ging  hin,  um  Feuer 
zu  holen. 

Wie  sie  nun  um  Feuer  ging, 
da  kam  sie  zur  Frau  eines  Dä- 
mons; diese  nun  gab  ihr  zwar 
Feuer,  aber /die  Frau  des  Dämon 
gab  ihr  auch  gebrannte  Maiskörner 
und  Asche  mit  auf  den  Weg. 


28)  Für   nadiye  ki   es    ist   wir   gehen ,  Umschreibung   für  das  Präsens  und 
Futur-,  s.  Note   17   und  27. 

29>  3.  fem.  perf.  von  fogut  küssen,  schwach  tiectirt. 

30)  Perf.  von  nab  gross  werden,  Subj.  a-nab-o,  Imperf.  a-nob-e,  Perf.  e-neb-e, 
wahrscheinlich    im  Zusammenhang   mit  Tigr^    i(Difl  I  d<^^?    i(DA\  I  ^^ 

Aoti.  {«^fi: 

31)  Imperf.  von  mar  bleiben,  schwach  flectirt. 

32)  Von  bad,    sterben,   verenden,   von  Thieren  gesagt,  im  Gegeiwatz  von 
rab,  s.  Note  7;  über  die  Form  s.  Note  24. 

33)  imperf.  von  bi-s-it,  vgl.  Note  9;    die  Grundform  ist  bay  nehmen,  vgl. 
^^,    Aeth    ^p-l-: 

34)  Imperf.  von  bah  bringen,  geben,  schenken,  schwach  flectirt;   vgl.  ^^t3* 

35)  Damit  sie  bringe,  Subjunct.  von  bah;  s.  Note  34. 

36)  Perf.  von  haw  geben,  Subj.  a-haw-o,  Imperf.  ahay,  Perf.  o-hoy,  Imperat. 

o-ho!,  Tigr^  un ; ,  Aeth  oDuco ; ,  ^wb.  ^^^ . 

37)  aräli  plur.  äroli  Weg  vgl.  ITIK . 


460 


Rmnisch,  die  Sahosprache. 


^Ah'  iSo?*  ak  telefee  yen  ay 
ba}ä  ai  ginni  numäk. 

^Aratäl  adituk^^)  ezrl^''^)!*  ak 
te)ehe  yen  ay  numä  ginniyä  ay 
ba^äk. 

»Maye*  5k  telelgie  ySn,  tede 
yen,  ay  mazeli  ombobä,  ay 
gomböd  ara^äd  iuxiy^  yen,  amä 
ged  iSi  arel  temete  yen  ay  ba)ä. 


Ay  ginni  nmnäl  te  bä^'ela,  te 
daylo  afiär  yekini  el  yemetin  yen 
sinnt  dikil  diboko. 

Ay  ginni  dayl6  sin  insk:  «heyo, 
heyö  no  unray*®)!  heyö  kol 
temetem  li-ho**)!*  ak  ye]e^en 
yen. 

,,Aduwa  tama  ara^äl,  sine 
geytanak^')  mazeli  ombobä  ke 
gomböd,  yimziri/e  ara^äd  sina 
sugä^^)!''  ik  tele^e  yen  iSi  daylök 
ay  nomä  ginniyä. 


„Was  soll  ich  damit  machen?* 
sagte  das  Mädchen  zur  Frau  des 
Dämon. 

„Wenn  du  auf  dem  Wege  da- 
hin ziehst,  &o  säe  das  aus!*^ 
sprach  die  Frau  des  Dämon  zu 
diesem  Mädchen. 

„Gut!*  sprach  das  Mädchen, 
ging  fort  und  streute  diese  ge- 
brannten Maiskörner  und  die 
Asche  auf  den  Weg  hin,  end- 
lich kam  sie  heim  in  ihre  Be- 
hausung. 

Zu  dieser  Dämonsfrau  kamen 
nun  ihr  Gatte  und  ihre  Söhne 
vier  an  Zahl,  die  aus  der  Wüste 
in  ihr  Dorf  heimkehrten. 

Diese  Dämonssöhne  sprachen 
nun  zu  ihrer  Mutter:  „Menschen, 
Menschen  riechen  wir!  giebt  es 
da  Menschen,  die  zu  dir  gekommen 
sind?* 

„Geht  nur  hinaus  auf  diesen 
Weg  da,  dort  werdet  ihr  ge- 
brannte Maiskörner  und  Asche 
finden,  ihr  werdet  das  auf  den 
Weg  hingesäet  finden*  sprach 
zu  ihren  Söhnen  die  Frau  des 
Dämon. 


38)  Zweite,  seltnere  Form  des  Conditionalhi  adi-yo-k,  adi-to-k,  adi-iio-k, 
adi-tono-k,  adi-nono-k  wenn  ich  gehe,  du  gehst,  wir  gehen,  wenn  ihr  geht,  sie 
gehen,  für  gewöhnlicheres:  ede-nko,  tede-nko  u.  s.  w.,  s.  im  Verb  s.  v.  Conditional. 

39)  VoQ  sara/  säen,  Sutjanct.  azra^-o,  Imperf.  a-zri^-e,  Perf.  i-zri^;  Aeth. 

HCo:,  y-iT,  ^y 

40)  no  anray  es  riecht  uns  an,  Geruch  kommt  auf  uns,  impersonal  gebraucht, 
unray  es  wandelt  Geruch  an,  schwach  flectirt;  man  sagt  auch:  hey6  ure  le-m 
yo  unray  es  kommt  über  mich  ein  Geruch,  welcher  den  Geruch  nach  Menschen 
hat  —  ich  rieche  Menschen. 

41)  Gibt  es,  hat  es  Menschen,  welche  u.  s.  w.,  li-ho  für  lo-ho  wegen  des 
fragenden  ho;  temete-m  fUr  yemetini-m,  s.  Note  11. 

42)  Vom  schwachen  Verb  gey  erlangen,  bekommen ;  über  das  k  in  geytana-k, 
s.  Note  28. 

43)  £s  wird  euch  begegnen;  so  sagt  man:  heyoti  rabe  äka  suge  er  fand 
einen  Verstorbenen  =  ein  Mann  (der)  gestorben  bot  sich  ihm  dar;  galabä  äka 
sukte  er  fand  eine  Höhle  =  eine  Höhle  war  ihm  da,  bot  sich  ihm  dar;  heyu 
äka  sugen  er  begegnete  Männern  =  Männer  waren  ihm  da  u.  s.  w. 


Reiniach,  die  Sahoapra4:he, 


461 


Aymari  yedeyn  y6n  aför 
yekini**),  ay  bajä  äred  yemetln 
yön. 

Ai  ba)ä  ay  ginni  daylo  amülal^^) 
tabil6  tin6  y6n^^,  amä  ged  äk 
suyuttö*')  yen  äred,  ay  ginni 
daylo  te  weyn*®)  yen,  ama  göd 
te  ared  defeyn*^)  yen. 

Amayk  s4ral  ay  balät  sa/äl 
malehenä  sagrä  bähe,  yemete  yen, 
ay  su^utte  sap^alä  äred  te  wey 
yen,  ay  ginni  daylo  äred  aka 
sugen^")  y6n. 

Ay  bäjal  ay  daylo  ginniya 
el**)  yirdin*^),  ka  yigdiftn*^), 
beten  **)  yön ,  ay  te  sa;^alä 
ta    tubilg,    tobbe    ggd   birrikte, 


Diese  nun  gingen  bin,  ihrer 
vier  waren  sie,  und  kamen  zum 
Hause  des  Mädchens. 

Daß  Mädchen  aber  hatte  die 
Dämonssöhne  in  der  Feme  schon 
erschaut  und  versteckte  sich  so- 
fort vor  ihnen  im  Hause,  die 
Dämonssöhne  fanden  sie  nicht, 
blieben  aber  in  ihrem  Hause  sitzen. 

Hierauf  kam  der  Bruder  des 
Mädchens  nach  Hause  und  brachte 
sieben  Perlhühner,  er  fand  nun 
die  Schwester,  die  sich  versteckt 
hatte,  nicht  zu  Hause,  dafür 
aber  traf  er  die  Dämonssöhne  an. 

Diese  Dämonssöhne  fielen  nun 
über  den  Jüngling  her,  und  er- 
schlugen ihn  und  fassen  ihn  auf; 
da  nun  seine  Schwester  das  sah 


44)  Nach  Zahlwörtern  in  dieser  Verbindung  stets  das  Verb  ke  gebraucht; 
z.  B.  ay  lammä  aiili  yake^  mahali  dieses  Heer,  welches  2000  (Mann)  betrug; 
malaikä  malehen  yekini  tenal  yemetiu  Engel,  sieben  an  Zahl  seiend  kamen  zu 
ihnen;  nugus  adöh  isi  amö  yeke  el  yemete  der  König  kam  zu  dritt  (mit  zwei 
Begleitern)  zu  ihm  =::  drei  sein  Kopf  war,  u.  s.  w. 

45)  amä  Üla-l  da  in  dieser  itichtung;  der  Erzähler  deutete  mir  mit  seiner 
Hand  auf  einen  Bergsattel,  der  in  ziemlicher  Entfernung  sich  befand. 

46)  Plusquamperf.  von  bal  sehen;  s.  oben  die  I^lexion. 

47)  su;'  versteckt  sein  (Tigri  XjIÖP«  *^***)»  su^-ut  (für  su^-it  in  Folge 
Vocalassimilation)  sich  verstecken,  schwaches  Verb. 

48)  Auch  wen,  s.  Note  2ö. 

49)  Vom  schwachen  Verb  defey,  auch  tefey  sich  setzen;  zeigt  einige  Un- 
regelmässigkeiten:   Imperat.   defe!    Imperf.  defey-a,  defey-ta  u.  s.  w.,  Perf.  defe, 

defoy-te,  defe,  defey-ne  u.  s.  w. ;    vgl.  Tigre  J?^^L  [  warte !  habe  Geduld ! 

50)  Zu  sug  s.  Note  43. 

51)  Auf  diesen  Jüngling  diese  Dämonssöhne  über  diesen  (für  ai-1)  fielen 
sie  her. 

52)  rad  sich  auf  Jemand  stürzen,  hinzulauipn ,  wird  stark  flectirt,  dagegen 
in  der  Bedeutung:  fallen   wird  es  schwach  flectirt,  z.  B.  mungo  rob  rade  es  fiel 

viel  Regen;  jenes  steht  im  Zusammenhang  mit  Aeth.  (Zjilj  -^K«  dieses  mit 

(J)^^"     Die  l^lexion   vom    starken   rad    ist:    Subjnuct.  ardo,  tardo  u.  s.  w., 

Imperf.  arde,  tarde  u.  s.  w.,    Perf.  irde,  tirde,  Imperat.  ered!    Causat.  Subjunct. 
ay-rad-o,  ta-y-rad-o,  Perf.  e-y-rede,  te-y-red-e  u.  s.  w. 

53)  Von  gadaf   (Aeth.  'J^^  ;) ,  s.  oben  die  Flexion. 

54;  Kefloxivform  von  bay,  be-t-e  ich  nahm  zu  mir,  ass,  be-t-te  u.  s.  w., 
s.   Note  33. 


462 


Bmmseh,  die  Sahoaprctche. 


weytS  **),  mangom  fertö  *^  yBn, 
amä  ged  ay  ginni  dajlo  te  gejn 
yen ,  amä  ged  &}a  me;^@  tinS 
balä  nabs  bsla  ginniyä  te  mar- 
y^i^  yön. 

• 

Amayk  säral  ay  ba^ä:  ^koli 
adSwo  liyö**)  atu  yoko  siritlyä*^*) 
tekönko**),  hiimi  sa/ali  läfof  yol 
habiSlt^o)!*  äk  telefeg  yen  ay 
ginni-hi  nabs  bs}ak. 

^Maye*  ak  yelehB  y6n,  amä 
ged  ay  balä  iSi  sa/ali  läfof 
laqotad  hayte*'),  tede  ygn  ay 
'ginni  dayloli,  ten  ared  teraete, 
mar;'e§imte  ySn ,  inko  margn 
y6n. 

Will  mäh  ay  te  bä^'eli:  „anu 
bSra  halä  beto  kini^^)*"  ak  yele^^ie 
ygn  ay  baläk. 

^Map'-e*  äk  tele^^S  yön,  ay  hajä 
aka  tetel^ene  yen,  ay  ha)äd  sirä 
ed  ska  bayte  ygn. 


und  hörte ,  so  erschrak  sie, 
weinte  und  schrie  laut  auf;  da 
entdeckten  sie  die  Söhne  des 
Dämon,  und  da  sie  an  Antlitz 
schön  war,  so  wählte  sie  der 
älteste  Sohn  des  Dämon  zur  Ehe. 

Da  sprach  das  Mädchen  zum 
ältesten  Sohne  des  Dämon:  ,ich 
muss  wohl  mit  dir  ziehen,  da 
du  stärker  bist,  als  ich,  doch 
überlass'  mir  die  Gebeine  meines 
Bruders  !* 

„Gut"  sagte  er,  da  steckte  nun 
das  Mädchen  die  Gebeine  ihres 
Bruders  in  einen  Sack  und  zog 
dann  mit  den  Dämonssöhnen,  sie 
kam  nach  deren  Behausung  und 
ward  da  geheiratet,  so  blieben 
sie  denn  beisammen. 

Eines  Tages  sagte  nun  ihr 
Gatte :  „ich  muss  morgen  Arzenei 
einnehmen*,  so  sagte  er  zum 
Mädchen. 

„Gut!"  sagte  sie,  sie  malüte 
ihm  die  Ai*zenei,  aber  in  diese 
Arzenei  mischte  sie  ihm  Gift  hinein. 


55)  Vom    schwachen  Verb    we/,    Tlgr^    QX*^  I    "™    Hilfo    rufen,    Aeth. 

(Doro; 

56)  Schwaches  Verb  .)W.  Aoth.  fllCO  \ ,    UJC  A  I  j  ^igre  IQQJ  \ 
bl)  Gerundiv;  s.  auch  Not©  17. 

58)  siri-tiya  pl.  siri-mara  gut,  edel,  kostbar,  echt,  dann  in  übertragener 
Bedeutung:   stark;  Aeth.  ÄCP;,  Tigre  ^^\ 

59)  Wörtlich:  wenn  du  schon  stärker  als  ich  geworden,  guschaflen  bist, 
Conditional  von  ke;  mein  Erztthler  sagte  mir  jedoch,  man  könne  auch  teke-ro 
bildad  sagen,  s.  oben  im  Verb  den  Modus  catisalis. 

60)  Cauaativer    Beflexivstamm    vom    schwachen  Verb    hab    verlassen    (vgl. 

Tigri    ^JP'XI    =   ^ö*'>-    AiJ^Tm    <l«-'w)»    "»   ^^^^""^  ••'♦»""   häufig  für  das 

einfache  hab  gebraucht,    %.  B.  ya  hab!   oder  ya  habisit  verlass'  mich,  lass  mich 
in  Ruh! 

61)  Vom  schwachen  Verb  liay  legen,  setzen. 

62)  Wörtlich:  es  ist  (kini),  dass  ich  Arznei  zu  mir  nehme. 


Reinisch,  die  Sahosprcushs* 


463 


Ay  balä  yoyobe  ^•^)  yön,  rabö 
y^n  ay  ginni  b^li,  ka  hängal  gara- 
hetid  bayt@  yön,  ka  bilo  disted 
haytö  ygn,iSi  sa^^äli  hanS  tifdiye  ®*) 
yen,  iSi  sa^äli  läfof  tutuqup^e^*), 
tede  yön. 


Sittinä  Märyämal  teraete  yen: 
,anu  sinal®^)  emete**  äk  telehe 
yen  ay  bajä  sittinä  Märyämak. 

,,Ay  fal(Ja,  yi  baläu?"  äk  telehe 
yen  sittinä  Märyäm  ay  baläk. 

„Ann  yi  sayäl  yok  räbe,  läfof 
bähe  äne,  kädo  yo  siräha*^!" 
äk  telehe  yön,  ,yo  unisa^*)!" 
äk  tölel?ö  yön,  „ufe  öd  yo 
edöbba^^)!"  äk  telö^?e  yön  ay 
balä  sittinä  Märyämak. 


Diese  Arzenei  nun  trank  der 
Dämonssohn  und  starb;  hierauf 
legte  sie  dessen  Kopf  in  einen 
Korb,  dessen  Blut  gab  sie  in 
eine  Pfanne  und  hatte  so  fftr 
ihren  Bruder  die  Blutrache  ge- 
wonnen; sie  nahm  dann  ihres 
Bruders  Gebeine  zu  sich  und 
ging  von  dannen. 

Sie  kam  zu  unserer  Frau  Maria 
und  sprach  zu  dieser:  „ich  bin 
zu  Euch  gekommen"  sagte  das 
Mädchen  zu  unserer  Frau  Maria. 

„Was  wünschest  du,  meine 
Tochter?"  sprach  unsere  Frau 
Maria  zu  diesem  Mädchen. 

„Mein  Bruder  ist  mir  gestorben, 
die  Gebeine  bringe  ich  her,  nun 
bauen  Sie  mir  dieselben  auf!" 
sagte  sie  zu  ihr,  „machen  Sie 
ihn  gesund!"  sagte  sie  zu  ihr, 
„hauchen  Sie  mir  die  Seele  ihm 
ein!"  sagte  das  Mädchen  zu  un- 
serer Frau  Maria. 


63)  Vom  starken  Verb  jab  trinken. 

64)  hane  Qlatrache,  tifdiye  Perf.  vom  starken  Verb  faday  (Aeth.  ^-^P  ' ) ,  * 
Subj.  a-fday-o,    Imperf.    a-fdiy-e ,    Perf.    i-fdiy-e,  Caus.  Subj.   as-faday-o    u.  s.  w. 
Derjenige,    welcher   verpflichtet   ist,    die  Blutrache  zu  nehmen,    der   riOA  * 
J^f^^  *  wie  er  im  Tigre  genannt  wird,  heisst  im  Saho :  hane  yafdiye-tiya. 

65)  Perf.  in  der  Roflexivform  vom  starken  Verb  aqa^  aufheben  etwas  vom 
Boden. 

66)  Pluralis  majestatis,  in  der  Anrede  an  Kespectspersonen  wird  im  Saho 
wie  im  Amharisclion  häufig  der  Plural  gesetzt,  ja  sogar  wenn  von  Kespects- 
personen in  deren  Abwesenheit  gesprochen  wird ,  wenden  die  Saho  ol\  den 
Plural  des  Verbs  an,  z.  B.  y'  inä  ma^e  yanTni  =  tane  meine  Mutter  befindet 
sich  wohl. 

67)  Vom  schwachen  Verb  sarali,  eigentlich:  bauen  (ein  Haus;,  dann  etwas 
in  Stand   setzen,   teker   sirah   eine  Mahlzeit  zubereiten,    qamls  sirah  ein  Hemd 

nähen,  amö  sirah  den  Kopf  in  Stand  setzen  =  firisiren  u.  s.  w.,  Tigr(5  J|*l(_rf|  \ 

Aeth  U)Co: 

68)  Imperat.  der  Causativform  vom  schwachen  Verb  ur  genesen. 

69)  Vom  starken  Verb  dab  zurückgeben,  vergelten  (vgl.  V^'«-J'.  ÜIUJ)' 
wörtlich:  die  Seele  \\\  denselben  (ed  =  ay-d)  mir  geben  Sie  zurück! 

Bd.  xxxn.  30 


464 


Beinisehf  die  SahospracJie. 


Aj  sittinä  Märyam :  „ma/S,  yi 
ba}Sa!*  äk  tele^e  y^n,  ay  s&yfl 
Ska  sirä;i^  yen,  ay  sa;^äl  äka 
nrosse  ySn,  ay  sa;'^  ufig  ed  äka 
tSd^bbe  yen,  äka  tohoy  yön  ay 
baläk. 

• 

Ay  sä;^ol  sing  yedeyn  ygn, 
walitit '®)  yäkinl  inkö  dibol  ma- 
rän  yen. 


Da  sprach  unsere  Frau  Maria 
zum  Mädchen :  ^Gut,  meine  Toch- 
ter !•*  und  sie  baute  ihr  den  Bru- 
der auf,  sie  machte  ihr  den  Bru- 
der heil,  sie  fährte  ihr  die  Seele 
ihres  Bruders  wieder  in  denselben 
zurück  und  übergab  ihr  denselben. 

Die  Geschwister  gingen  von 
dannen  und  wohnten  zusammen 
als  Heilige  in  der  Wüste. 


70)  Von  wali-to  fem.  wali-tö  plar.  wali-tit,  Arab.     ^»  *  zur.  Endung  to  vgl. 
beim  Nomen  den  Abscbnitt  ül>er  die  Zahl. 


465 


Jakob  von  Edessa  über  den  Sehern  hammephorasch 

und  andere  Gottesnamen. 

Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des  Tetragrammaton. 

Von 

Dr.  Eberhard  Nestle  <). 

Das  hier  mitgetheilte  längere  Scholion  des  berühmten  syrischen 
Bischofs  Jakob  von  Edessa  dürfte  nicht  bloss  den  Freunden 
syrischer  Literatur  und  Sprache,  sondern  auch  hebräischen  Philo- 
logen willkommen,  und  nicht  weniger  für  Theologen  von  Werth 
sein;  ja  wir  hoffen,  dass  selbst  klassische  Philologen  und  Juristen 
etwas  in  demselben  finden  können,  das  für  ihre  Wissenschaft  nicht 
ohne  Interesse  ist.  Zur  allgemeinen  Orientirung  schicken  wir  einige 
kleinere  Abschnitte  voraus. 


I. 

Seit  der  Reformation,  d.  h.  seit  die  christlichen  Theologen 
anfingen  hebräisch  zu  lernen,  ist  es  bekanntlich  unter  denselben 
Sitte  geworden,  die  den  Consonanten  des  alttestamentlichen  Gottes- 
namens mrr»  beigegebenen  Vocalzeichen  -^  ,  -=-,  -;-  mit  denselben 

zusammenzulesen  und  den  Namen  daher  Jehovah  auszusprechen. 
Und  zwar  wurde  diese  Gewohnheit,  soviel  mir  bekannt,  gleicher- 
weise bei  den  Theologen  der  römischen,  wie  denen  der  pro- 
testantischen Kirche,  in  England  und  Frankreich,  ebensogut  wie  in 
Deutschland,  im  Lauf  der  letzten  drei  Jahrhunderte  fast  allgemein 
herrschend,  und  von  dem  Katheder  und  der  Kanzel  aus  ist  das 
Wort  Jehovah,  mit  dem  Accent  auf  der  mittlem  Silbe,  in  die  christ- 
lichen  Gemeinden,    durch    die   Arbeit   der  Missionare   bis   in    die 


1)  Mit  Bemerkungen  von  Professor  Nöldeke, 

30 


466  J^^Üe^  Jakoh  von  Eilessa  Über  den  Sehern  hammephorasch  etc. 

fernsten  Länder  gedrangen  *).  Am  meisten  scheint  sich  diese  Aus- 
sprache in  den  frommen  Kreisen  des  englischen  Volkes  eingebürgert 
zu  haben,  zumal  da  in  der  autorisirten  englischen  Bibelübersetzung 
wenigstens  an  vier  Stellen  (Ex.  6,3.  Ps.  83,  i8.  Jes.  12,2.  26,4) 
und  dreimal  in  zusammengesetzten  Eigennamen  (Gen.  22, 1 4.  Ex. 
17, 15.  Jud.  6,  24)  dieses  Wort  Jehovah  gebraucht  wird  ^).  In  unserer 
deutschen  Bibelübersetzung  Luthers  kommt  es  nicht  vor,  obwohl 
derselbe  es  sonst  oft  gebraucht;  dennoch  dürfte  es  auch  bei  uns 
schwer  halten,  diese  Aussprache  wiederum  gänzlich  aus  dem  Ge- 
brauch zu  entfernen,  trotzdem  es  jetzt  von  allen  Seiten  anerkannt 
wird,  dass  dieselbe  eine  auf  Missverständniss  bemhende  Neuerung 
gewesen  ist  % 

üeber  ein  bis  ins  Detail  hinaus  ähnliches  Missverstilndniss  in 
der  alten  Kirche  berichtet  uns  das  folgende  Scholion  Einzelheiten, 
die  bisher  nicht,  oder  nicht  genügend  bekannt  waren. 

n. 

Hieronymus,  der  fast  allein  unter  den  abendländischen  Kirchen- 
lehrern mit  Sprache  und  Tradition  der  Hebräer  vertraut  war, 
schreibt  im  Prologus  galeatus  über  diesen  Gottesuamen:  Nomen 
Domini  tetragrammaton  [das  ist  eben  mri"^]  in  quibusdam  graecis 
voluminibus  usque  hodie  antiquis  expressum  literis  invenimus,  und 
im  136.  Briefe  (25)  Ad  Marcellam,  wo  er  von  den  zehn  Gott^s- 
namen  der  Juden  handelt:  Nonum  [nämlich  nomen  Dei]  est  tetra- 
gi'ammum,  quod  avBXtfvivrjtov  i.  e.  ineffabile  putaverunt,  quod  his 
literis  scribitur  Jod,  E,  Vau,  E.  Quod  quidam  non  intelligentes 
propter  elementorum  similitudinem,  quum  in  Graecis  libris  repererint, 
Pi  Pi  legere  consueveiimt  (Opp.  ed.  Vallarsi  I,  131.  III,  720). 
Aehnlich  wird  in  einem  kleinen  ebenfalls  von  den  zehn  jüdischen 
Gott^snamen  handelnden  Fragmente  des  Euagrius  gesagt,  dass  das 
unaussprechliche  Tetragi'amm,  das  xaraj^Qf^örixiog  von  den  Juden 


1)  In  einer  kleinen  Publikation  der  englischen  Bibclgosollscliaft  (The  Oosprl 
in  many  tongues  187.0),  in  welcher  der  Vers  Joh.  3,  IG:  Als«  hat  Oott  die  \Vi*lt 
geliebt,  in  mehr  als  130  Sprachen  und  Dialekten  abgedruckt  ist,  finde  ich  Je- 
hovah unter  Nr.  112  in  der  Sprache  der  Aiuitralian  Alwriginos  (Narrinyeri»  und 
unter  Nr.  132  Yehovah  in  der  des  nordamerikanischen  Indianers tammes  der 
Mohn\vk,  in   beiden  Fällen   offenbar  als  Wiedergabe  des  Appellativums  Gott. 

2»  Doch  haben,  soweit  ich  gesehen,  die  Herausgeber  der^in  der  englischen 
Kirche  viel  gebrauchten  Liedersammlung  HjTnns  Ancient  and  Modem  das  V^'ort 
überall  entfernt,  wogegen  &h  sich  allerdings  in  andern  Sammlungen,  insbesondere 
bei  den  nicht  zur  englischen  Staatskirche  gehörenden  Gemeinden  otY  findet. 

3)  Noch  Joh.  Friedr.  von  Meyer  und  Stier  (Lehrgebäude  der  hcbr.  Sprache) 
glaubten  in  der  traditi(Hiellen  Au.s.sprache  Jehovah  (eben  darum")  die  riehtigo 
sehen    zu    müssen;   wenn  Hoelemann,  der  1859  in  der  ersten  Abtheilung  seiner 

Bibelstudien  (lieber  die  Bedeutung  und  Aiussprache  von  J^'n"*)  ehcnfulls  ganz 
energisch  für  „Jehovah"  eintrat,  dies  noch  heute  tliut,  »lüHlie  er  damit  jedenfalls 
nunmehr  allein  stehen. 


NestlCy  Jakob  von  Edessa  ülei'  den  Sehern  hammephorasch  etc.  467 

dSwva'i,  von  den  Griechen  xvgtog  ausgesprochen  werde,  nach  Ex. 
28, 36  auf  dem  Stipiband  des  Hohenpriesters  gestanden  habe : 
äyiaa^a  xvgi(p  111171  (in  andern  Hdss.  TTt  nif  in  einigen  fehlt 
es  ganz)  .  .  .  rovroig  yQarfOfisvop  rolg  aroi^sloig  iw&  ijn  ovav 
ir^n  11  IUI,  6  &e6g  0-  Fast  dasselbe  finden  wir  am  Schlüsse  des 
Lexicons  der  hebräischen  Eigennamen  von  Origenes,  auf  den  schliess- 
lich alle  abendländischen  Angaben  zurückgehen.  Auch  er  spricht, 
auf  Grund  der  kabbalistisch-jüdischen  Tradition  von  der  Zehnzahl 
der  Namen  Gottes  bei  den  Juden  und  sagt  *) :  "ßrri-  8i  nag  ab- 
rolg  xal  ro  avBxqtivrjrov  Tergaygccfifiarov^  .  .  .  xtgiog  ök  xai 
TOVTO  nag  "EXXtjaiv  kxcpMV^lrai..  xal  kv  roig  axgißdci  tmv 
ccvTt^ygdcfaiv  ißgaixoTg  ccgxccioig  ygäfifxaoi^  yiyganrai,  cc?*X  ovyl 
rolg  vvv  ,  cpaal  ydg  rov  EaSgav  irigoig  ;^(»;tfa(Ti9'at  furä  ri]v 
alvfiakcüciav  .  xelrai  Sk  ro  rergaygdfxfxarov  kv  rtS  '  aXX  t]  iv 
vojnq)  xvglov  [Ps.  1,  2]. 

Aus  diesen  Angaben,  auf  deren  genauere  Besprechung  wir 
nicht  eingehen  können  ^),  geht  unseres  Erachtens  soviel  mit  Sicher- 
heit hervor,  dass  es  zur  Zeit  des  Hieronymus  imd  schon  früher 
giiechische  Handschriften  des  Alten  Testaments  gegeben  hat,  in 
denen  das  Tetragramm  mit  solchen  hebräischen  Buchstaben  ge- 
schrieben war,  die  für  die  griechischen  Uncialbuchstaben  111111 
gehalten  werden  konnten.  Diese  Verwechslung  ist  nun  aber  bei 
der  althebräischen  Schrift  einfach  unmöglich,  mögen  wir  die  letztere 
in  ihrer  späteren  der  samaritanischen  ähnlichen  Gestalt  denken, 
oder  in  ihrer  frühesten  wie  in  der  Mesa-Inschrift,  in  der  bekaimt- 
lich  (L.  18)  eben  dieser  Gottesname  vorkommt;  sehr  leicht  dagegen 
war  diese  Verwechslung  in  der  hebräischen  Quadratschrift  möglich, 
und  die  angeführte  Stelle  des  Euagrius  ist  ein  schlagender  Beweis, 
wie    nicht   bloss   von  unwissenden    Zeitgenossen   des   Hieronymus, 

1)  ZuoMt  honiiis^opoben  von  Cotoloriuü  in  Monument»  Eccl.  Graoc.  111,216*, 
bei  V^allar»!  111,  720;  nouestens  von  Lagardo,  Ouomastica  sacra  205  f. 

2)  Origüiies,  Opp.  II,  539;  lloxapla  od.  Montfaucon  I,  86,  Bahrdt  II,  94; 
cf.  llioronyinus  111,  721,  Lagardo,  Onomastica  205. 

3)  Die  Hauptfrage  Ist,  ob  in  dor  Stolle  dos  Origcnös  Sßgni'xoTg  mit  toTc 
axpißeai  itav  av^iyQntpwv  oder  mit  ypn/ufinai  zu  construircn  ist;  mit  anderen 
Worten,  ob  Origones  von  griechischen  Handschriften  redet  (wie  Hieronymus), 
in  denen  <las  Tetragramm  mit  hebräischen  Buchstabon  geschrieben  war,  oder 
von  liebräischcn  Codices,  in  denen  für  dasselbe  noch  die  althebräische,  nicht  die 
zu  seiner  Zeit  gebräuchliche  (Quadrat-)Schrifk  gebraucht  wurde.  Im  ersteren, 
uns  wahrscheinÜclieren  Fall  macht  dimn  aber  äpxainte  und  antiquis  Schwierig- 
keiten, zumal  da  die  Uebersotzung  dieses  Wortes  durch  „alterthümlich"  wegen 
der  Erwähnung  der  Ijjchriftveränderung  unter  Esra  unmöglich  ist.  Es  wird  aber 
kaum  etwa.s  anderes  übrig  bleiben,  als  in  der  Beiziehung  der  Esra'ischen  Schrift- 
verändorung  ein  Verseilen  des  Origenes  zu  finden,  das  von  dem  flüchtigen 
Hieronymus  getreulich  copirt  wurde.  Vgl.  zur  ganzen  Frage  Gesenius,  Geschichte 
der  hobr.  Sprache  und  Schrift  S.  176,  Bleek,  Aphoristische  Beiträge  zu  den 
Untersuchungen  über  den  Pentateuch,  in  Rosenmüllers  Kepertorium  I,  S.  74 — 79; 
desselben  Alttestamentliche  Einleitung  ,  2.  Aufl.  S.  764  (jetzt  deren  Neu- 
be.nrb«  ituug  von  WelUwuisen  (1878)  S.  627  fl".),  und  Ceriani,  Monumenta  sacra 
et  profaua  11,  2  S.   112. 


468  Nestle^  Jakob  van  Eldessa  über  deii  Sc/iem  hammephoroKk  etc. 

sondern  auch  noch  von  späteren  Abschreibern  und  Herausgebern 
n  und  1,  resp.  **  der  hebräischen  Quadratschrift  für  griechisches 
II  und  I  gehalten  werden  konnte:  ist  doch  hier,  wie  Lagarde 
nachti^lich  gesehen  ^ ,  177c  nichts  anderes  als  Name  und  Zeichen 
des  hebräischen  He  1;  f»,  und  das  t  in  iijTi  das  hebräische  1,  das 
zum  folgenden  gezogen  wurde,  während  das  erste  *«  einfach  ausfiel. 
Wie  zur  Bestätigung  ist  denn  auch  in  einigen  Handschriften  des 
griechischen  Alten  Testaments  dieses  111111  wenigstens  an  ein- 
zelnen Stellen  im  Texte  selbst  (Ps.  71, 18.  Mal.  2,13  Hexapla),  und 
in  andern,  vor  allem  in  dem  ausgezeichneten  Codex  Claromontanus- 
Marchalianus ,  jetzt  Vaticanus  2125  (von  Montfaucon  dem  VUÜL., 
von  Tischendorf  dem  VI.  oder  VXl.  Jahrhundert  zugewiesen)  in 
vielen  Stellen  wenigstens  auf  dem  Rande  erhalten  worden. 

Doch  genauerer  Aufschluss  sollte  aus  syrischen  Quellen  kommen. 

m. 

Als  im  letzten  Viertel  des  vorigen  Jahrhunderts  sich  die  Auf- 
merksamkeit der  Gelehrten  wieder  der  von  dem  Bischof  Paul  von 
Tela  in  den  Jahren  927/8  der  Griechen  (616/7  A.D.)  in  Alexandrien 
verfertigten  syrischen  Uebersetzung  des  griechischen  A.  T.'s  zu- 
wandte, fanden  dieselben  an  vielen  Stellen  den  hebräischen  Gottes- 
namen, dem  sonst  im  Griechischen  xvQtoq,  und  im  Syrischen  J^;vn 

entsprach,   durch   .^o^^o>   wiedergegeben.     Noch  mehr  überraschte 

es  aber  in  der  Haupthandschrift  dieser  Version,  dem  berühmten 
Codex  Syro-Hexaplaris  Ambrosianus  in  Mailand,  statt  dieses  .^o>^o^ 

in  den   Noten    zu  Jesaiah   überall  0^0^   zu   sehen.     Zwar   wurde 

der  Zusammenhang  zwischen  dem  griechischen  111111  und  diesem 
0^0^   sofort,    doch  nicht   sofort   in   der  richtigen  Weise  erkannt, 

und  noch  1835  wusste  es  Middeldorpf  in  seiner  Ausgabe  des 
Codex  Syro-Hexaplaris  nicht  anders  zu  erklären,  als  ita  ut  inscius 
quidam  librarius,  Cod.  syr.  hexaplarem  describens,  sed  sensum 
Oraeci  tUius  111111  hand  perspiciens ,  graecum  characterem  77 
loco  hebraici  Jl  positum  esse  opinaretur,  quemadmodum  1  loco 
hebr.    •^,    ideoque   syriace   scriberet   CH*o>-»^)-     Und  doch  war  eine 

richtigere  Erklärung,  wenn  auch  noch  keine  vollständig  richtige, 
schon  früher  gegeben  worden.  Auf  der  Bodleianischen  Bibliothek 
in  Oxford  existirt  nämlich  in  zwei  Handschriften  ')  eine  arabische 
Uebersetzung  der  syro-hexaplarischen  Version  des  Pentateuch,  mit 


1)  Vgl.  Qött.  Gol.  Anz.  1870,  S.  1600  (jetzt  Sj-mmk-ta  S.  103),  uud 
Psalterium  juxta  Hebraeos  Hierouyrai  1874,  p.  XIV  u. 

2)  S.  467,  Note  zu  Jes.  1,  t. 

3)  Cod.  Laud.  A.  146  und  A.  147,  Uri  Catal.  cod.  II  und  III.  Grabe,  Pro- 
le^menft  zu  seiner  Septuaginta-Ansgabe  c.  3  §  5.  Paulus,  Speciinina  vorsionum 
Pentateuchi  Septem  Arabicarum  (Jenae  1789),  S.  70 — 80. 


Nestle,  Jakob  van  Edessa  über  den  Sehern  hammephorcueh  etc.    469 

einer  Vorrede  des  arabischen  üebersetzers  Hareth  ben  Senan  (vom 
Jahr  1486).  Ein  Theil  der  letztem  wurde  von  Aldrich  am  Ende 
seiner  Ausgabe  des  Aristeas  nach  einer  Uebersetzung  Pococke's, 
und  aus  Aldrich  von  Hody  in  dem  bekannten  Werk  De  Bibliorum 
text.  orig.  etc.  S.  622 — 5,  mitgetheilt,  die  ganze  Vorrede  d.  h. 
soviel  von  derselben  in  der  Oxforder  leider  verstümmelten  Hand- 
schrift vorhanden  ist,  wurde  von  White,  in  Letter  to  the  Bishop 
of  London  lateinisch  mitgetheilt  und  soll  nach  Angaben  von  Mai 
und  Ceriani  in  einer  Handschrift  des  Vatican  vollständig  existiren. 
Ein  Abschnitt  dieser  Vorrede  (bei  Hody  p.  624 — 5,  bei  White 
p.  22 — 23,  von  Ceriani,  Monumenta  II,  2  p.  107  abgedruckt  und 
besprochen)  handelt  eben  von  der  verschiedenen  Schreibung  des 
Gottesnamens  in  den  griechischen  und  syrischen  Handschriften: 
„Origenes,  sagt  dort  Hareth  ben  Senan,  in  margine  libri  in  areola 
isti  rei  destinata  characteres  apposuit  Hebraicos,  quibus  constat 
magnum  et  magnificum  illud  nomen  quod  apud  Hebraeos  Shem 
Hammephorash  audit.  Quia  scilicet  invenerat  Origenes  in  scriptura 
Hebraica  literas  Domini  nomen  continentes,  quae  sonare  videbantur 
Yeh  Yeh,  Vel  Yeh  Veh,  cum  Vaw  Hebraicum  Ye  referat,  vix  ullo 
inter  ea  apparente  discrimine,  uti  ex  adscriptis  videre  est:  ^  enim 
ita  pingunt,  eodemque  fere  modo  i,  ita  ut  tota  fere  discrepantia 
a  prolatione  petenda  sit  .  .  .  .  Judaei  illo  quod  sonare  videntur 
literae  istae  inter  se  compositae,  relicto,  nomen  Adonai  substituunt 
(=  Dominus).  .  .  .  Hinc  factum,  ut  Interpretum  .  .  .  alii  ...  in 
textu  Dominum  posuerint,  in  margine  vero  literas  adscripserint, 
quales  apud  Hebraeos  pinguntur  illarum  formae.  Quod  magno 
apud  Graecos  errori  ortum  dedit,  qui  adeo  altas  inter  eos  radices 
egit,  ut  etiam  ad  Syros  propagatus  fuerit.*  Folgt  eine  ganz  richtige 
nähere  Erklärung  der  Entstehung  von  111111.  „Cumque  postea 
librorum  istorum  versionem  e  liiigua  Graeca  in  Syriacam  aggrede- 
rentur  Syri,  transtulerunt  literas  istas,  decepti  errore  qui  primo  e 
lingua  Hebraica  fluxerat,  et  in  libris  suis  ad  marginem  adscripserunt 
Fi  Fi,  nota  ei  numeri  LXXH  imposita,  oß\  Ain  et  Be  scilicet. 
Atque  haec  origo  fuit  erroris  qui  Fi  Fi  in  libros  sacros  invexit. 
Sublatus  est  deinde  a  nonnullis  in  multis  exemplaribus  iste  error, 
ita  ut  ab  aliquibus  scriberetur  Fi  Fi,  ab  aliis  Yehovah,  cum  tamen 
de  hoc  inter  omnes  conveniat,  denotari  isto,  Yehovah.  Si  ideo 
reperias  scriptum  Yehovah  aut  Yeh  Yeh,  vel  characteres  additos 
Hebraicos;  scias  ita  in  textu  Hebraico  haberi,  licet  in  ejus  versione 
dissenserint  Interpretes." 

Durch  die  Freundlichkeit  von  Ad.  Neubauer  bin  ich  nachträg- 
lich in  den  Stand  gesetzt  worden,  das  hierhergehörige  Stück 
arabisch  hier  einzufügen.  Arabisch  verstehende  Leser  werden 
das  Original,  das  hier  meines  Wissens  zum  ersten  Mal  ge- 
druckt erscheint,  gerne  mit  der  vorhergehenden  Uebersetzung  ver- 
gleichen. 


470    N^^iUj  Jakob  von  Edeesa  Über  den  Sehern  hammephoratch  ete. 

Ms.  Land.  243,  fol.  9  b.     v-^LäXJI  oLä^  ^  Li^Li>  LäjJ  Jac>3 

^  Jc>5  ^'oJ'  H  ^  ^*  ^^r>  M-*Jt  vL^t  vJ  ^X>5 
iüJLoJb  LJI  äaAj  ^tjJt  ^y  »3  [sie]  iJ  ^1  Äj  Äj  iüt  «5J  c.^^-Jt  I j^ 
^  »ÄP^  ^LJI  ^  »ÄP  ^y  w5J  ^^«   U^  /rt  U^JLo  ö^^  y  ^^ 

5^  Jjü  Oä  ^^y>Ä*i\  Qöju  tX^y  V;-''  **Jj-^'  j*""*^:  l***^'  'i^ 
vJ5^  «Ä*  Jjü  ,*«-a*j,  [10  b]  yJ5  ^'  Ni^i«^'  »/'l^  ^^  ^^5 
öj-^  ^^  oLi>Jl  ^j  J*>5  U,  V^^l  U-^  vi  *^5  U^  ^ 
J^t  ^^  fä^  e^''r^^'  ö;^*^  ^--j5   [undeutUch]  LfU^  iüJLoüt 

'^*^'  ^H*"  ly^  (****^  *^*^  (*^  '■^^^  cr^^y*^  ^i;^'  »^ 
^j,^  . j^  ^^  Jc>5  w5J3  ^-jb-  ^Äxi-  «5J  j.yiJ  ül^  ^k-*^t  ^1 

^t  [f.  11]  ,.-H^t  .^bfü!  ^^  1^5  e?^!rf*^'  ^^  -?*i  r*^^^^  ur^* 
»j^  N_*_i*_j  X-Öb^  U^.s»  xjöLjJtSl  ^5~s=^l  i-,b^  !^^*^5  O*^^' 

JaUJi  ^  ÜAJb^l  v_jj_;^l  »J^  [sie,  1. 1^]   l^fti  j,lH;-Jt  ^_<j.Jl 


Nestle,  Jakob  von  Edeasa  über  den  Sehern  kammephoraseh  etc.    471 


t j^3  v^  y>.  o^^*^^'^  a^^'  "^^^  *x-/>^i-fi  L^  ly'^^^  v_^ 

iJ^I  v^Ä)Üt  ^^t  ^^as  ^I  Jc>o  aJdUj  ^^JJI  LLu^t  u.;.A^  ^jS 
,,^,uJii\  nOs^  ö.Aii'  ;5^.**o  j  ^^  ^^^  ,,j5Li3  Juu  LLÜ  tJ^  ^^L^l^ 
vJUj!  Juj  iJl  J.C  83  Äj  ikAÄ^  ^  ^.^3  [sie]  ^^^A^  xy:^  ^  ^».^^ 

^3r^  ^'  NJ  ^j  ^1  »3  ^  ^^^^^>^>5  o'  a^-5  *^^  ^^-^^  o'  r^*i^>-> 

Ich  gestfihe,  dass  meine  Kenntniss  des  Arabischen  nicht  hinreicht,   um  das 
Stück  in  allen  Einzelheiten  sicher  zu  erklären.     Auch  Prof.  Nöldeke  erklärt  die 

beiden  Wörter  zu  Anfang  oÜm  und  Ux^lÄXil    jLd^     die  bei  Ceriani  mit  margo 

libri  und   aroola  übersetzt  sind,  nicht  zu  kennen. 

Der   unterschied    zwischen    der   beiderseitigen   Auffassung  ist 

deutlich:  Middeldorpf  betrachtet  CH«CH«  als  das  Resultat  eines  Irr- 

thums  (inscius  librarius),  Hareth  ben  Senan  sieht  darin  die  Tilgung 
eines  solchen  (sublatus  est  eiTor).  Letzterer  hat  Recht,  aber  wo- 
her kommt  ihm  diese  Erkenntniss?  Ohne  Zweifel  aus  dem  hier 
mitgetheilten  Scholion  Jakob's  von  Edessa;  das  werden  wir  sehen, 

wenn  wir  zuerst  noch  kurz  angezeigt  haben,  was  seither  über  ^^o^^o> 

und  o^CH«  bekannt  gemacht  wurde. 

IV. 

Im  Jahr  1828  theilte  Wiseman  in  den  Horae  Syriacae  (p.  25) 
eine  kurze  hierhergehörige  Notiz  aus  Bar-Hebraeus  (zu  Ex.  3, 14) 
mit;  aber  erst  Bernstein  hat  in  seinen  syrischen  Studien  im 
rV.  Bande  dieser  Zeitschrift,  wo  er  Middeldorpf  s  Ausgabe  bespricht, 
aus  den  Scholien  desselben  Bar-Hebraeus  (zu  Ps.  8,  2)  noch  lehr- 
reicheren Aufschluss  gegeben.  Indem  wir  für  den  syrischen  Text 
auf  S.  199  des  angeführten  Bandes  oder  auf  Sclu-öters  Ausgabe 
der  Scholien  des  Bar-Hebraeus  zu  diesem  Psalm  (Breslau  1857, 
p.  24 ff.)  verweisen,  glauben  wir  zur  leichteren  Vergleichung  mit 
den  Angaben  des  Hareth  ben  Senan  und  denen  des  folgenden 
Scholions  Bemstein's  Uebersetzung  ganz  geben  zu  müssen. 

„Die    Hebräer    nennen    den    glorreichen    Namen    Gottes    )ajL 

.jtovÄ     welcher   ist  tT^rr»  (mü"'),   und  wagen  nicht  ihn  mit  ihren 

Lippen  auszusprechen,  sondern  statt  dessen  lesen  und  sprechen  sie 
zu  denen,  welche  zuhören,  "»iifi«.     Da  aber  die  70  Dolmetscher  die 

'  T        -' 

Hebrtlische  Bezeichnung  beliessen,  wie  sie  ist,  so  sind  die  Griechen 
in  einen  Inihum  gerathen  und  haben  geglaubt,  diese  beiden  Buch- 
staben seien  Griechische,  und  sie  von  der  Linken  zur  Rechten  ge- 


472    ^€§Ue^  Jakob  wm  Edusa  über  den  Sehern  hammephoraadi  etc. 

lesen.  Und  es  ist  der  Name  lUFll  zusammengesetzt  (gebildet) 
und  so  ?i*?T<  (nirr^),  welches  das  ewige  Wesen  bezeichnet,  in  IIIIII 
verwandelt  worden,  das  gar  keinen  Sinn  hat.  Jod  der  Hebräer 
nämlich  ist  ebenso  wie  das  Jod  (Jota)  der  Griechen,  und  He  der 
Hebräer  hat  die  Form  eines  griechischen  Pi  (/7).  Und  darum  ist 
in    den   syrischen   Exemplaren    der   LXX    überall,    wo    der   Name 

J^;2D  (d.  h.  wo  J*;»  för  xv^og  =  m!T^)  steht,  ^^o^^o>  über  den^ 

selben  geschrieben*. 

Dazu  macht  Bernstein  noch  folgende  Bemerkung :  „«jtOV^  )QJt 

ist  s.  V.  a.  d.  Rabb.  ai'^'cTpri  t3^,  Sehern  hammephorasch ,  worüber 
vgl.  Buxtorfs  Lexic.  Ch.'talm.  Rabb.  S.  2431  ff.    B.B.,   in  dessen 

Lexicon  o^o^,  0^0^  ^^^^  Ojlojl   geschrieben   vorgefunden   wird, 

bemerkt  CH«CH«  *jlOV&  )Ojl  Oi  «jlOI^.       «jlOV^   ist  einer   welcher 

absondert,  unterscheidet,  also  «jtOV^  )öJt  ein  unterscheidender,  ab- 
sondernder,   besonderer   Name.      Dafür   setzt   B.  B.    nachher   |2Qjt 

1^.4^   nomen  separatum,    secretum  und  erklärt  dies  durch   )(-J^ 

secretum,  occultum*. 

Schröter  (a.  a,  0.,   Anm.  10)   hat   die    angeführte   Erklärung 

des  Bar-Bahlul  vollständig  gegeben,  «jto;d  )ajL  dabei  durch  nomen 

distinctum,  singulare  übertragend;  dieselbe  enthält  eine  neue  Notiz: 
nämlich  die  Angabe  ani  Schlüsse,  dass  nach  einigen  Symmachus 
diesen  lö^DTan  Du  geändert,    und  statt  dessen  \^*^  und  ^,y€%  d.  i. 

xvgiog  und  xvgiog  fiov  ("»sn»  und  -p»)  gesetzt  habe,  so  dass  man 
z.  B.  die  Stelle  Ps.  110,  i 'lese:  V'-"'=i*=i^  "P"'"^«  5^"'^''  ^i^:. 

Abraham  Geiger  endlich  macht  dazu  die  Bemerkimg:  „Wenn 
die  Syrer  das  IDI^D  DO  aufgenommen  haben  (Bar-Hebr.  zu  Ps.  8,  2) 
und  B.  B.  KC^nc  KötD  mit  KT'^ra  erklärt  (Bernstein,  Zeitschrift 
IV,  199),  so  geben  sie  diese  Erklärung  nach  ihrer  Auffassung; 
dies  darf  aber  nicht  für  die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Wortes 
bei  den  Juden  genommen  werden"  M. 

Wir  werden  bald  sehen,  dass  diese  Bemerkung  Geigers  nicht 
richtig  ist;  beide,  Bar-Hebraeus  und  Bar-Bahlul  geben  gerade  die 
jüdische  Tradition  wieder,  beide  aber  nicht  direct,  sondern  sie 
haben  dieselbe  von  Jakob  von  Edessa  überkommen.  Was  nuui 
früher  noch  nicht  so  wissen  konnte,  was  sich  aber  mehr  und  mehr 
herausstellt,  dass  in  exegetischen,  grammaticalischen  und  lexicalischen 
Fragen  Bar-Hebraeus,  Bar- Ali  und  Bar-Bahlul  überaus  häufig  dem 
Jakob  von  Edessa  folgen,  trifft  auch  in  diesem  Falle  zu:  das  hier 
mitgetheilte  Scholion  desselben  ist  die  Quelle,  aus  der  sie  alle 
geschöpft  haben,  und  es  braucht  kaum  ausdrücklich  hervorgehoben 
zu  werden,  wie  dadurch  ihre  Angaben  an  Alter   und   in  gleichem 


1)  Urschrift  S.  264,  Anm. 


JNeatle,  Jakob  von  Edestta  über  tien  Sehern  hatnmephorcuch  etc.    473 

Grade  an  Autorität  gewinnen,  weiter  wie  interessant  es  ist,  die 
lexicalische  Tradition  in  einem  solchen  einzelnen  Fall  verfolgen  und 
controliren  zu  können. 

Kommen  wir  unserem  Scholion,  zunächst  der  Handschrift,  in 
der  es  erhalten  ist,  näher;  sie  verdient  wohl  eine  etwas  genauere 
Beschreibung. 

V. 

Eine  der  stattlichsten  syrischen  Handschriften  in  der  reichen 
Sammlung  des  Britischen  Museums  ist  die  Add.  12,159  bezeichnete, 
auf  313  (erhaltenen)  Blättern  des  grössten  Formats  ^),  die  125 
jioyoi  ini&govioi  oder  iv&goviarixol  des  berühmten  Patriarchen 
Severus  von  Antiochien  (A.D.  512 — 518)  enthaltend,  welche  im 
Jahr  1012  (A.  D.  701)  durch  Jakob  von  Edessa  aus  dem  Griechischen 
ins  Syrische  übersetzt  wurden,  nachdem  schon  zuvor  durch  Paul 
von  Kallinikos  eine  uns  theilweise  auch  noch  im  Britischen  Museum 
erhaltene  Uebersetzung  derselben  veranstaltet  worden  war.  Da  das 
griechische  Original  dieser  Predigten  fast  ganz  verloren  ist,  hat 
diese  Handschrift  für  den  Kirchen-  und  Dogmenhistoriker  nicht 
geringe  Bedeutung,  für  uns  aber  vor  allem  aus  dem  Grunde  Werth, 
dass  der  Rand  der  Blätter  eine  Masse  Bemerkungen  des  verschieden- 
artigsten Inhalts  bietet,  geographische,  geschichtliche,  archäologische, 
vor  allem  aber  sprachliche,  Erklärungen  griechischer  und  hebräischer 
Worte,  Rechtfertigungen  der  syrischen  Uebersetzung  gewisser  Aus- 
diücke  u.  s.  w.  Jakob  zeigt  sich  uns  hier  (denn  von  ihm  als 
üebersetzer  rühren  sie  alle  her),  wie  WrigW;  ihn  einmal  charakterisirt 
hat,  als  2)  „a  man  of  marvellous  leaming  for  his  age :  an  avrig 
TQiykwTTog,  who  was  equally  conversant  with  Syriac,  Greek  and 
Hebrew,  equally  at  home  in  his  native  literature,  in  the  Septuagint 
and  in  the  Traditions  of  the  Jews":  mit  einem  Wort,  er  tritt  hier 
vor  uns  als  der  syrische  Hieronymus,  nur  dass  er  in  seiner  Gelehr- 
samkeit etwas  solider  ist,  als  dieser  abendländische  Kirchenlehrer, 
mit  dem  er  im  übrigen  am  meisten  Aehnlichkeit  hat  *).     Noch  aus 

1)  S.  Wright,  Catalogue  p.  524.  Unter  den  mehr  als  1000  in  Wrights 
Catalog  beschriebenen  Nummern  sind  kaum  zehn,  die  Papierhandschriften  und 
Aie  für  den  kirchlichen  Gebrauch  bestimmten  und  darum  in  der  Regel  stattlichen 
Handschriften  eingeschlossen,  deren  Format  das  der  vorliegenden  Handschrift 
überragt. 

2)  Journal  f.  Sacrod  Literature,  Jan.  18&7,  4th  Ser.  p.  430. 

3)  Dass  Hieronymus  bedeutender  und  gelehrter  war  und  Hebräisch  viel 
besser  vorstanden  hat  als  Jakob,  soll  damit  nicht  bestritten  werden;  aber  viel 
sorgfältiger  ist  Jakob,  nicht  flüchtig  wie  jener,  im  Gegentheil  pedantisch  correct. 
Professor  Nöldeke,  dem  ich  die  vorliegende  Arbeit  zur  Durchsicht  vorgelegt  und 
dessen  werthvolle  Anmerkungen  und  Beiträge  ich  an  den  betreffenden  Stellen 
mittheilo,  bemerkt  zur  Charakteristik  beider:  „Weltklug  waren  beide,  etwas  ehr- 
licher wohl  Jakob;  wie  klug  er  war,  sieht  man  am  besten  aus  dem  Stück  bei 
Lagarde,  rcliquiae  juris  ant.  117  ff.  Für  seine  Zeit  war  er  sehr  gelehrt;  Griechisch 
kannte  er  sehr  gut,  Syrisch  desgleichen,  aber  seine  hebräische  Kenntniss  ist  sehr, 
sehr    fadenscheinig    und    reicht   nicht   entfernt   an    die    des   überhaupt  viel    be« 


474    Nestle,  Jakob  von  Edessa  über  den  Sehern  hammephoraech  etc. 

einem  besondem  Grund  ist  aber  das  erwiihnte  Manuscript  von 
grosser  Bedeutung :  darum  nämlich  weil  die  Originalhandschrift  des 
Werkes  von  Jakob  mit  der  gross ten  Sorgfalt  hergestellt  wurde, 
um  als  Grundlage  für  die  von  ihm  erstreltte  Reform  der  syrischen 
Rechtschreibung  und  Handschriftenherstellung  zu  dienen.  Wir 
lernen  dies  aus  seinem  Brief  an  den  Bischof  Georg  von  Sarug  De 
orthographia  Syriaca,  und  wir  können  es  nicht  unterlassen,  die 
hiehergehörige  Stelle  am  Schlüsse  des  Briefs  im  syrischen  Original 
yriederzugeben ,  indem  wir  auf  Abb6  Martin's  lateinische  imd  Dr. 
Phillips*  englische  Uebersetzung  desselben  verweisen  ').  Wir  nehmen 
den  Text  aus  dem  von  Phillips  für  seine  Ausgabe  nicht  benützten 
Manuscript  Add.  17,134  (fol.  83  b),  das  als  muthmassliches  Auto- 
gi'aph  Jakob's  sicherlich  von  dem  allergrössten  Interesse  ist  -). 


douteuderen  Hicrouymus.  Er  hatte  sich  bei  Juden  nach  diesem  und  jenem  er- 
kundigt —  vgl.  die  von  Wright  cdirten  Briefe  —  voilä  tont.  Ilieronymus  aber 
hatte  von  seinen  Juden  wirklich  Hebräisch  gelernt,  wenn  natürlich  auch  nicht 
gerade  aus  dem  Finidament.  Ilieronymus  konnte  leichtere  Stellen  des  Gnmd- 
textes   sicher   ohne   Hilfe   verstehen,  Jakob    gewiss   nicht;    das    zeigt  am  besten 

vorliegendes  Stück*,  er  denkt  ja,  es  heisse  ST^Sl"^  statt  mn^  und  D3?3    ()OQlXJ, 

NKfypyf  s.  unten)  statt  DÄ-".  —  Man  vergleiche  auch  noch  die  Cliaraktcristik 
des  Mannes,  die  Wright,  in  der  Vorrede  zum  Catalog  der  syr.  Hdss.  p.  XXII 
gibt,  insbes.  die  Note  f.  Michael  der  Grosso,  Patriarch  von  Autiochien,  lässt 
Jakob  eine  Zeit  laug  zum  Judentluim  übertreten  „supposant  quo  les  Juifs,  {)ar 
Jalousie,  n'avaient  pas  voulu  communi(jucr  tous  leurs  livres  aux  paieus";  s.  Ljing- 
lois'  französische  Uebersetzung  von  Michaels  armenischer  Chronik.  Venise  1868 
p.  20.     Eine  eingehendere  C-karakteristik  und  Würdigtmg  des  Mannes  fehlt  noch. 

1)  Martin,  Jacobi  Edesseni  Epistola  etc.  (Paris  1869)  p.  XI f.  In  Phillips' 
Aasgabe  desselben  Briefes  (London  1869),  p.  11  f;  syrischer  Text  p.  ,^^  f. 

2)  Für  die  Beschreibung  dieses  im  Jahr  675  geschriebenen  Manuscripts, 
das  in  der  Hauptsache  die  von  Jbkob  in  demselben  Jahr  revidirte  Uebersetzung 
der  Hymnen  des  Patriarchen  Severus  enthält,  siehe  Wright's  C'atalogue  (I)  p.  330 
■^339,  wo  S.  338  f.  sechs  Gründe  zusammengestellt  sind  „for  supposing  that  tliLs 
manuscript  is  an  autograph  of  the  famous  Jakob  Bishop  of  Kdossa";  weiter  in 
Vol.  III,  die  Tafeln  V  und  VI,  und  über  diese  Preface  p.  XXX.  Schon  im  ersten 
Band  des  Catalogs  S.  337  hatte  Wrigt  erkannt,  dass  Foll.  «3  u.  84  (auf  denen 
eben  das  hier  mitgetheilto  Stück  aus  dem  Brief  Jakobs  erhalten  ist)  „may  per- 
haps  have  been  writteu  by  a  different  band",  und  da  aus  As.semani,  Bihl.  <  >r.  I, 
494  und  570  hervorzugehen  scheint ,  dass  die  in  dem  Brief  erwähnte  Ueber- 
setzung der  Homilien  des  Severus  von  Jakob  erst  im  Jahr  701  angefertigt  wurde, 
so  ist  klar,  dass  diese  zwei  Blätter  nicht  schon,  mit  dem  Best  des  Mainiscripts, 
im  Jahr  675  geschrieben  sein  können,  sondern  mit  Wright  (Preface)  «lern  An- 
fang des  VUI.  Jahrhunderts  zugeschrieben  werden  müssen.  Weiter  aber  dürtlo  ein- 
leuchten, dass  dieser  Unterschied  der  Zeit,  ein  volles  Vierteljahrhundert,  eine  etwaige 
Verschiedenheit  der  Schriftzüge  vollständig  erklärt,  ebenso  endlieh,  dnss  derselbe 
die  Annahme,  wir  haben  hier  das  Autograph  Jakob's  vor  uns,  nur  um  so  wahr- 
scheinlicher macht.  Denn  dass  zwei,  ihrem  Inhalt  nach  nicht  zusjunmcngohörige, 
der  Zeit  ihrer  Abfasjiung  nach  durch  ein  Vierteljahrhundert  getrennte,  aber  beide 
zur  Lebenszeit  ihres  gemeinsamen  Verfassers  und  in  überaus  ähnlichen  Charakteren 
geschriebene  Stücke  in  einem  Bande  sich  finden,  begreift  sich  wenigstens  bei 
obiger  Annahme  am  leichtesten.  W^as  Abb^  Martin  dagegen  eing<;wondet  hat. 
erscheint   mir   nicht  zwingend,   und   man   wird  mir  das  Geständniss  nicht  misü- 


Nestle,  Jakob  von  Etiessa  über  den  Schein  hammephoraach  etc,    475 

>^op2o  ^  ÖM2D  >9;t^L  Jilo  •  ^chA^Ji  ^i  öp^  [^^^-  ^^  ^]  >^/ 
•  Q2Q«fiDlL/    c^-^"^-?   >^Ö^O    ^,20>^0P?    Ko^   ^öjS^    |^oK3 

)oAo  ...^büopo  CH>\o^j^  >^lo^jJ  |i/  j]p>9>Y»  ^ifcoo  .^loX; 
•m\  0009  JxD^/  |:^o^o  069  &^|^  >^/  )QOD  |1;  iVo^ai  ^p^  3/ 

0 

deuten,  iLiss  ich  in  der  ITeberzeiigung  in  Add.  MS.  17, 13"^»  wenn  nicht  das 
Autojp-aph ,  s»)  doch  das  Handexemplar  Jakob's  von  Edessa  vor  mir  zu  haben, 
dasselbe  mit  besonderem  Uespecte  benutzte.  Vj(l.  auch,  was  Schröter  .ganz 
neuorlicli  in  dieser  Zeitschrift  (XXXI,  400  f.)  über  den  Inhalt  und  die  Beschaffen- 
heit dieses  MS.  nach  Wright's  Angaben  mitgetheilt  hat.  Prof.  Nöldeke  bemerkt 
dazu :  „Ich  habe  dies  Msc.  attch  »ehr  genau  untersucht  und  bin  schliesslich  über 
die  Annahme,  d.-Lss  es  djvs  Autograph  des  Jacob  —  resp.  »eines  Schreibers  — 
doch  wieder  sehr  b(Mlenklieh  geworden.  Ich  komme  vielleicht  später  einmal 
auf  diese  Sache  zurück". 


476    J^^9^t  Jakob  von  Edessa  über  den  Sehern  hammephoraseh  ete. 

Ueber  die  Bedeutung  des  hier  öfters  wiederkehrenden  Yerbums 
)QAfiD   hat   Abbe   Martin   eine   Anmerkung,   die   wir  wiedergeben 

wollen:  ^Yerbum  )Q^kfiD  compedivit,  constrinxit  designare  videtor: 

1®  Signum  annotationis,  quod  lectorem  ad  libri  marginem  vel  calcem 
remandat.  2^  annotationem  ipsam,  quae,  quum  claudatur,  generatim 
linea  rubra  in  codicibus  Jacobi  Edesseni,  propriam  significationem 
verbi  )Q^kfiD  requirit     An  Assemanus  ita  intellexerit,  dubito  (B.  0. 

T.  I,  p.  478).  Saltem  quid  indicare  velit,  dum,  hunc  locum  Jacobi 
allegando  loquitur  de  punctis  colligatis,  non  intelligo*.  —  Die  Be- 
deutung desselben  Wortes  bespricht  Martin  in  seiner  Abhandlung 
Jacques  d'Edesse  et  les  Voyelles  syriennes  (Journal  asiaiique, 
VI.  S6r.,  T.  Xm  (1869)  p.  469).  Mir  scheint  kein  Zweifel  zu  sein, 
dass  Assemani  mit  seinem  «colligata  vocat  puncta,  queis  circulunoi 
diacriticum  calamo  apposueraf ,  ganz  dasselbe  meint,  wie  Martin, 
nlbnlich   des   mots  .  .  .  sur  lesquells   il  mettait  le  signe    (=^    pour 

indiquer  une  note  renvoyee  ä  la  marge  du  manuscrit  Dass  Martin 
Recht  hat,    an   der   a.    a.    0.   S.  470,   n.  1   bemerkten   Stelle    der 

vaticanischen  Hds.  )Q^kfiD  zu  lesen,  und  nicht  )QCD,  wie  Assemani, 

und  wie  Phillips  aus  Add.  12,178  aufgenommen,  beweist  die  Les- 
art in  17,134.  Prof.  N.  macht  mich  noch  auf  die  Stelle  Bar  Hebr. 
Gramm.  I,  p.  244  1.  3  aufinerksam,  wo  gesagt  ist,  dass  gewisse 
Worte  im  Singularis  ohne  Punkte  geschrieben,  im  Pluralis  mit 
Punkten  bezeichnet  werden  Mi20lfc^XX120 ;  vgl.  weiter  ibid.  248,  i£».  si, 

249, .''.. 

Das  Citat  aus  Jakob's  Brief  zeigt  uns,  welch  grosse  Sorgfalt 
er  auf  die  Herste^ung  des  ersten  Exemplars  dieser  Aoyoi  int^- 
ö'^oviOi  verwendet  hat;  und  glücklicherweise  nicht  vergebens, 
denn  in  unserer  Hds.  12,159  sind  alle  die  Fehler  vermieden,  die 
er  nach  der  angeführten  Stelle  von  den  Schreibern  vermieden 
wissen  wollte :  die  Verweisungszeichen  im  Text  und  auf  dem  Rande 
(fast  ^dieselben,  wie  die  in  den  griechischen  und  syrischen  Hexapla- 
Hdss.  gebrauchten),  sind  sehr  sorgf&ltig  gesetzt;  was  er  im  Text 
und  was  er  statt  dessen  auf  den  Rand  geschrieben,  wie  endlich 
die    längeren    erläuternden    Anmerkungen    (^)o   ^20aA0D1    ^Sk.09 

jVOfQJ   ^/   ^6Lo    ^OO^^aSI^mJ  ^^09)     wohl   auseinandergehalten 

und  an  die  passende  Stelle  gesetzt,  überhaupt  ist  die  ganze  Hand- 
schrift in  vieler  Beziehung  eine  MusterhandschrifL 

VI. 

Das  Scholion,  dem  wir  hiermit  endlich  näher  treten,  steht  in 
der  Handschrift  am  Schlüsse  der  123.  Homilie,  die  fol.  291a  mit 


der  Aufschrift  beginnt:  «^^^^  ))q\2DO  ^  )l^^?  jLOLUl't^o;  )v^|^ 


NmÜs,  Jakob  von  EdesMO  über  den  Sdhem  hammeiphoraBch  etc.    411 

J^  ^ji;  wO)  jfcoü^DQ»  )la^^  o»umt  o^xut  ^ju/  3|; 

Wir  wollen  den  Leser  nicht  mit  den  interessanten  philo- 
logischen Bemerkungen  aufhalten,  die  Jakob  zum  zweiten  Wort 
dieser  Ueberschrift,  wie  zur  21.  und  70,  Homilie  (fol.  23  a.  138  b), 
die  ebenfalls  an  die  Katechumenen  gerichtete  Paränesen  sind,  über 
die  Etymologie  und  Bedeutung  von  xarij^V^^  iind  nagaiveatg 
macht,  und  über  die  Schwierigkeiten  dieselben  syrisch  genau 
wiederzugeben.  Auch  über  den  Inhalt  der  Predigt  kennen  wir 
kurz  sein:  dieselbe  ist  zum  grössten  Theil  eine  dogmatisirende  Er- 
klärung von  Psalm  110  (109),  i:  Der  Herr  hat  gesagt  zu  meinem 
Herrn    (xvQi.og    trp   xvQicp   fiov)    und    von    v.    3    nach   LXX:    ix 

yccoTQog  ngb  icoacpogov  kyivvtjffd  aa:  CiOQO^)Ot-0  )  g^;  ^  X^ 
^L^  )o|k,^Cü ,  wobei  der  genaue  Jakob  zu  Jo^^Cü    '^»^^^  ^)  stets 

die    wörtliche   Uebersetzung    auf   den   Band  schreibt  jiOfCü  x^L ' 

Den  Anlass  zu  seinem  langen  Scholion  bietet  ihm  folgende  Aus- 
einandersetzung  des  Severus  über  die  doppelte  Bedeutung  des  in 

Ps.  1 10,1  zweimal  gebrauchten  Ausdrucks  xvQiog:  JiD.*)o  [293  a.  col.2] 

UpJ  l^ol  Vs^  ^o>  ^)?  '.  At^  ^/  ijalSkjo  yJil  %  ^oi 

%K^/  laui^o  )*;CU20  jk^^  jo^iojt  l^v^^  UmS^  4O  %l«?oo^ 
^);  :0^1^Ljüd  ^09  ^  |iv^/  }o^  M^Jo  «Jo^/  "^  ^V^? 
n'^rr»   ?  oojo  [in  marg.   EIAilElM^    )o-»ojoAJj  oof    •.^ja-./ 

^)j  ^O^  [in  marg.  /iJSiNAI]  :müo;);  o6|0  [in  marg.  Oj-Oj-] 
)l)x,^]D    )&l3o^    >^Ogu^.    ^    ^O)    :QOJkd;   >^69    &^).S1«^ 

1)    jO^SixCü,    icaatpo^os  Hexpl.   Jes.    14,12.      Item  Isaac   Antioch.  I,  158 

V.  1735.  Novaria  321.  Ferner  Berosch.  r.  c.  10  rt:i')3  {^y^  ^®>  Birüni  ed. 
Sachau  S.  üt*).  Nöld. 


478    N^tle^  Jakob  von  Edeasa  über  den  Sehern  hammephoraach  eie. 


^,JOj)i  [in  marg.  o^o^]  n->n->  *^/  -'W^  «O  \,,^s  OOf  .^.^mJLU 
Iiajojiud  ^o%J^/  Vs^^o»   JLqISüu-j  Uvol^  t4»  ^j  Qioj 

D.  li.  „Damit  nun  niemand  glaube,  dass  liier  (Ps.  110,  i)  von 
zwei  nur  entlehnter  Weise  ^)  sogenannten  Herren  die  Rede  sei, 
zwei  Königen  etwa  —  derartige  lügnerische  und  falsche  Er- 
klärungen *) ,  die  sich  auch  nirgendsher  beweisen  lassen,  ersimien 
und  fabriciren  die  Juden  —  sage  ich :  Es  gibt  in  der  hebräischen 
Sprache  viele  ausgezeichnete  und  besondere  Namen,  die  für  Gott 
vorbehalten  sind  und   mit  denen  gar  nichts  anderes  benannt  wird, 

z.  B.   a-Tib«   {EIAilElM),   t\^t\^   (oj-oj-),   '^:')ix   {AJilNAl). 

Diese  haben  denrf  auch  die  Uebersetzer  sorgfältig  und  absicht- 
lich an  vielen  Stellen  unübersetzt  gelassen,  um  damit  die  Eigen- 
thümlichkeit  *)  und  Unübertragbarkeit  dieser  Namen  auszudrücken. 
Und    so    braucht    sie    der  Prophet    und  Psalmist   auch    an    dieser 

Stelle:  Es  sagt  rr«"-  (CH*CH*)  zn  "»inN  d.h.:  Der  Herr  zum  Herrn 

der  Heerschaaren ;  denn  das  ist  die  (appellative)  Bedeutung  dieser 
Namen". 

Zur  letzteren,  ziemlich  zweifelhaften  Behauptung  macht  schon 
Jakob  folgende  corrigirende  Aimierkung: 


40  :JIqA^  0/  )Lq\^;  wO)oM?  Lo)d.}  I20A*  06)  *.Jl|.s^9D 
^j  jjoj  ^j  ^  ^i  ..*)  jlo^Ä-j  1^;»  ^j  oioj  Lolzi^  ^01/  ^VD^ 


1)  adtle  1 .  Nöld. 

2)  Gaiiz  genau  wäre  „dem  Ausdruck  (j^-'^nr  ,   X(*'j*'*^)  i^&cli",  S4)  do^s  das 

Ganze  auf  uiuter  „nur  sogenannte  Herren"  herauskommt.  Nöld. 

3;    Besser  wohl   „Kedoreien*' ;   ob   er   auf  die  technischen  Ausdrücke  K^D , 
Nn-«:n73  aiLspiolt?  Nöld. 

4)    lieber  das  Wort  jLOUlJk^l    propriotas   und   jl^wuk^l   vergloieho  tlakob's 

IJriof  de  orthographia,  worin  er  sagt,  dass  dasselbe  erst  etwa   100  Jahre  vor  ilim 
in  Uebraui'Ii   gekommen    sei;   die   alten  Syrer,  Kphraem,  Jakob,  Isaak,  Xenajas 

hätten  dafür  \f^  -f-n-  -    gebraucht.      Bei    letzterem    hat   übrigens  si'hon  Assemaiii 
(I,  479^  ]bwok^5  nachgowie.sen. 

5;  Die  C-onstructiun  unklar;  fehlt  ein  Wort?  Nöld. 


Nestle,  Jakob  von  Ekleeaa  über  den  Sehern  hammephoroMk  etc.    479 


•  oof  opQCD  jlo^^x«*;  p^  •JLq2^:ü^;  op^  joof  bA  ^/   «.f^oti 


•  MWWta 


|jü*t2^;  ^vohj  X^J  JjuVq^xxl^o  |«;oo^  Lo^^  «o  joIji  Jim«/ 
>.>wYi*  ^  ^  <^b  .«j:^/  )o^/  0^0^  ^  o^  '♦^Jb^ao;  009  .«Lol:^. 

,Weil    an    vielen  Stellen  der  Schrift  "^an«  d.  i.  |«;20,  xvgtog 

mit  n^M3^  d.  i.  (STQaTBiiov  oder  SvpdfiBtop  verbunden  ist,  so  dass 
man  sagt  nifi^n^  kmh  d.  i.  xvQt.og  twp  Swauttav,  und  weil  nach 
Severus  dieser  Name  für  Gott  speciell  0  gebraucht,  und  wenn  auf 
Menschen  angewandt,  nur  in  entlehnter  ^)  und  uneigentlicher  Weise 
{äxvQux^)  gebraucht  wird  und  er  zu  den  unübertragbaren  Namen 
gehört,  setzt  er  überall,  wo  er  dieses  Wort  David's  citirt,  xvQiog 
rdiv  dvvufii(OP y  obwohl  es  nicht  in  demselben  steht  und  sagt: 
,Es  spricht  der  Herr  zum  Herrn  der  Heerschaaren:  setze  dich  zu 
meiner  Rechten*  zur  Beschämung  der  Juden  und  Nestorianer,  die 
es  zu  einem  (blossen)  Menschen  gesprochen  sein  lassen,  damit 
beweisend,  dass  Christus  wahrer  Gott  und  Herr  der  Heerschaaren 
d.  i.  niNass  "^311«  ist;  er,  zu  dem  von  n^rr,  Gott  dem  Vater  gesagt 
wird:  Setze  dich  zu  meiner  Rechten*. 

Sehen  wir  schon  hier,  dass  Jakob  des  Hebräischen  wenigstens 
einigermassen  kundig  war,  so  noch  mehr  im  Text  des  Scholion 
selbst,  das  durch  folgenden  Passus  der  Predigt  veranlasst  ist 

l^o«  Jui\;  009  lAJto^  La\;^/  •,^;  ^09  [f.  293  b.  col.  2] 

|uW  lU^P^J  UO  V^  ^i  :JI  ^J  ^)o  .y^t  [f.  294a.  coli  1] 
.  ^VD)N^    )o^  "^  9QJ^10    .'.^Op^   |alQA2p  JU   )0)^DJL  ^ 


1)  Mv^iwSt  t,resp.  als  Eigenname,  kv^^ov  ovo/ta".  Nöld. 

2)  ]^)ibu*JLM  =  KaTajt^i70r«xa)» ,  fehlt   bei  P.  Smith,    c.  1401;  s. 
466,30.   476,19. 

Bd.  XXXn.  81 


480    •A/mU0,  Jakob  wm  Edesta  über  den  üchem  hammephoraeek  ete* 


«Soviel  gemäss  unserer  griechischen  Uebersetznng,  aber  auch 
nach  dem  hebräischen  Urtext  selber,  sowohl  tr^rr^  als  "»DiiK  ge- 
hören beide  zu  den  unübertragbaren  nur  von  Gott  gebrauchten 
Namen,  wesshalb  denn  auch  alle  die  Uebersetzer  beide  in  der 
gleichen  Weise  übersetzt  haben,  nlbnlich  tilnev  xvgiog  r^  xvgiqt  fiov*. 

Worüber  Jakob: 

lu^^  ^VO?  >^^}  ^*^^  %  J|Q\x>  pp/  l^o«  Jjj^;  lojtQ^  Lg^;  ^/ 
|9i\i>>cia,  W  y/  ^J^  JJ  %.^J^  |/»Y>\  U*<^  i^ij  xh  t^  *'l^^ 
)^V^^13  •  l^v»;  k^  |2QA.  oö)  Lg^  .«Upd;  069  J20jo  .•  J.«;:^^  JAji\a 

.•)^Kn^  p0fD  009;  ^  ^  .«J'^^LJo  wOfob^  oof}  J|Q^\x>  0);2d); 

«JS^  )oof  t  »  "^  \  i\^h  t-^  ^AcincY»  )o)  %JopQjt  ^Of  ..^o^VL 
3j; buito  •  jjt;0ü0 ^^^'Y^  }^^sxyj  \ J^v^^ik  Ic^;  I109  |2qa.;  oiK^^^ 

,'Gemäss  der  griechischen  üebersetzung*  sagt  der  Lehrer,  weil 
die  griechischen  Leser,  wenn  sie  xvgiog  Tip  xvgifp  sahen,  nicht 
wussten,  ob  im  Hebräischen  ein  Unterschied  zwischen  dem  ersten 
und  zweiten  xvgiog  ist.  Im  Hebräischen  steht  aber  nkht  beide- 
mal dasselbe  Wort,  sondern  das  erste  ist  rr^rr^,  welches  die  Ueber- 
setzer mit  seinen  hebiUischen  Charakteren  unübersetzt  gelassen 
haben ;  das  letztere  aber  ist  ^an«  d.  h.  Herr,  von  dem  der  Lehrer 
sagte,  dass  es  ausgezeichnet  sei,  insofern  als  es  in  der  Schrift  vor 
TÜv  Svvä^Bwv  gesetzt  werde  (Herr  der  Heerschaaren).  Damit  aber 
dieses  über  diese  zwei  Gottesnamen  deutlich  verstanden  werde, 
ist  ein  grosses  Scholion  von  mir  verfertigt  worden,  über  diesen 
in  der  h.  Schrift  stehenden  Namen  bei  den  Hebräern,  und  habe  ich 


NestU,  Jakob  von  EtUssa  über  den  Sehern  hammephoraech  etc.     481 

dafür  gesorgt,  dass  es  auch  ans  Ende  dieser  Predigt  im  vorliegen- 
den Werke  {ngayfiaxla)  geschrieben  und  gesetzt  werde.* 

Wir  lassen  nun  den  syrischen  Text  des  Scholions  folgen  und 
schliessen  daran  die  Uebersetzung  und  die  weiter  nothwendigen 
Bemerkungen  über  die  Bedeutung  desselben  an. 


La\;  |ju*^.do  )wcu2o  oof  j  vi  •.  ^*^^?  .p  Aor^cv»  [fol.  301  a] 


^Q^j^  ^0^wi  ^feoi  wOf  la\  ^bc'U^  Jj;\cim^  0/  Jt^2oo  0/ 
^\i>  ^  o^  .^ppabuRi  0/  .^^m  iN  I  y^  oof;  ^Jo  009;  ^^  ^^ 


•.^09  ^  A^j;J^  """^^  ^oLo  «pofD  )^fio;  JUboD 


31 


482     Negüe,  Jakob  von  Edetsa  über  den  Sehern  hammephoraadk  etc. 


Jv^^jt  JJ  i]sLSi  jir^po  )^oo  9i^jt/  |iOO)o  :)c!S^|o  ^psi^^U 
JLOmAHo  rjOLjo;  J20JO  l^lr:^  JJo  :|a|o}  J2ojo  Jvqj  Jcqjc^} 

M;^}  i^^iojt  JJ?  iüW    :)h1J  )  V  X^\    O/    :|aV  I'^X^  Mo   :Jh>L 

1  A  ..  Jv,>;  Yi\  )vJO;  0690  :  w09q\^  y^^aoLU  P^  V^^l  ^ 

\o^  009  )o^)J;  »«JLao  l^acDjJ  W  **l«p{^  j^b^n^  ^^^^020 
jUL^;  J20JO  wOfCuiai  .•jH«'  wO^ob^/  oofo  ^^  ^  oio  ^\d  ^ 

>^Of2S^  JJ\»!00  )  Y  •  \    ^   ^  ^  JJi^jO  0|\0  ^^  wOfOb^/  ]J^ 
^  ^   :)x.*0O  11}  )Lo^  )0^  )0^  )^.n\^  JJ/   :|jü/  Jo  bu^J 

JOJSS.  00  |i0^2D0   ,*.>,0>>Q>    *^|K0OO  \^VOi  OÖf  |2QA.  ^2^   )a.fiD 

••  }L)..i.,^OD  jLa«9^  JU  ^  ^^o^  ;'%NmY»o  .«Iao«^  JJ  II^s^Usd  ^ 

opDJb^jüD;  |*tXä«aD  )o^  JjQjto  .-wOfofcu/  )K«*«^^  )o«2D  JLo  Lv:^; 

•• 
^  *}iOf  ^}  wOfofcu/  •  |«v=2k^?  jci>N\o  )!ft^H^  La\  )o^  o^j^ 

.•jV^iVA  wOfoM?  )Or^  ^*^^  ^^  ^An-^  ^  ^;  )Qlto  ).3t; 

jN:OOp  )k^^  )«^p  jb^UoOO  .^J^  JOfO   :|j.^QO  JJi  jbAJo:^ 


Nestle,  Jakob  tfon  Edessa  üfßer  den  Schein  hammepharasdk  etc.    4g3 

^  IJS^bJo  ?;^I^?  .^OM»  .n^Nav»  b^lo^jkd  olS^o  :>5^baaQ!oo 

^jl  ♦O  :^0|SwO  |jLOf  ^  .^OMSD  W  M-O  IK^  l^p^J  :|?0|J 
•JLOA^}  ooi  Uoä^  l^b^  ^   [301  b]   oüs^  V>  0)*tA:iXi^  IV 

••  •  • 

V 

JLJ;  .-Jw^VA-o  )'t£u2o  oof  JxLA.  ^Q)N»o  .-iLoA^  L009  |jal)o  jbV 
91^^  tu/  JJ10  :|K^  JJ;  )^#^  ^09o  JUL;  oöf  "^  »P^r^x  Idi  ^ 
^j  ^/  .*-L/  |a-/  ^j  jK^Äj  |2uQ^  o/.^pf^  ^^  )042o  IxjooML 


484    'Nestle,  Jakob  tfon  Edessa  über  den  Sehern  hammepkcrasch  ete. 
'^7  ^^OMüdi    >^V>J0/  ioV  ^  }i2D  ^  I  ^>o  ^  %9Q^  buJlo 

^oo  ..^o^D  ^>. .na ?  )o^  jLoVoMaD  ^   ,Jxi\.\  |ip^  l^co«; 
^Yfc.mi  :|.üQo  ^  JaoA.  JUio.  |i09iboo  jJo  ijuj.^Jboo  JU  ^ofobc^); 

«*oo>  ^Qu*2Do  .-^ib^  JL»  ^*^Jbüi  joo>  .^nftX>  i«o^  l-^bcD  ^ 

5POJJJ  o6>  laoA.  Itejj   :;»]x^^y  W  joryt  JK^üc^äo  \t$!^f 

oo»  ^1  ^  ^loa^  »laoA.  JUio  )w;jk  o6>  ^^i  Jo^^  "^   :^  ^i 


Nestle,  Jakob  von  Edessa  über  den  Sehern  hcmimephortuch  etc.     485 

\^  JJ/  U^  U..^^  fc^yo  .>^y  |wö  Guoojy  ^  )w*ao  Vs^ 

•  jQA^^2Dy  ^vab/  jyo^  .,)a«o)Q2is.  ;2o)booy  U^p^  loüy  ^y  oof 
^i  «)^oy  jyozii  ^ofoW  oo^y  :i«;p^  ^6f  ^^  ^y  ^o  Jia#/ 

o>\  W  lly  'H»  Jyo,  ,^1^  II  >\oy  )v»  jo»ii^ '^  b-o  W 
^juaalcpy  ^y  |<üqdo  JopOLJk  ^^09^  JJ/  .pp«^  jj^yo^jo  ^xla. 


)LK^]d  Jb^v**Jo  .Ji\/m,y»o  Ijia^oo  «Jdo^o  JkmXk> 
i«#:^  I-2QLJL  ;^a^2»  joi^  ^y  JviObüy  « J*^?  ^^  < 


0/  pt^xy  j  VI  V  n  M  JJo  .^^  oaV  W^  J^i^  Jilo  ..ix«^  JJo 


o«2^ «o  ..1*3»  ^^oiSw  ai«j:iA.Jy  ^6f  i\nfk^  ^ ^  .^v  x>  [IV] 
^^  }4«X)u  La\.  übcLfiD  ^  .JhbäAoy  I-^Vood  ^^q^S^  gulöIo 


486     ^€8tUf  Jakob  von  Edessa  über  den  Sehern  hammephora^eh  €te. 


MVfißd^j: 


^of  :  j^«;p^  )&5u&o;  J^Vqoqdo  «o^i  oöf  )wq^|d  jq^^jli  JJ/ 
'MOKt*'^^^i  JJo  •  )oab^  ^Ajoy  A^t  ).xi.y,^»  QJi  020000  q:^Ndi 


Nestle,  Jakob  van  Edeesa  über  den  Sehern  hammef^ortieek  etc.    487 

iLoLl::^  ./JVJo/  |aa*jOy  ^  p^  ^bo  ♦o  ..  WW  t^M  ^^ 
:  0^1  )b^«:^:i  JLöLJD  j'tOÄ  oö>  Jaoa.  oKpLlo  :  Looi  ^;  |^  ^ 
>^o>o9>\>.  %9V^ii  %|<aQ^  |i*VO^  %$o^  ."vAn?  o^  ^U^j  l^ 


:|l«VO  ..jolv  ^JJ  )Lq2L^  Loo^  -V?^  I-S^V  )-k-^)  ^?  r^ 
««^o^  ."vAn?  JwQu2o  oö»  IsQjLi  o^^  ^  %^VOi  ^iiAd?  y>o^\:>? 
JbujQu;  •  ):ojti  o^f  w\of  IboAo  ^^  ov^oV  .  |Jq^  J^qcsqd 


\Yi.rn  p^d:^  %$o^  jaciAd  ^opA  )ak  .< 


-f  + 


U^/  « M^  ^öfo  I^Qu;  ii/  ;26/  ^6f  :  JJügu  Ldi%  ^Of  jLol/  Lgü 


4-        H-         H-         -I- 


4-     +    4-    + 


488    iV!M<Ie,  Jakob  von  Edessa  über  den  Sehern  hammqskoroMeh  0^. 

)*3op}  Isolfio  LQip«:^  t^LJOu  Lgü  jyLxia>  ^  ^j  ojof  .-opkttLi, 
I1.J0«  ^  ^;  oof  .«|ju»^  M-2QLfiD  ^  jvio  ^  o6r}  .-tujyboofiD 

^0>   JVQ'JDO   U^I^  o6>  |X>A   OlSw  ^1  ^OfGÜQCDI   [V]    ,  <•  .IbOfiE^ 

0071^  (J""^^  jopi^  «^J  •.l'^Oui  Jiai  Ldi  ^^  o*«2kkJo  %2DoV; 

JJ  *  i>i>\  b^}ajQ2ko  b^jjfj^  x!i^^^  * ^''^^  ^'^^^  ^^  ^  ^99^ 
GÜi  bODJo  ^6f  ""^«^  :^/  ^^oa^;  CO.  JJo  lixDcmi;  ^oj^; 
^  ^\o  jppbao  *)(Hiäa  ^JOfO  'jODcboj  ^O)  ^\.m  ^^oop  ^aiNnX 

JJo  QiQ^;  \ofi^  ^bi^  i^i  cobo  jbujou  jloL|o  gü  ..^Z 
^Of  ^)o  « ^/  QZ^  l^jooi  009  Y^ßo)  )LoL|o  jU/  .,^/  QOAd 

^O)  JopQai.  ^^ofS^  ^oKb  Looof  oo>   .^jODGübj;  .^jof  l-^bciS; 

)bu200V  ^Of  iN^vIS^-^    «.I^Ou   )*»  9>fPO   JJ\  XIV»  Q^    :|«2D0V 

jioo)  :^Qf  ^J;  t«9  lio^  •  I.JD0V  Ldi  ^/  ^oQ  ooof  ^nAoy 


Nestlff  Jakob  von  Edessa  über  den  Sehern  hammephorasoh  ete,     489 

.^  {....^DoV;  ^ö>  JcDQüoA  ^$Pi\^i  )1*ÖL|^  ^o^^o  jLoM^  o*^ 
^  ..l'ja^  p«2kk  |aj^  ^  *|a^  j^b^  Q0A^  ,^i6f  ^^Q^; 

:)VQ^  OOf  ^2)2^  i^V^i^  ^QLlOf  ooo>  ^«^bj?  ) /»^\  o6>  )20j\  b^^o 

GüOGD  jJo»  l^böi  ^^p^;  oöf  )Y>acu2>  oQ  ^Müoij;  oo>  ^;  OiOf 

«^  JJ/  «l^bo;  l^^'^^'t^^  ^'^^  -'U^  1^^^  0/  3pa»9Qjo  ^vi^fpio 
..  J-3^-oi  Jt>act^  q^  ooof  ^aouop  müo;Ji  06)   :  L*^/  bOD^ 

•  •• 

^öf  )inii9>x>  cüQcp;  ^o)  JJiS  ^  Jhs>i»U»JV  ^2)2!^  %d/  0/  ^01 

•  O^bO  ^  .Opa?  ^Ö>  jA^l^i^p  OOf  )Q!lJt/  |iOO>   %)QfiD  )^«^Jo 


490    ^^Ue,  Jahob  von  Eiieasa  über  den  Sehern  hammepkotiuek  eic, 

jLöll:^  .r\*^r>  :|^w^  %«otob^|;  wüo;);  ooi  Jaoa.  opi  Ai  «9  «i«;» 
[dOda]  «^  .^^opVLo  «J.*;^  o6>  )««^  ofLcü  )^/  )o^odo  \)j^sjo^ 

:i4ad  Müo^  «9^0  ••  1.430  «^joi/  «ASbo  .-i^v^o  wuo;/  v^/  ^of 


4-4- 
♦<*^lGil  Müi^  ^o)ofcc»)%  00»  «^l^flQ^j}  |Jc^  ;2o)l.  jioo)  ^apjo 

^^  Qf-ipp   .CH..OM  ^W  IV   %Uo  L*«D^  ÖQ  ««OfOb^/  ^1   i^#2^ 
•J^VofiD  fcy^  0/  J-^jy/  ^1  |i09  jia\r»?y/  ^}  >oii9»^Y>  «^LgÜ 

««V-20  ^|o   %)a4^   %«V-2DO  OQfiU«  ««V-^    .-I^VQfiD  ^7  iiäi^ 

|ipp^  o^;  %^  yi^alBi  pa»  |juiwd  j>9^Y^  ^/  *)1-Cüpp  61:^ 


NeaUe,  Jakob  von  Edtusa  über  den  Sehern  hammepharaach  ete,    491 


\^^U  )»Aj  OM»  ^j?  li^/  :^opfc^/  l-ÄLjLj  o^\^;  ^y  JLÖL/ 


)VQ^  oof  ):ojti  0^1  i^"^?  0M20  ^/  ^il;o  ^^^^  fcODJo  ^^ 
^^o^  ••jiöfQÜ;  ^  ^^Ldi  li/  )o)oD  p  %  JN;ücuo  jb^;p^  llol]:^ 


^•^/  |^;2o  ^o  0/  Müo}/  .JK^;  Jqo^x^^  .^opVbX  }ov^  J^o^^ 


492    NedU,  Jakob  van  Edusa  über  den  Sehern  hatnmephoraeeh  eie. 


M^jooj  laoA. 


JWVA  o6>  I^Oi^ 


%A 


mm 

3L^  h^\JO£D 


lESIES 


77JZ7i    b^jicu 


n-'n-'    K-jvaki. 


•  J^;  ^»A  ;3L  J^;  ) .;  y\  j^;ao  vp/ 


N^  OYM  IESIE5  AAJSINI  4EB  JIMIN  1 
K,^ou\  «^jt  Müo;JJ  opop  )ocüü 


« «*i 


J^i/ZJS'iV  0  KC  TSi  KSi  MOY  KAeOY 
EK  JESISIN  MOY, 


fol.  303  b. 


b^|«9QCD 


M't^^ 


b^liO« 


Uebersetzung. 

Scbolion    über    defl    ausgezeicbneten   und    besondem   Namen,    der 

sieb   in   den   vom   Oriecbiscben   ins    Syriscbe   übersetzten   heiligen 

Schriften  findet  und  bei  den  Juden  iDl^D  DiD  genannt  wird. 

I.  Es  giebt  nichts  menschliches  oder  existirendes,  das  in  Ge- 
danke, Wort  oder  Sache  bei  den  Menschen  in  Gebrauch  gekommen 
ist,  in  betreff  dessen  nicht  die  Wahrheit  ihrem  Gegentheil  vor- 
gezogen werden  müsste.  Und  wenn  die  Wahrheit  in  allem  vor- 
zuziehen und  das  allerbeste  und  allerstärkste  ist,  sowohl  nach  dem 
Zeugniss  der  natürlichen  Sinne,  als  nach  dem  der  heiligen  Schrift, 
worauf  auch  immer  sie  bezogen  und  wie  auch  immer  sie  genannt 
werden  möge,  so  muss  man  sich  durchaus  an  sie  halten  und  sie 
gebrauchen  bei  jedem  Gedanken,  Wort  oder  D\pg,  imd  besonders 
bei  den  Worten  der  heiligen  Schrift  *),  und  unt«r  diesen  noch  viel 
mehr  bei  den  Worten  über  Gott.  Wenn  es  nämlich  schon  bei 
weltlichen  Sachen  vorzuziehen  und  schöner  ist,  dass  wir  das  wirk- 
liche und  wahre  eher  reden  oder  thun,   als  das  nicht   wahre    und 


1)  Eigentlich:  „der  priesterlicheu  Schriften".  „Seltsam!"  bemerkt  daza 
Prof.  Nöldeke:  „es  ist  wohl  bachstäbiiche  Uebersetzung  von  to  itf^a  y^äf4f*ataf 
ich  erinnere  mich  aber  nicht,   den  Ausdruck  sonst  begegnet  zu  haben." 


Nestlßf  Jakob  van  EkUata  über  den  Sehern  hammephoraach  etc.    493 

nicht  wirkliche:  so  ist  es  noch  viel  mehr  vorzuziehen  und  viel 
schöner,  dass  wir  in  den  Worten  der  heiligen  Schrift  das  wahre 
und  wirkliche  festhalten,  indem  wir  das  unwahre  und  unwirkliche 
entfernen  und  verwerfen.  Und  wenn  dem  so  ist,  müssen  wir  auch 
bei  den  Worten  und  Namen,  welche  Gott  betreffen  oder  ihm  beigelegt 
werden,  durchaus  dem  genauen  und  wahren  so  weit  möglich  nachgehen 
und  nicht  ungeprüft  etwas  entweder  von  andern  annehmen  und  glau- 
ben, oder  andern  sagen  und  überliefern.  Wenn  es  nämlich  im  mensch- 
lichen Sprachverkehr,  der  durch  üebereinkunft  der  Vielen  (^uvd'tjxy) 
sich  festgesetzt  hat,  weiter  überliefert  und  so  durch  Gewohnheit 
(i&u)  und  lange  Zeit  unverbrüchlich  geworden  ist,  nicht  recht  ist,  das 
Holz  Stein  zu  nennen,  oder  den  Stein  Holz,  das  Thier  Pflanze,  oder 
die  Pflanze  Thier,  den  Stier  Pferd,  oder  das  Pferd  Stier,  den 
Hinmiel  Erde,  oder  das  Wasser  Feuer,  damit  man  nicht  falsche 
Begriffe  mit  diesen  Namen  und  Ausdrücken  erzeuge,  sondern  wir 
jedes  Ding  (nQCcyfia)  mit  seinem  eigenen  Namen  nennen,  der  ihm 
vorher  beigelegt  war,  und  (wenn)  derjenige  welcher  das  bittere  süss 
und  das  süsse  bitter  nennt,  oder  das  schlechte  gut  und  das 
gute  schlecht  heisst,  in  der  heiligen  Schrift  einen  Verweis  erhält 
(Jes.  5,  20):  wie  sollte  es  nicht  hässlich  und  tadelnswerth  sein, 
dass  wir  Gott,  der  über  alles  ausgezeichnet  und  über  alles  erhaben 
und  die  Wahrheit  selber  ist,  mit  einem  lügenhaften  und  gar  nicht 
existirenden  Namen  benennen,  der  keiner  von  allen  Sprachen  und 
Zungen  der  Menschheit  zugehört,  sondern  bloss  durch  eine  irrthüm- 
liche  Gewohnheit  ohne  Prüfung  allmählich  in  die  heilige  Schrift 
sich  eingeschlichen  hat^),  und  dort  ohne  Untersuchung  sich  erhielt 
und  bis  auf  den  heutigen  Tag  geschrieben  wird. 

U.  Es  ist  dies  nämlich,  wie  meine  Abhandlung  (wörtlich :  das 
was  von  mir  geschrieben  ist)  deutlich  zeigen  wird,  der  Name, 
welcher  in  allen  heiligen  Schriften  Alten  Testaments  nach  dem 
Text  {nagaSoaig)   der  LXX,   der  vom  Griechischen   ins   Syrische 

übertragen  wurde,  anstatt  des  Namens  ^Herr*'  (Iff^^  xvgiog)  ge- 
setzt und  „Pipi**  ausgesprochen  wird.  Und  zwar  wird  Gott  von 
vielen  unwissenden  Leuten  so  genannt,  die  infolge  ihrer  grossen 
Unbildung  dies  für  ein  hebräisches  Wort  halten  und  für  einen 
ausgezeichneten  Namen,  mit  welchem  Gott  bei  den  alten  weisen 
Hebräern  benannt  werde.  Es  ist  dies  aber  in  Wahrheit  ein  sa- 
tanischer und  irriger  Name,  der  durch  den  irreführenden  Bath  des 
Bösen,  welcher  uns  allezeit  von  allem  was  wahr  ist,  abzuhalten 
und  uns  auf  irrige  Wege  und  auch  auf  Namen  und  Worte  der 
Lüge  zu  bringen  liebt,  allmählich  durch  Unkenntniss  eingedrungen 
ist.  Und  so  wird  es  ja  geschrieben  und  findet  sich  in  vielen 
Exemplaren   an   vielen  Stellen.      Er   wird   aber   von   vielen   wenig 


1)  „NB  die  3  Perfecta  )a.fiDlV  "^  f^"  •  »öld. 


494     NestUt  Jakob  van  Edesta  über  den  Sehern  hammepkorasdk  etc. 

einsichügen  Leuten  besonders  gern  angewandt  und  unterstützt*), 
und  sie  wollen  es  gar  nicht  gern  zugeben,  dass  man  ilm  aus  der 
Schrift  austilge  und  auslösche,  indem  sie  unverständigerweise  meinen, 
er  sei  von  den  guten,  heiligen  und  einsichtigen  Männern  überliefert 
und  geschrieben  worden:  nicht  bloss  von  den  Griechen,  welche  die 
heilige  Schrift  ins  Syrische  übersetzten,  sondern  mit  ihnen  auch 
von  Andern  (nämlich)  Syrern,  die  ihn  von  jenen  angenonunen 
haben  und  welche  in  noch  höherem  Grade  erprobt  und  zuverlässig 
waren,  und  dass  es  nicht  recht  sei  zu  verwerfen,  was  uns  von 
ihnen  überliefert  sei.  So  steht's  mit  diesen,  ich  aber  bin  über- 
zeugt, dass  mir  in  Wahrheit  die  heiligen  Seelen  jener  Männer,  die 
ihn  gebraucht  und  überliefert  haben,  indem  sie  dabei  vom  richtigen 
abwichen,  sogar  dafür  danken  werden,  dass  ich  diesen  ihren  Fehler 
verbessere,  und  ich  weiss,  dass  sie  mich  nicht  als  ihren  Gegner 
betrachten,  imd  dass  ich  keinen  Vorwurf  auf  sie  häufe,  sondern  im 
Gegentheil  viele  Vorwürfe  von  ihnen  wegnehme,  jetzt  und  für  die 
Zukunft,  wenn  ich  diesen  irrthümlichen  Namen  vollständig  aus  der 
Schrift  wegzuschafifen  suche.  Mit  grosser  Freude  und  freiwilligem 
Eifer  bin  ich  daran  gegangen,  dieses  Scholion  zu  machen  und  es 
in  die  (Exemplare  der  heiligen)  Schrift  zu  setzen,  mit  andern 
Scholien  und  Bemerkungen,  die  von  sorgfältigen  Männern  darein 
gesetzt  wurden  zum  Nutzen  etwaiger  Leser. 

m.  Ehe  ich  aber  zeige,  was  dieser  ausgezeichnete  Name  bei  den 
Hebräern  ist,  und  in  welcher  Auszeichnung  und  Ehrfurcht  sie  den- 
selben halten,  will  ich  nachweisen,  woher  und  wie  der  Lrthum 
entstanden  ist,  und  statt  des  ausgezeichneten  und  wahren  Namens, 
der  von  den  Hebräern  kam,  dieser  falsche,  sinnlose  [akoyog  Nöld.], 
fingirte  Name  eingedrungen  ist,  der  durchaus  keine  Bedeutung 
oder  Wortableitung  hat,  davon  er  gekommen  sein  möchte  ^). 

Wenn  wir  aus  freien  Stücken  neue  Namen  oder  ungewohnte 
und  ungehörte  Ausdrücke  schaffen  wollen  und  nach  unserem  Sinne 
Formen  bilden  und  sie  natürlichen  Gegenständen  beilegen,  haben 
wir  Zeit  (Gelegenheit?  xat^og?)  jedes  so  gebildete  und  mit  unsem 
Lippen  ausgesprochene  Wort  ohne  weiteres  zu  einem  Namen  zu 
machen  und  einem  Gegenstand  als  Bezeichnung  beizulegen,  aber 
weder  die  Natur  dieser  Gegenstände  verlangt  es  so,  noch  die  Ge- 
wohnheit oder  Uebereinkunft ,  die  bei  den  Menschen  herrscht 
{xQarei  Nöld.),  sondern  wir  finden,  dass  einige  der  Bezeichnungen 
sich  infolge  alter  Gewohnheit  bei  allen  Völkern  finden  und  keine 
Ableitung  zeigen,  wovon  und  woher  sie  genommen  sind,  während 
andere   eine  Ableitung   haben   und   durch   ihre  Bedeutung   zeigen, 


1)  „D.  Tl.  im  Gebrauch  erhalten,  sie  sind  seine  Anhänger  xiuyM*/*     Nöld. 

2)  „mL(,  Verbalac^ektiv   „gekommen".     Nöld.      Ueber    das  Wort   j'^^fs) 
und  seine  Uebersetzung  mit  „Ableitung''  siehe  unten. 


NeatUf  Jakob  van  Edeua  über  den  Sehern  hammephcraeeh  ete.     49Ö 

wovon  sie  genannt  wurden.  Ganz  besonders  ist  dies  in  der 
griechischen  und  auch  in  der  hebräischen  Sprache  der  Fall,  indem 
sie  die  meisten  dieser  Welt  angehörigen  Dinge  von  Thätigkeiten, 
die  sich  bei  ihnen  finden,  oder  von  Qualitäten,  die  sie  an  sich 
tragen,  benennen;  so  dass  sie  nun  neben  allen  sichtbaren  und  un- 
sichtbaren Dingen,  welche  mit  Namen  bezeichnet  werden,  auch  dem 
unsichtbaren,  unbegreifbaren ,  namen-  und  bezeichnungslosen  Gott 
in  jeder  Nation  und  Sprache  verschiedene  Namen  und  Bezeichnungen 
beigelegt  haben.  So  kommt  ja  das  griechische  Wort  für  Gott,  das 
ö'iog  gesprochen  wird,  vom  Laufen  (to  &iuv),  und  das  ist  seine 
Ableitung,  oder  vom  Sehen  {&$äa&qi)f  oder  vom  Brennen  (Saiuv  ?). 
So  wenn  jemand  sich  Mühe  geben  wollte,  könnte  er  auch  aus  der 
heiligen  Schrift  Worte  anführen,  die  das  gleiche  wie  diese  drei  be- 
deuten. Schnell  nämlich  ist  Gott  und  laufend  entzieht  er  sich  der 
Erfassung  durch  den  Verstand  des  Menschen  oder  einer  erschaffenen 
Creatur;  und  er  sieht  und  erschaut  alles,  das  offenbare  und  das 
verborgene;  und  ist  ein  Yerbrenner  und  Yemichter  aller  sohlechten 
Materie  nach  der  Stelle:  Gott  ist  ein  vernichtend  und  verzehrend 
Feuer  (Hexapla,  Joel  2,  s).  Ich  unterlasse  es  noch  zu  sagen,  dass 
auch  das  griechische  Wort  Zivg,  das  viel  bei  den  heidnischen 
Schriftstellern  gebraucht  wird,  nicht  ohne  Grund  gewählt  und  nicht 
herkunftslos  ist.  «Zeus**  ist  nämlich  auf  griechisch  der  Lebendig- 
macher (Cvy)'  Und  wäre  dies  (Wort)  den  Christen  nicht  verhasst 
gewesen,  wegen  seines  Gultes  und  seiner  Verehrung  bei  den  Heiden, 
hätten  auch  wir  uns  nicht  geweigert,  dasselbe  zu  gebrauchen  vom 
Gotte  des  Alls,  dem  wahren,  namenlosen.  Bekennen  doch  auch 
wir  es  als  Wahrheit,  dass  er  der  Lebendigmadher  des  All  ist,  und 
dass  es  keinen  Lebendigmacher  giebt  neben  ihm.  Li  ihm  nämlich 
leben,  weben  und  sind  wir,  wie  geschrieben  steht  (Act  1 7,  28). 

Das  hebräische,  D'*^lbK  gesprochene  Wort  aber,  sagen  sie,  be- 
deutet Schöpfer.  Lidern  nämlich  die  Hebräer  wissen,  das  er  der 
Schöpfer  des  All  ist,  denken  sie,  dass  dies  der  wahre  Name  für 
Gott  sei.  Auf  gleiche  Weise  haben  auch  vrir  Aramäer  d.  h.  Syrer 
wegen  unserer  Verwandtschaft  und  Nachbarschaft  mit  ihnen  imd 
unserer  Sprache  mit  der  ihrigen,  mit  einem  dem  ihrigen  ähnlichen 
Namen   den   Schöpfer    des   All  JojÜ^.   genannt;    ebenso   weiter    die 

Tajenser  d.  h.  Araber,  ihre  Nachbarn.  Aus  dem  bisherigen  lässt 
sich  also  ersehen,  dass,  wenn  wir  auch  andere  Dinge  mit  Namen 
belegen,  deren  Herkunft  sich  nicht  erkennen  lässt,  wir  dies  doch 
bei  Gott  dem  Herrn  des  All  nicht  thun,  weil  er  keinen  seine  Natur 
bezeichnenden  Namen  hat.  Vielmehr  alle  Namen  und  Bezeichnungen, 
die  wir  ihm  beilegen,  nehmen  wir  von  Thätigkeiten  {nQä^€ig)j  die 
ihm  zukommen :  Macher  nämlich  nennen  wir  ihn,  und  Schöpfer  und 
Lebengeber  und  Fürsorger  und  Helfer  tmd  Stärker  und  viele 
andere  derartige  Benennungen,  und  Herrn  und  König  und  All- 
mächtiger {navroxQatwQ)  und  andere  dergleichen  bei  uns  ge- 
bräuchliche Namen. 

Bd.  XXXII.  32 


496    AStttle,  Jakob  wm  Ekieasa  über  den  iSehem  hammeipboraedi  elt, 

Dass  Gott  aber  Pipi  genannt  werde  mit  einem  fingirten  und 
unbekannten  Namen  {tffevSwpvfKog^  ayvoia?),  lehren  uns  weder  die 
heiligen  Schriften  noch  überliefern  es  uns  die  hebräischen  Gelehrten 
oder  die  alten  Syrer,  auch  nicht  die  Redner  und  Schriftsteller  der 
Griechen,  ebensowenig  die  Lehrer  und  Vorsteher  der  Kirche,  die 
uns  geweidet  und  zur  Wahrheit  geführt  haben,  sondern  wie  gesagt 
durch  die  Verführung  des  Satan  ist  er  allmälig  eingedrungen. 
Wie,  davon  will  ich  jetzt  sogleich  nach  Kräften  aufs  klarste  die 
Ursache  sagen,  die  folgende  war. 

IV.  Einige  der  Völker  nämlicli,  die  eine  Schrift  besitzen,  ziehen, 
nachdem  sie  die  Zeichen  der  Buchstaben  gemacht  und  festgestellt 
haben,  von  links  nach  rechts  ihre  Linien  beim  Schreiben;  andere 
gerade  umgekehrt  von  rechts  nach  links.  Die  uns  bekannten  von 
links  nach  rechts  schreibenden  sind  die  Griechen,  Römer,  Aegypter 
und  Armenier;  dagegen  die  von  rechts  nach  links  schreibenden 
sind  die  Hebräer,  Syrer,  Araber  und  Perser.  Als  nun  jene  72 
hebräischen  Weisen,  welche  von  Ptolemaeus  Philadelphus ,  dem 
Könige  von  Alexandrien  und  Aegypten  zu  dieser  Arbeit  berufen 
und  angewiesen  wurden,  die  heiligen  Schriften  vom  Hebräischen 
ins  Griechische  übersetzten,  bei  der  Uebertragung  der  hebräischen 
Ausdrücke  ins  Griechische  und  beim  Schreiben  der  übersetzten 
Ausdrücke  mit  der  Schrift  und  den  Buchstaben  der  Sprache  der 
Griechen,  als  sie  den  in  denselben  (Schriften)  geschriebenen  Namen 
des  Herrn  Gottes  sahen,  der  bei  ihnen  sehr  ausgezeichnet,  geehrt, 
gefürchtet  und  gescheut  war:  scheuten,  bedachten  und  fürchteten 
sie  sich  ihn  zu  übersetzen  (deuten)  und  den  Ausdruck  seiner 
Uebcrsetzung  in  -eine  ifremde  Sprache  zu  übertragen.  Sie  sagten 
nämlich :  wenn  unsere  weisen,  gottesfürchtigen  alten  Schriftgelehrten 
diesen  gefürchteten  Namen  Gottes  auszeichneten  und  ihn  uns  als 
den  von  allen  andern  Gott  beigelegten  Namen  gesonderten  und 
bekannten  bezeichneten,  und  es  befahlen  und  überlieferten,  doss 
wir  ihn  zwar  wie  alles  übrige  mit  (seinen)  Buchstaben  schreiben, 
aber  nicht  ihn  mit  unsem  Lippen  aussprechen  oder  als  Wort 
hören  lassen,  sondern  dass  wir,  ob  wir  ihn  wohl  mit  seinen  Buch- 
staben schreiben,  das  Wort  •»m«,  das  »Herr"  bedeutet,  statt  des- 
selben sagen  sollten;  so  ist  es  nicht  recht,  dass  wir  ihn  deuten 
imd  seine  Deutung  in  einer  andern  Sprache  gebrauchen;  sondern 
wie  er  ist  in  seiner  Verborgenheit,  lassen  wir  ihn  unübersetzt 

Weiter  aber;  auch  das  halten  wir  nicht  für  geziemend,  dass 
wir  ihn  schreiben  mit  andern  Zeichen  imd  fremden  BuchstAben 
ausser  mit  welchen  er  (im  Hebräischen)  geschrieben  ist ;  sondern  er 
ist  in  der  ihm  zukonmienden  Auszeichnung  zu  belassen,  und  mit 
den  hebräischen  Zeichen  und  Buchstaben,  mit  denen  ihn  unsere 
weisen  Alten  geschrieben  und  bezeichnet  haben,  und  nicht  wollen 
wir  ihn  schreiben  mit  den  Buchstaben  und  Zeichen  der  giiechischen 
Schriftcharaktere  oder  der  eines  andern  Volkes.  Indem  dies  jene 
übersetzenden  Männer  klug  und  weise  über   ihren   ausgezeichneten 


NeatUf  Jakob  von  Edeäsa  über  den  Sehern  hammephorasch  etc.    4^1 

and  besondem  Gottesnamen  dachten,  waren  sie  beim  Schreiben 
durchaus  genöthigt,  in  den  Linien  der  griechischen  Buchstaben  ihn 
oft  (nämlich)  überall  da  zu  setzen,  wo  er  in  den  Worten  der 
heiligen  Schrift  gebraucht  war,  indem  sie  ihn  nach  dem  gesagten 
mit  seinen  eigenen  hebräischen  Buchstaben  schrieben;  und  ihm 
gegenüber,  überall  wo  er  (im  Texte)  stand,  zur  Belehrung  des 
Lesers  (auf  den  Eand)  ausserhalb  der  Columnen  das  Wort  xvQiog 
d.  h.  Herr  schrieben.  Indem  nun  dies  geschah,  und  der  aus- 
gezeichnete Gottesname  mit  seinen  hebräischen  Buchstaben  inmitten 
der  griechischen  Linien  stand,  lehrten  und  überlieferten  in  der 
Folge  diese  Schreiber  mündlich  jedem  griechischen  Leser,  dass  sie 
überall,  wo  sie  denselben  in  den  griechischen  Texten  geschrieben 
sahen,  statt  dessen  »Herr*'  sagen  und  nicht  in  ihrem  Lesen  inne 
halten^)  sollten. 

Nachdem  aber  eine  lange  Zeit  vergangen  war,  und  einige 
leseliebende  Leute  alles  geschriebene  lesen  wollten:  als  sie  den 
ausgezeichneten  Gottesnamen  in  den  griechischen  Linien  geschrieben 
sahen,  glaubten  sie  von  den  Buchstaben  dieses  Wortes,  dass  auch 
sie  griechische  seien,  wie  alle  andern  in  den  Handschriften  stehen- 
den. Es  findet  sich  nämlich,  wie  um  die  Leute  irre  zu  führen, 
eine  Aehnüchkeit  der  Züge  dieser  Buchstaben  mit  denen  der 
griechischen,  d.  h.  mit  Jota  und  Pi.  Lidem  sie  also  dieselben  für 
griechische  und  zwar  für  Pi  und  Jota  hielten,  und  indem  die 
Buchstaben  in  dem  Gottesnamen  2  mal  hinter  einander  so  geordnet 
vorkommen,  und  sie  Pi  Jota  Pi  Jota  gleich  sahen  oder  um  es  in 
der  syrischen  Schrift  zu  sagen  Pe  Jud,  Pe  Jud,  glaubten  sie  noth- 
gedrungen,  dass  der  ausgezeichnete  Gottesname  Pipi  sei. 

Dazu  kam  noch  ein  dritter  Lrrthum,  Ind^m  der  Name  mit 
seinen  hebräischen  Buchstaben  geschrieben  und  geordnet  war,  und 
von  rechts  anfing  und  nach  links  lief,  lasen  diese  ihn  umgekehrt 
von  hinten  nach  vorne  d.  i.  von  links  nach  rechts  in  der  Ordnung 
der  griechischen  Schrift,  indem  sie  seinen  ersten  Buchstaben  für 
den  letzten  und  den  letzten  für  den  ersten  hielten  wegen  der  ent- 
gegengesetzten Ordnung  der  Buchstabenreihe  der  beiden  Schrift- 
arten, der  griechischen  und  der  hebräischen.  Und  so  ist  denn  die 
Ursache,  welche  diesen  Lrthum  hervorrief,  diese,  dass  die  Ueber- 
setzer  das  hebräische  Wort  mit  den  hebräischen  Buchstaben  mitten 
unter  die  griechischen  Worte  setzten,  dass  zweitens  eine  Aehnlich- 
keit  existirt  zwischen  diesen  Buchstaben  und  den  griechischen,  und 
dass  drittens  die  beiden  Schriften  eine  umgekehrte  Reihenfolge 
einhalten,  indem  man  die  eine  von  links  nach  rechts,  die  andere 
von  rechts  nach  links  liest. 

V.  Dass  aber  die  Uebersetzer  diesen  ausgezeichneten  hebräischen 
Namen  inmitten  der  griechischen  Linien  setzten  und  ihn  nicht 
übersetzten,  und  dass  sie  ihn  nicht  auf  den  Rand  setzten,  darüber 


.1)  ,3<^!t»^i'  wohl:    daraa  keinen  Anstoss  nehmen''.  Nöld. 

32* 


498    ^^ile,  Jahob  tfon  EiUssa  über  den  Sehern  hammephoroMh  etc. 

darf  sich  niemand  wundem;  sehen  wir  doch,  dass  auch  diejenigen, 
welche  die  Gesetze  der  Bömer  übersetzt  und  ins  Griechische  über- 
tragen haben,  viele  Worte  in  denselben  in  der  römischen  Sprache 
belassen  haben,  diejenigen  (nämlich),  welche  blos  typisch  sind  ^)  nnd 
ihrem  Lant  nach  die  Bedeutung  dieser  Gesetze  ausdrücken,  damit 
nämlich  nicht  jedermann  diese  Gesetze  und  Worte  kenne,  und 
jeder  der  wolle  et¥ras  nach  seinem  Willen  in  den  geschriebenen 
Stücken  ändern  und  sie  falschen  könne.  So  schrieben  sie  nicht 
mit  griechischen  Buchstaben  solche  unübersetzt  gelassene  Ausdrücke, 
sondern  mit  den  Buchstaben  der  römischen  Schrift.  Und  auch 
diejenigen,  welche  heutzutage  Kauf-  oder  Aussteuercontracte  {(piQ^vj 
Nöld.)  in  griechischer  Sprache  schreiben,  nach  einigen  jener  Gesetz- 
bücher, schreiben  gleicherweise  jene  römischen  Worte  inmitten  der 
griechischen  Sprache  und  Schrift  mit  den  römischen  Buchstaben, 
mit  denen  sie  auch  bei  den  Römern  geschrieben  waren.  Wenn  sie 
also  die  römischen  Gesetze  so  durch  ihre  Geheimhaltung  und  ihre 
eigenen  Buchstaben  ausgezeichnet  haben,  so  haben  die  hebräischen 
Üebersetzer  sehr  geziemend  und  weise  gehandelt,  dass  sie  den 
ausgezeichneten  und  besonderen  Namen  des  über  aUes  seienden 
Gottes  durch  Geheimhaltung  und  seine  eigenen  Buchstaben  aus- 
zeichneten und  ihn  nicht  übersetzten. 

VI.  Zu. weiterer  Aufklärung  setze  ich  aber  auch  noch  das  bei, 
dass  alle,  welche  die  heiligen  Schriften  vom  Hebräischen  ins 
Griechische  übersetzten,  zwar  diesen  Namen  scheuten,  ihn  aber  doch 
anbrachten  und  zwar  so,  dass  die  einen  wie  die  LXX  ihm  alle 
Auszeichnung  beibehielten,  indem  sie  ihn  gar  nicht  übersetzten 
und  auch  nicht  die  hebräischen  Schriftcharaktere,  mit  denen  er 
geschrieben  war,  äderten;  dass  aber  die  andern,  wenn  sie  auch 
seine  hebräischen  Charaktere  nicht  beibehielten,  vielmehr  das 
hebräische  Wort,  welches  die  Hebräer  anstatt  des  ausgezeichneten 
Namens  gebrauchen,  das  ist  aber  •»2n»,  in  den  Text  der  griechischen 
Schriften  setzten  und  dies  überlieferten,  indem  sie  nicht  wagten, 
es  zu  übersetzen  oder  den  Ausdruck  der  Uebersetzung  in  der 
griechischen  Sprache  zu  gebrauchen,  oder  das  au  seiner  Stelle 
stehende  ^311M  zu  übersetzen  und  xvgiog  d.  h.  Herr  inmitten  des 
Textes  der  Schrift  zu  setzen.  Sondern  wie  gesagt:  ^3n»  setzt-en 
sie  in  den  Text  des  Buches,  „Herr*  aber  setzten  sie  ihm  gegenüber 
auf  den  Rand,  indem  sie  die  Golumnen  des  Buches  so  auszeichneten. 
Dalier  als  der  heilige  Märtyrer  Lucianus  (piXoTiovog  sich  lun  den 
Text  der  heiligen  Schriften  bemühte  und  an  vielen  Stellen  bessert« 
oder  auch  einzelne  der  von  den  vorangehenden  Uebersetzem  ge- 
brauchten Ausdrücke  änderte,  als  der  das  Wort  ^m«  im  Text  und 
das  Wort  „Herr*  auf  dem  Rand  stehen  sah,  verband  er  die  beiden 
und    setzte   sie    zusammen    und   überliefeile    so    in    dem  von    ihm 


1)  „Aus  dem  theologischen  Spnushgebrauch  übertragen'*.  Nöld« 


NeaiUt  Jakob  wm  Exieasa  Über  den  Sehern  hammephonueh  diß.    499 

hinterlasseDen  Testament,  dass  man  also  darin  an  vielen  Stellen 
geschrieben  findet:  «so  spricht  ^311M  der  Hen**^,  wo  auch  das 
hebräische  Wort  «adonai'*  mit  griechischen  Buchstaben  geschrieben 
und  sogleich  daneben  ttHerr*^  gesetzt  wird  und  beide  so  zu  sagen 
nur  einen  Namen  bilden  und  die  Leser  wie  gesagt  sagen:  «Das 
spricht  Adonai  der  Herr*^  oder  «es  befahl  Adonai  der  Herr^  oder 
«Es  that  Adonai  der  Herr^  oder:  «er  sagte  oder  that  das  und 
das*^.  —  So  haben  die  LXX  und  so  haben  die  andern  Uebersetzer 
diesen  Namen  überliefert. 

Vn.  Nachdem  nun  also  sowohl  die  Ursache  der  Setzung  des 
Namens  als  die  Ursache,  durch  welche  der  Irrthum  entstand  \md 
er  verändert  wurde  und  statt  des  ausgezeichneten  und  gefürchteten 
Namens  zu  uns  der  falsche  nichts  bedeutende  gekommen  ist,  deut- 
lich erkannt  ist,  will  ich  klar  und  deutlich  sagen,  was  der  wahre 
Name  wirklich  ist,  und  was  seine  Zeichen  sind  bei  den  Hebiileni, 
welche  dann  wegen  der  Aehnlichkeit  ihrer  Züge  bei  den  Griechen 
für  griechische  gehalten  und  Fi  Jota  gelesen  wurden. 

Es  ist  aber  dieser  ausgezeichnete  Name  derjenige,  welcher 
von  Gott  mitgetheilt  wurde ,  als  er  von  Mose  gefragt  wurde  und 
er  (Mose)  zu  ihm  sagte:  Wenn  die  Kinder  Israels  zu  mir  sagen 
werden,  was  ist  der  Name  dessen,  der  dich  gesandt  hat,  was  soll 
ich  zu  ihnen  sagen?  Und  Gott  sprach  zu  Mose  die  Worte,  die 
ich  aus  dem  inspirirten  Buch  hersetze:  Ich  bin  der  seiende  der 
ist.  Und  er  sprach:  so  sollst  du  sagen  zu  den  Kindern  Israels: 
Der  der  ist  (der  seiende)  hat  mich  zu  euch  gesandt  (Exod.  3,  is  f.). 

Bei  den  Griechen  nun  und  bei  uns  ist  und  steht  dieser  Name 
in  dieser  Weise;   bei  den  Hebräern  aber  ist    er   wörtlich:   Ich  bin 

Ih  Ih  (opop);  Ih  Ih  hat  mich  zu  euch   gesandt.     Dies   bedeutet 

aber  in  unserer  aramäischen  d.  h.  syrischen  Sprache:  der  seiende. 

So  (jj^(^)   nämlich   finden  wir,  dass  Gott  beständig  nennen  auch 

unsere  syrischen  heiligen  Lehrer  Mär  Jakob  und  Mär  Ephrem, 
ebenso  auch  Mär  Isak  und  Mär  Philoxenus,  indem  sie  sagen:  der 
grosse  Seiende,  der  verborgene  Seiende.  Gleicherweise  finden  wir 
auch,  dass  die  heiligen  Lehrer  der  Griechen  besonders  gerne  und 
vorzugsweise  (scvglcog)  diesen  Namen  Gott  beilegen,  mehr  als  die 
andern. 

Die  Buchstaben  des  Wortes   sind   aber,   wie   aus   demselben 

selber  ersehen  wird,  I  H  09  i* ,  die  zweimal  nach  einander  gesetzt 

und  als  Silben  verbunden  den  ausgezeichneten  Namen  Gottes  bei 
den  Hebräern  bilden,  der  Ih  ih  gesprochen  wird.  Und  noch  heut- 
zutage heisst  er  bei  den  Gottesmörderischen  Juden,  die  auf  Erden 
übrig  geblieben  sind,  üi*id  0^2,  d.  h.  der  abgesonderte  Name,  in- 
dem sie  denselben  gar  häufig  auch  in  ihren  Schwüren  gebrauchen ; 
und  zwar  sagen  sie  öilD  Dlö  (d.h.  "»rn«)  ohne  Scheu,  aber  ST'St» 
sagen  und  bringen  sie  durchaus  nicht  über  ihre  Lippen,  indem  sie 


500    Bestie,  Jakob  tfon  Edetaa  über  den  Sehern  hammephartueh  ete, 

sich  sogar  vor  dem  Hören  dieses  ausgezeichneten  und  verborgenen 
Wortes  scheuen  und  fürchten  (wenn  das  anders  Furcht  (Frömmig- 
keit) ist  und  kein  eiHer  Schein  von  Furcht)  und  vor  dem,  der 
vor  alter  Zeit  das  Gesetz  über  diesen  Namen  gegeben  hat  Dies 
ist  der  Name  und  dies  sind  seine  Zeichen  oder  Buchstaben. 

Damit  schliesslich  das  gesagte  noch  besser  verstanden  werde, 
ebenso,  wie  die  Veränderung  dieser  Zeichen  in  die  griechischen 
zu  Stande  gekommen  ist,  und  man  auch  ihre  beiderseitige  Aehn- 
lichkeit  sehe,  will  ich  die  beiden  Namen  zusammenstellen,  den 
wahren  und  den  falschen  mit  den  hebräischen  und  griechischen 
Buchstaben,  indem  ich  sodann  zur  Erläuterung  dieselben  Namen 
auch  mit  den  Buchstaben  der  syrischen  Schrift  schreibe,  mit 
der  ich  vorliegendes  Scholion  geschrieben  habe.  Zugleich  schreibe 
ich  zu  noch  besserer  Erläuterung  einen  Vers  aus  David,  in 
welchem  der  ausgezeichnete  Name  des  Herrn  vorkommt,  nämlich 
(Ps.  110,  i):  Es  spricht  der  Herr  zu  meinem  Herrn,  setze  dich 
zu  meiner  Rechten.  In  diesem  Vers  ist  nämlich  der  Redende 
mit  dem  ausgezeichneten  Namen  opop  benannt,  und  der  Angeredete 

mit  dem  Namen  ^:nK  und  nicht  mit  dem  ausgezeichneten;  aber 
beim  Aussprechen  sagen  die  Hebräer  fui*  beide  ^2T1K  d.  h.  Herr. 
Das  möge  durch  die  untenstehende  Zeichnung  verdeutlicht  werden. 
Es  hat  ein  Ende  das  Scholion  über  den  ausgezeichneten  und 
besondem  Namen  Gottes. 


falscher  Name 


wahrer  Name 


lEHIEH 

syrisch  jchjeh 


griechisch  flllll 


hebräisch  mn"» 


Es  sagt  der  Herr  zu  meinem  Herrn  etc. 


NEOYM  lEllIEH  AÄJSir^l  SchEB  jiJMlNl 


EJtlEN  0  KU  TU  KU  MOY  KA&OY 
EK  JESlSiN  MOY 


syrisch. 

hebräisch    (in 

giiecL  u.  syr. 

Umschreibung) 

griechisch. 


Neatlti  Jakob  wm  BUlessa  über  tlen  Sehern  hammepharasch  eic.    501 

Bemerkungen. 

Sollte  manchem  das  vorausgegangene  Stück  beim  Lesen  gar 
lang  geworden  sein,  so  gestehe  ich,  dass  es  mir  beim  Uebersetzen 
auch  lang  geworden  ist,  und  dass  es  mir  angenehmer  gewesen 
wäre,  nur  eine  kurze  Uebersicht  seines  Inhalts  zu  geben.  Ich 
habe  aber  eine  wörtliche  Uebersetzung  vorgezogen,  theils  um  zu 
zeigen,  wie  ich  einzelne  Stellen,  die  mir  auf  den  ersten  Blick  weniger 
klar  waren,  aufgefasst  habe,  theils  um  eine  Probe  von  der  ganzen 
schriftstellerischen  Art  Jakob's  von  Edessa  zu  geben,  was  um  so 
angezeigter  erschien,  als  bei  uns  noch  wenig  von  demselben  ge- 
druckt und  bekannt  worden  ist.  Zu  einer  solchen  Probe  eignet 
sich  auch  das  vorliegende  Stück  nach  Form  und  Inhalt  ganz  be- 
3onders.  Schon  der  ganze  dem  griechischen  ähnliche,  im  Syrischen 
aber  furchtbar  verzwickte  Periodenbau,  den  ich  im  ersten  Theil 
vollständig  beibehalten  und  nur  im  zweiten  zur  Erleichterung  des 
Verständnisses  theilweise  aufgelöst  habe,  ist  für  Jakob,  wenn  auch 
nicht  für  ihn  ausschliesslich,  in  hohem  Grade  bezeichnend.  Wie 
in  so  vielem  andern  erschien  das  Griechische  auch  in  der  Form 
der  Satzbildung  massgebend,  so  dass  dieselbe,  auch  wenn  man 
syrisch  schrieb,  beibehalten  resp.  nachgeahmt  werden  musste.  Ob 
und  wieweit  dies  noch  bewusste  absichtliche  und  künstliche  Nach- 
ahmung bei  Jtikob  und  seinen  Zeitgenossen  ist,  oder  ob  unter  dem 
Einfluss  der  Uebersetzungen  aus  dem  Griechischen  und  dem  Ge- 
brauch desselben  als  Weltsprache  sich  ihr  Stil  unwillkürlich  so 
gebildet  hat,  ist  eine  Frage,  die  weit  über  die  Grenzen  des 
Syrischen  hinaus«  für  die  Existenz  sogenannter  gemischter  Sprachen, 
Interesse  hat,  deren  Untersuchung  uns  aber  hier  viel  zu  weit  führen 
würde  ^),  Ebenso  ist  die  Darstellungsform  unseres  Stückes ,  ins- 
besondere die  Art  und  Weise,   wie  Jacob    seinen   Gegenstand   mit 


1)  Dio  Annähornng  au  don  griechischen  Stil  l$t  so  gross,  dass  man  ver- 
muthen  konnte,  das  vorliegende  Scholion  sei  von  Jakob  ursprünglich  griechisch 
geschrieben,  etwa  für  eine  Handschrift  des  griechischen  Alten  Testaments  (wo- 
mit man  dio  etwas  unklare  Stolle  am  Sehluss  unseres  iwoiten  Abschnitt^  S.  483 
vergleichen  kann),  und  dann  erst  für  die  Uomilien  dos  Sevorus  ins  Syrische 
übersetzt  worden.  So  finde  icii ,  hat  Ceriani  (oder  Field)  die  Sache  aufgefasst 
nach  dorn  was  Fiold  (OrigenLi  Hexaplorum  quae  supersunt.  Oxford  1875  I. 
p.  LXXXVIII)  von  demselben  mittheilt:  „His  autem  diebns  litoras  accepimus  a 
Ceriani  nostro,  in  r|uibus  locum  aureum  de  Luciano  o  codico  quodam  Sjriaco  a 
se  olim  exscriptnm ,  nobis  transmbit.  Hie  autem  Graece  versus  (o  qua  lingua 
translatiis  osso  vidotur)  sie  fcre  sonat:  ^Ev%ev9'tv  ylovxiavoi  6  ^Mnovog 
b  ayioe  xni  fififxvs  xni  avros  onovdrjv  Ttotfjodfisvoe  Tiepi  taiv  ieqdiv 
YQntfiuv  xai  9iOQ&(oaduevoi  ivd'n  xal  ivd'a  rj  xai  ivaXXding  ivias  tiiiv 
Xä^eafVj  ne  ^d'Evxo  oi  n^o  nvtov  affujvevraij  idtav  x6  övofia  AJS2Nj4Y iam 
xaifMEVov^  xai  to  övOfin  KTPIOC  £itu  xaifuvov^  afifpotBffa  ovvatpog  xni 
awd'ttSf  nvros  ovroPi  i^tSoixav  iv  ifj  diad'tjxrj  fjv  xnxeXinev^  ufore  tvni- 
&f}vni  iv  nvtfj  nolXaxov  yeypa/ußiivov  toBs  X^yei  *Adtovat  xvgioi".  Noth- 
wcndig  erscheint  mir  dio  Annahme  einer  Uebersetzung  aus  dem  Griechischen 
nicht,  doch  mtichtc  ich   sie  noch  weniger  ah»  unwahrscheinlich  abweisen. 


502     ^eUle,  Jakob  von  Edeasa  über  den  Sehern  hammephoraaeh  ete. 

einer  ganz  allgemein  gehaltenen  Betrachtung  einführt,  charakteristiscfa 
für  ihn;  ganz  ebenso  macht  er  es  z.  B.  in  dem  schon  öfters  an- 
geführten Brief  über  die  syrische  Orthographie;  sogleich  in 
mediam  rem  zu  gehen,  was  bei  einem  Scholion  doch  das  nächst- 
liegende wäre,  scheint  ihm  ganz  unmöglich  zu  sein;  er  berührt 
sich  darin  eng  mit  Isaak  von  Antiochien,  von  dem  Bickell  diese 
Art  der  Vorbereitung  und  Einführung  des  eigentlichen  Gegenstandes 
seiner  Beden  mit  Recht  als  charakteristisch  hervorhebt;  weiterhin 
dürfen  wir  darin  aber  gewiss  auch  eine  Nachahmung  der  platonischen 
Dialoge  erkennen.  Mit  einem  derselben,  dem  Cratylus,  hat  ja 
unser  Stück  unverkennbare  Berührungspunkte,  wobei  wir  noch 
hervorheben  wollen,  dass  Jakob  auch  in  der  Einleitung  des  Briefes 
über  Orthographie  einen  langem  Abschnitt  desselben  Dialogs  für 
seine  dortigen  Zwecke  verwerthet.  Gerade  dieser  Punkt  dürfte 
von  aDgemeinerem  Interesse  sein;  solche  Spuren  eines  genaueren 
Studiums  der  platonischen  Dialoge  sind  bei  einem  christlichen 
Bischof  Syriens  zu  Ende  des  VII.  Jahrhunderts  kaum  zu  erwarten 
und  darum  für  läen  werthvoll,  der  die  Geschichte  der  platonischen 
Philosophie  ins  Mittelalter  hinein  verfolgen  will;  von  speciellerem 
Interesse  dürfte  es  aber  für  die  Geschichte  der  Sprachwissenschaft 
sein,  zu  sehen,  wie  sich  die  Platonische  Sprachphilosophie,  ins- 
besondere die  im  Cratylus  verhandelte  Frage,  ob  q>v<fu  oder  x^iau 
{i&Hj  ^vv&rptfj)  die  Sprache,  hier  wiederspiegelt;  zu  allermeist 
aber  erlaube  ich  mir  mit  Beziehung  auf  das,  was  Goldziher  in  dieser 
Zeitschrift  XXXI  S.  545  ff.,  bes.  549,  über  eine  philosophische 
Bewegung  in  der  sprachwissenschaftlichen  Literatur  der  Araber 
mitgetheilt  hat,  auf  das  vorliegende  Stück  aufinerksam  zu  machen : 
denn  es  kann  ja  jetzt  kaum  mehr  bezweifelt  werden,  dass  durch 
syrische  Vermittlung  die  Araber  zuerst  mit  griechischer  Grammatik 
und  Sprachphilosophie  bekannt  wurden^). 

Neben  diesen  allgemeinen  Gesichtspunkten,  die  unserem  Ab- 
schnitt Interesse  verleihen,  kommen  nun  aber  die  einzelnen  Punkte 
in  Betracht,  die  Jakob  aus  der  griechischen  Sprachwissenschaft 
aufgenommen  hat,  und  hier  erlaube  ich  mir  zwei  Fragen  an 
klivssische  Philologen  zu  richten:  Einmal  in  Betreff  der  von  Jacob 
mitgetheilten  Etymologien  des  Wortes  ^lOQ.  Die  zwei  ersten  sind 
mir  bekannt,  ano  rov  &iBiv  =  rgi^^iv  (vgl.  Cratylus  397  D), 
und  äno  rov  &ea)QBi<f&ai  (vgl.  Macrobius,  Sat.  I,  23);  auch  Herodot's 
von  Jakob  nicht  angeführte  Ableitung  des  Wortes  &eol  =  &ivT^ 
kenne  ich  wohl;  woher  hat  er  aber  die  Notiz,  dass  &Bog  von 
einem  Wort  herkomme,  das  brennen,  verbrennen  bedeute?  An 
Saiw,  SttifAWV  zu  denken  liegt  wohl  am  nächsten;  ich  kann  aber 
diese  Etymologie  aus  der  mir  bekannten  griechischen  Literatur 
nicht  belegen  2).     Die  Etymologie  von  Zevg  Zijva  kann  Jakob  ent- 


1)  Vgl.  Bcnfoy,  Goschichto  der  Sprach wissonscli all   190  f. 

2)  Auch    in   Max   MüUor's    Chiiw    from    a    Gcnnan    WorkÄliop    IV    (1875) 
S.  241  Noto  A:    d'eos  aud  Dous    finde   ich    diose  Etymologie    nicht   aufgeführt, 


IfetUe,  Jahob  wm  Edessa  über  den  Sehern  hammephoroäeh  eic,    503 

weder  aus  Cratylos  396  A  B  oder  aus  der  pseudo -aristotelischen 
Schrift  de  mundo  haben,  die  von  Sergius  von  Rss'ain  um  die 
Mitte  des  VI.  Jahrhunderts  ins  Syrische  übersetzt  wurde*). 

Die  andere  Frage  betrifft  das  von  uns  durch  „Ableitung*  über- 
setzte Wort,  das  in  offenbar  technischer  Bedeutung  mehrere  Mal 
in  dem  Stück  vorkonmit  und  allem  Anschein  nach  Uebersetzung 
eines  terminus  technicus  der  griechischen  Granmiatik  ist  Da 
die  genannte  Bedeutung  des  Wortes  im  syrischen  Lexicon  noch 
nicht  belegt  ist  (auch  im  neusten  Theil  des  Thesaurus  Syriacus 
col.  1417  nicht),  so  wftre  es  um  so  werthvoUer  zu  erfahren, 
welchem  griechischen  Ausdruck  es  entspricht.  Man  denkt  zunächst 
an  xaTa0X9Vi^f  aber  ob  das  ein  terminus  technicus?  schreibt  mii* 
Nöldeke.  In  dem  längeren  Abschnitt  des  Gratylus,  der  von  solchen 
Wörtern  handelt,  deren^  Herkunft  sich  noch  in  ihrer  Bedeutung  er- 
kennen lässt,  habe  ich  kein  griechisches  Wort  gefunden,  dem  es 
entsprechen  könnte,  und  in  der  weiteren  Terminologie  der  griechischen 
und  syrischen  Nationalgrammatiker  bin  ich  nicht  bewandert  genug; 
vielleicht  können  andere  mir  auf  die  Spur  helfen.  Wie  naiv 
übrigens  die  von  Jakob  im  gleichen  Zusanmienhang  ausgesprochene 
Annahme  ist,  dass  wohl  die  griechische  und  in  zweiter  Linie  noch 
die  hebräische  Sprache,  nicht  aber  das  Syrische  solche  Wörter 
habe,  deren  Herkunft  sich  noch  in  ihrer  Bedeutung  erkennen  lasse, 
braucht  kaum  hervorgehoben  zu  werden.  Der  Grund  davon  liegt 
auf  der  Hand,  nur  diese  beiden  Sprachen  hat  Jakob  in  späteren 
Jahren  mit  Bewusstsein  gelernt  und  dabei  gefragt,  was  bedeutet 
dies,  was  das?  woher  kommt  dies  Wort?  —  beim  Syrischen,  das  er 
als  seine  Muttersprache  von  Kindheit  auf  kannte,  kamen  ihm  diese 
Fragen  nicht.  Es  geht  ja  noch  uns  ähnlich  unsrer  Muttersprache 
gegenüber. 

Interessant   ist    aber   weiter    die   Kenntniss   des  Hebräischen, 


wäre  daher  dankbar ,  wenn  sie  mir  irgendwo  nachgewiesen  würde.  In  dem 
seither  erschieneneu  WerlL  von  Goebel,  Lexilogus  zu  Homer  und  den  Hörne- 
nden (I.  Berlin,  1878)  wird  8.  1 — 4  9eo9^  8.  4 — 8  Zevg  behandelt  und  ersteres 
auf  eine  Wurzel  t^v-  =  hauchen ,  letzteres  auf  eine  Wurzel  Sa- ,  t,a'  = 
1)  hauchen,  2)  brounen  zurückgeCuhrt  und  bemerkt:  Auf  Wurzel  ^a  brachte 
den  Namen  Zevg  bereits  Heraclitns  in  seinen  homerischen  Allegorien  cap.  23 
zurück,  wenn  er  aufstellt,  der  Name  sei  entweder  von  ro  ^rjv  napBxofABt^os 
toig  avifgatnoig^  ij  nnpa  rrjv  tfinvgov  tsaw  ovxtne  tovoftaafievos.  Man 
vorgleiche  auch  die  bei  Ritter  und  Prellor,  Historia  philos.  gr.  et  rem.  §  32 
aus  Clemens  Alex,  angeführte  Aeussorung  des  Heraclit  über  Zrjvog  owoßia,  das 
mit  dem  bekannten  nvp  nai(mitv  gleichgesetzt  zu  sein  scheint.  Ich  glaube  aber 
nicht,  dass  dies  wirklich  die  Etymologie  von  tteos  ist,  die  Jakob  hier  meint; 
er  muss  eine  mir  bis  jetzt  unbekannte  im  Auge  gehabt  haben.  —  Auch  in 
Ascoli's  kritischen  Studien  zur  Sprachwissenschaft  (Weimar  1878) ,  wo  8.  293 
—  309  die  Etymologie  von  &bos  erörtert  wird,  habe  ich  vei^blich  Auf- 
schluss  gesucht 

1)  Die  Stelle  dieser  Schrift  c.  VII  xalovoi  Si  nvTOv  xai  Zriva  xni  Jia 
napnXlijlws  x^^f*^*^^*  '^^^^  ovofinoiv  ms  xai  ««  Xiyotftev  8i!  ov  ^tSfiBV 
findet  sich  syrisch  in  Lagarde's  Analecta  Syriaca  p.  157,  1.  2  ff. 


504    Ntstle,  Jakob  van  Edessa  über  tLen  Sehern  hammephaniseh  €f^. 

bezw.  hebräischer  Traditionen,  die  Jakob  hier  an  den  Tag  legt;  so 
zuerst  in  der  Deutung  von  d^SibK  als  Schöpfer ').  Dass  damit 
keine  wirklich  etymologische  Erklärung  des  Wortes  gegeben  ist, 
leuchtet  ein,  ebenso  aber  inwiefern  der. Gebrauch  des  Wortes  im 
A.  T.,  namentlich  im  Unterschied  von  miT»  damit  ziemlich  richtig 
bestimmt  wird;  man  vergleiche  wie  noch  Delitzsch  zu  Genesis  c. 
XVn  (4.  Aufl.  seines  Gonmientars  S.  324)  die  drei  Gottesnamen 
d^t^b«,  ^itt)  b«,  Trirr  so  unterscheidet,  dass  er  vom  ersten  sagt 
,D'»!ib«  ist  der  Gott,  welcher  die  Natur  schafft,  dass  sie  ist,  und 
sie  erhält,  dass  sie  besteht*  (ähnlich  Oehler,  A.  T. liehe  Theologie 
§  41).  Belege  für  diese  Auffassung  von  D'»tlbK,  die  sich  nator- 
gemäss  an  Gen.  1,  i  anschloss,  beizubringen,  dürfte  einem  Kenner 
der  jüdischen  Theologie  nicht  schwer  sein;  ich  erinnere  hier  nur 
daran,  wie  Reuchlin  im  dritten  Buch  der  Cabala  ausführt,  quod 
Deus  ante  creationem  ineffabilis,  in  creatione  nominatus  est 
Elohim,  et  post  creationem  habitans  in  mundo  tamquam  in  templo 
suo  dicitur  Adonai.  Viel  deutlicher  tritt  uns  aber  jüdischer  Ein- 
fluss  in  dem  entgegen,  was  Jakob  über  das  Tetragrammaton,  den 
Schem  hanunephorasch  berichtet  Ausdrücklich  verweist  uns  ja 
Jakob  auf  die  jüdische  Tradition  als  seine  Quelle,  und  was  er  uns 
hier  über  das  Verhältniss  dieses  Namens  zu  den  andern  Gottes- 
namen, über  seine  Unaussprechbarkeit  und  dergleichen  berichtet, 
stinunt  aufs  genaueste  mit  dem,  was  wir  z.  B.  bei  Moses  ben 
Maimon  (More  nebuchim  I,  61)  darüber  lesen.  Nur  in  zwei  Punkten 
weicht  er  in  ziemlich  auffallender  Weise  davon  ab;  einmal  darin, 
dass,  wo  er  den  hebräischen  Ausdruck  angeben  wiU,  er  tti^D  Q)D 
sagt,  d.  h.  das  Qal  gebraucht,  statt  des  Püals  resp.  Paels,  das  im 
Targum,  Talmud  und  sonst  dafür  gesetzt  ist.  ttJ'niDTjri  D«  ist  die  ge- 
wöhnlichste Form  im  Talmud  und  so  auch  bei  Maimonides,  die 
durch  Reuchlin  und  Petrus  Galatinus  auch  unter  den  Christen  die 
geläufigste  wurde,  daher  Luther  seine  antikabbalistische  Streitschrift 
auch    „Vom    Schem  -  Hamphoras  *    betitelte  '^).      Im   Onkelos'schen 


1)  Wonn  P.  Smith  col.  195  uiitor   JojS^   aus  BB  den  Satz  anführt:    |x^ 

1^099  ^^  jop2Do  1^099  jojiSS.  jQA^d^soo  .^>orn  U^:^  ^  Joj^; 

I^ÖOf   ^^OpO  ««9«m}    JLOOP^}   JLqQL}    iiomeu  Dei   ex  Hchraico   sumptum 

est  signüicstque  cursum,  indicans  divinae  bonitatis  cursum  .  quae  omiies  res 
existentes  circumdat,  so  liegt  hierin,  glaube  ich,  eine  Verwechslung  mit  !^e6i 
vor.     Mir   bt  wenigstens   sehr  unwahrscheinlich,    was  P.   Smith  dort  sagt:    De- 

ducit   igitur   a  particula  bK    quao   motiouem   ad    locum  indicat,    vel  ut  censet 

Davios  ex  blÄ  volvit 

2)  Wittenberg,  3  Ausgaben  1543.  1543,  1544,  eine  Nürcmberg  1543.  In 
derber  Weise  gibt  er  seinem  gerechten  Unmuth  über  den  damals  als  höchste 
Weisheit  gepriesenen  kabbalistischen  Unsinn  dadurch  Luft,  dass  er  statt  Schem 
hamphoras  lieber  Peres  schama  oder  Schamhaperes .  d.  h.  Ilio  Ürcckl  sagen 
möchte. 


Nestle,  Jakob  van  Edeeaa  über  den  Sehern  hammephetOHph  etc,    505 

Targtim  findet  sich  der  Ausdmck  meines  Wissens  noch  nicht,  im 
Jemsolemischen  dagegen  in  der  Form  MV^ra  M^vi  Exod.  32, 36, 
Lev.  24, 11 ,  womit  zu  vergleichen  ist  das  t'argom  zn  Koheleth 
3,11  (ed.  Lagarde  S.  184,  ii  f.)  «ynMi  y^ro  mm  «73«)  n"»  t)« 
11513»  "^OS  riTiTD  p«  b!r,  nämlich  Jerobeam,  weiter  Cant.  2,  i7  (ed. 
Lagarde  151, 19  £)  «a^  «T3XD  ma  p'^pm  tnrrm  pp^n  n"»  i:pn^n«i 
pWiZ)  T'yawa  «^D»,  nach  anderer  Lesart  •jnnnö«.  Dass  Jakob 
nun  gerade  diese  letztere  Form  nicht  gebraucht,  ist  um  so  auf- 
fallender,   als  dieselbe  auch  gut  syrisch  ist,   während  «ji^^  )OJt 

zu  schreiben  ihm  viel  femer  lag.  Wir  sind  daher  zu  dem  Schlüsse 
getrieben,  dass  er  diese  Form  wirklich  von  seinen  jüdischen  Lehrern 
gehört  hat,  imd  es  wäre  interessant  zu  erfahren,  ob  dieselbe  in 
der  neuhebräischen  Literatur  sich  irgendwo  findet;  bei  Buxtorf 
und  Levy  ist  sie  nicht  erwähnt. 

Die  zweite  wesentlichere  Abweichung  besteht  nun  aber  darin, 

dass  Jakob   dieses  ^T\t  mit  «juVd,  weiterhin  mit  Ju^^  übersetzt. 

Bekanntlich  ist  seit  lange  ein  Streit  darüber,  was  die  Bedeutung 
des  Ausdrucks  is^icttn  D«)  denn  eigentlich  sei.  Die  einen  über- 
setzten es  mit  nomen  explicitum ,  die  andern  mit  n.  sepdra- 
tum;  vgl.  Buxtorf,  lex.  chdd.  2433,  in  der  neuen  Ausgabe  von 
Fischer  S.  920;  die  Bemerkungen  von  Munk  zu  der  angeführten 
Stelle  des  Maimonides;  die  schon  oben  citirten  Bemerkungen 
Geigers ;  aus  älterer  Zeit  insbesondere  Reuchlin  de  arte  cabalistica 
im  dritten  Buch,  wo  er  Schem  hamephoras  als  nomen  expositorium 
erklärt;  Petrus  Gralatinus  de  arcanis  catholicae  veritatis.  Buch  11, 
c.  9 — 14;  Raymundus  Martini,  Pugio  Fidei,  dritter  Theil,  distinct. 
in.  cap.  n  num.  IX— XITE,  C.  IV,  Nr.  IV.  Es  scheint  aber  bei 
den  jüdischen  Gelehrten  älterer  wie  neuerer  Zeit,  bei  letzteren 
hauptsächlich  auf  Grund  von  Onkelos  und  Ihn  Esra  zu  3  Mos. 
24,11.16,  die  erstere  Anschauung  fast  ausschliesslich  zu  herrschen 
(so  auch  Munk:  le  nom  distinctement  prononc6,  Geiger:  der  aus- 
di*ückliche  Name,  Luther:  welches  sol  heissen  der  ausgelegt  Name, 
Levy:  der  deutlich  ausgesprochene  Name),  nur  freilich  dass  man- 
che dieser  Erklärungen  selbst  wieder  einer  Erklärung  bedürftig 
erscheinen.  Für  die  andere  Deutung  weiss  ich  ausser  Bernstein  und 
Schröter  aus  neuerer  Zeit  keinen  entschiedenen  Vertreter  aufzu- 
führen, und  doch  scheint  sie  mir  viel  näher  zu  liegen,  ja  die  allein 
mögliche  zu  sein.  Denn  wie  das  Tetragrammaton  der  deutlich 
ausgesprochene  Name  genannt  worden  sein  soll,  wenn  nicht  wie 
lucus  a  non  lucendo,  sehe  ich  nicht  ein.  Zudem  ist  die  Bedeutung 
erklären,  deutlich  aussprechen,  für  TD^"^^  eine  sehr  abgeleitete, 
während  die  Gnmdbedeutung  trennen,  absondern  sofort  die  weitere 
aussondern  und  dadurch  auszeichnen  ergibt,  distinguere.  Nehmen 
wir  dazu,  divss  bei  Maimonides  damit  nnV73tl  d^  (auch  Sanh.  56  a, 
60  a.  b)  gleichgesetzt  wird,  so  liegt  es  schon  vom  jüdischen  Sprach- 
gebrauch aus  näher  ''liCTi    x^  als  nomen  -aeparatum  i.  e.  diatinctum 


506    •AKsftfe»  Jükob  von  Edessa  über  den  Sehern  hammephcroMk  etc, 

=  ausgesondert,  ausgezeichnet,  reservirt,  einzigartig  zu  fassen.  Dürfen 
wir  nun  aber  nach  unserem  Scholion  annehmen,  dass  fräher  tDn^D  Dt3 
gesagt  d.  h.  das  Qal  von  ^^t  in  diesem  Zusammenhang  gebraucht 
wurde,  welches  kaum  je  in  der  Bedeutung  exponere,  nie,  so  viel 
ich  weiss,  in  der  fraglichen  pronunciare  vorkommt,  sehen  wir  femer, 
dass   Jakob   dieses   tJ'nD*)    durch    ,f^ r\^  und  M.^  erklärt,   was 

nur  separatum,  distinctum  heissen  kann,  so  sehe  ich  nicht,  wie  man 
sich  länger  sträuben  kann,  dies  als  die  ursprüngliche  Bedeutung 
au'bh  von  «*nMh  o«  anzuerkennen*). 

Bietet  so  Jakob's  Scholion  einen  wesentlichen  Gewinn  för 
unsere  Kenntniss  der  jüdischen  Tradition,  so  auch  in  dem,  was  er 
über  die  Scheu  der  griechischen  Uebersetzer  mittheilt,  den  Gottes- 
namen zu  übersetzen  oder  mit  griechischen  Buchstaben  zu  schreiben. 
Nirgends,  soweit  mir  bekannt,  haben  wir  so  genaue  Angaben 
hierüber,  und  wenn  auch  die  ganze  Färbung  des  Berichts  von 
Jakob's  Phantasie  herrührt,  so  ist  die  zu  Grund  liegende  Thatsache 
'  doch  unbestreitbar;  das  zeigen  uns  eben  die  heutigen  Septuaginta- 
handschriften,  in  denen  xvgiog  durchweg  an  die  Stelle  von  Jrrtr» 
getreten.  Nur  eine  Notiz  ist  mir  trotz  der  Uebereinstimmung  von 
Origenes,  Hieronjmus  und  Jakob  noch  immer  auffallend,  die  nemlich, 
dass  die  griechischen  Uebersetzer  die  hebräischen  Buchstaben  in 
den  Text  und  xvgiog  auf  den  Rand  geschrieben  haben ;  denn  jetzt 
findet  sich  in  den  Handschriften  gerade  umgekehrt  im  Text  xvgtog 

und  auf  dem  Band  111111  resp.  ««Sud.    Was  Jakob  zur  Erklärung 

dieses  Verfahrens  aus  der  juristischen  Praxis  seiner  Zeit  beibringt, 
dürfte  den  Forschem  über  die  Geschichte  des  römischen  Rechts 
willkommen  sein.     Dass  die  termini  technici  der  römischen  Gesetze 


1)  Bemstoin    erklärt    zwar    in    der  obou    angoführtcu  Stelle  -f\0|^   )Qit 

als  syrisch :  -f\0|Q^  ist  einer  welcher  absondert,  unterscheidet,  also  -f\0|^  K^^ 
ein  unterscheidender,  absondernder,  besonderer  Name;  wenn  aber  Bar-Hebraeus 
dort  sagt:  )oj!S^;  jo^aY»  |20Ai  ^VO  «JI^V^  )QJt  pt^^^  =  ^»  Hebräer 
heissen  den  ausgezeichneten  (Passiv)  Namen  Gottes  «JtOV^  K^>  ""^  wenn 
Jakob  sein  Scholion   überschreibt :    j^  -*|9^   |2QJt  ^^JS^ ,   der   bei  den  Juden 

genannt  werde   «JtOV2)  )OJt,    so    kann    meines    Erachtens    kuiu  Zweifel    sein, 

dass  an  beiden  Stollen  diese  zwei  Worte  nicht  syrische ,  sondern  hebräische 
sein  sollen.  Jakob  schreibt  ja  auch  am  Schlüsse  unseres  Scholions  sogar  einen 
ganzen  hebräischen  Satz  mit  syrischen  Buchstaben;  hebräische  Buchstaben  au 
schreiben  war  ihm  wohl  wenig  geläufig,  und  jedenfalls  wären  solche  seineu 
Lesern  völlig  unverständlich  gewesen. 

2)  Man    vergleiche   ZDM6  XXIII    (1869)  S.  632,   wo   von  Griinbaum    auf 
ein  samaritanisches  Buch  aufmerksam  gemacht  wird,  in  welchem  das  Tetragramm 


NesÜSf  Jakob  von  Edesta  über  den  Sehern  hammephoraseh  ele«    507 

in  den  griechischen  Uebersetznngen  derselben  beibehalten  und  mit 
lateinischen  Buchstaben  geschrieben  werden  mussten,  und  dass  in 
Kauf-  und  Heirathsvertz^en  gegen  das  Ende  des  VII.  Jahrhunderts 
in  Mesopotamien  solche  Ausdrücke  in  griechischen  Documenten 
noch  mit  lateinischen  Buchstaben  geschrieben  wurden,  dürfte  bisher 
wohl  kaum  bekannt  gewesen  sein.  Man  vergleiche  dazu  die  von 
Land  im  ersten  Band  seiner  Anecdota  herausgegebenen  «Leges 
saeculares  e  sermone  Romano  in  Aramaeum  translatae^,  insbesondere 
Lands  Bemerkung  S.  185.  «Romana*  quae  in  titulo  appellatur 
(lingua),  Graeca  Byzantina  esse  nequit,  sed  Latina  est,  und  die  weitere 
aus  einer  Pariser  Hds.  dort  citirte  Stelle,  deren  Sprachgebrauch 
durch  unser  Scholion  eine  vollständige  Bestätigung  erhält. 

Eine  besondere  Wichtigkeit  erhält  nun  aber  dieses  Scholion 
als  Kriterion  für  den  Ursprung  unserer  syrischen  Hexaplahand- 
Schriften.  Li  den  meisten  derselben  wird,  wie  Wright  in  seinem 
Gatalog  der  syrischen  Hds.  des  Brit  Mus.  jedesmal  hervorhebt,  das 
Tetragrammaton  auf  dem  Rande  durch  ^^c^^o^  &=s  ni^ni  bezeichnet; 

im  Journal  of  Sacred  Literature  Jan.  1867,  p.  462,  noch  genauer 
in  einer  Anmerkung  zur  Vorrede  seines  Catalogs,  beschreibt  er 
eine  im  Besitz  von  Robert  Curzon  (Lord  de  la  Zouche)  befind- 
liche Handschrift  des  syro-hexaplarischen  Jest^a,  welche  das  Tetra- 
grammaton statt  ^urch  ^^o>^o>  durch  o^.»op  wiedergibt  und  dem- 
selben häufig  HEHE  beifügt.  Die  gleiche  Handschrift  ist  von 
Cerianiim  Jahr  1866  in  London  verglichen  und  seine  Beschreibung 
derselben  von  Field  (Origenis  Hexapla  H,  429  aus  einem  Brief 
vom  30.  Juli  1867)  mitgetheilt  worden.  Damach  stammt  die 
Handschrift  von  einem  andern  Schreiber  als  die  übrigen  zu  London, 
Paris  und  Mailand  befindlichen  syrischen  Hexaplahandschrift;en,  aus 
dem  Vni.  Jahrhundert,  steht  an  Correctheit  dem  berühmten  Codex 
Ambrosianus  kaum  nach,  ist  von  dessen  unmittelbarer  Vorlage 
offenbar  unabhängig  und  beweist,  da  sie  nur  in  Kleinigkeiten  von 
ihm  abweicht,  wie  genau  uns  der  Text  dieser  Uebersetzung  über- 
liefert ist.     „Uterque  tamen  (das  ist  für  xms  die  Hauptsache)   nisi 

erro,  ex  Jacobi  Edesseni  tractatione  de  erroneo  -^o>-0>  pro  Graeco 
ninif  hujus  corectionem  recepit,  ut  uüque  mutaret  in  opop. 
cui  saepe  C.  addidit  Graecum  HEHE,  quod  illi  uni  proprium*  *). 

1)  Vgl.  dazu  weiter  Ceriaiii,  Monumenta  sacra  et  prof.  II,  106  ff.  und  die 
Anmerkung  zum  Codex  Syro-Hexaplaris  Ambrosianus  (1874  fol.  p.  116),  wo 
Ceriani  darauf  hinweist,  dass  diese  Abhandlung  Jakobs  in  Add.  Ms.  12,159 
exLstire.  Als  ich  dieselbe  im  April  1875  in  London  abschrieb,  ab  das  erste,  was 
ich  aus  einer  syrischen  Handschrift  copirte,  waren  mir  diese  Verweisungen  auf 
dieselbe  noch  unbekannt.  Dass  der  voranstehende  Text  des  Scholion  genau 
dem  in  der  Handschrift  stehenden  entspricht,  ist  das  Verdienst  von  Professor 
Wright  in  Cambridge,  der  die  grosse  Freundlichkeit  hatte,  ausdrücklich  zu  dem 
Zwecke  nach  London  zu  gehen,  im  Britischen  Museum  den  gedruckten  Text 
noch  einmal  mit  der  Handschrift  zu  vergleichen  und  zu  berichtigen.  Meinem 
aufrichtigüten  Danke  erlaube  ich  mir  auch  hier  Ausdruck  zu  geben. 


508    N8gti§t  Jmkok  vom  Edema  über  den  Sehern  hammqphoraadi  ele. 

Denn  auch  im  berühmten  Codex  Ambrosianus  findet  sich  dieses 
opp^y  insbesondere  zu  Jesaja,   und  wir  erhalten   so   durch   unser 

Scholion  auf  einmal  Aufschluss  über  den  Ursprung  derjenigen 
syro-hexaplarischen  Handschrift,  die  durch  ihre  Vorzüglichkeit  seit 
100  Jahren  das  Interesse  der  Bibelkritiker  in  Anspruch  genommen 
hat,  uns  seit  kurzem  durch  Ceriani  in  prachtvoller  photolitho- 
graphischer Beproduction  vorliegt  und  durch  ihre  Vorzüglichkeit 
ein  neues  Licht  auf  Jakob's  biblische  Studien  fallen  lässt '). 

Doch  wir  eilen  zum  Schlüsse,  wir  können  nicht  alles  hervor- 
heben, was  imserem  Scholion  Bedeutung  verleiht:  dass  mit  Hilfe 
eines  locus  aureus  desselben  es  Field  möglich  geworden  ist,  die 
seit  Jahrhunderten  vergeblich  gesuchte  Lucianische  Recension  der 
LXX  in  einer  ganzen  Anzahl  von  Handschriften  zu  identiüciren,  ist 
schon  oben  angedeutet  worden,  und  schon  das  allein  ist  genügend, 
demselben  einen  dauernden  Platz  in  der  syrischen  Literatur  zu 
sichern.  Für  die  syrische  Paläographie  ist  es  wichtig  als  neuer 
Beweis,  dass  zu  Jakobs  Zeit  noch  von  oben  nach  unten  geschrieben 
wurde,  (sieh  am  Ende  der  Tafel,  die  von  Wright  schon  in  seinem 
Catalog  mitgetheilt  wurde);  vor  allem  aber  für  die  Geschichte  des 
Tetragranunaton  dadurch,  dass  es  uns  zeigt,  wie  ein  mit  jüdischer 
Tradition  wohlbekannter  Gelehrter  sich  dasselbe  im  VH.  Jahr- 
hundert ausgesprochen  dachte,  und  was  er  als  dessen  Bedeutung 
ansah.  Wer  will  sich  wundem,  wenn  auch  er  die  richtige  Aus- 
sprache und  die  ursprüngliche  Bedeutung  nicht  getroffen?  Mehr 
denn  11  Jahrhunderte  sind  seither  verflossen,  und  wir  stehen  dem 
Wort  noch  gleich  rathlos  gegenüber;  die  fehlerliafte  Lesung  des 
Wortes,  die  Jakob  einst  bekämpft,  ist  aufgegeben  und  vergessen, 
dass  sie  wie  eine  Curiosität  aus  alter  Zeit  erst  wieder  hervorgesucht 
werden  musste.  Eine  nicht  minder  fehlerhafte  ist  an  ihre  Stelle 
getreten ;  wie  lang  wird  es  dauern,  bis  auch  sie  wieder  aufgegeben 
und  vergessen  ist!  Wird  die  Zeit  kommen,  da  kein  Zweifel  mehr 
sein  wird  über  die  richtige  Aussprache  und  die  ursprüngliche 
Bedeutung  des  unaussprechlichen  Tetragrammaten,  des  räthselhaften 
Schem-hamephorasch  ? 


1)  Codex  saeculi  VIII  mihi  omnino  videtur,  sagt  Ceriaui;  um  so  mehr  regt 
sich  bei  dieser  Sachlage  aufs  neue  das  Bedauern,  dass  der  Codex  Marianus,  der 
unstreitig  den  ersten  Theil  des  Codex  Ambrosianus  bildete,  im  XVI.  Jahr- 
hundert aus  der  nitrischen  WUste  nach  £uropa  gerettet  worden  sein  soll,  nur 
um  hier  (für  immer?;  wieder  verloren  zu  gehen. 


MH. 


509 


Die  ^öbhana  stutayas  des  (^obhana  muni. 

Von 

Herrn.  Jaeobi. 

Unter  äen  Jainastotra  sind  mir  zwei  bekannt,  welche  der 
Reihe  nach  alle  Tirthakaras  anrufen.  Das  kürzere  von  beiden  ist 
das  caturviin^atijinastötra  (oder  ^ishabhanamrastotra)  des  Jina- 
prabhasüri,  der  wahrscheinlich  im  13.  Jahrhundert  lebte  *),  Sein 
Gedicht  besteht  aus  29  Strophen  in  drutavilambita ,  deren  vierte 
p&das  ein  tryaksharayamaka  enthalten  (wie  der  9.  sarga  des  Ragh.); 
als  Probe  mögen  die  4  ersten  Strophen  hier  stehen. 

Rishabha  namra-sur&'-sura-9ekhara- 

prapatayälu-par&ga-pi9angitam 

krama-sarojam  ahaip  tava  maulina 

jina  vahe  n a v a - h ema-tanu-dyute  1  1 

apara-vastu-vilokana-lMasft- 

visha-vishedha-budhäip  susham&-sudh&m 

vapushi  te  pibatäm  mama  cakshushi 

Aj  i  t  a  b  h  ä  j  i  t  a  -  b  h  d.svara-käficana  ||  2 

hari-har&di-surau*-gha-vilakshan&- 

'dbhuta-caritra-camatkpta-vishtapam  | 

sujana  bholj  pada-pitha-viloluthat- 

sumanasaip  mana  Saipbhava-daivatam  ||  3  || 

madana-durdama-danti-dame  haris 

tarumyig&-'ükita-mürtir  up^ritän  | 

druta-mahärajata-dyutir  agrai^lh 

Qamavatäm  avatäd  Abhinandana^  ||  4  || 


1)  In  Mallishenasüri's,  sain.  1349  verfassten,  Commentar:  Syädväda-maBjari 
zu  Hemacnndra'ä  dvfttriin9ak&  (einer  Nachahmung  eines  gleichnamigen  Werkes 
des  Siddhasenadivftkara)  lautet  der  vorletzte  Vers  der  varn9Ävali:  9riJinapra- 
bhasürinäm  s&häyyodbhinna-saurabhft  |  ^rutftv  uttamsata  satäm  yrittih  syftdväda- 
manjari  ||  Dieser  Vers  scheint  anzudeuten,  daas  der  Verfasser  ein  Schüler  des 
Jinaprabhasüri- war,  welcher  demnach  gegen  Ende  des  13.  Jahrhunderts  gelebt 
haben  muss. 


510  Jacobi^  die  ^ohhana  »tutayas  des  ^obhana  mtmt. 

Das  Gedicht  ist  von  Kanakaku^ala  commentirt,  der  auch  einen 
Commentar  znm  Bhakt4marastotra  sowie  Kalyänamandirastotra  ver- 
fasste  (cf.  Ind.  Stud.  XIV  377). 

Von  grösserem  Interesse  als  dieses  Gedicht  ist  das  zweite  der- 
selben Gattung:  die  Qobhana  stutayas  des  Qobhana  muni,  deren 
Text  und  üebersetzung  ich  vorlege. 

Merutunga  berichtet  in  seinem  saip.  1361  verfassten  VITerke 
Prabandhacintämani ,  dass  der  Jaina  Sarvadevan&ma,  aus  Madhya- 
de^a  gebürtig  und  zum  Eä9yapagotra  gehörend,  in  Vi9M&  lebte. 
Er  hatte  zwei  Söhne,  DhanapMa  und  (^obhana.  Letzterer  war  ein 
eifriger  Jaina  und  bekehrte  später  seinen  altem  Bruder  Dhana- 
p&la.  Sonst  wird  von  ihm  nur  noch  berichtet:  (^obhanamunes  tu 
9obhanacaturvii|i9atika  pratttai  va.  Dies  bestätigt  die  Avacüri  der 
^obh.  st.  in  den  Anfangsworten :  Dhanap&lapinditabändhavena  ^obha* 
näbhidhanena  viracitan&m  pratijinaip  catushkabh&vat  shan^avatirü- 
p&näi{i  9obhanastutinäm  avacüii^  kiipcil  likhyate.  Merutunga  lässt 
den  DhanapMa  an  König  Bhoja's  Hofe  leben,  wo  er  wegen  seiner 
Dichtkunst  und  Frönunigkeit  eine  Bolle  gespielt  habe.  Das  ist 
natürlich  eine  literarhistorische  Anekdote  ohne  VITerth.  Denn  Dha- 
nap&la  verfasste  seine  Paiyalacchi  saip.  1029  (Ind.  Ant.  VI  p.  46  ff.), 
und  Bhoja  datirt  eine  Inschrift  saip.  1078.  Damit  ist  auch 
^obhanas  Zeit  gegeben:  er  lebte  also  in  der  zweiten  Hälfte  des 
10.  Jahrhunderts.  Ausser  den  (^obh.  st.  ist  mir  kein  anderes  Werk 
desselben  Autors  bekannt;  aber  dieselben  genügen,  um  ihm  für 
immer  den  Buf   eines   grossen  Verskünstilers  zu  sichern. 

Die  (^obh.  st.  enthalten  96  Strophen,  von  denen  je  vier  zu- 
sammen gehören  und  in  demselben  Metrum  gedichtet  sind.  Die 
erste  Strophe  eines  jeden  Quatemio  ist  einem  Tirthakara  (von 
Bishabha  beginnend)  gewidmet,  die  zweite  allen  Jinas,  die  dritte 
der  Jainalehre,  die  vierte  verschiedenen  Gottheiten,  und  zwar 
kommen  die  16  Vidy&devis^)  vor  (Bohi^t  und  KMi  zweimal), 
femer  die  (^rutadevatä  (Sarasvaü),  ^^^^^^^^l  ^^^  zweimal  Ambä, 
endlich  2  yakshas,  Brahma9änti  und  Kapardin.  Der  Stoff  ist  also 
wenig  poetisch,  daher  hat  der  Dichter,  wenn  er  diesen  Namen  ver- 
dient, seine  ganze  Kunst  auf  die  Form  gerichtet.  Es  sind,  um 
mit  dem  Metrum  zu  beginnen,  18  verschiedene  Versarten  vom 
einfachen  9loka  bis  zu  einem  wurmgleichen  134-füsser  verwendet. 
Ueberall  hört  man  das  Klappern  des  anupnisa  durch ;  jedoch  das 
Hauptkonststück,  welches  dem  Dichter  wirklich  gut  gelungen  ist, 
sind  die  pädayamaka  des  zweiten  und  vierten  pada,  die  akshara 
für'akshara  identisch  sind.  Einmal  53 — 56  ruht  das  yamaka  auf 
dem   ersten   und   vierten   pada,   und   ein   andermal   49 — 52,    also 


1)  Die  Namen  bei  Hemacandra  weichen  etwas  ab,  sie  lauten:  Kohiui,  Pra- 
jfiapti,  Vinin^nükhaUL,  Kuli9fcuku9i,    Cakre^vari,    Naradattä,    KUi.    MahäkiU, 
.  Qamii,    GandhAri,    Barv&stramab&jvälä ,    Mänari,    Vairotyä,    AcchuptA,  Minaaf, 
Mah&mftnasik&. 


Jacobij  dU  ^obhana  gtutaycu  des  Qobhana  mtmt.  511 

gerade  den  Beginn  der  zweiten  Hälfte  markirend,  ist  p4da  1  ^=  3 
und  2  =  4.  Endlieh  bestehen  13  — 16  und  89  —  92  ganz  aus 
padayamaka.  Diese  Kunststücke,  welche  bei  langem  Versen  geradezu 
staunenswerth  sind,  hat  der  Dichter  ausgeführt,  ohne  einerseits  zu 
häufig  sich  desselben  Kunstgriffes  bei  denselben  Worten  zu  be- 
dienen, was  allerdings  nicht  ganz  zu  yermeiden  war,  und  ohne 
andererseits  dem  Sprachmaterial  zu  grosse  Gewalt  anzuthun.  Zwar 
ist  manches  seltene  und  seltsame  Wort  aus  entlegenen  Winkeln 
des  Wörterbuchs  ans  Licht  gezogen,  aber  zu  ekäksharas  hat  der 
Dichter  selten  seine  Zuflucht  nehmen  müssen.  Auch  von  Seiten 
der  Grammatik  sind  keine  Vorwürfe  zu  machen,  obgleich  seltene 
Formen  genug  sich  finden ;  dagegen  ist  der  Dichter  hinsichtlich  der 
Construktion  mit  grosser  Willkür  verfahren.  Sehr  störend  ist, 
dass  in  demselben  Satze  dasselbe  Object  der  Anrufung  Epitheta 
im  Vocativ  und  Nominativ  erhält  Noch  störender  ist  es,  wenn 
die  Grenzen  von  Haupt-  und  Nebensätzen  zuweilen  ganz  verwischt 
werden,  so  dass  Worte,  die  zum  Hauptsatz  gehören,  zwischen 
solchen  des  Nebensatzes  stehen  und  umgekehrt  Endlich  sind  die 
Gesetze  der  Composition  häufig  nicht  beachtet  Aber  trotz  alledem 
bleiben  die  (^obhana-stutayas  merkwürdig  als  Kunststück  und  in- 
teressant als  ein  vorzügliches  Beispiel  für  die  Richtung,  welche  die 
Dichtkunst  der  an  Poesie  so  armen  Jainas  einschlug,  und  für  die 
Leistungen,  deren  sie  darin  im  besten  Falle  fähig  war. 

Zur  Herstellung  des  Textes  bediente  ich  mich  eines  in  meinem 
Besitze  befindlichen  Manuscriptes ,  etwa  200  Jahre  alt,  und  eines 
Berliner  Ms.  (Ms.  Orient  Fol.  668.),  saip.  1486  posamäse  kpshna- 
pakshe  pürnnimäy&ui  some.  Beide  Mss.  stimmen  hinsichtlich  der 
äussern  Einrichtung  beinahe  vollständig  überein,  und  enthalten 
beide  denselben  Commentar.  Sie  sind,  wie  die  in  beiden  Mss. 
sich  findende  Umstellung  der  Verse  15. und  16  beweist,  aus  der- 
selben Quelle  geflossen.  Der  Text,  auf  9^/2  foll.,  steht  in  der 
Mitte,  8 — 11  Zeilen,  der  Commentar  in  kleinerer  Schrift  auf 
den  Rändern  oben,  rechts,  links  und  unten.  Der  Text  hat  als 
Unterschrift  die  Worte:  iti  Qobhana-stutayat  sütra  samapta^;  der 
Commentar:   iü   ^obhana-stutyavacürit   samäptal^  (Berl.  samäptäb). 

Der  Verfasser  der  Avacüri  macht  sich  nicht  namhaft,  seine 
Erklärungen  geben  nur  das  nothwendigste:  die  Construktion  und 
Auflösung  sowie  Umschreibung  der  Composita  resp.  Worte,  ohne 
nach  Vollständigkeit  zu  streben.  Der  Conmientar  war  mir  eine 
unentbehrliche  Hülfe;  jedoch  hätte  ich  oft  ausführlichere  Er- 
klärungen gewünscht  Aber  auch  in  diesen  Fällen  genügte  einiges 
Nachdenken  zur  Lösung  der  vom  Dichter  aufgegebenen  Räthsel. 

Ich  gebe  den  Text  in  Umschrift  und  mit  Trennung  der 
Composita,  was  bei  Gedichten  dieser  Gattung  zum  leichtem  Verständ- 
niss  nothwendig  ist.  Der  Dichter  allerdings  beabsichtigte  gerade 
das  Gegentheil:  'seine  Zeitgenossen  in  Verlegenheit  zu  setzen.  Ich 
bemerke  noch,  dass  durch   die  Umschrift  häufig   die   vollständige 

Bd.  XXXII.  33 


512  JacMj  die  (^hana  stutayas  ties  (Jobhana  munC 

Gleichheit  der  pMas  verdunkelt  wird.  Dies  geschieht  immer,  wemi 
ein  P^a  mit  einem  Vocale  anfügt.  In  diesen  Fällen  ist  zur 
Vervollständigung  des  yamaka  der  Schlussconsonant  des  letzten 
plidas  hinzuzurechnen.  In  der  Uebersetzung  habe  ich  mich  so  eng 
wie  möglich  an  den  Commentar  angeschlossen,  von  dem  ich  nur 
selten  abweiche;  wo  es  nöthig  erschien,  habe  ich  meine  abweichende 
Auffassung  motivirt.  Ich  habe  nur  in  wichtigem  Fällen  die  ver- 
schiedenen Interpretationen  des  Gommentars  angeführt  Es  ist  wohl 
für  den  Kenner  dieser  Art  von  Dichtwerken  nicht  nothwendig  zu 
bemerken,  dass  der  Dichter  nicht  nur  eine  Auflösung  gewollt; 
er  war  sich  wohl  in  den  meisten  Fällen  der  verschiedenen  Mög- 
lichkeiten bewusst  und  freute  sich  seiner  Vieldeutigkeit 


1 — 4.      !^shabha,   jinottamas,    pravacana,  (^rutadevata.      Metrum: 
^ardülavikri^ita.     pada  2=4. 

bhavyä-mbhoja-vibodhan-'aika-tara^e  vistüri-karma-'vali- 
rambha-sämaja  Näbhinandana  maha-nashta-'pad  äbhäsurail^  | 
bhaktyä  vandita-päda-padma  vidusham  sampädaya  prqjjhitä- 
rambha  *säma-jan4-l)hinandana  mahän  asht-äpada-'^bhä  'surai\i  ||  1  | 
0  Näbhinandana :    du  einzige  Sonne,  welche  wie  Lotusse  die 
Frommen   erweckt;    du  Elefant,   welcher   wie  Bananen  die  langen 
Reihen  der  Handlungen   (zertritt,  vernichtet);   du,    dessen  grosses 
Unglück  vernichtet   ist;    du  dessen  Fusslotus  andächtig  von  weit- 
strahlenden Asuren    verehrt   wird;    der   das   Streben   aufgab;    du 
Erfreuer  der  gesunden  Menschen;  bereite  den  Weisen  Feste! 
te  vah  pantu  jino'-ttamä^  kshata-rujo  nä  "cikshipur  yan-mano 
d&rä  vibhran^-rocitä^  su-manaso  manda-'ravä  räjitati  | 
yat-p4dau  ca  suro- jjhitäl^  surabhayamcakruh  patantyo  'mbarad 
ärävi-bhramaro-'cit4b  sumanaso  mandära-värä- jitäli  ||  2  || 

Schützen  mögen  euch  die  höchsten  Jinas,  die  leidlosen,  deren 
Sinn   nicht   die   durch  Coquetterie  reizenden,  heitern,  leise  reden- 
den, geschmückten  Weiber  anzogen,  und  deren  Füsse  von  Göttern 
gestreute,    vom  Himmel   fallende,    summenden   Bienen   gefallende, 
von  Mandara-Mengen  unübertroffene  Blumen  wohlriechend  gemacht 
haben, 
^slntim  vas  tanutan  mitho  ^ugaman&d  yan   naigama-*'dyair  nayair 
akshobhain  Jana  he  ^tuläm  chita-mado-'dirna-Yiga-jalain  kptam  | 
tat  püjyair  jagatäm  jinaih  pravacanam  dripyat-kuvädy-avali- 
raksho-bhainjana-hetu-lafichitam    ado  dirna-'ngajä-'laipkrit'im  ||  3  li 
Unvergleichlichen  Frieden   gewähre    euch    die   von    den   weU- 
geehrten  Jinas  gegebene  Lehre,  welche  wegen    ihrer  Folgeiichtig- 
keit  durch  Gründe  der  Vedakundigen  und  anderer  (Ketzer)  nicht  zu 
erschüttern  ist  in  welcher  der  Hochmuth  erniedrigt-  und  die  Samm- 
lung der  Angas  erhöht  wird,  die  geziert  ist  mit  Beweisen,  welche 
die  lUkshasa-gleiche,  stolze  Schaar  der  Irrgliiubigpn  zerschmettern, 
jene  Lehre,  welche  verherrlicht  wird  von  Lustbezwingem  (<;'.ramanadi). 


JiMcobiy  die  Qobhana  Mtutayas  den  Qobkana  inttm'.  513 

9!tä-'mQn-tvi8hi  yatra  nityam  adadbad  gandhä-'dhya-dhüll-kanän 
4l!  kesara-lälasä  samuditö  "9a  bhr&mar!  'bhä-'sit&  | 
päjad  vah  (^rutadevata  nidadhati  taträ  'bja-k&nti  kramau 
nältke  saralä  'lasä  samudita  ^ubhra-'mari-bhasita  ||  4  || 

In  welcher  mondgleicbgläiizenden  Lotusgruppe  die  elefanten- 
schwarze,  nach  Staubfäden  gierige,  schnell  sich  erhebende  Bienen - 
schaar  stets  duftreiche  Pollenstänbchen  einschlnckt,  darin  ihr  lotus- 
glänzendes Fusspaar  niedersetzend  möge  euch  beschützen  die 
wahrhafte ,  ruhende ,  freudige ,  durch  reine  Göttinnen  verklärte 
Qrutadevatä  I 

5 — 8.     Ajita  ,   jinanivaha ,   jinamata ,    Mänasl.      Metr.    pushpit4gra 
päda  2  =  4. 

tarn  Ajitam  abhinauui  jo  viräjad- 
vana-ghana-meru-parä-'ga-mastakä-'ntam  | 
nija-janana-mahotsaye  'dhitashtbäv 
anagha-nameru-parägam  asta-kUntam  ||  5  || 

Ich  preise  den  Ajita,  welcher  an  seinem  eigenen  Geburtsfeste 
sich  begais  auf  den  höchsten  Gipfel  des  erhabenen  Berges  Meru, 
auf  dem  Walder  und  Wolken  glänzen,  auf  dem  heiliger  Nameru- 
bäume  Blüthestaub  (liegt),  auf  ihn,  den  wie  asta  schönen  (oder 
den  Ajita,  welcher  der  Geliebten  entsagt). 

stuta  jina-nivahaip  tam  arti-tapt&- 
'dhva-nada-suräma-ravena  vastuvanti  | 
yam  amara-pataya]|^  pragaya  par^va- 
dhvanad-asurä-'mara-ve^ava  stuvanti  ||  6  || 

Preiset  die  Jinaschaar,  welche  die  Götterherrn,  in  deren  Nähe 
die  Flöten  der  Götter  und  Asuren  tönen,  Loblieder  (vastuvanti?) 
singend  mit  einem  Klange,  welcher  lieblich  ist  wie  für  den  Schmerz - 
gequälten  ein  Fluss  am  Wege,  preisen. 

pravitara  vasatiip  triloka-bandho 
gama-naya-yoga-tatä  'ntime  pade  he  { 
jina-mata  vitatä-'pavarga-vlthi- 
gamana-yayo  gata-tänti  me  ^adehe  ||  7  || 

An  der  letzten  Stätte,  wo  kein  Körper  mehr  ist,  gieb  mir, 
damit  ich  frei  sei  von  ErschlafiPung,  Wohnsitz,  o  Lehre  der  Jinas! 
Freund  der  Dreiwelt!  die  durch  gamas  (sadp^apätha),  Definitionen 
und  yogas  ausgebreitet  ist,  Boss  zum  Bennen  auf  der  grossen 
Bahn  zur  Glückseligkeit! 

sita-^akuni-gata  "9U  Manasi  'ddha? 
'tta-tatim  irammada-bhä-sur&jita-"9am 
vitaratu  dadhati  paviip  kshato-'dyat- 
tata-timiram  mada-bhasurä- jita  9am  ||  8  || 

Manasi,  die  auf  weissem  Vogel  reitende,  die  unbesiegbar  ist 
durch  die  im  Hochmuth  Prunkenden,  die  einen  Donnerkeil  trägt, 
welcher  das  Weite  erfasst  und   erleuchtet,   von   dessen   Blitzglanz 

33* 


514  JaeMy  die  Qobhana  stutayas  des  (^hema  mtms. 

die  Himmelsgegenden  schön  erhellt  werden,  und   der   die    hervor- 
.  kommende,   ausgebreitete  Finstemiss   vertreibt,   sie   m^g^   schnell 
Heil  verleihen.   (Mss.  ^ita^akuni.) 

9 — 12.      Qambhava,   jinakadambaka ,   mata,    yajra9|inkhal&.    Meir. 
äry&giti.     p&da  2=4,  ausserdem  dreifaches  yamaka. 
nirbhinna-9atru-bhava-bhaya 
9am  bhava-k4nt4ra-t4ra  tära  mamä  'ram  | 

vitara  träta-jagat-traya 
^ambhava  k&ntä-ratä-'ratiL  'rama-m^am  ||  9  .| 

0  (^ambhava!  der  du  die  Furcht  vor  Feinden  vernichtetest, 
Führer  aus  der  Wildniss  des  Saipsära,  leuchtender,  Better  der  Drei- 
welt, der  du  dich  nicht  ergötztest  an  der  Liebeslust  der  Liebsten, 
verleih  mir  schnell  Heil,  von  Spiel  imd  Wollust  freies! 

til^rayatu  tava  pranataip 
vibhayä  paramä  Bam&  'ram  änamad-amarai^  | 
stuta  rahita  jina-kadambaka 

vibhaya   para-mära  mära-m&na-mada-maraih  ||  10  || 
Die  durch  Glanz  erhabene  Bam4   (=  Lakshmi)   eile    zu   dem 
sich  vor  dir  neigenden,  o  Jinaschaar!  die  du  gepriesen  wirst  von 
sich  neigenden  Göttern,  du  furchtlose,  andere  nicht  tödtende,  du 
die  frei  ist  von  Wollust,  Stolz,  Hochmuth  und  Tod! 

jina-r&jyä  racitam  st4d 
asamä-"nana-yänay&  'nayä  "yata-m&nam  | 

9iva-9armane  matam  dadhad 
asam&na-nay4n  ayänayä  yatam&nam  ||  11  {| 
Zu  heilsamem  Schutze  gereiche  uns  die  von  dieser  unbeweg- 
lichen Beihe  der  Jinas,  welche  von  imvergleichlichem  Antlitz  und 
Wandel  sind,  verkündete  Lehre,  die  energische,  die  ausgebreitete 
Autorität  besitzt,  die  unvergleichliche  Definitionen  enthält.  (Ich 
würde  vorziehen,  im  letzten  Päda  aya- nayä- yatamänam  zu  trennen 
und   zu   übersetzen:    die  um  Gewinn  und  Verlust  unbeküiiimei*te.) 

^rinkhala-bhrit  kanaka-nibhä 
yä  \Jkm  asam&na-m&na-mänava-mahitam  | 

9ri-Vajra9rifikhalära  kaja- 
yät4m  a-samänam  änamä  'n-avama-hitam  ||  12  | 
Ohne  Hochmuth  neige  dich  vor  der  hehren  Vajra^yiükhalä,  die 
Ketten  trägt  und  wie  Gold  glänzt,  die  von  \mg6wöhnlich  einsichtigen 
Menschen  gepriesen  wird,  die  auf  einem  Lotus  thront  imd  hohes  Heil  hat. 

13 — 16.     Abhinandana,   jinavaras,   jinavarägama ,    Bohini.       Metr. 
drutavilambita.    pMa  2=4. 

tvam  a9ubhäny  Abhinandana  nanditä- 
'sura-vadhü-nayanah  paramo-'darah  | 
smara-karindra-vidäraiaa-kesarin 
surava  dhünaya  nah  para-moda-ra^  ||  13  || 
0   wohlstinuniger    Abhinandana,    erschüttere    unser  widriges 
Sehicksal   (oder   Sünden),    du   die   Augenweide    der    Asurafrauen, 


Jacobi,  tue  (Jobhana  Hutayas  des  (^bhana  muni,  5]5 

hochgeborner,  andern  Wonne  verleihender,  o  du  wohlredender!  du 
Leu  im  Zerreissen  des  starken  Elefanten:  Smara!  (Oder  aufgelöst: 
nandita-'sur   a-vadhü**  Lebenserfreuer ,    nicht  Frauenbeschauer.) 

jina-varati  prayatadhvam  itÄ-^mayä 
mama  tamo-hara^äya  mahä-'rii^alt^  | 
pradadhato  bhuvi  yi9Yajanhiatäm 
amata-moha-ranä  yama-härii^al;^  U  1^  II 

Um  mir  die  Finstemiss  (Unwissenheit)  zu  benehmen,  bemüht 
euch,  ihr  besten  Jinas,  ihr  leidlosen,  grosse  (Glaubens)räder  be- 
sitzenden, auf  Erden  Güte  gegen  Alle  beweisenden,  Verächter  von 
Verwirrung  und  Kampf,  Befreier  vom  Tode! 

asumatam  m^ti-jäty-ahit&ya  yo 
jina-varä-"gama  no  bhavam  &yatam  | 
pralaghutäifi  naya  nirmathito-'ddhat&-  i 

"ji-nava-räga-manobhava-m&ya  tarn  ||  15  ||  ^ 

0  Lehre  der  besten  Jinas,  die  vernichtet  heftigen  Kampf, 
junge  Leidenschaft,  Wollust  und  Täuschung,  erleichtere  uns  das 
lange  Weltleben,  welches  für  die  Lebenden  Tod,  Geburt  und  Un- 
heil birgt! 

vi9ikha-9ankha-jush4  dhanushä  'sta-sat- 

sura-bhiyä  tata-nunna-mahä.-'riQsk  | 

parigatäin  vi^adäm  iha  Bohii^iip 

surabhi-yäta-tanuip  nama  härinä  ||  16  || 

Neige  dich  vor  der  auf  einer  Kuh  reitenden,  reinen  Bohin!, 
die  mit  Pfeil  und  Muschel  vereint  einen  prächtigen  Bogen  trägt, 
welcher  die  Furcht  der  Fronmien  imd  die  Götter  vertreibt  und 
gewaltige  Feinde  zersprengt  und  bedrängt. 

17 — 20.     Sumati,  jinas,  mata,  Kali.     Metr.  äry&giti.     padayamaka. 

mada-madana-rahita  nara-hita 
Sumate  sumatena  kanaka-täre  'tä-'re  | 

dama-dam  apä-laya  p&laya 
darad  araü-kshati-kshapätal;!  pata^  ||  17  || 

Von  Hochmuth  und  Wollust  befreiter,  Heil  der  Menschen, 
goldglänzender ,  feindloser ,  hausloser ,  o  Sumati ,  schütze  den 
Selbstbezähmung  übenden  durch  gute  Lehre  vor  Gefahr,  o  Schützer 
vor  der  Nacht  der  Vernichtung  durch  Feinde! 

vidhut&-'r&  vidhu-t&rät 
sada  sa-dan&  jinä  jitä-"ghät&-'ghat  | 

tanuta  'p4-'tanu-täpä 
hitam  ahita^mänava-nava-vibhavä  vi-bhavah  ||  18  || 

Feinde  verscheucher,  mondgleichglänzende ,  stets  gabenreiche 
Jinas,  Schmerz  und  Sünde  besiegende,  verleiht  Glück,  ihr  von 
grosser  Qual  befreiten,  die  ihr  den  Menschen  junge  Gewalt  gebt, 
ihr  aus  dem  Weltleben  erlösten!  (Com.  jitam  aghätam  ghätavariitam.") 


516  JacMt  di«  Qobhana  Huiayas  des  ^obhana  wutm 

matimati  jinaräji  narä- 
"hite-"hite  rucita-ruci  tamohe  'mohe  | 

matam  a-tanü-"naip  nünai)i 
smarä  'smara-'dhira-dhir  asumatah  sumataljL  ||  19  P 

Du,  dessen  Geist  durch  den  Liebesgott  nicht  erschüttert  ist, 
der  du  den  Lebenden  wohlgesinnt  bist,  gedenke  wahrlich  der 
grossen  ungeschmälerten  Lehre  in  dem  einsichtigen  Jinaförsten, 
welcher  der  Menschen  Sehnen  stillt,  dem  lieblich  glänzenden, 
Pinstemiss  vertreibenden,  dem  nicht  verblendeten. 

naga-dä  'mäna-gadä  mam 
aho  maho-räji-r&jita-rasä  tarasä  | 

ghana-ghana-käl!  KM! 
vat&  'vatad  üna-düna-saträsa-tra  ||  20  || 

Ach!  schützen  möge  mich  eilends  die  Kali,  mit  unmessbarer 
Keule,  die  Berge  spaltende,  die  mit  Lichtfülle  die  Erde  ver- 
gärende, die  wie  dichte  Wolken  schwarze,  die  Retterin  der  Ge- 
schwächten, Betrübten  imd  Furchtsamen. 

21 — 24.     Padmaprabha,  jinapankti,  jinavar&gama,  "G&ndhäri.     Metr. 
vasantatilaka.     p&da  2=4. 
päda-dvayi  dalita-padma-mpduh  pramodam 
unmudra-tämarasa-d^a-latänta-p&tH  | 
Fädmaprabhl  pravidadh&tu  satam  vitinoam 
un-mud-rat&-"ma-rasa-d&  "ma-lata-nta-p&tri  ||  21  || 
Grosse  Wonne    möge   verleihen  den  Guten   des  Padmaprabha 
Fusspaar,   welches    zart  ist   wie   geö&eter   Lotus   und   gleichsam 
eine  Blumenvase  ist  für  aufgeblühte  Nymphäen-Guii'landen,  welches 
das  frische  Verlangen  nach  dem  Wonne  bereitenden  Liebesgenusse 
vernichtet  und  ein  Vertilger  der  Krankheits-Lianen  ist. 

sä  me  matiip  vitanutaj  jina-panktir  asta- 
mudrä  gat&   mara-sabha  *sura-raadhya-ga  "dyam  | 
ratnä-*ip9ubhir  vidadhati  gaganä- ntärälam 
udr^a-tamarasa-bhäsuram  adhyagad  yam  |{  22  || 
Einsicht  möge  mir  verleihen  die  Reihe  der  Jinas,  zu  welcher 
vorzüglichsten  hingegangen  Zuflucht  nahm  die  Götterschaar,  deren 
Gottheitsmerkmale   geschwunden   waren  imd  die  sich  inmitten  der 
Asura   befand,   die  mit  Juwelenschein  den  Himmelraum  leuchtend 
wie  hell  rothen  Lotus  machte. 

9ränti-cchidam  jina-varä-**gamara  ä^rayä-'rtham 
aramam  anama  lasantam  asaipgaman&m 
.    dhäma  'grimam  bhava-saritpati-setum  asta- 

mära-"ma-mäna-mala-santamasam  gamanam  |{  23  || 
Um  Zuflucht  zu  nehmen  neig'  dich  vor  der  ermüdungheben- 
den Lehre  der  besten  Jinas,  dem  leuchtenden  Haine  der  Keuschen, 
dem  vorzüglichsten  Hause  der  Gamas  (sadp9apät>ha) ,  der  Brücke 
über  das  Meer  des  Lebens,  vor  ihr,  welche  Wollust,  Krankheit, 
Stolz,  Sünde  und  Unwissenheit  verjagt. 


Jacobi,  die  Qobhana  dUUayaa  des  (jahhana  mwd.  517 

Gändhari  vajra-mu^ale  jayatah  samira- 
p4tä-"lasat-kuvalay&-"vali-nila-bhe  te  | 
kii-tih  kara-praQayin!  tava  ye  niniddha- 
patala-sat-kuvalaya  valiiii  labhete  ||  24  || 
0    Gändhäri,    es    siegen    deine    beiden    Diaman^eulen    (oder 
Bonnerkeil  und  Keule),  die  blau  glänzen  wie  im  Windstoss  tanzende 
Lotusreihen,   welche  mächtig  und  lieb  deiner  Hand  dir  Ruhm   er- 
werben mögen,  der  das  Beich  der  Höllenbewohner  bekämpft. 

25 — 28.     Supar9va,  jinatati,  jinamata,  Mah&m^nas!.    Metr.    mälini 
pada  2=4. 
krita-nati  kptavän  yo  jantu-jatam  nirasta- 
smara-para-mada-mäyä-mäna-vädh&-ya9a6  tarn  | 
suciram  avicalatvam  citta-vfitte^;l  Sup&'r^vani 
smara  parama-damslya  mänav&  "dhaya  9astam  |  25  || 

Des  Supär^va,  welcher  das  sich  verbeugende  Menschengeschlecht 
vom  Liebesgotte,  Feinde,  Hochmuthe,  Truge,  Stolze,  von  Kummer 
und  Schmach  befreite,  gedenke  o  Mensch!  nachdem  du  lange  preis- 
würdige Buhe  deiner  streng  gezügelten  Gedanken  erlangt  hast, 
vrajatu  jina-tatih  sä  gocare  citta-viitteh 
sa-dama-rasa-hit4y4  bo  ^dhikS,  mänav^&m  | 
padam  upari  da^änä  vlirijanlkm  vyah4rsh!t 
sad-amara-sahitä  y&  bodhi-kamä  navänam  H  26  || 

Eingehe  in  den  Kreis  eurer  Gedanken,  welche  gezügelt,  ver- 
edelt und  beglückt  sind,  die  über  die  Menschen  erhabene  Reihe 
der  Jinas,  welche  begleitet  von  Frommen  und  Göttern,  zu  belehren 
begehrend  lustwandelte  den  Fuss  aufsetzend  auf  frische  Lotus- 
blumen.    (Cf.  Bhakt&m.  st.  32.) 

di^ad  upa^ama-saukhyaiTi  saipyat&näip  sadai  'vo 
m  jina-matam  udäram  käma-mäyä-mahäri  | 
janana-marana-rlnan  väsayat  siddhi-väse 
*ruji  namata  mudä  *ram  kämam  äyäma-häri  |I  27  || 

Freudig   fürwahr   neiget   euch   schnell   vor   der   ehrwürdigen, 
Liebe  und  Trug  befeindenden,    grossen   und   lieblichen  Lehre   der 
Jinas,  welche  den  Keuschen  immerdar  die  grosse  Wonne  der  Buhe 
bringt,  und  welche  die  von  Geburt  und  Tod  bedrängten  (khinn&n  Com.) 
eingehen  lässt  in  die  glückliche  Wohnung  der  Vollkommenheit 
dadhati  ravi-sapatnaip  ratnam  skbhä-'sta-bhsksvan- 
nava-ghana-taravarim  väranä- räv  artnäm  | 
gatavati  vikiraty  älim  Mahamänasi  'shtlln 
ava  ghanatara-värim  va  ra^ä-*  r&va-rin&m  ||  28  || 

0  Mahämänasi,  du,  die  auf  einem  Elefantenfeind  (Löwen), 
welcher  die  durch  Schlachtruf  vernichtete  Beihe  der  Feinde  zerrinnen 
macht,  reitest,  und  ein  mit  der  Sonne  wetteiferndes  Juwel  oder 
ein  viel  Wasser  haltendes  Schwert  trägst,  welches  durch  seinen 
Glanz  die  leuchtenden  frischen  Wolken  in  Schatten  stellt:  schütze 
deine  Lieblinge! 


518  JäcM,  die  Qobkana  Mtutaycu  des  ^bhana  nwmL 

(Der  Com.  bezieht  ghanatara-väriip  auf  ratnam,  was  grammatiscli 
unmöglich  ist;  ich  beziehe  es  auf  tarav4rim:  es  ist  das  bekamite 
Schwertwasser  gemeint) 

29 — 32.     Candraprabha,   räji  jinan&m,  siddh&nta,  Vajranku9i.   Metr. 
mandakr&nta.     pada  2=^4. 
tubhyaip  Candraprabha  jina  namas  t^aso-jjfimbhit&näip 
häne  k&nt&  'nala-sama  dajävan  dit^-^y^^'^^^^^^^  I 
vidvat-panktyä  prakatita-prithu-spash^-d;isht4nta-hetü- 
"hä- nekäntä  'n-alasa-maday^  vanditäy&  'samäna  II  29  || 
Zur  Vermeidung   sündhafter  Bestrebimgen  sei  Verehrung  dir, 
0   Jina   Candraprabha!    du    lieblicher,    feuergleicher,    mitleidiger, 
Mühe   und  Stolz   vernichtender,   unvergleichlicher,  der   du   grosse 
und  klare  Gleichnisse,  Beweise,  Ueberlegungen  imd  den  Syadvada 
verkündest,    dir,   der  verehrt   wird  von   der   Schaar  der  Weisen, 
welche  frei  ist  von  Trägheit  und  Hochmuth. 

jiyäd  rdjl  janita-janana-jyäni-h&nir  jinanaip 
saty&-"gärai|i  jaya-dam  ita-ruk  sa- ravirndä  'vataram  | 
bhavyo-'ddhjityä  bhuvi  kyitavati  yä  'vahad  dharma-cakraip 
sa-tyägä  rafijayad  amita-ruk  sä  raviip  dava-taram  ||  30  || 
Siegen  möge  die  Vernichtung  der  Geburt  tmd  des  Todes  be- 
wirkende  Reihe    der  Jinas,    welche  frei  von  Leid,    Lotusblumen 
tragend,  freigebig  und  sich  zur  Errettung  der  Frommen  auf  Erden 
incamirend  das  Bad  des  Glaubens  brachte,  ein  Haus  der  Wahrheit, 
siegverleihend,  welches  von  unendlichem  Glänze  die  Sonne  feuerroth 
wie  einen  Waldbrand  erscheinen  liess.  ^ 

siddh^tal^  städ  ahita-hataye  'khy&payad  yam  jinendrah 
sad-räjivah  sa  kavi-dhishana-'padane  'kopa-mänal^  | 
dakshalb  säkshäc  chrava^a-culakair  yam  ca  modäd  vihayah- 
sad-räj!  vab  sa-kavi-dhishaiiä  "päd  aneko-*pamänat  ||  31  || 
Zur  Ünheilvemichtung   sei  euch  der  Siddhänta   (die   45    heil. 
Schriften  der  Jaina),  welchen  verkündete  der  Jinafürst,  der  Lotus 
der  Vortrefflichkeit,  der  geeignet  ist  den  Verstand  der  Weisen  zu 
erwecken,  der  über  Stolz   und   Zorn   erhabene,   und   welchen    die 
von  Venus  und  Jupiter  begleitete  Schaar  der  Himmelsbewohner  mit 
ihren,  hohlen  Händen  zu  vergleichenden,  Ohren  wonnevoll  eintrank, 
der  mit  vielem  verglichene. 

Vajränku9y  anku9a-kuli9a-bhyit  tvam  vidhatsva  prayatnam 
svä- ya-tyäge  tanumad-avane  hema-tarä  'timatte  | 
adhyärüdhe  9a9adhara-kara-9veta-bhäsi  dvipe- ndi'e 
svä-'yatyä  'ge  *tanu-mada-vane  he  *mata- rätimatte  ||  32  || 
0  Vajranku9i,    die   du  Harpune   imd  Beil   trägst,   du   Güt^r 
gebende  und  nelunende,  strenge  dich  an   zum  Schutz   der  Körper- 
behafteten,   die    du  wie  Gold  glänzest,   o  du,   die  du   auf  einem 
sehr   brünstigen,  wie  Mondstrahlen  weissleuchtenden ,    durch  seine 
Grösse    einem   Berge    vergleichbaren,    von    mächtigem    Brunstsaft 
träufehiden  Elefantenkönige  reitest,   die    du   nicht  achtest,    ob  du 
viele  Feinde  hast 


Jacchi^  die  ^bhana  stutayas  des  ^obhana  muni.  519 

33  —  36.     Suvidhi,    räji   jin&näm,    bhärati,    Jvalan&yudhä.      Metr. 
upajäti.   päda  2 — 4. 

tavä  T>hivpddhiiji  Suvidhir  vidhey&t 
sa  bhäsur&-1ina-tapä  dajäyan  | 
jo  yogi-paiiktyä  pranato  nabhah-sat- 
sabh&-'sur&-'li-nata-p4dayft  'van  ||  33  (I 
Gedeihen  gebe  dir,  o  Mitleidiger,  Suvidhi,  der  leuchtende  un- 
unterbrochene Busse  übende,  welcher  als  Schirmherr  verehrt  wird 
von  der  Schaar  der  Yogis,   vor   deren  Füssen   sich  die  Versamm- 
lung der  Himmelsbewohner  und  die  Menge  der  Asura  neigt. 

(Com. :  bh^suram  &l!nam  ä^ritam  etc. ;  alina  scheint  mir  bessern 
Sinn  zu  geben.) 

yft  jantu-j&täya  hitäni  r&ji 
särä  jinänäm  alapad  mam&  lam  | 
di9yän  mudam  päda-yugai|i  dadh4n4 
sä  raji-nän4-'mala-padma-m41am  ||  34  || 
Die   vortreffliche   Schaar  der  Jinas,    welche   der  Menschheit 
heilsames  verkündete,  möge  mir  gar  sehr  Wonne  bescheeren,  sie, 
deren   Fusspaare   mit  Kiilnzen   leuchtender,    manigfaltiger ,    reiner 
Lotusse  geschmückt  ist. 

jinendra  bhangaih  prasabhaixi  gabhirä 
"9U  bhärati  9asyatcüiia-stavena  | 
nimä^ayanti  mama  9arma  di9yät 
9ubh&  'ratl-''9asya  tamas  tave   na  ||  35  || 
0  Herr,  Jinafürst!    deine,   des  von  K&ma  nicht  beherrschten, 
Rede,    welche    durch    Gedankenwendungen   äusserst  tiefsinnig   ist, 
und  welche  schnell  durch  ein  preiswürdiges  Loblied  die  Finstemiss 
(Unwissenheit)  vernichtet,   die  schöne   möge  mir  Schutz  verleihen. 

di9y4t  tav&  "9U  Jvalanäyudhä  Ipa- 
madhy&  sitiL  kam  pravara-lakasya  | 
aste- ndur  äsyasya  ruco  'ru-pyishtham 
adhyäsitä  'kampra-var^akasya  ||  36  || 
Glück    verleihe    schnell   dir ,    dem   schönlockigen ,    die  Jvala- 
näyudhä,  die  schlanke,  weisse,  deren  Antlitz  den  Mond  überstrahlt, 
die  da  sitzt  auf  dem  breiten  Bücken  des  unerschütterlichen  Yaralaka 
(devavähanavi9esha  Com.). 

37 — 40.    (Jitala,  jinas,  mata,  Mänav!.     Metr.  drutavilambita.    p&da 
2  =-4. 
jayati  Qltala-tlrthakpta^  sadä 
calana-t4marasam  sa-dalam  ghanam  | 
navakam  amburuh&m  pathi  samspp9aG 
cala-natä-'mara-samsad-alanghanam  ||  37  || 
Immerdar    ist     siegreich     des    Tirthakara    Qitala    Fusslotus, 
welcher   auf  seinem  Wege  blattreiche  grosse  Erstlinge  (?)   der  Ne- 
lumbien  berührt  und  unüberwindlich  ist  für  die  zitternde  gebeugte 
Götterschaar.      (navaka    im    Com.    wiederholt,     aber    nicht    um- 
schrieben, cf.  V.  26.) 


520  Jaeobi,  die  Qobhana  HtUayas  des  ^obhana  mum, 

smara  jin&n  parinonna-jara-r^o- 
janana-tänava-toda-yamän  ata^  | 
parama-nirvriti-^arma-kfito  yaio 
Jana  natän  avato  *dajam  änata^^  1  38  -| 
Andächtig   geneigt  gedenke,    o   Mensch!    der   Jinas,    welche 
Alter,  Thun,  Gebart,  Schwäche,  Krankheit  und  Tod  überwanden 
haben,   weil   sie,   die  Verleiher  vorzüglichster  Glückseligkeit   and 
Schats&es,  die  sich  neigenden  schirmen. 

jajati  kalpita-kalpatard-'pamam 
matam  asaratara-^gama-d^ri^^  | 
prathitam  atra  jinena  manishinam 
a-tamasa  rata-rd,ga-mada-'rina  ||  39  || 
Siegreich  ist  die  dem  Wunschbaum  vergleichbare  Lehre ,  welche 
hier  den  Weisen  verkündet  ward  von  dem  Irrlehren  vernichtenden, 
erleachteten  Jina,  dem  Feinde  der  WoUast,  der  Leidenschaft  and 
der  Selbstüberhebung. 

ghana-racir  jayatad  bhuvi  Mdnav! 
gurutarä  'vihata-'mara-saipgatä  | 
kpta-karä  'stra-vare  phala-pattra-bhag- 
um-taräv  iha  tamarasam  gat4  ||  40  || 
Siegen  möge  auf  Erden  die  sehr  leuchtende,  ehrwürdige,  von 
unbesiegten   Göttern    begleitete,    ihr    vorzügliches    Geschoss  hand- 
habende Manavi,    die    auf   einem  Blätter   imd  Früchte    tragenden 
grossen    Baume    hier    eine  Lotusblume    beschreitet.     (Com.    i^sst 
astravare  als  taror  vi^esha^am.) 

41 — 44.     Qrej&ipsa,  jinavaratati,  ägama,  MahakälL     Metr.:  hari^i. 
päda  2  =  4. 
kusuma-dhanusha  jasm&d  anjaip  na  moha-va9aip  vyadhu^ 
kam  alasa-dii9aip  gitä-"rävä  baläd  ayi  tapitam  | 
pranamata-taram  ddüc  Qrey&insaip  na  ca  'hata  yan-manah 
kamala-sadp9a-'ngi  tara  va  'bala  dayita  'pi  tam  ||  41  || 
Tief  verneigt  euch  schnell  vor  Qreyäipsa,   welchen  nicht  wie 
Alle  andern  vom  Liebesgott,  ach!  heftig  bedrängten  die  Gesanges- 
töne  der  bewegtaugigen  (Weiber)   bestrickten,    oder   dessen  Sinn 
nicht  erschütterte  das  wenn  auch  sehr  geliebte,  liebliche  Weib  mit 
lotuszartem  Leibe. 

jina-vara-tatir  jivä-*linam  akärana-vatsalä 
'sama-dama-hit^  'mar&-"dishtÄ  *samäna-varä  jaya  | 
namad-amritabhuk-panktya  nüta  üuiotu  matim  mama 
'sa-mada-mahitam  aräd  ish^a  sa-m4nava-rajayä  ||  42  || 
Die   ersehnte,   der  Kette  der  Wesen  aus  freien  Stücken  hold 
gesinnte  Reihe  der  Jinafürsten,  deren  Schatz  unvergleichliche  Selbst- 
beherrschung  ist,   die   dem  Liebesgotte   nicht   unterworfene,    vor- 
züglichste Gaben  gebende,  unbesiegte,  welche  von  der  Schaar  der 
sich  neigenden,  mit  menschlichen  Königen  vereinten  Götter  gepriesen 
wird,  sie  möge  mir  Weisheit  verleihen,  welche  nicht  hochmüthige 
loben. 


Jacobi,  die  ^bhana  Hutayas  des  Qf^hana  munu  521 

bhava-jalanidhi-bhrämyaj -jantu- vrajä-"yata-pota  he 
tanu  matimataiii  sann4""9{lnäm  sad&  nara-sampadam  | 
samabhilasbatam  arha]i-n4ih&-"gamä.  "nata-bhüpatim 
tanumati  inat4i|i  san-nä^anäip  sa-däna-rasam  padajn  ||  43  || 

0  Lehre  der  Arhat-Herm ,  da  grosses  Schiff  für  den  im  Ocean 
des  Lebens  umhertreibenden  Menschenhaufen,  gieb  den  einsichtigen, 
ho&ungslosen ,  dem  Tod  unterworfenen,  welche  sich  nach  einer 
gabenreichen  Stellung  sehnen,  inunerdar  menschliche  Wohlfahrt, 
unter  Lebenden  geehrte,  vor  der  sich  Könige  neigen! 

dhpta-pavi-phaltl-'kshäli-ghairitAil;^  karair  Iqita-bodhita- 
praja-yati-maha  kälim  arty-&dhi-panka-jara-'Jibhi^>  | 
nija-tanu-latam  adhyasinUm  dadhaty  apankshat^ 
prajayati  MahakMi  martya-'dhipaip  ki^a-rajibhi^  M^  D 

Es  siegt  Mahäkali,  welche  (ausgezeichnet  ist)  durch  lotus- 
gleich glänzende  Hände,  in  denen  sie  den  Donnerkeil,  Früchte,  eine 
Japamälä  und  eine  Glocke  trägt,  die  ein  Jubelfest  für  erweckte 
Leute  und  Yatis  bewirkt,  die  eine  schwarze,  durch  die  Kampf- 
reihen: Qual,  Kummer,  Sünde  und  Alter,  nicht  verletzte  Körper- 
liane besitzt,  die  da  thront  auf  einem  Menschen-Könige  (Leichname?) 

45 — 48  Väsupüjya,  jainaraji  tati,  vani,  ^«^ntidevi.   Metr.  sragdhara 
päda  2  =  4. 
püjya  9ri-Väsupüjyä  'vyijina-jina-pate  ntitanä-*'ditya-känte 
^äyä  'samsära-väsä  'vana  vara  tarasä  'li  navä-'l£^-baho  | 
anamra  träyatam  ^ri-prabhava-bhaysid  bibhrati  bhakti-bhäjäm 
&yäsam  s4-"ravä  *säv  anavarata-ras&-**llna-v&lä  na  hk  'ho  ||  45  || 

0  verehrungswürdiger  Väsupüjya,  du  sündloser  Jinafürst,  der 
du  glänzest  wie  die  aufgehende  Sonne,  du  trugbefreiter,  im  Welt- 
leben nicht  weilender,  du  Better,   bester,  dessen  Arme  stark  wie 
neue  Elefantenfesseln   sind!    geschützt   möge  werden  eilig  vor  der 
aus  Reich thümem  entstehenden  Gefahr  jene  lautrufende,   gebeugte 
Schaar  der  Andächtigen,  welche  sich  abmüht  und  mit  ihren  Haaren 
unaufhörlich  die  Erde  berührt  —  oder  soll  sie  es  nicht? 
püto  yat-päda-pära^ut  9irasi  sura-tater  äcarac  cürna-9obh&in 
yä  t&patträ  'sam&nk  pratimadam  avati  "h&-'rat4  rftjayanti  | 
kirteh  käntyä  tatih  s&  pravikiratu-tar&m  jainar&j!  rajas  te 
yata-"pat-träsa-manä   pratima-damavati  h^-tärd.  jayanti  ||  46  || 

Deren  heiliger  Fussstaub  auf  den  Häuptern  der  Götterreihe 
Kampherglanz  hervorbrachte,  die  gluthstillende,  unvergleichliche, 
nichtan  Thätigkeit  sich  erfreuende,  strahlende,  die  gegen  den  Hoch- 
muth  schützt,  sie,  die  Reihe  der  Jinakönige,  die  von  Unglück,  Furcht 
imd  Stolz  befreite,  durch  unübertreffliche  Selbstbezähmung  aus- 
gezeichnete, die  mit  ihres  Ruhmes  (weissem)  Glänze  Perlschnüre 
und  Sterne  übertreffende  möge  gar  sehr  dir  die  Leidenschaft  ver- 
treiben. (Oder:  die  perlschnurgleiohglänzende  siegreiche  möge 
durch  ihres  Ruhmes  Glanz  etc.  Ihä-'ratft  scheint  der  Com.  als  iha 
aratä  zu  fassen.) 


522  Jacobiy  die  Qchhana  Mtutayas  iies  (Johhana  mmni. 

nityara  hetü-'papatti-pratihata-kumata-proddhata-dhvänta-bandha 
pä- paya  's&dyamänä   madana  tava  sudhä-"sära-hndya  hitäni  | 
vai^i  nirväna-märga-pranayi-parigatä  tirthansktha  kriy4n  me 
*pÄp&-"y&s&-"dy-am&n&-mada-natÄ  vasudh&-s&ra  hpdy  &hitam|  47 

<  0  Herr  des  Glaubens,  du  leidenschaftloser,  dem  sich  neigen 
die  von  Sünde,  Anstrengung  etc.  von  Stolz  und  Hochmuth  freien, 
du  Quintessenz  der  Erde,  deine  durch  der  Gründe  Angemessen- 
heit die  mächtigen  Finstemissbande  der  Ketzerei  vernichtende, 
makellose,  nicht  gefährdete,  wie  Nektargüsse  liebliche,  von  denen, 
welche  den  Pfad  der  Erlösung  lieben,  erfasste  Eede  möge  stets 
mir  im  Herzen  niedergelegte  Güter  geben. 

rakshal3L-kshudra-grahd-"di-pratihati-9amini  vahita-9veta-bh&svat- 
san-nälikä  sad-d.ptlL  parikara-mudit4  sä  kshamä-labhava^tam  | 
Qubhrä  Qri-9&ntidevi  jagati  janayatät  kundik&  bhäti  yasy&^ 
sannä-Ükä  sadä  'pt^  parikaram  uditä  sä-IcshamMä  bhavantam  ||  48  {| 

Die  leuchtende  Qantidevi,  welche  die  durch  R&kshasa,  feind- 
liche Planeten  etc.  entstandene  Bedrängniss  besänftigt,  die  als 
Vehikel  einen  weissen,  strahlenden,  schönen  Lotus  hat,  die  den 
Frommen  gewogene,  an  Lockenfälle  sich  freuende  möge  dir  in 
der  Welt  den  Genuss  der  Buhe  verschaffen,  sie,  in  deren  Hand 
befindlich  strahlt  die  Wasserume,  die  sündlose,  stets  angemessene, 
mit  der  Japämälä  versehene  (parikaraljL  jat<&-ma94^ali ;  säksh^^  idam 
devyä^;l  ku^^i^&yä  v&  vi9esha9am). 

49 — 52.     Vimala,    jinas,     mata,    Rohini.      Metr.    prithvi.     pada 
1  =  3,  2  =  4. 
apäpa-dam  alaiighanam  Qam  itam  anamamo  hi  tarn 
nat4- mara-sabh£l-'suram  Vimalam  &lay&- moditam  | 
ap&-"padam  alam  ghanam  9amita-manam  ämohitam 
na  tUmarasa-bh^suraip  vimala-mMayä  "moditam  ||  49  || 

Wir  verehren  den  Vimala,  den  Geber  des  Guten,  den  sehr 
mächtigen,  Heil  erlangt  habenden,  vor  dem  sich  die  Götterver- 
sammlung imd  die  Asuras  neigen,  den  der  Hausstand  nicht  ergötzt, 
den  glücklichen,  imübertrefflichen ,  Stolz  dämpfenden,  nicht  be- 
thörten, lotusgleich  leuchtenden,  durch  reine  Kränze  wohl  duftenden. 

sa-dänava-surä-jitä  a-samarä  jin&  bhi-radäh 
kriy&sur  ucitäsu  te  sakala-bha  ratir  ayat^h  | 
sa-d4na-vasu-rajit4  asama-raji-nabhi-radah 
kriy&su  rucitäsu  te  sakala-bhära-tira  yatah  ||  50  || 

Die  von  Göttern  imd  Dänavem  unbesiegten,  nicht  kämpfen- 
den, furchtvemichtenden ,  ganz  glänzenden,  mit  freigebig  gespen- 
deten Gütern  geschmückten,  mit  einzigen  strahlenden  Nabel  und 
Zähnen  versehenen,  energischen,  die  Last  der  sündhaften  erleich- 
ternden Jinas  mögen  dir  bei  herrlichen,  passenden  Thaten  lange 
Freuden  gewähren,  (sakalabharatira  sakalah  sadoshah  Com.  Man 
kann  auch  sakalabh&raü-ra  trennen:  sanfte  Bede  verleihenden.) 


Jacobi^  die  ^obhana  Hutayaa  den  Qobhana  muni.  523 

sadS.  jati-giiror  aho  namata  mänavair  aficitam 
matain  varadam  enasä  rahitam  4yat4-"bh£Lvata)^  | 
sad-ajati-giiro  raho  na  mata-mllna-vairaiii  citam 
mataip  yara-damena  sära-hitam  ky&Uk  bMvatal^  ||  51  || 

He!  Immerdar  verehrt  andächtig  des  grossen,  weitleuchtenden, 
gute  Zukunft  verleihenden  Meisters  der  Yatis  Lehre,  die  von 
Menschen  geehrte,  Güter  spendende,  sündlose,  auch  heimlich  Stolz 
und  Feindschaft  nicht  duldende ,  gepriesene ,  inhaltreiche ,  durch 
sich  entwickelnde  Selbstbeherrschung  ausgezeichnete! 

prabhäji  tanut4m  alam  param  ac&palä  Bohi^i 
suddha-v£^ur  a-bhi-manä  mayi  sabhä-'kshamäle  "hitam  | 
prabh&-jita-nut&  'malam  parama-cäpa-lä  "rohin! 
su-dhäva-surabhim  anämayi-sabh&  kshamä-le  hitam  ||  52  || 

Mir  dem  sehr  frommen.  Buhe  besitzenden  möge  gar  vortreff- 
liches ,  ersehntes ,  reines  Glück  verleihen  die  unerschütterliche, 
nektarreiche,  furchtlose  Bohin!  mit  glänzender  Japämala,  die  von 
(Wesen)  imübertrefflichen  Glanzes  gepriesene,  welche  einen  herr- 
lichen Bogen  trägt  und  auf  der  schnellen  Surabhi  (Kuh)  reitet,  sie, 
deren  Genossenschaft  gesund  ist. 

53 — 56.     Anantajit,    jinendrakadambaka ,     mata,     AvjTLtä.     Metr. 
drutavilambita.    päda  1=4. 

sakala-dhauta-sahäsa-nameravas 
tava  di9antv  abhisheka-jala-plavä^  | 
matam  Anantajital^  snapito-llasat- 
sa-kaladhauta-8ahä-"sana-meravat  11  ^^  | 

Deinen  Wunsch  mögen  erfüllen  die  Wasserfluthen,  in  welchen 
Anantajit  gebadet,  welche  bespült  haben  sämmtliche  aufgeblühten 
Namerubäume,  welche  gebadet  den  leuchtenden,  mit  Gold  und 
festen  Thronen  versehenen  Meru. 

mama  rata- mara-sevita  te  ksha^a- 
prada  nihantu  jinendra-kadambaka 
varada-päda-yugaip  gatam  ajiiatam 
amara-tämarase  vitate-^ksha^a  ||  54 

0  du  von  frohen  Göttern  verehrte,  freudegewährende,  lang- 
äugige  Jinafürstenschaar !  dein  auf  Götterlotus  ruhendes,  gnaden- 
reiches Fusspaar  möge  meine  Unwissenheit  vernichten. 

paramat4-"pad  amana-sajan-mana^- 
priya-padam  bhavato  bhavato  'vat&t  | 
jina-pater  matam  asta-jagat-trayi- 
parama-tapa-da-manasajanmanah  ||  55  || 

Euch  möge  vor  dem  WelÜeben  schützen  die  Ketzerei  be- 
fehdende, zahllose  wohlgefügte  herzerfreuende  Worte  enthaltende 
Lehre  des  Jinaherm,  des  Siegers  über  den  die  Dreiwelt  sehr 
quälenden  Liebesgott 


524  Jaeobif  die  ^obhana  stulayas  du  ^obha$ui  mwu. 

rasitam  ucca*taraipgama-n&yakam 
di^atu  käficana-k&ntir  it4  *cyut&  \ 
dhVita-dhanii]^-phalak4-'si-9arä  karair 
asitam  nc-caturam  gamanaya  kam  ||  56  || 

Die  auf  wieherndem,  schwarzem,  sehr  schnellem,  hohem,  vor- 
trefflichem Bosse  reitende,  goldglänzende,  in  den  Händen  Bogen, 
Schild,  Schwert  und  Pfeile  haltende  Acyutä  möge  Heil  zur  Wan- 
derschaft verleihen.     (Acyut&  durch  Achuptä  devi  erklärt}^ 

57 — 60.    Dharma,  jinaugha,  bharati,  Prajilapti.    Metr.  9loka.    pada 
2  =  4. 

nama]^  9r!-Dharma  ni^;l-karmo*dayäya  mahitä-'yate  | 
martyä-'marendra-nägendrair  daya-yama-hit4ya  te  [  57  || 

Dharma,  dessen  Herrlichkeit  von  Sterblichen  und  von  Fürsten 
der  Götter  und  Nä,gas  gepriesen  wird!  Verehrung  sei  dir,  dem 
nicht  mehr  handelnden,  dessen  Schatz  Mitleid  und  Selbstbezähmung 
ist.  (Com.  trennt  mahita  von  äyate  und  erklärt  letzteres:  k  sa- 
mantad  yataya^  sädhavo  vä  yasya;  übersetze:  von  Götter-  und 
N&ga-Fürsten  gepriesener,  von  Yatis  umgebener.) 

jiyaj  jinau-gho  dhvänta- ntain  tatana  lasamänaya  | 
bhll-man<}ala-tvisha  yal^  sa  tat&- nala-sam4nay&  ||  58  || 

Siegen  möge  die  Jinaschaar,  welche  mit  leuchtendem,  aus- 
gebreitetem Feuer  gleichem  Lichtkronenglanze  das  Ende  der  Finster- 
niss  bewirkte. 

bharati  dräg  jinendränäip  nava-naur  akshat4- 'ri-ke  | 
samsär^- mbhonidhäv  asm&n  avanau  raksha  t&rike  ||  59  || 

0  rettende  Sprache  der  Jinaforsten,  schütze  uns  schnell  auf 
Erden,  die  du  ein  neues  Schiff  bist  auf  dem  Lebensoceane,  dessen 
Wasser  imgeschwächte  Feinde  sind! 

keki-sth&  vah  kriyäc  chakti-karä  läbhan  ay&cita  | 
Prajfiapti  nütan&- mbhoja-kar&m-^h&  naya-"cit&  ||  60  || 

Prajnapti,  welche  auf  einem  Pfauen  reitet  und  die  (^akti  in 
der  Hand  hält,  wie  junger  Lotus  gewaltig  strahlt,  die  klugheit- 
erfüllte  möge  auch  ungebeten  Reichthümer  verleihen. 

61 — 64.    9^^^^^^^^  jinavpshas,  mata,  yaksha  Brahmapanti.    Metr. 
9£Lrdülavikridita.     päda  2=^4. 

rajantyä  nava-padma-raga-rucirait  pädair  jita-'shtäpadä- 
'dre  *kopa  druta-jatarüpa-vibhaya  tanvä  "rya  dliira  ksharaam  | 
bibhratyä  'mara-sevyayä  jina-pate  ^ri-Qantinäthä  *smaro- 
'dreko-'padruta  jfita-rüpa  vibhayÄ  'tanv-arya-dhi  raksha  mäm  ||  61  || 

0  Jinaherr  (^antinatha!  zomloser,  edler,  standhafter,  von  der 
übermächtigen  Wollust  nicht  angefeindeter,  schöngestalteter,  furcht- 
loser, von  mächtigem  edlem  Sinne,  der  du  mit  deinem  durch  Füsse, 
welche  in  des  frischen  Lotus  Farbe  glänzen,  strahlenden,  wie  flüssiges 


Jacobif  die  (^obhana  siutayas  des  ^obhana  mum,  525 

Gold  leuchtenden,  Sanftmuth  (die  Erde)  tragenden,  Göttern  ehr- 
würdigen Leibe  den  Goidberg  (Meru)  übertriffst,  schütze  mich! 
(Die  Epitheta  des  „Leibes*^  sind  natürlich  anch  anf  ,yMera*'  zu 
beziehen.) 

te  jiyäsur  avidvisho  jina-vpshä  mäläm  dadhäna  rajo- 
räjya  medura-pär\jata-sumana|^-sant&nakä-'ntd.]ii  citä^  | 
kirtyä  kunda-sama-tvishe  "shad  api  ye  na  pr&pta-loka-trayi- 
rajya  medur  apä-'rL-jäta-sumana^-santana-käntä-'iicita^  ||  62  || 

Siegen  mögen  die  nicht  feindlichen  Jinastiere,  welche  einen 
Kranz  tragen,  der  aus  blüthenstaubmassebedeckten  Parijata-  und 
Santanaka-Blumen  besteht,  welche  mit  Kunda-Blumen  gleich  (weiss) 
strahlendem  Buhme  bedeckt  sind,  und  welche,  obschon  die  Herr- 
Schaft  über  die  Dreiwelt  führend  imd  angebetet  von  den  Vorzüg- 
lichsten der  Mengen  der  feindeschaarbefreiten  Frommen,  auch  nicht 
im  geringsten  sich  überhoben. 

jainendram  matam  ätanotu  satataip  samyagd{i9äm  sad-gui^ä- 
"li-labham  gama-häri  bhinna-madanaip  täpä- pahpd  yäma-ram  | 
dumirbheda-nirantarä-'ntara-tamo-nim^i  paryullasal- 
lila-'bhaipga-mahäri-bhin  namad-anantä- p&pa-h^dyä- maram  ||  63  || 

Den  Bechtgläubigen  möge  inmierdar  den  Gewinn  vortreff- 
licher Tugendreihen  verleihen  der  Jinafürsten  Lehre,  welche  durch 
Gainas  lieblich  ist,  den  Amor  vernichtet,  die  Gluth  kühlt,  Selbst- 
beherrschung verleiht,  das  schwer  zu  vernichtende,  dichte  Geistes- 
dunkel vertreibt,  die  in  glänzendem  Spiele  sich  ergehenden, 
unbesiegbaren,  mächtigen  Feinde  überwindet,  sie,  vor  der  sich  un- 
zählige Sündlose,  Gute  und  Götter  verneigen,  (paryull®  habe  ich 
nach  dem  Com.  übersetzt;  ich  würde  folgende  Erklärung  vorziehen: 
lilabhangena  Itlabhangyä  ye  mahävairinal;i  santi  tän  bhinatti  yas 
tat   oder   lilayä  bhangena  vinä^ena   mahavairino   bhinatti  yat  tat.) 

danda-cchattra-kamai^i}^^^  kalayan  sa  Brahma^^nti)^  knyät 
samty  ajy^ni  9ami  kshanena  9amino  muktä-'kshamali  hitam  | 
tapta-'sht^pada-piQda-pingala-rucir  yo  *dh4rayan  müjhatäm 
samtyajya  ni9am  ikshanena  9am  ino  mukt&-*kshamä-*1i -"hitam  ||  64 1| 

Brahma9änti,  welcher  Stab,  Sonnenschirm  und  Wassertopf  gut 
und  unvergänglich  macht,  der  eine  Japämäld.  aus  Perlen  trägt,  der 
ruhige  gebe  den  Buhigen  sofort  Heil,  er,  der  gelb  wie  ein  Stück 
glühendes  Gold  glänzt,  welcher  durch  stete  Betrachtung  die  Thor- 
heit  verlassend  Glück  genoss,  nach  dem  sich  die  Schaar  der  Unruh- 
verlassenen sehnt. 

65 — 68.     Kunthunfitha ,    sakalajinapatis ,   kptanta  (siddhanta),   Pu- 
rushadatta.     Metr.  malini.     päda  2  =  4. 

bhavatu  mama  nama^  9ri-Kuntiiunathäya  tasm&y 
amita-9amita-moh4-'yämi-tap4ya  hpdya}^  | 
sakala-bharata-bharta  'bhüj  jino  ^py  aksha-pä9&- 
yamita-9ami-tamohäya  'mita-'päya-hpd  ya^  ||  65  || 


526  JacM^  die  Qobhana  Miutaffoa  des  ^bhana  muni. 

Meine  Verehrung  gelte  dem  Kunthunätha,  ihm,  dessen  lange 
Gluth  der  grossen  Bethöning  gekühlt  ist,  dem  Finstemissvertreiber 
der  in  Sinnesbanden  nicht  verstrickten  Ruhigen,  welcher  obschon 
Jina  ein  geliebter,  imzählige  Schäden  heilender  Beherrscher  von 
ganz  Indien  war. 

sakala-jina-patibhya^  pävanebhyo  nama^  san- 
nayana-rava-radebhya^  sä-^raväd  astu  tebhya^  | 
samadhigata-nutibhyo  deva-vpndäd  garlyo- 
naya-nara-varadebhya^  sära-väda-stutebhya^  D  66  || 

Verehrung  sei  den  heiligenden  sämmÜichen  Jinaherm,  den 
durch  schöne  Augen ,  'Stimme  und  Zähne  ausgezeichneten ,  ihnen, 
welchen  die  lautrufende  Götterschaar  Ehre  erweist,  welche  Leuten 
frommen  Wandels  Gaben  geben  und  in  vortreflTlicher  Sprache  ge- 
priesen werden. 

smarata  vigata-mudrain  jaina-candram  cakä^at- 
kavi-pada-gama-bhangam  hetu-dantam  krit&ntam  | 
dviradam  iva  samudyad-däna-m4rgam  dhut4-**dyai- 
Ica-vipad-agam  abhangam  he  tudantaiji  kpt4-'ntam  |j  67  || 

0!  gedenket  des  Siddhänta,  des  fleckenlosen  Jainamondes,  welcher 
leuchtende  Dichterworte,  Gamas  und  Construktionen  enthält,  welcher 
zu  vergleichen  ist  einem  Elefanten,  dessen  Zähne  Beweise  sind, 
dessen  Spur  hervorquillender  Brunstsaft  (wachsende  Gabe)  ist,  der 
als  Baum  entwu^elt  das  uranfängliche  einzige  Unheil  (tamas?), 
der  unbesiegbar  ist  imd  den  Tod  vertreibt,  (dhutädyaika®  so  Text 
und  Com.;  ich  möchte  dhut&ghaika^  conjiqiren:  der  das  nur  in 
Sünde  bestehende  Unheil  wie  einen  Baum  etc.) 

pracalad-aciraroGi9-cäru-g&tre  samudyat- 
sad-asi-phalaka-r&me  ^hima-häse  *ri-bhite  | 
sapadi  Purushadatte  te  bhavantu  prasädah 
sadasi  phalakard^  me  'bhi-mahäseribhi  'te  ||  68  || 

0  Purushadattä !  möge  deine  Huld  mir  in  meinem  Wohnsitz 
Früchte  bringen,  du,  deren  Leib  schön  ist  wie  zückender  Blitz, 
die  du  lieblich  bist  mit  strahlendem  guten  Schwert  und  Schilde,  du 
lieblich  lächelnde ,  Feinden  furchtbare ,  auf  furchtloser,  grosser 
Büffelkuh  reitende!  (seribh!,  FW.  hat  nur  sairibhi.) 

69 — 72.     Ära,  jinaräjavisara,   mata,    Cakradharä.     Der  Name  des 
Metrum   ist  mir  nicht  bekannt;  es  gehört  zu  den  gaiia- 
chandas  imd  besteht  aus  4  gleichen  padas.     Jeder  Pada 
enthält  Va  +  6  +  Vs  g^iias,  wobei  als  Gesetz  gilt,  dass 
der  6.  ga^a  ein  Amphibrachys,  der  2.  ein  Amphibrachys 
oder  Proceleusmaticus  sein  muss.     p&da  2  =  4. 
vyamucac  cakravarti-lakshmtm  iha  tpnam  iva  yal^  kshanena  tarn 
sanna-mada-mara-mäna-samsäram  anekapa-räjit&m  Aram  | 
druta-kaladhauta-kantam  änamatä  "nandita-bhüri-bhakti-bhäk- 
san-namad-amara-m&nasai|i  s&ram  aneka-parijita-'maram  ||  69 


Jaechi,  die  (^hana  stittayaa  des  ^obhana  munu  527 

Neiget  euch  vor  Ära,  welcher  die  von  Fürsten  verherrlichte 
Würde  eines  Cakravarti  hier  augenhlicklich  wie  Stroh  wegwarf, 
für  den  es  keinen  Hochmnth,  Tod,  Stolz  und  Saipslb*a  giebt,  der 
lieblich  wie  flüssiges  Gold  glänzt,  welcher  die  Herzen  der  sehr 
frommen,  guten  und  der  andächtigen  Götter  entzückt,  vor  ihm, 
dem  guten,  über  viele  Götter  siegreichen. 

stauti  samantatah  sma  samavasarana-bhümau  yam  surä-'valih 
sakala-kalä-kaläpa-kalitlL   pamadä  'runa-karam  apäpa-dam  { 
taip  jina-räja-visaram  ujjäsita-janma-jaraip  namämj  ahaip 
sa-ksda-kal^kalä- pa-kali-t&pam  ad^rui^a-karam  apä-"padam  j{  70  || 

Ich  verehre  die  Menge  der  Jinakönige,  welche  an  ihrem 
Absteigeort  allerwärts  der  nicht  hochmüthige,  mit  sämmÜicher 
Künste  Menge  geschmückte  Götterzug  pries ,  die  rothhändige, 
gutes  verleihende,  Geburt  und  Tod  vernichtende,  sie,  die  sanfte 
Töne  hat  und  frei  von  der  Gluth  des  Kali  ist,  die  nicht  grausam 
handelnde  und  vom  Unglück  befreite,  (kalakalä  scheint  für  kala- 
kala  zu  stehen,  der  Com.  ist  hier  imklar.) 

bhima-mah&bhav&bdhi-bhava-bhiti-vibhedi  parästa-visphurat- 
paramata-moha*m^am  a-tanü-' nam  alaip  gbanam  aghavate  'hitam  | 
jina-pati-matam  apara-martyä-'mara-nirvpti-Qarma-kdraQam 
parama-tamoham  änamata  nünam  alanghana-maghavate  "hitam  ||  71  || 

Verehret  wahrlich  die  Lehre  der  Jinaherm,  die  Vemichterin 
der  aus  dem  schrecklichen  grossen  Lebensoceane  entstandenen 
Furcht,  die  Vertreiberin  der  gleissenden  Irrlehren,  Verblendung 
und  Stolz,  die  weder  klein  noch  mangelhaft  ist,  die  sehr  gewaltige, 
dem  Sündhaften  nicht  holde,  die  Ursache  von  Schutz  und  Glück- 
seligkeit für  imzählige  Menschen  und  Götter,  die  Verscheucherin 
der  grossen  Finstemiss,  die  von  dem  unbesiegbaren  Indra  ersehnte. 

ya  'tra  vicitra-var^a-vinatä-^tmaja-pfishtham  adhish^hitä  hutat- 
sama-tanu-bhag  avikpta-dhir  asama-davair  iva  dhäma-häribhil^  | 
ta^it  iva  bhati  sändhya-ghana-mürdhani  Cakradharä  'stu  sä  müde 
^sama-tanu-bha  gavi  kpta-dhtra-samada-vairi-vadhä  mahäribhih|{72|| 

Zur  Freude  werde  die  Cakradharä,  welche  hier  den  Bücken 
des  buntfarbigen  Garu4&  bestiegen  habend,  mit  feuerähnlichem 
Körper  imd  imentstellter  Einsicht,  wie  der  Blitz  am  Saume  der 
Abendwolken  strahlt  mit  ihren  grossen  Rädern,  die  ungeheuren 
Waldbränden  vergleichbar  durch  ihren  Schein  entzücken,  sie,  die 
weder  gewöhnlichen  noch  kleinen  Glanz  hat  und  auf  Erden  die 
klugen  hochmüthigen  Feinde  vernichtet. 

73 — 76.    Mallinätha,  jinottamas,  ägama,  yaksharäj  (Kapardin)  Metr. 
rucirä.     päda  2  =  4. 
nudaiiis  tanum  pravitanu  Mallinätha  me 
priyangu-rocir  a-ruciro-'cit4m  baram  | 
vi4ambayan  vara-ruci-ma^4alo-jjvalab 
priyarp  guro  *ci  r  a  r  u  c  i  -  rocita-'mbaram  ||  7  3 
Bd.  XXXII,  34 


528  Jußobi,  die  Qobhana  ätutaycuf  des  (^hana  mims. 

0  wie  priji^gn  (schwarz)  glänzender  Mallinatha:  der  du  in 
herrlicher  Strahlenkrone  leuchtend  dem  blitzdorchleuchteten  Himmel 
gleichest,  gewähre  mir  einen  lieben  Wunsch,  indem  du  mir  den 
hässlichen,  lästigen  Körper  hinwegninmist ! 

jay&d  gatain  jagad  avato  yapuT-vjathä- 
kadambakair  ava^a-tapat-trasam  padam  | 
jinottam&n  stuta  dadhata];^  srajai)i 
kadamba-kairava-9atapattra-sampadam  ||  74  || 

Preiset  die  höchsten  Jinas,  welche  rührig  die  zu  einer  Stätte 
für  elende,  einer  Menge  körperlicher  Leiden  unterworfene  Wesen 
gewordene  Welt  beschützen  und  einen  aus  Kadamba-,  Lotus-  und 
Qatapattra-Blumen  bestehenden  Kranz  tragen. 

sa  sampadam  di^atu  jinottamä-''gamah 
9am  äyahann  atanu-tamo-haro  *dite  | 
sa  cittabhüh  kshata  iha  yena  yas  tapah- 
^amUv  ahann  atanuta  moha-rodite ';  75  {{ 

Die  Lehre  der  besten  Jinas  möge  Wohlfahrt  verleihen,  indem 
sie  Glück  bringt,   die  grosses  Dunkel  benehmende,    durch  welche 
hier  der  Liebesgott  veAiichtet  wurde,   der  Busse  und  Seelenruhe 
erstickte    und    ungehemmte    Wirrsal    und   Wehklagen    verbreitete. 
(Com.  fügt  als  zweite  Auflösung  atanutamän  üh&n  r&ti  hinzu.) 
dvipam  gato  hpdi  ramatäm  dama-^riysl 
prabh&ii  me  cakita-hari-dvipani  nage  | 
vat4-"hvaye  kpta-vasati^  ca  yaksha-räf 
prabha-'timecakita-harid  vi-pannage  ||  76  |i 

An  meinem  durch  der  Selbstbeherrschung  Schönheit  strahlen- 
den Herzen  möge  Wohlgefallen  finden  der  Takshakönig  (Kapardin), 
der  durch  seinen  Glanz  die  Himmelsgegenden  in  Schatten  stellt, 
der  auf  einem  Lidra's  Elefanten  schreckenden  Elefanten  reitet  und 
auf  einem  sehlangenfreien,  Va^  genannten  Baume  wohnt. 

77 — 80.    Munisuvrata,  jinavraja,  Iqit&nta,  GauH.     Metr.  narku^ka 
(oder  narda(aka).     p&da  2  :=  4. 
Jina-Munisuvratah  samavat&j  janat&-'vanatah 
sa-mudita-mänav&  dhanam  sdobhavato  bhavatah 
avani-vikirnam  ^dishata  yasya  nirasta-mana^- 
samudita-mäna-vl^ana-malo  bhavato  bhavatah  ||  77  || 

Der  von  der  Menschheit  verehrte  Jina  Munisuvrata,  der  nicht 
gierig  seiende,  dessen  auf  der  Erde  ausgestreute  Schätze  die  er- 
freuten Menschen  aufrafften,  der  Vemichter  von  Stolz,  Schmerz  und 
Sünde,  so  aus  dem  Herzen  hervorgehen  —  er  möge  euch  vor  dem 
Weltleben  schützen. 

pranamata  tarn  jina-vrajam  apara-visari-rajo- 
dala-kamal4-"nanä  mahima-dhäma  bhaytl-'sam  aruk  | 
yam  atitar4m  surendra-varayoshid  il&-milano- 
'd-alaka-malä  nanäma  himadhäma-bhayä  sama-ruk  {|  78  || 


Jacchi,  die  ^bhana  lAtUayaa  de»  Qobhana  muni,  529 

Verneiget  euch  vor  dem  Jinaschwarm ,  dem  Wohnsitz  der 
Grösse,  dem  Vemichter  der  Furcht,  vor  welchem  sich  die  von 
Gebresten  freie,  vorzüglichste  Gattin  des  Götterfürsten ,  deren 
Antlitz  ein  Lotus  mit  unzähligen,  langen  Staubfäden  ist,  die  dem 
Mondschein  gleich  glänzende  gar  sehr  verneigte,  sodass  ihre  Locken 
durch  Berührung  mit  der  Erde  staubig  wurden.  (bhaj4sam  dara- 
kshayakarakam,  udjato  lakeshu  malo  yasjrät^.) 

tvam  avanat&ii  jinottama-kfitänta  bhaväd  vidusho 
'va  sad-anumana-saipgamana  yäta-tamo-dayita^  | 
9iva-8ukha-sädhakam  sv-abhidadhat  su-dhiyam  caranatn 
vasad  anu  mänasam  gama-naj&-"tata  modayita^H  79  || 

Vor  dem  Weltleid  mögest  du  die  sich  neigenden  Weisen 
schützen,  o  der  besten  Jinas  Lehre,  die  du  zu  wahren  Schlüssen 
verhilfst!  den  aufgeklärten  liebe,  die  wohl  unterweist  in  dem  gutes 
Heil  verleihenden  Wandel,  der  im  Herzen  der  verständigen  wohnt, 
o  du  reichlich  mit  Gamas  und  Definitionen  ausgestattete!  Er- 
freuerin ! 

adhigata-godhik&  kanaka-ruk  tava  Gaury  ucit4- 
'ilkam  alaka-räji  t&marasa-bhäsy  atulo-'pakptam  | 
m{igamada-pattra-bhanga-tilakair  vadanaqi  dadhati 
kamala-kar&  jit4- mara-sabh&  'syatu  lopa-kptam  {{  80 1| 

Gauri  möge  vertreiben  deinen  Widersacher,  sie,  die  auf  einer 
Eidechse  reitet,  die  goldglänzende,  die  ein  lockenumstrahltes,  lotus- 
glänzendes, tmgemein  wohlthuendes ,  mit  Moschustilaks  in  Gestalt 
von  Blättern  passend  verziertes  Antlitz  hat,  die  einen  Lotus  in 
der  Hand  trägt,  die  der  Götter  Schaar  besiegt 

81 — 84.    Nami,  jinadhi^anivaha ,    kptänta,    K&lt.     Metr.    ^ikhari^i 
päda  2  =  4. 
sphurad-vidyut-k&nte  pravikira  vitanvanti  satatam 
mam&  "yasam  c&ro  ditA-mada  Name  'ghäni  lapita^  | 
namad-bhavya-^reni-bhava-bhaya-bhid&m  hpdya-vacas&m 
amäy&-sai|icaro  'dita-madana-megh&-'nila  pitaJi^{{  81 1| 

Du  wie  zückender  Blitz  strahlender,  schöner,  Hochmuth  ver- 
nichtender Nami!  vertreibe  die  mir  immerfort  Mühsal  bereitenden 
Sünden,  du  Sprecher  von  lieblichen  Beden,  welche  der  Schaar 
djr  gebeugten  Frommen  die  Gefahren  des  Weltlebens  vertilgen,  du 
nicht  in  Täuschung  befangener,  der  du  den  emporstrebenden 
Liebesgott  wie  der  Wind  die  heraufgezogenen  Wolken  (davon 
jagst),  o  Vater! 

nakhä-'ni^u-^renlbhilj  kapi9ita-naman-nftki-mukuta^ 
sadä  nod!  n&na-"maya-mala-madä-'rer  ita-tama^ 
pracakre  vi^vam  ya^  sa  jayati  jinä-'dhi9a-nivahat 
sad4no  dinanam  ayam  alam  adäre-'ntatama^  ||82  |{ 

Die  durch  ihrer  Fussnägel  Strahlenreihen  die  Kronen  an- 
dächtiger Götter  dunkel  erscheinen  lässt,  die  immerdar  den  Feind 

34* 


530  Jacohi^  die  Qohhana  stutayas  deg  (^hhcuM  munL 

in  allen  Gestalten:  Schäden,  Sünde  und  Hochmutii  vertreibt,  die 
das  All  von  Finstemiss  befreite,  die  Schaar  der  Jinafürsten  ist 
siegreich,  die  gar  sehr  freigebig  ist  den  Betrübten,  diese  durch 
Weiber  nicht  erregte. 

jala-vyäla-vyäghra-jvalana-gaja-rog-bandhana-yudho 
gorur  v^o  ^ätä-*'pad-agha-nagari-yana-sumatat^  | 
Iqitäntas  trasish^a  sphnta-vikata-hetu-pramiti-bh4g 
urur  vä  *ho  pät4  pada-ghana-gariyän  asumata^^  II  ^^  II 

Fürwahr !  der  Siddhänta  möge  retten  die  Lebenden,  der  treff- 
liche Benner,  welcher  aus  Wasser-,  Schlangen-,  Tiger-,  Feuer-, 
Elefanten-,  Krankheits-,  Kerkers-  und  Kampfes -Gefahren  rettet,  der 
ersehnt  wird  zum  Gang  nach  der  Stadt,  wo  es  nicht  Untergang, 
Unglück  und  Sünde  giebt,  welcher  klare,  vortreffliche  Beweise 
und  Wahrheiten  enthält,  der  mächtig  und  gewichtig  ist  durch 
seine  Worte,  der  grosse  Schirmherr. 

vipaksha-vyüham  vo  dalayatu  gada-'kshävali-dharä 
'sama  nalikä-'li-vi^ada-calanä  nalika-varam  | 
adhyäsinä  'mbho-bhrita-ghana-nibhä   mbodhi-tanay&- 
samän&-"lt  K&lt  vi9ad-acala-n4n4-'li-kavaram  ||  84  j 

Die  unvergleichliche,  eine  Keule  und  Jap&m&14  tragende  Kali, 
deren  Füsse  weiss  wie  Lotusreihen  sind,  möge  den  Haufen  eurer 
Feinde  auseinander  treiben,  sie,  die  der  Tochter  des  Oceans  (Kamalä) 
gleiche  Freundinnen  hat  und  auf  einem  herrlichen  Lotus  thront, 
welcher  von  hineinkriechenden,  unbeweglichen,  mannigfaltigen  Bienen 
bedeckt  ist,  die  wie  die  regenschwangere  Wolke  (schwarz)  glänzt. 

85 — 88.    Arishtanemi,  rajt  jinän&m,  bharati,  Ambä.     Metr.  9&rdd- 
lavikridita.    päda  2  =  4. 

cikshepo  "rjita-rajakaip  rana-mukhe  yo  laksha-simkhyain  kshanad 
akshamaqi  Jana  bhäsam&nam  a-hasam  Bäjimati-tapadam  | 
tarn  Nemiip  nama  namra-nirv^iti-karam  cakre  yadünai^i  ca  yo 
dakshäm  afijana-bh4-sam4na-mahasaip  räjim  atita-'padam  {{  85  || 

0  Mensch,  verehre  den  leuchtenden ,  ernsten ,  der  Bajimati  *) 
Kummer  bereitenden,  den  Andächtigen  Glückseligkeit  verleihenden, 
wie  Collyriumschein  strahlenden  Nemi,  welcher  flugs  die  nach  Lakhs 
zählende,  mächtige,  gewaltige  Königschaar  in  der  vordersten  Schlacht- 
reihe niederstreckte  und  die  weise  Schaar  der  Yadus  von  Leid 
befreite. 


1)  lü^imati  ist  dio  Gattin  Nomi's.  Sie  war  untröstlich,  ab  ihr  Gatte  sie 
vorliess ,  um  auf  dem  Berge  Kaivata  sich  dem  BQssorleben  hinzugeben.  Ihre 
Klagen  bilden  den  Inhalt  des  Kemidütakävya  des  Yikrama,  eine  Art  Glosse 
zum  Meghadüta,  aus  dem  der  Dichter  dio  letzte  Zeilo  jeder  Strophe  wörtlich 
entlehnt  und  die  drei  fehlenden  Zeilen  hinzu  dichtet.  Diese  Art  von  Glossirung 
ist  unter  dem  Namen  samasyäpürapa  bekannt  und  von  Alters  her  beliebt  ge- 
wesen. Das  nemidütak&vya  enth&lt  126  Strophen  (die  echten  und  prakshiptA 
Strophen  dos  Megh.  und  eine  Schlussstrophe).  Die  Anspielung  auf  RiG^jimati  in 
unserm  Verse  lässt  vermuthen,  dass  ^bhana  das  Nemidütak&vyam  kannte  (V). 


Jaeobi,  die  (^bhana  ßhUayas  des  ^obhana  munL  531 

pr&vräjij  jita-rajak&  raja  iva  jy&yo  'pi  rSjyaip  javad 
jä  saipsara-mahodadh&v  api  hita  ^ästri  viMyo  'ditam  | 
yasya^  sarvata  eva  sä  haratu  no  räji  jinan&m  bhavä- 
'  yäsaip  s&ra-maho  dadhäva  pihita-''9a-strl-vihayo  *ditam  ||  86  || 
Die   Schaar    der  Jinas   möge   uns   die   Qual   des   Weltlebens 
hinwegnehmen,  sie,  die  gute  Lehrerin  auch  im  Ocean  des  Saipsära, 
sie,    welche,    siegreich    über   die  Schaar    der  Könige,    auch    eine 
mächtige  blühende  Herrschaft  wie  Staub  aufgab  und  den  Mönchs- 
stand   erwählte,    sie,    deren    ungeschwächter,    yorzüglicher  Glanz 
überall   hindrang,    indem   er   den  Himmel   und   die  Göttinnen  der 
Himmelsgegenden  überstrahlte. 

kury&i^&  'QU-padartha-dar9ana-Ya94d  bh&svat-prabhäy^s  trapäm 
Snatyä  jana-kptta-moha-rata  me  ^a^ta  'dciji^o-"hika  | 
akshobhyä  tava  bhskratt  jina-pate  pronmädin&ip  v&din&m 
mslna-ty^jana-lqit  tamo-haratame  "9a  stad  ari-drohikä{|  87  || 
0  du  durch  Andacht  der  Menschen  Verblendung  und  Wollust 
vernichtender,  Finstemiss   gründlich  vertreibender  Herr,  Jinafürst; 
deine   unerschütterliche  Bede  sei  schädlich  meinen  Feinden,  deine 
Bede,   welche   das  helle  Licht  beschämt,   indem  sie  die  subtilsten 
Gegenstände  (jiväjtvädi)  beleuchtet,  die  gepriesene,  mit  grossartigen 
Meditationen    ausgestattete ,    die    auch    die    dünkelhaftesten    Dis- 
putatoren  zum  Aufgeben  ihrer  Einbildung  zwingt. 

hast4-'lambita-bhüta-lumbi-latik&  yasyä  jano  'bhyägamad 
vi9va-"sevita-tamra-päda-parat&ip  väcÄ  ripu-trasa-lqit  | 
sä  bhütiqi  vitanotu  no  ^rjuna-rucib  siiphe  'dhirüdho  'llasad- 
vi^väse  vitata-"mra-padapa-rata  'ipva  "cari-putr4  'sakpt  ||  88  | 
Die   weissglänzende   Amb&   möge   immerfort   Macht   uns    ver- 
leihen, sie  die  als  Zweig  in  der  Hand  eine  grosse  lumbi  (=  lum- 
bik4?)    trägt,    zu    deren    von  Allen    verehrten   rothen  Füssen    die 
Menschheit    Zuflucht    nahm,    die    durch    ihre    Bede    den    Feinden 
Furcht   einflösst,  sie,  die  auf  sehr  zutraulichen  Löwen  reitet,    die 
ihre  Freude  an  grossen  Mangobäumen  hat,  deren  beide  Söhne  von 
frommem  Wandel  sind.     (Der  Com.  erklärt  cäri^au  viharana-9ilau. 
Weil    der   dickbäuchige   Gai^e^a   wie    die   meisten    seiner  Verehrer 
nicht   wohl   ein   ausgezeichneter  Fussgänger   genannt  werden  darf, 
so  ziehe  ich  vor  äcärin  anzunehmen.) 

89 — 92.    Pär^va,    räjt  jinanäm,   vag,   Vairotya.    Metr.    sragdharä. 

padayamaka. 

malam  alana-bahur  dadhad  adadhad  aram  yäm  udära  mudä  "räl 

linä  linäm  ihä  'li  madhura-raadhu-rasäin  sü-'cito    mä-cito  mä  | 

pätät  pätät  sa  Pär9V0  rucira-ruci-rado  deva-r&jiva-rdjt- 

pattra  "pat-trä  yadiya  tanur  atanu-ravo  nandako  nodako  no  j  89 

Der   ruhmbedeckte,   mit  schön  glänzenden  Zähnen  versebene, 

mächtig   predigende,    erfreuende,   nicht   abstossende   Par9va   möge 

mich  vor  dem  Falle  schützen,  er,  dessen  Arme  wie  Elefantenketten 

stark    sind,    welcher    einen    süssen   Honigsaft    enthaltenden  Kranz 

trägt,  den  der  vortreffliche,  sehr  gefallende  Bienenschwarm  hier  in 


532  Jacobi,  die  ^obhana  stutayas  des  ^ohhana  mufä. 

der  Nähe  umlagernd  in  Wonne  eifrig  aussog,  dessen  Leib  yor  Leid 
schützt  und  getragen  wird  von  einer  Reihe  Ton  Götterlotussen. 
r&ji  rajiva-yakträ  taralatara-lasat-ketu-rangat-turanga- 
vy&la-vy&lagna-yodh&-''cita-racita-rane  bhiti-hpd  yk  'tihfidyä  | 
sarä   s&  'räj  jin^&m  alam  amala-mate  bodhikä  m&  "dhi-kamad 
avy4d  a-yyädhi-k&la-"nana-janana-jar&-trasa-mänä  '8am&n4 1|  90 1| 
Die  lotusantlitzige,  innig  geliebte,  yortreff liehe ,  erleuchtende, 
unvergleichliche    Schaar    der   Jinas    möge    mich   kräfkig    schützen 
vor   Leiden   und  Wollust   (oder  'dhikä-^mad  übermässiger  Krank- 
heit), sie  welche  die  Furcht  benimmt  in  der  Schlacht,  die  gemacht 
wird  und  voll  ist  von  Kriegern,  die  sich  an  Elefanten  und  galop- 
pirende  Rosse  klammem,  und  von  flatternden  leuchtenden  Fahnen, 
sie,    welche  frei  ist  von  Leiden,  Tod,  Geburt,  Furcht  und  Stolz, 
0  du  von  sehr  reiner  Einsicht!   (der  letzte  Vocat.  steht  ganz  ohne 
Beziehung,    ich    möchte    daher    mate    in   mater  ändern    und    das 
Comp,  als  Gen.    zu    bodhikä    fassen.      Der   Com.   hatte   den  Voc. 
källlnanam  yamamukham  maranam.) 

sadyo  *sad-yoga-bhid  vag  amala-gama-layä  jainarslji   n-araji- 
nüta  ntit4-'rtha-dhätri  lia  tata-hata-tamah-pätakä   pata-k4mli  | 
9ästri-''9&  stri-naränäm  hndaya-hfid  aya^o-rodhika  'b&dhik&  y4 
"deyä  deyän  mudam  te  manujam  anu  jaräm  tyäjayanti  jayanti||91 1{ 
Wonne  gebe    dir  hier  sofort  die  siegreiche  Stinune  der  Jina- 
Reihe,  die  schlechtes  Streben  (yogft  manoväkk&yavyapara\i)  erstickt, 
die  reine  Gumas  und  Layas  hat,  die  von  der  Reihe  der  Mächtigen 
gepriesen  wird,  die  neue  (nütan  navinan  Com.)  Schätze  giebt,  die 
die    ausgedehnte  Finstemiss    und  Sünde   vernichtet,    die   frei    von 
Fall   und  Wollust  ist,    die  Herrin  der  Gelehrten,    die  der  Weiber 
und  Männer  Herz  erfreut,  die  Schmach  vertilgende,  nicht  schädigende, 
die  zu  erwählende,  welche  den  Menschen  die  Schwäche  benimmt, 
yätä  ya  tara-tejäb  sadasi  sadrasi-bhpt  kMa-k&nta-laka- ntä 
'p&- nm  p4riipdra-r&jaip  surava-sura-vadhü-püjitä  'ram  jit&-**ram  | 
sa  tras^t  träyatäm  tvam  avishama-vishabh^d-bhüshan&  'bhishanä  bhi- 
hinä  'hi-'nä-'grya-patni  kuvalaya-valaya-^yäraa-deha   made-"h&  ||  92  , 
Vor   Furcht    schütze   dich    die    erste    Gattin    des    Schlangen- 
fnrsten  (Vairotyä),    die   in   der  Versanunlung  glanzvoll  strahlende, 
ein  gutes  Schwert  tragende,    die  mit  schwarzen  lieblichen  Locken 
versehene,  gar  sehr  von  schönredenden  Götterfrauen  geehrte,  welche 
auf  einem  feindelosen,  Feindehaufen  besiegenden  Löwenkönige  reitet, 
die  furchtlose,  nicht  furchtbare,  deren  Leib  dunkel  wie  ein  Lotus- 
kranz ist,  sie,  die  frei  von  Hochmuth  und  Verlangen  ist.    (jitaram 
wohl  besser  raöjitaram  erfreuendem.) 

93 — 96.    Vira,    arhatam   samhati,    bh&rati,  Ambikä.    Metr.  ar^ava 

(nach  Vfittaratnakara.     Pandit  IX,  142).    pada  2  =  4. 
namad  -  amara  -  9rasta  •  s&moda  -  nimidra-  mandara-  m^ä-  rajo-rafijitä- 

-'iphre  dharitri-k|ita- 

vana  varatama-saipgamo-'dara-taro-'dita-nanga-näry-avali-läpa-dehe- 

."kshit&-*mohita-"ksho  bhavan 


JacMy  lue  (^bhana  stuiayas  des  Qobhana  mutn.  533 

mama    vitaratu    Ylra   nirv&na  -  ^armäni  jäta-'vat&ro    dharä  • 'dhi9a- 

Siddhärtha-dhämni  kshama-lamkpt4v 

anavaratam    a-sanga-mod&   'rata  'rodit&  'nafigan^   "ryä-Va  lüä-pade 

he  kshitä-"mo   hitä  'kshobhav&n  |{  93  || 

0  Viral  du,  dessen  Füsse  geröÜiet  sind  vom  Staube  wohl- 
riechender aufgeblühter  Mandära-Kränze,  welche  von  den  Häuptern 
gebückter  Unsterblichen  herabgefallen  sind ;  Erdbeschützer,  der  du 
immer  frei  bist  von  der  Freude  der  Sinnlichkeit,  vom  Liebesgenuss, 
von  Weinen,  Weibern;  du  Schützer  der  edlen!  guter!  du,  dessen 
Sinne  nicht  bethört  werden  durch  die  Beden,  Leiber  und  Blicke 
der  Weiberschaar,  die  vorzüglichen  Liebesgenuss  bereitet,  herrliche 
Augensterne  und  den  mächtigen  Ananga  besitzt,  der  du  dich  in  des 
Erdbeherrschers  Siddhärtha  Hause,  dem  Schmuck  der  Erde,  der 
Stätte  des  Spieles,  incamirtest,  der  du  die  Krankheiten  vertilgtest 
und  frei  von  Verwirrung  bist,  verleihe  mir  die  Wonnen  des 
Nirvana ! 

samavasara^am  atra  yasy&]|>  sphurat-ketu-cakr^-'^naka-neka-padme- 

'nduruk-  camaro  -'tsarpi-sälatrayi- 
sad  •  avanamad  -  a9oka  -  pfithvi  -  ksha^a  -  präya-9obh&-"tapatra-prabh&- 

gurv  arärat  pareta-'hita-'rocitam  | 
pravitaratu   samihitaTp   sä    rhatam    saiphatir   bhaktibh&jam   bhava- 

mbhodhi-sambhranta-bhavy&-"vali-sevit& 
'sa-davana-mada-9oka-pnthvi  "kshai^-prä  ya^o-bhata-patra-prabhlig- 

urvarä-rä(-paret4-lii-täro-'citam  ||  94  || 

Die  von  der  im  Ocean  des  Lebens  umherirrenden  Schaar  der 
Frommen  verehrte,  an  solchen,  die  mit  Gluth  (der  Leidenschaft), 
Hochmuth  und  Kummer  versehen  sind,  nicht  grosse,  augenerfüllende, 
feindlose,  gute  Reihe  der  Arhats  erfülle  den  Andächtigen  ihren 
Wunsch  der  ansteht  den  Erdenkönigen,  Pi^acas,  Schlangen  und 
Jyotishkas,  die  ruhmerleuchtete  Vehikelen  besitzen!  sie,  deren 
herrlicher  Absteigeort  (zum  Predigen)  hier  ausgezeichnet  diirch 
flatternde  Fahnen,  Räder  (dharmacakra) ,  Trommeln,  viele  Lotus- 
blumen, mondgleich  glänzende  Wedel,  aufstrebende  drei  Mauern 
(cf.  Kalya^amandira  st.  27),  gute  sich  neigende  A^okabäume,  erd- 
erfreuende Schönheit  und  den  Glanz  der  Sonnenschirme,  und  schön 
durch  feindlose  erglänzte. 

paramata-timiro-'gra-bhänu-prabha  bhüri-bhangair  gabhirä  bhp9ai)i 

vi9va-varye  nikäyye  vitiryät-taräm 
a-hatim    atimate   hi   te   9asyamänasya   väsaip   sada  'tanv-atita-'*pad 

änanda-dhänasya  sk  'mänina^  | 
janana-mpti  -  taranga  -  nilt^para  -  sainsära  - nirakarä- ntamimajjaj  -  jano- 

-'ttara-naur  bharat!  tirthakpu 
mahati    matimate   "hite   "9asya  mänasya  vä  saipsad  ätanvati  tapa- 

danam  dadhänasya  sämäni  nali  ||  95  || 
0    du   stets    von   grossem   Leid   befreiter   Tirthakara!    deine, 
des    gepriesenen,  wonneerfüllten,  nicht  stolzen,    des  uns  Milde  er- 


534  Jacobi,  die  Cobhana  stutayaa  de9  ^obhana  munL 

weisenden  Herrn  Rede,  die  ein  heller  Sonnenschein  fär  die  Finster- 
niss  der  Ketzerei  ist,  die  durch  viele  Wendungen  sehr  tiefsinnige, 
die  ein  Rettungsboot  für  die  im  Ocean  des  Lebens,  dessen  Wogen 
Geburt  und  Tod  sind,  versinkenden  Menschen  ist,  die  von  Ein- 
sichtigen ersehnt  wird,  die  wie  (v4  ivarthe)  eine  Versammlung 
den  Brand  des  Stolzes  vernichtet,  sie  möge  doch  gar  sehr  von 
Schäden  freien  Aufenthalt  verleihen  in  dem  allervorzüglichsten, 
sehr  geschätzten,  grossen  Wohnsitz. 

sarabhasa  -  nata  -  näki  -  n&rijano  -  'roja-pit^hi  -  lutbat-  t4ra-hftra-spharad- 

ra9mi-s4ra-kram&-'mbhoruhe 
paramava«utara-*&gajsl  "räva-sanna9it&-'r&ti-bh^&-'jite   bh&sin!  h4ra- 

t&rä  bala-kshema-dä  | 
kshai^aruci  -  ruciro  -  'ru  -  ca&cat-sat&  -  safikat«  -  'tkpshta-  kantlio-'dbhate 

samsthite  bhavya-lokaip  tvam  amb&  mbike 
param   ava   sutaräip   gajä-'r&v   asann^   9it&  •  "r&  - 'tibhä-rajite  bhasi- 

nth&ra-t&rä- valakshe  'mada  ||  96  H 

0  Mutter  Ambikä!  du,  deren  Fusslotusse  ausgezeichnet  sind 
durch  die  blitzenden  Strahlen  der  auf  den  altarähnlichen  Brüsten 
der  eifrig  sich  neigenden  Götterweiber  spielenden,  glänzenden  Perl- 
schnüre; die  du  unbesiegt  bist  durch  die  schon  vom  Schlachtruf 
vernichtete  Feindeschaar;  die  du  auf  einem  wie  durch  geschliffenen 
Erzes  mächtigen  Glanz  leuchtenden,  wie  Reif  oder  Sterne  weissen 
Löwen  reitest,  welcher  ausgezeichnet  ist  durch  einen  vorzüglichen 
Hals,  der  mit  einer  blitzgleich  glänzenden,  grossen,  beweglichen 
Mähne  dicht  bewachsen  ist;  du,  die  leuchtende,  perlschnurgleich 
glänzende,  Macht  und  Frieden  gebende,  frohe,  nicht  hochmüthige, 
welche  zwei  sehr  reiche  Söhne  hat,  schütze  gar  sehr  die  Welt  der 
Frommen. 

Naehtrag. 

In  den  yamakas  habe  ich  hinsichtlich  des  v  und  b  die  Schreibung  der 
Mss.  beibehalten;  den  anusvara  aber,  welchen  die  Hss.  statt  jedes  Nasals  vor 
Cons.  schreiben,  habe  ich  in  den  betr.  Nasal  verändert. 

Das  Berliner  Ms.  ist,  wie  oben  p.  512  bemerkt,  sam.  1486  datirt.  Auf 
dem  der  Handschrift  vorgebundenen  Blatte  ist  dem  Datum,  wohl  wogen  des 
nicht  so  alterthfimlichen  Aussehens  des  Ms.  (von  Prof.  Wobers  Hand?),  ein 
Fragezeichen  zugefiigt.  Ich  habe  daher  das  Datum  nachgerechnet  und  es  als 
richtig  befunden:  der  betreffende  Tag  war  ein  Montag.  Das  Datum  der  Hand- 
schrift bietet  uns  dann  femer  die  untere  Grenze  der  Abfassungszeit  der  Avacüri. 


535 


Bericht  über   den  Ssemnänischen  Dialect. 

Von 

A.  H.  Sehiiidler)  General  in  peraischen  Diensten '). 

Vor  einigen  Jahren  las  ich  in  dem  ^M^moire  sur  la  partie 
m^ridionale  de  l'Asie  centrale  par  Nicholas  de  Khanikoff**  eine 
Notiz,  der  einige  Beispiele  beigefügt  waren,  über  einen  Dialect, 
welchen  die  Bewohner  von  Lassgird,  einem  Flecken  19  engl,  miles 
südwestlich  von  Ssemnän  gelegen,  sprechen.  Im  Jahre  1876  reiste 
ich  durch  Lassgird  mid  Umgebung  und  fand,  dass  der  Dialect 
nicht  nur  allein  in  Lassgird,  sondern  auch  in  dem  grossen  Dorfe 
Ssurcheh,  in  den  umliegenden  kleineren  Dörfern  und  in  der  Stadt 
Ssemnan  ^)  gesprochen  wird.  Auf  meiner  Rückreise  von  Chorftss&n 
blieb  ich  zwei  Tage  in  Ssemnan  und  stellte  dort  das  folgende 
Vocabularium  zusammen. 

In  der  Transliteration  habe  ich  die  harten  Sibilanten  durch  ss, 
die  weichen  Sibilanten  durch  s  gegeben.    Ch  steht  för   •  ^  tsch  für 

_.  dsch  für  ^.   kh   für  o.  ^  für  5.  gh  für  c  und  j  für  das  •;, 

welches  wie  g  im  französischen  g^nie  ausgesprochen  wird. 

Hauptwörter. 

Es   giebt  nur  wenige,   die  von   dem  Persischen  verschieden 
sind.     Diese  sind: 
Katze  rüwa  persisch  gurbeh;      rdb&h  im  Persischen  ist 

Fuchs. 
Stute  wemetin  „        mädiän. 

Huhn  karg  „        murgh;       karg  im  Fers,   ist  Bhi- 

noceros. 
junge  Ziege    botscha  „        bosghaleh;  batscheh    im    Fers,    ist 

das  Junge,  Thier  oder 

Mensch. 
Laus  ispener  „        schepesch. 


1)  Eingesandt  von  Hm.  Dr.  Wetzstein.  D.  Red. 

2)  Ssemnan  ist   eine  kleine  Stadt  mit  3000—3500  Einwohnern,  125  engl, 
miles  östlich  von  Teheran. 


536 


Sehmdler,  Bericht  Mer  den  SumnäniaeheH  Diahet. 


Mund 

öla 

persiscl 

i  dahen. 

Gesicht 

wtm 

n 

rü. 

Müch 

sehet 

n 

schir. 

Mandel 

wim 

n 

badam. 

Aprikose 

schtlek 

n 

sardalü    (wörtlich:    gelbe 
Pflaume). 

Solanum  Melongena 

wengün 

n 

badendsch&n. 

Gurke 

dschöreng 

fl 

chi&r. 

eine  andre  Art  Gurke  scheng 

fl 

chiär  tschanber. 

Baum 

döreh,  dAr 

n 

diracht. 

Blume 

waleh 

n 

gul. 

Rübe 

ssalm 

1» 

schalgham;  jedenfalls  das- 
selbeWort,gh 
ausgelassen. 

Baumwolle 

lükeh 

n 

pambeh. 

Casserole 

ghalif 

n 

kam^dän  oder  dik. 

Casserole  für  Butter 

m 

Schmelzen 

lagblaghü 

* 

roghan  dagh  kun. 

Wassertopf 

dürekeh 

1» 

küseh. 

Wasserkanne 

barakh 

n 

oftAbeh. 

Irdene  Schüssel 

khaft 

n 

takhär. 

Zange 

m^cheh 

n 

ambur. 

Spaten 

b61eh 

» 

bü. 

Baub 

kl&h 

f» 

chäneh. 

Thüre 

bari 

1» 

dar;      jedenfalls  von  dar 
verändert;  siehe 
unten   Satz  24. 

Brunnen 

keh 

n 

tschah. 

Leiter 

böm 

n 

nordeb&n. 

Schlüssel 

üreh 

it 

klid. 

Pflug 

berrineh 

n 

chisch. 

Stroh 

wosch 

n 

kah;    in  Mäsenderan  nennt 
man     eine     Art 
Flachs  wosch. 

Eisen 

68tbi 

f» 

Ilhen. 

Kleider 

häleh 

n 

rächt 

Steppdecke 

dawadsch 

1* 

lahaf. 

Bettzeug 

dawädscheh 

n 

rächt  i  ch&b 

Matratze 

näli 

* 

toschek. 

Persische  Hauptwörter  werden  von  den  Ssemnanem  mehr  oder 
weniger  verändert. 

1)  Einige  Buchstaben  werden  ausgelassen,  wie: 

Kalb  güsseh  persisch  güssaleh. 

Kuh  g&  ,  gäw. 

Taube  kütar  ,  kabütai*. 

Kr&he  kalä  „  kalagh. 


BAindUr,  Berieht  über  den  SeemnänitdieH  Dialeet. 


537 


Runkelrübe         tschunder    persisch 

tschughunder. 

Bruder 

berär 

w 

ber&der. 

.Tag 

rü 

n 

rüs. 

Bindfaden            rasän 

n 

rism&n. 

2)  Buchstaben  werden  verändert,  Consonanten  und  Vocal( 

Lamm 

warreh 

persisch 

barreh. 

Maus 

misch 

n 

müsch. 

Geld 

pÜ 

n 

pül. 

Schwein 

chik 

n 

chük. 

Sohn  oder  1 
Knabe         1 

plr 

n 

pur  (altpersisch). 

Onkel 

}immt 

arabisch 

ämmü. 

Nase 

wini 

persisch 

bini. 

Reis 

werindsch 

*» 

berindsch. 

Wallnuss 

gös 

n 

dschös. 

Talglicht 

Schumi 

arabisch 

schamä. 

Zelt 

tschawer 

persisch 

tsch&dur. 

Dach 

puschtibön 

9 

puschtibam. 

Strümpfe 

dschürefi 

n 

dschüräb. 

Leute 

martim 

« 

mardum. 

3)  An  persische  Wörter  wird  ein  Diminutivzeichen  gehängt 
und  der  Sinn  des  Wortes  dadurch  verändert: 

Sperling     marghujeh     persisch     ein  kleiner  Vogel  murgtscheh. 
Mann  mirdako  ^  mardikeh  ein  Männchen. 

Frau  dscheniko  .,  sanikeh  ein  Frauchen. 

4)  Reihenfolge  der  Buchstaben  verändert: 

Holzkohle         aghsäl  persisch     soghäl. 

Teller  pukhschäb        ,,  puschkh&b. 

Alle  diese  Veränderungen  findet  man  nicht  nur  in  Ssemneln, 
sondern  in  allen  Gegenden  Persiens;  die  Veränderung  des  ü  in  i, 
b  in  w  sind  überall  gebräuchlich,  wie  auch  ö,  schö,  tö  u.  s.  w. 
für  ab  Wasser,  schab  Nacht,  tab  Fieber. 

Man  begegnet  in  Ssenmän  und  auch  in  Chorässan  vielen  ver- 
alteten persischen  Wörtern,  die  man  in  den  Wörterbüchern  Burhän 
i  Khatä,  Schcms  ul  loghät,  Ferheng  i  Andschuman  krki  u.  s.  w. 
findet,  die  aber  den  Bewohnern  der  Städte  unbekannt  sind,  wie: 

gebräuchliches  Persisch. 


Hund 

essbeh 

sseg. 

Wolf 

werk 

g^g- 

Kameel 

uschtur 

schutur. 

3  Jahi'  altes  Schaaf 

bachteh 

schischek. 

Granatapfel 

n&ri 

enar. 

Quitte 

ambeh 

beb ;  ambeh  bedeutet  jetzt  die  Mango. 

G^-ps 

geretschi 

getsch. 

Schuhe 

Ulekeh 

kafsch,  auch  l&lek  und  IMeka. 

Hemde 

schewi 

pirahen. 

538  BMndUr,  Berieht  iOer  den  SaemnänUchen  DiaieeL 

Die    in    Ssemn&n   gebräuchlichen   Familiennamen    findet    man 
auch  in  anderen  Gegenden  Persiens,  einige  überall. 

Vater  bäb&. 

Mutter  nanah. 

Schwester  düdü. 


düd. 


Tochter  \ 
Mädchen  / 
Bruder  dadä,  dad&sch. 


Eigenschaftswörter. 

Unter  diesen  habe  ich  nur  fünf  fremde  Wörter  gefunden: 

gut  cheur  (wie  im  deutschen  Keule)  wahrscheinlicb  vom 

arabischen  cheir. 

gross  messtn     persisch     busurg. 

klein  kessin           ,           kütschlk. 

schnell  rlk                ,           süd. 

schlecht  ptssa             .,           bad. 

Dieselben  Veränderungen,  die  bei  den  Hauptwöi*tem  stattfinden, 
kommen  hier  gleichfalls  vor:  wehter,  ssüah,  ss6s,  isspt  für  behter 
besser,  sstyah  schwarz,  ssabs  grün,  ssafid  weiss. 

Zahlwörter. 

Sind  mit  drei  Ausnahmen  wie  im  Persischen. 
3  hamireh     persisch     sseh. 
10  dass  „  dah;  dass  wie  im  Hindustani. 

100  SSI  ^  ssad. 

Die  Veränderungen  sind  wie  tschur  für  tschah&r  vier,  pundsch 
für  pandsch  fünf,  nah  für  noh  neun,  wisst  für  bisst  zwanzig;  ssi 
dreissig  wird,  um  es  von  hundert  zu  unterscheiden,  manchmal  ssa 
ausgesprochen.  Die  Ordnungszahlen  werden  wie  im  Persischen 
durch  Beifügung  der  Sjlbe  um  gebildet;  hamireh  drei  macbt 
hamirum  der  dritte,  alle  andern  sind  regelmässig. 

Fürwörter. 

Der  Ausnahmen  vom  Persischen  sind  wenige.  Im  Persischen 
steht  das  possessive  Fürwort  nach  dem  Hauptworte;  hier  wird  es 
wie  im  Hindustani  vor  das  Hauptwort  gesetzt. 

Mein  Buch  '  mun    i    kit^,    persisch   kitäb  i  man. 

ich  &,  mun  ,  man. 

meiner  mä,  mun  i  „  i  man. 

mir  merä  ,  marä. 

mich  mü  ^  marä. 

wir  hama  „  mk. 

unser  hamäi  ,  msii. 

du  tah  ^  tu. 

deiner  tahi  «         i  tu. 


Schindler,  Bericht  über  den  SaemnAnMchen  Dialeet, 


539 


dir 

terä                   pei 

rsi 

ihr 

schamä 

m 

euer 

schamM 

w 

er 
seiner 

ont 

sie 
ihrer 

jun 
üni 

11 
11 

dieser 

an,  an! 

f» 

jener 
was 

nn,  uni 
tschi 

1» 

einige 

ein  anderer 

tschundi 
int 

derjenige 
welcher 

hameh 
komtn 

Zeitwörter. 

B  Zeitwörter  haben  ihren  Infinitiv 

ai 

tar&. 

schuma. 

i  schumä. 

ü. 

i  ü. 

Isch&n. 

i  ischän. 

A 

in. 

ün. 

tscheh. 

tschand. 

digeri. 

hamin. 

kudILm. 


und  die  meisten  haben  vor  dieser  Sylbe  ein  tsch  oder  seh;  die 
Zeiten  werden  wie  im  Persischen  gebildet;  das  Praesens  von  der 
Radix  oder  von  der  zweiten  Person  des  Imperativs,  das  Perfectum 
vom  Infinitiv.  Zum  Beispiel:  schlagen  kütschün ,  Wurzel  kü 
(persisch  kübiden,  Wurzel  küb);  ich  schlage  mu-kü-em  oder  mu- 
küum,  ich  schlug  kütschem  oder  kütschum  (pers.  mi-küb-em, 
kübid-em);  sprechen  oder  sagen  bätschiün,  ich  spreche  mu-b&t-um, 
ich  sprach  batschum. 

Meistens  wird  das  Praefix  be  bei  den  Infinitiven  und  der  ver- 
gangenen Zeit  gebraucht,  wie  bekütschem  ich  schlug,  beb&tschem 
ich  sprach,  und  diese  unendlichen  be  und  tsch  machen  die  Zeit- 
wörter für  Fremde  total  unverstandlich.  Oft  werden  die  Zeit- 
wörter nach  Willkür  verdreht,  wie  zum  Beispiel  nttschiün  oder 
benitschiün  sitzen,  maninem  oder  muninum  ich  sitze,  benlyisstum 
ich  sass;  bebirüschtün  verkaufen,  murüschum  ich  verkaufe,  blrut- 
schum  ich  verkaufte. 

Das  Futurum  wird  durch  das  Hülfszeitwort  „wollen"  gebildet. 
Muchum  (für  mi-chähem,  pers.)  burüschum,  oder  muchum  birütsch 
ich  werde  verkaufen. 

Von  den  Hülfszeitwörtem  sind  die  folgenden  Formen  abweichend: 

sein  diyin,  derwischin 

ich  bin  dayem,  oder  Affix  um,  wie  im  pers.  am 

¥rir  sind  dayim     „         „      im      „       ^       „      im 

ihr  seid  danin,  babitschid 

du  bist  dani,  babitschi 

ich  war  dertschum,  ditschum 
'  er  war  dabü,  dabitsche,  d4reh,  behyä 

ich  habe  dämm 

du  hast  da,  dar 


540 


Schindler,  Bericht  Über  den  Ssemndnuchen  DüdecL 


er  hat  dk,  day& 
wir  haben  darim 
ihr  habet  dar 
sie  haben  d&reh 
Sein     und    haben    werden    oft    verwechselt.      Der    Imperativ 
wird  manchmal  durch  das  Praefix  da  gebildet. 

brechen    be-schekü-tt&n     pers.  schekesten,    2.  Pers.  Imp.  schiken 

^  ssüs 

„  chur 

uft 
deh 
„  rew,   rö 

y,  tschasp 

kun 
tschin 


brennen 

be-ssü-tschldn 

m 

ssüchten 

essen 

be-chur-tschiün 

n 

churden 

fallen 

be-bak-tschlün 

w 

uft&den 

geben 

be-h&d-tschiün 

n 

däden 

gehen 

be-shi-tschiün 

j» 

raften 

kleben 

*  wemW-tiln 

1» 

tschasptden 

machen 

be-ker-tschiün 

R 

kerden 

pflücken 

bütschisiln 

«1 

tschiden 

schicken   wasi-ker-tschiün    wörtl.  Sendung  machen 
schlucken  hami-ker-tschlün       ,       Schluck  machen 
,  sehen        be-d!-schün  pers.  diden  2.  Pers. 

schneiden  be-repal-n!üln  ^    burlden  , 

hCren        be-schunü-tschtün     .    schantden 


Imp.  btn 
bur 

schinew 
schin6 


Umstandswörter,  Verhältnisswörter  etc. 


von 

pi 

vor 

peruu 

oben 

jor 

unten 

j^r 

heute 

Ml 

morgen 

hartn 

gestern 

Inil 

vorgestern 

pari 

übermorgen 

parln 

persisch 


as 

p!sch 

bftl& 

s!r 

imrüs 

ferd& 

dirüs 

parirds 

pasferda 


Veränderungen   vom  Persischen   sind   blrin   für  birün  aussen, 
k4mi  für  kem  wenig,  hani  für  hanüs  noch,  u.  s.  w. 

Kurze  Sätze. 


1.  Gott  gebe  es. 

2.  Ich  bin  deines  Vaters  Freund. 

3.  Ist  dieses  der  Bruder  jenes 

Knaben  ? 

4.  Wir  sind  eure  Verwandten. 

5.  Ist  dies  nicht  mein  Onkel? 

6.  Dein  Bruder  sagte  es  mir. 

7.  Er  war  in  eurem  Hause. 

8.  Es  freut  mich  ihn  zu  sehen. 


Choda  h&deh. 

A  scham&t  bäbft  düstam,  oder  ä 

tah!  bäb&  düstum. 
in  mirdako  on!  ber&rye? 

Am&  we  schämt  chlschim. 

Mä  ämmt  nieh? 

Tah  ber&r  mera  bAt 

Schamäi  kiah  dabü. 

J6  badischum  chuschhalum. 


Schindler^  Bericht  über  den  Ssemhdnieehen  DüUect. 


541 


9.  Seid  ihr  mit  ihm  zufrieden  ? 

10.  Er  war  zwei  Stunden  mit  mir. 

11.  Wer  sagte  es  dir? 

12.  Welchen  wünschst  du? 

13.  Hätte  ich  nicht  volles  Ver- 

trauen in  ihn,  so  hätte  ich 
es  ihm  nicht  gesagt. 

14.  Von  wem  hast  du  es  gehört? 

15.  Die   Leute    sagen,    dass    er 

weggegangen  ist. 

16.  Was  sagst  du? 

17.  Ich  sah  niemanden. 

18.  Wie  viele  wünschst  du,  dass 

ich  dir  gebe? 

19.  Gieb  mir  jenen. 

20.  Lass  alles  sein  wie  es  ist 


21.  Wünschst  du  Trauben? 

22.  Bring  etwas  anderes. 

23.  Kommt    er    spät,    so   haue 

ich  ihn. 

24.  Mach  die  Thüre  zu. 

25.  Ich  will  noch  zwei  Farsach 

gehen. 

26.  Du   hattest  nichts   von  mir 

zu  fordern. 

27.  Wie  hat  er  alles  Geld  aus- 

gegeben ? 


J6  p!  r&st  babltschld? 

Do    säät   k   ham  p&  dabitscheh. 

(ham  p&  steht  für  mit). 
Kl  terii  b&t? 

Komin  mageh?  (für  mlch&hi). 
Ager  jo  pt  ch&ter  dschamä  (arab.) 

näbium  (nabüdem)  nabätum. 

Ki-a  pt  beschunütscheh  ? 
Martlm    mäyen    (für    mubätund 

oder  das  persische  migüyend) 

keh  jo  baschitsoheh. 
Tschi  Tschi  mk? 
Hitsch  kln  nadltschum. 
Tschundi  mageh  (siehe  Satz  12) 

tah  dam  (ftir  pers.  dahem). 
An!  mun  deh. 
Hameh  to  daschteh  b4  (im  vulg. 

Pers.    Tu    hamesch    daschteh 

hasch). 
Angiri     muchö     (oder     mageh, 

Satz  12). 
Anitschi  bi&r. 
Ager  dir  b!&  jo  muküum. 

Dar!  dahast,  oder  bäii  dahast 
A  mag!  dö  farsach  diger  be-schl. 

(Pers.   Mt-chähem   d6    farsach 

i  diger  be-rewem). 
Telabi  mö  pt  na-d&rtscht. 

Haml    ptl     tscht    tö     (für    t6r) 
chardsch  kertsch^h? 


Man  findet  diesen  Dialect  nicht  westlich  von  Lassgird  und 
nicht  östlich  von  Ssemnan;  er  wird  auch  nur  von  höchstens 
5000  Leuten  gesprochen. 


542 


Die  Nunation  und  die  Mimation. 

Von 
Darid  Heinrieh  Mflller. 

Es  ist  das  Verdienst  Ernst  Oslanders,  zuerst  das  Wesen  der 
Mimation  im  l^^imj arischen  erkannt  und  durch  eine  Beihe  von 
Merkmalen  die  Identität  derselben  mit  der  arabischen  Nunation 
festgestellt  zu  haben ').  Er  hat  auch  das  Zeichen  der  Mimation 
als  ein  verkürztes  ma  erklärt,  welches  dem  Substantivum  angehängt 
worden  ist 

Es  lag  nun  nichts  näher,  als  die  Mimation  für  den  Ausdruck 
der  Indeterminirtheit  anzusehen,  worauf  sowohl  der  Charakter  der 
Nunation  im  Arabischen,  als  auch  die  etymologische  Ableitung 
hinweisen  mussten.  Durch  einige  vereinzelt  stehende  Fälle  jedoch, 
die  ihm  gegen  diese  Annahme  zu  sprechen  schienen,  liess  Oslander 
sich  bestinunen,  dem  Zeichen  der  Mimation  jede  determinirende 
Kraft  sowohl,  als  auch  jede  Indeterminirende  abzusprechen  und 
dieselbe  als  eine  Indifferente  nominale  Zuspitzung  au&ufassen;  denn 
nur  so,  glaubte  er,  Hesse  sich  einerseits  die  Kraft  der  Indeter- 
mination  der  arabischen  Nunation,  andererseits  die  der  Determi- 
nation im  Assyrischen  erklären,  indem  er  annahm,  dass  das 
ursprünglich  indifferente  m&  von  den  verschiedenen  Dialekten  ver- 
schiedenfach verwendet  worden  sei  *). 

Eine  genaue  Prüfung  der  f^mj arischen  Denkmäler  fuhrt  aber 
jetzt  zu  dem  Resultate,  dass 

1)  die  Mimation  im  Himjarischen  nicht  minder  wie  die  Nu- 
nation im  Arabischen  nur  indeterminirende  Kraft  hat; 

2)  im  Himjarischen  das  Nun  am  Schlüsse  des  Wortes  deter- 
minirend  und  streng  sowohl  von  der  arabischen  Nunation,  als  der 
l^mjarischen  Mimation  zu  trennen  ist. 

1)  Vgl.  ZDMG  XX,  225  ff. 

2)  Vgl.    auch   Philipp!,  Wesen    und   Ursprung    des  Status    constructus    im 
HebrlUschen  181  ff. 


MüUWy  die  NunfUion  und  die  Mimatian.  543 

Diese  beiden  Behauptungen  lassen  sich  an  der  Hand  einiger 
sprachlicher  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  des  Qimjarischen  mit 
völliger  Sicherheit  beweisen.  Während  nämlich  im  !^imjarischen 
das  Adjectivum  eines  mit  Mimation  versehenen  Substantivums 
stets  ebenfalls  die  Mimation  hat')*  sind  die  Adjectiva  der  Nomina 
propria  entweder  ohne  Mimation  oder  mit  Nun  versehen. 

In  erster  Beihe  ist  es  eine  grosse  Zahl  von  Adjectiven,  die 
von  Osiander  für  Titel  gehalten,  von  Hal^vy  richtig  als  adjecti- 
vische  Epitheta  erkannt  worden  sind,  die  fast  ohne  Ausnahme  die 
Mimation  nicht  annehmen,  so  die  Epitheta  y»n,  TTTi,  ^m,  bbn,  "DD, 
n«:- ,  pnSK ,  yn'' ,  üS3  ,  O"»*! ,  die  sehr  häufig  in  den  Inschriften  vor- 
kommen. Einige  Beispiele  mögen  hier  zusammengestellt  werden: 
n'Ti  I  b»y-p  „Jada*il  der  Herrliche"  (Fr.  4.  8.  40,  vgl.  auch  Fr. 
31.  56,1.  56,7  etc.);  im  172»9r\^  \  p  |  T»S  |  bKyT»  „Jada*il  der 
Weise,  Sohn  Jata^amirs,  des  Vorzüglichen*  (Hai.  280—326)  und 
sonst  öfter  *) ;  'n»"»  |  yD"'b«  |  0331  |  yf)^  \  b»npi  |  DO«nö  |  DT«a  ^Am 
Tage  ihres  Fürsten  Wa^pthü,  des  Helfers,  und  seines  Sohnes  Djafa^ 
des  Glücklichen"  (Hai.  504,  lo);  yf)^  \  b«npn  |  0331  |  pnx  |  btayr^^ 
^Jata*!l,  der  Gerechte  und  sein  Sohn  Wakahü,  der  Helfer*  (Hai. 
527,  2);  pnst  I  D"»^  |  b»npil  I  yfi"»  I  ^T'a«  „Abjada*,  der  Helfer, 
und  WaVahil,  der  Erhabene,  der  Gerechte"  (Hai.  424,4,  vgl.  auch 
437,2—8.  442.  453,1.  459,3.  462,  i.  463.  474,2.  485,9.  512,4. 
520,4.  521,2);  ü^l  \  ö3Dn  |  0331  |  1U5["»  .  .  .  »der  Glückliche,  und 
sein  Sohn  ^afan™,  der  Erhabene"  (Hai.  534,  9.  Vgl.  auch  187,-5. 
221,  s);  üT2^1  dagegen  als  Nomen  loci  hat  Mimation.  Vgl.  die 
Zusammenstellung  der  Stellen  bei  Mordtmann  (ZDMG  XXX,  36). 
Weitere    Beispiele:    bbfi  |  ^no  |  ^b72np"»  |  13  |  b^mi  |  t\in    Jm 


1)  So   z.    B.    DtT'P  I  D3rTl    (Os.    29,3)    „gelbes   Gold";    D«5n  |  D^S^N 
(Os.  18,  8—9)  „gesunde  männliche  Kinder"  (D«5rt   =   S?UJ>  pl.  von  V^Ä^), 

vgl.    auch   Os.    10,10   und   Os.    17,5—6;    Dbb31  J  öbbp  |  Dl»  (llal.   149,  lO) 

„wenig  Wasser"  (Hai.);  D'^^Jt  |  1«t>  |  Dn3D  |  Ö^DO  |  bDI  (Os.  35,6)  „und 
jeder  Beamte  (scriptor)  gross  oder  gering,"  Fälle,  wie  ^KS?!  |  DibiK  (Os. 
36,  6)    „gesunde   Kinder**    und    K^ÖI  |  Dtl^p    (Os.  4,  8 — 9)    „niedrig   gelegene 

Ebenen"  bilden  keine  Ausnahme,  weil  ^K3?l  =  arab.  ^^yjJ^  plnr.  sanus  ist 

,     ^  ■'  ^  -     • 

und  weil  «"»ül  =  LjLL^  eine  Form  JLä»  bt ,  die  keine  Nunation  an- 
nehmen kann. 


2)  Dagegen  behält  D*ini  als  Nom.  pr.  die  Mimation:  Ö^fTlTa  |  13  |  tD'ini 
(Os.  14,  i),  Dimn  (Os.  36,1.4).  An  einer  Stelle  (Hai.  671)  kommt  D*ini  als 
Epitheton  von  bN^l^  vor;  ich  halte  es  jedoch  för  eine  Verschreibung  des  CJo- 
piston  oder  des  Steinmetzen,  oder,  was  noch  wahrscheinlicher  ist,  es  ist  zwischen 
"1  und  73  der  Trennungsstrich  ausgelassen  worden  und  das  Ganze  ist  etwa  zu 
ergänzen  «30  |  ^b]7a  |  nni  |  b^TT^    .    .    . 

Bd.  XXXH.  36 


544  Müütr^  tue  Nunaiion  und  die  Mimaiion, 

Jahre  des  Wadadil,  Sohn  des  Jakihmalik,  des  Grossen  und  Ge- 
liebten* (Os.  13,  is);  DJTao  I  bbfi  f  ^iD  |  i^z  \  a^DK«:  |  rprn  »im 
Jahre  des  Na^a'karib,  Sohn  des  grossen,  geliebten  Sami**  (HaL 
51,  19).  Zu  bemerken  ist  hier  die  Vorsetziing  der  Adjectiva, 
Ausnahmsweise  konmien  Dn^D  und  QQn:  als  Epitheta  in  der  VI. 
Inschrift  von  Abjan  vor  (vgl.  Lenormant,  Lettres  assyriologiques 
n,  77);  doch  diese  Inschrift  ist  verdächtig  imd  nicht  beweiskraftig. 
■^b^tDa:  I  p  I  Öi3  I  JöOb«  „Ilsama*,  der  Seher,  Sohn  des  Nabat*ali* 
(Hai.  327,  i;  vgl.  195,8.  329.  479,  i.  x.  484,  i.  501.  511,2).  taa: 
stelle  ich  mit  hebr.  csns  „blicken**  zusanmien. 

Diese  Erscheinung  ist  wohl  beachtet,  aber  nicht  erklärt  worden. 
Man  formulirte  sie  also:  „Epitheta  besonders  von  Königen  haben 
keine  Mimation^.  Aber  warum?  —  Zur  Beantwortung  dieser  Frage 
erinnere  ich  daran,  dass  Epitheta  und  Adjectiva  von  Eigennamen 
in  allen  Sprachen,  welche  Determination  von  Indetermination  unter- 
scheiden, determinirt  sein  müssen,  weil  das  Adjectiv  mit  dem  an 
und  für  sich  determinirten  Nomen  proprium  übereinstimmen  muss. 
Man  sagt  daher  im  Hebräischen  DDrRi  nfci'bTJj  „Salomo  der  Weise*, 

^fn'T  l'"in«  „Ahron,  der  Priester",  ebenso  arabisch  vJuJuaJt  Jo  yj\ 

„Abu  Bekr,  der  Gerechte**,    ^jjül  Ju-:^  „Muhammad,  der  Prophet*, 

aramäisch  »sb»  ^at«3nw^a5  -Nebukadnezar ,  der  König*  u.  s.  w. 
Im  Hebräischen  und  Arabischen  wird  also  die  Determination  durch 
den  Artikel,  im  Aramäischen  durch  den  Status  emphaticus  erzielt. 
Im  Himj arischen  steht  in  solchen  Fällen  ohne  Ausnahme  die  Mi- 
mation  nicht  —  wohl  aus  keinem  andern  Grunde,  als  weil  die 
Hinweglassung  der  Mimation,  als  des  Zeichens  der  Indeterminirt- 
heit,  im  Wesentlichen  einer  Determination  gleich  konmit.  In 
gleicher  Weise  erklärt  sich  das  Fehlen  der  Mimation  in  den  Epi- 
theten  der  Gottheit  V233anö,  die  in  Medinet  Haram  verehrt  wor- 
den ist*).  Sie  lauten:  -^na»,  'n«^«,  pD«i«,  liia«  „Der  Vater 
des  Schutzes,  des  Bathes,  des  Mitleides,  der  Gnade*.  Wollte  man 
diese   Ausdrücke    arabisch    wiedergeben,    so    müssten   sie  lauten: 

^.^1  jj{,     -jito  Jl  jj!   u.  s.  w.,  d.  h.  das  zweite  Glied  der  I4afe 

muss  determinirt  werden.  Das  geschieht  im  Himjarischen  nicht, 
die  Hinweglassung  der  Mimation  ersetzt  auch  hier  die  Determi- 
nation. Ebenso  ist  im  Ausdrucke  Dbnp  |  ''•ja  |  Nao  |  rariT3  |  ann 
„von  wegen  der  Danksagung  des  niederländischen  Saba  an  Kahal«>*  *), 
das  Fehlen  der  Mimation  in  "^1:1  zu  erklären. 

In  dem  öfters  in  den  Inschriften  vorkommenden  Ausdruck: 
•ppc  I  n3^  I  onUJ«  I  p  „von  den  Grundfesten  bis  zu  den  Spähluken* 

1)  Vgl.  Mordtmann,  ZDMG  XXXI,  83  ff. 

2)  lu  der  grossen  Inschrift  im  Museum  of  Bombay  Z.  9  (ZDMG  XXX,  682). 


MlUlm'y  die  Nunatüm  und  die  Mimation,  545 

lässt    sich    das    auffallende    Fehlen    des    determinirenden    Nun    in 
D*n^K  (entsprechend  pp^S)  in  derselben  Weise  erklären. 

Vielleicht  darf  man  auch  im  Arabischen  eine  Reihe  von  Sub- 
stantiven,  welche   die    arabischen  Grammatiker  als  unvollkommen 

abwandelbare,  durch  sich  selbst  determinirte  Eigennamen  ( JL^  Äi.juo) 

betrachten,  hierher  zählen.     Man  sagt  im  Arabischen     <\»^^  äJü, 

öjcXiij    Gen.    und   Acc.    r^=U#,  »->u,  B^iAp    zur   Bezeichnung    der 

betreffenden  Zeiten    eines   bestimmten  Tages,  während  dieselben 
Worte    mit  Nunation    versehen    die   betreffenden  Zeiten    irgend 


>  «  o. 


eines  Tages  bezeichnen.  Ebenso  sagt  man  äJUs  ,  Gen.  und  Acc. 
K^  im  Sinne  von  xaaaJI  ^die  Zeit*'.  Eine  gleiche  Erscheinung 
begegnet  uns  bei  den  weiblichen  Zahlwörtern,  wenn  sie  allgemeine 
abstracte  Grössenbegriffe  ausdrücken,  z.  B.  'S^m*,^s>  ^  fi^\  ^Jk-^ 
(A^i^  „Sechs  ist  eins  mehr  als  Fünf*  in  gleichem  Sinne  wie 
Jw>!jj  'iJJi^\  ^   hS  \  kLmJI  0.      Alle    diese   Fälle   finden    eine 

einfache  und  genügende  Erklärung,  wenn  man  annimmt,  dass  hier 
durch  Hinweglassung  der  Nunation  eine  Determination  erzielt  wor- 
den ist*). 

In  vielen  andern  Fällen  begnügt  sich  das  Qimjarische  nicht 
mehr  damit,  ein  Wort  durch  Hinweglassung  der  Mimation  zu 
detenniniren ,  sondern  verwendet  hierzu  ein  demonstratives  ^  oder 
in.  Der  demonstrative  Charakter  dieser  Endungen  steht  ausser 
Zweifel,  weil  sie  in  Verbindungen  vorkommen,  wo  eine  andere 
Auffassung  ganz  unmöglich  ist: 


1)  Vgl.  Mufassal  S.  v  Z.  1  und  2;  Fleischer,  Beiträge,  3  Stück  S.  292 
und  ZDMG  XXX, "503. 

2)  Es  darf  nicht  auffallen,  dass  die  dürftigen  Ueberreste  dieser  sprachlichen 
Erscheinung  im  Arabischen  bei  Zeitbegriffen  bewahrt  worden  sind,  weil  diese 
vermöge  ihrer  Geneigtheit,  sich  zu  temporellen  Partikeln  zv  verhärten,  auch 
anderweitig  ältere  Sprachformen  erhalten  haben,  die  sonst  untergegangen  sind. 
So  z.  B.  können  in  allen  semitischen  Sprachen  Nomina  der  Zeit  und  des  Ortes 
zu  einem  Verbum  in  Stat.  constructus- Verbindung  treten,  während  dies  bei  anderen 
Nomina  mit  Ausnahme  des  Hin\jarischen  ziemlich  selten  der  Fall  ist.  Ebenso 
hat   der  Artikel    im    Arabischen    und  Hebräischen   bei  Zeitbegriffen  die  sicher- 

lieh   ursprüngliche   vollkommen   demonstrative  Bedeutung  erhalten,   z.  B.  |»a^JI 


Ow    ^ 


„diesen  Tag,   heute",   JuJÜI    „diese   Nacht"   hebr.    Dl*^?!,   ^^^.^^  in    gleichem 

Sinne. 

35  • 


546  MüUer,  die  Nwnation  und  die  MimnÜon. 

a)  In  Verbindung  mit  anderen  demonstrativen  Pronomina  z.  B. 
^n:v2  I  in  öfters  in  den  Inschriften  =  arab.  jl;^i*^I  Ij^;  ^«nn«  |  p 

(Prid.  14,6)  !=  arab.  *«:5\4JI  IJ^  ,,dies  unverletzbare  Heiligthum* ; 

ly^rro  I  y\  (Fr.  56, i)  „dieser Wasserbehälter*';  i-nnia  ^y\  (Prid. IE,  7 — 8) 
„dieses  Prachtdenkmal*;  IMTO  |  ni  (Hai.  51,  n;  ZDMG  XXIX,  604 
N.  III  Z.  3)  „diese  Danksagung";  ^rT^nsn  |  nn  (Hai.  147,9.  149,  i&) 
„diese  Verherrlichung";  •jrr'Sp«  |  riT  (Os.  20,2 — s);  irfn«  |  ib«  (Hai. 
352,  3;  ZDMG  XXIX,  600  N.  H,  1)  „diese  Götterbüder" ;  ii-i«  |  mr: 
(IJal.  49,  ii)  „dieses  Land";  piTia  |  mnb  (Os.  18,?)  „von  wegen 
dieser  Weihtafel":  infnn  |  rr^n  (Os.  13,6)  „dieses  unglückliche 
Ereigniss";  T^iON  |  ntsn  (Os.  4,19)  „diese  Gefilde". 


)§ji,    die   aus    dem 


b)  In  Verbindung  mit  Nomina  propria: 
'\r\^^:n  (Hai.  682, 1)  „Aljiat,  Tochter  der  Tau 
Geschlechte  Hantk";  p:n«  |  D)3«bi  |  cnnynb  |  "jn  |  D*in«n  (Miles 
I,  1— 2  ZDMG  XXX,  680)  „Du-Öahir,  Sohn  des  Lihai*att  und  der 
La'imm,  die  aus  dem  Geschlechte  Hantk";  y^r^»  \  tob»  (Grosse 
Inschrift  von  Bombay)  „Eleaz,  der  von  Alw&n";  ^^m  |  Db03  (daselbst) 
„Bäsil,  der  aus  Darr";  y^yo  \  üT'^0  (Os.  27,  1)  „Sari*,  der  aus 
Main";  pn«  |  DTi  (Hai.  504,4)  „Wadd«»,  der  Berühmte;  |  n03 
pnya  I  ^021  I  ipn«72  (ZDMG  XXTX,  600  N.  H,  2—3)  „Nasr,  der 
Oestliche  und  Nasr,  der  Westliche". 

c)  In  Verbindung  mit  durch  Suffixe  determinirten  Nomina: 
pn^«i  I  p7:n»  |  inbipKi  (9.  ö.  Z.  9.)  „und  seine  Fürsten,  die  aus 
dem  Stamme  Himjar  und  Rat  ab";  pbö«  |  n^an«^»«  (Os.  35,6. 
ZDMG  XXX,  671  N.  I,  Z.  5)  „ihre  Fürsten,  die  Könige". 

In  allen  diesen  Fällen  entspricht  das  auslautende  Nun  voll- 
stUndig  dem  arabischen  Artikel.  Die  Behauptung  also,  dass  das 
Himj arische  keinen  determinirenden  Artikel  habe,  ist  dahin  zu  cor- 
rigiren,  dass  es  keinen  vorsetzbaren  Artikel  hat.  Vgl.  Hal^vy, 
Joum.  as.  Vn,  1.  p.  489 — 94.  Freilich  hat  im  Hin\jarischen  der 
Artikel  Öfters  noch  seine  volle  demonstrative  Kraft  bewahrt,  und 
zwar  nicht  (wie  in  den  anderen  semitischen  Sprachen)  bei  Zeit- 
begrififen  allein.  Hier  einige  Belege:  pSTia  im  Sinne  von  yiZTü  \  yi 
„diese  Weihtafel"  sehr  oft  in  den  Osiander  sehen  Inschriften ;  "pabon 
„dieses  Friedensdenkmal"  (?0s.  30),  ^bfra  „diese  Statue"  (Os.  33,  2), 
l^bat  „dieses  Bildniss"  (Reh.  6, 4.  7, 5) ,  yf^^  „dieses  Götterbild" 
(ZDMG  XXX,  673  Nr.  2,  Z.  2),  -jTabx«  |  in3-i;oyi  |  iMS^wS  „diese 
24  Bildnisse"  (Os.  31, 1)  u.  s.  w.  Es  scheint,  dass  in  einer  frühem 
Sprachperiode  auch  in  den  anderen  semitischen  Sprachen  die  aus- 
lautende Sylbe  &n  zu  gleichem  Zwecke  verwendet  worden  sei,  wie 
im  Himjarischen;  sie  ist  aber  mit  der  Zeit  zu  einer  Substantiva  und 
Adjectiva  bildenden  Silbe  verhärtet  worden  und  nur  im  Arabischen 
sind  noch  einzelne  Spuren  der  ursprünglichen  Bedeutung  zuiiick- 
geblieben.  Die  Gesetze,  welche  die  arabischen  Grammatiker  für  den 
Gebrauch    der  Nunation  aufgestellt  haben,   haben  im  Grossen  und 


Müller,  ilie  NtmaUon  und  die  MimaUon.  547 

Ganzen  auch  für  die  Mimation  im  Himjarischen  Gültigkeit  —  und 
finden  zum  Theil  wenigstens  in  unserer  Auffassung  ihre  Begründung 
und  Erklärung. 

Bekanntlich  sind  es  zumeist  Nomina  propria,  die  in  gewissen 
Fällen  die  Nunation  ahwerfen.  Im  Qimjarischen  ist  die  Mimation 
bei  Eigennamen,  die  im  Arabischen  Nunation  haben  müssen,  keines- 
wegs  so   nothwendig,    obwohl  sonst  in  der  Setzung  der  Mimation 

eine  unwandelbare  Gesetzmässigkeit  herrscht  So  z.  B.  TT  =  ju; 
(Hai.  577, 1.  534,  i),  01«  =  J,]?  (Hai.  534,  i.  509,  sr).     Die  Eigen- 

• 

namen  yno ,  ni ,  n^D3 ,  yap ,  ITI ,  '\y72 ,  «2rt  u.  a.  m.  konmien  bald 
ohne,  bald  mit  Mimation  vor.  Die  Ursache  dieser  Erscheinung 
liegt  meines  Erachtens  darin,  dass  die  Nomina  propria,  als  an  und 
für  sich  determinirt,  folgerichtig  gar  keine  Nunation  resp.  Mimation 
hätten  annehmen  dürfen ;  es  geschah  aber  dennoch,  weil  die  Namen 
der  Dinge  in  der  Form,  wie  sie  eben  waren,  d.  h.  mit  Mimation, 
als  Eigennamen  verwendet  worden  sind.  Es  darf  aber  nicht  auf- 
fallen, dass  der  Sprachgebrauch  im  ^mjarischen  hierin  schwankend 
ist,  weil  das  Sprachbewusstsein  hier  mit  der  Analogie  in  stetem 
Widerstreite  lag;  im  Arabischen  hat  die  Analogie  die  Oberhand 
gewonnen,  wobei  jedoch  beachtet  werden  muss,  dass  viele  Orts- 
namen, die  nach  den  arab.  Grammatikern  Triptota  sein  müssten, 
thatsächlich  von  den  Geographen  als  Diptota  überliefert  werden. 

üebereinstinunend  hat  das  Arabische  und  ]Himjarische  die 
Setzung  der  Nunation  beziehungsweise  Mimation  vermieden^): 

1)  bei  fremden  Eigennamen,  weil  diese,  sonst  in  der  Sprache 
ohne  Bedeutung,  ex  analogia  keine  Mimation  annehmen  konnten, 
(vgl.  himj.  ^rny  und  t»o). 

2)  bei  Nomina  propria  mit  der  Endung  afn,  weil  diese  Schluss- 
silbe ursprünglich  demonstrative  Kraft  hatte.  Im  I^imjarischen 
nimmt  mit  einer  einzigen  unsichem  Ausnahme  (OS'IS^S  |  nn)  kein 
Wort  mit  der  Schlusssilbe  an  die  Mimation  an,  weü  hier  die  de- 
monstrative Kraft  des  an  im  Sprachbewusstsein  noch  lebendig  und 
nicht  zui'  einfachen  Bildungssilbe  herabgesunken  ist. 

3)  Nomina  propria  von  verbaler  Form  können  keine  Nunation 
annehmen,  weil  dieselbe  nur  Merkmal  des  Nomens  ist  u.  z.  sind 
hierher  nicht  nur  Namen  wie  Ju;j  u.  s.  w. ,  sondern  auch  Namen 

•V* 

wie    .4.x;.   tji'«^-,   /«-Äw^  etc.  zu   zählen,   die   al^  alte  Passivformen 

(fu*al  wie  im  Hebr.)  aufzufassen  sind.  Die  Theorie  der  arab. 
Grammatiker  vom   ^«Ac  hat  keinen  Sinn. 

Es  bleibt  nun  noch  übrig,  auf  den  Ursprung  der  Mimation 
resp.   Nunation   einzugehen.      Das    Nächstliegende  ist  nun,    zu  der 


1)    Ich    weiss   wohl,    dass  iu   diesen  Fällen   nur  das  Fehlen  der  Nunation, 
aber  nicht  die  Diptotie  erklärt  wird. 


548  Müüer,  die  NutuUion  und  tue  Mimaikm. 

vielfach  ausgesprochenen  Vermuihung  zurückzukehren,  dass  die 
Mimation  aus  einem  angesetzten  indeterminirenden  pronominalen 
ma  hervorgegangen  sei,  da  die  dagegen  von  Osiander  wegen  ge- 
legentlicher determinirender  Bedeutung  der  Mimation  im  Him- 
jarischen  erhobenen  Bedenken  sich  durchaus  als  hinföllig  erwiesen 
haben.  Alle  die  von  Osiander  ZDMG  XX,  221  zusammengestellten 
FSille,  die  für  die  Determination  des  Mim  sprechen  sollen,  beweisen 
bei  genauer  Prüfong  nichts.  Das  QbKOnn  (Os.  1,  5  und  Fr.  55, 4) 
muss  nicht  heissen  „in  Folge  der  Bitte^  sondern  ,in  Folge  e i n e r 
Bitte **,  die  er  einmal  an  ihn  gerichtet,  ebenso  ist  .&M3V  nicht  zu 
übersetzen  „des  Feindes*',  sondern  eines  jeden  Feindes.  Dass 
l«:n  (Os.  36,6)  im  gleichen  Sinne  mit  D«:n  (Os.  9,6.  17,6.  18,9) 
steht,  beweist  nicht,  dass  bisweilen  Nünation  für  Mimation  im 
IJimj.  eintritt,  vielmehr  ist  ^fion  gesunder  und  QK:rT  gebrochener 
Plural  (vgl.  ob.  S.  544).  Sehr  deutlich  tritt  die  Differenz  zwischen 
der  indeteiminirenden  Mimation  imd  dem  determinirenden  Nun,  Os. 
13,7  und  12,  in  die  Augen.  Während  es  an  erster  Stelle  heisst: 
Dn"'nar  |  inb«OM  |  n»;D  |  ncujc  „und  er  gewährte  dem  S.  in  Folge 
seiner  Bitte  Hülfe*,  heisst  es  an  der  zweiten  Stelle  |  ib«0T3  |  p  |  yo^ 
irT'^Sti  „und  es  war  diese  Bitte  und  die  (Gewährung  der)  Hülfe*, 
von  der  schon  die  Rede  war. 

Auch  der  Beweis,  den  Philippi  ^)  für  die  ursprüngliche  In- 
differenz des  die  Mimation  (oder  Nunation)  bewirkenden  Schluss- 
consonanten  beibringt,  ist  nicht  stichhaltig.  Nach  ihm  setzt  die 
Bezeichnimg  der  Indetermination  in  einer  Sprache  die  der  Deter- 
mination voraus;  nun  soll  das  Aethiopische,  das  keine  Bezeichnung 
der  Determination  kennt,  dennoch  ursprünglich  diesen  Schluss- 
consonanten  gehabt  haben,  woraus  also  folgt,  dass  er  in  Bezug 
auf  Determination  und  Indetermination  indifferent  war.  Aber  ab- 
gesehen davon,  dass  die  zweite  Prämisse  auf  einer  blossen  Hypo- 
Üiese  beruht,  halten  wir  auch  die  erste  nicht  für  richtig.  Schwer- 
lich bildet  sich  in  einer  Sprache  ein  unbestimmter  Artikel,  ohne 
dass  zuvor  ein  bestimmter  existirt  hätte.  Das  mä  ist  aber  eine 
viel  stärkere  pronominale  Indetermination,  die  erst  später  sowohl 
lautlich  zusanmiengeschrumpfb  ist,  als  auch  an  Kraft  verloren  hat. 
Wenn  sich  also  selbst  nachweisen  Hesse,  dass  diese  pronominale 
Indetermination  im  Aethiopischen  ursprünglich  vorhanden  war,  so 
bewiese  dieses  nichts;  denn  derartige  Zeichen  der  Indetermination 
existiren  in  allen  Sprachen  und  sind  ganz  unabhängig  von  der 
Bildung  des  bestimmten  Artikels. 

Ist  nun  somit  sehr  wahrscheinlich,  dass  m  der  ursprüngliche 
Endconsonant  war,  so  bestätigen  dieses  auch  die  meisten  semitischen 
Sprachen,  in  denen  die  Nomina  diesen  Endconsonanten  haben.  Das 
Himjarische    und  Assyrische    haben  Mimation,    die    wenigen    vor- 


t)  Wesen  und  Ursprung  des  Stat.  consir.  S.  182. 


MMer,  die  Nunaüan  und  die  MiimaHon.  549 

handenen  Ueberreste  im  Hebräischen  deuten  ebenfalls  anf  dieselbe. 
Nur  das  Arabische  hat  Nnnation,  die  jedoch  in  der  Ansprache  nnr 
angedeutet  wird  und  also  nicht  ganz  sicher  gewesen  zu  sein  scheint. 
Freilich  behauptet  Philippi,  ,dass  wir  in  allen  Sprachen,  welche 
die  Bümation  darbieten,  in  noch  fast  gleicher  Ausdehnung  die 
Nnnation  finden'^  —  nämlich  im  Plural  des  Nomens  und  beim 
Verbum.  Aber  selbst  den  engen  Zusammenhang,  den  Philippi 
zwischen  den  Endungen  des  Nomen  sing,  einerseits  und  denen  des 
Verbums  und  des  Nom.  plur.  anderseits  voraussetzt,  zugegeben,, 
so  haben  wir  doch  die  ursprüngliche  Form  beim  Nomen  sing,  zu 
suchen,  wo  die  Endung  sich  zuerst  angesetzt  haben  muss,  und 
nicht  die  abgeleiteten  Formen  als  maassgebend  zu  betrachten. 

Wir    halten    also    die   Mimation    für    ursprünglicher    als    die 
Nunation. 


Nachschrift.  Längere  Zeit  nachdem  dieser  Aufsatz  der 
Bedaction  der  Zeitschrift  eingeschickt  worden  war,  ist  die  Ab- 
handlung ,Das  Zahlwort  Zwei  im  Semitischen"  von  Philippi  er- 
schienen, die  im  Abschnitte  VII  (ZDMG  XXXII  S.  57  ff.)  sic^  mit 
dem  Dual  und  dem  auslautenden  n  im  ^Qmjarischen  befasst  und 
einige  Berührungspunkte  mit  imserm  Thema  enthält.  Es  sei  mir 
daher  gestattet,  daran  einige  Bemerkungen  zu  knüpfen. 

Dass  das  auslautende  n  des  Nomens  sowohl  Demonstrativum, 
als  auch  Artikel  sein  kann,  glaube  ich  bewiesen  zu  haben;  ebenso 
unzweifelhaft  ist  es,  dass  es  Pluralzeichen  sein  kann.  Dagegen  ist 
die  Annahme  Praetorius',  der  sich  auch  Philippi  anschliesst,  dass 
n  oft  als  Sufßx  der  1.  Person  plur.  anzusehen  sei,  wohl  an  und 
für  sich  möglich,  aber  kaum  durch  ein  sicheres  Beispiel  zu  belegen; 
denn  alle  von  Praetorius  ^)  und  Philippi  *)  angeführten  Fälle  sind, 
wie  zum  Theil  schon  Hal^vy  und  Mordtmann  bemerkt  haben, 
höchst  wahrscheinlich  anders  zu  deuten,  und  bleibt  die  Behauptung, 
dass  die  Weihenden  von  sich  öfter  abwechselnd  in  der  3.  und 
1.  Person  reden,  erst  zu  erweisen.     'jariDi  |  «J'äi  |  Dnrp  (Os.  4,  9) 


'  ^    * 


ist  gleich   ^^^xx^  ^i«^3  '^-^^   n^^  niedrig  gelegenen  Ebenen  und 

Bergpässe";  l'i'^O«  |  r7:nb  |  ^rsnai  (Os.  4, 13 — u)heisst:  „und  schütze 
diese  Felder";  p:na  ist  Imper.  energ.  der  VIII.  Form  von  pa 
(hebr.  -|:a)  „schützen";  das  n  von  in-JO«  ist  Artikel  und  pno«  |  nrn 

entspricht  arab.  \^*it\  öwX^.  Ebenso  heisst  ^:::'J73a  (Os.  7, 7)  ^in 
diesem  (oder:  dem)  Orte",  ^stKa  (Os.  10,4)  „in  diesem  (oder:  dem) 


1)  Boitr.  7.   11.  16.  36.    N.  Beitr.  7.  15.  16.    Bwtr.  3.  H.  7.   Anm.    ZDMG 
XXVI,  432. 

2)  ZDMG  XXXII,  62. 


5ö0  MüUer,  tue  Nunatian  untl  die  MimaUon, 

Lande*  und  ifiy  \  mnb«  (ZDMG  XXVI,  482)  ^seinem  Gotte  Qamliii*. 
Ebensowenig  liegt  irgend  welcher  Zwang  vor,  an  den  von  Philippi 
a.  a.  0.  bezeichneten  Stellen  diese  ErklUmng  anzunehmen. 

Auch  die  Annahme  Philippi's,  dass  n  bisweilen  als  die  Bildungs- 
silbe  an  anzusehen  sei,  lässt  sich  kaum  mit  Sicherheit  erweisen. 
Jedenfalls  wird  man  sich  entschliessen  müssen,  es  entweder  sowohl 
bei  ibna  (ZDMG  XXX,  685),  als  auch  bei  der  Form  penn  an- 
zunehmen, oder  bei  keiner  von  beiden;  denn  der  von  Ph.  g^en 
die  Annahme  dieser  Bildungsendung  bei  der  letzten  Form  ange- 
führte Grund  ,weil  der  Stamm  dieses  Wortes  nachweisbar  icnö 
lautet",  sich  auch  bei  ]bn3  geltend  machen  lässt.  Auch  hier  lautet 
der  Stamm  nachweisbar  bn2 ,  so  z.  B.  inbn3  ^seine  Palmenpflanzung* 
(Hai.  172,3.  174,3.  175,  s.  176,2).     Der  Grund   selber   ist  freilich 


o«  ^  o 


nicht  stichhaltig,  weil  ja  neben  der  Form  Joid  und  Juu^  die  Formen 


«  o 


.J^lAj  und    ,^MSLA   vorkommen  können  ').     Sollte   sich  jedoch  die 

Annalime  begründen  lassen,  dass  im  Himj  arischen  wie  im  Arabischen 
das  demonstrative  an  zur  reinen  Bildungssilbe  abgeschwächt  wor- 
den ist,  —  wofür  allein  im  Infinitiv.  yv\n  (Os.  23,« — %  und 
12,  4—5)  und  in  iön3:ynb  (ZDMG  XXIX,  591)  ein  einiger- 
mussen  sicherer  Anhaltspunkt  gegeben  ist,  —  so  wären  aUe 
Schwierigkeiten  bei  der  Dualform  gehoben.  Philippi  bezweifelt 
nämlich  mit  Recht  die  von  Praetorius  und  Hal^vy  im  Himjarischen 
angenommene  Dualendung  äni  bezw.  ni,  kann  aber  vier  Formen, 
die  auf  diese  Erscheinung  hinzudeuten  scheinen,  nicht  erklären. 
Es  sind  dies  die  Formen:  irr^ancnia  *)  (Hai.  535,5 — e),  "irr^STi« 
(Hai.  401,  3.  374,  3),  ■•rncnss  (Hai.  520, 10)  und  ^^<^yy^  (Hai.  353, 7). 
Wenn  man  das  n  als  Bildungssilbe  an  ansehen  dürfte,  würde  ab 
Zeichen  des  Dual  nur  das  Jod  d.  h.  aj  bleiben,  des  ja  auch  sonst 
sehr   häufig   vorkommt,   und  wir   hätten   diese   Formen    zu    lesen 


o  .»    «    u  ^ 


^Uä,^:Uö  ,      JuJLä/o  u.   s.  W.  3). 

Was  aber  das  ^n  betriflFt,  so  ist  dasselbe  im  Hadraniautischen 
Dialekt  gleich  n  des  Hirajaiischen  und  zwar  in  der  Bedeutung  des 
Demonstrativums  oder  des  Artikels,  ist  aber  weder  als  Plural  noch 
auch  als  Suffix  der  1.  Person  des  Plurals  nachzuweisen.     In  allen 


1)  Ebenso  uurichtig  ist  der  Schluss  (Philippi  a.  a.  O.  S.  50  Aum.  3),  „da^ 

^1Cn73  nicht  der  Plural  von  1CT173  sein  kann,  da  der  Plur.  des  Wortes  niCtm 
lautet",  weil  ein  gesunder  Plural  neben  einem  gebrochenen  wohl  vorkommen  kann. 

2)  Zu  dieser  Form  ist  übrigens  Wredo  Z.  4  l^nfl  |  INT''  |  "|n''nErra 
„die  beiden  Burgen  Jnz'au  und  Jazta'iu",  wo  das  n  nicht  eingeschoben  ist,  zu 
vorgleichen. 

3)  Dagegen  wird  die  Annahme  wohl  kaum  zulässig  sein,  dass  die  Dual- 
cndung  sich  an  die  mit  dem  demonstrativen  an  oder  dem  Artikel  versehene 
Nominalform  angesetzt  hat,  da  hierfür  jede  Analogie  im  Semitischen  fehlt. 


MiUler,  die  Nunatüm  und  die  Mimation.  551 

Fällen,  wo  das  yn  im  himjariscben  Dialekt  vorkommt,  geht  dem- 
selben entweder  eine  Dualendung  voran  oder  das  Wort  lautet  auf 
n  aus,  das  in  einzelnen  Fällen  Artikel,  in  andern  Pluralzeichen  ist. 
Artikel  ist  dasselbe  wahrscheinlich  in  p2n"'^an  (Hai.  167,  i)  und 
^nsncnit  (Hai.  144,  2.  466, 4)  *),  weil  bei  Feminina  die  Pluralendung 
1  nicht  gesichert  ist;  in  p^icn»,  in:n"«a,  p5bn3,  pS»«»  etc.  ist 
das  n  Zeichen  des  Plurals,  'fn  aber  Artikel  oder  Demonstrativum. 
Dass  aber  die  Pluralendung  in  gelautet  hat  und  nicht  an,  wie 
Philippi  annehmen  möchte,  geht  daraus  deutlich  hervor,  dass  der 
Status  constinictus  stets  auf  i  ausgeht,  wie  ich  dies  bei  den  Zahl- 
wörtern nachgewiesen  habe  *).  Der  von  Philippi  für  seine  Annahme 
nach  dem  Vorgange  Hal6vy's  angegebene  Grund :  „weil  die  Plural- 
endung vor  Suffixen  bleibt,  also  hier  doch  wohl  eine  mit  dem 
analog  behandelten  äth.  &n  identische  Endung  vorliegt^  (a.  a.  0.  58 
Anm.  5),  ist  abgesehen  davon,  dass,  selbst  die  Thatsache  zugegeben, 
der  Beweis  nicht  geliefert  ist  —  weil  nicht  abzusehen  ist,  warum 
nicht  in  ebensogut  wie  an  vor  dem  Suffix  bleiben  kann  —  schon 
dess wegen  hinfUllig,  weil  in  Wirklichkeit  kein  einziger  Fall  nach- 
zuweisen ist,  wo  das  n  des  Plurals  vor  Suffixen  stehen  geblieben 
ist  In  den  zwei  an  der  von  Ph.  angezogenen  Stelle  des  Joum. 
asiat.  (1873, 1  486)  vorkonunenden  Beispielen  prsciDi  (Hai.  373,  4) 
und  psrt'^^  (Hai.  657,2),  die  übrigens  in  ganz  unverständlichen 
und  fragmentarischen  Inschriften  stehen,  ist  überhaupt  kein  Suffix 
zu  erkennen,  und  nicht  abzusehen,  warum  y^  hier  nicht  vielmehr 
als  Demonstrativum  zu  betrachten  sei. 


1)  Gleich  in-'^irin  I  m  und  incnac  |  m. 

2)  ZDMG  XXX,  708. 


552 


Mythologische  Miscellen. 

Von 

Dr.  J.  H«  Mordtmann  jr.>) 

III. 
Der   semitische  Apollo. 

Griechische  und  römische  Schriftsteller,  selbst  in  rein  wissen- 
schaftlichen Werken,  haben  es  mit  ängstlicher  Scheu  vermieden, 
barbarische  Wörter  zu  gebrauchen,  indem  sie  es  vorzogen,  dieselben, 
wo  immer  es  nur  ging,  durch  Ausdrücke  der  eigenen  Sprache  zu 
ersetzen;  so  vor  allem  bei  den  Namen  der  barbarischen  Gottheiten, 
bei  denen  sich  schliesslich  ein  feststehender  usus  ausgebildet  hat. 
Gerade  wie  man  Athene  mit  Minerva,  Hera  durch  Juno  u.  s.  w. 
regelmässig  übersetzte,  so  verfuhr  man  auch  mit  den  fremden 
Göttern;  die  Wiedergabe  des  semitischen  El  durch  Kgövog  Sa- 
tumus,  Baal  durch  Zivg  Jupiter,  Baaltis  durch  *'HQa  Juno,  der 
phönicischen  Astarte  durch  AqQoSiTt]  Venus,  Eschmim  durch 
*Aöxkriniog  Aesculapius,  Melkart  durch  'Hgaxkijg  Hercules  ist  fast 
ausnahmslos  zu  nennen.  So  weit  Hesse  sich  Nichts  gegen  dies 
Verfahren  einwenden;  dagegen  gerathen  wir  in  nicht  geringe  Ver- 
legenheit, wo  uns  andere  Gottheiten  wie  Artemis,  Dionysos  etc. 
entgegentreten;  einmal  lässt  sich  nämlich  nachweisen,  dass  z.  B. 
dieselbe  Gottheit  bald  durch  Artemis  bald  durch  Athene,  eine  andere 
bald  durch  Helios  bald  durch  Dionysos,  oder  ganz  verschiedene 
Gottheiten  durch  einen  Namen  wiedergegeben  werden;  dann  aber 
herrscht  manchmal  eine  grosse  Ungewissheit ,  ob  überhaupt  hinter 
einem  solchen  Namen  ein  einheimischer  Cult  zu  suchen  ist?  Movers 
hat  sich  nur  zu  oft  durch  voreilige  Combinationen  und  Identili- 
cationen  zu  gänzlich  verfehlten  und  wesentlich  unbegründeten  Auf- 
fassungen verleiten  lassen.  Stai'k  andrerseits  in  seinem  bekannten 
Buche  Gaza  und   die   philist.  Küste  in  dem  Abschnitt  über  helle - 


1)    Vgl.  Band  XXXI.  8.  91—101. 


Mordtmanrif  myihologi§che  Miscellen,  553 

nistischen  Glauben  und  Cultus  im  Orient  (S.  566  ff.)  hat  dem  Ein- 
fluss  des  Griechenthums  mehre  Gottheiten  zugeschrieben,  die  gewiss 
einheimischen  Ursprungs  sind.  Unter  diesen  Umständen  schien  es 
mir  an  der  Zeit,  mit  Benutzung  der  neueren  epigraphischen  For- 
schungen, durch  erneute  Einzeluntersuchungen  die  Principien  imd 
Gesichtspunkte  festzustellen  zu  versuchen.  Ich  beginne  mit  Apollo, 
indem  ich  mir  die  Besprechung  anderer  Gottheiten  vorbehalte. 


Während  der  Belagerung  von  Tyrus  durch  Alexander  den 
Grossen  begab  es  sich,  dass  ein  Bürger  in  der  Volksversanmilung 
erklärte,  er  habe  im* Traume  gesehen,  ¥rie  der  Apollo,  den  man 
hoch  verehrte,  die  Stadt  verliess ;  obgleich  der  betreffende  kein  sehr 
glaubwürdiger  Mann  war,  so  fesselte  man  doch  das  Bild  des  Gottes 
mit  einer  goldenen  Kette,  und  befestigte  es  an  den  Altar  des  Her- 
cules, dem  die  Stadt  geweiht  war,  als  ob  dieser  den  Apollo  zurück- 
halten würde.  Diese  Statue  hatten  die  Punier  einst  aus  Syracus 
fortgeführt  und  in  ihrem  Mutterlande  aufgestellt,  wie  sie  auch 
sonst  mit  den  Beutestücken  der  von  ihnen  eroberten  Städte  nicht 
weniger  Karthago  wie  Tyrus  geschmückt  hatten.  So  erzählt  Cur- 
tius  IV,  15  imd  weniger  ausführlich  Plutarch  im  Leben  Alexanders 
c.  24;  bei  den  übrigen  Historikern,  welche  uns  die  Thaten  Ale- 
xanders überliefert  haben,  Arrian  etc.,  finde  ich  diese  Anecdote 
zwar  nicht  wieder,  doch  sehe  ich  keinen  Grund,  deren  Wahrheit 
anzuzweifeln.  Dagegen  scheint  aus  dem  was  der  römische  Historiker 
über  die  Herkunft  des  Götterbildes  hinzufügt,  hervorzugehen,  dass 
der  Cult  des  Apollo  kein  einheimischer  war,  sondern  sein  Ent- 
stehen dem  aus  der  Fremde,  aus  Sicilien,  nach  Tyrus  verschleppten 
Bilde  desselben  verdankte.  Unter  diesen  Umständen  müssen  wir 
uns,  wenn  uns  auch  die  Einführung  des  ApoUocultus  aus  Griechen- 
land in  vorhellenistischer  Zeit  nicht  recht  glaubwürdig  erscheint, 
nach  etwas  bestimmteren  Zeugnissen  umsehen;  übrigens  brauchen 
wir  uns  nur  z.  B.  daran  zu  erinnern,  wie  die  Perser  auf  ihren 
verschiedenen  Kriegszügen  gegen  Griechenland  die  Statuen  des  Apoll 
und  der  Artemis,  die  sie  mit  Mithra  und  Anaitis  verglichen,  fort- 
führten, und  wir  werden  die  Möglichkeit  nicht  leugnen,  dass  der 
Apoll  von  Syracus  von  den  Tyriem  mit  einer  einheimischen  Gott- 
heit identificirt  wurde. 

Der  Perieget  Pausanias  erzählt  (VII.  23),  dass  er  im  Tempel 
des  Aesculap  zu  Aegium  mit  einem  Sidonier  zusanmiengetroffen, 
welcher  behauptete,  dass  die  Phönicier  im  Allgemeinen  das  Gött- 
liche besser  kennten  als  die  Hellenen  und  unter  Anderm  als  Beispiel 
anführte,  dass  sie  als  Vater  des  Aesculap  zwar  den  Apollo  nennten, 
ihm  jedoch  keine  Sterbliche  zur  Mutter  gäben  [wie  die  Hellenen 
es  thaten].  Aesculap  sei  die  Menschen  und  Thieren  zur  Gesimd- 
heit  nöthige  Luft,  Apollo  aber  die  Sonne,  und  werde  sehr  richtig 
Vater   des  Aesculap  genannt,  weil   sie  in  Uebereinstinmiung  mit 


554  Mardimann,  mythologische  MiaceUsa, 

den  Jahreszeiten  ihren  Umlauf  vollende  und  dadurch  der  Luft  die 
Gesundheit  verleihe. 

Wäre  die  Cosmogonie  des  Sanchuniathon  als  phöniciseher 
Katechismus  zu  betrachten,  so  brauchten  wir  nur  nachzuschlagen, 
um  den  einheimischen  Gott  zu  finden,  welchen  der  Mann  aus  Sidon 
dem  Griechen  gegenüber  als  Apollo  bezeichnete.  Es  ist  dies  Sv8ux^ 
bez.  SäSvxog,  der  Vater  der  phönicischen  Kabiren  und  des  Heil- 
gottes Eschmun  (Sanchuniathon  in  den  frg.  bist.  Graec.  III  S.  568  f. 
c.  21  und  27;  Damitöcius  Leben  des  Isidor  bei  Photius  CCXLII, 
573).  Aber  es  leuchtet  von  selbst  ein,  wie  unsicher  diese  Com- 
bination  an  sich  ist;  dagegen  hilft  uns  vielleicht  der  von  Curtius 
erwähnte  Umstand  auf  die  Spur,  dass  die  Statue  des  Apoll  an  den 
Altar  des  Heracles  d.  h.  des  Melkart  befestigt  wurde,  woraus  doch 
wohl  hervorgeht,  dass  dieselbe  im  Tempel  des  letzteren  stand. 
Nun  ist,  wie  wir  gleich  des  weiteren  sehen  werden,  in  Oypem  durch 
die  neueren  Entdeckungen  ein  Gott  ;]cn  nach  gewiesen,  welcher 
im  Griechischen  als  'Anokkatv  bezeichnet  wird;  ein  aus  Tjrus 
stammender  Siegelstein  (Yogüe  M^l.  S.  81 ;  Schröder  Phon.  Sprache 
S.  273)  nennt  aber  einen  damit  wohl  identischen  S)X"i  n^pbTa,  d.  h. 
ins  Griechische  übertragen  ^Hgaxkfjg  'AtioXXwp,  und  schlage  ich  in 
Ermanglung  eines  Besseren  yor,  diesen  mit  dem  von  den  beiden 
genannten  Historikern  erwähnten  Apollo  zu  combiniren  ^). 

Sehen  wir  uns  jetzt  in  dem  von  Tyrus  aus  gegründeten 
Carthago  um,  so  finden  wir  auch  hier  verschiedene  Angaben  über 
Apollocultus. 

Während  der  mehrtägigen  Erstürmung  Carthagos  durch  die 
Römer  drangen  die  4000  Mann  frische  Truppen,  mit  welchen  am 
zweiten  Tage  der  Sturm  fortgesetzt  wurde,  in  das  Heiligthum  des 
Apollo,  dessen  vergoldetes  Bild  in  einem  goldgetriebenen  Hause 
von  1000  Talenten  Gold  Gewicht  aufgestellt  war,  plünderten  es, 
hieben  (die  Statue)  mit  ihren  Schwertern  in  Stücke,  unbekümmert 
um  das  was  um  sie  vorging,  und  gingen  nicht  eher  wieder  in  den 
Kampf,  als  bis  sie  die  Beute  vertheilt  (Appian  Pun.  c.  127).  Auf 
diesen  Zwischenfall  scheint  sich  die  von  Valerius  Maximus  erzählte 
Anecdote  zu  beziehen :  Als  Carthago  von  den  Römern  niedergeworfen, 
sei  Apollo  seines  goldenen  Gewandes  beraubt  worden,  doch  habe 
der  eifrige  Gott  es  dahin  gebracht,  dass  die  terapelschänderischen 
Häude  abgeschnitten  unter  den  Tiümmem  gefunden  wurden  (1.  I 
c.  1  §  18).  Plutarch  (Titus  c.  1)  erwähnt  einer  grossen  aus  Car- 
thago stammenden  ApoUostatue  gegenüber  dem  Circus.  Auch  hier 
ist  es  nicht  unmöglich,  dass  der  Cultus  des  Apollo  sich  auf  die 
Verehrung  einer  aus  Sicilien  weggeschleppten  Statue  dieses  Gottes 
bezieht;  in   der    That   erwähnt   Cicero    (in  Verr.   IV    §  93)    einen 


1)  Vgl.  auch  'E^fun  'AnolXoStoQov  Tvpioe  C.  I.  G  II,  2322  b  41  (Delus); 
*Anolkc8(opo$  JSiddfvio^  Kumanudcs  (Alt,  'Enty^,  'Enixvfiß.)  2372;  'Anol- 
Xtortos  ib.  2373.  2380. 


.MonUmann^  mytkologittehe  MimMem.  &55 

Apollo,  Werk  des  Myron,  welchen  die  Cartbager  ans  Agrigent  nach 
Carihago  geschafft  hatten.  Doch  fehlen  uns  durchaus  directe  und 
bestimmte  Angaben  über  die  Provenienz  des  von  Appian  und  Va- 
lerius  Maximus  erwähnten  Gottes,  und  ist  daher  bis  auf  den  Be- 
weis des  Gegentheils  anzunehmen,  dass  wir  hier  eine  einheimische 
Gottheit  zu  suchen  haben.  Auch  sind  hier  die  beiden  Vorgebirge 
des  Apollo,  "AnoiXtavo^  dxgoVy  von  denen  das  eine  bei  Carthago 
(Forbiger  A.  G.  2,  481),  das  andere  (ebenso  ¥rie  ein  Vorgebirge  des 
Phoebus,  0oi/9oi;  axQOv)  an  der  mauretanischen  Küste  liegt  (For- 
biger a.  a.  0.  S.  866),  anzufahren.  Bis  auf  weiteres  sehe  ich  in 
diesem  carthagischen  Apollo  den  ipn  b^n  der  zahlreichen  punischen 
Votivsteine,  wozu  mich  folgende  Erwägungen  bestimmen.  Auf 
den  Votivinschriften  erscheint  der  Baal  Hammän  stets  zusammen 
mit  einer  weiblichen  Gottheit,  der  Tanit  Letztere  aber  wurde  mit 
der  hellenischen  Artemis  gleich  gesetzt,  wie  dies  die  erste  athe- 
nische Inschrift  beweist,  in  welcher  das  nsn  i:i9  des  phönicischen 
Textes  im  Griechischen  durch  */4fTifiiSiitgog  wiedergegeben  wird'). 
Es  mochte  daher  nahe  liegen,  in  dem  stets  zusammen  vorkommenden 
Baal  Hamm&n  .und  Tanit  das  Geschwisterpaar  Apollo  und  Ar- 
temis wiederzuerkennen  und  in  Folge  dessen  den  Baal  Hammän 
mit  Apoll  zu  identificiren ,  auch  konnte  hierzu  der  entschieden 
solarische  Character  des  carthagischen  Gottes  wesentlich  beitragen. 
Femer  erwähnt  Strabo  1.  XVI  c.  3  eines  Vorgebirges  des  Ammon 
Balithon  {äxga  jififAOtvog  Ba3ii&iavos)%  d.  h.  des  fün  b^n,  und 
Scylax  eines  Punktes  an  der  Sjrte,  welcher  ebenfalls  nach  dem 
Ammon  benannt  war.')  Wir  wären  demnach  zu  der  Vermuthung 
berechtigt,  dass  die  vorher  angeführten  Vorgebirge  des  Apollo  mit 
ihrem  einheimischen  Namen  Vorgebirge  des  Ammon  =  pn  b:^^ 
hiessen. 

In  dem  vielberufenen  Schwur,  welcher  zu  Anfang  des  von 
Polybius  (VU,  9)  im  Wortlaut  mitgetheilten  Bündnisses  zwischen 
Hannibal  und  Philipp  steht,  rufen  die  Carthager  Zeus,  Hera,  Apollon, 


1)  Meines  Wissens  ist  dies  das  einzige  posidre  Zengniss  für  die  Identität 
der  Tanit  und  Artemis;  die  persische  Anahita  hüte  man  sich  natürlich  mit 
Tanit  zu  identificiren.  Cicero  (in  Verr.  1.  IV  c.  33)  erzählt  femer,  dass  die 
Carthager  einst  eine  Statae  der  I>iana  ans  Segesta  nach  Carthago  geschafft, 
welche  von  ihnen  hoch  verehrt  wurde. 

2)  BaXi&on'0£  ist  unklar;  doch  scheint  aacher,  daas  es  identisch  mit  dem 
sonst   belegten   männlichen  Eigennamen  Balithon  (C.   I.  L.  V,  1  N.  4920,   vgl. 

Schröder  a.  a.  O.  S.  117  u.  196)  =  'jn"'  b^n  ist.  Anders  Schröder  126,  und 
Moineke  zum  Steph.  Byz.  s.  v.  BäJits, 

3)  c.  109  (Geogr.  Gr.  Min.  t.  I.  S.  85):  ir  de  tif  Hodotarto  rrji  £u^t$do^ 
{iv  tt^  ß^vxv)  *^tiiaivov  fitufioi ,  iniveiov  äfifiowes  älovs  j^s  Sv^nSog, 
l^nö  loviov  etc.  Der  Herausgeber  vermnthet  in  dem  corrupten  ä/iftowes 
alovs  der  Handschrift  Afifuüwi  äXoos;  doch  liegt  es  noch  näher  in  "Aftftovveg 

HammftnsHulen,  hobr.  i3'*3'72ri,  zu  sehen,  welche  Philo  *y^f*f*ovvtis  nennt  (Schrö- 
der S.  125).  Mit  dem  egyptischen  Ammon  hat  natürlich  der  phönicbche  Sonnen- 
gott Nichts  zu  thun. 


556  Mordimann^  mytMoffiwehB  Mi$eMen. 

ferner  den  Genius  von  Carthago,  Herakles  und  lolkus,  endlich  Ares^ 
Triton  und  Poseidon  an  {ivavxiov  Jiog  xai  "Ugag  xal  *j4n6kkwvog^ 
ivavxiov  äaifiovog  £a^;|fi7dov/a>v  xai  'UgaxUovg  xai  'lolaov^ 
kvavriov  *lAQ9tag  ^  Tgirtavog,  TloönSdipog).  Die  Dreitheilong  in 
dieser  Aufzählung  springt  in  die  Augen;  man  hat  daher  wohl  ge- 
meint, die  erste  Trias  seien  die  Hauptgötter  der  Macedonier,  die 
zweite  die  der  Carthager,  die  dritte  die  der  Lihjer;  Stark  a.  a.  O. 
287  hat  besonders  den  libyschen  Triton  und  Poseidon  aus  andern 
Schriftstellern  nachgewiesen;  wenn  die  beiden  ersten  Triaden,  wie  es 
dem  Sachverhalt  angemessen  erscheint,  allein  carthagische  Gottheiten 
sind,  so  möchte  ich  sie  mit  Baal,  Baaltis  (Euting  Pun.  St.  21, 
Carth.  215),  Baal  Hammän ,  Melqart,  Eschmün  übersetzen^). 

Ich  brauche  wohl  nicht  zu  bemerken,  dass  alle  diese  Com- 
binationen  durchaus  nicht  den  Anspruch  machen,  constatirte  Facta 
zu  sein.  Glücklicherweise  sind  wir  anderwärts  nicht  so  sehr  auf 
blosse  Yermuthungen  angewiesen. 

Unter  den  von  Euting  (Sechs  phön.  Inschr.)  herausgegebenen 
Inschriften  von  Idalion  ist  die  bilinguis  N.  1,  wie  es  im  phönici- 
sehen  Theil  heisst,  dem  bDia  tfOl  geweiht;  in  der  Gyprischen  üeber- 
setzung  steht  dafHr  reo  Anoiwpi  vü  'Afivxha,  Demselben  Gotte 
sind  die  Inschriften  H,  IH,  V,  VI  geweiht;  hierzu  kommt  die  zuerst 
von  Colonna  Ceccaldi  genau  bekannt  gemachte  griechische  Inschrift 
von  Idalion  (Bevue  arch.  XX VH,  S.  89)*):  Mvaüiag  'Atfftitog 
fiBTUQccg    vnig    avvov    xai    rov  viov  JTtjgvgfiavog  \  *AnolXuiVi 

'AfivxXaifp   ivxfjv  \  Ktovg   tag   Kixulg   ayovöiv  fi^  Sav8ixov  ^. 

Diese  Inschrift,  die,  wie  die  letzte  Zeile  besagt,  vom  7.  April  265 
V.  Chr.  datirt'),  erregt  in  verschiedener  Hinsicht  unser  Interesse.  Die 
Eigennamen  sind  s&nmitlich  phönicisch :  Mnaseas  gehört  zu  denjenigen 
griechischen  Eigennamen,  welche  vorzugsweise  von  den  Phöniciem 
getragen  werden,  wie  Novfiijpiog^  £un6kifiog,  'AvTinargogf 
^Ytpovgdviog f  Zrjvatv  u.  A.  (über  einen  ähnlichen  jüdischen  Ge- 
brauch s.  Lagarde  Abb.  S.  164  A.).  "A\prig  ist  als  tyrischer  Name 
durch  die  athenische  Inschrift  Rhangab^  N.  417  bezeugt,  rtjgvöftwp 
endlich  ist  offenbar  i^uj«  ni*). 


1)  Den  daifiwv  KaQxV^*^^'"^^  wage  ich  nicht  zu  übersetzen;  dagegen 
möchte  ich  auf  die  Inschrift  C.  I.  L.  III,  933  (aus  Carlsburg)  aofinerkHani 
machen,  welche  Caelesti  Augustae  et  Aesculapio  Augusto  et  (xetoo  (Jarthayini9 
geweiht  ist.  Auch  Münzen  erwähnen  des  Genius  Carthaginis.  Um  Nichts  zu 
übergehen,  sei  der  libysche  Apoll  bei  Steph.  Byz.  s.  v.  ^vo^yda  hier  auch 
erwähnt. 

2)  Es  ist  diejenige,  auf  welche  Schröder  Berl.  Monatsber.  1872,  S.  335 
Bezug  nimmt;  andere  sind  meines  Wissens  nicht  publicirt. 

3)  Vgl.  die  phönicischo  Ausdrucksweise  Idal.  V  Z.  2  TD  nxb  «n  ©K 
V^Hj  LVII  und    dazu    die   Bemerkungen  Eutings   a.   a.  O.  S.   10  f. 

4)  Vgl.  den  Namen  I^^oat^avoe  (so,  nicht  Pe^Soj^atos,  steht  bei  Arrian 
II,    13)   =   rr-inXT   ^a   (Schröder    a.    a.   O.   S.    93).      Der   Name    des   Gottes 


Mordimann,  myiholoffisehe  MUceUen.  557 

Was  das  fiSvnQag  nach  "j/tfffjrog  bedeutet,  ist  nicht  recht 
klar;  vielleicht  ist  es  ebenfalls  Eigenname.  Offenbar  nnr  eine  Va- 
rietät des  b372  C]V3n  ist  der  yn  ^101  der  38.  Citiensis  aus  Lamaca; 
die  Bedeutung  des  Cultus  wird  femer  durch  eine  Anzahl  von  Eigen- 
namen  bezeugt:    p-'Cttän  Cii  87,  t]U5*inay  Schröder  a.  a.  0.  S.  334 

I,  riü^naT  Idal.  V. 

Diese  Inschriffcen  sind,  wie  ihre  Sprache  und  die  Namen  un- 
widerleglich beweisen,  von  Semiten,  von  Phönikem,  abgetasst  und 
geweiht,  nur  die  Bezeichnung  des  Apoll  als  'j4fivxkälog  würde 
darauf  hinweisen,  dass  die  Gottheit  selbst  hellenischen  Ursprungs 
ist;  andrerseits  hat  Herr  von  Vogü^  in  seiner  Abhandlung  über 
die  37.  und  38.  Citiensis  (M^langes  S.  78 ff.)  nachgewiesen,  dass 
des  semitischen  Gottes  q;&^  bereits  auf  egyptischen  Denkmälern 
der  18.  Dynastie  (15.  und  16.  Jh.  v.  Chr.)  Erwähnung  geschieht, 
also  zu  einer  Zeit,  wo  sicherlich  noch  nicht  griechische  Ansiedler 
auf  Cypem  Einfluss  auf  phönicische  i>ulte  haben  konnten.  In  Folge 
dessen  schwanken  die  Ausleger,  ob  auf  den  idalischen  Inschriften 
bD73  eine  Transcription  von  jifivxkalog  sei  (Schröder  a.  a.  0.  S. 
336  A.),  oder  ein  phönicisches  Epitheton  des  Gottes:  brn  „der 
Beschützende*^  (Euting),  oder  Mekal  von  'nbD  «der  Vernichtende'^  (Vo- 
gü^  im  J.  A.  1875  Bec.  der  Euting'schen  Schrift,  S.  7  des  Sonder- 
abzugs) etc.  Ich  glaube  jedoch,  dass  b^TS  wirklich  nur  eine  Um- 
schreibung des  'j4f€Vxkalog  ist,  und  zwar  aus  folgenden  Gründen. 

Wir  finden  auf  Cypem  in  griechischen  Texten  ausser  dem 
amycläischen  Apoll  noch  andere  Apolloculte  erwähnt,  die  mir  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  auf  griechischen  Ursprung  zurückzu- 
gehen scheinen.  So  treffen  wir  unter  den  von  Ceccaldi  a.  a.  0. 
veröffentlichten  Inschriften  Weihungen  an  einen  ^AnoXXiav  Mayiigioq 
(Pyla  N.  1  u.  3,  S.  91),  *jin6i,Xmv  jiaxiVTfjg  (ebendaselbst  N.  4, 
S.  91),  und  an  einen  &a6g  IliQO^vxt^  (aus  Curium,  B.  Arch.  29, 
S.  100),  welcher  vermuthlich  nur  eine  Variation  der  übrigen  Apollo- 
typen darstellt.  Die  Schriftsteller  nennen  femer  den  *An6Xkmv 
^Ykdti^^  der  in  verschiedenen  cyprischen  Städten  verehrt  wurde'). 
Ohne  Beifügung  eines  Beinamens  finden  sich  Weihinschriften  an 
den  Gott  in  Pyla,  Politico  und  sonst  (Ceccaldi  a.  a.  0.  S.  91, 
N.    2 ;   S.  94 ,   N.  1 :   provenance  incertaine ;   Politico   Samml.  des 


Eschmnn    (dessen    Cultus   iii    Cyperu   durch   Cit.    38,   39    und  44    bei    Schröder 
Berl.  Monatsber.    1872,  S.  337  bezeugt  ist)  wird    durch   vofteav  wiedergegeben 

wie  anderweitig  /ißSv^owoi  =  fülD^  133^  ist  (Inschrift  von  Saida  bei  Wad- 
dington Inscr.  de  la  S^rrie  1866  c). 

1)  äteph.  Byz.  s.  v.:    JS(tva^etaf  nSÄa  Kvn^ov  iv  ij  'AnolXatv  Jifiärat 

o'ii'  iiov  *  Vldiao  d'eov  i8o£  *An6XXmvoi 
Ttuß^ov  ^EQva&sidv  te  xai  eivaXdijv  'Afnaf^nooov. 
(vgl.    denselben   s.   v.  'Afinfnaooöi,    ^ß^vad'eta,     Tiftß^og)   ferner   s.   v.  "VXtf 
nöAis  Kvn(fOv  iv  y  'AnöAXtnv  riftarat  '  TXdrijg.     Avxof^tov  *  xai  JSir(^axov 
ßXaßiaviei  '  TXdrov  r«  y^r. 


558  Mardlmann,  mythologuche  MücßUen. 

griech.  SyUogos  N.  224);  Strabo  1.  XIV  c.  6  redet  endlich  von 
einem  Vorgebirge  in  der  Nähe  von  Ourium,  von  welchem  man 
diejenigen  hinabstürzte,  welche  den  Altar  des  Apollo  ber&hrt 
hatten. 

Cypem  war  schon  in  frühen  Zeiten  von  Hellenen,  speeiell  von 
Peloponnesiem,  colonisirt,  welchen  es  bald  gelang ,  nicht  nur  un- 
abhängige Reiche  zu  gründen,  sondern  sogar  einen  grossen  Theil 
der  semitischen  Ansiedler  zu  unterwerfen.  Bekanntlich  aber  war 
der  Hauptgott  der  dorischen  und  nichtdorischen  Bewohner  des 
Peloponnes  der  Lichtgott  Apoll,  und  wäre  uns  nicht  durch  die  se- 
mitischen Denkmäler  der  CjizH  erhalten,  wir  würden  keinen  Augen- 
blick anstehen,  den  *An6XXaiv  ^Afivxiaiog  ^  MayBtQiog^  ^YXarfi^^ 
negaiVTfi^^  jiaxtvvtj^  für  echt  griechische  Göttergestalten  za 
erklären:  diese  Beinamen  haben  einen  guten  hellenischen  Klang 
und  zum  Theil  auch  Etymologie;  abgesehen  von  der  bereits  be- 
sprochenen Ausnahme  finden  sich  in  den  Weihinschriften  nur  grie- 
chische  Namen   {^AvaxQiiaVf    "AgufTog^  'AgnneTÜLfjg  f    JTlavxog, 

Es  ist  somit  ebensowenig  erlaubt,  den  griechischen  Apollocult 
auf  phönicischen  Ursprung  zurückzuführen,  wie  das  umgekehrte, 
sondern  es  liegt  hier  das  nicht  sehr  häufige  Beispiel  vor,  dass 
zwei  Göttergestalten,  obgleich  zwei  durch  Abstammung,  Sprache, 
Religion  und  Character  grundverschiedenen  Völkern  angehörig, 
dennoch  in  Folge  gleicher  Attribute  gänzlich  mit  einander  zn- 
sammenfliessen  und  identisch  werden,  —  ähnlich  wie  in  der  grie- 
chischen Mythologie  Hercules  in  unerfreulichster  Weise  mit  dem 
lydischen  und  semitischen  Gotte,  oder  die  kleinasiatische  Götter- 
mutter mit  der  dea  Syria  vermengt  wird,  so  dass  es  fast  unmöglich 
wird,  das  Eigenthum  der  verschiedenen  Nationen  zu  unterscheiden. 
In  Gypem  hat  der  jahrhunderÜange  Einfiuss  der  griechischen  und 
später  der  hellenistischen  Oberherrschaft  den  einheimischen  Gott 
verdrängt  und  an  seine  Stelle  den  fremden  gesetzt;  und  es  ist 
gewiss  kein  Zufall,  dass  kein  Schriftsteller,  sondern  einzig  die 
älteren  Monumente  den  phönikischen  C)td*i  der  Nachwelt  überliefert 
haben.  Man  kann  im  Grunde  behaupten,  dass  schon  in  der  bilin- 
guis  von  Idalion  der  bDT3  C)V3*i,  d.  h.  nach  unserer  Auffassung  die 
Uebersetzung ,  nicht  das  Original  der  griechischen  Worte,  dies 
Verhältniss  kennzeichnet 

Die  semitischen '  Colonisten  Cypems  stammen  zum  grössten 
Theil  aus  dem  Orontesthale:  der  Name  von  Amathus,  der  be- 
rühmten Culturstätte  der  Aphrodite,  ist  identisch  mit  der  grossen 
Metropole  am  Orontes,  riTSn,  um  von  anderen  Zeugnissen  zu 
schweigen').     Die  Bewohner  dieser  Gegenden,  die  Cbetiter,  waren 


1)  Die   Stadt   Ammochostos   (assyrisch   Amtichadästi)    auf  Cypem  bedeutet 


wohl  „Nea-Hamat". 


MordtmcMHy  mythologiache  MücelUn.  559 

ein  streitbares  Volk,  welches  wir  in  älteren  Zeiten  im  Kampfe  mit 
den  Egyptem  und  Assyrem  begriffen  finden  (Duncker  I  252  f. 
254  ff.)*  ^^6  Denkmäler  der  Bamessiden  geben  uns  detaülirte 
Schilderungen  der  Eroberungszüge  gegen  die  Cheta  und  nennen 
uns  auch  die  von  ihnen  verehrten  Crötter.  Der  Graf  Vogüe  in 
seinem  Commentar  zu  den  beiden  Inschriften  von  Citium  und  £.  Meyer 
(diese  Ztschr.  XXXI,  S.  719)  haben  aus  egypüschen  Stelen  den  Gott 
qoi  als  Paredros  der  r::?,  der  in  Cadesia  verehrten  Kriegsgöttin 
nachgewiesen;  es  ist  gewiss  kein  Zufall,  dass  wir  beiden  Gottheiten 
in  Cypem  wieder  begegnen,  wohin  ihr  Cult  ohne  Zweifel  von  den 
chetitischen  Colonisten  gebracht  worden. 

Eine  erwünschte  Bestätigung  wäre  es,  wenn  der  Namen  'Aßa- 
dgdipas  in  der  Inschrift  C.  I.  G.  4463  aus  der  Nähe  von  Maarreh 
wirklich  den  Gottesnamen  e]v3n  in  dem  zweiten  Theil  enthielte, 
wie  ich  diese  Ztsch.  Bd.  XxXI,  S.  98  vermuthete.  Die  nur  in 
einer  fehlerhaften  Copie  Pocockes  vorliegende  Inschrift  lautet: 

£W  Y22AXMHN02AFTEMill 

0  YAKEl2AE2ElST0MNHMi. 

ONABEJPA  U^A^JION  Y2I0  Y 

KAIAMA  OBABEA  TH2E  Y  Fl  ONE 

MO  YFAMETHA  YTOY 

"Etovs  oa  fitivog  *Agt£fAli]i[al 

ov  ax  k[TiX]€ffiv  t6  (Avrifi\u 

ov  *A߀dgdt/jag  Jiovvalov 

xai  Afiald']ßaßkc  Tijg  Evno[X\i 

fiov  yafitry  aitav 

Am  rechten  Rand  steht  noch  BAPAXOY  (=  '^'na).  Offenbar 
findet  sich  der  in  Frage  stehende  Name  wieder  in  der  aus  der- 
selben Gegend  stammenden  N.  4464: 

.  BEJP  ,  .  AY  .  AS  EMOY  EQ^HjilKIA^ 
Ich  mag  diesen,  wie  man  sieht,  nur  unsicher  überlieferten 
Namen  nicht  zu  weitergehenden  Combinationen  missbrauchen;  ganz 
abgesehen  davon,  dass  das  xfj  doch  nicht  den  Lauten  C|V3  entspricht, 
und  es  näher  lag,  sie  durch  die  dem  Griechischen  geläufige  Ver- 
bindung an  wiederzugeben.  Dafür  enthält  unsere  Inschrift  einen 
andern  Göttemamen,  der  bis  jetzt  noch  immer  verkannt  wird.  Der 
weibliche  Name  Z.  4  ^Afiaö^ßaßia  ist,  wie  Nöldeke  (Gott  gel 
AA.  1864,  S.  861)  bereits  ganz  richtig  erkannte,  ein  Compositum 
mit  n72(c,  dem  Femininum  zu  *127;  der  genannte  Gelehrte  liest 
den  Namen  AfAa&ßaeXtig,  indem  er  das  rtjs  welches  mir  ein 
Fehler  des  Steinmetz  zu  sein  scheint  (st.  des  Nominativs  7/),  zu 
ihm  hinzuzieht.  Dies  ist  nicht  zulässig,  da  die  Form  des  Namens 
durch  sein  Wiedervorkommen  in  N.  4462  (Bouieh  bei  Ma'arret) 
....  av6v[i]ioaBv  KaaaifAag  xal  fiaoßaßea  irovg  ya  1.  ['^]/ia[i>]- 
ßaßia  gesichert  ist.     Ich  zweifle  keinen  Augenblick,  dass  wir  hier 

Bd.  XXXU.  ^«4 


560  Mordlfnann^  myikologitehe  MigedUn, 

die  damascenische  Göttin  Babea  vor  uns  haben,  deren  GedOchtniss 
nns  durch  eine  Stelle  im  Photius  (Damascius  Leben  des  Isidoms, 
cod.  242,  S.  555  Höschel)  erhalten  ist:  Brißia  Si  ol  JSvgoi^  kcu 
fiaXiata  ol  iv  Jafiaax^  ra  veoyva  xaKovai  nouSia  ijSij  Si  xal 
TU  fitigaxia  itno  r^  nag*  avtolg  vofu^Ofihnjg  Baßlag  &6ov. 
Für  Baßia  wird  auch  die  Variante  Baßala,  d.  h.  Baßia  «ige- 
gefiihrt.  Die  Richtigkeit  der  bei  Photius  gegebenen  Etymologie 
und  ihr  hohes  sprachliches  Interesse  leuchtet  ein,  wenn  man  die 
Bemerkungen  in  Gesenius  Thes.  v.  s.  nss  (Thes.  11  S.  841)  ,pu- 
pilla  oculi*^  durchliest.  Zugleich  ersehen  wir  hieraus,  dass  die 
Baßia  eine  aramHische  Gottheit  war;  da  bis  jetzt  qt3*i  jedoch  nur 
auf  phönicischem  Gebiete  nachgewiesen,  so  stehe  ich  auch  aus 
diesem  Grunde  noch  an,  an  der  Seite  einer  *Afia&ßaßia  einen 
Diener  des  phönicischen  Gottes  zu  statuiren. 

Dagegen  ist  uns  in  derselben  Gegend  eine  Stätte  des  Apollo- 
cultus  bekannt,  welche  bis  in  die  spätesten  Zeiten  weit  und  breit 
berühmt  war:  ich  meine  Antiochien  mit  dem  vielberufenen  Cy- 
pressen-  und  Lorbeerhain  von  Daphne.  Bekanntlich  ist  Antiochien 
eine  Gründung  Seleucus'  I,  welcher,  wie  Justin  (XV,  4)  sich  aus- 
drückt, die  benachbarten  Gefilde,  d.  h.  den  Hain  von  Daphne 
dem  Apoll  weihte.  Hier  befand  sich  ein  Tempel  des  Gottes  nebst 
einem  Heiligthum  der  Artemis  und  einem  Asylbezirk  (Strabo  S. 
749  f.).  Die  „Assyrier*  zur  Zeit  des  Apollonius  von  Tyana  knüpften 
an  den  Lorbeerhain  die  bekannte  arcadische  Sage  von  der  Daphne ; 
eine  Reihe  uralter  Cypressen  umgab  den  Tempel;  in  den  Quellen, 
hiess  es,  badete  sich  der  Gott;  von  einem  jungen  Cypressenschoss 
glaubte  man,  dass  ein  „assyrischer*  Jüngling  ^)  Namens  Kyparittos 
in  denselben  verwandelt  sei  (Philostratus  V.  Apoll.  I  c.  16).  Wenn 
wir  Malalas,  dem  anüochenischen  Historiker,  dessen  Werk  von  den 
abenteuerlichsten  Erzählungen  wimmelt,  die  er  jedoch  der  Local- 
tradiüon  zu  entnehmen  pflegt,  Glauben  schenken  dürfen,  so  war 
der  Cypressenhain  viel  älter  als  Seleucus;  Heracles  (welcher?)  hatte 
nämlich,  als  er  in  der  Nähe,  des  Heiligthums  die  nach  ihm  benannte 
Stadt  gründete,  schon  einige  Bäume  gepflanzt  (S.  204  Bonn).  Die 
beiden  Statuen  des  Apoll  und  der  Artemis  wurden  dort  später 
vom  Antiochus  Philadelphus  aufgestellt  (S.  234)  ^).  Dort  wurden 
jährlich  im  Monat  Lous  (August)  grosse  Umzüge  und  Feste  ge- 
feiert (Strabo  a.  a.  0.  Julian  S.  467  Hertl.).  Im  Jahre  362  wurde 
das  ganze  Heiligthum  durch  die  Nachlässigkeit  der  Tempelwächter 
ein  Raub  der  Flammen  (Ammian  a.  a.  0.  Julianus  a.  a.  0.). 

Stark  (Gaza  u.  die  philist  Küste  S.  568)  macht  auf  den  Um- 
stand  aufinerksam,   dass  Apollo  uns   speciell   als  Schutzgott  des 


1)  Ovid  Met.  X  121  ff.  erzählt  die  Verwandlung  dos  von  Apoll  geliebten 
ceischen  JQngUngs  Cypariasiis  in  den  nach  ihm  benannten  Baum;  vielleicht  bt 
damit  die  Notis  sn  verbinden,  dass  in  Antiochien  noch  in  später  Zeit  das  Ado> 
nlsfdst  gefeiert  wurde. 

%)  Nadi  Amwiaii  (S.  S26  Val.)  von  Antiochus  Epiphanes. 


MonUmoHn,  mythologische  Misceiltn.  561 

Seleucus,  des  Gründers  von  Antiochien,  und  seiner  Nachkommen 
bekannt  ist;  dieser  Gelehrte  neigt  dazu,  Culte  in  Syrien,  die  uns 
aus  der  hellenistischen  Zeit  unter  griechischem  Namen  überliefert 
sind,  auf  den  Einfluss  der  Fremdherrschaft  zurückzufuhren.  In  der 
That  sehe  ich  im  Augenblick  keinen  zwingenden  Grund,  den  Apoll 
von  Daphnefür  einen  einheimischen  Gott  zu  erklären,  nicht  ein- 
mal eine  besondere  Wahrscheinlichkeit,  dies  anzunehmen  liegt  vor. 
Bedenkt  man  andererseits,  wie  sich  in  dieser  Gegend  nachweislich 
uralte  semitische  Culte  auch  unter  dem  Hellenismus  forterhielten 
und  zum  Theil  weite  Verbreitung  fanden :  der  Zeus  Kasios  {v^p  rrbei) 
gräcisirt  als  Triptolemos,  die  Athene  Cyrrhesüke  =  Belisama  (auf 
einer  lat.  Inschrift),  die  Artemis -Gad  von  Laodicea  u.  A. ,  so 
darf  man  es  nicht  für  unmöglich  erklären,  dass  hinter  dem  Apoll 
von  Daphne  irgend  ein  alter  chetitischer  Gott,  nach  unserer  Ver- 
muihung  der  t)!C1,  steckt  Auch  ist  natürlich  nicht  zu  ver- 
gessen, dass  die  meisten  hellenistischen  Städtegründungen  nicht  so 
sehr  Neugründungen  zu  nennen  sind,  als  vielmehr  Synökismen 
der  alten  einheimischen  Bevölkerung;  speciell  von  Antiochien 
lassen  uns  dies  die  Angaben  bei  Strabo,  um  von  Malalas  zu 
schweigen,  vermuthen. 

Gehen  wir  zu  den  übrigen  semitischen  Völkern  über,  so  finden 
wir  auch  hier  mehr  oder  minder  bestimmte  Nachrichten,  dass  bei 
ihnen  ein  dem  Apoll*  zu  vergleichender  Gott  verehrt  wurde.  Lucian 
(de  dea  Syria  c.  35)  beschreibt  ein  im  Tempel  der  Atargaüs  zu 
Hierapolis  (Bambyke)  befindliches  Götterbild,  wie  folgt:  Nächst 
dem  [vorher  beschriet)enen]  Thron  [des  Helios]  ist  ein  Holzbild 
[^occvov]  des  Apoll  aufgestellt,  welches  ganz  ungewöhnlicher  Art 
ist;  alle  andern  stellen  den  Apoll  als  Jüngling  dar,  einzig  diese 
haben  das  Schnitzbüd  eines  bärtigen  ApoU  aufzuweisen,  und  sie 
rühmen  sich  noch  dessen  und  schmähen  die  Hellenen  und  andere, 
welche  einen  kindlichen  Apoll  (AnoXXwifa  nälSa)  verehren.  — 
Auch  haben  sie  noch  etwas  anderes  Besonderes  an  ihrem  ApoU; 
sie  sind  die  einzigen,  welche  ihn  bekleidet  darstellen*.  Im  folgen- 
den Abschnitt  bespricht  der  Verfasser  ausführlich  das  Orakel  dieses 
Gottes,  welcher  nicht  etwa,  wie  es  sonst  üblich,  durch  den  Mund 
seiner  Priester  seine  Weissagungen  offenbarte,  sondern  durch  Be- 
wegungen und  Sprünge  des  Schnitzbildes  in  einer  Art,  die  lebhaft 
an  das  Tischrücken  erinnert.  Macrobius  (Saturn.  I,  17):  „die  Ein- 
wohner von  Hierapolis,  welche  zu  den  Assyriern  gehören,  über- 
tragen alle  Eigenschaften  und  Wirkungen  der  Sonne  auf  ein  bär- 
tiges Götterbild,  welches  sie  Apollo  nennen.  Sein  Gesicht  ist  mit 
einem  langen  Bart  versehen,  während  sein  Haupt  von  einem  Cala- 
thus  überragt  wird;  seine  Gestalt  ist  mit  einem  Panzer  geschützt; 
in  der  ausgestreckten  Rechten  hält  er  eine  Lanze,  hierüber  ist  eine 
kleine  Victoria;  in  der  linken  hält  er  eine  Blume;  ein  Gorgonen- 
umwurf  mit  Schlangen  umkränzt  deckt  die  Schulter  vom  Nacken 
abwärts.     Adler  daneben  drücken  den  Flug  aus  (?) ;  zu  den  Füssen 


562  MordimanHy  mythologUcht  MigeeilmiL 

befindet  sich  eine  weibliche  Figur,  zu  deren  Rechten  und  Linken 
ebenfalls  weibliche  Figuren,  sie  werden  von  einer  Schlange  um- 
ringelt*^.  Um  kurz  zu  sein,  so  glaube  ich,  dass  der  Apollo  von 
Hierapolis  kein  anderer  ist  als  der  wohlbekannte  Hadad,  welcher 
in  dieser  Stadt  als  Paredros  der  Atargatis  verehrt  wurde,  s;  die 
Stellen  bei  Baudissin  Studien  etc.  S.  312  ff.  Anderwärts  freilich 
beschreibt  derselbe  Schriftsteller  den  Gott  Adad,  welchen  er  als 
Sol  bezeichnet,  etwas  verschieden  (123):  „das  Bild  des  Adad  wird 
dargestellt  mit  nach  unten  gerichteten  Strahlen*^  ^) ,  welcher  Zug 
übrigens  der  zuerst  gegebenen  Beschreibung  nicht  geradezu  wider- 
spricht. Wenn  dieser  Gott  den  „Assyrem*  zugeschrieben  ¥rird,  so 
sind  wohl  gerade  damit,  dem  Sprachgebrauch  Lucians  und  der 
erstangeführten  Stelle  gemäss,  die  Einwohner  voa  Hierapolis  ge- 
meint Nach  allen  bisher  über  Hadad  bekannten  Nachrichten  ist 
derselbe  eine  den  Aramäem  eigene  Gottheit. 

Mit  der  Beschreibung  des  Gottes  von  Hierapolis  stimmt  wenig- 
stens in  einigen  Theilen  die  Figur,  die  sich  auf  dem  Revers  einiger 
Satrapenmünzen  mit  aramäischen  Legenden  findet  Der  Herzog 
von  Luynes  theilte  sie  verschiedenen  persischen  Statthaltern  (Sjen- 
nesis,  Demes)  zu,  Herr  Dr.  Blau  (Beiträge  zur*  phönicischen  Münz- 
kunde) der  Stadt  Nisibis  in  Mesopotamien;  der  letztere  Gelehrte 
machte  auch  schon  auf  die  sogleich  zu  besprechenden  Stelleu  in 
griechischen  Schriftstellern  aufmerksam.  Doch  hat  sich  Brandis 
(Münzwesen  in  Vorderasien  S.  350,  vgl.  S.  495)  entschieden  gegen 
diese  Attribution  ausgesprochen,  indem  er  sie  vielmehr  der  Stadt 
Side  in  Pamphylien  zusclireibt.  Somit  sind  diese  Münzen  für  unsem 
Zweck  unbrauchbar,  dagegen  besagt  allerdings  die  Stelle  des 
Sanchuniathou  (c.  22  FHG  HI  568):  „Es  wurden  dem  Kronos  in 
Peraea  [im  phön.  Texte  stand  wohl  nn:  nnr]  drei  Kinder  geboren  : 
Kronos,  der  denselben  Namen  wie  sein  Vater  führt,  Zeus  Belus 
und  Apollon*^,  wenn  man  von  der  euhemeristischen  Einkleidung 
absieht,  dass  bei  den  verwandten  Stämmen  in  Mesopotamien  den 
phönicischen  Gottheiten  vergleichbare  verehrt  wurden,  El,  Bei  und 
Hadad. 

Wir  begegneten  oben  bereits  der  missbräuchlichen  Anwendung 
des  Namens  Assyrer  auf  die  aramäischen  Syrer;  es  ist  natürlich, 
dass  wir  hierunter  nicht  die  alten  ächten  Assyrer  zu  verstehen 
haben;  auch  diese  ältesten  Semiten  verehrten  einen  ApolL  Strabo 
sagt  (1.  XVI  c.  1):  Borsijipa  ist  der  Artemis  und  dem  Apoll  heilig 
(daraus  Steph.  Byz.  s.  v.,  S.  176  Mein.).  Diese  Angabe  führt  uns 
gleich  auf  die  Spur:  Borsippa  war  die  Stadt  des  Nebu,  des  „ofien- 
barenden*"  Gottes  (Duneker  I  203  u.  206);  in  ihm  erkannten  also 
die    Griechen   ihren    'AnoXkoiV   fuiävTig  wieder.     Die   alten  Culte, 


« 

1)  Vergl.   die   von  VogÜ^  veröffentlichten  Abbildungen  auf  zwei  Cylindem 
Uü.  68  und  181. 


Mordtmann,  myihologüehe  MueeUen.  563 

z.  B.  des  Nergal,  Sin,  und  auch  des  Nebo')  haben  sich  in  Meso- 
potamien mit  grosser  Zähigkeit,  als  die  idten  Babylonier  schon 
längst  ausgestorben,  bis  zu  den  Mandäem  herab  gehalten.  Ich 
glaube  daher  auch,  dass  der  Tempel  des  Apoll  in  Seleucia  am 
Tigris,  der  bei  Gelegenheit  des  ParÜierfeldzuges  des  Lucius  Verus 
Yon  den  römischen  Soldaten  geplündert  wurde,  ein  Tempel  des 
Nebo  war;  dieselben  erbrachen  unter  Anderm  eine  Büchse,  ans 
welcher  ein  giftiger  Hauch  hervordrang,  welcher  eine  verheerende 
Pestseuche  zur  Folge  hatte.  So  erzählt  der  Biograph  des  Kaisers 
(Julius  Capitolinus  V.  Ver.  c.  8).  Ammianus  Marcellinus  (lib. 
XXm,  S.  251  Val.)  erzählt  dieselbe  Oeschichte  etwas  anders,  fügt 
dagegen  hinzu,  dass  gleichzeitig  das  Bild  des  Apollo  Chomeus  von 
seinem  Standort  weg  nach  Bom  geschleppt  und  dort  im  Tempel 
des  palatinischen  Apoll  aufgestellt  worden.  Allerdings  war  Seleucia 
so  gut  wie  Antiochien  eine  Gründung  des  Seleücus,  und  in  der 
Nähe  befand  sich  ein  zweites  Apollonia:  allein  auch  hier  möchte 
ich  in  dem  Apollo  Chomeus  eher  einen  orientalischen  als  einen 
hellenischen  Gott  sehen. 

Gehen  wir  weiter  zu  den  Arabern  über,   so  hat  bereits  Herr 
Dr.  Blau  scharfsinnig  den   idumäischen  Apoll   mit  dem  Ko^i  ^iä 

identificirt  (diese  Ztschr.  XXV  S.  566  A.).  Josephus  c.  Apion.  c. 
9  berichtet,  dass  die  Idumäer  den  Apoll,  anderwärts  (Antiqq.  XV, 
7,  9),  dass  sie  einen  Gott  Ko^i  genannt  verehrten.  Schon  Tuch 
hat  (d.  Ztsch.  IQ  195)  Eoze  richtig  mit  dem  vorislamischen  Ge- 
witterdämon der  Araber,  dem  -j3^  verglichen,  nach  welchem  noch 

bis  auf  den  heutigen  Tag  der  Regenbogen  der  Bogen  des  Kuzah 
-.  lÄ  ^j^  heissi   Herr  Dr.  Blau  hat  eine  Anzahl  idumäischer  Namen, 

die  mit  Ko^i  zusammengesetzt  sind,  nachgewiesen:  KoavoßccQoq 
(Jos.  AA.  XV,  7,  9   XX,  9,  4)   «=   p -jj*      i3  »von  K   geschaffen*, 

KoGßdgaxoq   (C.  I.    G.   m   5149)    =    w^^b  -yj   ,K.   segnet*.  *) 

Diese  glücklichen  Identificirungen  werden  durch  die  in  den  Keil- 
schriften vorkommenden  Namen  aufs  schönste  bestätigt  (Schrader 
Keilschr.  u.  d.  A.  T.  57,  20).     Es  ist  femer  gewiss  nicht  zufällig, 


1)  Vergl.  die  characenischen  Könige  j4ß^vv^pyXos,  l4ßarvr}^aYOs  Wadd. 
M^l.    de  Numism.  II,  94  fr.,   die  Verehmng  des  Sin  bei  den  Harraniem  bis  in 

die  Zeit  des  Julian,  und  zu  Nebo  die  palmyrenischen  Namen  n9!31!33,  lÜTItäS, 

fi^lpin:  ,     1:33-13   (Vogüd  24,  66,  67,  73);   letzterer  ward  auch  in  Edessa  ver- 
ehrt: Jacob  von  Edessa,  diese  Ztsch.  XXIX,  131. 

2)  C.  I.  G.  5149  ist  st.  K02BAPAK02:  zu  lesen  K02BAPAX02'y 
gleich  daneben  steht  ein  yerstümmelter  Name  mit  gleicher  Endung:  ...ß}4k^nxo[if. 
Eine  Inschrift  yon  Der'&t  (Edre'i)  C.  I.  G.  4573  e  enthttlt  Z.  3  dieselben 
Namen:  a«Äo(?)vAo[«  K]oißa{faxov  xai  Kuo[ßdifax]oß  Paßn^ov  etc.  Aus  der 
letzteren  Inschrift  liesse  sich  das  idum&ische  Namensverzeichniss  noch  ver- 
mehren. 


564  Mordtmann,  mythologische  MisceUen. 

dass  der  Name  *AftoXk6SoTog  mehrfach  von  IdumHem  geführt  wird 
(Joseph  d.  b.  Jud.  XTTT,  13,  3  C.  L  G.  5149).  Stark  (a.  a.  0.  S. 
232 f.  447 f.)  hebt  mit  Recht  die  Thatsache  hervor,  wie  unter  den 
yerwüstenden  Kriegen  der  hellenistischen  Zeit  die  arabischen  Stänune 
der  Idomäer  and  Nabatäer  immer  mehr  das  ehemalige  Grebiet  der 
Philister  überfluthen  und  schliesslich  auch  in  die  Seestttdte,  wie 
Gaza  eindringen.  Wenn  wir  daher  erfahren,  dass  in  der  letzteren 
Stadt  z.  B.  gelegentlich  ihrer  Einnahme  durch  Alexander  Jannaeos 
der  gesammte  Bath  im  Tempel  des  Apollo  niedergemetzelt  wurde 
(Stark  a.  a.  0.  500,  Josephus  AA.  XIII,  13,  s),  und  dass  noch  im 
Auf.  des  5.  Jh.'s  daselbst  unter  den  acht  heidnischen  Tempeln  sich 
ein  solcher  des  Apoll  befand  (s.  d.  Stelle  aus  den  Acten  des  h. 
Porphyrius  ZDMG  XXXI  101),  so  bin  ich  geneigt,  hierin  den 
Einfluss  der  idumäischen  Bevölkerung  dieser  Städte  zu  sehen ;  das- 
selbe gilt  von  der  Geschichte,  die  Apion,  der  Widersacher  des 
Josephus,  vom  Apoll  in  Bora,  der  bekannten  Seestadt,  erzählt  hatte, 
die  er  geradezu  eine  idumäische  Stadt  genannt  (Joseph,  c.  Ap.  II,  9). 
Unter  diesen  Umständen  zögere  ich  auch  nicht,  den  Apollocult  in 
Ascalon  als  nichtphönicisch  zu  erklären :  nach  Africanus  (bei  Euseb. 
h.  eccl.  I  6, 2)  sollte  der  gleichnamige  Grossvater  des  Herodes, 
des  Gründers  der  idumäischen  Dynastie,  in  Ascalon  Hierodule  im 
Tempel  des  Apollo  gewesen  sein.  Wenn  der  spätere  König  diese 
Stadt  selbst  später  noch  als  heimathlichen  Stützpunkt  behandelt, 
so  wird  sie  jedenfalls  auch  unter  ihren  Bewohnern  eine  gute  An- 
zahl seiner  Landsleute  gehabt  haben.  Auch  bei  den  Nabatäem 
und  Idumäm  in  Petra  scheint  eine  ähnliche  Gottheit  verehrt  worden 
zu  sein;  vgl.  die  Stelle  aus  Epiphanius  ZDMG  XXIX  106. 

Ebenso  wie  im  Süden,  hatten  sich  auch  im  Norden,  in  Meso- 
potamien, die  arabischen  Wüstenstämme  in  den  Städten  festgesetzt 
Orrhoene  mit  seiner  Hauptstadt  Edessa  war  ein  arabisches  Reich, 
Plinius  V,  86  sagt  geradezu:  Arabia  habet  oppida  Edessam,  qnae 
qnondam  Antiochia  dicebatur,  Carrhas,  Crassi  clade  nobiles;  Uranius 
rechnet  Singara  bei  Edessa  zu  Arabien  (s.  St.  Byz.  s.  v.).  Zum 
Theil  waren  sie  vom  Tigranes  dorthin  verschleppt  worden  (Plinius 
VI,  142),  zum  Theil  hatten  sie  sich  während  der  Wirren  der  rö- 
mischen Bürgerkriege  dort  festgesetzt,  so  in  Arethusa,  Emesa,  He- 
liopolis  und  sonst  (Strabo  S.  753).  Die  Könige  von  Edessa  Ab- 
garus,  Val,  Mannus  etc.  führen  arabische  Namen;  ihre  Herrschaft 
soll  von  einem  gewissen  Osdroes,  dem  Führer  einer  arabischen 
Horde  gegründet  sein  (Procop  d.  b.  P.  I,  17).  Behalten  wir  dieses 
im  Auge,  so  werden  wir  die  von  Julian  den  Edessenem  zugeschrie- 
benen Gottheiten  Azizus  und  Monimos,  die  er  als  Mai*s  und  Mercur  *) 


1)  Or.  IV  S.  195  Hertl.  01  if}v  "ESeaoav  otxovpt fs,  Uqov  If  aitSvos 
*Hliov  x^Q^oVt  M6vi/iOv  avr^  xal  "Al^i^ov  ovyHa& tdovovotv,  atvitTsa&ai 
^oiv  *fcifißXtxos  —  dfs  6  Movtfiog  fiev'EQfifji  ««'17,  "Att^^oi  Siui^rjs^* HXiov 
nd^ed^otj  TTuÄXa  nai  dyad'ä  i(^  ne^i  yrje  inoxexevoyjes  tonio. 


ManÜmann,  mythologische  MüceUen.  565 


O  f 


erklärt,  =  zjif:  und  ^aJu«,  den  arabischen  Einwanderern,  nicht  den 

aramäischen  Einwohnern  zuschreiben,  obgleich  der  Autor  im  Ver- 
lauf seiner  Bede  vom  Azizos  sagt,  dass  der  von  den  Syrern  in 
Edessa  Azizos  genannte  Ares  den  Helios  geleitet  (ed.  HerÜein 
S.  200  oTi  fih  "Agrjg  ''A^^og  Xeyofievog  imo  xiov  olxovvrutv  riyy 
"EStaaccv  JSvQutv  *HXtov  ngonofinevBi).  Beide  Namen  tragen  un- 
zweifelhaft arabisches  Geprl^e,  und  kehren  in  den  griechischen  In- 
schriften der  ehemaligen  provincia  Arabia  häufig  genug  wieder. 
Diese  ganze  Erörterung  würde  nicht  hierher  gehören,  wenn  wir 
nicht  durch  eine  Anzahl  dacischer  Inschriften  (C.  I.  L.  III 1130 — 1137 
zu  Carlsburg,  876  zu  Thorda)  den  Azizus  als  deus  bonus  puer 
posphorus  Apollo  Pythius  ^)  kennen  lernten.  Dieser  Lichtdämon 
kann  natürlich  nicht  mit  dem  syrisch-aramäischen  Apollo  von  Hie- 
rapolis  identisch  sein ;  doch  bleibt  seine  Natur  nicht  minder  dunkel. 
Heisst  posphorus  allgemein  „Lichtträger*  oder  bezeichnet  es  den 
als  männliches  Wesen  gedachten  Morgenstern?  Allerdings  sagt  der 
Kirchenvater  Hieronymus  (zum  Amos  c.  5):  8idu8  dei  vestri  ebraice 
dicitur  SDID,  id  est,  Luciferi,  quem  Saracenici  hucusque  venerantur 
(vgl.  syr.  »nnDiD  =  Venus  bei  Lagarde  Abb.  15,  27;  16,  13)  und 
im  Leben  des  h.  Hilarion  (Opp.  ed.  Francof.  a.  1684  t.  I  p.  160  D) 
von  den  heidnischen  Einwohnern  zu  Elusa:  colunt  autem  illam 
[d.  h.  die  Venus]  ob  Luciferum,  cuius  cultui  Saracenorum  natio 
dedita  est.  Aber  die  Thatsache  wird  sich  doch  gerade  umgekehrt 
verhalten;  nicht  weil  sie  den  Lucifer  verehren,  verehren  sie  auch 
die  Venus,  sondern  weil  sie  diese  verehren,  beten  sie  auch  ihren 
Stern,  den  Morgenstern  an,  wie  bekanntlich  die  Assyrer  (Ztsch. 
XXVn,  403).  Somit  können  wir  dem  Epitheton  posphorus  nur  die 
Bedeutung  „lichtspendend**  beilegen,  ohne  Beziehung  auf  den  eben- 
falls so  benannten  Stern.  Stark  a.  a.  0.  S.  573^  behauptet  zwar 
femer:  „Neben  Dusares  ist  Lucifer  hoch  verehrt  als  Morgenstern, 
als  Tagbringer,  wahrscheinlich  der  auch  in  Namen  der  Herodiaden- 
zeit  bekannte  Ko^i,  Gott  der  Idumäer,  welcher  auf  Berghöhen  ver- 
ehrt ward,  und  z.  B.  mit  dem  Zeus  Kasios  bei  Pelusium,  mit  dem 
syrischen  Höhengott  ganz  verschmolzen  erscheint*.  Hierzu  wird 
citirt  Lucan.  Phars.  Vlll  857:  Lucifer  a  Casia  prospexit  rupe 
diemque  misit  in  Aegyptum  primo  quoque  sole  calentem.  Es  ist 
schade,  dass  der  Verfasser  uns  die  sonstigen  Belege  für  die  „hohe 
Verehrung"  des  Lucifer  vorenthalten  hat;  denn  jene  Dichterstelle 
will  doch  nur  unter  Anwendung  einer  geläufigen  Metapher  und 
einer  poetischen  Detailmalerei  den  Ausdruck   „die  Sonne   ging  in 


1)  C.  I.  L.  III  1130:  deo  bono  pnero  [p]osphoi*o  1131:  bono  puero  1133: 
doo  bono  puero  |  posphoro  ApoUiui  |  Pythio,  ähnlich  1132 — 1137.  875  aus  der 
Zeit  dos  Valerian:  deo  Azizo  bono  p[uoro  pmphoro  consorvajtori  etc.  (Vgl. 
Lagarde  Abh.  16,  27  ff.)  Die  Schreibung  posphorus  Ist  auch  sonst  inscbrifUich 
bezeugt. 


566  Mordimannj  mythologische  Miseeütfü, 

Egypten  anf  umschreiben;  Yirgil  und  Catoll  an  mehreren  Stellen 
lassen,  vermuthlich  nach  alexandrinischen  Vorbildern,  den  Hespems 
und  Lucifer  auf  dem  thess&lischen  Oetaberge  au%ehen ;  darum  fSMi 
es  aber  doch  Niemandem  ein,  zu  behaupten,  dass  dieser  Berg  dem 
Hesperus  oder  Lucifer  geweiht  war.  Dagegen  mag  Lucan  aller- 
dings an  die  bekannte  Fabel  gedacht  haben,  dass  von  der  Spitze 
des  Casius  die  ansehende  Sonne  schon  2  Stunden  nach  Mitter- 
nacht wieder  sichtbar  wird,  eine  Fabel,  welche  übrigens  auch  vom 
gleichnamigen  Berge  bei  Antiochien  erzählt  wird '). 

Nun  hat  Tuch  (ZDMG  lU,  195)  allerdings  noch  eine  An- 
zahl Stellen  aus  byzantinischen  Autoren  citirt,  welche  den  Gült 
des  Lucifer   und  der   Xaßag   =    .Li"  genannten  Venus  bei  den 

Yorislamischen  Arabern  beweisen  sollen,  und  hat  namenÜich  die 
Xaßdg,  soweit  mir  bekannt  ist,  überall  Glauben  gefunden  (Seiden 
Synt.  n  c.  4.  Movers.  Blau  diese  Ztschr.  IX,  234  A.  XV,  441), 
Dies  Factum,  welches  sonst  nirgend  durch  eine  ältere  Quelle  über- 
liefert wird,  scheint  mir  wichtig  genug,  um  auf  seine  Glaub- 
würdigkeit untersucht  zu  werden.  • 

Tuch  a.  a.  0.  führt  als  Belege  Joannes  Damascius  Th.  1,  S.  111 
und  den  Anonymus  in  Sylburg's  Saracenica  S.  70  an.  Hierzu 
konunt  eine  Stelle  aus  dem  "EKsy^os  (fcctpri^  TÜv  ^lofiarilxtiv 
xai  r!}g  (fkvagiag  taiv  doyfiaxüiv  txvräv  S.  1  der  Sylbui^g^schen 
Saracenica:  ül  SaQaxrjfvoi  fiixQ''  [^^^]  "^^^  'Ugaxknov  rov  ßa- 
aiXiwg  ;|f(H>va)v  ilScDkokargow  ngogxwovvTeg  r^  iiogifOQtfi 
ditTQ(p  xai  tji  'A(fgoSitp  fjv  di]  xal  XaßotQ  tri  tovräv  ovo- 
/ucr^ovfTi  ykfaTty  {drjkol  öi  i}  ki^t^  avrri  ttjp  fiBydki^v)  und  eine 
zweite  von  Seiden  (de  dis  Syris  Synt.  ü)  angefahrte  „e  catechesi 
Saracenorum*^ :  dva&^Aati^ui  ravg  r^  nQwiVip  naogxwovtnr^ 
äcTQipy  fjyovp  Tip  'E(agq>6Q(p  xai  ry  *A(fQo8irff  rjv  xatd  rrjv 
TiZv  'Agäßdiiv  ykäcGav  Xaßdg  opofid^ovffi^  tovtiariv  fiiydktiv. 
Lobeck  (im  Aglaophamus  S.  1227 f.)  schreibt:  Gabiri  enim  vulgo 
dii  magni  vocantur,  ipsumque  nomen  Arabicum  Cabir  magnum 
valet  et  praecdpue  Veneri  tribuitur  ut  ostendit  Gutberlethus  c.  I  e 
catechesi  Saracenorum  haec  afferens  [folgt  die  oben  citirte  Stelle]. 
Hinc  paucis  gressibus  illuc  escendi  poterit,  unde  prospectus  est 
ad  ultimam  antiquitatis  oram.  Etenim  Anna  Alex.  1.  X  284  D 
hanc  Cabiriam  Venerem  ipsam  Astarten  perhibet:  ol  ^agaxtpfoi 
Ti)v  *Aatdgrnv  xai  rr/v  'AaragwO-  ngogxvvovffi  xai  rijv  /pu- 
orjv  nag*  avroig  /o/?ofp.  Nicht  minder  lehrreich  ist  die  Note 
dazu:  Haec  et  quae  sequuntur  a  Vossio  sumpsit  Idol.  U  31.  467, 
qui  quae  ex  Euthymii  Zigabeni  panoplia  affert,  eadem  omnia  le- 
guntur  apud  Anonymuni  contra  Muhammed,  quem  le  Moyne  edidit 


1)  Mela  I  c.  10  Plin.  h.  n.  VI  §  80  Ammiaii.  Marceil.  1.  XXII  (S.  227 
Val.).  Der  gelehrte  Isaac  Voss  bat  über  diese  Fabel  eine  lange  pbysicalische 
Erörterung  geschrieben:  s.  seine  Anmerkung  zu  Mela  1,  10  u.   18. 


Mardimannj  mythologische  Mücdien.  567 

Varr.  Sacr.  p.  429.  Constantini  locum  XIV.  68  addidit  Tristanns 
Comm.  p.  17  ad  illustrandum  Üraniae  et  Astartae  nomen.  His 
accedit  Bartholomaei  Edesseni  Confutatio  Hagareni  p.  307.  ov  ol 
"Agafie^  Soxifid^iTB  to  ia^(p6gov  äargov,  Ziflo),  'Atfgodlrfjy 
Kgovov  xal  XdfAag  Ifyire.  Schol.  Gregor.  Bodlej.  p.  43  ravrrpf 
iogtrji¥  "Eklfiveg  rjyov  knpiov  ixnalai  xa&^  ijv  Mx^vj  Xgiötbq 
iiuigav  av§i(ptaTOv  xaXovvrtg.  *EtAovpxo  Sk  xara  to  fjtiüovvx" 
Tiov  advToig  vnHqtgxofitvoi. ^  o&tv  k^ioimg  txga^ov  *H  nao- 
S-tvog  riroxevy  av^u  (pwg,  TavTfjv,  wg  *£ni(pdviog  ygd(fu,  rtjv 
iogtffV  iiyov  xai  ^agaxtpfoi  ndkai  xrip  nag'  avxolg  Gißofiivrjv 
* AfpgoSltfiVj  ffV  Sfj  Xaßccga  (sie  atonös)  rjj  avtäv  ngogayogBVOV- 
aiv  yXdcctf.  Letztere  sowie  die  diese  Ztschr.  IX,  234  A.  aas  Mai 
Spicü.  Born,  n,  133  angeführte  Stelle  gehen  auf  die  Stelle  des 
Epiphanias  zarück,  die  ich  in  dieser  Zeitschrift  Bd.  XXlX  S.  99  ff. 
behandelt  habe ;  nur  dass  die  dreisten  Mönche  das  richtige  Xaaßov 
in  das  anderweitig  ihnen  bekannte  Xaßaga  (bez.  Xafiagd)  ver- 
wandelt und  denmach  erklärt  haben.  Was  die  übrigen  angefahrten 
Autoren  fast  gleichlautend  über  den  Namen  der  saracenischen 
Aphrodite  aussagen,  ist  natürlich,  soweit  sie  sich  nicht  gegen- 
seitig ausschreiben ,  aus  einer  gemeinsamen  Quelle  geschöpft. 
Wenn  ich  mich  nicht  täusche,  liegt  uns  diese  selbst  oder  doch 
in  weniger  verfälschter  Gestalt  beim  Constantius  Porphyrogenetes 
und  Cedrenus  vor.  Ersterer  sagt  (de  adm.  imp.  c.  14)  ngogBV- 
ypvxai  8i  xal  B\g  to  rijg  AqgoSiTfjg  äargov ,  o  xaXovüi 
Kovßdg,  xal  dvagxavovaiv  kv  tn  ngogBVxfj  avrüv  oviaig 
y^dXka  ovd  xovßdg*  6  kativ  6  &eog  xal  *j4q>goSiTf3,  rov  ydg 
id-tov  aXXa  ngogovoftd^ovifiv^  to  Si  ovd  dvtl  tov  xai  awSka- 
fiov  ti&iaffi  j  xal  to  xovßdg  xaXovai  to  actgov  xal  Xi- 
yovGiV  ovtwg  ytCcXXä  ovd  xovßdg'^.  Cedrenus  I,  744  der  Bonner 
Ausgabe :  [die  Saracenen]  waren  noch  bis  vor  kurzem  Götzendiener 
und  verehrten  die  Aphrodite,  d.  h.  ,die  Lust*,  der  Heiden,  als 
deren  Stern  sie  den  Morgenstern  bezeichnen;  sie  nannten  dieselbe 
in  ihrer  gräulichen  Sprache  kubar,  d.  i.  die  grosse,  und  hiessen 
die  Aphrodite  eine  Göttin.  Um  aber  den  Schein  zu  vermeiden, 
als  ob  wir  lügen,  will  ich  ihr  grosses  Mysterium  erklären.  Die  Worte 
ihres  abscheulichen  und  gotteslästerlichen  Gebetes  lauten  aUa  aUa 
va  Icubar  alla;  aUa  alla  heisst  Gott,  va  „grösser*,  und  kubar  „die 
grosse*,  d.  h.  die  Mondgöttin  oder  Aphrodite ;  somit  bedeuten  jene 
Worte  Gott  Gott  grösser  und  die  grosse  (d.  h.  Aphrodite),  Gott 
Ich  glaube,  der  aufmerksame  Leser  hat  schon  mit  Erstaunen  den 
wahren  Sachverhalt  errathen,  ohne  dass  ich  es  auszusprechen  nöthig 
hätte:  irgend  ein  Windbeutel  hat  die  bekannte  mohammedanische 
Formel  AUahu  akbar,  gr.  uXXaov  axßag,  missverständlich,  ver- 
muthüch  durch  reinen  Lesefehler  in  aXXa  ova  xaßag  verwandelt, 
und  dazu  eine  sprachlich  wie  sachlich  gleich  alberne  Interpretation 
hinzugefügt.  Ein  zweiter,  der  diese  benutzte,  führt  nur  noch  die 
allgemeine  Angabe   an,    dass   die   Saracenen   die  Aphrodite   kubar 


568  MartUnunm,  mytkologi9che  MisceUmL 

genannt;  und  einem  dritten  fWt  noch  die  Angabe  des  Epiphamns 
ein,  die  er  sich  beeilt  mit  seiner  Weisheit  zu  interpoliren  und  bei 
der  Anna  Comnena  verwandelt  sich  dieses  Phantom  schliesslich  in 
die  Astarte. 

Ueberblicken  wir  die  Resultate  der  vorstehenden  Betrachtungen, 
so  lässt  sich  nicht  leugnen,  dass  uns  weniger  eine  einheitliche  Vor- 
stellung zum  Leitfaden  gedient  als  die  rein  ftusserliche  Benennung 
durch  die  Griechen  und  Römer.  Schon  bei  diesen  sind  die  Licht- 
götter Apollo  und  Artemis  viel  weniger  präcisirte  und  concreto 
Gestalten  als  dies  (wenigstens  in  historischer  Zeit)  z.  B.  Ares, 
Aesculap,  Aphrodite,  Dionysos  waren.  Während  Helios  sozusagen 
die  rein  physicalischen  Seiten  der  Sonne  reprftsentirt ,  haben  sich 
im  Apoll  eine  Anzahl  Eigenschaften  verkörpert,  welche  als  Wirkungen 
und  Ausflüsse  des  Lichts  galten,  wie  z.  B.  die  Weissagung. 
Nur  in  dem  seltnen  Falle  wo  er  als  Grewittergott  erscheint  (Jahn 
Pop.  Auf.  273  £)  tritt  in  ihm  personificirte  Naturkraft  zu  Tage, 
während  sonst  nur  noch  in  seinen  nie  fehlenden  Geschossen  die 
Erinnerung  an  seine  ursprüngliche  Bedeutung  sich  erhalten  hat 
Wir  durften  daher  von  vom  herein  erwarten,  dass  ihm  nicht  durch- 
weg ein  bestimmter  allgemein  semitischer  Gott  entsprechen  würde, 
was  schon  durch  die  Seltenheit  dieser  Identification  indicirt  war. 
In  den  orientalischen  Religionen,  speciell  bei  den  Semiten  hat  der 
Sonnengott  entschieden  den  Vorrang  vor  allen  andern  elementaren 
Gottheiten,  ja  er  wird  theilweise  sogar  zum  Hauptgott,  und  als 
solcher  allmählich  zur  Verkörperung  der  abstracten  Gottesidee 
selbst  Dieser  Umstand  und  die  bekannte  mehr  durch  sprachlichen 
Process  vor  sich  gehende  Verdoppelung  und  Vermehrung  einer 
Göttergestalt  hat  bei  den  Semiten  ebenfalls  eine  wenn  auch  nur 
geringe  Anzahl  di  minorum  gentium  geschaffen.  Aber,  um  eine 
Parallele  zu  ziehen,  während  die  sprachlichen  Differenzen  der  se- 
mitischen Völker  kaum  grösser  sind,  als  die  der  griechischen  Dia- 
lecte,  sind  die  secundären  Götterreihen  so  verschieden  wie  bei 
Griechen  und  Römern,  und  können  daher  nicht  dem  Ursemitismus 
angehört  haben.  Die  Lichtgottheiten,  —  als  solche  dürfen  wir  sie 
im  Allgemeinen  nach  ihrer  Wiedergabe  durch  Apollo  auffassen  — 
die  wir  soeben  besprochen,  sind  aber  theils  directe  Ableger  des 
ursemitischen  Sonnenbaals,  so  entschieden  der  carthagische  yan  b73, 
der  aramäische  Hadad,  theils  sind  sie  Gewittergottheiten,  so  der 
cyprische  C|®'1  und  der  idumäische  _  ja .     Was  die  beiden  letzteren 

anbetrifft,  so  brauchen  wir  uns  nicht  lange  nach  Parallelen  um- 
zuschauen; der  Zevg  KiQavviog  von  Seleucia,  der  D^»©  b^a, 
welcher  auf  einer  palmyrenischen  Inschrift  durch  Ztvg  Kegcniviag 
übersetzt  wird,  der  assyrische  Rimmon  (Baudissin  Studien  306 f.), 
endlich  die  tiefempfundenen  poetischen  Schilderungen  des  Gewitters 
im  alten  Testament,  dies  Alles  zeigt  zur  Genüge,  dass  auch  bei 
den  Semiten  das  Gewitter  die  religiösen  Vorstellungen  beschäf- 
tigt hat     Was   endlich  den   deus   bonus   puer  posphorus  Azizus 


Mardimannj  mythologische  MüceUen.  569 

anbetrifft,  so  ist  bis  jetzt  nicht  möglich,  seinen  Character  näher 
zu  bestimmen.  Doch  mag  er  immerhin  identisch  sein  mit  dem 
Morgenstern  ^);  er  würde  alsdann  nicht  zu  dem  Kreise  der  so- 
laren Götter,  sondern  zu  den  auch  sonst  von  den  Arabern  gött- 
lich verehrten  Sternen  gehören.  Wahrscheinlicher  dünkt  mir  aber, 
dass  er  zu  einer  Classe  göttlicher  Wesen  gehörte,  über  die  wir 
bei  den  Semiten  nur  sehr  dürftige  Notizen  haben:  ich  meine  die 
Licht-  und  chthonischen  Dämonen,  welche  die  Alten  mit  ihren 
Dioscuren  und  Cabiren  vergleichen. 


1)  Dafür  würde  u.  A.  spreehen,   dass  Jalian  ausdrücklich  sagt:  n^onofi- 
nevBi  rov  ^Uov  „er  geht  der  Sonne  voran". 


570 


Notizen  und  Correspondenzen. 
Kajftnier  im  AweslA. 

Von 

Th.  NOldeke. 

Spiegel,  der  auf  die  üebereinstimmung  der  Mythen  des  Awest4 
mit  den  Angaben  jüngerer  Quellen,  namentlich  des  S&hn&me,  mit 
Becht  grossen  Nachdruck  legt,  hat  u.  A.  auch  darauf  hinge¥riesen, 
dass  die  Fürsten  der  Vorzeit,  welche  Ja^t  13,  iss  und  19,  71  auf- 
gezählt werden,  zum  grössten  Theil  auch  bei  Firdausi  in  ähnlichem 
Zusammenhang  Yorkommen.  Diese  Männer  sind  Kcojoi  Kawäf4i{\)\ 
K.  Aipiwanhu  oder  K.  Aipiwohu(2);  K.  U8(Juthan{S);  K.  Aräan(i)\ 
K.  P%8ina{b)\  K.  ByarSan  {BydreSan?){ß);  K.  Sydworian{l)\ 
JT.  Haasrawa¥ih^){S).  Der  umstand,  dass  an  beiden  Stellen  1 — 7 
in  derselben  Reihenfolge  stehen,  zeigt  schon,  dass  diese  nicht  will- 
kürlich ist,  und  so  wird  man  auch  von  vornherein  annehmen,  dass 
der  Achte,  welcher  nur  an  der  einen  Stelle  (13,  iss)  genannt  wird, 
mit  Absicht  ans  Ende  gestellt  ist  Nun  hat  schon  Spiegel  die 
Stelle  des  Firdausi  Macan  229  (=  Vullers  I,  314;  Mohl's  Ueber- 
setzung,  Octavausg.  I,  382)  herangezogen,  in  welcher  Kat  Qobddh^) 
vier   in  folgender  Ordnung  aufgezählte  Söhne  hat:    Kdüa^y    KcU 

Area,  Kai  Piätn  und  Kai  Armin,  Man  erkennt  wie  in  dem 
Vater  nr.  1,  so  in  den  3  ersten  Söhnen  nr.  3 — 5 ;  nur  Kai  Armin 
passt  nicht     Femer  entspricht  anerkannter  Maassen  St/dwarSan  (7) 


1)  Die  Namenäformen  stehen  auch  bei  den  vier  (1.  4.  5.  6),  welche  sonst 
nicht  weiter  vorkommen ,  leidlich  sicher.  Für  die  Bestimmung  der  Endungen 
ist  günstig,  dass  sie  an  der  einen  Stelle  alle  im  Accusativ,  an  der  andern  im 
Genitiv  stehen. 

2)  Dies  ist  die  arabische  Form;  rein  nouporsisch  ist  Kaioddh. 

3)  Bekanntlich  aus  Kawa  üsan  entstanden.  Missbräuchlich  wird  an 
andern  Stellen  dann  noch  einmal  Kcii  (==  Kawt)  davor  gesetzt.  Die  Form 
Usan  (Nom.  ütia)  kommt  auch  an  anderen  Stelleu  des  Awestä  vor.  Woher 
die  längere  Form   Vnadhan  stammt,  möchte  ich  gern  von  einem  Kenner  hören. 


Notiäem  und  Carreapandetukm.  571 

dem  Sijdwachä  oder  Sijdioaä '),  dem  Sohne  des  Käüs,  und  Kaum 
Haosrawanha  (8)  ^)  dessen  Sohne  Kai  (Jfiosrau.  Die  Reihenfolge 
der  bis  jetzt  identificierten  Namen  ist  also  dieselbe  wie  im  Awesta. 
Ich  bin  nun  aber  im  Stande ,  auch  die  beiden  noch  fehlenden  2 
und  6  aus  jüngeren  Quellen  an  ihrer  richtigen  Stelle  nachzuweisen. 
Nach  den  arabischen  Werken,  die  in  solchen  Dingen  die  verlorenen 
Pehlewl  -  Schriften  durchweg  genauer  wiedergeben  als  die  neu- 
persischen,   ist   Kai   Käüs    n&mlich    nicht    der   Sohn   des  Qobädh, 

sondern  sein  Enkel  durch  den  ^AJt  S  (cod.  Sprenger  30  ^) ; 
Birüni  104;  Ihn  Athirl,  170,  wo  i^JU^  ) .  Bei  Hamza  36  steht  dafür 
(als   Vater   des   Kai   PiSln)   »•.JuJ^,    und   S.  25   hat   die   Leydener 

Handschrift    zweimal     tu   A   ^  ^\     das    in    Gottwaldt's    sehr    im- 

zuverlässiger  Ausgabe  fehlt.  Hamza's  Formen  deuten  auf  Kai 
Aptoeh,   die   einfachste  Wiedergabe   des  Kawi  Apiwahu  (=  Aipi- 

loanhuy  Aipiwoliu),     Dieses  musste  im  Fehle wi  -^l^r  geschrieben 

werden.  Jetzt  sieht  man  gleich,  dass  jenes  ^jot  auf  falscher  Aus- 
sprache der  Fehle wi-Schreibung  beruht,  indem  man  nämlich  den 
dritten  Buchstaben,  der  w  und  n  sein  kann,  mit  Unrecht  als  n 
nahm    und    arabisch    ^Jut    schrieb  ^).      Derartige    falsche    Formen 

kommen  auch  sonst  vor.  Auf  alle  Fälle  haben  wir  hier  nr.  2. 
Und  nun  zählt  cod.  Spr.  30  die  4  Söhne  dieses  Mannes  in  dieser 

Folge    auf:    ^^)i  ^  ,  ^^t  ^,  ^\^  ji ^  ^j  w  ^ .     Hier 

ist  also  ausser  3 — 5  auch  6  gefunden,  denn  niemand  wird  die 
Identität  des  Byaräan  mit  dem  vierten  Bruder  bezweifeln,  dessen 

persische  Aussprache    etwa   Bijdreä   wäre^).     ^^^jl  ^   hei  Fir- 

1)  Ausl.  Chi  ist  hier  aus  ri  entstanden,  das  dann  weiter  zu  i  ward ,  ganz 
wie  phl.  dtaehi  aus  dlari  (Mominatiy)  und  weiter  zu  nenp.  äiai  geworden  ist. 
So  erledigt  sich  die  ZDMG  XXXI,  148  Anm.  6  von  mir  aufgeworfene  Frage. 

2)  Ueber  das  Verhältnis»  der  Formen  Hum'caoanh  und  Haotrawanha  zu 
einander  möchte  ich  auch  gerne  Von  einem  Kenner  belehrt  werden.  Letzteres 
sieht  wie  ein  Patrouymlcum  mit  Vrddhi  aus.  Für  Haotrawcmhöy  wie  an 
unserer  Stelle  steht  (Genit.),  wäre  wohl  besser  Husr**  zu  schreiben. 

3)  Ueber  diese  wichtige  Handschrift  vgl.  Bothsteln,  De  chronographo  Arabe 
anonymo,  Bonn  1877  und  meine  Anzeige  im  lit.  CentralbL  1877,  28.  Juni  col. 
858  f.  Sie  geht  durchweg  mit  Tabari,  dessen  Text  ich  für  diesen  Abschnitt 
allerdings  nicht  vor  mir  habe,  parallel.     * 

A)  xot,  worauf  mau  zunächst  kommt,  ist  schon  graphisch  unmöglich,  dazu 

wird  wahu  wohl  nur  als  selbständiges  Wort  oder  als  deutliches  Qlied  eines 
Compositums  zu  beh. 

5)  Da  y  vor  d  (in  Worten  wie  mijdn^  w^dpdn  ^^  ri^^   ^'   ^'   ^^   ^°^ 

Pehl.  durch  ein  Doppel-Jod  ausgedrückt  wird,  das  hier  ganz  wie  ein  (^  und  H 
aussieht    (s.   meine  Uebersetzung   des   Kärndmak-i-Ariachitr  S.  59),  so    wird 

^j  wohl  einfach  eine  falsche  Umschreibung  (statt  ajJ  sein. 


572  NaÜMen  und  Corretpondenam. 

daust  ist  somit  als  eine  Entstellong  anzusehen,  die  Tielieicht  noch 
bedeutend  älter  ist  als  dieser  Dichter.  Wir  haben  nun  also 
folgendes  Schema  0 : 

Kai  Kawädh(l) 


Kai  Apweh  (2) 


Käüs  (3)       Kai  liel  (4)       Kai  PiSin  (5)       Kai  Bij&reS  (6) 
Sij&wachS  (7) 


Kai  Chosrau  (8). 

Wir  können  nun,  bei  dieser  genauen  üebereinstimmong  in 
Namen  und  Beihe,  mit  voller  Sicherheit  annehmen,  dass  die  JaSt's 
die  genannten  Personen  auch  in  derselben  yerwandtscbaftliehen 
Beziehung  zu  einander  kannten  wie  die  Späteren,  dass  mithin  der 
Stanunbaum  ist: 

Kawi  Kaw&ta  (1) 

I 

K.  Aipiwohu  (2) 

K.  üsadhan  (3)     K.  Ar^  (4)     K.  Pisina  (5)     K.  B jar^  (6) 

I 
K.  Sy&wai*an(7) 


K.  Husrawafih  (8). 

Die  Treue  der  Ueberlieferung,  mit  welcher  diese  zum  Theil 
ganz  inhaltsleer  gewordenen  Namen  durch  alle  Klippen  der  Pehlewf- 
und  der  arabischen  Schrift  hindurch  gerettet  sind,  verdient  alle 
Anerkennung.  Vielleicht  findet  ein  besonnener  Forscher  auch  unter 
den  sonstigen  zalüreichen,  meist  genealogisch  geordneten,  Namen 
aus  der  persischen  Mythenzeit,  welche  namentlich  Tabart  und  Cod. 
Spr.  30  geben,  noch  weitere  Aufklärungen  über  Personen  und 
Sachen  im  Awest&,  wie  sie  solche  für  das  BundehiSn  positiv  in 
reichem  Maasse  enthalten.  Vielleicht  können  solche  Mittheilungen 
arabischer  Werke,  bei  aller  Dürftigkeit,  durch  die  Ordnung,  mit 
der  sie  die  Namen  verknüpfen,  selbst  dazu  mit  dienen,  die  wirk- 
liche Bedeutung  jener  etwas  schattenhaften  Gestalten  im  Awest4 
zu  erkennen. 


1)    Ich    stelle    hier   zum    Theil    auch    die    nrsprttngliche    Punctation    ver- 
muthungsweiM  wieder  her. 


Nötigen  und  CorrespondenMen,  573 

V 

lieber  eine  Stelle  des  Aitareyiranyaka. 

Von 

Th.  Anfreeht. 

üeber  die  unfehlbaren  Vorzeichen  des  bevorstehenden  Todes, 
in  speciellem  Sinne  anahta^)  genannt ,  handeln  die  Puräna,  die 
niedrigere  Art  des  Yoga,  und  in  beschränkter  Weise  die  Medicin 
und  die  Astrologie.  In  den  Purai^a  ist  dieser  Gegenstand  im 
neunzehnten  Kapitel  des  VäyupuräQa  (Oxf.  Catal.  p.  51),  im  drei- 
undvierzigsten  des  Märkan4eyapuräna ,  im  neimzigsten  Kapitel  des 
Lingapuräna  behandelt  In  Bezug  auf  die  Yogaphilosophie  ist  das 
Yogasütra  von  Pataf^ali  3,  2s  (Oxf.  Catal.  230  b.  Pandit  4,  202)  und 
das  aus  dem  Märkai^46yApiu*a]^a  ausgezogene  hundertundzweiund- 
sechzigste  Kapitel  der  ^^ü^igadharapaddhati,  ^äntarase  'rish^ajüäna- 
paricheda^,  zu  vergleichen.  Aus  der  Medicin  erwähne  ich  die 
Merkmale  des  Kurzlebenden,  welche  der  Bhävaprakä^a  1, 1  S.  135 
und  Su9ruta  (ed.  1835)  1, 114  aufzählt  Auch  die  Astrologie 
kennt  einen  arishtadhyäya  bei  der  Stellung  des  Horoscops  bei 
Geburten,  Laghujätaka  von  Varahamihira,  ed.  Jacobi,  S.  24. 

Die  mir  bekannte  älteste  Darstellung  der  erwähnten  Vor- 
zeichen findet  sich  im  dritten  Buche  des  Aitareyära^yaka  3, 10 
oder  nach  Säyana's  Abtheilung  3,  2,  4, 7 — is.  Der  Text  ist  in 
der  Ausgabe  von  Räjendralalamitra  S.  352  ff.  abgedruckt.  Bei 
Vergleichung  desselben  mit  MS.  I.  0.  1353  und  dem  BumeU'schen 
MS.  I.  0.  84  in  Granthaschrifb  haben  sich  nur  die  folgenden  Fehler 
gefunden.  S.  353,  L.  1  lies  ahcd.  L.  7  lies  aampcUarUlva  (so 
auch  der  Commentar).  L.  9  ist  hinter  prajtHzkUo  ausgelassen: 
rathasyevopabdis  taiji  (so  auch  der  Comm.).  Die  Uebersetzung 
lautet: 

„Wir  haben  oben  (3,  2,  3,  s)  erklärt ,  dass  dieses  unkörper- 
liche seelische  Wesen  (ätmä)  und  die  (bereits  erörterte)  Sonne  eins 
sind.  Wenn  diese  beiden  sich  trennen,  die  Sonne  wie  der  Mond 
aussieht  und  ihre  Strahlen  nicht  hervorbrechen,  wenn  der  Himmel 
roth  ist  wie  Krapp,  wenn  eines  Menschen  After  klafPk,  wenn  sein 
Kopf  übel  riecht  wie  ein  Krähennest:  dann  wisse  er,  dass  es  mit 
seinem  Dasein  vorüber  ist  und  er  schwerlich  noch  lange  leben  wird. 

In  diesem  Falle  ^)  soll  er  thun  was  er  als  seine  Schuldigkeit 
betrachtet ,    und    die    sieben   Verse ,    die    mit  yad   anti  yac   ca 


1)  yivaräma  zu  Väsavadattä  ed.  Hall  p.  121  erklärt  särishtaih  mit  marana- 
sücakayogavi9eshasahitaih.  Der  Bhävaprakä^a  ed.  Calc.  1, 1  8.  127  sagt  in 
Bezug  auf  Krankheiten:  rogino  maranam  yasmid  aya^yambhSvi  lakshyate  |  tal 
lak^haiiam  arishtam  syäd  rishtain  cäpi  tad  ucyate  ||  Ueber  Shnlichen  Aber- 
glauben in  Europa  ist  der  Artikel  Death  Omens  peeuUar  to  fanUUea  in 
Brand's  Populär  Antiquities  (London  1849)  HI,  227  zu  vergleichen. 

2)  Ebenso  in  den  sechs  nächsten  Fällen. 


574  Noiiaen  und  CorrupandenMm^ 

dürake  beginnen  (By.  9,  67, 21 — ti),  auch  den  yer9  äd  it  prat- 
naaya  retaso  (Rv.  8,  6,  so),  die  sechs  Verse,  welche  mit  ycUra 
brahmä  pavamäna  anfangen  (Rv.  9,  113,6 — 11),  und  den  Vers 
ud  vayam  tamaaas  pari  (Rv.  1,  50, 10)  für  sich  hersagen. 

Auch  wenn  die  Sonne  durchbrochen  erscheint  und  wie  die 
Nabe  eines  Rades  aussieht,  oder  wenn  er  seinen  eigenen  Schatten 
durchbrochen  sieht:  wisse  er,  dass  es  ebenso  stehe. 

Auch  wenn  in  einem  Spiegel  oder  im  Wasser  er  sich  schii^- 
köpfig  oder  kopflos  sieht  und  die  Reflexe  in  den  Augensternen 
entweder  verkehrt  oder  schräg  erscheinen,  wisse  er,  dass  es  eben 
so  stehe. 

Wenn  jemand  die  Augen  schliessend  darein  starrt ,  dann 
scheinen  ihm  gleichsam  Haarnetze  *)  (Flimmer?)  vorzuschweben. 
Wenn  er  diese  nicht  sieht,  dann  wisse  er,  dass  es  eben  so  stehe. 

Wenn  jemand  die  Ohren  bedeckend  auflauscht,  dann  pflegt 
er  ein  Geräusch  zu  hören,  das  dem  eines  flackernden  Feuers  oder 
eines  rollenden  Wagens  gleicht.  Wenn  er  dieses  nicht  hört,  so 
wisse  er,  dass  es  eben  so  stehe. 

Wenn  das  Feuer  blau  wie  ein  Pfauenhals  erscheint,  wenn 
er  bei  wolkenfreiem  Himmel  Blitz,  oder  bei  bewölktem  keinen 
Blitz,  oder  bei  hochbewölktem  helle  Dünste  sieht,  dann  wisse  er, 
dass  es  eben  so  stehe. 

Wenn  er  den  nackten  Erdboden  gleichsam  brennen  sieht,  dann 
wisse  er,  dass  es  eben  so  stehe.  —  So  weit  die  augenfäUigen 
Erscheinungen. 

Jetzt  über  Träume  *). 

Sieht  er  einen  schwarzen  Mann  mit  schwarzen  Zähnen,  tödtet 
ihn  dieser,  tödtet  ihn  ein  Eber,  springt  ein  Affe  auf  ihn,  reisst 
ihn  der  Wind  fort,  verschlingt  er  Gold  und  speit  es  wieder  aus, 
geniesst  er  Honig ,  verzehrt  er  Lotusschosse ,  trägt  er  auf  dem 
Kopfe  einen  einzigen  Lotus  ^) ,  fährt  er  mit  angespannten  Eseln 
oder  Ebern,  treibt  er,  mit  einem  Nardenki'anz  geschmückt,  eine 
schwarze  Kuh,  die  ein  schwarzes  Kalb  bei  sich  hat,  nach  Süden 
hin:  sieht  er  eins  von  diesen  Traumgesichten,  so  soll  er  (zur 
Abwendung  des  drohenden  Unheils)  an  demselben  Tage  fasten, 
dann  eine  aus  Milch  gefertigte  Topfspeise  kochen  lassen ,  diese 
mit  Hersagung  der  einzelnen  Verse  des  NachÜiedes  (Rv.  10, 127) 
darbiingen,  mit  anderweitiger  Speise  Brahmanen  bewirthen  und 
selbst  Muss  gemessen.*" 

Soweit  das  Aranyaka.  Es  bleibt  nur  zu  erwähnen  übrig, 
dass  dieser  kleine  Abschnitt  in  das  dritte  Kapitel,  welches  mit  der 


1)  bataraka    wird    von   dem    Scholiaüteu    mit   kegondraka    (in    Su^rutA: 
ke9onduka)  erklärt. 

2)  Hierauf  beruhen   die   svapnädhyäya  ^    die  sich  entweder  in  besonderer 
Form  vorfinden,  oder  in  Puräueu  eingeschoben  sind. 

3;  ekapuudarlkam,  Scholiast:  raktayarnam  iti  sampradäyah. 


Notizen  und  Carregpondenxen,  575 

symbolischen  Bedeutung  der  Saijiliita  und  ihrer  Theile  beschäftigt 
ist,  nicht  hineinpassi  Die  ungeschickte  Weise,  mit  der  er  den 
Zusammenhang  des  neunten  und  elften  Abschnitts  unterbricht, 
macht  es  offenbar,  dass  er  aus  einer  anderweitigen  Quelle,  sei  es 
auch  in  älterer  Zeit,  eingeschaltet  worden  ist. 


Nachträgliche  Bemerkungen  zu  der  zweiten  Auflage 

des  Blgveda.  ^ 

Von 

Th.  Aufreeht« 

I,  42,5  lies:  pushann.  IX,  114,  3.  pada  lies:  n&nä-süryäh. 
X,  13,  2.  pada  lies:  su-^asthä.  S.  533  fehlt  das  pratika:  asme 
indra  sacä  sute  8,  97,8.  S.  623  lies:  yat  tvS  deva.  S.  644: 
vitihotram  tvä  kave  findet  sich  auch  in  Vs.  2,  4. 

Vorrede  S.  XXXII.     Vgl.  1,  48,  u: 

ye  cid  dhi  tväm  fishajal^^  pürva  ütaye  juhüre  vase  mahi  |  mit 

8,  8,  B :  yac  cid  <Uii  väm  pura  pshayo  juhüre  Vase  narä  | 

S.  XLn.  Ich  glaube  jetzt,  dass  ahamaanäh  aus  der  Redens- 
art: ahaip  dhanäni  sanä  (=  sanäni)  entstanden  sei. 

S.  XL  VI  und  XLVn.  Die  Verse:  arcanty  arkam,  upa'prakshe^), 
pra  va  indräya,  yi9vatodäyan ,  9am  padam  finden  sich  in  Ait.  Ar. 
S.  434.  435,  der  Vers:  indro  vi9vasya  rajati  |  ebendort  S.  454.  — 
S.  XLVni  lies  552  b  statt  252  b    und  624  b  für  624». 

Ein  ausführlicher  Index  aller  l^igverse,  welche  im  Aitareya- 
brähmaiga  erscheinen,  wird  der  neuen  Ausgabe  desselben  beigefügt 
werden.  Diese  wird  etwas  später  als  angekündigt  erscheinen, 
weil  ich  bessere  Hss.  des  Commentars  erwarte. 


Zur  Chemie  der  Araber. 

Von 

Eilhard  WiedemaaD. 

In  seinen  vortrefflichen  Beiträgen  zur  Geschichte  der  Chemie 
hat  Herr  Professor  Kopp  ^)  auch  die  Geschichte  der  Destillation 
eingehend  besprochen  und  dabei  dem  Worte  Alembik  einige  Zeilen 


1)  npa  prakshe  erklärt  der  Scholiast  mit:  plAkshavrikshena  sampäditäni 
päträny  atra  plaksha^abdena  vivakshitäni  |  teshäin  samlpavarti  yägaprade^a 
upaprakshah  |  tädri9e  prade9e  etc. 

2)  Hermann  Kopp,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Chemie.  Erstes  Stück 
p.  217—239. 

Bd.  XXXU.  37 


576  NoUgen  und  Carretpondefumn, 

gewidmet.  Auf  eine  Mittheilnng  Weil's  sich  stütasend  bemerkt  er, 
dass  das  obige  Wort  erst  ziemlich  spät  bei  den  Arabern  in  all- 
gemeineren Gebrauch  kam,  da  es  sich  in  dem  Fremdw(^rterbuch 
von  Al-GawällVi  aus  dem  12.  Jahrhundert  noch  nicht  finde.  Es 
kommt  aber  das  Wort  so  vielfach  in  älteren  arabischen  Werken 
chemischen  und  medicinischen  Inhalts  vor,  dass  das  Fehlen  des- 
selben in  dem  obigen  Lexikon  wohl  darin  zu  suchen  ist^  dass  es 
dem  Gedankenkreis  seines  Verfassers  zu  fem  lag. 

So  findet  es  sich  in  einer  alten  Dioscoridesübersetzung,  die 
in  der  Leydeaer  Bibliothek  handschriftlich  (Cod.  289  Warn.)  auf- 
bewahrt und  mir  durch  die  Gut«  des  Herrn  Professor  de  Goeje 
zugänglich  geworden  ist,  Sie  ist  ursprünglich  theils  durch  Honein 
Ibn  Is^L^k,  theils  durch  Stephanus,  den  Sohn  des  Basilius  angefertigt 
Die  uns  vorliegende  Emendation  derselben  von  Al-Qosein  Ibn 
Ibrahim  .  .  .  Al-Tabari  Al-N&teli  wurde  im  Jahre  380  d.  H.  (990 
n.  Chr.)  beendigt  (cf.  Cat.  Cod.  Orient.  Bibl.  Acad.  Lugd.  Bat 
vol.  m  p.  227). 

Die  betreffende  Stelle  lautet  auf  Fol.  tT*  v.  der  obigen  Hand- 
schrift : 

OuJcfl>  ^  (-wo)   H^L«^>  J^y  H^  »AJ^  ^  U-jl---^  ^1 
oL^ot  l^  jxo^^  H^k^i^t  i  /^y^  jty^  J^^  j^  vj  j^^*^. 
cXäxij  ^^^<i\  J^^\  e)^  J^^  vi;AÄj  sXi^^  OuAi^l  ^]^  [J^ 


In  dem  griechischen  Text  ^)  lautet  die  entsprechende  Stelle: 
^YdgagyvQog  Sk  öxivä^erai.  äno  toi  ccfifiiov  leyofiipov 
xataxQV^TiXMQ  8k  xai  tovtov  xivvaßdgewg  Xtyofiivov.  &ivTeg 
yccQ  inl  koTTccdog  xigafiiag  xoy^^v  atdtjgovv^  e^ovra  xiwafiägif 
nsQixa&ccnTovatv  äfi/Sixa,  nBQiüiyjavTeg  ntjXtp,  eita  vnoxaiovmv 
ävO-Qa^iv.  1}  yäg  ngoaiCjovöa  T(ß  äfifiixi^  ano^va&eiaa  xui 
dnoxfjv^d-Blaa  vSgägyvgog  yivBtai^. 

Es    entspricht   also  genau  dem  Worte  äfißi.^  im  griechischen 

Texte    das   vJLuJ!    des   arabischen,    wodurch    ein   directer  Beweis 

dafür  geliefert  ist,  dass  Alembik  nichts  anderes  ist,  als  das 
griechi^he  afißi^  mit  dem  arab.  Artikel  (vgl.  auch  Kopp  1.  L 
pg.  229  etc.).  — 


1)  Vgl.  dazu  Ibn  Al-BaitAr,  Ausg.  v.  Bül&k,  Bd.  I,  p.  Iva. 

2)  Pedanii  Dioscoridis  Anazarbei    De  Materia  Medica   libri   quinque  edidit 
C.  G.  Kuhn  Bd.  1  p.  776.     Diosc.  lib.  V  Cap.   IIU. 


Notizen  und  Cdrretpondenzen.  577 

Eine  weitere  Stelle,  die  vom  Alembik  und  einer  Reihe  anderer 
bei  der  Destillation  benutzter  Vorrichtongen  bandelt,  enthält  der 
auf  der  Leipziger  Stadtbibliothek  befindliche  Codex  K.  215,  n.CCLXVI 

des  Fleischer'schen  Cataloges :  (^jÜ!  s.\jS-^  ^  Jo  ^)i  ^L^^t  v-^lJü^ 

das  Buch  der  Geheinmisse  Von  Abu  Bekr  Ben  Zakarijä  Er-Räzl. 
Der  Name  des  Verfassers  stimmt  vollständig  überein  mit  dem  des 
berühmten  Arztes  Rhases  (t  923  oder  932  n.  Chr.).  Unser  Werk 
findet  sich  unter  seinen  Schriften  im  Fihrist  verzeichnet  Bd.  I 
pg.  358,  1.  11.  Auch  liegt  kein  Grund  vor,  das  Buch  sonst  als 
ein  untergeschobenes  zu  betrachten.  Nachdem  der  Verfasser  in 
demselben  zunächst  die  in  der  Chemie  vorkommenden  Stoffe  be- 
schrieben, und  nach  einigen  weiteren  einleitenden  Betrachtungen, 
bespricht  er  die  hauptsächlichsten  verwandten  Apparate  und  deren 
Construction.  Wir  geben  den  Text  ohne  Emendationen,  so  weit  er 
uns  hier  interessirt,  mit  der  üebersetzung  wieder. 
Fol.  4v  — 5r. 

^yCJj  »LaJI  j^LÄjii  g  l  >n  V  xLUüIj  ^Jaü  oto  UuAJ^it^  wUül^ 

&Ljt  ^  'xiJtA  KcJÜI   Q^^^  d^j*^^  S^  L^JLc  s.^/ukaJu  {^\Xi\    «uXfiit 

^j^  ^^x.^\  jc-^  ^^,^  i^  ^y;,  ^sxi\  pI^jji  oy  ^1 

»Die  Cucurbita,  der  Alembil^  mit  dem  Schnabel  und  der  Re- 
cipient  dienen  zum  Destilliren  der  Flüssigkeiten.  Der  Kessel,  auf 
welchen  sie  gesetzt  werden,  soll  so  gross  wie  ein  Mirgal  sein. 
Die  Cucurbita  ist  in  das  Wasser  eingetaucht,  welches  bis  über 
das  Medicament  (?)  reicht,  welches  sich  in  ihr  befindet,  und  bei  dem 
Heerd  steht  ein  Kessel  mit  heissem  Wasser,  tun  von  ihm  (in  den 
ersten  Kessel)  nachzugiessen ,  sobald  dort  eine  Abnahme  eintritt, 
und  es  wird  Achtung  gegeben,  dass  der  unterste  Theil  der  Cucur- 
bita nicht  den  Boden  des  Kessels  berührt.  Es  wird  auch  sub- 
limirt   in   mit   Thon   beschlagenen  Cucurbiten,   welche   aufgehängt 

sind   in  dem  Heerd  über  einem  thönemen  Gestell  (rj^L^?);    ^^^^^ 

sie  wird  gesetzt  auf  einen  Kessel,  in  dem  sich  Asche  befindet,  und 
imter   ihm    wird  Feuer  angemacht  —  und  dies  ist  geeigneter  fELr 

37* 


578  Nötigen  und  CorrupondenMn. 

die  Lernenden  —  oder  es  wird  die  Cucurbita  auf  einen  Zi^^l- 
stein  gestellt,  auf  dem  sich  Asche  befindet,  und  diese  ¥mrd  um 
die  Seiten  der  Cucurbita  gestopft*. 

Die  Anordnung  der  Vorrichtung  selbst 

^t'^-      wird  unmittelbar  aus  der  beigefugten  Zeich- 

e  \        ^^""""^     ^^^^8  (Fig-  1)  ^^^-  *  ^st  der  Kessel  jjüü!, 

flp^^^'^^A     b  ist  die  Cucurbita  iLtJÜJ,   c  dagegen  der 

/\     V        \J    Alembik  mit  dem  (e)  Schnabel  otv>  \JUjSi\ 

>^^il  ^  während  f  den  Recipient  iJbüül  dar- 
stellt. Bei  unsem  modernen  Betorten  (Fig.  2) 
ist  die  Cucurbita  und  der  Alembik  nut  seinem 
Schnabel  in  eins  verschmolzen. 
Es  erinnert  die  oben  gegebene  Beschreibung  der  Destillation 
lebhaft  an  die  in  den  lateinischen  Uebersetzungen  der  angeblichen 
Schriften  Gebers  enthaltenen.  Hier  wie  dort  werden  die  drei 
Arten  der  Destillation  besprochen,  die  aus  dem  Wasserbad,  die  aus 
dem  Aschenbad  und  die  über  freiem  Feuer.  Die  Analogie  der 
beiden  Apparatbeschreibungen  und  Methoden  macht  es  wahrschein- 
lich, dass  doch  die  lateinischen,  Geber  zugeschriebenen  Werke  sich 
auf  arabische  Quellen  zurückfahren  lassen.  Es  ist  dies  um  so  mehr 
der  Fall  als  auch  die  Anordnung  des  oben  erwähnten  Werkes  von 
Rhases  der  von  Geber  gewählten  entspricht:  es  werden  nicht  die 
Eigenschaften  eines  Körpers  nach  dem  andern  behandelt,  sondern 
es  werden  zunächst  die  durch  eine  Operation,  etwa  das  Sublimiren, 
an  den  verschiedensten  Körpern  auftretenden  Veränderungen  be- 
sprochen ;  und  dann  dieselbe  Untersuchung  für  eine  zweite,  dritte  etc 
Operation  durchgeführt  Ob  die  erwähnten  lateinischen  Schriften 
aber  in  der  That  Geber  selbst  zuzuschreiben  sind,  ist  doch  zum 
wenigsten  sehr  fraglich. 

Durch  die  grosse  Liberalität  der  Bibliotheksverwaltung  sind 
mir  auch  die  in  Leyden  aufbewahrten  Handschriften,  welche  Werke 
unter  dem  Namen  Gebers  enthalten  (cod.  440  Warn.)  zugänglich 
geworden.  Es  tritt  uns  hier  meistens  nicht  der  klare,  wissen- 
schaftliche Geist  entgegen,  wie  ihn  die  lateimschen  Schriften 
zeigen,  sondern  der  Verfasser  bewegt  sich  in  demselben  vielfach 
mystischen  Gedankenkreis,  wie  die  alten  griechischen  Alchemisten. 
Der    Ausgangspunkt    der    Betrachtungen    Gebers    in    der    Schrift 

^U^Jt  v^LäJ^t    dem  Buch   der  Barmherzigkeit,  ist  ^5L^4.,;  .-.LoCSl 

...LJÜt,  ,.,LjÜ!  v..JL*j  ,.,U5Ü1   und   ,..LJÜ!  JuJL»  ...LJÜL  die  oflFen- 

bar  den  Anfangsworten  des  Deraocrit:  Natura  natura  gaudet.  Natura 
naturam  vincit  et  natura  naturam  retinet  entsprechen.    Er  führt  diese 

Sätze  unter  der  Annahme  aus,  dass  der  eine  ,.,Lx5    dem  Geist  ..^  Jt 
der   andere   dem  Körper  .^.^«^.^  entspricht.     Aus  der  verschiedenen 


Notizen  und  Correspondenzen.  579 

Zusammensetzung  aus  Geist  (-5.)   und  Körper,   Materie  (vX*mj>.)j 

dem   Ausströmen    des   Geistigen   aus   dem   Körperlichen  u.   s.   w. 
leiten  sich  die  verschiedenen  Eigenschafben  der  Körper  ab,  so  heisst 

es  z.  B.  iüLsj  s^JS  \J^^  jjj!  y>5  !uX-.*j^  [^ßS'\  tLui^it  wJLoJj 

vs5üv5  KJii\  L«^ ,    die   härtesten   Gegenstände    sind    die ,    welche    am 

meisten  Materie  und  am  wenigsten  Geist  enthalten,  wie  das  Gold, 
das  Silber  und  diesem  ähnliches.  — 

Es  sei  mir  noch  gestattet,  aus  obiger  Handschrift  einen  Passus 
anzuführen,  der  zeigt,  wie  doch  Geber,  der  an  der  betreffenden 
Stelle  noch  einmal  redend  eingeführt  wird,  eine  exacte  experimen- 
telle Methode  kannte  und  dieselbe  auch  anzuwenden  verstand. 

^  ÜUj  UjOi.  ^  ^  ^p  5ÜU  ^;^  üuoJl  ^  ji^^j  o-ti-iÄJl 

*^^!  ^,Lr  Ur  JL5>  ^  ,^y>  ^^  /u>3  ouuaiUi  uy  ^'^ 

„Es  sagt  Abu  Gabir  ben  Hajjän,  dessen  sich  Gott  erbarme: 
Es  war  ein  Magneteisenstein,  der  100  Dirhem  Eisen  in  die  Höhe 
hob,  dann  Hessen  wir  ihn  eine  Zeit  lang  liegen,  dann  prüften  wir 
ihn  an  einem  anderen  Stück  Eisen,  und  er  hob  es  nicht  auf  (trug 
es  nicht),  so  dass  wir  glaubten,  dass  sein  Gewicht  grösser  sei  als 
100  Dirhem,  die  er  zuerst  hob.  Dann  wogen  wir  es  (sc.  das  Eisen), 
und  siehe  da,  sein  Gewicht  war  kleiner  als  80  Dirhem.  Es  hatte 
also  seine  Kraft  abgenommen,  aber  seine  Substanz  war  dieselbe 
geblieben**. 

Er  will  dadurch  nachweisen,  dass  etwas  von  dem  Geistigen, 
das  die  ursprüngliche  Anziehimg  bewirkt  hat,  ausgeströmt  ist,  ohne 
dass  doch  die  Substanz,  in  der  es  enthalten  war,  an  Gewicht  ver- 
loren hatte. 

Ehe  aber  ein  eingehendes  Studium  dieser  Schrift  und  der 
übrigen  alchemisti sehen  Traktate  der  ersten  arabischen  Zeit  lohnen 
dürfte,  müssen  uns  erst  die  alchemistischen  Schriften  der  Griechen 
zugänglich  sein;  bis  dahin  müssen  wir  uns  auf  das  Studium  der 
Epochen  beschränken,  die  uns  näher  stehen.  Was  übrigens  die 
allgemeinen  theoretischen  Anschauungen  Gebers,  wie  sie  uns  die 
lateinischen  Uebersetzungen  des  Abendlandes  vorführen,  betrifft: 
dass  die  Mineralien  und  Metalle  sich  aus  Schwefel  und  Quecksilber 
bilden,  oder  diesen  entsprechende,  so  finden  sie  sich  in  den  natur- 
wissenschaftlichen arabischen  Schriften,  wie  den  Kosmographien 
von  Kazwini  und  Dimeschki,  den  durch  Dieterici's  Verdienste  uns 
zugänglichen  Schriften  der  Ichwän  e8-§af&  so  vielfach,  dass  ein 
Uebergang  derselben  an  die  Occidentalen  nichts  wimderbares  hat.  — 


580  JNottMen  und  C(HTe9p<mdemen, 

Zum  Schluss  mögen  einige  kleine  Irrthümer  sprachlicher  Natur 
in  dem  verdienstvollen  Werk  Kopp's  berichtigt  werden.  Es  finden 
sich  dieselben  bei  Besprechung  der  dem  Avicenna  zugeschriebenen 
Schrift  de  anima^),  und  sie  dürften  sich  daraus  erklären,  dass  Herr 
Prof.  Weil,  der  die  Deutung  der  in  obiger  Schrift  sich  fijidenden 
Worte  übernommen,  der  Chemie  zu  fem  stand.  Dass  diese  Schrift 
unächt  ist,  kann  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen,  da  Avicenna 
von  hervorragenden  Arabern  als  Gegner  der  Alchemie  ^  citirt 
wird  (so  z.  B.  von  Ihn  Khaldun  in  den  Prolegomenen,  übers,  von 
Slane  m  pg.  225).  In  der  Schrift  de  anima  heisst  es:  «Stamium 
est  in  quatuor  modis,  primus  modus  vocatur  Talicons,  alins  modus 
vocatur  Calhi,  alius  Cerob,  alius  est  quem  dicunt  ünoq*.  —  Cahh 

ist  ^äIä  (Kal*i)   ein   vielfach   vorkommendes  Synonym  für   ^jJu^. 
Zinn,    und   dürfte  kaum  mit  ^JLi  gelblich  sein  zusammengestellt 

werden,  cerob  entspricht  aber  \^^\  (Usrub)  Blei*),  und  vi5o^  (Anok) 

ist  gleichfalls   ein  Name   für   Zinn.     Die  Namen   ^J^\   und     ^jJi 
führt  auch  Dimesch^}d*)  für  Zinn  an. 

Kaikant  und  Kalkand  dürften  identisch  sein,  es  findet  sich 
im  ^azwini  die  Form  ?allj:and  ( JüLüis) ,  während  die  Leydener  üeber- 
setzung  des  Dioscorides  die  Form  Kaikant  (cj^oälä)  giebt.  Es  heisst 
an  der  betreffenden  Stelle ,  wo  die  Uebersetzung  des  Kapitels 
über  ;^«ixayd-og  gegeben  wird  v-^jläJLäJI ^^  ^j,^,jJJiiS.  Kal^adis, 
oder  wie  es  gewöhnlich  geschrieben  wird,  j^jJüüi  KaH:adis,  wird 

wohl  dem  calcadiz  des  Avicenna  entsprechen. 

Accingar  endlich  dürfte  kaum  von  der  Stadt  Djar  sich  ab- 
leiten, sondern  ist  das  arabisch-persische  Wort  für  Grünspan  .1^0  Jl 
Az-zin^ar. 


1)  Kopp,  Beiträge  Stück  3  p.  57. 

2)  Andrerseits  ist  aber  Abu  Kasr  Al-Far&bi  ein  Anhänger  der  Alchemie, 
wie  aus  der  oben  angeführten  Stelle  herrorgeht.  Diese,  sowie  eine  SteUe  in 
der  Cosmographie  ed-Dimeschki's  (übersetzt  von  Mehren  pg.  64  ff.)  lehren  uns 
auch  die  Gründe  kennen,  die  für  und  gegen  die  Möglichkeit  der  Alchemie,  d.  h. 
der  Umwandlung  eines  Stoffes  in  einen  andern,  abgesehen  von  Betrügereien ,  an- 
gegeben werden. 

3)  V»Jwmm!  ist  gewöhnlich  Blei,  (j^dLo.  Zinn,  wenn  auch  häufig  eine  Ver- 
wechselung beider  stattfindet.  Bei  Kazwini  ist  aber  entschieden  (j»oUo.  als 
Zinn,  nicht  wie  Herr  Eth^  es  thut,  als  Blei  zu  fassen,  da  als  eine  besondere 
Eigonthümlichkeit  des  (jou^^  das  Knirschen  desselben  (  pj.jsaJ!)  angeführt  wird. 

4)  1.  1.  p.  59. 


Notizen  und  Corretpondenxen,  581 

Ceber  eine  Tabari-Handsehrift« 

Von 

0.  Loth. 

Herr  Hofrath  von  Kremer  hat  die  Güte  gehabt,  für  die  pro- 
jectirte  Xftl>ari- Ausgabe  eine  sehr  werthvolle  Handschrift  zur  Ver- 
fügung zu  stellen,  welche  er  in  Kairo  erworben  hat,  und  welche 
eine  noch  unbekannte  Arbeit  des  ^abari  enthält  Mit  seiner  Er- 
laubniss  gebe  ich  hier  eine  Beschreibung  davon. 

Die  Handschrift  (21  Centim.  hoch,  12  Cenüm.  breit)  ist  auf 
ziemlich  rauhem  Baumwollenpapier,  wasserfleckig,  aber  sonst  in 
gutem  Zustande,  nur  die  beiden  ersten  und  das  letzte  Blatt  sind 
etwas   beschädigt.     Der  Band  besteht  aus  7  getrennten  Fascikeln 

(i;i:>),    gewöhnlich    zu    12,    einmal  (Fase.  V)  zu  16    und   einmal 

(F.  Vn)  zu  18  Blättern,  zusammen  94  BU.  Die  Seite  hat  durch- 
schnittlich 27  Zeilen,  die  Schrift  ist  sehr  gedrängt,  mittelgross 
und  alterthümlich  steif;  das  End-Nün  ist  nach  unten  gezogen, 
dagegen   erscheint  ^  gelegentlich  als  blosse  Linie.     Der  Text  ist 

schwach  punktirt,  Unterscheidung  der  xJL«^  kommt  nur  in  Aus- 
nahmefällen vor.  Flüchtigkeitsfehlem  gegen  die  Grammatik  be- 
gegnet  man  gelegentlich.     Jeder  Fascikel   hat   ein   Titelblatt  mit 

identischer  Aufschrift    (x^j^-jj^    welche   über   den  Ursprung   des 

Buchs  klare  Auskunft  giebt.  Die  Auüschrift  des  ersten  Blatts, 
welche  sich  von  den  übrigen  ebenfalls  nicht  unterscheidet,  ist 
theilweise  überklebt  und  von  einer  modernen  Hand  ergänzt,  welche 

auch   zur  Anlockimg  des   Käufers   ein  ^c-Jal!  ^J^  v->UXJ!  \\\^ 

darüber  gesetzt  hat.  Die  Aufschrift  des  2.  Fascikels  lautet  —  fast 
ohne  diacritische  Punkte  — 


1)  In  einigen  Aufschriften  steht  hier  noch  J^L^ . 

2)  «.aaJI  unpunktirt  in  allen  Aufschriften. 


ß 


582  Notizen  und  Correspandenam. 

Das   Ms.   schliesst:    ^)uJuJt  J^  u^U^  ^  oI^Lä^JI  ^-jW 

'  J^^!  ^  ^U!  Ux..^  l^  ^  ^y^UJl  (i.  e.  ^^^x^O  ^1 

Wir   haben   hier   also    einen  Auszug  aus  X^barfs  JuOUt   JcO 

oder  „Appendix  zum  Supplement**  seines  grossen  Geschichtswerks, 
und  wir  verdanken  dieses  an  sich  wenig  erfreuliche  Literatur- 
product  dem  Abu  *A1!  Ma^lad  b.  Ga*far  b.  Ma^ad  b.  Humran 
al-Bäkarhi  *) ,  von  welchem  es  der  bekannte  Traditionist  al-H&kim 
al-Naisabüri,  auch  Ihn  al-Baiyi*  genannt  (A.  H.  821 — 405)*),  authen- 
tisch überlieferte.  Der  Schreiber  des  Codex,  Abul-Käsim  *Ali  b. 
*Abd  al-*aziz  befand  sich  wiederum  im  Besitz  einer  »Licenz*  des 
letztgenannten.  Somit  gehört  die  Handschrift  gewiss  noch  in  den 
Ausgang  des  4.  Jahrhunderts  d.  H.,  und  ist  sie  vermuthlich  in 
Khorasan  geschrieben.  Für  ihre  weitere  Geschichte  finden  wir 
nur   noch    zwei  Notizen.     Unmittelbar   unter   dem  Schluss  ist  von 

einer  anderen,  aber  alten  Hand  hinzugefügt :  JLt  ^y^*^  c^^  pL»^ 
[  J  iJL]J!  M  oLs^^l  cr**^  Ö^  Oc#h5^  ^t ,  und  auf  dem  Titel- 
blatt jedes  Fascikels  in  einer  ähnlichen  Hand:  wsjC^^  iv^'4..>l 
»,.#.c  ..^!   —  beides  ohne  diacritische  Punkte. 

In  dem  Mudaijal  scheint  T^^ari  seine  kritischen  Vorarbeiten 
zum  Ta'ri^  zusammengestellt  zu  haben.  Einen  derartigen  Anhang 
kündigt  er  bereits  in  der  Vorrede  zu  dem  letzteren  an.  Der  Dail 
wäre   dann  aus  einer  weiteren  Nachlese   hervorgegangen.     Pol.   11 

unserer  Handschrift  heisst  es  von  *Ali :    v-^U^  .i  » ,U^!  vi>-Aia^  Jö 

J^jjdl       ».v-il  (sie).    Der  Dail  enthält  ausschliesslich  Biographisches 

über    „Genossen**    und    „Nachfolger**     .^ju'üdt^  iüL:5=UaJ(    beiderlei 

Geschlechts,  und  zwar  theilweise  in  chronologischer  Anordnung, 
nach    den    Todesjahren.      Unser   Auszug    beginnt    mit    I^adiga    in 

folgender   Weise :    ^Ji^i]  cXj^  ^  ßs>-  ^^  J^j^   Jlxz>-  ^\  ^Mä 


1)  Die  Familio  Bftkarhi  war  noch  in  späterer  Zeit  sehr  angesehen;  ein 
Urenkel  unseres  Epitomators  starb  BOjiihrig  A.  H.  481.  Y&küt  s.  v.  L>»JJb 
I.   476  Wüstenf. 

2)  Ibn  IJallikäu  no.  626  Wüstenf. 


Notizen  und  Carrespondenzen,  583 


••*   ». 


gvit   näkX:>  Jt^  *JLc   &JÜ?  ^^^  äUI  vJ^^  io^jÄ   2üUj.     Darauf 

folgen  vier  Personen,  die  A.  H.  8  gestorben  sind:  Zainab,  die 
Tochter  des  Propheten,  Ga*far  b.  Abi  T&Ub,  Zaid  und  Täbit  b.  al4id' 

pj^  al-An§ari;  u.  s.  w.  Fol.  29  beginnt  eine  neue  Aufzählung 
der  Genossen  des  Propheten,  welche  Autorität  für  Traditionen 
sind  —  «o*:  ^3^3  wL^!  ^^y^  .  .  iJÜt  Sy^j  «->**?  (Ji^  q^  ^U^t  J^^^ 
Jlc  ^Ja^  JJü  3!.     Sie   sind  nach  Stämmen  und  Familien  geordnet, 

wie  in  den  T^^&V^^  ^^^s  Ihn  Sa*d.  Fol.  49  v.  folgen  Biographien 
von  Frauen  derselben  Classe,  insbesondere  Gattinnen  Muhammeds. 

Der    zweite   Abschnitt   über    die   »Nachfolger"  (fol.  66  v.    ^  ,Uiüt 

ist  noch  weniger  systematisch,  die  chronologische  Folge  hört  bald 
auf.  Dies  kann  freilich  auch  dem  Epitopator  zur  Last  fallen. 
Den  Schluss  bilden  verschiedene  Zusammenstellungen*  über  Na- 
men   (fol.  87    i^J^\  ^  ,5^b  ^^-  ♦  *^^  ^>^)'    ^^^^   solcher 

Genossen  und  Nachfolger,  welche  immer  nur  mit  ihrer  Kunya 
genannt  werden,  femer  die  Kunya's  solcher,  welche  meist  nur  mit 
ihrem  Eigennamen  genannt  werden,  u.  s.  w. 

Man  wird  nicht  erwarten,  in  dem  „Appendix  zum  Supplement* 
viel  absolut  Neues  zu  finden.  Tabari  fasst  hier  hauptsächlich  auf  den 
Arbeiten  des  Wälpdi,  welche  wir  zum  Theil  durch  Ihn  Sa*d  besser 
und  authentischer  kennen.  Der  officielle  Isnäd  lautet:  X«  —  al-Harit 
[b.  Abi  Üsäma]  —  Ihn  Sa*d  —  al-W&kidi;  doch  wird  letzterer  ge- 
wöhnlich   direct   citirt   ( -4.^  ^t    S^  u.  ä.).     Auch  Ibn  Sa*d  wird 

unmittelbar  angeführt,  soweit  er  von  Wä^idi  unabhängig  ist,  des- 
gleichen auch  die  selbständigen  Sammlungen  des  oben  genannten 
al-Härit.  Ibn  Is^ak  (mit  oder  ohne  den  stehenden  Isnad :  f.  — 
Ibn  Qumaid  —  Salama  —  1. 1.) ,  His4m  al-Ealb!,  al-Mada  in!  werden 
seltener  benutzt.  Die  Isn&de  aller  dieser  Quellenschrifbsteller  wer- 
den gewöhnlich  mit  angegeben.  — 

Jedenfalls  wird  dieses  Werk,  von  welchem  sich  schwerlich 
eine  zweite  Handschrift  finden  wird,  am  Ende  der  Annalenausgabe 
abzudrucken  sein. 


584  Notizen  und  Correttpondenaen, 

Aus  einem  Briefe  des  Herrn  Professor  Ernst  Kuhn 

an  den  Herausgeber. 

München,  Juni  1878. 

—  Das  Studium  von  FausböU's  Jätaka- Ausgabe  hat  meine  Auf- 
merksamkeit auch  wieder  dem  christlichen  Gegenbilde  der  Buddha- 
Legende  zugewendet.  Die  Ursprünge  der  t^t;;|fai^A^  iavogia 
von  Barlaam  und  loasaph  liegen  trotz  allem,  was  darüber  gesagt 
ist,  noch  sehr  im  Dunkeln.  Wollte  man  freilich  Max  Müller 
(Chips  rV,  p.  174  ff.)  folgen,  so  wäre  sehr  klar  und  probabel,  wie 
der  auch  sonst  schriftsteUerisch  thätige  Joannes  Damascenus  seinen 
Stoff  kennen  gelernt  und  bearbeitet  hat.  Leider  sind  nun  aber 
Müllers  Voraussetzungen  wenig  stichhaltig.  Denn  dass  die  Ver- 
fasserschafb  des  loannes  Damascenus  sehr  fraglich  ist,  die  einzigen 
Judicien  in  dem  Buche  selbst  vielmehr  auf  einen  in  Aegypten 
lebenden  Verfasser  hinzudeuten  scheinen,  ist  von  H.  Zotenberg  und 
P.  Meyer  in  ihrer  Ausgabe  des  altfranzösischen  Barlaam  und  losa- 
phat  von  Gui  de  Cambrai  (Bibliothek  des  litterarischen  Vereins 
in  Stuttgart  LXXV)  p.  312  —  314  zur  Genüge  dargethan.  Die 
ZDMG  XXrV,  p.  480  nachgewiesene  Identität  der  Namensform 
loasaph  mit  einer  bei  den  Arabern  üblichen,  aus  dem  arabischen 
Alphabet  erklärbaren  Entstellung  des  indischen  bodhisattva  macht 
(trotz  der  Gründe  von  Zotenberg  und  Meyer  a.  a.  0.  p.  314 
— 315)  den  Durchgang  durch  eine  arabische  Version  wahrschein- 
lich*). Die  christlich -arabischen  Versionen  des  Barlaam  und 
loasaph  fördern  uns  nun  allerdings  nicht,  da  sie  sänmitlich  auf 
den  griechischen  Text  zurückgehen ;  aber  der  Fihrist  p.  305,  «o  f. 
(vgl.  p.  119,4)  erwähnt  unter  den  ins  Arabische  übersetzten 
indischen  Büchern  neben  einem  Buche,  das  von  loasaph  allein 
handelt,  ein  Buch  Bilauhar  und  loasaph,  dessen  Bedeutung 
noch  nicht  genügend  beachtet  zu  sein  scheint.  Identisch  oder 
mindestens  nahe  verwandt  mit  diesem  ist  nämlich  offenbar  der 
von  Blau  ZDMG  VQ,  400 — 403  besprochene  Text  einer  damals 
im  Besitze  des  Herrn  von  Wildenbruch  befindlichen  Handschrift, 
der  sich  selbst  als  „Auszug  aus  dem  Buche  eines  der  ausgezeich- 
neten Weisen  Indiens*  bezeichnet  und  durch  den  weisen  Asketen 
Bilauhar  auf  der  Insel  Serendib,  wie  durch  den  Elephanten  statt 
des  Einhorns  in  der  Parabel  vom  Mann  im  Brunnen  direct^r  auf 
indischen  Ursprung  hindeutet,  als  die  andern  Texte.  Wie  wichtig 
eine  genauere  Untersuchung  dieser  Handschrift  wäre,  liegt  danach 
am  Tage.  Vielleicht  veranlasst  diese  Notiz  Herrn  Blau  selbst, 
oder  wer  sonst  dazu  im  Stande  ist,  nähere  Auskunft  über  den 
mir  unbekannten  Verbleib  dieser  Handschrift  zu  geben. 


1)  Es  müsste  denn  —  was  ich  andern  zur  Entschoidung  tiberlasse  —  die 
Form  loasaph  durch  das  syrische  oder  Pahlavi-Alphabet  gleichfalls  eine  be- 
friedigende Erklärung  finden.  (?^  Vgl.  über  die  in  der  Erzählung  vorkommen- 
den syrischen  Namen  a.  a.  O.  p.  312. 


NoUsien  und  Corretpandenzen.  585 

Ans  einem  Briefe  des  Herrn  Dr.  D.  H«  Mflller 

an  den  Herausgeber. 

Wien,  10.  Juni  1878. 

—  Herrn  Dr.  Mordtmann  für  seine  Bemerkungen  zu  meinen 
Himjarischen  Studien  ZDM6  XXXH,  203  ff.  sehr  dankbar ,  erlaube 
ich  mir  nur  gegen  einige  derselben  Einwendung  zu  erheben.  So 
glaube  ich  bei  meiner  Lesung  [bp]B«i  beharren  zu  müssen,  weil 
ich  den  Stein  im  British  Museum  vor  Augen  gehabt  habe  und 
versichern  kann,  dass  für  die  zwei' von  mir  ergänzten  Buchstaben 
Raum  genug  ist,  wenn  ich  auch  augenblicklich  nicht  mehr  in  der 
Läge  bin  zu  sagen,  ob  irgend  welche  leichte  Spuren  gerade  dieser 
zwei  Buchstaben  auf  dem  Steine  zu  bemerken  sind.  Dagegen 
beruht  mein  ^SDn  auf  einem  Versehen. 


o  ^ 


Femer   kann   ich  nicht  zugeben,    dass  n*in  gleich  arab.  »^ 

„terra  plana*  sei,  weil  die  defective  Schreibung  des  Diphthongs 
im  Himjarischen  ziemlich  selten  ist,  und  femer  weil  Radman  eine 
Gebirgsgegend  ist  nördlich  von  J&fi*-Gebirge  (vgl.  Maltzan  Reise 
in  Südarabien  312  und  die  Karte  dazu). 

Gegen  die  S.  205  vorgeschlagene  Verbesserung  |  obx«  |  iny  n[*n]« 
wäre  einzuwenden,  dass  zu  dem  durch  das  demonstrative  n  deter- 
minirten  in^itN  „diese  vier*  das  obst«  nicht  passt.  Man  müsste 
also  annehmen,  dass  ^TsbxK  zu  lesen  sei,  wie  in  der  angezogenen 
Stelle,  Os.  XXXI,  2,  wo  aber  auch  zu  übersetzen  ist:  „diese 
vier  und  zwanzig  Idole*. 

Der   geogr.   Name   vJuj^j  (a.  a.  0.  S.  206)  ist,  wie  mir  Herr 


Mordtmann  selbst  schreibt,  in  s_ö    ;    ^    ;  zu  corrigiren.     Vgl.  J^üt 
m,  73. 


586 


l^. 


Bibliographische  Anzeigen. 

Einleitung  in  das  Alte  Testament  von  Friedrich  Bleek, 
Hg.  von  Joh.  Bleek  und  Ad.  Kamphausen.  Vierte  Aufi, 
nach  der  von  A.  Kamphatisen  besorgten  dritten  bearbeäet 
von  J.  Wellhausen.  Berlin.  G.  Reimer  1878.  (VIII 
und  662  S.     8.) 

Die  Redaction  hat  mich  aufgefordert,  dies  Werk  oder  doch 
die  Schiassabschnitte,  welche  ganz  von  dem  Bearbeiter  herrühren, 
in  dieser  Zeitschrift  zu  besprechen,  und  nach  einigem  Zögern  bin 
ich  so  leichtsinnig  gewesen,  wenigstens  auf  das  Letztere  einzugehn. 
Die  ,,specielle  Einleitung*,  wie  der  alte  Terminus  lautet,  moss  ich 
leider  bei  Seite  lassen.  Ich  •  habe  zwar  den  Stoff  in  früheren  Jahren 
wiederholt  durchgearbeitet,  aber  Wellhausen  behandelt  hier  so 
manche  wichtige  Frage,  namentlich  in  Bezug  auf  den  Pentateach 
und  die  altem  Geschichtsbücher,  von  neuen  Gesichtspuncten  ans, 
dass  ich,  um  seinen  Ansichten  gegenüber  cinigermassen  Stellang 
zu  nehmen,  Alles  noch  einmal  sorgfältig  untersuchen  müsste,  und 
dazu  fehlt  mir  die  Zeit  Hoffentlich  kann  ich  später  einmal  ernst- 
lich zu  diesen  Studien  zurückkehren.  So  viel  bemerke  ich^  dass 
ich  noch  immer  meinen  Standpunct  in  der  Pentateuchfrage  fest- 
halte, wonach  der  Deuteronoraiker  der  letzt«  pentateuchische  Schrift- 
steller und  somit  die  ganze  Thora  vorexilisch  ist  Zugleich  er- 
laube ich  mir  den  Wunsch  auszusprechen,  dass  Wellhausen,  wenn 
auch  diese  Auflage  erschöpft  sein  sollte,  das  Werk  Bleek's,  das 
doch  im  Grunde  nur  noch  historische  Bedeutung  hat  —  und  zwar 
lange  nicht  die  des  de  Wette'schen  Buchs  —  ganz  aufgeben  und 
ein  völlig  eignes  ausarbeiten  möge.  Die  von  ihm  hinzugefügten 
Stücke  bilden  in  ihrer  schneidigen  Art  einen  merkwürdigen  Gegen- 
satz zu  den  etwas  breiten,  liebenswürdigen,  aber  nicht  all  zu 
kritischen  Darlegungen  Bleek's,  und  die  kleinen  Zusätze  in  Klam- 
mem geben  gar  oft  eine  scharfe  Kritik  des  Original werks ,  auch 
wo  sie  nur  in  einem  Worte  bestehn.  In  einem  solchen  ganz  neuen 
Werke  würde  auch  die  hier  merkwürdig  stiefmütterlich  behandelte 
Chronik,  über  die  ja  Wellhausen  ganz  specielle  Forschungen  an- 
gestellt  hat,   zu  ihrem  Recht  kommen,   und  vor  allem  würde  die 


Bibliographische  Anzeigm.  587 

grössie  Lücke  dieses  Buchs  durch  die  Behandlung  der  Apocryphen 
ausgefüllt. 

Auch  für  die  Besprechung  von  Wellhausen  s  ^allgemeiner  Ein- 
leitung", die  wie  seine  Behandliug  der  älteren  Geschichtshücher 
(von  Richter,  Samuel,  Könige)  einfach  an  die  Stelle  der  betreffenden 
Theile  des  ursprünglichen  Werks  getreten  ist,  muss  ich  um  die 
Nachsicht  meiner  Leser  bitten,  da  ich  durchaus  nicht  in  der  Lage 
bin,  auch  nur  die  Hauptsachen,  die  hier  vorkommen,  alle  genauer 
zu  prüfen,  geschweige  sämmtliche  Einzelheiten,  während  ich  aller- 
dings über  manche  einschlägige  Fragen  leidlich  orientiert  zu  sein 
glaube.  Von  vornherein  kann  ich  mein  G^sanmiturtheil  dahin  ab- 
geben, dass  namentlich  die  Abschnitte  über  den  Text  des  Alten 
Testaments  einen  bedeutenden  Fortschritt  bezeichnen  über  Alles, 
was  bisher  in  solchen  zusammenfassenden  Werken  zu  finden  ist. 
Wellhausen  hat  die  neu  erschlossenen  Quellen  und  die  neu  ge- 
wonneneu Ergebnisse  Andrer  gründlich  benutzt,  mit  scharfer,  aber 
besonnener  Kritik  seine  Folgerungen  gebogen  und  dabei  manche 
durch  die  bisherigen  Einleitungen  sich  fortschleppende  Irrthümer 
beseitigt,  worin  ihm  allerdings  schon  Kamphausen's  Zusätze  zur 
3.  Auflage  vorgearbeitet  hatten.  Ln  Vorwort  beklagt  sich  Well- 
hausen, dass  in  Greifswald  das  Material  zu  dergleichen  Unter- 
suchungen nur  sehr  ungenügend  vorhanden  sei;  aber,  wenn  auch 
hie  und  da  allerlei  Ergänzungen  zu  machen  sind,  so  betrifift  das 
doch  meist  nur  Kleinigkeiten,  lud  andrerseits  könnte  man  um- 
gekehrt noch  einige,  an  sich  richtige,  aber  hier  unnöthige,  gelehrte 
Angaben  streichen. 

Mit  Wellhausen's  Darlegungen  über  die  Entstehung  des  Jüdischen 
Kanons  stimme  ich  in  allem  wesentlichen  überein,  soweit  nicht  die 
verschiedenen  Ansichten  über  den  Abschluss  des  Pentateuchs  hinein- 
spielen. Kuenen  hat  durch  seine  Entdeckung  über  die  wahre  Be- 
deutung der  „grossen  Synagoge"  der  Anschauung,  als  beruhe  die 
Kanonisierung  des  ganzen  A.  T.  auf  einem  gesetzgeberischen  Acte, 
die  letzte  Stütze  geraubt,  und  es  ist  gut,  dass  dies  Buch,  das  auf 
weite  Verbröitung  rechnen  kann,  jene  Entdeckung  schon  verwerthet. 
Dass  Wellhausen  solchen  Legenden  wie  denen  über  Nehemia's 
Bibliothek  keinen  Werth  beilegt,  ist  selbstverständlich.  Von  Kleinig- 
keiten notiere  ich  zu  S.  547  unten,  dass  die  Beihenfolge  der 
hebräischen  Bücher  in  älterer  Zeit  nur  bei  den  Hagiographen 
schwankt,  nicht  auch  in  den  Propheten  (s.  meine  alttestamenÜ. 
Literatur  239)0  ^^jud.  zu  S.  551,  dass  Aphraates  (zufällig)  das 
Hohe  Lied  nicht  citiert,  dagegen  die  Makkabäer-Bücher  kennt, 
wenii  er  auch  nichts  wörtlich  daraus  anführt 


1)  In  den  Handschriften  scheint  allerdings  Jesaias  ans  nahe  liegenden 
Gründen  ziemlich  früh  an  die  Spitze  der  eigentlichen  Propheten  gerückt  sni 
sein;  so  schon  in  dem  Von  Strack  herausgegebenen  Prophetencodex.  Aber  Tal- 
mud und  Massora  geben  ihm  die  dritte  Stelle. 


588  Bibliographüche  Ansteigen. 

In  dem  Abschnitt  über  den  Text  des  A.  T.  sucht  Wellhansen 
die  Mittel  zu  bestimmen,  welche  ¥rir  besitzen,  um  die  ursprüng- 
liche Gestalt  der  Schriften  wiederherzustellen.  Er  behandelt  daher 
zuerst  den  ^^Apparat*^,  den  überlieferten  jüdischen  und  samaritonischen 
Text  und  dann  die  alten  Uebersetzungen  als  Repräsentanten  mehr 
oder  weniger  abweichender  Textgestaltungen  und  stellt  sodann  die 
Gnmdsätze  auf,  nach  denen  man  sich  vermittels  dieses  Apparats 
dem  Ursprünglichen  nähern  kann.  Er  fasst  also  die  Uebersetzungen, 
die  freilich  auch  an  sich  ihre  Wichtigkeit  haben  und  wissenschaft- 
licher Behandlung  werth  sind,  hier  nur  in  ihrer  Bedeutung  für  die 
Textgeschichte.  Ganz  rein  lässt  sich  allerdings  diese  Absonderung 
nicht  durchfähren,  und  er  bespricht  denn  auch  die  aramäischen 
Uebersetzungen  immerhin  noch  ausführlicher,  als  sie  es  grade  in 
dieser  Beziehung  verdienten.  Für  die  Feststellung  des  Textes  der 
LXX  und  andrerseits  der  Peschita  wären  im  Grunde  auch  allerlei 
orientalische  Afterübersetzungen  (koptisch,  äthiopisch,  arabisch, 
armenisch)  von  einer  gewissen  Bedeutung,  aber  ich  bin  der  Letzte, 
welcher  dem  Verf.  einen  Vorwurf  daraus  macht,  dass  er  da,  wo 
er  unmöglich  überall  selbständig  urtheilen  oder  sich  auf  sichere 
Resultate  Anderer  berufen  konnte,  lieber  ganz  schweigt,  als  ein 
paar  billige,  nichtssagende  Angaben  zu  machen.  Was  er  über  die 
LXX  sagt,  beruht  zum  Theil  auf  eingehenden  eignen  Unter- 
suchungen. Soweit  ich  hier  die  Verhältnisse  übersehe,  muss  ich 
ihm  fast  durchgehends  beistimmen;  nur  ist  mir  auffallend,  dass  er 
wieder  auf  die  Angabe  Werth  legt,  der  Pentateuch  verdanke  seine 
griechische  Uebersetzung  der  Liebhaberei  des  Ptolemaeus  Phila- 
delphus.  Zu  glauben,  ein  classisch  gebildeter  Attiker  wie  Demetrius 
Phalereus  habe  ein  Werk  in  alexandrinischem  Judengriechisch  an- 
fertigen lassen,  das  ihm  völlig  ungeniessbar,  ja  zum  grossen  Theü 
unverständlich  sein  musste,  dazu  müsste  ich  bessere  Zeugnisse 
haben  als  den  entweder  lügenhaften  oder  ganz  urtheilslosen  Aristobul! 
Man  sehe  doch,  was  der  Mann  in  seinen  Fragmenten  alles  vor- 
bringt!  Das  Dilemma  ist  hier  einfach:  der  König  Philometor, 
an  den  sich  diese  Schrift  wendet,  ist  erst  der  zweite  dieses 
Namens,  oder  aber  sie  ist  eine  Fälschung:  in  beiden  Fällen  ist 
das  unechte  Aristeasbuch  die  Quelle  ihrer  Angaben  von  den  älteren, 
^agmentarischen  Uebertragungen  [deren  sich  Plato  u.  A.  m.  be- 
dienten] und  von  der  neuen,  durch  Demetrius  besorgten.  Es  ist 
auch  noch  sehr  die  Frage,  ob  eine  für  die  Königliche  Bibliothek 
angefertigte  Uebersetzimg  bei  den  jüdischen  Gemeinden  allgemeinen 
Eingang  gefunden  hätte,  was  denn  doch  unzweifelhaft  geschehen 
ist.  —  Mit  echter  Kritik  beleuchtet  Wellhausen  den  Zustand 
unsrer  Kenntniss  der  LXX  und  zeigt,  wie  sie,  trotz  Allem,  was 
noch  fehlt,  schon  jetzt  zur  Heilung  von  Entstellungen  des  hebräischen 
Textes  sehr  gut  zu  verwenden  sind.  Allerdings  fürchte  ich,  dass 
er,  von  seiner  Beschäftigung  mit  den  Büchern  her,  von  welchen 
dies  in  besonderem  Grade  gilt  (wie  Samuel),  den  Werth  der  LXX 


BibUographiBche  Anzeigen,  589 

in  dieser  Hinsicht  doch  etwas  überschätzt.  Die  grossen  Cor- 
raptionen  im  Hiob,  in  den  Psalmen  und  theilweise  auch  in  den 
Propheten  gehn  wohl  viel  höher  hinauf  als  die  Zeit  dieser  Alexandriner. 
—  Von  den  aramäischen  Uebersetzungen  behandelt  er  zuerst  die 
Peschita ;  zweckmässiger  wäre  diese  erst  nach  dem  ältesten  jüdischen 
Targum  besprochen,  aus  dem  sie  entsprossen  ist  Dass  Jacob  von 
Edessa  die  Peschita  in  die  Zeit  des  Königs  Abgar  und  des  Apostels 
Adai  verlegt,  hätte  kaum  erwähnt  werden  sollen.  Die  Edessenische 
Abgar-Legende ,  deren  ältesten  Text  wir  jetzt  vollständig  kennen, 
hat  ja  keinen  historischen  Werth,  aber  für  einen  Bischof  von  Edessa, 
dem  nie  ein  Zweifel  an  ihrer  Geschichtlichkeit  kommen  konnte, 
war  es  ganz  natürlich,  die  uralte  Kirchenübersetzung  mit  jener 
angeblichen  Bekehrung  in  Verbindung  zu  bringen.  Das  hohe  Alter 
der  Peschita  lässt   sich   aber   auch    sonst  beweisen.     Dieser  Name 

JA^^A^  ist  übrigens  nicht  erst  bei  Barhebraeus  zu  finden  (S.  602), 

sondern  schon  die  massorethischen  Handschriften  des  9.  und  10. 
Jahrhunderts  haben  ihn,  s.  Wiseman,  Horae  syr.  223;  Wright, 
Cat.  102  b.  An  beiden  Stellen,  wie  auch  Rosen-Forshall,  Cat.  24  a 
(Hdschr.  vom  Jahre  1203)  handelt  es  sich  allerdings  um's  N.  T. ; 
doch  ist  das  gewiss  Zufall.  Diese  Bezeichnung  kam  ja  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  zunächst  dem  A.  T.  zu,   denn  nur  bei  diesem 

erklärt   sich   der   Gegensatz  von  J^^N^^Qi  jK.rfc&v%  ixSoatQ  änXu 

zur  i^ankä  (hier  dem  syrisch-hexaplarischen  Text),  den  Field  er- 
kannt hat  Natürlich  kann  diese  Bezeichnung  erst  aufgekommen 
sein,  seit  man  neben  der  alten  noch  die  andre  syrische  üebersetzung 
hatte,  und  sie  wird  in  solchen  Gegenden,  wo  man  immer  nur  jene 
kannte,  wie  bei  den  Nestorianem,  wohl  nie  gebraucht  sein.  Dass 
die  syrischen  üebersetzer  im  Wesentlichen  unsem  massorethischen 
Text  benutzten,  und  zwar  zum  Theil  in  nicht  besonderen  Exemplaren, 
ist  so  gut  wie  sicher.  Bücksichtlich  der  Uebereinstimmung  mit 
den  LXX,  die  allerdings  in  verschiedenen  Handschrifken  verschieden- 
artig ist,  können  wir  eine  bedeutende  Correctnr  nach  den  LXX 
mit  grösserer  Bestimmtheit  behaupten,  als  Wellhausen  thut.  un- 
glücklich ist  seine  Vermuthung,  die  Peschita  beruhe  vielleicht  „auf 
einer  älteren  Üebersetzung,  die  in  den  Citaten  des  Aphraates  und 
Ephräm  vorliege,  und  revidire  dieselbe  in  der  Absicht,  strengeren 
Anschluss  an  den  hebräischen  Wortlaut  zu  erreichen"  (S.  602). 
Erstlich  haben  die  Textworte  bei  Ephraim  —  von  denen  die  aus 
Jacob  von  Edessa  erst  sorgfältig  auszuscheiden  sind  —  gar  keine 
besondere  Verwandtschaft  mit  den  zum  Theil  sehr  ungenauen  Ge- 
dächtnisscitaten  des  Aphraates,  so  dass  man  den  Text  dieser  Beiden 
als  eine  Einheit  dem  späteren  Text  gegenüberstellen  könnte.  Femer 
ist  eine  Bevision  der  syrischen  Bibel  nach  der  hebräischen  in  der 
Zeit  nach  Ephraim  völlig  undenkbar.  Die  Kenntniss  des  Hebräischen 
ist  eben  mit  der  völligen  Loslösimg  der  Edessenischen  Kirche  vom 
Judenthum    bei    den  Syrern   auf  immer  verloren  gegangen  (gegen 


590  Bibliographische  Anzeigen, 

S.  604).     Selbst  Jacob  von   Edessa,   ein  Mann   von  wissenschaft- 
lichem Eifer  wie  Hieronymus,  hatte  nur  einzelne  hebräische  Brocken 
gelernt;    er  kam    dadurch   freilich    in  den  Bof  grosser  hebräischer 
Gelehrsamkeit     Und   wie  wäre  es  zu  erklären,   dass    die   staatlich 
und  confessionell  gespaltenen  Syrer,  römische  und  persische  ünter- 
thanen,  Katholiken,  Monophjsiten  und  Nestorianer,   doch  alle  die- 
selbe   Bibel    haben,    wenn     diese    aus    einer    so    späten    Revision 
hervorgegangen    wäre?    —    Nicht    die   Abweichung   der   syrischen 
Psalmüberschrifben  von  den  hebräischen  musste  WeUhausen  (S.  601) 
hervorheben,    sondern  dass   die  Peschita  gar   keine  solche  üeber- 
schrifben  hat    Was  in  unsem  Ausgaben  über  den  einzelnen  Psalmen 
steht,  ist  späteren  Ursprungs,  den  Luther  sehen  Inhaltsangaben  ver- 
gleichbar,  daher   die   verschiedenen  Handschriften   hier  ganz  Ver- 
schiedenes bieten.     Man  vergleiche  nur  Lee's  Ausgabe  mit  Geriani's 
oder  der  von  Urmia  oder  auch  mit  den  Schollen  des  Barhebraeus 
(s.   literar.   Centralbl.    1878    6.  Juli    col.   872).     Dass   der    Ueber- 
setzer  die  Ueberschriften ,  auch  solche ,    die  ihm    verständlich  sein 
mussten,  wegliess,  ist  allerdings  von  Wichtigkeit     Vermuthlich  hat 
eben   dieser  Umstand   den  Syrer  Theodorus   von  Mopsuhestia  ver- 
anlasst,   die   Echtheit  jener   Ueberschriften   anzufechten.    —    Dass 
Ephraün    die  LXX  als   Originaltext  benutzt  habe,   ist   unmöglich: 
EphraYm  verstand  kein  Griechisch.     Auch  ohne  ein  äusseres  Zeug- 
niss    dafür  zu  haben,    wage  ich   die  bestimmte  Behauptung,    dass 
die  S.  604  citierte  Stelle,  wie  so  viele  andre  der  römischen  Aus- 
gabe, dem  Jacob  von  Edessa  gehört  —  Ueber  die  syrische  üeber- 
setzung   der  Chronik  wird  vermuthlich,  noch  ehe  diese  Zeilen  ge- 
druckt sind,  eine  fleissige  Arbeit  eines  Schülers  von  mir,  Dr.  Fränkel, 
erscheinen,    welche    auch    auf   deren   Verhältniss   zu   den  übrigen 
Theilen  der  Peschita  einiges  Licht  werfen  dürfte.     Ein  Zeichen  des 
Targumcharacters   ist   auch  wohl ,    dass    sich    1  Chron.  4, 4i   noch 
das  Objectzeichen  fc^  findet  (wonach  S.  582,  ii  zu  ergänzen).    Well- 
hausen  nimmt  Anstoss    an   meinen  Worten:    „Den   rein  jüdischen 
Charakter  zeigt  die  Stelle  1   Chron.  5,2,  wo  es  heisst:   ^aus  Juda 
loird  hervorgehn  der  König  Messias*^;    wer  diesen  Zusatz  gemacht 
hat,  für  den  war  doch  Christus  noch  nicht  gekonmien*^.     Man  muss 
aber  doch  annehmen,  dass  der,  welcher  solche  Worte  zu  dem  ein- 
fach   berichtenden    Text    hinzufügt,    sich    nicht    objectiv   auf   den 
Standpunct   des    Verfassers  versetzt,    sondern   von    seinem    eignen 
aus    schreibt    —    An    der   Behandlung    der   Targume   wüsste    ich 
nichts  von  Bedeutung  auszusetzen.     In  diesem  Abschnitt  wäre  wohl 
etwas  Literatur  nachzutragen,  z.  B.  über  die  Massora  zum  Onkelos 
und   über   das    samaritanische   Targum.     S.  600, 1 8   ist  das  „wohl* 
zu  streichen :  dass  bK'^snniöT  K^nryno  Dia'nn  nur  die  aram.  Original- 
stellen in  den  beiden  Büchern  bedeuten  kann,  ergiebt  u.  A.  schon 
das  Prädicat   D^^T^   n«   K72::73. 

Die   zweite  Abtheilung   dieses  Abschnitts   ist   betitelt:    ,Ver- 
such    einer   Rückwälzung    der  Textgeschichte**.     Auch    mit  dieser, 


BibUographUehe  Anzeigen,  591 

zum  Theil  ganz  originellen,  Darstellnng  kann  ich  mich  im  Ganzen 
und  Grossen  nur  einverstanden  erklären,  wenn  ich  gleich  in  den 
Einzelheiten  Manches  anders  ansehe.  Nach  Olshausens  und  La- 
garde's  Vorgang  legt  auch  Wellhausen  Nachdruck  darauf,  dass 
alle  jüdischen  Handschriften  des  A.  T.  auf  einen  einzigen  Arche- 
typus zurückgehp.  Dieser  ist  sicher  nicht  nach  kritischer  Aus- 
wahl oder  gar  Bearbeitung  zum  canonischen  Texte  bestimmt, 
sondern  man  nahm  dazu  irgend  ein  Exemplar,  das  sich  natürlich 
aus  mehreren  Handschrifken  zusammensetzte,  und  diese  Theile 
waren  von  sehr  ungleichem  Werth.  Die  Pharisäer  werden  durch 
dies  Verfahren  dem  Texte  immerhin  viel  mehr  genützt  als  ge- 
schadet haben,  denn,  wenn  so  auch  viele  alte  Lesarten  zu  Grunde 
gingen,  so  war  damit  doch  der  wilden  Wucherung  gesteuert,  und 
es  war  dafür  gesorgt,  dass  durch  die  folgenden  Stürme  hindurch 
wenigstens  ein  leidlicher  Text  gerettet  wurde.  Ich  bin  sehr  geneigt, 
anzunehmen,  dass  jener  Archetypus  zur  Seite  allerlei  Correcturen 
oder  Varianten  hatte,  und  dass  sich  diese  im  Kri  ^)  des  Randes 
erhalten  haben ;  namentlich  die  durch  keine  sprachliche  oder  sonstige 
Rücksicht  erforderten  Randlesarten  (wie  D**"'3y  für  D**i:5^  u.  s.  w.) 
sprechen  hierfür.  —  In  der  Geschichte  der  Punctation  (die  auch  von 
einigen  Rabbinern  des  späteren  Mittelalters  als  jünger  angesehen 
ward,  s.  Derenbourg,  Manuel  du  lecteur  S.  53  f.,  was  dem  Verdienst 
des  Elias  Levita  aber  keinen  Abbruch  thut)  ist  noch  Manches  dunkel. 
Für  jetzt  lässt  sich  jedoch  Wellhausen's  Darstellung  kaum  etwas 
erhebliches  hinzufügen.  Aber  protestiren  muss  ich  gegen  den  Vor- 
schlag (S.  615  Anm.  1),  das  ßckwa  quiescens  in  unseren  Drucken 
abzuschaffen  und  nur  das  Schwa  mobüe  stehn  zu  lassen.  Es  giebt 
ja  manche  Fälle,  in  denen  es  zweifelhaft  ist,  ob  wir  dieses  oder 
jenes  haben,  und  auch  da,  wo  ich  in  dieser  Hinsicht  völlig  sicher 
zu  sein  glaube,  hab'  ich  kein  Recht,  meine  Ansicht  ohne  Noth  in 
die  Urkunde  einzutragen  und  sie  Andern  aufzudrängen.  Dazu 
kommt,  dass  das  Sckwa  quiesc,  in  gewissen  Fällen  den  con- 
sonantischen  Werth  eines  N  anzeigt.  Liesse  man  das  Zeichen  unter 
dem  fc<  in  *TnN3,  DttJtjtia,  ^bfij;;  weg,  so  wären  die  Formen  ganz 
entstellt  und  jede  äpur  davon  verwischt,  dass  die  Massorethen 
hier  noch  Hamza  im  Silbenauslaut  anerkennen.  —  Die  Geschichte  der 
hebräischen  Schrift  giebt  mir  sodann  Veranlassung  zu  einer  persön- 
lichen Verwahrung.  S.  627  heisst  es  nämlich  von  der  semitischen 
Paläographie,  nachdem  vorher  nur  Barth^lemy,  Kopp  und  de  Vogüe 
genannt  sind:  „Die  deutschen  Hauptautoritäten  auf  diesem  Gebiete 
sind  gegenwärtig  J.  Euting  (Vf.  einer  mir  unzugänglichen  Schrift- 
tafel 1877  »))    und  Th.  Nöldeke   in  Strassburg".     Wenn   ich   mich 

1)  Eigentlich,  wio  bekannt,  "^li:;  <1ie  Form  i»t  Arninftisch. 

2)  Das  ist  auch  seltsam!  Wonn  Wellhaosen  nicht  anderweitig  erfahren 
konnte,  dass  sich  diese  Schrifttafel  in  Curtis'  Bearbeitung  von  Bickell's  hebrSischer 
Grammatik  befindet,  so  hätte  er  sich  an  Enting  selbst  wenden  sollen! 

Bd.  XXXII.  38 


« 


592  Bibliographiache  Anzeigen, 

gelegentlich  mit  semitischen  Inschriften  abgegeben  habe,  so  betraf 
das  fast  immer  nur  die 'Deutung,  nicht  die  Entzifferung,  und  durch- 
weg nur  solche,  deren  Schriftzüge  ziemlich  klar  sind.  Auf  M.  A. 
Levy's  Entzifferungstalent,  de  Vogü^'s  und  Euting's  scharfen  Sinn 
für  die  characteristischen  Formen  der  Buchstaben  kann  ich  durch- 
aus keinen  Anspruch  machen.  —  S.  630  f.  verth^idigt  Wellhansen 
wieder  die  falsche  Annahme,  die  Griechen  hätten  ihre  Buchstaben 
nicht,  wie  sie  selbst  angeben,  von  den  PhÖniciem,  sondern  von  den 
Aramäem  bekommen.  Diese  Meintmg  hat  ihre  einzige  Stütze  in 
dem  auslautenden  a  der  meisten  griechischen  Buchstabennamen. 
Aber  für  die  Griechen  wären  ja  cJiip  oder  oÜJf),  ßfiT  xl  s.  w. 
ohne  Anhängung  einer  vocalischen  Endung  entsetzlich,  kaum  aus- 
sprechbar gewesen.  Und  sie  sagten  doch  adv  ohne  Yer&ndemng, 
^Vf  vVj  gä  mit  Abwerfung  des  Auslauts,  was  tmdenkbar  wäre, 
wenn  sie  jene  Namen  in  der  Form  des  aramäischen  Stat.  emph. 
empfangen  hätten.  Nun  ist  es  aber  gar  nicht  einmal  wahrschein- 
lich, dass  die  Aramäer  in  so  alten  Zeiten  derartige,  als  Eigennamen 
zu  betrachtende,  Wörter  im  Stai  emph.  gesprochen  hätten.  Haben 
doch  auch  die  Syrer  später  einfach  ^v\  ,  ^dOO  n.  s.  w.  ganz  wie 

es  in  allen  jüdischen  Quellen,  sowohl  den  palästinischen,  wie  den 
babylonischen  tpp,  ^Tab  u.  s.  w.  heissi  Ich  möchte  grade  um- 
gekehrt behaupten,  dass  allerdings  die  uns  geläufigen  jüdischen 
Namensformen,  wie  sie  z.  B.  Eusebius,  Praep.  ev.  10,5  und  Hie- 
ronymus  (passim)  sowie  die  LXX  zu  den  Klageliedern  haben,  ara- 
mäischen Ursprungs  sind  gleich  der  QuadratschrifL  Denn  während 
hier  sonst  gar  keine  Unterschiede  sind  (bis  auf  Kleinlichkeiten  wie 

^j^   das   aus  nbn  entstanden  ist,  und  ^*^WY^  für'^iao^)),  nennen 

die  Juden  das  r  in  aramäischer  Weise  iD'^'n,  während  das  grie- 
chische QU)  auf  die  hebräische  (phönicische)  Form  ;ofc<n,  nSn  zurück- 
geht, die  allein  schon  genügt,  dem  kadmeischen  Alphabet  seine 
phönicische  Heimath  zu  sichern.  Die  „Aramäer  in  Kleinasien' 
müssen  überhaupt  erst  nachgewiesen  werden,  ehe  sie  etwas  er- 
klären sollen :  so  bedenkliche  Vermuthungen,  wie  Hitzig  s  Deutung 
von  ioQT^]  aus  einem  unerwiesenen  und  vielleicht  unrichtig  ge- 
bildeten Nn^5>5>,  «n^5>fc<  *)  können  diesen  problematischen  Ejdstenzen 

1)  Vgl.  Zfjra  j  das   etwa   ein  IT^T,   Fem.   von  "j^T   sein   mag.     Auf  einige 

spätere,  sehr  missliche  Belege  für  ein  solches  IT^T  (Lagarde's  Onom.  19,9  vgl. 
ICO,  4;  Wright,  Cat.  717  h)  mag  ich  mich  ahcr  nicht  berufen. 

2)  Dass  das  ^  in  n*!^!^  einem  fj:o  entspricht,  wofür  man  ein  aramfiiscbes 
y  annehmen  könnte,  bt  noch  nicht  sicher.     Die  Angaben  dos  Qämüs:   ^^^tv- 

L^  ^ü  xJIXj    .iC3£»   l-A^  ^1  HyCoc   genügen   noch   nicht   (^iLIt  .^1x31 

gehört  richtiger  zu  .  oc).  JiLl*\.  fr^D^^S^  sind  allerdings  huü  dem  Hebr. 
entlehnt. 


B^UographtMche  Anzeigen,  593 

nicht  aufhelfen.  —  Mit  Recht  behauptet  Wellhausen,  dass  in  den 
älteren  Büchern  des  A.  T.  einst  viel  weniger  Yocalbuchstaben  ge- 
schrieben waren  als  jetzt,  und  bei  der  nach  und  nach  geschehenen 
Einsetzung  der  maires  lectionM  mancherlei  Fehler  vorgekonunen 
sein  werden.  Doch  dürfen  wir  hier  auch  nicht  zu  weit  gehn. 
Die  regelmässige  Plenarschreibung  der  aus  au  und  ai  entstandnen 
Vocale  6  und  e  macht  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  Israeliten 
die  diphthongische  Aussprache  in  der  Zeit,  in  welcher  sich  ihre 
Literatur  entwickelte,  noch  besassen,  also  als  die  Moabiter,  nach 
ihrer  Schreibart  zu  schliessen,  sie  schon  verloren  hatten  >).  Aehn- 
lich  deutet  auch  die  etymologisch  richtige  Setzung  des  M  im  A.  T. 
darauf,  dasd  die  Hebräer  den  Hamzalaut  noch  in  weiterem  Umfange 
deutlich  sprachen  als.  die  Moabiter  und  die  Phönicier,  denn  niemand 
wird  voraussetzen,  dass  man  das  fit  in  Folge  sprachwissenschaft- 
licher Studien  in  einer  späteren  Zeit  wieder  in  die  Texte  eingesetzt 
habe,  nachdem  es  einmal  ausser  Gebrauch  gekonmien  war,  während 
es  nachher  wohl  einmal  geschehen  konnte,  dass  man  ein  jetzt  nur 
noch  6  oder  i  gesprochnes  au  oder  ai  und  ein  fcbr  die  Aussprache 
verlornes  M  ausliess,  wie  man  umgekehrt  zweilen  auch  ein  ur- 
sprünglich kurzes,  jetzt  gedehntes  o  durch  ein  i  ausdrückte.  Dass 
die  Hebräer  in  alteren  Zeiten  hä,  tö*i  und  gar  *nn  für  rr^a,  öN'i, 
^Kn  geschrieben  haben,  ist  fast  undenkbar.  Wäre  für  ^to  und 
^13  gleichmässig  ^3  gesetzt,  so  hätten  wir  gewiss  noch  weit'mehr 
Verwechslungen  derselben  als  jetzt  (z.  B.  Jer.  2,  is)  %  Man  muss 
sich  hüten,  aus  Sprache  und  Orthographie  der  Mesa-Inschrifb  zu 
weit  gehende  Polgerungen  auf  Schrift  und  Sprache  des  A.  T.  zu 
ziehn.  Auch  sonst  kann  ich  Wellhausen's  sprachlichen  und  ortho- 
graphischen Ansichten  sowohl  hinsichtlich  der  moabitischen  In- 
schrift wie  des  A.  T.  nicht  immer  beistimmen.  So  halte  ich  es, 
umgekehrt  wie  er,  für  sehr  fraglich,  ob  in  der  alten  Sprache  das 
n   des   Hiphil   und  Niphal   nach   b  je  wirklich  weggefallen  ist '). 


1)  In   tlb^b  ist   der  Diphthong  ja  noch   in   der   massoreth.  Tradition  an- 
erkannt, während  Mesa  nach  der  berichtigten  Lesart  schon  Slbb  lelä  hat. 

2)  Eine   Gewähr   dafiir,    dass    die   mit   der    Etymologie    übereinstimmende 

Setzung  des  M  wirklich  die  Aussprache  wiedergab,  haben  wir  darin,  dass  nebiA 
^TSN-^,   ^72Nn,   bD«n   u.  8.  w.  die  erste  Person  ^»i^  (seltner  ^?3-|N),   n^W«, 


>  >  i. 


bDK,   nbtSK  geschrieben  wird,  nicht   ^73KK  n.  s.  w.     Wie   im  Arab.  J^Li, 

Jk^L)    mit  Hamza,   aber  J^t  mit  langem  d  ohne  Hamza  gesprochen  ward,  so 

war  auch  im  Hebr.  schon  zu  einer  Zeit,  in  welcher  das  fi<  im  Silbenauslaut  noch 

consonantisch  war,  die  Auflösung  doch  nöthig,  wenn  die  Silbe  auch  mit  M  an- 
lautete; diesen  Zustand  drückt  die  Schrift  aus;  keine  spätere  Qelehrsamkeit  hätte 
ihn  restituieren  können. 

3)   Der  auch  von  Wellhausen  getheilten  Ansicht,  dass  in  133^^1  der  Mesa- 
Inschrift  ein  radicales  1  sei,  halte  ich  immer  wieder  entgegen,  daas  der  Sprach- 

3ö* 


594  BibliographiBohe  Ansieiffen. 

Aber  das  glaube  ich  allerdings,  dass  z.  B.  die  ürbandschrift  des 
Jesaia  mancherlei  orthographische  Abweichungen  vom  jetzigen  Text 
zeigen  würde,  und  dass  das  Lied  der  Debora,  in  seiner  Sltesten 
Gestalt  niedergeschrieben,  nicht  bloss  statt  der  zum  grossen  Tbeil 
völlig  tmverständlichen  jetzigen  Lesarten  die  richtigen,  sondern 
auch  viel  alterthümliche  Sprachformen  ergeben  würde.  Und  voll- 
kommen billige  ich  den  Ausspruch  (S.  636  f.) :  »Geht  man  von  den 
hier  dargelegten  Anschauungen  aus,  so  übt  es  fast  eine  komische 
Wirkung,  wenn  Nin  =  «•»M  fttr  die  Authentie  oder  das  hohe  Alter 
des  Pentateuchs  oder  n'^ii  für  die  Busticit&t  des  Arnos  angefahrt 
wird**  *).  Aber  immerhin  zeigt  uns  die  Vergleichung  des  jüdischen 
mit  dem  samaritanischen  Pentateuch,  dass  die  Festsetzung  der 
jetzigen  Orthographie  bis  gegen  die  Zeit  Esra's  hinangeht,  dass 
also  die  jüngeren  Schriften  des  A.  T.  in  dieser  Hinsicht  keine 
grossen  Aenderungen  werden  erfahren  haben.  —  Vortrefflich  redet 
Wellhausen  dann  weiter  über  andre,  eingreifendere,  theils  ziemlich 
willkürliche,  theils  absichtliche  Veränderungen,  die  der  Text  er- 
fahren hat  Das  betrifft  freilich  die  verschiedenen  Theile  des  A.  T. 
in  sehr  verschiedenem  Maasse,  am  wenigsten  von  den  grösseren 
Büchern  wohl  den  Pentateuch  nach  dessen  Abschluss ,  am  meisten 
vielleicht  den  Psalter.  Auch  die*  kleinen  Abänderungen,  welche 
religiöse  Anstösse  wegschaffen  sollten,  bezeichnet  Wellhausen  mit 
Recht  als  „die  letzten  Ausläufer  der  grossen  Bearbeitung,  wodurch 
die  altisraelitische  Volksliteratur  auf  Grund  des  deuteronomischen 
und  priesterlichen  Gesetzes  für  die  Zwecke  der  Gemeinde  des 
2.  Tempels  adaptiert  wurde"  (S.  648)  *).  Es  ist  ein  wahres  Glück, 
dass  die  Umarbeiter  von  Alters  her  nie  so  systematisch  verfahren 
sind,  dass  sie  ihre  Thätigkeit  selbst  durch  ihre  Resultate  völlig 
verdeckt  haben:  wenn  wir  auch  durchaus  nicht  im  Stande  sind, 
die  Gestalt  der  älteren  israelitischen  Literaturwerke  nach  allen 
Umänderungen  positiv  wiederherzustellen,  wir  erkennen  doch  über- 
all noch  die  Spuren  und  Reflexe  älterer  Zustände,  Anschauungen 
und  Sprache. 

Bleek  hatte  sein  Buch  mit  langen  „Vorbemerkungen"  ver- 
sehen. Von  diesen  hat  Wellhausen  die  Erörterungen  über  die 
semitischen  Sprachen,  die  in  ein  solches  Buch  nicht  gehören,  weg- 
gelassen und  die  ausführliche  Geschichte  der  Erklärung  des  A.  T. 

gobrauch  bior  das  Picl  vorlangt,  höclistcns  das  lliphil  zulüHst,  und  dass  die  Bc- 
walirung  des  radicalcn  Wau  ausserhalb  des  Qal  gegen  Allo^  verstösst,  was  wir  vom 

Ilobr.,   Aram.   und  Arab.   wissen.     Also   mnss    das   1    hier   das  Objoctsuffix    aus- 
drücken. 

1)  Auch  mit  den  anderen  Spuren  mangelnder  Bildung,  welche  man  seit 
Hieronymus  bei  Amos  hat  finden  wollen,  steht  es  nicht  besser. 

2)  Das  llauptverdienst,  dieser  Anschauung  Bahn  gebrochen  zu  haben,  ge- 
bührt Geiger.  Wellhausen  hat  die  Uobertreibungon  Geigers  bei  Soitt^  gelassen, 
was  hier  viel  leichter  war  als  bei  den  Pharisäern  und  Sadducäeni,  über  die  er, 
nach  Derenbourg's  Vorgange,  zuerst  ganz  klar  und  scharf  geurtheilt  hat. 


Bäfliographische  Anzeigen.  5DÖ 

durch  eine  nur  wenig  Seiten  starke  „kurze  IJebersicht  über  die 
Geschichte  der  ATlichen  Wissenschaft"  ersetzt,  die  er  als  An- 
hang giebi  Wem  es  um  ein  vollständigeres  Verzeichniss  der 
Literatur  zu  thun  ist,  der  kann  ja  jetzt  bei  Diestel  mehr  finden, 
als  er  braucht  Vielleicht  konnte  Wellhausen  hier  noch  weiter 
gehen.  Wenn  der  vortreffliche  letzte  Paragraph  grade  durch  die 
Nichterwähnung  mancher  vielgenannter  Gelehrten  characteiistisch 
ist,  so  durfte  wohl  auch  für  eine  ältere  Zeit  neben  den  grossen 
Namen  Bochart,  Simon  u.  s.  w.  dieser  und  jener  für  seine  Periode 
ganz  verdienstvolle,  für  uns  aber  gleichgültige  Mann  übergangen 
werden,  der  §  305  noch  genannt  wird. 

Strassburg  i.  E.  .        Th.  Nöldeke. 


Le  Papyrus  fun^raire  de  Soutim^s^  d^aprka  un  exempUwre 
hiSroglyphtque  du  Livre  des  moris,  (»ppartenanl  h 
la  liibliothkque  nationale^  reproduü,  traduit  et  commentS 
par  MM.  P.  Ouieysse  et  E.  Lef4bure.  Paris,  Ernest 
Leroux  MDCCCLXXVII. 

Die  ägyptischen  Todten  stehen  nach  und  nach  aus  ihren 
Gräbern  auf  und  tragen  uns  in  zahlreichen  Varianten  das  grosse 
Epos  des  zukünftigen  Lebens  vor.  Allbekannt  ist  die  Herausgabe 
des  Aufanch-Papyrus  durch  R.  Lepsius.  Während  aber  die  gelehrte 
Welt,  mit  leicht  zu  begreifender  Ungeduld,  die  vollständige  Ueber- 
tragung  davon  ins  Deutsche  erwartet,  bemühen  sich  auch  weniger 
bekannte  französische  Gelehrte  die  ältesten,  aber  besonders  sorg- 
fältig auf  Papyrus  geschriebenen  hieroglyphischen  Texte  des  Todten- 
buchs  nicht  nur  mit  schöner  Ausstattung  im  fac-simile,  sondern 
zugleich  mit  einer  Uebersetzung  imd  Anmerkungen  herauszugeben. 
Kaum  war  der  prächtige  Neb -Qed- Text,  das  posthume  Werk 
Deveria's,  mit  seiner  gelungenen  „Introduction  mythologique"  und 
der  Uebersetzung  des  Herrn  P.  Pierret  ans  Licht  getreten,  so 
beeilten  sich  schon  andere  Aegyptologen ,  die  HH.  P.  Guieysse  in 
Paris  und  E.  Lef^bure  in  LiUe,  ihr  Wissen  und  die  sichere  Kimst- 
fertigkeit  ihrer  nachbildenden  Hand  im  Dienste  der  Gelehrtenwelt 
der  Veröffentlichung  und  Uebersetzung  eines  zweiten  Todtenbuchs 
aus  verhältnissmässig  früher  Zeit  zuzuwenden.  Es  ist  dies  der  dem 
Priester  imd  Altar- Obersten  in  Aptu,  dem  Obersten  der  Schriften 
des  Tempels  des  Amon  zu  Theben  Suitmes,  mitgegebene  Papyrus, 
dessen  Besitzer  auf  seinem  im  Louvre  conservirten  Sarkophag 
auch  „Vorsteher  der  Arbeiten  an  allen  Bauten  des-  Amon  von 
Kumak,  des  Her-Jiunsu  sowie  sämmÜicher  Götter  der  Thebais  und 
des  oberen  und  unteren  Aegyptens"  genannt  wird.  Das  Original 
ist  im  Besitz  der  National-Bibliothek  in  Paris.  Es  hat  vor  den 
meisten  andern  Documenten  dieser  Art,  namentlich  vor  dem  des 
Neb-Qed    den  gi'ossen  Vortheil  voraus,   beinahe  keine  Lücken  zu 


596 


Bibliographisehe  Anzeigen. 


bieten.  Nur  ein  einziges  Zeichen  ist  yerwischt  (Blatt  XXII,  Zeile  1 IX 
und,  sonderbarer  Weise,  ein  zweites  vom  Schreiber  selbst  vergessen 
oder  willentlich  übergangen  worden  (Bl.  XXI,  Z.  5). 

Nach  verschiedenen  Andeutungen,  unter  Andern  auch  nach 
der  Art  der  Färbung  des  im  Louvre  aufbewahrten  Todtenkastens 
des  Sutimes  zu  schliessen,  lebte  dieser  Priester  in  dem  Zeiträume 
zwischen  der  XIX.  und  der  XXI.  Dynastie. 

Im  Vergleich  mit  dem  Turiner  Todtenbuch  ist  das  neu  heraus- 
gegebene wie  alle  aus  der  thebanischen  Periode  betr&chtlich  kürzer. 
Wenn  dasselbe  einerseits  mit  der  im  ersteren  fehlenden  Anrufung 
des  Osiris  anfUngt,  so  enthält  es  andererseits  nur  19  Kapitel,  die 
keineswegs  durchgängig  mit  den  entsprechenden  des  weit  voll- 
ständigeren Aufanch-Papyrus ,  der  165  Kapitel  enthält,  überein- 
stimmen, und  bietet  darum  den  Aegyptologen  willkommene  Gre- 
legenheit,  ihren  textkritischen  Scharfsinn  zu  bewähren. 

Folgende  Doppeltabelle  wird  veranschaulichen,  in  wie  ver- 
schiedener Folge  die  einzelnen  Kapitel  in  beiden  genannten  Do- 
cumenten  eingeführt  werden: 


Pap.  Sutimes       Pap.  Aufanch 

Anfangsgebet             (fehlt) 

Kap.  I 

—  Anfang  XVH ») 

.  n 

—  Ende  XVm 

.  m 

—  I 

n   IV 

=  Lxvm 

.    V 

—  IiXXXTX 

«    VI 

—  xcn 

,  vn 

—  Lxm 

.  vm 

=  cv 

n   IX 

—  Theü  von  XLÜ 

mit  Titel  von  XLI 

Pap. 

Sutimes 

Pap.  Aufanch 

Kap 

X 

= 

XXVI 

» 

XI 

LXIV(Kol.34-36) 

1» 

xn 

xxn 

ff 

Xlll 

— . 

V 

ff 

XIV 

Lxvn 

ff 

XV 

— 

LXI 

ff 

XVI 

1 

liXXIX 

ff 

xvn 

cxxv 

ff 

xvni 

, — 

ex 

ff 

XTX 

CXLIX 

1p 

1)  Diosos  XVII.  Kapitel  fordert  zu  einer  Vorgloichung  mit  der  von  Lepsiuä 
(Aeltoste  Texte  dos  Todtenbnchs  S.  46)  hergestellten  ursprünglichen  Form  der 
ersten  Hälfte  des  besagten  Kapitels  auf.  Im  Sutimes-Papyrus  sind  —  der  von 
den  älteren  Schreibern  angenommenen  Weise  gemäss  —  die  in  den  Text  ein- 
geschobenen Glossen  und  Kommentare  meist  mit  rother  Tinte  geschrieben.  Die 
französischen  Uebersotzer  haben  dieselben  in  gesperrter  Schrift  wiedergegeben, 
so  dass  man  sie  leicht  bei  Seite  lassen  und  folgende  Parallele  zwischen  beiden 
Texten  aufstellen  kann: 


1)  nach  Lepsius: 


Ich  bin  Tum,  ein  Wesen  das  ich  als 
eines  bin. 

Ich  bin  Ka  in  seiner  ersten  Herr- 
schaft. 

Ich  bin  der  grosse  Gott  existirend 
von  selbst 

u.  s.  w. 


2)  nach   dem  Papyrus    des  Sntimcs: 

Dies  sind  die  Worte  des  Herrn  aller 
Dinge : 

Ich  bin  Tum,  indem  ich  einzig  oxistire 
im  Nun. 

Ich  bin  Ka  bei  seinen  Aufgängen,  am 
Anfang  der  Herrschaft  die  er  ge- 
gründet hat. 

Ich     bin    der    grosso    Gott    existirend 
durch  sich  selbst 
u.  s.  w. 


Bibliographische  Anxeigen,  597 

Ein  besonderes  Interesse  bietet  femer  dem  Aegyptologen  ein 
Anbang,  in  welcbem  durcb  Herrn  Leföbure  mehrere  der  im  Todten- 
buch  vorkommenden  Zeichen  und  Gruppen  sprachlich-kritisch  und 
historisch'  beleuchtet  werden:  1)  Das  oft  besprochene  Maseru, 
zuerst  durch  ^gerechtfertigt*  wiedergegeben  und  von  neueren  Ge- 
lehrten, denen  der  Verfasser  beistimmt,  durch  ,,wahrhafkig*  über- 
setzt. 2)  Das  Sen-t  oder  „Damenspiel*',  in  welchem  H.  Leföbure 
astronomische  und  mythologische  Beminiscenzen  findet.  3)  Die 
Mea-U'betesdi  oder  Verwirrungsstifter,  auf  Seti's  I.  Sarkophag 
als  Schlangen  dargestellt,  die  den  Apap  begleiten,  scheinen  blos 
mit  demselben  die  finstem,  der  Sonne  feindlichen  Wolken  dar- 
zustellen, ohne  weiteren  metaphysischen  Sinn.  4)  Als  Aequivalent 
des  Xeper-Uaef  wird  die  bekannte  Uebersetzung  ,Existirend  durch 
sich  selbst*'  angenommen.  5)  Der  Ran  und  der  Ka-Ran  bezeichnet 
den  „Namen"  und  im  weiteren  Sinn  die  „Person*  und  die  „Seele*. 
Dieser  Ausdruck  wechselt  oft  mit  Ka,  die  „Wesenheit*,  und  er- 
innert dann  an  den  römischen  Genius,  den  persischen  Feruei; 
6)  Teschtesch  bezeichnet  den  „zergliederten*  Osiris.  7)  Das  Tat^ 
von  den  Einen  als  Nilmesser,  von  den  andern  als  ein  aus  vier 
JDischflächen  bestehender  Altar  angesehen,  ist  eigentlich  das  Rück-  • 
grat.  8)  Das  ütd  oder  göttliche  Auge  oder  Licht,  ein  astro- 
nomisches Symbol.  9)  Das  M  wird*  gegen  Naville  für  eine  Par- 
tikel der  Verneinung  erklärt.  10)  Ueber  die  mit  ThoÜi  verwandte, 
aber  von  demselben  verschiedene  Gottheit  Astes,  11)  Der  mit 
Sut-as  wechselnde  Ausdruck  Tut-as,  Endlich  12)  Erörterung  über 
die  göttlichen  Personen  und  den  ägyptischen  Pantheismus.  *) 

Strassburg. 

L.  Leblois. 


J.  Kosut,  Fünf  Sireitfragen  der  Bofrenser  und  Küfenser 
über  die  Abwandlung  des  Nomen  aus  Ihn  el-Anbdri's 
Küdb  al-insdf  Wien,  1878.  94  Seiten.  Gr.  8.  (Aus 
den  Sitzungsberichten  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften.) 

Hiermit  bietet  der  Herausgeber  die  Probe  einer  Ausgabe,  die 
er  beabsichtigt  und  die  hoffentlich  in  nicht  zu  femer  Zeit  zur 
Wirklichkeit  werden  wird.  Die  von  ihm  ausgewählten  Stücke, 
die  Fragen  2,  3,  110,  4  und  69  des  ganzen  Werkes,  zusammen 
mit  den  in  der  Chrestomathie  von  Girgas-Rosen  S.  435  ff.  publicirten 


1)  Es  bt  dieses  Work  gewiss  jedes  Lobes  würdig;  doch  erlauben  wir  uiis 
zu  fragen :  wäre  es  schon  bekannten  Todtenbuch-Kapitohi  gegenüber  nicht  mehr 
am  Platze,  blosse  Variantensammlungon  zu  veröffentlichen,  als  neue  kostbare 
Ausgaben  zu  veranstalten?  D.  Bed. 


598  Biblioyraphüiche  Ansscigen. 

Fragen  5,  9,  18,  34  (wegen  meiner  abweichenden  Numerirang  vgL 
unten)  genügen,  dem  Arabisten  die  höbe  Wichtigkeit  des  Weikes 
darzuthnn,    wenn   er    Geschichte   der   arabischen  Gramznatik  nicht 
blosse  Aufzählung  von  Namen  nennt,  sondern  den  Versuch  machen 
will,   eine   innere  Entwicklung   dancustellen ,   die  fireilicb  gar  bald 
zum  Stillstand  kam  und  unter  Ueberwiegen  der  Basrenser  Puristen 
in  feste  Formeln   der  grammatischen  Erkeimtniss   endete,  wie  sie 
in  unzähligen  grossem  und  kleinem  Werken  mehr   oder  weniger 
scharf  bis  heute  wiederholt  worden  sind.     Aber  die  alten  Schulen 
von  Al-Basra   und   Al-Küfah   haben  den  ersten   Versuch   gemacht, 
die  Gesetze  der  Sprache  nach  ihrer  etymologischen  wie  syntaktischen 
Seite  hin  zu  ergründen  und  die  vielartigen  Erscheinungen  principiell 
zu  erklären,  und  haben  sich  dabei  von  ihren  verschiedenen  Stand- 
punkten aus  heftig  befehdet.   Diese  Fragen  werden  in  allen  Schriften 
über  Grammatik  gelegentlich  berührt;  aber  eine  zusammenhängende 
Darstellung   wenigstens    der   wichtigsten   und  bekanntesten   Streit- 
fragen   zwischen  Al-Basrah   und  Al-Küfah   ist  uns  nur  in  Ihn  Al- 
'Anbäri's    Werk    erhalten.      Zu    einem    gedeihlichen    Resultat    hat 
freilich   der   Kampf  nicht   geführt,    weil   man   es  beiderseits  nicht 
.  versuchte,    die    Sprachgesetze    aus    der   Sprache   selbst    abzuleiten, 
sondern  mit  fertigen  Axiomen  an  die  Erscheinungen  herantrat  xaxS 
dieselben  unter  jene  zu  subsumiren  suchte.     Jedenfalls  hat  aber  der 
Streit   den   Erfolg  gehabt,   dass    der   Thatbestand  des   Arabischen 
uns   auf  das  Genaueste   bekannt  geworden  ist.     Es  wird  nun  eine 
lohnende  Aufgabe  sein,  diese  allgemeinen  Gesichtspunkt«  und  Begeln, 
wie  sie  hier  in  den  einzelnen  Fragen  angewandt  erscheinen,  wieder 
herauszuschälen   und   im    Zusammenhang    darzustellen,    ich    meine 
damit  Fragen   über   das  Verhältniss   vom  grammatischen  *Asl  und 
Far*,    des  *Amil  zum  Ma'mül  u.  s.  w.     Aehnliches  hat  gewiss  Ihn 
al-'Anbari   selbst   in    seinen  bei  KoSut  S.  4.  5  Anm.    aufgeführten 
Schriften  3,  10  und  20  behandelt,  desgleichen  As-Sujüti  in  dem  von 
Sprenger  ZDMG  XXXII,  5    nach  Loth  genauer  betrachtet^jn  Werk. 
Der  Geist,  der  stets  verneint  oder  wenigstens  verneinen  möchte, 
eine    „berechtigte   Eigenthümlichkeit"    aller   Semiten,   hat   zu  jener 
spitzfindigen   Dialektik   gefühlt,    die  in  allen  ihren  Wissenschaften 
und   auch   in  ihrer  Behandlung   der  Sprache  eine  so  grosse  Rolle 
spielt   und    selbst   alle  Nichtsemiten ,    die   an  dem  Ausbau  speciell 
arabischer  Wissenschaft  Theil  nahmen  —  gerade  unter  den  Gnim- 
matikera  sind  eine  Reihe  der  AUerhervorragendst^n  nicht  iirabischer 
Abkunft  —    in   ihren  Bami   geschlagen    hat.     So  scheinen  manche 
Fragen  lediglich  als  Schulfragen  zur  Disput^ition  aufgestellt  zu  sein, 
muncntlich    ein  Theil   der   Fragen,    die    sich   auf  Woiistellung  be- 
ziehen.    Hier    ist  ja    der   gesprochenen  Rede   unter   Zuhülfenahme 
von  Ton  und  Geste  gar  manche  Inversion  möglich,  die  geschrieben 
mindestens    undeutlich    wäre  und  in  diesen  Fragen  wird  besondoi-s 
oft  das  blosse  luiismü*  ins  Gefecht  geführt.    Ein  Streben  nach  Unter- 
scheidung auch  in  Unwichtigem  zeigt  die  verschiedene  Terminologie, 


BibUograpJiigche  Anzeigen,  599 

Die  Schärfe  der  Dialektik  ist  in  vielen  Fragen  bewundernswerth 
und  viele  Erscheinnngen  der  Syntax  lernt  man  unter  diesem  Kreuz- 
feuer von  Grund  imd  Gegengrund  genauer  erkennen.  Am  schwächsten 
zeigt  sich  der  Streit  auf  dem  Gebiet  der  Etymologie,  wo  eben 
ohne  Sprachvergleichung  ein  Resultat  nicht  oder  nur  zuHillig  zu 
erreichen  war. 

Die  Behandlungsweise  Ibn  Al-'Anb&rfs  ist  die,  dass  er  bei 
jeder  Frage  die  Ansichten  der  Eüfenser,  dann  der  Basrenser  kurz 
angiebt,  imd  nach  ihnen  die  etwaigen  abweichenden  Einzelmeinungen. 
Darauf  folgt  die  eingehende  Begründung  der  Ansichten  in  derselben 
Reihenfolge  wie  bei  der  zusammenfassenden  Ueberschrift ,  wobei 
die  Einzelansichten  gewöhnlich  gleich  in  Kürze  widerlegt  werden. 
Endlich  folgt  ausführliche  Widerlegung  der  Seite,  der  Ihn  Al-'Anb&rt 
nicht  beitritt  In  der  Regel  steht  er  auf  Seite  der  Basrenser,  abei* 
auch,  wie  bei  Frage  10,  18  u.  s.  w.,  auf  der  der  Küfenser.  — 
Die  Mittheilungen  von  Girgas-Rosen  und  KoSut  zeigen,  dass  eine 
Ausgabe  auf  Grund  des  einen  Leydener  Codex,  der  ein^n  guten 
Consonantenbestand  hat,  geleistet  werden  kann.  Aber  freilich  würde, 
namentlich  mit  Rücksicht  auf  die  zahllosen  Belege  aus  Dichtem, 
eine  zweite  Handschrift  die  auf  die  Arbeit  zu  verwendende  Zeit 
wesentlich  verkürzen,  und  da  dermalen  eine  Collation  in  Constanti- 
nopel  leichter  als  im  Escorial  zu  erreichen  ist,  lohnt  es  sich  der 
Mühe,  der  Angabe  von  einer  in  Constantinopel  vorhandenen  Hand- 
schrift nachzugehen. 

Kosut's  Arbeit  ist  eine  sehr  fleissige;  eine  wörtliche  Ueber- 
setzung,  natürlich  eine  auch  ohne  das  arabische  Original  verständ- 
liche, hätte  wohl  zu  einer  noch  genauem  Auffassung  geführt,  als 
sie  hie  und  da,  z.  B.  S.  56,  in  der  periphrasirenden  Behandlung 
vorhanden  scheint.  Im  Ganzen  genügt  sie  aber  zum  Verständniss 
des  oft  schwierigen  Textes.  Ref.  hat  das  Leydener  Manuscript 
seiner  Zeit  excerpirt  und  ist  in  der  Lage,  einige  kleine  Be- 
richtigungen nachzutragen.     S.  8,  3  fehlen  nach  ».AaAJi  die  Worte: 

öyaJi  ^\  Aiyüt  J^t  w^ joo  ^  ^aIx:  v^il  Lo  ^ .    —    Es    sind 

nicht  IIG,    sondern    118    Fragen,    denn    es  fehlt  nach  nr.  57  die 

folgende:    ^-m^  ^/>  J.^!  u\J  ^yi  j  j.iJt  J^l  ^!  ^^^1  ^^ 

Imgleichen  ist  nach  no.  58  (KoSut)  nachzutragen:    ..^^o^Xi!  v^.^3 

,.,  •.j.A^J!  ^^^3»  .juiJl  »...AiaJ  (so  Rand  st.  -^vj!  im  Text)  .jüäÜ 
*!j>Ut  ui^.  o-iiit  .^oü  ,i5Jo  ;  ^Xi  :i  ^il    Jl .  —  S,  38  Anm.  Z.  6 


gOO  BibUographi9ehs  Arueigen. 

1.    JL:?VjüI  .  —  S.  41  und  42  Anm.     Der  Dichtername  ist  mir  nur 

als  Ibrahim  ihn  Harmah  vorgekommen.  —  S.  43  u.  44  (=  Text  77) 
beginnt  77,  i  ganz  richtig  der  L^bä*  des  Kasrah  und  musste  dem- 
nach S.  43  vor  Z.  1  stehen :  Zur  Sättigung  des  Kesra ,  nicht  erst 
44,  4.     Die   beiden  Beispiele   haben  ihre  volle  Richtigkeit  mit  der 

Lesung  des  Leydener  Codex:  JUa^  und  ^^U^a^.  ^waa^  ersten 
vgl.    Lane    unter   J  t  ^;    das   Beispiel   bezieht   sich   also   auf  die 

Dehnung  ^U^  aus  v3U^;    die  Variante     Ju^  führt  auch  AM- 

wardty  sechs  Dichter  S.  80,  Z.  2  v.  u.  an,  nur  hatte  das  Hamzah 
wegzubleiben.     Im   zweiten   Fall  liegt   die  alte  Masdarform  ^Ijua 

vor  (s.  Wright's  Arabic  Granmiar  I,  133,  is),  also:  «Ich  kann  mich 
nicht  mehr  der  Zeit  des  Kämpfens  (mit  Lanzen)  erinnern  (habe 
keine  Vorstellung  mehr  davon),  ich  bin  (alt  geworden  und  darum 
unbrauchbar  und  werthlos)  wie  ein  abgenutzter  Schlauch*^.  —  Im 

Uebrigen  verlangt  das  Metrum  juia^  und  ^JlJI  (st     JuJl). 

Möge  es  dem  Verfasser  gelingen,  bald  mit  einer  ersten  Lieferung 
vom  ganzen  Werke  hervorzutreten. 

Heidelberg. 

H.  Thorbecke. 


Berichiignugeu. 

Bd.  XXXI  S.  745  ist  bei  Leaf  jahoo  avood  na*)  zu  streichen. 
Bd.  XXXII  S.  615  Z.  26  Uos;  lier  Götter. 


Hlttheilung. 

Während  dieses  Sommers  habe  ich  auf  dem  Kirchhofe  bei 
Tschufutkale  in  der  Krim  Ausgrabungen  vorgenommen,  um 
die  Angaben  des  Karäers  A.  Firkowitsch  über  die  daselbst 
sich  findenden  Grabschriflen  zu  verificiren.  Ich  fand  diese  An- 
gaben, soweit  ich  sie  untersucht  habe,  abgesehen  von  einigen  un- 
wesentlichen Versehen  und  kleinen  üngenauigkeiten,  in  allen  Haupt- 
sachen vollkommen  richtig. 

Da  behauptet  wurde,  dass  es  auf  jenem  Kirchhofe  keine 
einzige  Inschrift  gebe,  welche  der  Zeit  vor  dem  XIII.  Jahr- 
hundert angehört,  habe  ich  mein  Augenmerk  vorzugsweise  auf  die 
Inschriften  gerichtet,  welche  nach  F.  den  ersten  XIL  Jahrhunderten 
n.  Chr.  angehören.  Solche  Inschriften  theilt  F.  271  mit,  von  denen 
8  im  Originale  imd  75  in  Papierabdrücken  sich  hier  befinden. 
Von  diesen  271  Inschriften  habe  ich  98  aufgefunden  tmd  unter- 
sucht. Von  diesen  von  mir  untersuchten  98  Grabschriften  finden 
sich  hier  7  im  Original  und  37  in  Papierabdrücken;  von  den 
übrigen  54  Grabschriften  hatte  man  bis  jetzt  nur  die  von  F.  mit- 
getheilten  Copien. 

Ich  constatire  zunächst  auf  das  bestimmteste,  dass  die  nach 
F.  älteren  Grabsteine  sowohl  durch  ihre  äussere  Form,  als  auch 
durch  den  Schriftcharakter  sich  so  auffallend  von  den  jüngeren 
und  jüngsten  unterscheiden ,  dass  selbst  meine  Arbeiter  nach 
einigen  Tagen  den  Unterschied  nach  der  äusseren  Form  heraus- 
finden konnten.  Was  aber  den  Schriftcharakter  anbetrifit,  so 
können  selbst  Solche,  welche  kein  hebräisch  lesen  können,  den 
Unterschied  der  Schrift  in  den  nach  F.  alten  Steinen  von  denen, 
welche  nach  demselben  dem  XV.  und  XVI.  Jahrhundert  angehören, 
herausfinden.  Die  entgegengesetzte  Behauptung  muss  ich  als  eine 
Unwahrheit  bezeichnen.  Die  gute  oder  schlechte  Conservierung 
der  Inschriften  hängt  fast  ausschliesslich  davon  ab,  ob  sie  der 
Luft  ausgesetzt  sind,  oder  nicht.  Ich  fand  ziemlich  viele  In- 
schriften, deren  obere,  der  Luft  ausgesetzte  Zeilen  fast  völlig 
zerstört,  während  die  unteren,  mit  Erde  bedeckten  Theile  vor- 
trefflich erhalten  sind. 

Es  wurde  behauptet,  dass  die  Grabsteine  mit  dem  Datum 
i:nib:ib  theils  Fälschungen  sind,  theils  überhaupt  gar  nicht  existiren. 


Ich  bringe  das  Original  einer,  in  einer  tiefen  Nische  ein- 
gegrabenen Inschrift  mit  dem  Datum  irmbab  hteh.  Dieser  Stein, 
dessen  Existenz  geleugnet  wurde,  war  tief  in  der  Erde  vergraben 
und  ich  fand  ihn  durch  einen  glücklichen  ZufalL  Ich  bringe 
femer  einen  Papierabdruck  vom  Grabstein  N.  3  mit  dem  Datum 
'ibab  Nbüh.  Auch  die  Existenz  dieses  Steines,  von  dem  F.  keinen 
Papierabdruck,  sondern  nur  ein  Facsimile  mitgetheilt  hat,  wurde 
gleichfalls  geleugnet 

Es  wurde  femer  behauptet,  F.  hätte  [O'^cb]«  h  in  [ccb]«  h 
und  N  nXD»n  in  n  rrn'nfc^  geändert.  Ich  biinge  einen  Grabstein 
mit  dem  Datum  iNT  mit ,  von  dem  F.  keinen  Papierabdruck 
gegeben  hat  und  somit  keine  Veranlassung  hatte,  das  Datum  zu 
ändern.  Dasselbe  ist  übrigens  auf  diesem  Steine  so  beschaffen, 
dass  selbst  der  schlimmste  Skeptiker  nicht  wird  behaupten  können, 
dass  hier  irgend  eine  Aenderung  auch  nur  im  Entferntesten  wahr- 
zunehmen sei.  Ausserdem  bringe  ich  drei  Grabsteine  mit  .  den 
Daten  D'^obM  ns^n^K  und  so  und  so  viel  Jahre.  Bei  zwei  von 
diesen  Grabsteinen  sind  die  Daten  so  deutlich  und  so  tief  ein- 
gegraben, dass  eine  stattgefundene  Aenderung  derselben  als  eine 
Uiunöglichkeit  angesehen  werden  muss.  Vom  dritten  Steine  habe 
ich,  als  ich  früher  den  betreffenden  Papierabdruck  untersucht 
hatte,  selbst  geglaubt,  dass  hier  '^n^fit  aus  msnn  geändert  wurde. 
Nach  meiner  Untersuchung  des  Originals  aber  überzeugte  ich  mich, 
dass  hier  durchaus  keine  Aenderung  des  Datums  vorliegt  Des- 
gleichen überzeugte  ich  mich  nach  Untersuchung  einiger  anderer 
Grabsteine,  dass  keine  Aenderung  von  h  in  n  bei  ihnen  statt- 
gefunden hat 

Es  wurde  femer  behauptet,  dass  F.  h  (d.  L  D^'cb«  h)  in  r 
geändert  und  somit  die  Inschrift  um  600  Jahre  älter  gemacht 
hätte.  Von  den  72  von  mir  untersuchten  Inschriften,  in  denen 
die  Data  mit  n  beginnen  und  nach  F.  dem  5.  Tausend,  d.  b.  der 
Zeit  vor  1240,  angehören,  finden  sich  hier  3  Originale  und  21 
Papierabdrücke.  Von  den  übrigen  48  Inschriften  hatte  man  bisher 
nm*  die  Copien  von  F.  Ich  abstrahire  von  jenen  21  Inschriften 
von  denen  F.  Papierabdrücke  gegeben  und  in  denen  er  jene,  jetzt 
nicht  mehr  erkennbare  Aenderung  vorgenommen  haben  könnte. 
Von  den  übrigen  48  Inschriften,  von  denen,  wie  bemerkt,  F.  keine 
Papierabdrücke  vorgelegt  und  somit  keine  Veranlassung  zu  Aende- 
ningen  hatte,  fand  ich  die  Data  des  F.  in  45  Fällen  vollkommen 
richtig,  in  einem  Falle  zweifelhaft  und  in  2  Fällen  einen  Irr- 
thuHi,  oder  Versehen  —  aber  keine  absichtliche  Fälschung  — 
seinerseits.  N.  234  nämlich  lautet  bei  ihm  das  Datum  hbhn , 
während  ganz  deutlich  bfehh  steht.  F.  scheint  dabei  aus  Ver- 
sehen die  Data  von  N.  231  und  232  (ri?:nn)  hierhergesetzt  zu 
haben.  N.  250  las  er  hbnh  statt  hbhh.  Die  Ursache  dieses  Irr- 
thunis  liegt  offenbar  in  der  Beschädigung  dos  Steines  am  linken 
Fuss    des    n,    weshalb  er  diesen  Buchstaben  für  ein  n  hielt.      Im 


Gegensatz  davon  hat  er  das  Datum  in  der  Inschrift  N.  400  bhh 
gelesen,  während  es  bhh  gelesen  werden  muss,  wodurch  er  die 
Inschrift  um  620  Jahre  jünger  gemacht  hat.  Ich  habe  einen 
guten  Papierabdruck  dieser  Inschrift,  auf  dem  Dhh  deutlich  zu 
lesen  ist  und  wo  man  sehen  kann,  dass  die  ersten  beiden  Buch- 
staben einander  völlig  gleich  sind.  Sonst  fand  ich  das  erste  n 
in  der  Inschrift  N.  251  zweifelhaft,  wobei  aber  andere  Umstände 
darauf  hinweisen,  dass  diese  Inschrift  dem  12.  und  nicht  dem 
18.  Jahrhundert  angehört.  Ausserdem  fand  ich,  dass  er  die  Punkte 
über  den  Zahlbuchstaben  in  der  Inschrift  N.  246,  offenbar  aus 
Versehen,  falsch  gesetzt  und  dadurch  dieselbe  um  19  Jahre  ält,er 
gemacht  hat.  Sonst  fand  ich  noch,  freilich  im  Ganzen  ziemlich 
selten,  kleine  Versehen  und  Ungenauigkeiten ,  wo  er  z.  B.  den 
Wochen-  oder  Monatstag  nicht  richtig  angegeben,  die  Inschrift 
grammatisch  verbessert,  ein  Wort  oder  einen  Buchstaben  ergänzt 
oder  ausgelassen,  oder  die  Zeilen  unrichtig  abgetheilt  hat. 

Von  den  von  mir  untersuchten  54  Inschriften,  von  denen  P. 
keine  Abdrücke  gemacht  hat,  bringe  ich  das  Original  einer  In- 
schrift vom  Jahre  937  mit  dem  tatarischen  Namen  nXD'^Si  imd 
34  Papierabdrücke.  Auf  mehreren  dei^selben  finden  sich  theils 
echte  tatarische  Namen,  theils  Namen  mit  tatarischen  Endungen, 
oder  auch  solche  Namen,  welche  nur  durch  Vermittlung  von  Juden 
aus  muhammedanischen  Ländern  zu  den  Juden  in  der  Krim  gelangt 
sein  können.  So  D)013TD  in  einer  Inschrift  vom  Jahre  982  und 
in  einer  andern  von  1008,   «M  991,    pi7a73  992  und  1030,  ü-n» 

1000,  rta-'^a  1003,  •»5tp^5o  1006,  tp^aby  1006,  ktdd  1002  und 

1008,  nn«  1009  und  1046,  nSTiD  1022,  nbiam  1024,  pDK  1028, 
•ponM  1077,  t|bia  1026  und  1064,  ^itDDltD  1089  und  1140,  KDn«5 

1001,  tiD3«*    1007,   ■m'iD  und   nn^o  1045,  'p^^'^p  1080,  «n-'Wü 

1089  und  p-iSScb-»   1178. 

Ausserdem  habe  ich  27  Inschriften  aufgefunden,  welche  F. 
wahrscheinlich  theils  gar  nicht  gesehen,  weil  sie  zu  tief  vergraben, 
oder  nicht  beachtet  hat,  weil  sie  theilweise  beschä^gt  sind.  Von 
diesen  27  Inschriften  bringe  ich  drei  Originale  und  13  Papier- 
abdrücke mit.  Da  ich  diese  von  mir  aufgefundenen  Steine  in  nächster 
Zeit  an  einem  andern  Orte  ausführlicher  besprechen  will,  bjcschränke 
ich  mich  hier  auf  folgende  Bemerkungen. 

In  allen  diesen  27  Inschriften  sind  die  Data  vollkommen 
deutlich  und,  mit  Ausnahme  eines  einzigen,  durch  Buchstaben, 
imd  nicht  durch  Punkte  ausgedrückt.  Unter  diesen  Inschriften 
findet  sich  —  unter  andern  theils  altem,  theils  etwas  jungem  — 
eine  mit  dem  Datum  '3t"'b  nstö  fc^i,  eine  stark  beschädigte  mit 
dem  Datum  ti^'^Sf^b  hkph,  tmd  eine  vortrefflich  erhaltene  mit  dem 
Datum  inh  «n.  Die  Originale  der  erstem  und  letztem  bringe  ich 
hieher.  Ausserdem  finden  sich  darunter  5  Inschriften  aus  dem 
10.  Jahrhundert,  darunter  eine  vom  Jahre  978  mit  dem  weiblichen, 
übrigens  bei  den  Karäem  noch  jetzt  gebräuchlichen  Namen  ^üblD, 


dann  13  Inschriften  aus  dem  11.  Jahrb.,  danmter  mit  den  Namen: 
rt3tp"'3  vom  Jahre  1001,  Dö73  1002,  itn«  1007  —  von  dieser  In- 
sehrifb  bringe  ich  das  Original  mit  — ,  nD'»"»apK  1069  und  tlD'^apjt 
1078  und  V)3'*D^  1081.  Dann  kommt  noch  eine  Inschrift  aus 
vom  Jahre  1105  und  eine  vom  J.  1204  mit  dem  Familiennamen 
^T'OiTa  Mirasjedi. 

Durch  den  Nachweis  der  Echtheit  der  altem  Grabschrifben 
fällt  ein  grosser  Theil  der  gegen  die  Echtheit  vieler  Epigraphe 
vorgebrachten  Argumente  in  Nichts  zusammen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  nicht  unbemerkt  lassen,  dass 
das  im  Cataloge  von  Harkawi  und  Strack  p.  288  f.  mitgetheilte 
Epigraph  vom  Jahre  905,  dessen  Unechtheit  die  Verfiasser  be- 
haupten und  sogar  den  Zweck  der  Fälschung  gefunden  haben 
wollen,  unweifelhaft  echt  ist;  denn  vor  etwa  anderthalb 
Jahren  befand  sich  dieses  Epigraph  noch  am  Schlüsse  eines  Pen- 
tateuchs  in  der  Synagoge  der  tatarisch  sprechenden  r ab bini sehen 
Juden  (genannt  Krimtschaki)  in  Karasubasar  (unweit  Simphe- 
ropol)  und  ein  rabbinischer  Jude  hat  mir  damals  eine  Gopie 
dieses  Epigraphs  zugeschickt,  welche  von  der  des  F.  nur  in  einigen 
ganz  unwesentlichen  Punkten  abweicht  F.  konnte  aber  unmög- 
lich jenes  Epigraph  in  jene  Handschrift  der  rabbinischen  Juden 
hineingezaubert  haben;  denn  dieselben  gehen  sehr  ängstlich  mit 
ihren  in  der  That  sehr  kostbaren  Mss.  um  und  zeigen  sie  nur  in 
Gegenwart  mehrerer  Personen.  Bei  meinem  letzten  Besuch  in 
Karasubasar  konnte  ich  dieses  Epigraph  nicht  auffinden  und  der 
Babbiner  zeigte  mir  einen  Schein  jenes  rabbinischen  Juden,  welcher 
mir  die  erwähnte  Copie  zugeschickt  hat,  worin  derselbe  bezeugt, 
dass  er  einige  Mss.  von  ihnen  entlehnt  hätte,  darunter  auch  die 
letzten  Blätter  jenes  Pentateuchs,  worin  das  fragliche  Epigraph 
sich  befindet. 

Durch  den  Nachweis  der  Echtheit  dieses  Epigraphs  fallen 
abermals  mehrere  Argumente  gegen  die  Echtheit  einiger  anderer 
Epigraphe  —  z.  B.  der  Gebrauch  des  Namens  TiDO  für  Kertsch, 
was  als  Hauptmerkmal  der  angeblich  gefälschten  Epigraphe  gelten 
soll  —  gleichfalls  weg. 

2. 

St.  Petersburg,  den    — ^  August  1878. 

14. 

D.  Chwolson. 


601 


Beitrag  zur  Geschichte  der  chinesischen  Grammatiken 

und  zur  Iielire  von  der  grammatlBohen  Behandlung  der 

ehinesisehen  Sprache. 

Von 

Georg  Yon  der  Gabelentz. 

I. 
Literaturgeschichte. 

Das  Stück  Literaturgeschichte,  welchem  die  nächstfolgenden 
Seiten  gewidmet  sind,  bietet  ein  Interesse  ganz  eigener  Art  Nicht 
der  Sinolog  allein,  vielleicht  nicht  einmal  er  in  erster  Reihe  kommt 
hier  in  Betracht:  gerade  der  Linguist  wird  sich  vor  eine  Anzahl 
höchst  reizvoller  Probleme  gestellt  sehn. 

Versuchen  wir,  die  Sache  a  priori  zu  betrachten.  Hier  unsere 
flektirenden  indogermanischen  Muttersprachen,  —  dort  eine  Sprache, 
welche,  soviel  bekannt,  mehr  als  irgend  eine  isolirend  ist:  zwei 
Antipoden  im  denkbar  vollsten  Sinne  des  Wortes.  Und  zwischen 
Beiden  wir,  geistig  aufgewachsen  in,  verwachsen  mit  jenen,  aber 
gewillt  uns  und  Andere  in  dieser  heimisch  zu  machen.  Es  giebt 
bekanntlich  auch  in  dieser  Lage  ein  bewährtes  Mittel:  man  ex- 
patriire  sich  geistig  und  sprachlich.  Allein  der  Literpret  darf 
sich  nicht  expatrüren,  und  der  Grammatiker  ist  Interpret;  er  giebt 
nur  nicht  Wort  für  Wort,  nicht  Satz  für  Satz  oder  Buch  für 
Buch ,  sondern  er  giebt  Sprache  für  Sprache,  —  schärfer  gesagt : 
Sprachgeist  für  Sprachgeist  Wie  nun,  wenn  Beide  zweien  in- 
commensurabeln  Grössen  gleichen?  Hier  stehen  wir  auf  dem  Punkte, 
auf  welchen  ich  den  Leser  führen  wollte;  und  nun  möge  man 
jene  Reihe  von  Gemeinplätzen  entschuldigen.  Die  Aufgabe  wollte 
eben  geförmelt  sein,  soweit  dies  auf  der  Grundlage  des  All- 
bekannten möglich  war;  und  vielleicht  bewahrheitet  sich  im 'Ver- 
laufe dieser  Abhandlung  der  weitere  Gemeinplatz :  dass  die  richtige 
Förmelung  einer  Aufgabe  der  Hälfte  ihrer  Lösung  gleichkommt. 

Wäre  es  mir  unmittelbar  um  Vorzeichnung  eines  gramma- 
tischen Rahmens  zu  thun,  so  würde  manche  andere  Sprache  kaum 

Bd.  XXXII.  39 


602  V'  d.  Oabeleniz,  Beitrag  zur  Oeschichie  der  chines.  Orammaiäcem, 

weniger,  nur  andere  Schwierigkeiten  darbieten,  als  die  chinesische. 
Keine  von  jenen  jedoch  hat  meines  Wissens  so  zahlreiche,  keine 
so  verschiedenartige  Darstellungen  erfahren ,  wie  diese ;  darum 
dürfte  keine  eines  literaturhistorischen  Bückblickes  gleich  würdig 
sein.  Ich  glaube,  sämmtliche  bisher  erschienene  chinesische  Gram- 
matiken bis  auf  eine  zu  besitzen,  und  habe  sie  alle  mehr  oder 
minder  genau  durchgelesen.  Drei  Viertheile  der  hierauf  verwandten 
Zeit  müsste  ich  für  vergeudet  rechnen,  wenn  ich  nur  die  Sprach- 
erlemung  im  Auge  hätte;  insoweit  bestanden  die  Lesefrüchte  oft 
nur  in  einem  „periclum  facere  ex  aliis".  Nichts  aber  hat  mir  in 
gleichem  Maasse  die  Frage  nach  System  und  Methode  der  Sprach- 
lehre nahe  gelegt,  eine  Frage,  die  schnell  die  Schranken  der 
Einzelgrammatik  überschreitend,  zur  sprachphilosophischen  werden 
musste. 

Abel  Remusat  hat  in  der  Vorrede  zu  seinen  Elements  de  la 
grammaire  chinoise  über  seine  Vorgänger  in  ähnlicher  Weise  Heer- 
schau gehalten,  wie  ich  es  heute  zu  thun  beabsichtige.  Jene 
ftüheren  Grammatiker  sind  mit  Ausnahme  eines  einzigen  heute 
veraltet,  und  R^musat's  ürtheile  über  sie  wird  man  grösstentheils 
noch  heute  imterschreiben :  zwei  Gründe,  mich  stellenweise  kurz 
zu  fassen. 

Das  älteste  einschlägige  Buch 

1)  Des  P.  Francisco  Varo  Arte    de  la  lengua  Mandarina, 
Canton  1703,  8. 

ist  mir  nie  zu  Gesichte  gekommen;  nach  meinem  soeben  genannten 
Gewährsmanne  mag  man  es  allenfalls  aus 

2)  Stephanus  Fourmont,  Linguae  Sinarum  Mandarinicae 
hieroglyphicae  Graramatica  duplex.     Paris  1742,  fol. 

kennen  lernen.  Dies  Buch  soll  in  der  That  nichts  mehr  und  nicht<s 
Besseres  sein  als  ein  Plagiat  jenes  spanischen  Werkes,  vermehrt 
durch  Beigabe  chinesischer  Schriftzeichen,  aber  kaum  verbessert, 
weil  die  Zeichen  nicht  selten  falsch  gewählt  sind.  Wo  Fourmont 
bei  dieser  Zuthat  das  Richtige  getroffen,  da  wird  er  aus  den  Ar- 
beiten Anderer  geschöpft  haben.  Nichts  berechtigt  zu  der  An- 
nahme, dass  er  Chinesisch  verstanden,  sehr  vieles  spricht  dagegen, 
vorab  die  Fehler,  von  denen  sein  Katalog  der  in  der  Pariser 
Bibliothek  vorhandenen  Originalwerke  wimmelt.  Seine  Meditationes 
Sinicae,  Paris  1737,  fol.,  hat  Remusat  richtig  geschildert  als  „un 
livre  obscur  et  presque  inintelligible ,  rempli  de  notions  vagues, 
inexactes,  ou  tout-^-fait  erronees.**  Seine  Grammatik  aber  ist, 
trotz  des  Titels,  keineswegs  ausschliesslich  der  heutigen  Verkehrs- 
sprache gewidmet;  sie  enthält  gar  Vieles,  was  dem  alten  Style 
angeßört,  nur  planlos  untermischt  mit  Modernem.  Trügt  mich  der 
empfangene  Eindruck  nicht,  so  hat  es  Fourmont  mehr  an'Sach- 
kenntniss  gefehlt  als  an  Verstände  und  Begabung.  Wo  er  nicht 
auf's  Abschreiben  angewiesen  ist,  nimmt  er  zuweilen  ganz  ge- 
schickte Anläufe;   nur  eben  bleibt  der  Kenner  hinter  dem  Denker 


V.  d,  GhbektUz,  Beürag  zur  Geackichte  der  Mnes,  Orammätiken.  603 

zTirück.  Seine  Sprachlehre,  nach  lateinischem  Zuschnitte  angefertigt 
und  wahrhaft  belehrender  Beispiele  fast  entbehrend,  ist  längst  ein 
Curiosum,  nichts  weiter,  und  das  noch  im  bösen  Sinne  des  Wortes. 

3)  Theoph.  S.  Bayeri  Museum  Sinicum  &c.  Petrop.  1730, 
2  voll.     8. 

hat  Remusat  mit  der  gebührenden  Milde  beurtheili  Dagegen 
scheint  mir  dieser  Gelehrte  das  folgende  Werk  nicht  ganz  nach 
Verdienste  zu  schätzen. 

4)  J.  Marshman,  Elements  of  Chinese  Granunar,  auch  unter 
dem  Titel:    Glavis  sinica,  Serampore  1814,  4. 

Marshman  war,  soviel  mir  bekannt,  ein  ganz  selbständiger  und 
sicher  ein  sehr  fleissiger  und  wohl  belesener  Forscher.  Er  stand, 
—  auch  geistig  —  nicht  fem  von  der  Schwelle  der  neueren  Lin- 
guistik und  hat  sichtlich  darnach  gestrebt,  die  Sprache  nicht  nur 
im  gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes  zu  verstehen,  sondern  wirklich 
sie  in  ihrem  Wesen  zu  begreifen.  Er  war  ein  scharfer  Denker 
und  ein  sorgsamer  Forscher;  seinen  Untersuchungen  über  die  Ent- 
stehung tmd  Bildung  der  chinesischen  Schrift  fehlen  freilich  die 
paläographischen  Unterlagen,  sonst  aber  sind  sie  von  tadelloser  in- 
duktiver Methode.  Was  Gallery  in  seinem  Systema  phoneticum,  und 
neuerdings  Edkins  in  seiner  Introduction  to  the  study  of  the 
Chinese  characters  des  Näheren  ausgeführt,  ist  von  ihm  mit  sicherer 
Hand  vorgezeichnet  worden;  Fourmont's  Betrachtungen  über  diese 
Fragen  dürfen,  trotz  manches  Zutreffenden,  das  sie  enthalten,  neben 
den  Leistungen  des  Engländers  kaum  genannt  werden.  Auch  war 
Letzterer,  soviel  mir  bekannt,  der  Erste,  der  einen  tieferen  Blick 
in  das  ehemalige  Lautsystem  der  Sprache  gethan;  Mangel  an  Hülfs- 
mitteln,  namentlich  an  dialektischen,  allein  mag  es  gewesen  sein, 
was  ihn  hierin  nicht  weiter  vordringen  Hess.  Seine  Schreibweise 
ist  leider  von  der  geschmacklosesten  Breitspurigkeit.  Der  eigentlich 
grammatische  Theil  des  dicken  Quartanten  nimmt  etwa  400  Seiten 
ein,  und  trotzdem  ist  die  Ueberschrift :  ,»The  Clements  of  Chinese 
grammar*^  durchaus  nicht  zu  bescheiden  gewählt.  Auf  zwanzig 
Seiten  zähle  ich  dreissig  Beispiele,  was  etwa  600  für  das  ganze 
Werk  ergeben  würde.  Fast  jedes  dieser  Beispiele  aber  ist  nicht 
nur  mit  zwischenzeüiger  und  freier  Uebersetzung ,  sondern  über- 
dies mit  einer  sehr  entbehrlichen  sachlichen  Einleitung  ausgestattet. 
Der  alte  Stil  ist  zu  Grande  gelegt,  die  Anlage  des  Ganzen  sklavisch 
der  der  europäischen  Grammatiken  angepasst.  Von  den  klassischen 
Wortstellungsregeln,  welche  Julien's  Ruhm  und  Stärke  bildeten, 
finde  ich  manche  schon  bei  Marshman.  Auf  einzelne  Unrichtig- 
keiten in  der  Förmelung  der  Begeln  und  der  Erklärung  der  Bei- 
spiele einzugehen  ist  hier  nicht  der  Ort. 

5)  Morrison,  A  Granunar  of  the  Chinese  Language.    Seram- 
pore 1815,  4.     280  Seiten. 

Dies  Erstlingswerk  des  hochverdienten  Lexicographen  ist  von 
Remusat  a.  a.  0.  gebührend  besprochen  worden.     Heute  dürfte  es 

39* 


604  ^'  ^  GabelmtZt  Beitrag  xur  Gesehtckte  dar  ekmes.  ChoMmaUk&m. 

kaum  mehr  in  Gebrauch  kommen,  und  an  Bedeutung  für  die  Ge- 
schichte der  Wissenschaft  wird  man  es  nicht  mit  Marshman's 
Werke  vergleichen. 

Ich  bin  absichtlich  von  der  chronologischen  Ordnung  ab- 
gewichen, und  werde  dies  auch  femer  thun,  um  die  Grammatiken 
einigermaassen  gruppenweise  beisammen  zu  halten. 

6)  Premare,  Notitia  linguae  sinicae ,  Malacca  1831,  4. 
übersetzt  ins  Englische  von  J.  G.  Bridgman,  Ganton 
1847,  8. 

Der  Verfasser,  ein  Zeitgenosse  Pourmont's,  lebte  um  Anfang 
des  vorigen  Jahrhunderts  als  Missionär  im  Mittelreiche.  Er  war 
einer  jener  katholischen  Sendlinge,  welche  im  richtigen  VerstSnd- 
nisse  ihrer  Aufgabe  vor  Allem  sich  selbst  im  Chinesenthume 
heimisch  zu  machen  trachteten,  und  ist  ihm  dies  im  vollen  Maasse 
gelungen.  Durch  fortgesetzte  sorgfältige  Lektüre  der  besten  Schrift- 
steller und,  wie  es  scheint,  durch  den  Verkehr  mit  hochgebildeten 
Eingeborenen  hatte  er  sich  hohe  Meisterschaft  in  der  Handhabung 
der  Sprache  und  den  feinsten  stilistischen  Geschmack  angeeignet 
Er  war  selbst  gebildeter  Chinese  geworden,  und  seine  ästhetischen 
Urtheile  lassen  den  Europäer  kaum  mehr  erahnen.  Was  er  war, 
dazu  wollte  er  seine  Berufsgenossen  heranbilden,  und  dies  war 
für  Anlage  und  Gestaltung  seines  wunderbaren  Buches  entscheidend. 
Der  hodegetische  Zweck  scheint  ihm  kaum  weniger  zu  gelten,  als 
der  unmittelbar  didaktische;  er  lehrt  nicht  nur  was,  sondern  auch 
wie  gelernt  werden,  welcher  Bildungsmittel  man  sich  bedienen, 
worauf  man  bei  dem  Gebrauche  Acht  haben  solle.  Er  fühlt  viel- 
leicht mehr  als  er  es  ausspricht,  dass  dies  Lernen  ein  Akt  der 
Befreiung  sei  von  so  und  sovielen  Vorurtheilen,  welche  uns  von 
zu  Hause  her  anhaften  wie  Lehm  an  den  Sohlen.  Was  unserm 
Sprachbedür&isse  am  nächsten  zu  liegen  scheint  und  etwa  der 
Formenlehre  unserer  Grammatiken  entspricht,  das  macht  er  auf 
etwa   zwanzig  Seiten   (12  und  9   der  englischen  Uebersetzung)  ab. 

Wilhelm  von  Humboldt  deutet  an,  dass  der  treflfliche  Pater 
ein  klares  Bild  vom  Wesen  dieser  Sprache  schwerlich  gehabt  haben 
möge.  Dem  wird  man  ohne  Weiteres  beipflichten;  ein  Linguist 
war  Pr6mare  nicht,  imd  B^musat's  ürtheil,  die  Notitia  sei  eher 
eine  Rhetorik  als  eine  Grammatik,  hat  viel  Zutreffendes.  Es  ist 
dem  Schriftsteller  sichtlich  mehr  darum  zu  thun,  was  geschmack- 
voll, als  was  zulässig  und  sprachgemäss  sei.  Nicht  als  könnte  er 
wider  den  Sprachgebrauch  Verstössen;  davor  schützen  ihn  seine 
Quellen,  durchweg  gute  Ausgaben  der  besten  Autoren.  Aber  er 
lehrt  nicht,  oder  doch  nur  ab  und  zu  und  nebenbei,  warum  bn 
einzelnen  Falle  diese  und  nicht  lieber  jene  Wendung  gebraucht 
sei ;  den  grössten  Theil  seines  Buches  würden  Viele  eher  lexikalisch, 
als  grammatikalisch  nennen,  weil  in  ihm  etwa  anderthalbhundert 
Partikeln  und  einige  andere  Wörter  häufigen  und  auffälligen  Ge- 
brauches  in    ihren   verschiedenen  Anwendungen   an  Beispielen    er- 


V,  d.  GrabeientM,  Beitrag  zur  Geschichte  der  ehinee,  OrammtUiken,  605 

läutert  werden.  Auch  ich  würde  diese  Bezeichnung  wählen,  wenn 
ich  dem  Wörterhuche  als  solchem  einen  Platz  in  der  Sprach- 
wissenschaft zuzuweisen  wüsste.  Allein  gerade  das  Chinesische 
besitzt  ja  in  den  Hülfs-  und  Bildungswörtem  das  zweitwichtigste 
seiner  sprachlichen  Organe. 

Mehr  als  ein  Fünftheil  des  Werkes  füllt  die  eigentliche 
Stilistik,  die  Lehren  von  Antithese,  Wiederholung,  Climax,  didak- 
tischer Frage,  Beschreibung  u.  s.  w.  Diese  Dinge  liegen  im 
Chinesischen  der  Granunatik  weit  näher  als  man  meinen  sollte, 
und  sie  dürfen  hier  in  einem  für  den  höheren  Sprachunterricht 
bestimmten  Lehrbuche  kaum  fehlen.  Was  ich  hier  sagen  will, 
lässt  sich  vielleicht  besser  erleben,  denn  theoretisch  erweisen;  ein 
Versuch  es  darzulegen  sei  mir  indessen  gestattet.  Der  Chinese  ist 
in  Sachen  des  Stiles  ein  höchst  heikler  Feinschmecker.  Er  kennt 
sehr  mannichfache  Redefiguren  und  Schreibweisen,  alle  von  gemein- 
samen, jede  überdies  von  besonderen  Geschmacksr^geln  beherrscht; 
er  verlangt  zeit-  und  sachgemässe  Anwendung  einer  jeden,  dabei 
geschickte,  vor  Uebersättigung  schützende  Abwechselung ;  und  vor 
Allem  hat  er  ein  feines  Gefühl  für  Rhythmus.  Nun  sind  viele 
seiner  Bücher  ohne  Interpunktionen,  oft  mehrere  Seiten  lang  ohne 
Absatz  gedruckt.  In  einem  Athera,  so  scheint  es,  folgt  Wort  auf 
Wort,  —  und  diese  Wörter  gehören  einer  isolirenden  Sprache  an. 
Kenne  ich  die  Stelltmgsgesetze,  so  weiss  ich,  was  ich  zu  Anfange, 
in  der  Mitte  oder  am  Ende  des  Satzes  zu  suchen  habe.  Wo  habe 
ich  aber  Anfang  und  Ende  der  Sätze  zu  suchen?  Gelegentlich 
geben  mir  gewisse  Partikeln  einen  Anhalt.  Wenn  sie  aber  fehlen, 
—  und  sie  fehlen  oft,  —  was  dann?  da  überfliege  ich  eben  den 
Text,  einerlei  wieviele  mir  unbekannte  Zeichen  er  enthalten  möge, 
finde  hier  einen  Parallelismus,  dort  eine  Antithese,  zähle  wohl 
gar  von  gleichem  zu  gleichem  Worte  die  Zeichen  ab,  gerathe  un- 
versiöhens  in  den  Rhythmus  hinein  —  und  habe  den  Schlüssel  in 
Händen.  Man  sieht,  dies  Verfahren  ist  so  äusserlich,  so  rein 
formalistisch  wie  nur  möglich;  das  Eingehen  auf  das  Sachliche 
kommt  erst  hinterdrein.  Aber  was  war  es,  was  ich  da  gethan 
habe  ?  Ich  habe  einfach  das  Stilmuster  entdeckt,  das  meinem  Autor 
vorgeschwebt  haben  muss,  ich  trommele  den  Takt,  ehe  ich  das 
Lied  kenne.  Es  ist  selbstverständlich,  dass  diese  Methode  nicht 
überall,  nicht  in  allen  Texten  gleich  sicher  zum  Ziele  führt  Wo 
sie  fehlschlägt,  da  müssen  lexikalische  und  realistische  Erkennt- 
nissmittel in  die  Lücke  treten.  Allein  just  jenes  formalistische 
Moment,  jene  innige  Verquickung  der  Satzbildung  und  Satz- 
scheidung mit  der  Stilistik  muss  dieser  letzteren  mindestens  in 
einer  philologischen  Grammatik  die  Aufnahme  sichern. 

Wir  besitzen  keine  chinesische  Sprachlehre,  die  sich  in  feiner 
und  eingehender  Behandlung  dieses  Gegenstandes  mit  Premare's 
Notitia  messen  könnte.  Wir  besitzen  auch,  ausser  des  Gon9alves 
für  uns  weniger  brauchbarer  Arte  china,  keine,  welche  gleich  reich 


606  V-  ^'  OabeieniM,  Bekrag  nur  Gtaekiehte  der  ekimet,  Orammmfikm. 

an  wohl  gewählteD  Beispielen  wäre.  Und  endlich  dies:  es  mag 
Jemand  die  chinesische  Sprache  besser  verstehen  lemoi  als  der 
französische  Pater;  nicht  leicht  aber  dürfte  wieder  ein  Europäer 
so  YoU  nnd  ganz  wie  er  den  chinesischen  G^ist  nnd  Greschmack 
in  sich  anfiiehmen.  Damm  wird  nicht  so  bald  ein  zweiter  gleich 
befähigter  Lehrer  chinesischer  Rhetorik  erstehen.  Kenn  erblicke 
ich  den  unvergänglichen  Werth  seines  Buches,  —  einen  Wertk, 
welchen  man  stellenweise  mehr  durch  die  That  als  mit  Worten 
anerkannt  hat. 

7)  J.  P.  Abel-R6musat,  El^mens  de  la  grammaire  chinoise, 
ou  principes  g^n^raux  du  Kou-wen  ou  siyle  antique,  et 
du  Kouan-hoa,  c'est>ä-dire ,  de  la  langue  commune  gene- 
ralement  usit^e  dans  l'Empire  chinois.  Paris  1822,  8. 
Nouv.  Ed.  ibid.  1857,  gr.  8. 
Das  eben  Gesagte  gilt  in  erster  Reihe  von  diesem  Bache. 
Der  Verfasser  sagt,  Preface  pg.  XIX :  „On  ne  fait  nulle  difficulte 
^d'avouer  que  plusieurs  exemples  qu'on  trouvera  rapportes  dans 
„ce  volume,  ont  ^t6  empmnt^s,  soit  ä  l'ouvrage  du  P.  Premare, 
„soit  aux  autres  dont  on  vient  de  parier:  Imvention,  en  ce  genre, 
,n  est  pas  un  m^rite  ä  reclamer.  Mais  ce  qu'on  croit  pouvoir 
„assurer,  pour  la  securitö  de  lecteurs  et  des  6tudiants,  c'est  quü 
„n est  pas  un  de  ces  exemples  qui  nait  et^  verifie  sur  les  origi- 
„naux.  On  a  compuls^  ä  cet  effet  un  grand  nombre  d'ouvrages  &c* 
Die  Wahrheit  ist,  wie  C.  F.  Neumann  (Premare,  Marshman  und 
A.  R^musat,  München  1834,  4.)  mehr  wahr  als  zart  nachgewiesen, 
dass  der  erste  Inhaber  des  chinesischen  Lehrstuhles  am  College 
de  France  fast  Alles  seinen  beiden  genannten  Vorgängern,  das 
Meiste  dem  erstgenannten  einfach  abgeborgt  hat.  Wenn  er  Seite  XX 
wenigstens  auf  die  Construktions-  und  Wortstellungsregeln  Ent- 
deckungsrechte beansprucht,  so  ist  ihm  wieder  Marshman,  ja 
Fourmont  und  allenfalls  auch  Premare  entgegenzuhalten.  Wahr- 
haft sein  Eigen  ist  kaum  mehr  als  die  Mache.  Auf  diesem  Punkte 
jedoch  zeigt  sich  gerade  Verdienst  genug  um  dem  Verfasser  ein 
gut  Theil  seiner  Unredlichkeit  zu  verzeihen.  Verdienst,  ja  Genie. 
Leichter,  übersichtlicher,  einladender  vermochte  der  schwierige 
Stoff  nicht  wohl  vorgetragen  zu  werden,  als  es  hier  geschehen 
ist,  und  bei  Allem,  was  man  im  Einzelnen  an  dem  Buche  aus- 
zustellen finden  mag:  noch  heute  wüsste  ich  der  Mehrzahl  der 
Anfänger  kein  geeigneteres  in  die  Hände  zu  geben.  Mit  der  Gre- 
schichte  des  Pariser  Lehrstuhles  ist  es  ebenso  eng  verwachsen, 
wie  dieser  mit  der  Geschichte  der  Sinologie.  Wo  wäre  Letztere 
ohne  jene  Beiden?  Wäre  statt  dieses  Buches  Premare's  zehnmal 
inhaltreichere  Notitia  im  Drucke  erschienen,  so  würde  man  schwer- 
lich so  bald  zu  der  Einsicht  gelangt  sein,  dass  Chinesisch  ebenso 
erlernbar  yne  lemenswerth  sei.  Es  bedurfte  eines  Elementarbuches, 
an  welchem  man  Muth  fassen  könnt«,  und  eines  Lehrers,  der 
Reclame  zu  machen  verstand.     Wir  werden  bald  genug  sehen,  wie 


V.  d.  Gabelmie,  Beärag  zur  (beschichte  der  cMnes,  OrammtOik^n,  607 

es  der  Dilettanten  bedurfte,  die,  durch  ihren  Meister  kühn  gemacht, 
zu  Falle  gerathen  mussten,  um  die  Wissenschaft  vor  Verseichtung 
zu  behüten. 

Es  scheint  lehrreich  zu  untersuchen,  worin  die  Vorzüge  der 
El^mens  bestehen.  Zunächst  in  möglichster  Kürze,  wie  sie  der 
An^ger  in  seiner  Sehnsucht  nach  raschem  Eintreten  in  die 
Lektüre  verlangt,  —  doch  ohne  jenen  Lakonismus,  den  er  nicht 
verstehen  würde.  Dazu  kommt  möglichste  Uebersichtlichkeit  und 
Handlichkeit.  Die  Haupttheile  und  Kapitel  sind  auch  für's  Auge 
scharf  geschieden,  die  kurzen  Regeln  unter  laufenden,  die  Ver- 
weisungen erleichternden  Nummern  paragraphiri  Der  alte  und 
der  neue  Stil  sind  gesondert  behandelt,  sodass  man  nur  die  ersten 
zwei  Drittheile  des  Buches  inne  zu  haben  braucht,  um  mit  Hülfe 
einer  Uebersetzung  und  eines  Wörterbuches  einen  alten  Schrift- 
steller lesen  zu  können.  Die  Beispiele,  freilich  hin  und  wieder 
in  unliebsamer  Weise  gekürzt,  manchmal  nicht  ganz  richtig  erklärt, 
—  sind  mit  doppelter,  zwischenzeiliger  und  freier  Uebersetzung 
versehen,  —  eine  vorzügliche  Schule  in  der  Analyse.  Ein  leider 
nicht  immer  zuverlässiges  Verzeichniss  der  chinesischen  Schrift- 
zeichen übt  vor  zum  Gebrauche  der  Wörterbücher.  Vor  Allem 
aber  lobe  ich  den  Takt,  mit  welchem  der  Verfasser  es  verstanden, 
den  dem  Anf^ger  geläufigen  europäisch-grammatischen  Begriffen 
entgegenzukommen,  ohne  dem  Geiste  der  chinesischen  Sprache 
zu  viel  zu  vergeben.  Ich  sprach  von  einzelnen  Unrichtigkeiten. 
In  der  That  ist  das  Buch  stellenweise  veraltet  und  mehrfach 
lückenhaft;  die  Erkenntnisse  sind  vorwärts  geschritten,  die  Lücken 
inzwischen  ausgefüllt  worden.  An  neueren  Grammatiken  ist  kein 
Mangel;  keine  jedoch,  oder  ich  müsste  sehr  irren,  ersetzt  dieses 
geist-  und  geschmackvolle  Plagiat. 

Einmal  schien  es  allerdings,  als  sollte  ein  solcher  Ersatz 
kommen.  Dies  war  im  Jahre  1874,  als  Trübner  &  C.  in  London 
die  erste  Lieferung  von  L^on  de  Rosny's  Grammar  of  the  Chinese 
Language  herausgaben.  Das  Heftchen  enthält  auf  48  Seiten  8. 
die  Schriftlehre  und  einen  Theil  der  Lautlehre  in  ähnlichem  Geiste, 
doch  selbständig  und  fast  noch  mehr  im  Sinne  eines  Elementar- 
buches dargestellt,  als  dies  von  R^musat  geschehen  ist.  Denke 
ich  an  des  Verfassers  bekanntes  schriftstellerisches  und  didaktisches 
Geschick,  an  seinen,  bei  Sinologen  nicht  eben  gewöhnlichen  er- 
weiterten linguistischen  Gesichtskreis,  endlich  daran,  wie  er  selbst 
vor  Jahren  für  die  zweite  Auflage  der  !^l^mens  thätig  gewesen 
ist,  wie  er  R^musat  liebt  und  Julien  kennt,  so  muss  ich  es  be- 
klagen, dass  diese  Veröffentlichung  keinen  Fortgang  nimmt. 

8)  Stanislas  Julien. 

Abel  R^rausat's  berühmter  Schüler  und  Amtsnachfolger  hat 
sein  grammatisches  Werk,  die  Sjntaxe  nouvelle  de  la  langue 
chinoise,  Paris  1869 — 1870,  2  Bde.  8.,  als  siebenzigj ähriger  Greis 
geschrieben,   nachdem   er  längst  durch  andere,   höchst  fruchtbare 


608  -v-  ^  GabelmlM,  Beärcig  stur  Ge,achichU  der  ekmu,  Ovammaiikmi. 

Arbeiten  das  Vei*ständniss  der  chinesischen  Sprache  am  ein  Be- 
deutendes gefördert  hatte.  Von  seinen  zahlreichen,  überans  zuver- 
lässigen Uebersetzungen  soll  hier  nicht  geredet  werden.  Schon 
sein  Anhang  znr  Meng- tsK- Ausgabe :  Brevis  tractatos  in  quatuor 
litteras  quae  apud  Mencium  ejusque  int-erpretes  officio  maxime 
notabili  funguntur  enthält  des  Neuen  und  Wichtigen  viel.  Epoche- 
machend aber  war  sein  gelehrter  Streit  mit  G.  Pauthier.  Dieser 
hatte  1839  und  1841  im  Journal  Asiatique  einige  sehr  verfehlte 
Uebersetzungen  veröffentlicht,  deren  massenhafte  Irrthümer  Julien 
in  folgenden  drei  Schriften: 

a)  Examen  critique  de  quelques  pages  de  Chinois  relatives  i 
linde,  traduites  par  M.  G.  PauÜuer,  accompagn^  de  discnssions 
grammaticales  sur  certaines  r^gles  de  position  qui,  en  Chinois, 
jouent  le  mSme  röle  que  les  flexions  dans  les  autres  langues.  Im 
Journal  Asiatique,  Mai  1841. 

b)  Exercices  pratiques  d'analyse,  de  Syntaxe  et  de  lexicographie 
chinoise.     Paris  1842,  8. 

c)  Simple  expos6  d'un  fait  honorable  &c.  Paris  1842,  8. 
mit  erstaunlicher  Gründlichkeit  aber  oft  recht  hämisch  nachivies. 
Die  drei  Schriften,  zumal  die  zweite,  gehören  zu  den  belehrendsten, 
die  ich  in  diesem  Fache  kenne ;  wer  vorschnell  an  die  selbständige 
Lektüre  chinesischer  Texte  gehen  will,  dem  sollte  man  die  Exer- 
cices pratiques  in  die  Hand,  legen,  um  ihn  zu  warnen.  Und 
wiederum,  wem  da  zu  wissen  verlangt,  worin  Julien's  Meisterschaft 
in  der  Analyse  chinesischer  Texte  bestanden,  wer  sich  selbst  die 
bewährte  Methode  dieses  Altmeisters  anzueignen  wünscht :  der 
sollte  diese  gehamischten  Bücher  gründlich  und  mehr  als  einmal 
durcharbeiten.  Julien  liebte  es  die  Stellungsgesetze  als  seine  Ent- 
deckung zu  bezeichnen.  Man  hat  im  Vorigen  gesehen,  wieviel 
ihm  hierin  schon  von  Anderen  vorgearbeitet  wai\  Allein  unzweifel- 
haft will  er  unter  seiner  „rfegle  de  position"  ein  Mehreres  begriffen 
wissen,  und  gerade  in  diesem  Mehrerwerb  erblicke  ich  einen  un- 
schätzbaren Fortschritt  Das  allwaltende  Wortstellungsgesetz  bedingt 
nämlich  nicht  nur  den  Casus  des  Substantivums  oder  das  genus 
verbi,  ersetzt  mit  anderen  Worten  nicht  nur  verschiedene  Formen 
eines  und  desselben  europäischen  Wortes:  sondern  es  ist  auch 
ebenso  oft  für  die  Frage  entscheidend,  welchem  Redetheile  in 
unserm  Sinne  das  nämliche  Wort  jeweilig  angehöre,  ob  es  etwa 
Adjektivimi,  Substantivum,  Adverb,  Verbum  neutiimi  oder  Verbum 
factivum  seL  Erst  in  diesem  Umfange  kaim  es  voll  verstanden 
werden.  Ein  Sprachgebrauch  aber,  dessen  Ursachen  nicht  immer 
einleuchtend  sein  mögen,  hat  es  gefügt,  dass  viele  Wörter  durch 
die  Nachbarschaft  gewisser  anderer  ganz  eigenthümlich  begrifflich 
beeinflusst  werden;  die  Zwei  oder  Drei  gehen  eine  feste  Ver- 
bindimg ein ,  sie  bilden  unwandelbare  Composita ,  deren  Ver- 
kennung zu  den  tollsten  Missdeutungen  führen  würde.  Es  giebt 
gewisse  praktische  Regeln,   nach    denen  sich  manche  dieser  Zwei- 


V.  d.  GtUfeUfUz,  Beürag  »ur  Quehickte  der  chinea.  Ghrammaiihen.  609 

und  Dreisylbler  von  vom  herein  als  wahrscheinliche  Composita 
erkennen  lassen,  z.  B.  die,  dass  zwei  Wörter,  welche  sich  in 
einer  ihrer  Bedeutungen  berühren,  zusammen  den  Begriff  dieser 
gemeinsamen  Bedeutung  darstellen,  dass  zwei  von  entgegengesetzter 
Bedeutung  meist  durch  „und"  bez. :  „oder*  verbunden  zu  verstehen 
sind,  dass  hierbei  das  potius  (das  Grössere,  Bessere,  Höhere)  voran- 
zustehen pflegt  u.  dgl.  m.  ^).  Solche  Fingerzeige  gehören  in  die 
Sprachlehre;  oft  aber  reichen  sie  nicht  aus,  und  die  Phrasenkunde 
muss  nachhelfen.  Auf  deren  Nothwendigkeit  hat  Julien  mit  allem 
Nachdrucke  hingewiesen,  und  auch  das  möge  man  zu  seinen  Ver- 
diensten rechnen. 

Es  ist  tief  zu  beklagen,  dass  er  nicht  in  den  Jahren  seiner 
Kraft  an  die  Ausarbeitung  einer  vollständigen  Grammatik  gegangen 
ist.  Ein  Werk  von  linguistischer  Vertiefung  hätte  er  wohl  auch 
damals  kaum  liefern  können ;  dazu  schien  sein  Kopf  nicht  angelegt. 
Aber  sicher,  besässen  wir  dann  ein  ebenso  reichhaltiges  wie  praktisch 
klares  Buch,  mehr  auf  das  grammatisch  Nothwendige,  weniger 
auf  das  stilistisch  Schöne  gerichtet,  als  die  Notitia  linguae  sinicae, 
und  an  grammatischen  Beobachtungen  vollständiger,  als  es  irgend 
ein  Zweiter  hätte  *  herstellen  können.  Sein  Spätling ,  die  Syntaxe 
nouvelle  wurde  allseitig  mit  verdientem  Jubel  aufgenommen.  Was 
konnte  man  Besseres  wünschen,  als  dass  der  merkwürdige  Greis 
zum  Gemeingute  der  Welt  machte,  soviel  er  selbst  noch  besass? 
Den  ersten  Band  des  inhaltreichen  Buches  hat  mein  verewigter 
Vater  in  unsrer  Zeitschrift  angezeigt  ^)  und  ich  unterschreibe  sein 
anerkennendes  ürtheil  noch  heute  mit  vollster  üeberzeugung.  Was 
aber  der  aufmerksame  Leser  dort  zwischen  den  Zeilen  finden  wird, 
das  muss  hier  ausgesprochen  werden. 

Dass  der  Verfasser  Schrift-  und  Lautlehre  von  seinem  Buche 
ausgeschlossen  hat,  besagt  dessen  Titel.  Es  ist  keine  vollständige 
Grammatik,  sondern  eben  eine  Syntax.  Allein  auch  in  dieser 
Eigenschaft  ist  es  nicht  sowohl  ein  vollständiges  Werk,  als  viel- 
mehr eine  Vervollständigung  seiner  Vorgänger.  In  der  ersten  Ab- 
theilung, welche  die  Ueberschrift  „Syntaxe  nouvelle  de  la  langue 
chinoise'*  trägt,  werden  Substantivum ,  Ad^ektivum,  Verbum  und 
Adverb  in  Rücksicht  auf  ihre  Funktionen  und  deren  Erkenntniss 
betrachtet.  Es  ist  dies  im  Wesentlichen  eine  Wiederholung  der 
vom  Verfasser  in  früheren  Jahren  veröffentlichten  Beobachtungen, 
und  namentlich  insoweit  sie  dies  ist,  kommt  jenes  Talent  der 
Aufstellung  klarer  praktischer  Kegeln  noch  einmal  zur  Geltung. 

Unter  der  Ueberschrift  „Monographies*^  werden  nach  einander 
acht  der  wichtigsten  Partikeln  in  ihren  verschiedenen  Anwendungen 


1)  Beispiel:  jih  =  Sonno,  Tag;  yueh  =■  Mond,  Monat.  Also:  jih-yueh 
=  Sonno  und  Mond,  weil  die  Sonne  grösser  ist  alf  der  Mond,  —  aber  yueh- 
jih  =  Monate  und  Tage,  wieder  weil  Eratere  grösser  sind  als  Letztere. 

2)  XXm.  Band  S.  699--701.  D.  Ked. 


610  *>  ^-  Oabdenief  Beitrag  zur  GesduchU  der  dmes,  Orawunaükmi, 

und  Verbindangen  behandelt;  ein  Kapitel  «de  Tant^position^  be- 
schliesst  diese  Abtheilung.  Dieselbe  ist  ungemein  ergiebig  för 
denjenigen,  der  sie  mit  Kritik  zu  benutzen  und  in  der  wüsten 
Masse  der  Einzelheiten  das  innere  Band  zu  erkennen  versteht. 
Geradezu  verwirrend  und  entmuthigend  aber  muss  sie  auf  Anfänger 
einwirken,  denen  der  Verfasser  nur  sehr  selten  mittheilt,  warum 
von  den  zwölf  bis  siebenzehn  Anwendungen,  die  er  unvermittelt 
und  ungeordnet  nach  einander  auffuhrt,  nun  gerade  diese  eine  im 
gegebenen  Falle  vorliege.  Die  Thatsache  ist,  dass  Julien  hier 
unter  Anwendungen  kaum  mehr  versteht,  als  verschiedene  Mög- 
lichkeiten dasselbe  Wort  durch  passende  französische  Wörter  wieder- 
zugeben. 

Von  den  beiden  folgenden  Abtheilungen:  „Supplement  aux 
Monographies**  und  »Table  des  idiotismes**  ist  wieder  die  erste 
namentlich  für  den  weiter  Vorgeschrittenen,  die  andere  aber  auch 
für  den  Anfänger  unschätzbar.  Dass  Beide  lexikalisch  geordnet 
und  durchaus  nicht  in  granmiatikalischem  Geiste  bearbeitet  sind, 
thut  wenig  zur  Sache.  Die  Wahl  der  zur  üebung  angehängten, 
wörtlich  übersetzten  Texte  ist  vielleicht  nicht  eben  glücklich ;  Ueber- 
setzungen  aus  dem  Sanskrit  bilden  nicht  den  Instinkt  des  chinesischen 
Geschmackes.  Allein  die  einfache  Methode  der  Analyse  dürfte  für 
den  ersten  Unterricht  zu  empfehlen  sein. 

Der  zweite  Band  zerföllt  wieder  in  drei  Theile:  1)  einen 
Wiederabdruck  des  „Examen  critique*,  leider  mit  Belassung  aller 
persönlichen  Ausfälle  gegen  den  unglücklichen,  inzwischen  hoch- 
betagt wordenen  Prügeljungen  von  1841 — 42;  2)  ein  Wörterbuch 
bemerkenswerther  Ausdrücke  aus  den  Romanen  iü-kiao-li  und  Hao- 
Jchieu'f^chuan,  dem  neueren  Stile  angehörig;  endlich  3)  eine  wört- 
liche üebersetzung  der  drei  ersten  Akte  des  gleichfalls  modernen 
Dramas  Tschao-sc/ii-ku-ri.  —  In  allen  Julien*schen  Arbeiten  ver- 
misst  man  die  Bezeichnung  der  Stimmbiegungen  (Accente)  bei  den 
Umschreibungen  chinesischer  Wörter. 

Es  verlohnt  sich  der  Mühe,  an  dieser  Stelle  Julien  mit  Pri- 
märe zu  vergleichen.  Beide  sind  Grössen  ersten  Ranges,  Beide 
treten  in  ihren  grammatischen  Hauptwerken  nicht  eben  als  Gram- 
matiker auf.  Julien  aber  war  Alles  um's  Uebersetzen  aus  dem 
Chinesischen,  Premare  Alles  um  das  Reden  und  Schreiben  im 
Chinesischen  zu  thun.  In  diesem  Verstände  ergänzen  Beide  einander; 
doch  vergesse  man  nicht,  was  oben  gezeigt  wurde,  dass  die  Kennt- 
niss  der  Rhetorik  für  das  Verständniss  und  mithin  für  die  Üeber- 
setzung der  Texte  oft  unentbehrlich  ist.  Der  berühmte  Professor 
war  Dank  einer  unermüdlich  unter  steter  Führung  der  saubersten 
Cüllektaneen  fortgesetzten  Lektüre  zu  einer  Art  Unfehlbarkeit  ge- 
langt, wie  man  sie  dem  gelehrten  Jesuiten  nicht  zusprechen  wird. 
Gerade  jenes  anerkannte  Uebergewicht  aber  scheint  der  Entwicklung 
der  Sinologie  in  ihrem  Vaterlande  Prankreich  eher  geschadet  als 
genützt  zu   haben.     Aus   der  Autorität  wurde  ein  Despot,  unver- 


tf.  d,  Oabei&nias,  Betrag  9ur  OeachiehU  der  ekimM.  Ghrmmmaiihen.  Q\l 

drossen  hülfreich  für  Jeden,  der  sich  ihm  ganz  zu  Eigen  gab,  aber 
unduldsam  gegen  Jeden,  der  in  seinem  Machtgebiete,  ich  meine  in 
Frankreich,  neben  ihm  aufzukommen  strebte.  Was  ich  hier  an- 
deute, ist  seiner  Zeit  von  L^on  de  Rosny  ^)  in  pietätsvoller,  doch 
sehr  deutlicher  Weise  ausgesprochen  worden;  man  muss  darum 
wissen,  wenn  man  der  französischen  Sinologie  nicht  Unrecht  thun  will. 

9)  SiEndlicher,  Anfangsgründe  der  chinesischen  Grammatik. 
Wien  1845,  8. 

Verhielt  sich  Julien  seinen  französischen  Vorgängern  Primäre 
und  R^musat  gegenüber  beinahe  ablehnend,  so  suchte  der  bekannte 
Wiener  Polyhistor  in  eklektischer  Weise  sich  die  Errungenschaften 
dieser  drei  und  der  bisher  erschienenen  lexicalischen  imd  schrift- 
kundlichen  Arbeiten  zu  Eigen  zu  ma-chen.  Der  Gedanke  war  an 
und  für  sich  nicht  zu  missbilligen,  und  Endlicher  hat  nicht  versucht, 
mit  einer  Selbständigkeit  zu  prunken,  die  er  nicht  besass  und  nicht 
besitzen  konnte.  Gleich  R^musat  wollte  er  ein  Elementarlehrbuch 
liefern;  allein  das  seine  wurde  doppelt  so  dick  und  vielleicht 
viermal  so  ausführlich,  als  das  des  Franzosen. 

Die  Aufschrift  „Anfangsgründe**  möchte  ich  nicht  als  Be- 
scheidenheitstitel  gelten  lassen ;  sie  fordert  von  dem  Verfasser  jene 
Beschränkung,  in  welcher  sich  der  Meister  zeigen  soll.  Darum 
hat  von  zwei  Elementarbüchem  das  stärkere  sich  vor  dem  dünneren 
zu  verantworten,  nicht  umgekehrt 

Endlicher  hat,  das  muss  ihm  wieder  zur  Ehre  nachgesagt 
werden,  die  Arbeiten  seiner  Vorgänger  recht  sorgfältig  benutzt 
und  wenigstens  die  ihm  durch  Uebersetzungen  zugänglichen  Texte 
der  älteren  Literatur  fleissig  in  seine  Collektaneen  extrahirt;  die 
Beispielsammlung  ist  grossentheils  sein  eigen.  Allein,  wenn  ich 
recht  urtheile,  so  hat  er  es  weder  verstanden,  weise  Maass  zu 
halten,  noch  seinen  Stoff  zweck-  und  sachgemäss  anzuordnen.  Der 
Schrift-  und  Lautlehre,  welche  R^musat  auf  34  Seiten  etwa  soweit 
behandelt,  als  es  dem  Anfänger  nöthig  ist,  widmet  er  160  Seiten. 
Dabei  behandelt  er  das  Lautsystem  in  einer  Weise,  die  zu  den 
ärgsten  Missverständnissen  führen  kann.  Er  redet  da  von  Grund- 
formen und  Steigerungen,  kurz  er  thut  —  vielleicht  ohne  es  zu 
wissen  — ,  als  hätten  wir  schon  eine  fertige  chinesische  Etymologie, 
vermöge  deren  wir  eine  complicirtere  Sylbe  als  Weiterbildung  der 
und  der  einfacheren  bestimmen  könnten. 

Li  der  eigentlichen  Sprachlehre,  Seite  162 — 360,  ist  die  Mehr- 
zahl der  Lehrsätze  dem  R^musat'schen  Buche  entlehnt;  zwischen 
hinein  haben  die  in  den  Julien'schen  Schriften  enthaltenen  Regeln 
und  Beobachtungen  Aufoahme  gefunden.  Aber  in  der  Anordnung 
des  Stoffes  weicht  der  Verfasser  gar  sehr  von  den  El^mens  ab. 
Jene  Zweitheilung  in  alten  und  neuen  Stil,  deren  Vorzüge  wir 
oben  kennen  lernten,  giebt  er  auf;  Beide  behandelt  er,  allerdings 


1)  CongT^  international  des  orientalistes,  Tome  I  pg.  385 — 389. 


612  ^-  ^'  OabdeniK,  Beitrag  mir  GesMeJUe  der  chinea.  Grammatiken. 

mit   ausdrücklicher  Hervorhebung,    nebeneinander.     Nun  möge  ein 
kurzes  aber  recht  vielsagendes  Register  folgen: 

A.  Von  den  vollen  Wörtern.  I.  Nennwörter:  1)  Haupt- 
wörter, a)  zusammengesetzte  Wörter;  b)  Eigennamen;  c)  Genus 
der  Hauptwörter;  d)  Numerus;  e)  Casus.  2)  Beiwörter:  a)  Von 
den  Beiwörtern  überhaupt;  b)  Vergleichungsstufen.  3)  Zahlwörter. 
II.  Fürwörter:  a)  persönliche  Fürwörter  u.  s.  w.  HI.  Zeitwörter: 
a)  verschiedene  Arten  derselben;  b)  Modus;  c)  Zeitformen;  d)  Person 
und  Zahl. 

B.  Von  den  leeren  Wörtern.  I.  Adverbien;  11.  Beziehungs- 
wörter; rn.  Conjunktionen ;  IV.  Interjektionen;   V.  Finalpartikeln. 

Damit  schliesst  das  Buch;  und  wenn  ich  die  eingehendere 
üebersicht  hätte  abschreiben  wollen,  so  würde  man  noch  deut- 
licher sehen,  wie  hier  eine  chinesische  Syntax  in  das  Prokrustes- 
bett einer  europäischen  Formenlehre  hineingezwängt  ist.  In  der 
That  finde  ich,  ausser  der  sehr  unerheblichen  Eintheilung  in  volle 
und  leere  Wörter  und  dem  so  imvermeidlichen  Kapitel  von  den 
Endpartikeln,  nichts,  was  an  eine  einsylbig-isolirende  Sprache 
denken  Hesse.  liemusat  hatte  doch  wenigstens  die  wichtigsten 
Hülfswörter  und  Wortstellungsgesetze  in  zusammenhängender  Re- 
capitulation  behandelt  und  so  den  Weg  einer  erspriesslichen  Lehr- 
methode vorgezeichnet.  Sein  Nachfolger  erspart  sich  dies,  d.  h. 
er  lUsst  das,  was  den  Genius  dieser  Sprache  ausmacht,  in  der  Um- 
hüllung. Jetzt  frage  ich:  ist  es  zu  hart,  wenn  man  behauptet, 
dass  Endlicher  der  Welt  mehr  genützt  haben  vmrde,  wenn  er  etwa 
den  Remusat  übersetzt  und  nur  durch  Einfügung  der  Julien'schen 
Regeln  ergänzt  hätte?  —  Man  findet  immer  und  immer  wieder 
die  „Anfangsgründe'*  in  linguistischen  Werken  angezogen ;  das  Buch 
ist  dadurch  zu  einem  Ansehen  gelangt,  das  es  meiner  Ueberzeugung 
nach  nicht  verdient. 

10)  A.  Bazin,    Grammaire  Mandarine,  ou  principes  g^n^raux 
de  la  langue  chinoise  parlöe.     Paris  1856,  8. 

üeber  Werke,  welche  die  heutige  Umgangssprache  behandeln, 
wage  ich  nur  mit  allem  Vorbehalte  zu  reden;  ich  würde  mich 
ihrer  Besprechung  völlig  enthalten,  wenn  sie  nicht  selbst  einander 
einigermaassen  controlirten.  Ist  A.  Bazin  meines  Wissens  nie  in 
China  gewesen,  so  waren  es  dafür  Andere,  deren  Arbeiten  ich  be- 
sitze, um  so  länger.  Auf  diese  muss  ich  mich  verlassen,  wenn 
ich  über  Jenen  urtheilen  will. 

Bazin  hatte  im  Jahre  1845  im  Journal  asiatique  ein  Memoire 
sur  les  principes  gent^raux  du  chinois  vulgaire  veröffentlicht  Er 
hatte  die  Entdeckung  gemacht,  dass  der  sogenannte  kudn-hod,  den 
Remusat  im  zweiten  Theile  seiner  Grammatik  dargestellt,  mit 
nichten  die  heutige  allgemeine  Verkehrssprache  des  Mittelreiches 
sei,  dass  diese  Verkehrssprache  in  der  That  keine  einsylbige  mehr 
genannt  werden  könne,  und  dass  viele  ihrer  Elemente  als  blosse 
Wox^iäAtmBmiitA^i^^  seien. 


«.  d.  OabdeniZt  Beitrag  ztir  Oesduehte  der  ehinee,  Cfrannmatihefu  613 

Die  grammaire  mandarine  ist  nach  des  Verfassers  ausge- 
sprochener Absicht  eine  Entwickelung  jener  Sätze.  Bazin  mag  in 
der  Verfolgung  seiner  Lieblingsideen  bisweilen  nach  Entdeckerart 
zu  weit  gegangen  sein;  z.  B.  möchte  ich  einsylbige  Verba  in  Ver- 
bindung mit  einsylbigen  Objekten  (S.  42 — 43)  nicht  als  wahre 
Composita  gelten  lassen,  weil  diese  Objekte  durch  davortretende 
Attribute  ohne  Weiteres  von  ihren  Verben  getrennt  werden  können, 
und  weil  die  betreffenden  Verba  wohl  eher  ein  Objekt  überhaupt, 
als  gerade  das  eine  bestimmte  Objekt  erfordern.  Paradigmata,  wie 
er  sie  an  zwei  Stellen  giebt,  sind  in  alle  Wege  dem  Sprachgeiste 
zuwider;  ich  betrachte  sie  indessen  als  harmlos,  da  der  Schrift- 
steller selbst  sich  gegen  etwaige  verfehlte  Schlussfolgerungen  deut- 
lich genug  verwahrt.  Nur  das  hätte  er  hervorheben  sollen,  das^ 
man  die  Ausdrücke  für  „ehemals,  zuvor,  vollenden,  künftig,  der- 
einst*, durch  welche  er  die  Präterita  und  Futnra  bildet,  überhaupt 
nicht  anwenden  muss,  sobald  von  einer  bestinmiten,  näher  be- 
zeichneten, vergangenen  oder  zukünftigen  Zeit  die  Bede  ist.  In 
solchen  Dingen  weicht  auch  das  Neuchinesische  selbst  von  den 
formenärmsten  unsrer  europäischen  Sprachen  weit,  weit  ab. 

Der  Hauptsache  nach  findet  unsres  Verfassers  Betrachtungs- 
weise in  den  Forschungen  anderer,  sehr  bewährter  Kenner  ihre 
Bewahrheitung.  Es  ist  leicht  einzusehen,  dass  diese  Theorie  eine 
ganz  andere  Scheidung  zwischen  Wort-  und  Satzlehre  zugleich  er- 
heische und  ermögliche,  als  die  von  dem  durchgängigen  Mono 
syllabismus.  Bei  Letzterer  kann  es  sich  fragen,  ob  die  einsylbigen 
Wörter  gewisse  Bildungen  als  aufgehobene  Momente  in  sich  ent- 
halten ;  in  ihrem  Verhalten  zu  einander  können  sie  nur  syntaktisch 
begriffen,  und  die  Syntax  kann  nur  in  eine  niedere  und  eine  höhere 
geschieden  werden.  Li  der  That  ist  die  Lehre  «von  den  zusammen- 
gesetzten Wörtern  auch  für  das  Verständniss  der  älteren  Sprache 
fruchtbarer,  als  man  glauben  sollte.  Auch  in  der  Sprachwissen- 
schaft kann  das  Spätere  ein  Früheres  erklären.  Ich  rede  hier  von 
jenen  Ansätzen,  von  jenen  embryonalen  Existenzen,  die  anscheinend 
noch  wenig  sind,  aber  gewiss  viel  werden  wollen.  Was  sich  mir 
in  Bazin s  und  Anderer  Werken  voll  entfaltet  darstellt,  davon 
glaube  ich  schon  in  den  ältesten  Sprachdenkmälern  der  Chinesen 
sehr  deutliche  Keime  zu  erkennen.  Nicht  als  meinte  ich,  gleich 
dem  Verfasser  der  Grammaire  mandarine,  dass  man  vor  Alters 
viel  anders  gesprochen,  als  geschrieben  habe,  sondern  ich  halte 
dafür,  dass  die  Tendenz  der  Sprache  gewisse  Wörter  zu  ständigen 
Einheiten  miteinander  zu  verknüpfen,  mindestens  ebenso  alt  sei, 
als  jene  ehrwürdigen  Urkunden,  und  dass  man  diese  besser  ver- 
stehe, wenn  man  jener  Tendenz  gebührender  Maassen  Rechnung 
trage.  Bemerkt  sei  übrigens,  dass  der  Verfisisser  die  Scheidung 
zwischen  Wort-  und  Satzlehre  nicht  immer  in  streng  folgerechter 
Weise  vollzieht;  §  124  z.  B.  hätte  besser  im  ersten  Theile  Auf- 
nahme gefunden.     Von  anderen,  mehr  blos  Einzelheiten  betreffenden 


614  P-^  OoM&ntiy  BeUrag  stur  Geschichte  der  ehimss.  Orammatibßmm 

Bedenken,  die  mir  beigehen,  mag  ich  in  diesem  An&atze  überhaupt 
nicht  reden. 

Am  Schlüsse  seines  Buches  kehrt  Bazin  zu  dem  zurück,  was 
wir  als  den  Angelpunkt  seiner  Lehre  kennen  lernten.  An  fünfund- 
zwanzig erläuterten  Beispielen  zeigt  er,  wie  verschieden  seine  langae 
mandarine  von  der  Sprache  der  Bomane  sei,  aus  welchen  B^musat 
(Primäre)  seine  Beispiele  und  Beobachtungen  entnommen.  Der 
Unterschied  ist  in  der  That  auffällig,  und  da  die  Uebertragungen 
von  einem  einheimischen  Sian-seng  herrühren,  so  darf  man  sich 
auf  sie  verlassen.  Mir  aber  giebt  dies  Eine  zu  denken,  dass  ein 
Kenner  wie  Premare  von  einem  so  beträchtlichen  Unterschiede 
nichts  sagt  Er  und  viele  seiner  damaligen  und  früheren  Berofis- 
genossen  standen  zu  den  Gebildetsten  des  Landes  in  viel  innigerer 
Beziehung  als  die  heutigen  Sendboten.  Möchte  man  da  nicht 
muthmaassen,  dass  damals  noch,  zum  Wenigsten  in  der  vornehmsten 
Gesellschaft,  die  Sprache  des  iürkiaa-li  und  des  Hcio-kkieu-tschuan 
die  gangbare  war? 

Die  Grammaire  mandarine  theilt  hinsichtlich  der  geschmack- 
voll kurzen  und  klaren  Darstellung  die  meisten  Vorzüge  der  £1^- 
mens.  Mit  ihr  verlasse  ich  die  französische  Schule ,  um  zurück- 
greifend einige  andere,  zum  Theil  ältere,  selbständige  Werke  zu 
betrachten,  ehe  ich  von  dem  jüngsten  Erzeugnisse  französischer 
Sinologie  rede. 

11)  J.  A.  Gon9alves,  Arte  china  constante  de  alphabeto  e 
grammatica,  comprehendendo  modelos  das  differentes  compo- 
si^oens.     Macao  1829,  klein  4.  ^) 

Die  Arte  china  bildet  mit  dem  Diccionario  China-Portaguez 
und  dem  Diccionario  Portuguez-China  ein  Ganzes,  in  dessen  Zu- 
sammenhange sie  der  Verfasser  gebraucht  imd  beurtheilt  wissen 
wollte.  Diese  grosse  dreitheilige  Arbeit  verfolgt  den  ausgesprochenen 
Zweck,  nicht  nur  die  Portugiesen  Chinesisch,  sondern  auch  die 
Chinesen  Portugiesisch  zu  lehren.  Wir  unsrerseits  können  es  nur 
mit  der  Grammatik  und  mit  dieser  nur  hinsichtlich  ihres  Lehr- 
werthes  für  Europäer  zu  thun  haben. 

Das  mehr  als  fünfhimdert  Seiten  haltende  Buch  erinnert  auf 
den  ersten  Blick  an  die  Notitia  des  P.  Primäre,  mit  welcher  es 
auch  im  Reichthume  an  Beispielen  wetteifert.  Allein,  wenn  nicht 
Alles  trügt,  ist  es  eine  vollkommen  selbständige  Arbeit,  deren  sehr 
tiefgehende  Abweichimgen  von  des  grossen  Jesuiten  Werke  wir 
bald  kennen  lernen  werden. 

Auch  Gon9alves  lehrt  die  Sprache  für  den  Gebrauch  im  Mittel- 
reiche, und  er  erwartet,  dass  diejenigen,  die  sich  seiner  Arte  be- 
dienen wollen,  einen  chinesischen  Lehrer  hinzuziehen.  Somit  er- 
spart er  sich  zunächst  die  Umschreibungen  der  chinesischen  Beispiele. 


*     1)  Bazin,  Gramm,  mandarine  pg.  36  erwähnt   eine  Grammatica  sinica  des> 
selben  Verfassen.     Von   der  Exbtenz  einer  solchen  habe  ich  sonst  nie  er£ahren. 


V.  d.  GahelenUs^  ßeHrag  zur  Gesehiehte  der  ckuMs.  Orammatiken,  615 

Allein  er  scheint  sich  sein  Ziel  weniger  hoch  gestellt  zn  haben, 
als  Primäre;  denn  die  lengua  volgar,  die  er  lehrt,  ist  das  Icudn- 
hod  des  gewöhnlichen  Lebens,  nicht  die  Sprache  der  eleganten 
Romane,  und  sein  estilo  sublime  ist  nicht  entfernt  in  dem  fein- 
sinnig wählerischen  Geiste  des  Primäre  behandelt.  Eigentliche 
Beobachtungen  und  Regeln  enthält  das  Buch  nur  in  sehr  geringer 
Anzahl  und  in  karger  Form;  was  der  Verfasser  seine  „regnTas** 
(Regeln)  nennt,  sind  ofk  nichts  weiter,,  als  Üeberschriften  zu  un- 
ausgesprochenen Regeln,  welche  der  Leser  sich  selbst  aus  den 
gegebenen  Beispielen  entnehmen  mag.  Ein  weiterer  Einblick  in 
die  Oekonomie  des  Buches  wird  erweisen,  inwieweit  dasselbe  über- 
haupt als  Grammatik  gelten  könne. 

S.  1 — 88  behandeln  das  ,Alphabeto  china**  in  Form  eines  Ver- 
zeichnisses der  phonetischen  Elemente  und  der  vom  Verfasser  auf- 
gestellten 129  Radikale.  S.  90 — 127  Phra-sen  im  niederen  und 
höheren  Stile.  S.  130 — 145  „Grammatik*',  in  welcher  die  Wieder- 
gabe europäischer  Sprachformen  durch  chinesische  HüKswörter  und 
Construktionen  an  Beispielen  gezeigt  wird.  S.  146 — 183  „Syntax**, 
davon  achtzehn  Seiten  Beispiele  für  den  Gebrauch  gewisser  P£u:tikeln 
der  höheren  Schreibweise;  S.  184 — 214  Uebungen  in  dieser  Schreib- 
weise. Es  folgen  mm  weiter  Gespräche  in  der  Umgangssprache, 
Sprüchwörter,  dann  S.  327 — 421  sehr  schätzenswerthe  Belehrungen 
über  gebräuchliche  mythologische  und  historische  Anspielungen  ^), 
S.  422 — 502  Proben  chinesischer  Composition.  Angefügt  ist  eine 
Arte  china  sem  letras  chinas  in  Mandarinen-  und  Canton-Dialekte, 
ganz  ohne  Regeln. 

Die  portugiesischen  Sätze  sind  in  der  eigentlichen  Grammatik 
und  den  geeigneten  Theilen  der  Syntax  immer  in  beiden  Dialekten 
parallel  wiedergegeben,  was  die  Vergleichung  Beider  sehr  erleichtert, 
gelegentlich  wohl  aber  auch  einen  gewissen  Zwang  auf  den  Ver- 
fasser ausgeübt  haben  mag. 

Es  dürfte  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  wir  für  unsere  philo- 
logischen Zwecke  der  Notitia  linguae  sinicae  vor  der  Arte  china 
entschieden  den  Vorzug  zu  geben  haben.  Allein  ein  schlechthin, 
oder  auch  nur  bedingt  abfälliges  Urtheil  soll  damit  über  Letztere 
keineswegs  ausgesprochen  sein.  Wer  an  der  Hand  anderer  Lehr- 
mittel die  ersten  Schwierigkeiten  der  Sprache  überwunden  hat, 
dem  öffnet  sich  hier  wieder  eine,  eben  durch  ihre  Eigenartigkeit 
höchst  wichtige  Fundgrube.  St.  Julien  citirt  die  Arte  china  oft 
und  gern,  Bazin  entlehnt  ihr  einen  grossen  Theil  seiner  Beispiele, 
und  unlängst  erst  hat  Graf  Kleczkowski  Band  I  seines  Cours 
graduel    et  complet  de  Chinois  parle  et  ^crit,  enthaltend:   phrases 


1)  W.  F.  Mayers,  The  Chinese  Reader's  Maniud,  a  Handbook  of  biographical, 
historical,  mythological  and  gonerally  literary  reference,  Shanghai  1874,  8.  ist 
ein  schätzbares  Nachschlagebuch.  Vgl.  meine  Anzeige  im  Lit.  Centralblatt,  1875, 
No.  28. 


616  V'  d.  OoMmäK^  Beitrag  sntr  Oetehiekte  der  ehnme.  Orawumt/Hketu 

de  la  langne  parl^e,  tir^es  de  TArte  Cbina  du  P.  Gon9&lYes,  Paris 
1876,  pp.  LXXn,  102  und  116,  8.  veröffentlicht 

Rein  praktische,  nicht  mit  grammatischer  Tendenz  yerfasste 
Lehr-  und  Hülf smittel ,  Phrasen-  und  Stilmustersanunlai^^n  wie 
die  von  Röchet,  Wade,  DoolitÜe  u.  A.  haben  im  Folgenden  un- 
berücksichtigt zu  bleiben. 

12)  (Bytschurin)  Jakinf,  Kitaiskaja  Grammatika.    St.  Peters- 
burg 1834,  XXn  und  241  Seiten,  gr.  4.,  lithographirt 

Dem  Verfasser,  einem  russischen  Mönche,  der  einen  sehr  grossen 
Theil  seines  Lebens  im  Mittelreiche  verbracht  hatte,  wird  wohl 
allgemein  ein  Platz  unter  den  tüchtigsten  Kennern  der  Sprache 
eingei^umt.  Seine  Grammatik  scheint  im  westlichen  Europa  wenig 
gekannt'  und  selbst  auf  antiquarischem  Wege  kaum  erlangbar  zu 
sein;  die  Sprache  des  Verfassers  selbst  scheint  ihr  wie  so  manch 
anderem  Buche  den  Weg  gen  Westen  versperrt  zu  haben.  Ich 
selbst,  kaum  erst  Anflüiger  im  Russischen,  wage  nur  zögernd  und 
mit  allem  Vorbehalte  über  das  Werk  zu  berichten. 

Dasselbe,  so  sehr  es  auf  eigenen  Füssen  steht,  erinnert  in 
manchen  Dingen  angenehm  an  R^musat's  El^mens.  Das  gleiche 
Streben  nach  lehrbuchmässiger  Kürze ,  UebersichÜichkeit  und  Be- 
stimmtheit, auch  etwa  derselbe  Umfang.  Anordnung  und  Dar- 
stellung sind  in  beiden  Büchern  sehr  verschieden.  Der  russische 
Gelehrte  handelt  von  Schrift  und  Aussprache  weit  ausfuhrlicher 
als  der  Franzose;  die  92  Vorschriften  der  Schönschreibekunst 
füllen  allein  23  Seiten. 

In  der  eigentlichen  Grammatik,  S.  57 — 137,  werden  der  alte, 
classische  Stil  und  die  Umgangssprache  nebeneinander  dargestellt, 
doch  so,  dass  Ersterer  überwiegt.  Auf  ein  einleitendes  Kapitel 
über  die  (funktionelle)  Veränderlichkeit  der  Wörter  und  die  Biede- 
theile,  folgen  nacheinander  die  Hauptstücke  über  Substantiv,  Ad- 
jektiv und  Zahlwort,  Pronomina  u.  s.  w.  mit  Zugrundelegung  der 
dem  europäischen  Schüler  geläufigen  grammatischen  Begriffe,  doch 
eigentlich  ohne  entstellendes  Zwangsjackenthum.  Die  drei  letzten 
Kapitel:  X,  über  die  chinesische  Vertheilung  der  Wörter  nach 
Redetheilen  S.  104 — 113,  XI  und  XII  über  die  Stellung  der  s.  g. 
vollen  und  der  s.  g.  leeren  Wörter,  S.  114 — 137,  sind  eben  spe- 
cifisch  chinesisch  angelegt.  Bei  den  Beispielen  vermisst  man  die 
wörtliche  Analyse. 

Ueber  hundert  Seiten  füllen  die  angehängten  „Tafeln",  welche 
etwa  zur  Hälfte  der  Schriftlehre  angehören  und  dann  weiter  die 
s.  g.  Numeralien  (classifyers),  die  Ehifurchts-  und  Bescheidenheits- 
Surrogate  für  die  Fürwörter  der  1.  und  2.  Person  und  endlich  die 
Waarennamen  des  russisch-chinesischen  Handelsverkehrs  aufführen. 
Zahlreiche  Fehler  in  den  sonst  sehr  sauber  gezeichneten  chinesischen 
Charakteren,  meist  des  Lithographen,  zuweilen  auch  des  Verfassers 
Schuld,  —  mindern  leider  die  Brauchbarkeit  des  Werkes,  und  die 
russisch -chinesische    Transscription    sollt«    dem   Westeuropäer    ein 


V.  d.  OabelentZt  BeUrtig  zur  Gese^ichie  der  chines,  OramnuUikeru  617 

GrSnel  sein.  Dies  Alles  liindert  nicht,  dass  ich  eine  üebersetzung 
des  Buches  von  berufener  Feder  wohl  wünschen  könnte ;  es  würde 
damit  der  noch  immer  unersetzten  Sprachlehre  B^musat's  vielleicht 
eine  fruchtbringende  Concurrenz  geschafifen.  Der  Uebersetzer  müsste 
nur  zugleich  Bearbeiter  sein  und  weglassen  oder  verändern,  was 
nur  dem  Bussen  zu  wissen  frommt,  oder  was  Jeder  anderwärts 
suchen  und  finden  wird.  Zwei  Umstände  wiegen  mir  schwer :  ein- 
mal die  Kennerschaft  des  Verfassers^  und  dann  die  Kürze  des 
Buches.  Es  wird  Zeit,  dass  wider  die  El^mens  ein  gleichberechtigter 
Mitbewerber  in  die  Schranken  trete,  gefällig,  dem  Anfänger  ge- 
widmet gleich  ihnen,  und  doch  aus  anderer  Schule.  Ich  meine 
ein  kurzes  Buch  für  den  Lehrzweck  des  europäischen  Bücher- 
sinologen, und  ein  Buch,  das  von  der  sprachwissenschaftlichen  Be- 
fähigung des  Lernenden  nicht  zuviel  erwartet. 

13)  Philo-Sinensis  (Karl  Gützlaff),  Notices  on  Chinese 
Grammar,  Part  I:  Orthography  and  Etymology.  Batavia 
1842,  148  Seiten.     8.     (Mehr  nicht  erschienen.) 

Der  Verfasser,  Missionar  der  Berliner  Gesellschaft,  war  18.26 
nach  Batavia,  1827  auf  eine  der  Molukken  gelangt,  und  da  er 
hier  für  die  Verbreitung  des  Evangeliums  unter  den  Chinesen 
thätig  sein  konnte,  so  ist  anzunehmen,  dass  er  bereits  früher 
sich  mit  deren  Sprache  beschäftigt  gehabt.  1828  begab  er 
sich  nach  Bangkok,  seit  1831  hat  er  in  China  gelebt,  wo  er 
mehrere  Bücher  in  der  Landessprache  veröffentlicht.  Praktische 
Kenntniss  dieser  letzteren  ist  also  bei  ihm  ohne  Weiteres  voraus- 
zusetzen. 

Seine  Notices  sind  Bruchstück  geblieben;  die  Syntax,  welche 
den  zweiten,  vermuthlich  grösseren  Theil  des  Werkes  einnehmen 
sollte,  hat  er  nie  veröffentlicht.  Die  Laut-  und  Schriftlehre, 
S.  1 — 16,  ist  sehr  kurz,  mehr  hindeutend  als  ausführend.  Ein 
recht  gutes  Kapitel  „On  Words",  S.  16 — 24,  die  allgemeine  Lehre 
von  ein-  und  mehrsylbigen  (zusammengesetzten)  Wörtern  enthaltend, 
bereitet  auf  das  vor,  was  der  Verfasser  Etymology  nennt.  Li 
Letzterer  werden  die  Bedetheile  nach  europäischer  Ordnung  und 
nach  Analogie  der  Formlehren  in  unseren  Grammatiken  behandelt; 
z.  B.  Cap.  I,  Substantivum :  a)  Artikel,  dessen  regelmässiger  Mangel ; 
Ausdrücke,  welche  gelegentlich  als  Surrogate  dafür  gelten  können; 
b)  Casus;  c)  Genus;  d)  Numerus,  auch  die  s.  g.  classifyers  oder 
numeratives  besprechend.  Cap.  11,  Adjectivum  u.  s.  w.  Es  ist 
anzuerkennen,  dass  in  der  Ausführung  dieses  Planes,  —  ich  meine 
im  Einzelnen,  —  der  Sprache  bei  Weitem  nicht  soviel  Zwang  an- 
gethan  wird,  als  man  von  vom  herein  befürchten  sollte.  Die  alt- 
klassische und  die  heutige  (ümgangs-)sprache  werden  zugleich  und 
wohl  auch  mit  ziemlich  gleicher  Ausführlichkeit  gelehrt,  aber  ge- 
bührend gegeneinander  hervorgehoben.  Das  Buch  mag  über  drei- 
tausend  Beispiele,    meist  volle  Sätze  enthalten,  etwa  halb  soviele 

Bd.  XXXII.  40 


618  V'^  OabdenUt  Beitrag  zur  Ue^hiehte  der  ekUtee.  OrammaiikeiL, 

als  Pr^mare's  Notitia  ^).  Dabei  ist  das  Buch  keineswegs  eine  Bei- 
spielsammlung  nach  Art  der  Arte  china  des  GonQalves,  sondern 
es  wird  jeder  der  mehreren  hundert  Paragraphen  durch  Kegeln 
oder  Beobachtungen  eingeleitet.  Die  Transscription  der  chinesischen 
Wörter  ist  die  schlechte  Morrison  sehe ,  aber  fiir  den  Forscher 
immer  noch  besser,  als  das  von  vielen  Neueren  angenommene 
Pekinger  Lautsystem.  Von  den  Accenten  ist  leider  nur  der  vierte, 
eingehende,  angedeutet  Die  Uebersetzimg  der  Beispiele  lässt  wohl 
öfter  zu  wünschen  übrig;  allein,  das  ist  auch  bei  Primäre  der 
Fall  und  ein  Vorwurf,  welcher  weniger  den  Schriftsteller,  als  den 
damaligen  Stand  der  Sinologie  trifft  Die  Erfahrung  lehrt,  dass 
zwei  Sprachen  sich  lange  aneinander  gemessen  haben  müssen,  ehe 
die  entsprechendsten  Uebersetzungsfoimen  zwischen  ihnen  fest- 
gestellt sind. 

Leider  wird  die  Brauchbarkeit  des  Buches  durch  eine  wahr- 
haft erbärmliche  Ausstattung  sehr  beeinträchtigt.  Blasser  Druck 
ohne  Auszeichnung  der  Umschreibungen  chinesischer  Sjlben  vor 
dem  englischen  Texte,  leidlich  gezeichnete,  aber  winzig  kleine 
chinesische  Charaktere,  dünnes  Papier,  durch  welches  der  auf  der 
Bückseite  befindliche  Druck  durchschimmert,  —  kurz  eine  wahre 
Marter  für  die  Augen  des  Lesers. 

14)  Jos.  Edkins,  A  Grammar  of  the  Chinese  colloqoial 
Language,  commonly  called  the  Mandarin  Dialect.  Shanghai 
1857,  264  S.     8.     2d  ed.  Shanghai  1864,  gr.  8. 

Der  Londoner  Missionar  J.  Edkins  hatte  bereits  im  Jahre  1853 
„A  Grammar  of  Colloquial  Chinese,  as  exhibited  in  the  Shanghai 
Dialect,  Shanghai,  247  S.  8.*^,  veröffentlicht,  ein  Buch,  in  welchem 
er  feine  granmiatische  Beobachtungsgabe,  gute  linguistische  Schulung 
und  grosses  Geschick  der  Anordnung  und  Darstellung  seines  Stoffes 
bewiesen.  All  dieses  Lob  gebührt  seiner  Mandarin  Grammar  in 
gleichem,  stellenweise  selbst  in  noch  höherem  Grade.  Der  Ver- 
fasser ist  unter  den  Granunatikem  der  Erste,  welcher  eine  gründ- 
liche Untersuchung  des  chinesischen  Laut-  und  Tonwesens  unter- 
nommen hat.  Er  untersucht  die  älteren  schriftlichen  Quellen  der 
Chinesen,  hält  sie  mit  den  heutigen  Dialekten  vergleichend  zu- 
sammen und  verfährt  dabei  nach  einer  Methode,  die  den  strengen 
Anforderungen  unsrer  Lidogermanisten  entsprechen  dürfte.  Lisoweit 
das  Kapitel  „on  Sound*  auf  die  Ermittelung  des  altchinesischen 
Lautbefundes  abzweckt,  enthält  es  zugleich  das  fast  fertige  Pro- 
gramm zu  des  Verfassers  unlängst  erschienener  Litroduction  to  the 
Study  of  the  Chinese  Characters  (London,  1876,  gr.  8.)  *).     Ueber 


1)  Remusat's  Angabe  über  diese,  Elemens,  pg.  X,  beruht  wohl  auf  einem 
Rechenfehler. 

2)  Angezeigt  von  Pott,  Gott.  Gel.  Anz.  1877,  Stück  11  und  12,  und  von 
mir,  Literar.  Centralblatt  1877,  No.  14,  S.  470—471.  —  Eine  eingehendere  Be- 
sprechung behalte  ich  mir  vor. 


».  d.  Oabelents,  Beürag  ttur  Ge$cluchte  der  oMms,  Orammatiken.  619 

seine  ansfährliche  und  anscheinend  sehr  rationale  Darstellung  des 
Betonungswesens  mögen  Solche  urtheilen,  welche  an  Ort  und  Stelle 
beohachten  können. 

Bazin  gefiel  sich  in  der  Entdeckung,  dass  die  heutige  ge- 
bildete Umgangssprache  der  Chinesen  ein  Anderes  sei  als  was  uns 
Premare  und  B^musat  als  Neu-  oder  Yulgärchinesisch  lehren.  >  Wo 
Jener  Gegensatz  sieht,  da  erkennt  der  Engländer  Entwicklimg. 
Auch  sein  Zweck  ist  zunächst  der,  in  die  Sprache  des  jetzigen 
Verkehrs  einzuführen;  allein,  er  ist  sich  des  Zusammenhanges 
zwischen  dieser  und  den  älteren  Phasen  des  Chinesischen  zu  wohl 
bewusst,  als  dass  er  nicht  dem  ursprünglichen,  monosyllabisch- 
isolirenden  Gepräge  der  Sprache  immer  Bechnung  tragen  sollte. 
Sein  Buch  ist  nicht  nur  dreimal  grösser,  sondern  auch  viel 
schwieriger  als  das  Bazin'sche;  zugleich  ist  es  entsprechend  reich- 
haltiger, sowohl  an  Beispielen  als  an  Begeln,  leider  aber,  wenigstens 
in  der  mir  vorliegenden  ersten  Auflage,  nicht  ganz  so  übersicht- 
lich, wie  es  hätte  sein  können  und  sollen.  Man  vermisst  jene 
kurzen  Paragraphen,  jene  typographischen  Hervorhebungen  der 
Begeln,  Beispiele,  Bemerkungen,  welche  ausfuhrlichere  Lehrbücher 
handlich  machen. 

Die  Eintheilung  des  zweiten  Hauptabschnittes:  „The  parts  of 
Speech*^  ist  die  uns  geläufige.  Die  Syntax  enthält  die  Kapitel: 
Ueber  Bection  (govemment),  —  Einfluss  der  Wortstellung  aiif  die 
Redetheile,  —  Kürzung  und  Erweiterung,  —  Innerer  Satzbau,  — 
Aeussere  Beziehungen  der  Gruppen,  —  Einfache,  —  Coordinirte,  — 
Subordinirte  Sätze,  —  Ellipse  und  Pleonasmus,  —  Antithese,  — 
Rhythmus.  Man  sieht,  hier  werden  wir  ganz  in  das  Wesen  des 
chinesischen  Sprachbaues  eingeführt,  bis  zu  der  ihm  eigenen  Ver- 
mählung von  Stilistik  und  Grammatik.  Drei  Anhänge  über  neuere 
einheimische  sprachliche  Forschungen,  über  die  Literatur  des  s.  g. 
Mandarinendialekts  und  über  dessen  südliche  Form  beschliessen 
das  Buch. 

Mir  scheint,  der  europäische  Sinolog  werde  gut  thun,  an  das 
Studium  dieses  trefflichen  Werkes  nicht  zu  früh  zu  gehen.  Einige 
Bekanntschaft  mit  dem  Altchinesischen  sollte  er  ohnehin  mitbringen; 
allein  auch  eine  gewisse  vorläufige  Bekanntschaft  mit  der  heutigen 
Umgangssprache  deucht  mir  erwünscht.  Der  Verfasser  selbst  hat 
in  seinen  „Progressive  Lessons"  0  ^^^  gutes  vorbereitendes  Buch 
geschaffen ;  aber  auch  Bazin's  Grammaire  mandanne  oder  der  erste 
Band  von  Pemy's  Gnunmaire  de  la  langue  chinoise  (wovon  später), 
werden  den  Zutritt  zu  diesem  Lehrbuche  ebenen.  Dasselbe  ist 
nichts  weniger  als  für  Anfänger  bestimmt.  Die  Beispiele  sind 
nicht  analysirt  und,  soviel  ich  sehe,  durchaus  nicht  auf  eine  me- 
thodisch schrittweise  Vermehrung  des  Wortschatzes  berechnet.   Ihre 


1)   Deutsch   fibersetzt  und   erläutert  unter  dem  Titel:   Deutsch-chinesisches 
Conversationsbuch  von  Joseph  Haas;  Shanghai  1871,  197  Seiten,  8. 

40  • 


620  V'  ^'  GabßlmtM,  Beitrag  »ur  Oeschichte  der  chinee, 

gewaltige  Zahl  wird  den  Anfänger  ebenso  hemmen  und  stören,  wie 
den  tiefer  Forschenden  entzücken.  Statt  jener  knöchernen  positiven 
Regeln,  —  der  Commando werte,  mit  denen  der  Sprachmeister  seine 
Becmten  drillt,  —  oft  kluge  kritische  Betrachtangen,  als  redete 
der  Verfasser  zu  Seinesgleichen. 

15)  Wilh.  Schott,  Chinesische  Sprachlehre.    Zum  Gebrauche 

bei  Vorlesungen  und  zur  Selbstimterweisung.    Berlin  1857, 

169  S.     gross  4.     Hierzu: 

De  SS.     Zur  chinesischen  Sprachlehre.     Berlin  1868,  4. 
Schott's  Sprachlehre  ist  überwiegend  der  classischen  und  nach- 
classischen  Sprache  gewidmet,  imd  in  der  genial  selbständigen  Art 
wie  diese  aufgefasst  und  behandelt  wird,   erblicke  ich  die  hervor- 
ragende   Bedeutung    des    Buches.      Der    Verfasser,    weniger    aus- 
schliesslich Sinolog  als  die  Meisten  seiner  Vorgänger,  mehr  Linguist 
als  sie  Alle,  —  den  einzigen  Remusat  etwa  ausgenommen,  —  hat 
den  Versuch  gewagt,    der   chinesischen  Grammatik   eine  Form  zu 
geben,  welche  keine  andere  Voraussetzung  kennt,  als  den  Bau  der 
Sprache  selbst.     Man  muss  die  Neuheit  und  Kühnheit  eines  solchen 
Unternehmens  voU  würdigen,  wenn  man  dem  Buche  Gerechtigkeit 
will  widerfahren  lassen.     Hätte  der  Verfasser  statt  dessen  ein  blosses 
ausführliches  Programm  drucken  lassen,  so  hätte  dies  genügt,  um 
ihm   auf   alle  Zeiten   den   hervorragenden  Platz   in  der  Geschichte 
der  chinesischen  Grammatik  zu  sichern,  welcher  ihm  meiner  üeber- 
zeugung  nach  gebührt. 

In  Bücksicht  auf  technische  Aeusserlichkeiten  steht  Schott's 
Werk  hinter  den  meisten  anderen  zurück.  Keine  numerirten  Haupt- 
stücke, Kapitel,  Paragraphen;  schlechte  Marcellin-Legrand'sche 
Typen  für  das  Chinesische,  —  zuweilen  wahre  Monstra  — ,  der 
deutsche  Text  in  jener  Orthographie,  die  den  Leser  anmuthet  etwa 
wie  ein  drückender  Stiefel  den  Fusswanderer ,  ein  gleich  hin- 
laufender, der  wirksamsten  Hervorhebungsmittel  entbehrender  Druck, 
zahlreiche  Anmerkungen  unter  der  Linie,  kein  systematisches  In- 
haltsverzeichniss ,  —  nur  zu  einigem  Ersätze  Seitenüberschriften. 
Man  könnte  meinen,  ein  CoUegienheft  vor  sich  zu  haben:  droben 
das  Diktat  des  Professors,  unten  seine  mündlichen  Glossen,  die  ein 
fleissiger  Zuhörer  nachgetragen!  Und  in  der  That  ist  der  Stil 
selbst  vieler  Orten  nicht  der  streng  disciplinirte  eines  Lehrbuches, 
sondern  der  eines  belehrenden  Vortrages  mit  gelegentlichen  kleinen 
Excursen. 

In  dem  propädeutischen  Theile  geht  die  Laut-  und  Wurzel- 
lehre, wie  billig,  der  Schriftlehre  voraus.  Dass  der  Verfasser  sieh 
folgemässig  behindert  gesehen  hat,  vor  der  Schriftlehre  chinesische 
Zeichen  anzuwenden,  mindert  freilich  den  Werth  der  Beispiele. 
Und  wäre  die  Lehre  von  den  zusammengesetzten  Wörtern,  S.  12 
— 15,  nicht  besser  dem  Kapitel:  Chinesische  Wörter  als  Satz- 
theile,  S.  52,  einzuverleiben  oder  unmittelbar  vorauszuschicken 
gewesen? 


V.  d,  Gahdentz^  Beitrag  zur  OeschichU  der  chines,  Grammatiken,  621 

Gefährlich  scheint  mir  der  Gebrauch,  den  der  Verfasser,  frei- 
lich in  Uebereinstimniung  mit  den  Meisten  seiner  Vorgänger,  von 
dem  Ausdrucke  „Wort*  macht.  Sylben  wie  rna,  Suj  ngo,  ht,  ho, 
hoa,  hu,  kSü  u.  s.  w.  kommen  in  allen  fiinf  Tönen  (Accenten, 
Stimmbiegungen)  vor  und  entsprechen  wieder  in  den  meisten 
derselben  mehreren  Schriftzeichen  von  ganz  verschiedenem  Begriflfs- 
werthe,  die  ofb  in  den  Dialekten  unter  sich  verschieden  aus- 
gesprochen werden.  Nun  ist  bekanntlich  dem  chinesischen  Worte 
die  Betonung  adhärent:  mä,  mä,  mä,  ind  und  mä  hält  kein  Chi- 
nese für  das  nämliche  Wort.  Der  Verfasser  thut  dies  aber,  oder 
vielmehr  er  scheint  es  nach  der  Meinung  jedes  Nichtkenners  zu 
thun.  Wollte  er  nun  selbst  hier  fünf  verschiedene  Wörter  an- 
nehmen, so  würde  ich  ihm  noch  nicht  beipflichten.  Denn  was 
bürgt  bei  der  bekannten  lautlichen  Verschliffenheit  des  Neu- 
chinesischen dafür,  dass,  was  heute  gleichlautend  und  gleichtönend 
ist,  es  auch  vor  Alters  gewesen  ?  Dass  der  s.  g.  eingehende  Accent 
{mä)  aus  dem  Schwunde  einer  wortschliessenden  muta  entstanden, 
weiss  man  bereits.  Allein  auch  ohnedem:  wer  würde  „sein*  = 
suum,  und  „sein"  =  esse  für  ein  Wort  ausgeben?  Ich  schlage 
vor,  ma  (gleichviel  wie  betont)  als  einen  Lautcomplex,  md,  mh^ 
md,  mä  als  vier  Sylben,  endlich:  mh^  Pferd,  mh  ein  Geldgewicht 
und  mh,  Achat,  als  drei  Wörter  zu  bezeichnen. 

Seite  4  heisst  es :  „Es  giebt  kein  durch  Ableitung  entstandenes 
Wort .  . .  .,  keine  angefügte  oder  gar  eingekörperte  Zeichen  gram- 
matischer Verhältnisse.  Der  anziehenden  Kraft  wirkt  überall  eine 
abstossende  entgegen,  die  jedes  Stammwort,  wie  eng  auch  die  Ver- 
bindung sei,  isolirt  hält".  Dem  wird  von  manchen  Seiten  wider- 
sprochen. In  Peking  z.  B.  verbindet  man  das  Wort  erh  (rt)  = 
Kind,  wenn  es  als  diminutives  SubstantivsufQx  dient,  mit  dem 
davor  befindlichen  Worte  zu  einem  neuen,  auf  rh  auslautenden 
Einsylbler ;  so  wird  j^n  +  ^h  :  jerh^  ptng  +  irh  :  pterh^  pän  + 
erh  :  pärh  (Haas,  deutsch-chines.  Conversationsbuch,  S.  8).  So 
entsteht  aus  tsah  =  früh  +  whn  =  spät  das  vulgäre  Wort: 
tsdn  =  Zeitdauer  (daselbst  S.  4  der  Aufgaben).  So  scheint  schon 
in  den  Classikem  du  (rad.  149)  mancher  Orten  aus  einer  Zu- 
sammenziehung von  ci  (dem  Objektspronomen)  >f-  hu  (Präposition 
und  Finale)  entstanden  zu  sein;  z.  B.  Lün-iil  VJ,  IV;  XI,  XXI; 
XIII,  n,  2;  XIII,  XV,  1;  XV,  XX.  Im  Dialekte  von  Chin-cheu 
werden  wohl  von  nifb-men^  vl-men  ingan^  nin  =  wir,  ihr,  abge- 
leitet ;  und  ähnlich  werden  wir  uns  vielleicht  den  Hergang  in  vielen 
der  Fälle  denken  müssen,  wo  neue  Wörter  in  der  Schriftsprache 
Aufnahme  gefanden  haben  *). 


1)  Graf  Kleczkowsky,  Cours  graduel  et  complet  du  Chinois  parlö  et  dcrit, 
T.  I,  partio  fran^aise,  pg.  34 fg.,  führt  noch  erstaunlichere  Beispiele  an:  hHl  für 
kH-lai,  haot  für  hao-ti,  fügt  aber  freilich  hinzu:  Dans  la  realit^,  il  n'en  va 
peut-dtre  pas  tout-ä-fait  ainsi! 


622  ^'  ^'  OabdentZf  Beitrag  zur  Geschichte  der  chmes,  GrammeUMkem, 

Seite  30:  «Ueberhaupt  kann  man  die  chinesische  Schrift  in 
jeder  Sprache  lesen*.  Gleichfalls  ein  oft  gehörter  Aussprach,  der 
erst  in  einem  so  bedeutenden  Buche  Wiederhall  finden  musste, 
ehe  er  der  Widerlegung  bedurfte.  Wäre  er  zutreffend,  so  wäre 
die  chinesische  Schrift  überhaupt  keine  Schrift,  so  gäbe  es  über- 
haupt keine  Wortschrift,  sondern  die  chinesischen  Charaktere  stünden 
auf  gleicher  Stufe  mit  unseren  Ziffern,  deren  sogenanntes  Lesen 
selbst  eher  ein  Deuten  oder  üebersetzen  ist.  Lesen  wir  doch,  wie 
wir  sagen,  in  den  arabischen  Zahlzeichen  Dinge,  die  gar  nicht  ge- 
schrieben sondern  nur  durch  die  Stellung  ausgedrückt  sind.  Denn 
wie  verhält  sich  19  zu  undeviginti,  96  zu  quatre-vingt-seize  ?  Die 
chinesische  Schrift  ist  so  gut  wie  irgend  eine  die  sichtbare  Dar- 
stellung der  Sprache,  welcher  sie  zugehört.  Die  Frage  ist  nur, 
auf  welcher  Stufe  der  Analyse  sie  ihre  Sprache  gefasst  hat,  welcher 
Art  Einzelheiten  sie  darstellt.  Nim  ist  sie  nicht  Buchstabenschrift 
wie  die  unsere,  auch  nicht  (phonetische)  Sylbenschrift  wie  die 
japanische  oder  tscherokesische,  sondern  WortschrifL  Dies  darf 
sie  sein,  weil  und  insoweit  die  von  ihr  unveränderlich  bezeichneten 
Worteinheiten  selbst  unveränderlich  sind.  Jetzt  versuche  man  es, 
eine  Wortschrift  fiir  eine  agglutinirende  oder  flektirende  Sprache 
zu  erfinden,  oder  man  versuche,  in  einer  solchen  Sprache  einen 
chinesischen  Text  abzulesen,  ohne  etwas  darin  umzustellen  oder 
zu  ergänzen.  Schneidet  man  gewissenhafter  Weise  von  den  deutschen 
oder  türkischen  Wörtern  die  Endungen  weg,  so  liest  man  eben 
nicht  mehr  deutsch  oder  türkisch.  Der  Japaner,  dessen  Verfahren 
man  mir  entgegenhalten  könnte,  liest  entweder  das  Chinesische  in 
seiner  verderbten  Aussprache  Wort  für  Wort  ab,  oder  er  ver- 
wandelt es  vermittels  eines  künstlichen  Apparates  von  Lesezeichen 
in  einen  möglichst  adäquaten  Ausdruck  seiner  Sprache,  oder  end- 
lich er  übersetzt  es  ganz  so  wie  wir  dies  thun  müssen. 

Dass  Schott  sich  in  diesem  ersten  Theile  seines  kurzen  Lehr- 
buches nicht  auf  Untersuchungen,  wie  sie  bei  Edkins  gerühmt 
wurden,  einlassen  konnte,  liegt  in  der  Natur  der  Sache.  Was  er 
hier  giebt,  darin  steht  er  Keinem  der  Uebrigen  nach,  und  dass  er 
ims  mit  fruchtlosen  Weitschweifigkeiten,  wie  sie  Endlicher  in  seiner 
Lautlehre  vorträgt,  verschont,  das  versteht  sich  wohl  bei  einem 
Sprachforscher  seines  Ranges  von  selbst.  Ich  wiederhole  es,  nur 
die  Vorliebe  fiir  sein  Buch  kann  mich  veranlassen,  daraus  soviel 
hervorzuheben,  was  ich  bei  den  Anderen  mit  Stillschweigen  über- 
gangen habe. 

Ueber  die  Grammatik  im  engeren  Sinn,  S.  52 — 165,  welcher 
vorzugsweise  die  vielen  und  gehaltvollen  Nachträge  und  Be- 
richtigungen der  Schrift:  ^Zur  chinesischen  Sprachlehre*  gewidmet 
sind,  muss  ich  nun  in  fortlaufendem  Auszuge  berichten.  Sie  be- 
handelt, wie  angedeutet,  den  neueren  Stil  nur  nebenher,  so  zu 
sagen  einstreuend,  und  hat  ihre  Beispiele  für  den  alten  Stil  zum 
nicht  geringen  Theile  nachclassischen  Werken  entlehnt.     Dies  wäre 


v.  d.  GrdbeUniz,  Batrag  »ur  GeschictUe  iier  chines.  Grammaüken.  623 

ein  Nachtbeil,  wenn  der  Verfasser  wie  Prömare  in  der  Kunst  edler 
Schreibweise  Unterricht  ertheilen,  wenn  er  nicht  vielmehr  für  das 
Verstfindniss  jederlei  höherer  Lektüre  vorbereiten  wollte.  Dass 
dabei  oft  seltenere,  dem  Anflbiger  entbehrliche  Schriftzeichen  mit 
vorkommen,  ist  bei  dem  verhältnissmässigen  Reichthume  an  Bei- 
spielen kaum  von  Belang.  Diese  Beispiele  sind  aber  durch  Wort* 
für-Wort-üebersetzungen  xmd  oft  noch  durch  angeknüpfte  Be- 
trachtungen in  dankenswerthester  Weise  erläutert. 

Einem  kurzen  einleitenden  Kapitel:  „Chinesische  Wörter  als 
Redetheile  ausser  der  Satzverbindung'^  wird  ein  Verzeichniss  der 
Pronomina  angef&gt.  Der  Verfasser  sagt  S.  52:  „Da  diese  ihrer 
Form  nach  nichts  Auszeichnendes  haben,  so  scheint  es  nicht  minder 
überflüssig  von  ihnen,  als  von  jedem  anderen  Bedetheile,  abge- 
sondert zu  handeln.  Jedoch  u.  s.  w.*  Ihrer  Form  nach  gewiss 
nicht;  das  Chinesische  kennt  ja  nur  syntaktische  Unterscheidungs- 
mitt«l.  Was  aber  eine  eigena^ige  syntaktische  Behandlung  erfährt, 
das,  sollte  ich  meinen,  kennzeichnet  der  Sprachgeist  eben  dadurch 
so  stark,  wie  er  es  vermag,  als  etwas  Besonderes.  Nun  erfahren 
die  chinesischen  Wortstellungsgesetze  eine  Ausnahme,  welche 
Stanislas  Julien,  Syntaxe  nouvelle.  Band  I  S.  147 — 149  als  Ant6- 
position  bezeichnet.  Sie  besteht  darin,  dass  in  gewissen  Fällen 
das  Objekt  vor,  statt  der  allgemeinen  Begel  nach  hinter  das  re- 
gierende Verbum  tritt.  Die  Erscheinung  ist  dem  Verfasser  nicht 
entgangen,  vgl.  S.  63  und  80 ;  ich  selbst  habe  sie  in  etwa  sechszig 
Beispielen  beobachtet  und  gefunden,  dass  sie  an  gewisse,  scharf 
begränzte  Voraussetzungen  gebunden,  dass  aber  allemal  das  voran- 
stehende Objekt  ein  Pronomen  ist.  Ausser  den  Finalen  und  einigen 
anderen  Partikeln  von  vermuthlich  pronominalem  Ursprünge  wüsste 
ich  keinen  Bedetheil,  der  sich  einer  gleich  wirksamen  Auszeichnung 
zu  erfreuen  hätte. 

Der  Abschnitt:  Verhältniss  der  Satztheile  und  Sätze,  sofern 
es  aus  blosser  Stellung  sich  ergiebt,  wird  ohne  Weiteres  durch 
das  Kapitel:  Nennwort  zum  Nennworte  eröffiiet.  Ich  hätte  ge- 
wünscht, hier  eine  Darstellung  derjenigen  Stellungsgesetze,  welche 
alle  Redetheile  ohne  Unterschied^  beherrschen ,  vorausgeschickt  zu 
sehen;  die  einzelnen  Kapitel  hätten  sich  dazu  wie  soviele  Schöss- 
linge  zur  gemeinsamen  Wurzel  verhalten,  und  die  folgenden  Ab- 
schnitte über  abhängige  und  Zwischensätze,  über  die  Partikeln,  wären 
selbst  wieder  aus  jenen  Grundgesetzen  organisch  zu  erklären  gewesen. 

Zu  den  Nennwörtern  rechnet  der  Verfasser  S.  58  mit  Recht 
auch  diejenigen,  „welche  zu  den  allgemeinsten  Bezeichnungen  einer 
Oertlichkeit  gehören*,  Theil-  und  Beziehungswörter  möchte  ich  sie 
nennen;  denn,  wie  er  S.  160  ergänzt,  gehört  auch  kü,  Ursache, 
dazu.  Diese  alle  durchwandern  nach  sehr  bestinmiten  Gesetzen 
eine  grosse  Zahl  der  Redetheile  im  europäischen  Sinne  des  Wortes 
(vgl.  Julien,  Exercices  pratiques  pg.  176,  178,  183;  Syntaxe 
nouvelle  I,  pg.  269,  270,  272),  und  diese  Vielseitigkeit  ist  för  sie 


624  V-  d-  OabelerUXt  Beitrag  zur  Geschichte  der  chinee. 

in  einer  Weise  kennzeichnend,  yod  welcher  ich  an  einer  späteren 
Stelle  mehr  reden  werde. 

S.  59:  („Wenn  Nomina  unmittelbar  auf  einander  folgen,  so 
können  sie  bilden:)  F.,  ein  Yerhältniss  von  Subjekt  und  Prädikat, 
bei  welchem  die  Gopula  im  Sinne  bleibt.  Ersteres  geht  alsdann 
immer  yoraus*'.  Eine  Ausnahme  kann  meines  Wissens  doch  statt- 
finden, ich  meine  in  ausrufenden,  Bewimderung,  Erstaunen,  Freude 
oder  Kummer  ausdrückenden  Sätzeu.  Unter  welchen  näheren  Be- 
dingungen dies  aber  zulässig,  und  ob  nicht  doch  mit  der  Annahme 
eines  blossen  Attributivverhältnisses  auszukommen  sei,  wäre  wohl 
nur  durch  ganz  besondere  Untersuchungen  festzustellen. 

Kapitel  2:  Verbum  zu  Verbum.  Die  Lehre  von  den  Be- 
ziehungen zweier  unmittelbar  aufeinander  folgender  Wörter  von 
vorwiegend  verbaler  Bedeutung  nimmt  ausschliesslich  der  An- 
merkungen kaum  mehr  als  eine  Seite  Raum  ein.  Nun  giebt  es 
eine  grosse  Anzahl  Wörter  dieser  Kategorie,  welche  regelmässig 
oder  doch  besonders  gern  in  Verbindung  mit  anderen  Verben  ge- 
braucht werden,  Hülfsverben,  welche  als  solche  ein  anderes  Verbum 
entweder  als  ihr  Objekt  hinter,  oder  —  so  zu  sagen  als  ein  sie 
bestimmendes  adverbiales  Particip  —  vor  sich  haben  müssen. 
Manche  von  ihnen  sind  fast  nur  noch  als  Partikeln  (l^räpositionen) 
im  Gebrauche  imd  demgemäss  vom  Verfasser  in  der  Lehre  von 
den  Hülfswörtem  behandelt;  der  andere  Theil,  und  wohl  der 
grössere,  modificirt  den  Verbalbegriff  nach  seiner  Möglichkeit  oder 
Nothwendigkeit ,  seinem  Bevorstehen,  VoUendetsein  u.  s.  w.  Zu 
den  Aeusserungen  des  Formensinnes  in  der  Sprache  dürften  also 
auch  sie  zu  rechnen  sein;  Dank  ihrer  vermag  der  Chinese,  wenn 
er  will,  den  Aus-  und  Eindruck  seiner  Bede  sehr  mannichfarbig 
abzuschatten,  und  darum  ist  genauere  Vertrautheit  mit  ihnen  für 
den  Theoretiker  und  für  den  Praktiker  gleich  erspriesslich.  Zwei 
derselben,  läi  und  k*iü  ,  mehr  der  neueren  Sprache  angehörend, 
hat  der  Verf.  auf  Seite  140 — 142  besprochen;  von  den  übrigen 
erwähnt  er  nur  im  gegenwärtigen  Kapitel  einige  als  Beispiele; 
andere,  welche  gewisse  ständige  Verbindiingen  mit  Partikeln  ein- 
gehen, werden  insoweit  bei  Letzteren  mit  berücksichtigt. 

Das  dritte  Kapitel,  Nomina  und  Verba  zu  einander,  S.  62 
— 67,  dazu  Nachtrüge:  Zur  chinesischen  Sprachlehre,  S.  34 — 36, 
behandelt  einen  für  den  Anfänger  sehr  schwierigen  Theil  der 
Grammatik  mit  ebensoviel  Kürze  als  Klarheit.  Kapitel  4:  ^Ad- 
verbien zu  anderen  Redetheilen** ,  enthält  dem  Pltmo  des  Werkes 
gemäss  nur  die  Woiistellungsgesetze ,  nicht  aber  eine  Aufzählung 
der  Adverbien.  Kapitel  5  ist  der  Verdoppelung  der  Wörter  ge- 
widmet, Kapitel  6,  ergänzt  a.  a.  0.,  S.  38 — 40,  den  abhängigen 
Sätzen  und  Zwischensätzen,  —  immer  sofern  sich  ihr  Verhältniss 
aus  der  Stellung  und  dem  Zusanunenhange ,  ohne  Hülfswörter, 
ergiebt.  Ein  kurzer  Zusatz  deutet  hin  auf  die  Vorliebe  der  Chinesen 
für  rhythmische  Satztheilung. 


V,  d,  Oabeleniz,  Beitrag  zur  Geschichte  der  chines,  Grammatiken,  625 

Dies  der  Inhalt  des  ersten  Abschnittes,  meiner  üeberzeugung 
nach  des  vollendetsten  Stückes  chinesischer  Qrammatik,  das  bisher 
geschrieben  worden.  Wo  Julien  Einschlägiges  behandelt,  da  hat 
er  dies  meist  praktisch  übersichtlicher,  leichter  fasslich,  aber  auch 
sehr  mechanisch,  nie  in  systematischem  Zusammenhange  gethan. 
Wenn  ich  erwähnte,  dass  man  hier  Nachrichten  über  den  Gebrauch 
der  einzelnen  Postpositionen,  HülDsyerben ,  Adverbien  nicht  finden 
werde:  so  that  ich  dies  nur,  weil  sich  dergleichen  im  ganzen 
Buche  nicht  vorfindet,  nicht  aber  weil  man  berechtigt  wäre,  es  in 
diesem  Abschnitte  zu  suchen.  Hätte  der  Verfasser  nicht  gemeint, 
solche  Dinge  dem  Wörterbuche  überlassen  zu  dürfen,  so  wäre  es 
ihm  ein  Leichtes  gewesen,  ihnen  in  den  späteren  Theilen  des 
Buches  ihre  Plätze  zuzuweisen. 

Von  diesen  Theilen  gebe  ich  vor  ihrer  Besprechung  zunächst 
eine  Inhaltsübersicht. 

Der  zweite  Abschnitt:  Verhältniss  der  Satztheile  und  Sätze, 
sofern  es  aus  Hülfswörtem  erkennbar,  enthält  eine  Reihe  von  Mono- 
graphien, deren  Seitenzahlen  ich  zur  Beurtheilung  ihres  Umfanges 
beifüge.  Sie  behandehi  die  Partikehi  6i,  78—83  0;  ^a,  84—88; 
Ab,.  88—92  (dazu:  Zur  chin.  Sprachl.  S.  44—48);  ä,  93—95; 
t  und  t/ung,  95 — 104;  ts^üng,  105;  tstang  und  päj  106;  p{,  107 
(6  Zeüen);  iü  =  in,  zu  107—111;  Äu,  111—112;  Ju,  113  (10 
Zeilen);  wei,  113 — 114;  iü  =  mit,  und,  114 — 116.  —  Es  folgen, 
ähnlich,  meist  kürzer  behandelt:  Hülfswörter  für  Bedingendes  und 
Bedingtes;  a)  im  Vordersatze :  «u,  117 — 119;  »o,  119 — 120u.  s.  w. 
b)  im  Nachsatze,  darin  z.  B.  r?  und  nat,  121 — 133;  endlich: 
Fragewörter,  Empfindungs-  und  Trennungslaute  133 — 138.  Daran 
schliessen  sich  die  Kapitel:  Ausdruck  der  Steigerung  138 — 140, 
lat  und  k'tii    als  Hülfswörter  140 — 142;   Rückblick   auf  absolut 


1)  Schott  sagt  bezüglich  et:  Das  Zeichen  „war  Bild  eines  aus  dem  Boden 
dringenden  Keimes;  daher  bedeutet  es  den  Uebergang  aus  einem  Zustande  in 
den  anderen:  sich  nach  einem  Orte  begeben.  Hieran  knüpft  sich  zunächst  die 
seltene  adverbiale  Bedeutung  gegen  (ergo)]  sodann  die  eines  persönlichen  Deute- 
wortes .  .  .  ."  —  Gegen  diese  Genealogie  der  Bedeutungen  habe  ich  Bedenken. 
Ab  Verbum  transitivum  stimmt  et  wesentlich  mit  ti  (dem  133.  Radicale)  überein, 
für  welches  es  wohl  gebraucht  werden  konnte.  Die  Anwendung  als  Präposition, 
—  mir  noch  zweifelhaft  —  wäre  allenfalls  hiervon  abzuleiten.  Der  weitaus 
häufigste  Gebrauch  ist  aber  der  als  Pronomen  und  Suffixpartikel,  und  hier  finde 
ich  eine  sehr  bedeutsame  lautliche  Uebereinstimmung  mit  anderen  Deute  Wörtern 
und  pronominalen  Hül&wörtern  z.  B.  t«T ,  ^r,  c^,  ssi'  und  dem  modernen 
rS  =  dieser,  welches  doch  auch  nicht  aus  Nichts  entstanden  sein  kann.  Als 
Genitivpartikel  wurde  ci  zur  Zeit  der  Sung-Dynastie  (960 — 1119  n.  Chr.)  durch 
ti,  noch  später  durch  tth  (tik)  ensotzt,  und  dies  Letztere  vertritt  zugleich  das 
alte  c^.  Soweit  sich  dies  heute  bourtheilen  lässt,  war  allen  diesen  Wörtern  von 
Hause  aus  der  dentale  Anlaut  ty  €  oder  d  gemeinsam,  mehrere  von  ihnen 
wechseln  untereinander  im  Gebrauche,  und  Aller  Bedeutungen  sind  ohne  Zwang 
auf  eine  Demonstrativwurzel  zurückzuführen.  Dahingestellt  bleibe,  ob  es  mög- 
lich war,  dass  in  der  Kindheit  der  Sprache  dieser  Wurzel  auch  ein  Verbum: 
„dorthin  gelangen"  entspriessen  konnte.  ^ 


626  V-  ^'  Gahelentz,  Beitrag  zur  Oesehiehte  der  ehines.  CframmaHkem. 

stehende  Wörter  und  Sätze  142 — 143;  Eigennamen  143 — 148; 
Allheit,  Mehrheit  und  Zahlenverhältnisse  148 — 158.  Sechs  Seiten 
Nachträge  und  Berichtigungen,  ein  Verzeichniss  von  HfÜfswöriem 
nach  Klassenhäuptem  und  ein  solches  der  hehandelten  grammatischen 
Erscheinungen  beschliessen  das  Werk. 

Hier  haben  wir  anscheinend  mehr  eine  Aneinanderreihung  als 
eine  auf  einheitlichen  Erwägungen  beruhende  Ordnung  vor  uns. 
Jene  HiÜfswörter  bilden  zweifellos  eine  Kategorie  grammatischer 
Erscheinungen  für  sich.  Warum  aber  werden  sie  in  dieser,  warum 
nicht  in  irgend  einer  anderen  Reihenfolge  abgehandelt?  warum 
werden  diejenigen  für  Bedingendes  und  Bedingtes  besonders  heraus- 
gehoben, da  doch  unter  den  übrigen  auch  so  manche  sind,  welche 
Bedingungsverhältnisse  anzeigen  können,  und  da  viele  von  ihnen 
auch  noch  Anderes  als  ein  Bedingen  oder  Bedingtsein  aasdrücken, 
z.  B.  die  Copula  ersetzen  oder  ein  vorausgehendes  Wort  im  Ver- 
hältnisse zum  folgenden  adverbial  machen?  Warum  werden  die 
so  vielgearteten  Spracherscheinungen,  welche  einen  Ausdruck  der 
Steigerung  enthalten  können,  vor  den  Hülfsverben  /ai  und  fc'/Ä 
besprochen?  —  Die  Thatsache  ist,  dass  jene  Kapitel  über  Aus- 
druck der  Steigerung,  Eigennamen,  Allheit,  Mehrheit  und  ZaMen- 
verhältnisse  einem  ganz  anderen  grammatischen  Systeme  angehören, 
für  welches  der  Rahmen  dieses  Buches  eigentlich  gar  keinen  Platz 
hat.  Schott  geht  sonst  überall  von  den  Spracherscheinungen  aus 
und  erklärt,  wie  sie  zu  deuten  seien;  hätte  er  es  durchfuhren 
wollen,  diese  Erscheinungen  als  Mittel  zum  Zwecke  des  Gedanken- 
ausdruckes etwa  unter  die  uns  geläufigen  granunatischen  Kategorien 
einzuordnen,  so  hätte  sein  Buch  leicht  auf  den  doppelten  umfang 
anschwellen  können.  Wie  die  Dinge  liegen,  sind  freilich,  selbst 
wenn  man  des  Verfassers  gehaltreiche  Nachträge  „Zur  chinesischen 
Sprachlehre"  mit  in  Rechnung  bringt,  empfindliche  Lücken  ge- 
blieben, nur,  —  möchte  ich  sagen  — ,  zwischen  der  letzten  Seite 
und  dem  Deckel  des  Buches,  viel  weniger  da,  wo  der  Verfasser 
Hand  angelegt  hai  Dreier  solcher  Desiderata  wurde  schon  oben 
gedacht;  überdies  wären  noch  besonders  die  Lehren  von  den  Aus- 
diücken  der  Copula  und  den  Negationen  hervorzuheben.  Man  er- 
sieht leicht,  dass  der  Verfasser,  vermuthlich  durch  Rücksichten  der 
Raumerspamiss  bestimmt,  lieber  ein  Wenigeres  recht  gründlich,  als 
recht  Vielerlei  mehr  oberflächlich  darstellen,  und  dass  er  nicht  in 
die  Menge  des  Stoffes  sondern  in  die  Art  denselben  wissen- 
schaftlich zu  gestalten,  den  Schwerpunkt  seiner  Arbeit  hat  legen 
wollen. 

Eine  organische  Anordnung  der  Partikeln  in  einer  Sprache 
von  der  Natur  der  chinesischen  mag  wohl  fürs  Erste  einer  Utopie 
ähnlich  sehen.  Was  soll  entscheiden?  Der  Gebrauch?  Aber  wie 
zersplittern  und  kreuzen  sich  darin  so  viele  Partikeln!  Oder  die 
Etymologie,  die  genetische  Verwandtschaft?  Die  soll  es  ja  nach 
dem  Allerweltsdogma  innerhalb  der  chinesischen  Wörter  nicht  geben. 


V.  d.  GabelerUe,  Beitrag  zur  Gesehiehte  der  ehtnea.  Grammatiken.  627 

Ich  meine  aber:  sie  existirt,  wenn  auch  noch  nicht  anerkannt  und 
schwer  erkennbar,  und  eine  doppelte  Beobachtung  wird  zu  ihrer 
Erkenntniss  fuhren :  die  der  Lautverschiebungen,  und  die  der  Ver- 
wandtschaft und  des  Wechsels  in  den  Anwendungen.  Die  von  mir 
entworfene  Eintheilung  ist  noch  weit,  weit  von  ihrem  Abschlüsse 
entfernt;  eine  Probe  derselben  gab  ich  brieflich  meinem  verehrten 
Freunde,  Herrn  Professor  A.  Severini  in  Florenz,  der  sie  im  Bol- 
lettino  itaüano  degli  studii  orientali  I,  Seite  357 — 358  hat  ab- 
drucken lassen.  leb  scheide  zwischen  pronominalen  und  verbalen 
Partikeln,  denen  vielleicht  die  Finalen,  soweit  sie  Empfindungslaute 
sind,  als  dritte  Klasse  angereiht  werden  müssen. 

Innerhalb  der  einzelnen  Monographien  beweist  wieder  der  Ver- 
fasser seinen  ordnenden  Scharfsinn.  Qelegentlich  mag  er  zu  weit, 
das  eine  oder  andere  Mal  auch  fehlgegangen  sein;  sicher  aber  ist 
er  es  allein,  an  dessen  Hand  man  sich  durch  den  Wirrwarr  der 
Julien  sehen  Bedeutungs-Aufzählungen  durchfinden  kann.  —  Julien 
giebt   nun   aber   eine  Reihe  Regeln  von   etwa   folgender  Fassung: 

„Ein  Adjektivum  ist  Adverb  .  .  .  .,  ist  Substantivum ,  ist  Verbum 

transitivum,  wenn  u.  s.  w.*  Dabei  ist  die  Rede  von  Wörtern, 
welche  ihrer  Grundbedeutung  nach  Adjektiva  sind,  diese  Grund- 
bedeutungen sind  vielfach  für  die  Funktionen  der  Wörter  be- 
stimmend, und  jene  Regeln  so  praktisch  wichtig,  dass  ich  ihnen 
einen  besonderen  Abschnitt  in  der  Granunatik  zuweisen  möchte. 
Ich  theile  die  Wörter  ihren  wesentlichen  Bedeutungen  nach  in 
Wortkategorien,  xmd  unterscheide  Letztere  von  den  jeweiligen 
Funktionen  als  dieser  oder  jener  Redetheil,  indem  ich  dort  deutsche, 
hier  lateinische  Bezeichnungen  vorschlage:  Hauptwort,  Eigenschafts- 
wort u.  s.  w.,  —  Substantivum,  Adjektivum  u.  s.  w.  Die  Lehre 
von  den  Theil-  und  Beziehungswörtern  (s.  o.)  gehörte  hierher. 

Ist  es  jetzt  noch  nöthig  ein  Gesammturtheil  auszusprechen? 
Wer  da  hofft,  aus  dem  Buche,  weil  es  so  kurz  ist,  recht  schnell 
Chinesisch  zu  lernen,  der  irrt,  denn  er  hat  es  mit  keinem  leichten, 
bequemen  Lehrmittel  zu  thun.  Wer  meint,  aus  dem  Buche,  weil 
es  ihm  so  gross  vorkommt,  recht  vielseitige  Vorkenntnisse  für  die 
Lektüre  chinesischer  Schriftsteller  zu  schöpfen:  der  irrt  wieder; 
denn  Vieles,  was  ihm  anderwärts  geboten  wird,  bleibt  ihm  hier 
vorenthalten.  Wer  aber  wissen  will,  wie.  einer  der  absonderlichsten 
Sprachkörper  organisirt  sei,  wie  er  seinem  Baue  gemäss  dargestellt 
sein  wolle :  der  halte  sich  vorerst  und,  färchte  ich,  noch  auf  lange 
an  Schott  und  nur  an  diesen.  Weil  er  so  selbständig  und  so 
folgerecht  vorgegangen,  darum  dürft«,  darum  musste  er  sogar  ge- 
legentlich den  praktischen  Lehrzweck  beiseitesetzen;  weil  er  sich 
selbst  Bahn  brechen  musste,  darum  konnte  er  leichter  als  andere 
fehl  treten.  Weil  er  aber  bahnbrechend  war  und  wegweisend 
bleiben  wird,  darum  verlangt  und  verdient  er  mehr  als  irgend 
Einer  die  sorgfältigste  kritische  Prüfung.  Eine  solche,  sie  mag 
sonst  ausfallen  wie  sie  wolle,  wird  immer  eine  Huldigung  bleiben  I 


628  V«  ^'  OabeUfäM,  Beitrag  zur  Geschichte  der  ehines, 

16)  J.  Summers,  A  Handbook  of  the  Chinese  Langaage; 
Parts  I  and  U:  Grammar  and  Ghresiomathy,  prepared  with 
a  view  to  initiate  the  Student  of  Chinese  in  the  mdiments 
of  this  language,  and  to  supply  materials  for  bis  earlj 
studies.  Oxford  1863,  XXV,  231,  105,  34  und  9  Seiten 
gr.  8. 

Dess.  The  Rudiments  of  the  Chinese  Language,  London 
1864,  12. 
Der  Verfasser  fand,  wie  er  auch  anerkennt,  durch  die  Vor- 
arbeiten Anderer,  besonders  Edkins'  und  Schott's  seinen  Weg  ge- 
bahnt Als  Professor  der  chinesischen  Sprache  am  King's  College 
zu  London  musste  er  das  Bedürfniss  nach  einem,  den  Zwecken 
der  Anfänger  entsprechenden,  beide  Stüarten  behandelnden  eng- 
lischen Lehrbuche  empfinden,  dergleichen  es  ja  bis  dahin  nodi 
nicht  gab.  Sein  Handbook  war  auf  vier  Theile  berechnet,  deren 
zwei  letzte  aber  nicht  erschienen  sind.  Die  Grammatik'  nimmt 
Seite  1 — 190  des  ersten  Bandes  ein;  Seite  191 — 231  füllen  sechs 
dem  Praktiker  recht  willkommene  Appendices. 

Die  Grammatik  zerfällt  in  zwei  Hauptstücke :  I.  Etymology, 
nämlich  a)  Laut-  und  Schriftlehre,  und  b)  „the  forms  of  expression*. 
In  diesem  Abschnitte  wird  zunächst  von  den  Redetheilen  im  All- 
gemeinen, vom  Substantivum ,  dessen  Bildung  durch  Zusammen- 
setzungen, und  ähnlich  vom  Adjektivum,  Zahlwort  u.  s.  w.  bis  zu 
den  Interjektionen  und  Finalen  gehandelt.  Der  Gedanke  einer 
Wortbildungs-  und  Formenlehre  hat  hierbei  unverkennbar  den  Ver- 
fasser beherrscht :  es  sollen  die  Satzelemente  auch  in  ihren  höheren 
Einheiten,  doch  ausserhalb  der  Satzverbindung  anschaulich  gemacht 
werden,  und  so  ist  ganz  folgerecht  beim  Substantivum  die  Casus- 
lehre weggelassen  worden.  —  Das  zweite  Hauptstück :  Syntax,  zer- 
fällt in  die  Abschnitte  a)  On  simple  constructions,  Seite  97 — 176, 
und  b)  On  sentences,  S.  180 — 190.  Erstere,  nach  Schott's  Vor- 
bilde lediglich  vom  Sprachbaue  selbst  ausgehend,  scheint  mir  das 
beste  Stück  des  Buches  zu  sein.  §  2:  General  rules  relating  to 
the  Position  of  words  hätte  zweckmässiger  Weise  der  Lehre  von 
den  „Ausdrucksweisen"  —  forms  of  expression  —  zur  ersten 
Orientirung  vorausgeschickt  werden  sollen.  Hoflftnann  wirft  in  seiner 
japanischen  Sprachlehre,  Seite  45 — 47  einen  ^Blick  auf  die  japanische 
Syntax*'  und  bemerkt  hierzu  einleitend:  „Die  Gesetze  der  Wort- 
fügung, welche  in  der  japanischen  Sprache  herrschend  sind,  be- 
stinMnen  auch  die  Wortbildung,  d.  h.  die  Weise,  wie  diese  Sprache 
aus  ihren  einsylbigen  Wurzeln  Wörter,  und  aus  den  vorhandenen 
Wörtern  neue  Wörter  gebildet  hat  und  noch  bildet,  —  ist  den- 
selben Gesetzen  unterworfen,  wie  die  Weise,  worauf  die  Bestand- 
theile  eines  Satzes  sowie  Sätze,  welche  miteinander  in  Bes^iehung 
stehen,  geordnet  werden.  Eine  kurze  Uebersicht  dieser  Ge- 
setze ist  deshalb  der  Lehre  von  der  Wortbildung  vorauszu- 
schicken".  Dies  passt  meines  Wissens  auch  auf  viele  andere  Sprachen, 


V,  d,  Oabdeniz,  Beitrag  zur  Geaehichie  der  ckinee.  Orammatiken,  629 

vielleicht  auf  alle  nicht-flektirenden ,  ganz  sicher  aber  auf  das 
Chinesische.  Und  eine  solche  Vorausverständigung  über  die  Wort- 
folge wäre,  auch  wo  sie  nicht  theoretisch  geboten,  schon  aus 
praktischen  Gründen  zu  empfehlen;  denn  sie  allein  ermöglicht  es 
dem  Sprachlehrer,  ohne  dem  Verständnisse  des  Schülers  vorzu- 
greifen, schon  in  den  Kapiteln  von  den  Satzelementen  volle  Sätze 
mitzutheilen.  —  Die  folgenden  Paragraphen  3  und  4,  Seite  99 — 103 
sind  kaum  etwas  Anderes  als  ein  ganz  fasslicher  Auszug  aus 
Schott's  Hauptstücke:  Verhältniss  der  Satztheile  und  Sätze,  sofern 
es  aus  blosser  Stellung  sich  ergiebt*.  §  5:  Uncommon  use  of 
certain  words  in  phraseology  ergänzt  die  Wortbildungslehre;  §  6: 
The  modifications  and  relations  of  the  parts  of  speech,  eine  Art 
Vermählung  dieser  Letzteren  mit  der  Wortstellungslehre  darstellend, 
enthält  unter  anderen  die  Regeln  über  die  Casus  des  Substantivs, 
die  Grade  des  Adjektivs  u.  s.  w.  Die  bereits  Seite  77 — 79  er- 
klärten verba  substantiva  werden  Seite  122 — 126  nochmals  näher 
betrachtet.  Diese  Partie,  sowie  die  Lehre  von  den  Negationen 
sind  Vorzüge,  welche  das  Summer  sehe  Buch  nur  noch  mit  Gütz- 
laflTs  Notices  theilt.  —  §  7:  The  syntax  of  the  particles,  S.  142 
— 180  bespricht  zwar  eine  grössere  Anzahl  Hülfswörter  als  Schott's 
entsprechendes  Hauptstück,  ist  aber  weniger  wissenschaftlich  ge- 
halten. 

Die  zweite  Section,  On  sentences,  neun  Paragraphen  auf  11 
Seiten,  wohl  an  den  entsprechenden  Theil  von  Edkins'  Mandarin 
Grammar  sich  anlehnend,  kann  aus  mehr  äusserlichen  Gründen 
nicht  empfohlen  werden. 

Das  Buch  ist  mit  den  bereits  oben  getadelten  Marcellin- 
Legrand'schen  chinesischen  Typen  gedruckt,  um  aber  die  Kosten 
der  Herstellung  zu  verringern,  sind  namentlich  gegen  das  Ende 
der  Sprachlehre  hin  die  einheimischen  Zeichen  oft  bei  den  Bei- 
spielen weggelassen,  und  ist  dem  Leser  die  Aufgabe  gestellt,  sie 
sich  selbst  aus  dem  früher  Erlernten  zu  ergänzen,  —  eine  ver- 
driessliche  und  für  Anfänger  nicht  unbedenkliche  Zumuthung.  Zu- 
weilen auch  sind  als  Beispiele  Stellen  aus  der  Chrestomathie  durch 
Angabe  der  Seite,  Zeile  und  Wörtemununer  citiri  Da  hat  man 
dann  die  Mühe  des  dreifachen  Nachschlagens,  im  chinesischen  Texte, 
der  Transscription  und  der  englischen  Uebersetzung.  —  Alter  und 
neuer  Stil  sind  nicht  immer  genügend  gegeneinander  hervorgQhoben, 
während  doch  gerade  in  diesem  Buche  ein  scharfes  Auseinander- 
halten Beider  geboten  schien. 

Streben  nach  acht  lehrbuchmässiger  Ordnung,  Präcision  und 
Uebersichtlichkeit ,  sowie  Reichthum  an  knapp  und  scharf  ge- 
förmelten,  freilich  zuweilen  etwas  zu  eng  oder  zu  weit  gefassten 
Regeln  sind  die  Vorzüge  dieses  Werkes;  ähnlich  den  R^musat'schen 
Elemens  verdient  es  das  Lob  einer  geschickten  Compilation,  ohne 
indessen  den  letzteren  an  Tauglichkeit  für  den  Neuling  ent- 
fernt gleichzukommen.     Die  Ausarbeitung  ist  eine  ungleichmässige. 


630  V*  d.  Gahdente,  Beitrag  zur  Geschichte  der  ckinee,  Grammaiikem, 

namentlich  die  für  den  europäischen  Schüler  vorherrschend  wichtige 
altklassische  Sprache  viel  zu  dürftig  hehandelt. 

Die  Budiments  des  Verfassers  wollen  nichts  mehr  sein,  als 
eine  vorläufige  praktische  Belehrung  über  die  wichtigsten  gram- 
matischen Erscheinungen  sammt  kleinem  Vocabulare  und  Phrasen- 
buche. Das  Ganze  ist  ein  winziges  Ding,  mit  dem  der  Beisende 
auf  der  sechswöchigen  Ueberfahrt  nach  China  sich  auf  ein  paar 
Stunden  die  Zeit  vertreiben  kann. 

17)  W.  Lobscheid,  Grammar  of  the  Chinese  Language, 
II  Parts,  Hongkong  1864,  XXXVII,  110  und  178  Seiten.    8. 

Dies  ist  nach  meiner  und  wohl  so  ziemlich  nach  aller  Welt 
Meinung  eine  gänzlich  unbrauchbare  Arbeit,  so  unübersichtlich 
und  unklar,  dass  eine  Analyse,  wäre  sie  überhaupt  thunlich,  auf 
pure  Baumverschwendung  hinauslaufen  würde.  Dass  Beispiele  aus 
dem  höheren  Bücherstile  im  Canton-  (Punti-)  Dialekte  umschrieben 
werden,  mag  man  sich  noch  gefallen  lassen.  Dass  aber,  z.  B.  I, 
S.  71  diese  Umschreibung  auch  auf  „Mandarin  Colloqulal**  an- 
gewandt wird,  ist  wohl  mehr  als  bedenklich.  Dem  Verfasser 
scheint  eben  die  Punti-Aussprache  für  die  einzige  zulässige  zu 
gelten;  sonst  würde  er  weder  diese  Granunatik  noch  sein  späteres 
„Chinese  and  English  Dictionary**  so  zusatzlos  bezeichnet  haben. 
Theil  I  scheint  eine  Art  Formlehre  sein  zu  sollen;  Theil  11  ent- 
hält eine  „syntax  of  the  written  style",  S.  1 — 61,  dann  notes  on 
Canton  CoUoquial,  S.  61 — 70,  endlich  allerhand  Lese-  und  üebungs- 
stücke. 

18)  P.  Perny,  Grammaire  de  la  langue  chinoise  orale  et 
ecrite.  Tome  I:  Langue  orale,  Paris  1873,  VTI  und 
248  Seiten;  Tome  EL:  Langue  ecrite,  Paris  1876,  XVI 
und  547  Seiten  Lex.  8. 

Dieses  umfängliche,  ausserordentlich  schön  ausgestattete  Werk 
ist  zunächst  für  die  Vorbildung  der  Missionäre  bestinunt  und  dem 
entsprechend  ohne  wissenschaftliche  Ansprüche  nach  rein  prak- 
tischen Erwägungen  verfasst.  Gleich  Primäre  und  Gon9alves 
glaubte  der  Verfasser  seine  Schüler  zunächst  in  der  Umgangs- 
sprache heimisch  machen  zu  müssen,  ehe  er  sie  in  die  höhere 
und  ältere  Stilform  einweiht.  Die  beiden  Bände  sind  ihrer  ganzen 
Anlage  nach  von  einander  so  verschieden,  dass  wir  jeden  besonders 
zu  betrachten  haben.  Trockene  Inhaltsberichte  sind  dabei  nicht 
zu  vermeiden. 

Band  I  behandelt  in  den  Prolegom^nes  I.  die  chinesische 
Sprache  im  Allgemeinen,  IL  die  Irrthümer  und  Vorurtheile,  welche 
betreffe  ihrer  im  Umlaufe  sind;  III.  die  Methode  sie  zu  erlernen; 
IV.  die  Stimmbiegungen  und  Aspirationen;  V.  ihren  Sylbenschatz 
(mots  radicaux  ou  primordiaux).  Die  eigentliche  Grammatik  zer- 
fällt in  die  Kapitel:  L  Vorbemerkungen  über  die  .langue  orale*, 
ihren  Charakter,  ihre  Abschattungen,  ihre  leichte  Erlernbarkeit 
imd  die  Wichtigkeit  der  Stellungsgesetze,  —  welche  übrigens  nicht 


V.  d.  QaleUntfi,  Beitrag  zur  Oeschichte  der  chines,  Orammaiiken,  631 

angegeben  werden,  —  endlich  ihre  Dialekte.  11.  Das  Substantivum : 
§  1 :  chinesische  Unterscheidung  und  Bezeichnung  der  Bedetheile. 
(Dies  hätte  wohl  in  das  erste  Kapitel  gehört!)  §  2.  Die  neun 
Classen  der  Substantiva,  nämlich  die  einsylbigen  und  die  ver- 
schiedenen Arten  der  zusammengesetzten;  §  3.  Genus;  §  4.  Nu- 
merus ;  §  5.  Augmentativa  und  Diminutiva.  §  6.  Wie  Substantiva 
durch  Wortstellung  zu  Adjektiven,  Verben  und  Adverbien  werden 
können;  §  7.  Zusammengesetzte  Substantiva,  deren  Glieder  ohne 
Veränderung  des  Sinnes  umgestellt  werden  können,  und  solche, 
wo  dies  unmöglich  ist;  §  8.  Aufzählung  einiger  siebenzig  Sub- 
stantiva von  entgegengesetzter  Bedeutung.  —  III.  Adjektivum; 
IV.  Zahlwort;  V.  Eigennamen;  VL  Fürwörter;  VIL  Verbum; 
Vm.  Adverbien;  IX.  Präpositionen  und  Postpositionen;  X.  Con- 
junktionen;  XI.  Interjektionen;  XU.  Sammlung  von  Idiotismen 
der  chinesischen  Sprache,  sowohl  der  gesprochenen  wie  der  ge- 
schriebenen. Xin.  Chinesische  Höflichkeit:  Ehrforchts-  und  Be- 
scheidenheitsausdrücke, Begrüssungsformen  u.  s.  w.  Ich  habe  die 
Paragraphen  des  zweiten  Kapitels  aufgeführt,  weil  die  Anordnung 
in  Kapitel  HI — VIH  analog  ist.  Die  Arbeit  ist  im  Ganzen  recht 
sorgsam  und  sauber,  die  Eintheilung  übersichtlich,  die  Darstellung 
einfach.  Die  Erscheinungen  des  alten  Stiles  sind,  soweit  es  der 
Rahmen  des  Buches  zuliess,  schon  hier  überall  mit  berücksichtigt, 
und  so  enthalten  Kapitel  EL — XI  das  was  Andere  Etymology  ge- 
nannt haben  einschliesslich  der  Lehre  vom  Wandel  der  Wörter 
verschiedener  Kategorien  durch  verschiedene  Bedetheile.  Die  Lehr- 
sätze sind  meist  kurz,  ofb  so  kurz  gefirmelt,  dass  man  sie  induktiv 
aus  den  Beispielen  ergänzen  muss.  Es  gilt  dies  namentlich  da, 
wo  der  Verfasser  von  der  rfegle  de  position  redet.  Dem  Anfänger 
wird  das  Verständniss  der  Beispiele  dadurch  erschwert,  dass  die 
beigegebenen  Uebersetzungen  oft  sehr  frei  auf  französisch  wieder- 
gegeben, nur  selten  durch  lateinische  Wort  für  Wort -Ueber- 
setzungen erläutert  sind.  Ein  kurz  vorbereitendes  Kapitel  über 
die  Schrift  ¥drd  der  Beginner  ungern  vermissen.  Die  chinesischen 
Zeichen,  solange  man  sie  nicht  in  ihre  Bestandtheile  zu  zerlegen 
versteht,  erscheinen  wie  wirre  Anhäufungen  von  Strichen,  deren 
Nachzeichnung  sehr  schwierig,  deren  Einprägung  in  das  Gedächt- 
niss  geradezu  unmöglich  fallen  muss.  Bei  einem  Werke  von  so 
rein  praktischer  Richtung  sind  derartige  Mängel  besonders  störend. 
Band  EL,  welchen  der  Verfasser  für  den  weitaus  wichtigeren 
erklärt,  zeigt  weniger  Einheit  des  Planes  als  der  erste.  S.  1 — 130 
handeln  von  der  chinesischen  Schrift:  Kapitel  I.  Im  Allgemeinen; 
II.  Classification  der  Charaktere  nach  ihrer  Bildungsweise ;  III.  Wan- 
del der  Schriftformen  (Schriftarten)  im  Laufe  der  Zeiten;  IV.  Le- 
xicalische  Anordnung  der  Schriftzeichen.  Der  Verfasser  theilt  hier, 
ab  und  zu  mit  gar  behaglicher  Bedseligkeit ,  doch  fast  kritiklos 
viel  Belehrendes  und  Unterhaltendes  mit.  Was  von  den  130  Seiten 
wirklich   eingelernt   sein   will,   ist  sehr  wenig  und  meiner  Ueber- 


632  V'  d.  GaheUrU»,  Beitrag  sur  Oeschichte  der  chines.  Ormmmaüisetu 

zeugong  nach  gerade  für  den  Missionär,  den  Praktiker  noch  lange 
nicht  ausreichend.  Alle  Welt  weiss,  wie  sehr  im  Mittelreiche  der 
Besitz  einer  schönen  Handschrift  geschätzt  wird.  Sie  ist  dortzulande 
erstes  Erfordemiss  eines  gehildeten  Menschen,  und  wohlgemerkt, 
sie  heruht  nicht  nur  auf  der  festen,  sicheren,  dabei  flüchtigen 
Pinselführung ,  auf  deutlicher  und  gleichmässiger  Buchstabenzeich- 
nung, sondern  überdies  auf  der  streng  correkten  Ausführung  eines 
jeden  einzelnen  Schriftzeichens.  Für  letztere  giebt  es  eine  grosse 
Anzahl  Regeln.  Bytschurin,  Grammatik  S.  29 — 52  und  Bridgman, 
Chinese  Ghrestomathy  in  the  Ganton  Dialect,  führen  die  92  Lehr- 
paragraphen des  berühmten  Kalligraphen  Schaö-yhig  auf.  Diese 
Vorschriften  sammt  zugehörigen  Proben  mussten  geräde  für  unsres 
Verfassers  Publikum  vom  höchsten  Werthe  sein.  Herr  Pemy 
aber  giebt  nur  eine  Anzahl  Beispiele  für  die  Reihenfolge,  in  welcher 
die  Striche  eines  Zeichens  zu  machen  sind,  S.  96 — 98,  und  als 
Vorlage  zum  Schreiben  eine  Tafel  der  Radicale.  Die  Zeichnungen 
der  Striche,  aus  welchen  die  chinesischen  Charaktere  bestehen, 
sind  sehr  schlecht  ausgeführt  und  noch  dazu  zur  Hälfte  auf  den 
Kopf  gestellt. 

üeber  die  praktische  Wichtigkeit  der  phonetischen  Schrift- 
demente  habe  ich  mich  bereits,  Bd.  XXX,  S.  597  dieser  Zeitschrift 
ausgesprochen.  Wo  nun  soviel  Raum  auf  die  Schriftlehre  ver- 
wendet wird,  wie  hier,  da  dürfte  ein  Verzeichniss  der  wichtigsten 
„phonötiques*  nicht  fehlen.  Statt  soviel  des  Wichtigen  aber  theilt 
uns  der  Verfasser  auf  S.  47 — 82  Proben  der  32  alterthümlichen 
oder  alterthümelnden  Schriftformen  —  meist  müssigen  Verschnör- 
kelimgen  —  aus  Khang-hi's  bekanntem  Lobgedichte  auf  Mukden 
mit,  sammt  zugehörigen  mythologischen  Entstehungsgeschichten,  — 
lauter  schalem  Zeuge.  Kann  man  ärger  wider  die  schriftstellerische, 
didaktische  Oeconomie  Verstössen? 

Kapitel  VI,  Allgemeine  Regeln  der  chinesischen  Syntax,  wird 
durch  eine  wenig  wissenschaftliche  Besprechung  der  Frage  eröflöiet: 
Entbehrt  das  Chinesische  wirklich  der  grammatischen  Formen  und 
Regeln?  Die  darauf  folgende  Syntax  der  Redetheile  S.  135 — 155 
ist  ein  unverbesserter  Auszug  aus  Julien's  Syntaxe  nouvelle  I, 
pg.  1*5 — 67.  Darauf  folgt  S.  155 — 158  eine  Aufzählung  der  be- 
kanntesten Wortstellungsgesetze,  fast  ohne  Beispiele. 

Kapitel  VH,  über  die  Bedeutung  der  Partikeln,  S.  158—238, 
ist  wieder  eine  blosse  Umarbeitung  der  Monogi'aphien,  welche  der 
Verfasser  in  Julien  s  nur  erwähntem  Werke  vorfand.  Leider  ist 
die  Entlehnung  überall  ohne  Nennung  des  geistigen  Eigenthümers 
geschehen,  und  \xm  so  unangenehmer  berührt  es,  den  Verfasser, 
—  wenn  man  das  einen  Verfasser  nennen  darf,  —  immer  und 
immer  wieder  auf  den  todten  Meister  schmähen  zu  hören. 

Kapitel  VUI,  über  die  chinesische  Literatur  im  Allgemeinen, 
und  über  ihre  wichtigsten  DenkmiÜer,  enthält  in  der  ersten  Sektion 
eine  recht  ausführliche,  zum  Tlieile  auf  Premare  beruhende  Schil- 


V.  cL  Oabelentz,  BeUrag  zur  GesehichU  der  chines,  Chammatiken.  633 

demng  der  verschiedenen  Stilarten,  S.  245 — 262.  Der  sich  daran 
schliessende  Abriss  der  Literaturgeschichte  S.  263 — 366  mit  zahl- 
reich eingestreuten  übersetzten  Textproben  ist  zwar  nicht  eben 
wissenschaftlich,  doch  hübsch  geschrieben  und  im  Allgemeinen  zu 
empfehlen.  Die  Quellen,  aus  welchen  der  Verfasser  geschöpft, 
habe  ich  sonst  nicht  verfolgt;  die  vier  Fabeln  8.  362 — 365  aber 
hat  Herr  Pemy  wieder,  diesmal  mit  Nennung  seines  Gewährs- 
mannes, aus  der  Sjntaxe  nouvelle  entnommen. 

Kapitel  IX,  über  die  chinesische  Literatur  im  Besonderen, 
bespricht  zun  acht  die  Vorzüge  der  chinesischen  Literatur  vor  denen 
der  „alphabetischen  Sprachen*.  Darin  werden  S.  272 — 273  die 
einfachen  Striche  der  Schrift  wieder  ebenso  unschön  und  zum 
Theile  verkehrt  abgedruckt  wie  S.  40,  41  (vgl.  oben).  Sektion  2 
lehrt  im  Anschlüsse  an  Primäre  die  hauptsächlichsten  rhetorischen 
Figuren,  welche  an  klassischen  Beispielen  erläutert  werden. 

Kapitel  X,  Chinesische  Redensarten,  giebt  ähnlich  wie  dies 
Premare  am  Schlüsse  seiner  Notitia  begonnen  hatte,  auf  S.  446 
— 492  eine  Sanunlung  von  400 — 500  Phrasen;  diese  sind  nach 
ihrer  Länge,  von  zwei  bis  zu  zwanzig  Charakteren,  geordnet  und, 
wie  dem  Verfasser  zu  glauben,  aus  guten,  classischen  Quellen 
geschöpft 

Kapitel  XI  ist  ein  Abriss  der  Verskunst,  wieder  eine  Menge 
guter  Beispiele  enthaltend. 

Es  hält  sehr  schwer,  sich  über  den  Werth  dieses  zweiten 
Bandes  ein  Gesammturtheil  zu  bilden.  Von  wirklich  Neuem, 
Selbständigem  dürfte  auf  den  547  Seiten  sehr  wenig  zu  entdecken 
sein.  Das  ist  indessen  auch  nach  dem  Zwecke  des  Buches  gar 
nicht  zu  verlangen.  Der  Missionär  soll  chinesisch  sprechen,  soll 
chinesische  Bücher  lesen  und  verstehen  und  womöglich  auch  sich 
in  der  Sprache  schriftlich  ausdrücken  lernen.  Zuviel  kann  ihm 
also  kaum  geboten  werden,  wenn  es  ihm  nur  in  methodischer 
Ordnung  zufliesst.  Neue  wissenschaftliche  Entdeckungen  aber  in- 
teressiren  ihn  vorerst  noch  gar  nicht:  er  darf  froh  seiii,  wenn  er 
das  Vorhandene  sein  Eigen  nennt.  Dies  Vorhandene  aber  steckt 
zur  Zeit  noch  in  so  und  so  vielen,  zum  Theile  schwer  zugänglichen 
Büchern  zerstreut.  Wer  das  Beste  zusammensucht  und  fttr  ihn 
zu  einem  wohnlichen  Baue  zusammenfügt,  dem  schuldet  er  tausend 
Dank.  Und  ähnlich  wie  er  sind  im  Grunde  genommen  wir  Anderen 
auch  dran.  Darum  soll  man  den  Verfasser  wegen  seiner  Unselb- 
ständigkeit nicht  tadeln.  Ein  Anderes  ist  es,  wie  er  extrahirt, 
wie  er  die  Extrakte  geordnet  hat.  Und  hierin  können  wir  ihn 
nicht  loben.  Von  der  Schriftlehre  sprachen  wir  bereits.  Die 
Stellungsgesetze,  mit  welchen  er  das  VI.  Kapitel  des  zweiten 
Theiles  beschliesst,  hätten,  wie  dies  schon  bei  Sunmiers'  Handbook 
hervorgehoben  wurde,  die  ganze  Grammatik  —  im  ersten  Bande 
—  eröffnen  sollen.  In  den  Monographien  führt  er  allerdings  die 
Anwendungen   der  einzelnen  Partikeln  in  anderer  Reihenfolge  auf, 

Bd.  XXXU.  41 


634  V'  ^  GabelenU,  Beitrag  stur  Getchichie  der  chmee.  Grammatiken. 

als  sein  Gewährsmann.  Allein  ich  sehe  nicht,  dass  dadurch  etwas 
für  die  Ordnung  gewonnen  wäre,  Phraseologie,  Stilistik  und  Poetik 
hätten  wohl  besser  vor,  als  hinter  der  Literaturgeschichte  Platz 
gefanden. 

Zwei  Dinge  entstellen  meiner  Meinung  nach  das  Werk.  Ein- 
mal das  schlechte  Transscriptionssystem.  Die  neuenglische  Unart, 
die  Pekinger  Anlaute  einzuführen,  hat  Herr  Pemj  allerdings  ver- 
mieden. Dafür  hat  er  aus,  ich  weiss  nicht  welcher  anderen  Mund- 
art des  kuäri'hoä  andere  verwirrende  Lautverwechselungen  an- 
genommen. Z.  B.  ersetzt  bei  ihm  lai  zugleich  not,  lan  zugleich 
nan,  Im  zugleich  mng  und  lingf  min  zugleich  mmg^  y  zugleich  \ 
und  y^  und  für  tachl^  das  bekannte  Genitivwort  und  Adjektiv- 
pronomen  schreibt  er  tche.  Ein  zweiter  Uebelstand  ist  die  grosse 
Menge  der  Druckfehler  in  den  chinesischen  Beispielen  und  Text- 
auszügen. Zu  meiner  Freude  erfahre  ich,  dass  ein  Yerzeichniss 
derselben  nachträglich  veröffentlicht  werden  soll.  Die  chinesischen 
T3rpen  sind  sehr  klein,  aber  von  vollkommener  Schärfe  und  meist 
sehr  zierlicher  Ausführung. 

^  Dass  der  Verfasser  sich  nicht  selten  in  einer  gewissen  Breite 
zu  ergehen  liebt,  habe  ich  schon  angedeutet.  Wiedeiiiolungen, 
z.  B.  wo  es  gilt,  die  chinesische  Sprache  als  eine  besonders  leicht 
erlernbare,  regelmässige,  schöne  u.  s.  w.  zu  preisen,  kommen  dabei 
oft  genug  vor.  Es  spricht  sich  aber  in  solchen  Fällen  immer, 
selbst  in  den  kühnsten  Ueberschwänglichkeiten ,  eine  so  aufrichtig 
warme  Begeisterung  des  Schriftstellers  für  seine  Sache  aus,  dass 
man  sich  die  kleinen  Geduldsproben  gefallen  lassen  wird. 

Darf  man  das  Buch  empfehlen?  Für  den  ersten  Anfang  ganz 
gewiss  nicht;  dazu  ist  es  zu  dickleibig,  in  der  Anordnung  des 
Stoffes  zu  wenig  methodisch  und  in  der  Erklärung  der  Beispiele 
zu  wenig  elementar  und  analysirend.  Wer  aber  etwa  R^musat's 
El^mens  durchgearbeitet  und  keine  Lust  hat,  sich  Julien s  und 
Premare's  Werke,  anzuschaffen,  der  mag  für  Beide  bei  Pemy 
einigen  —  nicht  vollen  —  Ersatz  und  überdies  noch  manches 
Andere  finden,  was  er  sich  sonst  mit  beträchtlichem  Aufwände 
an  Zeit  und  Geld  zusammen  schaffen  müsste,  auch  dies  aber  nur, 
wenn  erst  das  Buch  durch  ein  sorgfältiges  Druckfehlerverzeichuiss 
zu  einem  zuverlässigen  gemacht  sein  wird. 

n. 

Aufgaben    der    grammatischen    Behandlung    des 

Chinesischen. 

1)  Die  grammatische  Darstellung  einer  uns  fremdgearteten 
Sprache  bietet  dem  Linguisten  ein  ebenso  schwieriges  wie  reiz- 
volles Problem.  Die  Schwierigkeit  liegt  in  dem  Verhältnisse 
zwischen  der  Sprache  als  der  Gesammtheit  ihrer  Erscheinungen 
und  der  Sprache  als  einem  Darstellungsmittel.     Jene  gleicht  einem 


V.  d.  GabdentK,  Beitrag  stur  Ouchichte  der  chinee,  Orammätikea,  635 

geometrischen  Körper«,  der  zu  jeder  Zeit  nach  allen  Richtungen 
hin  betrachthar  ist,  —  diese  einer  Linie,  die  immer  nur  von  einem 
Punkte  aus  zu  einem  bestinmiten  anderen  fuhren  kann,  immer  auf 
einmal  nur  Eine  Richtung  verfolgt  Wie  soll  sie  den  Körper 
durchmessen?  Dies  ist  die  erste  Frage,  und  die  Antwort  scheint 
nahe  zu  liegen:  man  lasse  die  Linie  nach  und  nach  den  Körper 
in  allen  seinen  Hauptrichtungen  durchlaufen. 

2)  Dieser  Körper  aber  ist  ein  gegliederter,  seine  Theile  sind 
erkennbar  verschieden.  Die  Darstellung,  soll  sie  sachgemäss  sein, 
muss  dieser  Gliederung  folgen.  Dies  wird  sie  leisten,  wenn  sie 
erstens  den  Körper  als  einen  so  und  so  gegliederten,  und  zweitens 
jedes  Glied  einzeln  beschreibt. 

3)  Nun  ist  diese  Gliederung  eine  organische,  der  Körper  ist 
ein  Organismus,  in  welchem  jeder  Theil  in  zweckmässiger  Wechsel- 
wirkung zum  Ganzen  steht,  —  einer  den  andern  bedingend,  jetzt 
unterstützend,  jetzt  beschränkend,  das  Ganze  beherrscht  von  einem 
gemeinsamen  Lebensprincipe,  zu  welchem  sich  die  einzelnen  Organe 
ungleichartig  und  ungl^ichwerthig  verhalten.  Hier  zeigt  es  sich, 
wo  der  Kern-  und  Ausgangspunkt  einer  systematischen  Darstellung 
liegen  muss:  jenes  herrschende  Princip  will  begriffen,  will  an  die 
Spitze  gestellt,  will  aber  auch,  eben  weil  es  ein  herrschendes  ist, 
im  weiteren  Verlaufe,  in  der  Einzelbeschreibung  immer  und  immer 
wieder  als  solches  erkennbar  sein.  Es  giebt,  so  scheint  es,  eine 
Linie,  welche  dieser  Darstellungsweise  entspricht :  die  Spirale  meine 
ich,  deren  jeglicher  Punkt  durch  Zeichnung  eines  Radius  ohne 
Weiteres  mit  den  entsprechenden  Punkten  der  inneren  und  äusseren 
Umgänge  zu  verbinden  ist. 

4)  Wovon  ein  System  der  chinesischen  Grammatik,  um  ein 
organisches  zu  sein,  auszugehen  habe,  das  hätte  schon,  seit  der 
alte  Marshman  sein  classisches:  «The  whole  of  Chinese  grammar 
depends  on  position''  (Clavis  sinica,  Preface  pg.  IX)  ausgesprochen, 
kein  Geheinmiss  mehr  sein  sollen.  Es  war  Marshman  nicht  ge- 
geben, diesen  Satz  thatsächlich  durchzufuhren.  Rämusat  schreibt 
seine  El^mens  zu  Ende,  ehe  er  den  Wortstellimgsgesetzen  ein 
kurzes  Resumö  widmet  Julien,  der  sie  in  seinem.  Examen  critique 
und  namentlich  in  seinen  Exercices  pratiques  nach  Gebühr  betont, 
wurde  ein  Greis,  ehe  er  seine  Syntaxe  nouvelle  verfasste,  ein  Buch, 
dessen  Systemlosigkeit  wir  kennen.  Erst  Schott  war  es  vor- 
behalten, den  Stellungsgesetzen  den  ihnen  zukommenden  Platz 
anzuweisen;  —  ein  Wunder,  dass  bisher  nur  Einer,  Summers,  ihm 
zu  folgen  gewagt 

5)  Es  war  bisher  die  Rede  von  der  Sprache  als  von  einer 
Gesammtheit  von  Erscheinungen.  Diese  Erscheinungen  sollen  be- 
griffen werden  als  ebensoviele  Faktoren  des  Gedankenausdruckes. 
Somit  ist  dieser  der  Zweck  und  die  Sprache  das  Mittel.  Hier 
ergi6bt  sich  ein  zweiter  Gesichtspimkt  der  Sprachbetrachtung,  die 
Frage:    wie   verhält  sich  dieses  Mittel  zu  seinem  Zwecke,   welche 

41* 


636  ^  ^  CMeleals,  Beärag  rar  Oß§duehte  der  ehimea,  Cframmatiken. 

Füglichkeiten  bietet  die  Sprache  zur  Bezeichnung  der  verschiedenen 
möglichen  Gedankenverknüpfungen  und  -modüicationen  ? 

6)  Treten  wir  dem  näher.  Eine  Sprachlehre,  sie  sei  so  ans- 
fährlich  oder  so  elementar  wie  sie  wolle,  soll  den  Lernenden  bis 
zu  einem  gewissen  Punkte  der  betreffenden  Sprache  mächtig  machen. 
Weiss  ich  weiter  nichts,  als  welchen  Ursprung  und  Werth  jede 
Form,  jedes  Hülfswort,  jede  Gonstraktion  hat:  so  ist  mein  Wissen 
nur  ein  halbes,  einseitiges.  Es  wird  erst  dann  vollkommen,  sagen 
wir  relativ  vollkommen  oder  harmonisch,  wenn  ich  gleichzeitig  die 
verschiedenen  Ausdrucksmöglichkeiten  kenne,  welche  sich  mir  in 
der  fremden  Sprache  fär  jeden  Gedanken  zur  Verfügung  stellen. 
Ich  muss,  —  noch  concreter  gesprochen,  —  nicht  nur  aus  dem 
fremden  Idiome  in  mein  eigenes,  sondern  auch  aus  diesem  in 
jenes  übersetzen  und  in  Letzterem  such  aussprechen  können.  Bei 
einer  früheren  Gelegenheit ')  habe  ich  diese  Doppelseitigkeit  des 
sprachlichen  Wissens  mit  einer  Tabelle  verglichen,  welche  man 
nach  Belieben  senkrecht  und  waagrecht  ablesen  kann.  Eines  sollte, 
so  däucht  mir,  nach  dem  Anderen,  Jed^s  besonders  geschehen, 
mindestens  da,  wo  es  sich  um  eine  von  den  uns  geläufigen  Be- 
griffen so  weit  abweichende  Sprache  handelt.  Liefe  dies  auf  eine 
blosse  Wiederholung  hinaus,  so  läge  Bechtfertig^ung  genug  in  dem 
Satze:  repetitio  est  mater  studiorum.  In  der  That  handelt  es 
sich  jedoch  um  mehr;  denn  der  nämliche  Gegenstand,  wenn  er 
von  verschiedenen  Gesichtspunkten  aus  betrachtet  wird,  nimmt 
sich  verschieden  aus,  will  folglich  auch  verschieden  dargestellt 
werden. 

B^musat  hat  in  seinen  El^mens  im  Anschlüsse  an  Primäre 
eine  unseren  beiden  Systemen  entsprechende  Zweitheilung  her- 
zustellen beabsichtigt.  Er  steUt  unser  zweites  System  voran  und 
macht  es  zum  vorwiegenden,  behandelt  aber  im  §  XI  seines  ersten 
Theiles  noch  einmal  die  einzelnen  Partikeln  der  Beihe  nach,  eine 
jede  in  ihren  verschiedenen  Anwendungen.  Eine  geschickte  Ver- 
bindung beider  Systeme  fanden  wir  in  Edkins'  trefflichen  zwei 
Grammatiken.  Gon9alves'  Werk  darf,  unbeschadet  seines  Werthes 
als  Fundgrube,  hier  ausser  Betracht  bleiben.  Schott  hat  aus  dem 
zweiten  Systeme  nur  einzelne  besonders  wichtige  Partieen  heraus- 
gegriffen ;  der  Schwerpunkt  ruht  bei  ihm  im  ersten.  Bei  Sununers 
findet  so  ziemlich  das  umgekehrte  Verhältniss  statt:  beide  Be- 
trachtungsweisen kommen  zur  Geltung,  die  zweite  etwas  mehr  als 
die  erste  und  vielleicht  beide  noch  nicht  scharf  genug  prinzipiell 
geschieden.  Alle  Uebrigen  haben  das  zweite  System  sehr  ent- 
schieden bevorzugt;  ihre  Bücher  erklären  nicht  sowohl  die  Sprache, 
als  sie  vielmehr  anweisen  dieselbe  zu  gebrauchen.  Dabei  gehen 
sie,  und  gehen  mehr  oder  weniger  ausser  Schott  auch  die  Anderen 


1)  Zoitschr.  f.  Volkorpsychologlo  und  Sprach wisäon»ch. ,   Band  VIII,  S.   130 
—181. 


V.  tLGitbeientK,  Beitrag  zur  Oesehickie  der  chines,  €frammai%hen,  637 

von    den  Anschaaungen    und  Eintheilungen    unserer  europäischen 
Grammatiken  aus. 

7)  Ein  solches  Anlehnen  an  Bekanntes  soll  nicht  getadelt 
werden,  solange  es  mit  Takt  und  Maass  geschieht;  es  mag  zweck- 
mässig sein,  sofern  es  den  Eintritt  in  eine  neue,  fremde  Gedanken- 
welt erleichtert.  So  gewiss  man  aber  dem  Fassungsvermögen  der 
Lernenden  nicht  zuviel  zumuthen  soll,  so  gewiss  darf  man  auch 
ihre  Anschauungen  nicht  verwirren.  Dies  thun  Morrison,  Bazin 
tmd  Pemy,  —  Letzterer  vielleicht  noch  am  Wenigsten,  —  indem 
sie  ihren  Schülern  für  jede  Ausdruoksform  ihrer  Muttersprache 
eine  angeblich  entsprechende  im  Chinesischen  nachweisen  wollen. 
Es  übersetze  nur  Einer  nach  solchen  Recepten  in's  Chinesische 
und  frage  dann  einen  Eingeborenen,  ob  das  seine  Muttersprache 
sei?  Es  nehme  nur  ein  mit  solcher  Milch  Getränkter  ein  chine- 
sisches Buch  zur  Hand  und  schaue  sich  nach  den  eingelernten 
Formen  für  Pluralis,  für  Conjunktivus  Imperfecti  u.  dgl.  um:  die 
Enttäuschung  wird  nicht  auf  sich  warten  lassen,  und  der  erste 
Verdruss  wäre  besser  gewesen,  als  der  letzte. 

8)  Man  sollte  auch  hier  schärfer  scheiden  zwischen  den 
logischen  Kategorien  und  den  ihnen  regelmässig  entsprechenden 
Formen  unserer  Muttersprachen.  Letztere  können  die  Ersteren 
erläutern,  nicht  sie  schlechtweg  vertreten.  Unsre  durch  und  mit 
können  das  Mittel,  unsere  aus,  durch  und  von  die  Ursache  aus- 
drücken :  kein  chinesisches  Wort  deckt  sich  aber  mit  jenen 
deutschen,  sondern  gewisse  chinesische  Formwörter  verhalten  sich 
zu  gewissen  deutschen,  und  Beide  wieder  zu  gewissen  logischen 
Kategorien  wie  sich  schneidende  Kreise.  An  dieser  Stelle  entdeckt 
sich  der  Grundfehler  Stanislas  Julien's,  der  mit  wahrem  Wohl- 
behagen, ohne  Ordnung,  ohne  Kritik  Nummer  für  Nummer  auf- 
zählt, durch  wieviele  verschiedene  französische  Wörter  eine  und 
dieselbe  chinesische  Partikel  sich  übersetzen  lasse.  Das  nennt  er 
soviele  verschiedene  Anwendungen,  und  darin  irrt;  er.  Ein  grosser 
Theil  davon  sind  thatsächlich  nur  verschiedene  üebersetzungsmög- 
lichkeiten,  die  sich  ganz  anders  herausgestellt  haben  würden,  wenn 
der  Verfasser  statt  der  französischen  irgend  eine  andere  Sprache 
herbeigezogen  hätte.  Man  sieht,  die  Trugsynonyma  spielen  im 
anal3rtischen  Systeme  der  Granunatik  vielleicht  eine  harmlosere, 
aber  schwerlich  eine  verständigere  Rolle,  als  im  synthetischen. 

9)  Es  dürfte  nicht  schwer  fallen  unsre  beiden  Systeme  nach 
ihrer  wissenschaftlichen  und  praktischen  Bedeutung  nuteinander  zu 
vergleichen.  Wie  angedeutet  bilden  sie  in  Bücksicht  der  gramma- 
tischen Darstellung  zwei  trennbare,  doch  einander  nothwendig  er- 
gänzende Hälften  eines  Ganzen,  in  Bücksicht  auf  die  Sprache  selbst 
ein  untrennbares  Ganze,  so  zu  sagen  Kette  und  Einschlag  eines 
Gewebes.  Die  Fäden  Beider  sind  je  von  besonderer  Art  und 
sollten  vom  Grammatiker,  wenn  er  Charpie  zupft,  in  gesonderten 
Haufen   geordnet  werden.     Allein   nirgends,  —  und  hierin  dürfen 


638  ^'  ^  OabeleniZt  Beitrag  zur  Geschichte  der  chines,  Grammalikeu. 

wir  selbst  Schott's  geistvolles  Buch  nicht  ausnehmen,  —  nirgends 
finden  wir  die  beiden  Systeme  scharf  auseinander  gehalten,  und 
meist  war  das  zweite  das  entschieden  bevorzugte.  Gebührt  ihm 
diese  Bevorzugung? 

10)  Man  unterscheide  wohl  zwischen  Lehrsystem  und  Methode. 
Bei  jenem  lautet  die  Frage:  wie  stelle  ich  meinen  Gegenstand 
sachgemSss  dar?  Eine  vorläufige  Antwort  zu  geben  war  der  Zweck 
der  obigen  Erörterungen.  —  Bei  der  Methode  fragt  es  sich,  wie 
dem  Lernenden  am  leichtesten  und  sichersten  das  von  ihm  begehrte 
Wissen  beizubringen  sei.  Diese  Bücksicht  sollte  selbst  in  streng 
wissenschaftlichen  Werken  nie  vernachlässigt  werden;  sie  kami 
aber  auch  in  sprachlichen  Lehrbüchern  dermaassen  vorwalten,  dass 
diesen  Büchern  ein  unmittelbarer  wissenschaftlicher  Werth  nicht 
verbleibt  Der  Kaufmann  in  der  Hafenstadt,  der  Dragoman  eines 
Consulates  oder  einer  Gesandtschaft,  der  Missionar  —  Letzterer 
freilich  mit  Unrecht,  —  mögen  ein  Jeder  besondere  Bedürfnisse 
der  Sprachkenntniss ,  unter  ihnen  wieder  die  einzelnen  Individuen 
verscÜedene  Sprachbefähigung  haben,  verschiedenen  Nationalitäten 
angehören:  —  so  und  soviele  Sonderwünsche,  denen  so  und  soviele 
Taschen-,  Hand-  und  üebungsbücher  Bechnung  tragen  müssen,  um 
welche  sich  aber  der  Philolog  ebensowenig  zu  kümmern  hat,  als 
der  Linguist. 

11)  Und  wiederum  kann  eine  Grammatik  bei  gleicher  Wissen- 
schafblichkeit  ihrer  Fassung  nach  vorwiegend  didaktisch  oder  kritisch 
sein.  Wie  stellt  sich  der  Verfasser  zimi  Leser?  Als  Lehrer,  der 
da  weiss,  zum  Schüler,  der  da  lernen  möchte  ?  —  oder  als  forschen- 
der Gelehrter  zum  mit-  und  nachforschenden  Fachgenossen?  Nicht 
nur  Zahl  imd  Auswahl  der  Beispiele,  sondern  auch  Form  und 
Umfang  des  Paragraphentextes  werden  sich  darnach  zu  richten 
haben.  In  beiden  Hinsichten  ist  der  Gelehrte  ungebundener  als 
der  Lehrer.  Er  darf  sich  im  Aufstellen,  Begründen  und  Be- 
kämpfen von  Meinungen  ei^ehen;  die  Beispiele  sind  ihm  nicht 
sowohl  Verdeutlichungsmittel,  als  vielmehr  Beweisinstanzen,  deren 
er  nicht  leicht  zu  viele  beibringen  kann  und  deren  er  just  da  am 
meisten  bedarf,  wo  sich  der  Lehrer  höchstens  zu  Hindeütungen 
versteigen  mag:  bei  den  streitigen  Punkten. 

12)  Man  darf  wohl  von  vom  herein  annehmen,  dass  sowohl 
die  kritische  wie  die  didaktische  Behandlungsweise  auf  beide 
Systeme  gleich  anwendbar  sei.  Ob  vielleicht  aus  Bücksichten  der 
Methode  die  eine  hier,  die  andere  dort  mehr  empfehlens werth 
wäre?  Dies  bejahen  hiesse  doch  wohl,  aus  einem  Buche  deren 
zwei  machen.  Auch  wüsste  ich  nicht,  wie  ein  Lehrer  zu  früh 
anfangen  könnte,  den  Schüler  nach  dem  Maasse  seiner  Kräfte  mit 
forschen  und  entdecken  zu  lassen,  oder  wie  er  zu  spät  aufhören 
könnt«,  ihm  die  Ergebnisse  seines  eigenen  Forschens  fix  und  fertig 
wie  sie  sind  mitzutheilen. 

13)  Aber  beide  Systeme  sind,   wie  wir  sahen,   mit  gleichem, 


V.  d.  Oabeleniz,  Beitrag  mr  Creschichte  der  chines,  Oramtnatiken.  639 

nur  anders  geschichtetem  Inhalte  gefallt.  Wie,  wenn  man  dem 
Lernenden  nwc  eines  der  beiden  Gefässe  in  die  Hand  gäbe,  damit 
er  schliesslich  den  Inhalt  ausschütte  und  selbst  in  veränderter 
Ordnung  in  eine  zweite  Form  einfülle?  Sollen  damit  die  einseitig 
gefassten  Granunatiken  gerechtfertigt  werden,  so  mag  ich  es  nicht 
gelten  lassen ;  denn  der  Verfasser  würde  damit  der  Mehrzahl  seines 
Publikums  zuviel  zumuthen,  aber  auch  zuviel  zutrauen,  zumal 
wenn  er  seinerseits  das  zweite  System  zum  einzigen  gemacht  hat. 

14)  Für  den  Umfang  des  Buches  werden,  nächst  der  Natur 
des  Gegenstandes,  Zweck  und  Anlage  bestimmend  sein.  Eine 
kritische  Grammatik  dürfte  nach  oben  hin  keine  Schranke  kennen; 
ist  sie  zu  kurz,  so  wird  sie  thesenhafk  ausfallen.  Für  eigentliche 
Sprachlehren  aber  dürfte  sich  eine  natürliche  Zweitheilung  ergeben. 

a)  Es  sei  die  Absicht,  den  Schüler  soweit  zu  bringen,  dass  er 
mit  Hülfe  von  Wörterbuch  und  Uebersetzungen  Texte  richtig 
analysiren  oder  bei  einem  Sprachmeister  mit  wissenschaftlichem, 
nicht  blos  praktischem,  Gewinne  Unterricht  im  Gespräche  und  der 
Lektüre  empfangen  könne:  so  ist  das  hierzu  Nothwendig«  der 
gegebene  Inhalt  einer  Elementargrammatik.  Vorschulen,  Rudiments 
und  Büchlein  ähnlichen  Titels  dürfen  wegen  ihrer  unselbständigen 
Tendenz  hier  wohl  ausser  Betracht  bleiben. 

b)  Es  werde  bezweckt  den  Lernenden,  gleichviel  ob  er  in 
den  Elementen  vorbereitet  ist  oder  noch  nicht,  zum  Lesen  und 
Verstehen  von  Texten  mit  alleiniger  Hülfe  des  Wörterbuches  und 
etwa  noch  zur  selbständigen  Abfassung  von  Aufsätzen  in  der 
fremden  Sprache  zu  befllhigen:  so  ist  die  Granunatik  eine  aus- 
führliche. Eine  solche  wird  an  sich  des  Lehrstoffes  nicht  zuviel 
enthalten  können.  Wenn  man  besonders  umfängliche  Werke  dieser 
Art  Handbücher  nennt:  so  beruht  dies  wohl  nur  darin,  dass  man 
lieber  in  ihnen  nachschlagen,  als  sie  Paragraph  für  Paragraph 
durch-  und  einlernen  wird.  Einen  wesenhaften  Unterschied  gegen- 
über den  ausführlichen  Lehrbüchern  vermag  ich  nicht  zu  er- 
kennen. 

15)  Es  mussten  in  dem  Bisherigen  Erörterungen  angestellt 
werden ,  welche  auf  sehr  viele  andere  Sprachen  gleich  passen 
dürften  wie  auf  die  chinesische,  zu  welchen  aber  nicht  leicht  eine 
zweite  in  gleichem  Grade  anregen  wird.  Die  ihr  eigenen  Schwierig- 
keiten stellen  den  Sprachforscher  einer  Anzahl  prinzipieller  Fragen 
gegenüber,  von  deren  klarer  Erkenntniss  und  richtiger  Beantwor- 
tung hier  mehr  denn  je  die  Lösung  seiner  Aufgabe  abhängt.  Jene 
Schwierigkeiten  müssen  im  Folgenden  dargethan  werden,  damit 
es  sich  erweise,  wie  ihnen  gemäss  der  entwickelten  Grundsätze 
Rechnimg  getragen  und  begegnet  werden  könne. 

16)  Im  Verlaufe  eines  viertausendjährigen  Lebens  hat  die 
chinesische  Sprache  sich  vielfach,  sowohl  in  ihrem  Lautsysteme 
wie  in  ihrem  granunatischen  Baue ,  entwickeln  und  verändern 
müssen.     Diese  Entwickelung   war  aber  eine  freie,   daher  stätige; 


640  V-  ^'  GabeUnie,  Beitrag  zur  Geschichte  der  chinea,  Grammatihtn. 

diese  Veränderangen  geschahen •  nicht  sprungweise,  ja,  soweit  wir 
wissen,  nicht  einmal  ruckweise,  wie  dies  bei  plötzlichen  mächtigen 
Beeinflussungen  durch  andere  Völker  und  Sprachen  möglich  ge- 
wesen wÄre.  Von  Alters  her  erweiterten  sich  Reich  und  Nation 
durch  Einverleibung  benachbarter  Barbarenstämme.  Diese  wurden 
Chinesen,  nahmen  chinesische  Sprache  und  Sitten  an,  mochten 
auch  wohl  durch  die  Nachwirkung  ihrer  Stammessprachen  die 
Dialektbildung  befördern.  Und  weiter:  bald  ist  diese,  bald  jene 
Stadt  kaiserliche  Residenz  und  Sitz  der  obersten  Behörden  ge- 
wesen, und  die  Mundart  der  Beichshauptstadt  mochte  in  jenem 
classischen  Lande  der  Centralisation  die  Sprache  der  Gebildeten 
förben:  immer  jedoch,  soviel  wir  wissen,  hat  der  Schwerpunkt 
des  Reiches  im  Gebiete  des  heutigen  Kuän-hod^  oder,  wenn  man 
diesen  Begriff  enger  fassen  will,  jedenfalls  im  Bereiche  des  nörd- 
lichen Dialektes  gelegen.  Also  auch  von  dieser  Seite  nichts,  was 
zu  einer  Periodentheilung  fähren  könnte. 

17)  Der  Literatur  blieb  es  vorbehalten,  Epoche  zu  machen 
im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes.  Blüthezeiten  brachen  an  und 
vergingen,  klassische  Muster  hinterlassend,  welche  von  den  Schrift- 
stellern nachgeahmt  wurden,  nachdem  längst  die  Umgangssprache 
ganz  andere  Formen  angenonunen  hatte.  Die  Zeit  der  grossen 
Weltweisen,  der  LcLÖ-taij  der  Khung-fu-tst  und  ihrer  berühmten 
Nachfolger  war  eine  solche,  sie  war  die  klassische  xar  k^oxV"^' 
Was  davor  liegt,  nennen  wir  vorklassisch,  das  bis  auf  den  heutigen 
Tag  sich  fortsetzende  Epigonenthum :  nachklassisch.  Der  Stil  der 
Schriften  ernsteren  Inhalts  ist  im  Laufe  der  Jahrhunderte,  dem 
Gange  der  Sprachentwickelung  von  Feme  folgend,  wortreicher 
geworden;  die  Sprache  selbst  aber  ist  im  Wesentlichen  die  näm- 
liche geblieben  imd  steht  grammatisch  jener  der  Klassiker  näher, 
als  selbst  jene,  welche  uns  in  den  jüngeren  Theilen  des  Scku-king 
erhalten  ist  Die  von  den  Neueren  so  hoch  geschätzte  elegante 
Prosa,  Win-tschhang  beruht  auf  der  Grammatik  des  klassischen 
Stiles,  —  nur  ihr  Inhalt  und  das  eigentlich  Stilistische  sind 
modern. 

18)  Es  giebt  einen  Punkt  in  der  Geschichte  der  Literaturen, 
auf  welchem  sich  die  Beibehaltung  der  veralteten  Sprachformen 
als  unmöglich  erweisen  muss.  Die  Redeweise  der  Alten  ist  der 
grossen  Menge  der  Zeitgenossen  unverständlich  geworden;  will 
man  zu  den  Massen  reden,  so  muss  man  sich  ihrer  Sprache  be- 
dienen. Oder  aber:  man  will  Zeitgenössisches  aus  dem  Alltags- 
leben erzählen:  wie  passte  da  das  altehrwürdige  Gewand?  Im 
Mittelreiche  scheint  Letzteres,  vornehmlich  das  Aufkommen  des 
socialen  Romans  und  Dramas  die  Neuerung  herbeigeführt  zu  haben. 
Hier  wurde  eine  Literatur  geschaffen,  welche  raschen  Schrittes 
dem  Wandel  der  Umgangssprache  folgen  musste  und  folgte.  Glas- 
siker  in  ihrem  Fache ,  deren  Ausdrucksweise  bewundert  und  zum 
Vorbilde  genommen  wird,  erstanden  freilich  auch  hier,  und  andrer- 


V.  d.  GabelefUe^  Beitrag  zur  Oeachichte  der  ckinee.  €hrammatiken.  ({41 

seits  bemühten  sich  realistische  Schriftsteller ,  recht  im  aller- 
neuesten  Slang  zu  schreiben.  Allein  bei  aller  Mannichfaltigkeit 
in  Redewendungen  und  Stil  ist  sich  die  Grammatik  des  Kuän-hod 
(fälschlich  so  genannten  Mandarinendialektes)  in  der  Hauptsache 
gleich  geblieben.  Hier  haben  wir  die  dritte  Periode  der  chine- 
sischen Schriftsprache ,  den  neueren  Stil.  Wahre  Mischformen 
zwischen  ihm  und  der  älteren  Sprache,  wie  sie  in  allen  Schat- 
tirungen  vorkommen,  bedürfen  selbstverständlich  keiner  gesonderten 
Behandlung.  Von  den  Dialekten  aber,  welche  wenigstens  zum 
Theile  ihre  kleinen  Literaturen  besitzen,  können  wir  vorläufig 
schweigen. 

19)  Die  Frage  ist:  wie  soll  sich  der  Grammatiker  diesen 
Perioden  gegenüber  verhalten?  soll  er  jede  für  sich  allein  be- 
handeln, oder  soll  er  jeden  Theil  der  Grammatik  Schritt  für 
Schritt  durch  das  viertausendjährige  Bestehen  der  Sprache  hin- 
durch verfolgen? 

Ich  mag  die  Antwort  nur  in  bedingter  Weise  geben.  Schlechter- 
dings steht  mir  nur  soviel  fest,  dass  jede  Sprachlehre,  sofern  sie 
sich  nicht  blos  mit  Einer  Phase  des  Chinesischen  beschäftigt ,  jene 
hauptsächlichsten  Entwickelungsstufen  der  Sprache  scharf  hervor- 
heben muss.  Es  darf  "der  Lernende  nie  im  Zweifel  sein,  welcher 
Periode  diese  Beobachtung  gelte,  jenes  Beispiel  angehöre. 

20)  Im  rein  wissenschaftlichen  Interesse  wünschte  ich  nun 
Beides ;  eine  dreifache,  jede  Stilart  für  sich  darstellende  Grammatik 
und  eine  Art  grammatischer  Sprachgeschichte.  Zunächst  jene, 
schon  weil  ein  Einzelner  einen  so  riesigen  Stoff  nicht  leicht  gleich- 
massig  beherrschen  wird.  Diese  Arbeit  kann  nicht  sorgsam,  nicht 
eingehend  genug,  darum  auch  wohl  nicht  zu  weitläufig  her- 
gestellt werden;  der  Sprachhistoriker  bedarf  dieses  Dreifiisses  als 
Unterlage. 

21)  Für  den  Lehrzweck  aber  ist  mir  hier  wieder  Bemusat 
Muster,  und  auch  das  billige  ich,  dass  er,  der  für  Anfänger  schrieb, 
den  vorklassischen  Stil  mit  dem  klassischen  verbunden  hat;  denn 
zur  verständigen  Lektüre  der  ältesten  Sprachdenkmäler  gehört  mehr 
als  das  Wissen  eines  Elementarschülers.  Die  philologische  Schulung 
muss  der  Ausbildung  des  linguistischen  Verständnisses  voraus- 
gehen. Der  Schüler  soll  zunächst  entweder  das  Eine  oder  das 
Andere :  entweder  die  alten  Schriftsteller  studiren,  oder  die  heutige 
Umgangssprache  verstehen.  Wer  nach  China  selbst  reisien  will, 
dem  mag  Letzteres  das  praktisch  Näherliegende  sein,  und  darum 
begreife  ich,  warum  Primäre,  GonQalves  und  Pemy  die  neuere 
Sprache  vor  der  alten  behandeln.  Wer  aber  Chinesisch,  sei  es  um 
seines  sprachlichen  Wesens,  sei  es  um  seiner  Literatur  willen 
treiben  will,  wird  unbedingt  den  umgekehrten  Weg  einschlagen 
müssen.  Die  heutige  gebildete  Umgangssprache  und  die  in  ihr 
verfassten  Bücher  sind  voll  von  Ausdrücken,  welche  den  Classikem 
und  Nachclassikem   entlehnt   sind.     Sprüchwörter,   die  noch  jetzt 


642  V*  ^'  GabdentZt  Beitrag  zur  Geschichte  der  chmea*  Grammaiiieen. 

im  Munde  des  Volkes  erklingen,  sprüchwörtliche  Anspielungen 
geschichtlicher  Art  tragen  den  sprachlichen  Stempel  längst  ver- 
gangener Jahrhunderte.  Wir  in  Europa  kennen  nichts  was  dem 
gleich  käme;  die  alte  Sprache,  mögen  auch  Gelehrte  in  ihr  schreiben 
und  disputiren,  Priester  in  ihr  beten  und  singen,  ist  für  uns  eine 
todte.     Das  ist  im  Mittelreiche  anders. 

22)  Es  liegt  nahe  imd  ist  für  den  Sprachphilosophen  nicht 
ohne  Interesse,  das  Chinesische  seinem  Baue  nach  mit  gewissen 
neueren  europäischen  Sprachen,  etwa  der  englischen  oder  fran- 
zösischen zu  vergleichen.  Diese  streben,  so  scheint  es,  dem  iso- 
lirenden  Typus  zu:  Schwund  der  Wortformen  und  der  durch 
Letztere  möglichen  Freiheit  der  Wortstellung,  Ersatz  jener  Formen 
durch  Stellungsgesetze  lud  Partikeln.  Allein  eben  an  dieser  Stelle 
zeigt  sich  ein  bedeutsamer  unterschied:  was  bei  uns  Folge  des 
Verfalles,  neuer  Erwerb,  —  das  ist  im  Chinesischen,  soweit  wir 
es  zurückverfolgen  können,  erstes,  innerstes  Lebensprinzip.  Li  der 
lebendigen  Rede  des  heutigen  Chinesen  herrschen  dieselben  Stellungs- 
gesetze wie  in  den  ältesten  Theilen  des  Scku-king.  Und  noch 
einen  anderen  Unterschied  nehme  ich  wahr:  dem  Engländer  und 
Franzosen  sind  seine  Hülfswörter  ebenso  unumgänglich  geworden, 
wie  seinen  Vorfahren  die  entsprechenden  Wertformen  waren;  diese 
mochten  verblassen,  abbröckeln,  —  das  Formenbedürfiiiss  blieb. 
Der  Chinese  dagegen  hat  ein  solches  von  Hause  aus  nicht  mit- 
gebracht; darum  will  er  im  Gebrauch  seiner  Partikeln  das  Thun 
und  Lassen  haben.  Man  wird  mit  Genuss  und  Nutzen  beobachten, 
wie  die  chinesischen  Commentatoren  die  lakonischen  Sätze  alter 
Texte  durch  Einfüllen  inuner  neuer  Partikeln  und  durch  An- 
bringung zweisylbiger  Synonymcomposita  so  zu  sagen  far^iren  *). 
Und  wenn  heute  noch  der  Chinese  im  mündlichen  Verkehre  Hülfe- 
wörter und  Composita  verschmäht,  so  oft  der  Zusammenhang  der 
Rede  ihm  gestattet,  ihrer  unbeschadet  der  Deutlichkeit  zu  ent- 
rathen,  wenn  dann  für  Augenblicke  ein  uralt  Gepräge  unter  der 
neuen  Form  hervorzuschimmem  scheint:  so  glaube  ich,  es  hiesse 
dem  Sprachinstinkte  des  Redenden  Zwang  anthun,  wenn  man  da 
von  Ellipsen  reden  wollte,  vielmehr  zeigt  sich  hier  wie  dort,  was 
in  dieser  Sprache  das  Ewige  ist,  imd  was  das  Wandelbare. 

23)  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  eben  jenes  Unvergängliche 
in  einer  nach  Sprachperioden  eingetheilten  Grammatik  als  solches, 
d.  i.  also  vor  der  Darstellung  der  verschiedenen  Stilarten  behandelt 
werden  muss  —  vgl.  oben  2,  3  — .  Alle  späteren  Theile  der  Sprach- 
lehre werden  sich  als  eine  Spezification  der  Wortstellungsgesetze 
erweisen,  innerhalb  dieser  Gesetze  selbst  aber  wird  sich  schnell 
ein  Fortschritt  vom  Allgemeinen  zum  Besonderen  ergeben.  Es 
laute  der  allgemeine  Grundsatz:  die  nähere  Bestimmimg  steht  vor 


1)  Bespiele  bei  Prcmaro,  Xotitia  liuguao  sinieao  pg.  192 — 194,    englische 
Uebersotzung  pg.  230 — 238;  entlehnt  von  Perny,  Grammaire,  T.  II  pg.  246 — 248. 


V.  d,  GabdetUZf  Beitrag  zur  Oeschiehte  der  ohines,  OrammeUiken.  643 

dem  naher  zu  Bestimmenden.  Nim  sind  der  Genitiv  im  Verhält- 
niss  zu  dem  von  ihm  determinirten  Suhstantivum,  und  der  Locativ 
in  Yerhältniss  zum  Yerbum  nähere  Bestimmungen.  Daraus  folgen 
die  besonderen  Gesetze,  dass  das  Substantivum  im  Genitive  vor 
dem  mit  ihm  construirteu  Substantive,  und  das  Substantiv  im 
Locative  vor  dem  Yerbum  zu  stehen  habe.  Aus  diesen  Gesetzen 
erklären  sich  die  Postpositionen,  d.  i.  die  Theil-  und  Yerhältniss- 
wörter  welche,  von  einem  Genitiv  abhängig,  als  Locative  das  Prä- 
dicat  näher  bestimmen.  Die  Spirale,  von  welcher  ich  oben  —  3)  — 
sprach,  hätte  an  dieser  Stelle  ihren  dritten  Umlauf  vollendet 

24)  Die  Frage,  bis  zu  welchem  Punkte  die  Wortstellungs- 
lehre in  einem  solchen  grundlegenden  Abschnitte  zu  entwickeln 
sei,  wird  man  nach  mehr  methodischen  als  sachlichen  Erwägungen 
zu  beantworten  haben.  Ich  meinestheils  kann  ein  zu  weites  Yor- 
dringen  nicht  für  räthlich  erachten;  ich  würde  auch  hier  Wieder- 
holungen nicht  scheuen,  schon  um  der  Beispiele  willen,  denen 
doch  meist  in  anderen  Dingen  die  Eigenart  einer  bestimmten 
Sprachperiode  ankleben  ¥drd.  Ob  diesem  Abschnitte  noch  über- 
dies eine  kurze  Uebersicht  der  Pronomina  imd  der  Zahlwörter 
einzufügen  sei,  lasse  ich  vorerst  dahingestellt.  Um  mehr  als  ein 
Stück  Yocabular  könnte  es  sich  dabei  wohl  kaum  handeln. 

25)  Die  Sprache  der  vorklassischen  Literatur  hat  noch  keine 
grammatische  Behandlung  erfahren ;  man  pflegte  zeither  sie  zugleich 
mit  dem  klassischen  und  nachklassischen  Stile  ohne  scharfe  Her- 
vorhebung ihrer  wirklich  sprachlichen  Eigenthümlichkeiten  zu  be- 
sprechen. Nur  das  eigentlich  Stilistische  wurde  hin  und  wieder 
als  unterscheidend  betont,  doch  hierbei  hielt  man  sich  wieder  an 
das  schwächste  Merkmal,  das  quantitative.  Auffällig  genug  ist  die 
allmähliche  Yerweitiäuflgung  der  Ausdrucksweise  allerdings;    doch 

*  ist  sie  nur  zum  Theile  vom  Zustande  der  Sprache  selbst,  zimi 
anderen  Theile  von  Eigenart  und  Laime  des  Bedenden  abhängig. 
Der  berühmte  Historiker  Ssi-ma-lVien  (2.  Jahrh.  v.  u.  Z.)  schreibt 
wortkarger  als  der  einige  Jahrhimderte  ältere  Tso- K^teu-mmg ; 
Beider  Schreibweise  gilt  für  musterhaft,  und  es  ist  mir  nicht 
bekannt,  dass  der  Jüngere  gezierter  Alterthümelei  beschuldigt 
würde.  Die  qualitativen  Yeränderungen  der  Sprache,  die  Ent- 
wickelung  eines  wohlgegliederten  Periodenbaues,  die  schneidigere 
Durchfühmng  gewisser  Wortstellimgsgesetze,  der  Yerlust  oder  die 
begränztere  Anwendung  mancher  alter,  die  Aufnahme  verschiedener 
neuer  Partikeln,  z.  B.  des  wichtigen  c^  (rad.  125),  —  diese  Er- 
scheinungen halte  ich  für  weitaus  bedeutsamer  als  die  wachsende 
Sylbenzahl  gleichbedeutender  Sätze. 

26)  Ein  ausführlicheres  grammatisches  Programm  für  jene  älteste 
Phase  des  Chinesischen  vorzulegen  maasse  ich  mir  noch  nicht  an. 
Der  Rahmen  wird  in  seinen  Hauptfächern  mit  demjenigen  überein- 
stimmen, welcher  der  Darstellung  der  zweiten  Sprachperiode  zu- 
kommt.    Insoweit  wir  desfalls  Schott's  Anordnung  als  maassgebend 


644  V*  ^  OabelmUe,  Beiirag  stur  Genchidite  der  chines,  GrammaUhen. 

erkannten  oder  ihre  Bichtigkeit  bezweifeln  mussten,  bedarf  es  im 
Folgenden  keiner  Wiederholung.  Einzelne  Lehren  der  Grranunatik 
verlangen  jedoch  noch  von  ihrer  prinzipiellen  Seite  eine  Be- 
sprechnng. 

Die  Casus. 

27)  Wir  nennen,  wie  bereits  angedeutet,  das  substantivisch 
fongirende  Wort,  einerlei  ob  es  seiner  Hauptbedeutung  nach  Haupt-, 
Eigenschafts-,  Theil-  und  Verhältniss-  oder  Zeitwort  ist,  Substan- 
tivurn.  Die  Vorfrage  lautet:  darf  man  von  Casus  eines  solchen 
Wortes  oder  eines  Pronomens  reden?  Hierauf  haben  die  Einen 
aus  Bequemlichkeitsrücksichten  bejahend,  die  Anderen  aus  Gründen 
der  Sprachverfassung  verneinend  geantwortet.  Es  wird  wahrhaft 
sachlicher  Erwägungen  bedürfen ,  ehe  man  mit  den  Ersteren 
stimmen  darf.  Aus  der  Analogie  der  neuromanischen  und  gewisser 
neugermanischen  Sprachlehren  dürfen  wir  keine  Instanz  entlehnen; 
denn  diese  besitzen  an  der  Declination  der  Pronomina  einen  Rück- 
halt wie  ihn  das  Chinesische ,  mindestens  gleich  mächtig ')  nicht 
darbietet  Auch  ist  dort  überall  die  Formlosigkeit  Folge  eines 
Schwundes  ursprünglicher  Casusendungen,  dergleichen  das  Chine- 
sische nie  besessen. 

28)  Diese  Sprache  hat  nun  einmal  kein  anderes  Unter- 
scheidungsmittel als  ihre  Wortfolgegesetze.  Was  sie  vermöge 
dieser  voreinander  auszeichnet,  das,  sollte  ich  meinen,  dürfen  und 
müssen  auch  wir  verschieden  bezeichnen;  und  was  sie  nach  Aus- 
weis dieses  Merkmals  gleich  behandelt,  das  haben  auch  wir  ein- 
heitlich aufzufassen.  Nach  beiderlei  Richtung  aber  gelten  die 
selbstverstHndliöhen  Einschi^nkungen ,  welche  sich  aus  der  beab- 
sichtigten Wirkung,  der  Bedeutung  der  jeweiligen  Wortstellung 
ergeben.  Wenn  also  das  Personalpronomen  als  Objekt  zwischen 
die  Negation  und  das  regierende  Verbum  treten  darf,  so  steht  es 
darum  nicht  minder  im  Objektscasus,  tritt  es  doch  in  der  Adver- 
sative, nach  Wegfall  des  Vemeinungswortes ,  sofort  hinter  das 
Verbum. 

29)  Aus  der  Reihe  der  Casus  möchte  ich  ausscheiden: 

a)  die  absolute  Stellung  des  Substantivs, 

b)  den  Vocativ,  —  Beide  weil  in  ihnen  das  Wort  ausserhalb 
der  Satzverbindung  steht; 

c)  die  Apposition  und 

d)  die  aufzählende  oder  gegensätzliche  Aneinanderreihung,  — 
diese  zwei,  weil  bei  ihnen  die  Substantiva  in  jedem  beliebigen 
Casus  stehen  können. 


1)  Bemerkt  sei  doch,  dass  das  pron.  III  pers.  k*i  nie  (einzige  Ausnahme 
meines  Wissens  Su-king  lY,  VII,  II,  6)  ol^ektiv,  sondern  dafür  das  bekannte 
et,  und  dieses  wieder  fast  nie  als  Subjekt  gebraucht  wird,  und  dass  nach 
meinen  bisherigen  Beobachtungen  auch  gewisse  Pronomina  I.  und  II.  pers.  vor- 
zugsweise, wenn  auch  nicht  ausschliesslich  in  bestimmten  Casus  angewandt  za 
werden  scheinen,  wohl  Aeusseningen  eines  Dissimilationstriebes. 


V.  d,  Oaheleniz,  Beitrag  zur  Oewhichle  der  chinee,  Grammatiken.  645 

30)  Hiemach  nehme  ich  an,  es  habe  das  Suhstantivmn  folgende 
eigentliche  Casus: 

a)  den  Subjektivos,  wenn  es  als  Subjekt  vor  einem  Verbum 
—  vgl.  auch  b)  —  steht; 

b)  den  Prädicativus,  wenn  es  ohne  von  einem  Verbum  regiert 
zu  sein,  am  Ende  des  Satzes  steht;  in  diesem  Falle  gilt  es  als 
verbum  neutrum,  sofern  es  den  Begriff  der  Copula  in  sich  trägt, 
dagegen  in  Bücksicht  auf  seine  etwaigen  Attribute  (Genitive,  Ad- 
jektiva)  als  Substantivum ; 

c)  den  Objektivus,  wenn  es  hinter  einem  Verbum  (oder  einer 
Präposition)  als  deren  Begimen  steht; 

d)  den  Genitivus,  wenn  ihm  ein  Substantivum  folgt,  dessen 
nähere  Bestimmung  es  bildet; 

e)  den  Adverbialis,  wenn  es  mittelbar  oder  unmittelbar  vor 
einem  Prädicate  oder  Attribute  als  dessen  nähere  Bestimmung  steht. 

Der  Fall,  wo  ein  Nennwort  sich  durch  seine  Stellung  in  ein 
verbum  transitivum  verwandelt,  gehört  nicht  hierher,  und  analog 
möchte  ich  auch  den  gelegentlichen  (seltenen)  Gebrauch  eines  an 
das  Satzende  tretenden  Substantivums  als  passiven  Verbums  nicht 
unter  den  Prädicativus  begreifen. 

31)  Das  Gesagte  macht  hoffentlich  den  Eindruck  ziemlicher 
Klarheit;  und  doch  bietet  die  Casuslehre  ganz  erhebliche  Schwierig- 
keiten, welche  ich  im  Folgenden  nur  theilweis  zu  lösen,  zum 
anderen  Theile  aber  wenigstens  als  zu  lösende  Probleme  dar- 
zustellen versuchen  will.  Blicken  wir  nur  auf  obige  fünf  Casus, 
sehen  wir  von  der  Apposition  und  Coordination  —  29,  c.  und  d.  — 
ab  und  denken  wir  uns  zwei  Substantiva  A  und  B  unmittelbar 
aufeinander  folgend:  so  ergeben  sich  folgende  Möglichkeiten: 

a)  A  ist  Subjekt  und  B  Prädicai  Dann  bilden  Beide  zu- 
sammen einen  voÜständigen  Satz.  Es  wurde  früher  angedeutet, 
dass  in  Ausrufesätzen  die  umgekehrte  Wortstellung  zxdässig  sei 
Dieselbe  ist  oft  die  naturgemässe ,  wenn  die  Erscheinung  zum 
Ausrufe  reizt,  imd  dann  deren  Träger  oder  Urheber  erklärend 
hinzubenannt  wird  (psychologisches  Subjekt  —  psychologisches  Prä- 
dicat);  und  sie  wird  regelmässig  nichts  Sinnverdunkelndes  haben, 
weil  die  Bedeutungen  von  A  und  B  ergeben,  welches  von  Beiden 
logisches  Subjekt  sei. 

b)  A  ist  Genitiv  und  B  durch  A  näher  bestimmt.  Dann  sind 
AB  nur  Satztheil  und  B  kann  in  jedem  beliebigen  Casus,  auch 
absolut,  stehen;  es  kann  u.  A.  auch  wieder  Genitiv  zu  einem 
dritten  Substantivum  C  sein. 

c)  A  ist  Adverbialis  und  B  Prädicai  Dann  werden  AB  am 
Ende  des  Satzes  stehen.  Dieser  Fall  ist  wohl  sehr  selten,  und 
ich  wüsste  ihn  augenblicklich  nicht  durch  Beispiele  zu  belegen. 
Jedenfalls  ist  er  in  thesi  möglich. 

d)  A  ist  Adverbialis  und  B  Subjekt, 

e)  A  und  B    sind   direktes   oder  indirektes  Objekt,'  letzteres 


646  ^'  ^  OabeienU,  Beitrag  zur  Oeschiehte  der  chinsa.  Grammai$hen. 

in  der  Regel  zuerst  stehend.     Hier  muss  ein  begrifflich  geeignetes 
transitives  Verbum  vorausgehen,  oder  endlich 

f)  A  ist  Subjekt  und  B  Adverbialis.  In  diesen  beiden  Fällen 
muss  ein  Prädikat  folgen.  Die  Bedeutung  der  beiden  Substantiva 
wird  auch  hier  erkennen  lassen,  ob  der  Fall  d)  oder  e)  vorliege. 
Die  folgenden  Erörterungen  werden  noch  deutlicher  zeigen,  wie 
nothwendig  für  das  grammatische  Verständniss  chinesischer  «Texte 
die  Beachtung  des  materiellen  Wortinhaltes  sei. 

32)  Das  Subjekt  wird,  wo  es  ausgedrückt  ist,  durch  seine 
Stellung  leicht  erkannt;  es  wird  jedoch  oft  verschwiegen,  und  dann 
kann  seine  Ergänzung  Schwierigkeiten  machen. 

33)  Ein  Substantivum  im  Prädicativus  hat  hinsichtlich  eines 
zugehörigen  Genitivs  oder  Adjektivums  sowie  gegenüber  einem 
Verbum  des  Seins,  Werdens  oder  Nichtseins  als  Substantivum,  hin- 
sichtlich des  Subjekts  und  etwaiger  Adverbien  als  Verbum  zu 
gelten. 

34)  Der  Objektivus  setzt  ein  nach  chinesischen  Begrififen 
transitives  Verbum  oder  eine  Präposition  voraus.  Ein  solches  kann 
auch  das  Verweilen  an,  die  Bewegung  von  oder  nach  einem  Orte 
bedeuten,  und  hieraus  in  Verbindung  mit  dem  Begriffe  des  Ob- 
jektswortes wird  sich  der  genauere  Sinn  des  jedesmaligen  Objekts- 
verhältnisses ergeben.     So  begreift  dieser  Casus  in  sich: 

a)  das  direkte  Objekt  (Accusativ),  welches  entweder  durch 
die  Handlung  berührt  oder  vermittels  ihrer  erst  hervorgerufen 
sein  kann; 

b)  das  indirekte  Objekt  (Dativ); 

c)  den  Ort  wo  (Inessiv); 

d)  den  Ort  woher  (Ablativ,  Elativ); 

e)  den  Ort  wohin  (Ulativ); 

f)  die  Zeitdauer,  —  man  vergleiche  die  analoge  Anwendung 
des  Accusativs  in  unseren  Sprachen. 

35)  Der  Genitivus  deckt  sich  sonst  als  possessivus,  parti- 
tivus  u.  s.  w.  so  ziemlich  mit  dem  unsrigen ,  nur  dass  er  natür- 
lich nie  adverbial  zu  verstehen  ist.  Es  können  ihm,  vorbehaltlich 
der  Zwischenschiebung  einer  Genitivpartikel,  unmittelbar  nur  Sub- 
stantiva folgen,  zu  welchen  auch  insoweit  die  als  Postpositioneu 
verwendeten  Theil-  und  Verhältnisswörter  gehören.  Hervorzu- 
heben ist 

a)  seine  Verwendung  bei  Maasseinheiten :  „eines  Bechers  Wein" 
statt:  ,ein  Becher  Weines",  „dreier  Ellen  Seide",  statt:  statt:  „drei 
Ellen  Seide"  u.  s.  w. 

b)  sein  Gebrauch  bei  Wörtern  des  Stoffes:  „fern  gladium" 
statt:  gladium  ferreum  u.  s.  f. 

36)  Am  meisten  theoretische  Schwierigkeiten  entdecke  ich 
beim  Adverbialis.  Vermöge  seiner  Stellung  vor  dem  Verbum 
collidirt  er  mit  dem  Subjektivus.  Dieser  kann  ausgedrückt  sein 
oder  nicht,   und  ersteren  Falles  kann  er  vor  oder  nach  dem  Ad- 


V.  d.  CMelmtM,  Beürag  zur  Geschichte  der  chines.  OrtumnaUken,  647 

verbialis  stehen.  Treffen  beide  Casus  zusammen,  so  wird  der 
Sinn  meist  das  Nöthige  errathen  lassen;  wie  aber  in  folgenden 
Sätzen :  „China  hat  viele  Kanäle*^,  „dies  Jahr  erzeugt  saueren  Wein"? 
Hier  lassen  die  entsprechenden  chinesischen  Verba  sowohl  tran- 
sitive als  intransitive  Bedeutung  zu,  und  auch  letzterenfalles  wäre 
ihre  Stellung  die  nämliche,  weil  sie  als  Verba  substantiva:  „vor- 
handen sein,  wachsen*^  gelten  würden.  Somit  ergiebt  sich  die 
zweite  Uebersetzungsmöglichkeit :  „In  China  giebt  es  viele  Kanäle, 
in  diesem  Jahre  wächst  saurer  Wein*.  So  auch  bei  regelmässig 
transitiven  Verbis :  „Korea  verfertigt  oder  in  Korea  verfertigt  man 
gute  Tusche*^.  Endlich  kann,  wenn  auch  seltener,  die  Frage  ent- 
stehen, ob  zwei  den  Satz  eröffnende  Substantiva  genitivisch  zu 
construiren  oder  ob  Eins  derselben  im  Adverbialis,  das  Andere 
im  Subjektivus  gemeint  sei:  „des  X  Hand  gab  dem  Y  den  Brief*, 
oder:  „X  gab  mit  seiner  Hand  dem  Y  den  Brief*.  Man  sieht, 
der  Sinn  ist  überall  der  gleiche;  allein  welche  Uebersetzung  ist 
dem  Sprachgeiste  gemäss?  Ich  meinestheils  bin  geneigt,  mich 
überall  für  den  Adverbialis  zu  entscheiden,  weil  meines  Wissens 
der  nüchterne  Chinese  es  nicht  liebt,  Unpersönliches  zu  personi- 
ficiren  oder  nach  Semitenart  die  pars  pro  toto  zu  setzen. 

37)  Der  Adverbialis  kann  je  nach  der  Natur  des  betreffenden 
Hauptwortes  und  dessen  begrifflichem  Verhältnisse  zum  Subjekt 
und  zum  Verbum  sehr  Verschiedenes  ausdrücken: 

a)  den  Ort  wo, 

b)  den  Ort  woher, 

c)  die  Zeit  wann, 

d)  (seltener)  die  Zeit  wie  lange  (Dauer), 

e)  den  Urheber  oder 

f)  die  Ursache  eines  verbum  passivum  oder  neutrum, 

g)  das  Werkzeug  oder  Mittel,  oder  den  Stoff  vor  einem  verbum 
transitivum  oder  passivum, 

h)  die  Art  und  Weise:  wie  ein  x,  als  x,  x-ähnlich,  x-mässigu.s.w. 
Bedewendungen  dieser  letzten  Art  sind  nicht  häufig  und  um  so 
schwieriger  richtig  zu  erkennen. 

Zu  e)  sei  eines  eigenthümlichen  Zusanmientreffens  gedacht 
Wo  das  participium  pass.  als  Attribut  in  der  blossen  Wortstellung 
Ausdruck  finden  soll,  da  tritt  es  dem  bekannten  Stellungsgesetze 
zufolge  vor  das  von  ihm  näher  bestimmte  Substantivum.  Letzterem 
würde,  wenn  das  Verbum  aktiv  wäre,  als  dessen  Objekte  die 
nämliche  Stellung  zukommen.  Und  zweitens  hat  nach  obigem 
Gesetze  der  Urheber  des  Verbums  (Instrumental  im  Sinne  der 
Sanskrit- Grammatik)  vor  dem  Participium  zu  stehen,  also  da  wo 
bei  aktiver  Redeweise  der  Platz  des  Subjektes  wäre.  Folglich 
können  die  drei  Worte :  ^Hund  —  beissen  —  Kind  =  sowohl :  der 
Hund  beisst  das  Kind*  als  auch :  „ein  vom  Hunde  gebissenes  Kind* 
bedeuten,  je  nachdem  sie  einen  vollen  Satz  oder  nur  einen  Satz- 
theil   bilden   sollen.     Da   hätten   wir  einen  zweiten  Fall,    wo  ver- 


648  V-  <^*  CMeUniBf  Beiirctg  eur  Oesehiehte  der  ohinM.  ChammaÜketu 

schiedene  grammatische  Auffassungen  materiell  zu  dem  nämlichen 
Ergebnisse  fähren.  Ich  zweifle,  ob  hier  mehr  als  ein  Zufall  im 
Spiele  sei. 

38)  WennAdverbialis  und  Subjektivus  zusammentreffen,  welchem 
von  Beiden  gebührt  der  erste  Platz  ?  Soviel  ich  bisher  beobachtet 
habe,  kommt  in  den  Fällen  e,  f,  g,  h  inmier  die  zweite,  in  den 
Fällen  a,  b  und  c  meist  die  erste  Stelle  dem  Adverbialis  zu. 
Man  könnte  versucht  sein  aus  diesem  Grunde  den  Adverbialis  in 
zwei  Casus  zu  spalten,  —  mit  welchem  Rechte,  lasse  ich  einst- 
weilen dahingestellt;  einen  praktischen  Werth  wüsste  ich  einer 
solchen  Unterscheidung  nicht  zuzusprechen. 

Fragen  wir  fär  jetzt  nach  der  ratio  legis:  warum  das  eine 
Mal  so,  das  andre  Mal  so?  Ich  glaube  in  meinen  Untersuchungen 
zur  vergleichenden  Syntax  (Wort-  und  Satzstellungslehre)  *)  ein 
Gesetz  dargelegt  zu  haben,  welches  uns  zu  einer  vorläufigen,  apri- 
orischen Antwort  ermächtigt  Enthält  das  Wort  im  Adverbialis 
dasjenige,  wovon  der  Sprechende  reden  will,  so  hat  es  als  psycho- 
logisches Subjekt  den  Satz  zu  eröf&ien;  alles  folgende,  einschliess- 
lich des  grammatischen  Subjektes  verhält  sich  dazu  als  psycho- 
logisches Prädikat.  Der  Sprachgebrauch  konnte  hier  Schranken 
setzen,  indem  er  das  nach  der  Natur  der  Sache  Gewöhnliche  zur 
Regel  erhob  und  das  nach  der  Natur  der  Sache  Seltene  geradezu 
verbot.  Jetzt  dürfte  einleuchten,  warum  die  Fälle  unter  a,  b  und 
c  meist  als  psychologische  Subjekte,  die  unter  e  bis  h  regelmässig 
als  blosse  Attribute  des  Verbums  behandelt  werden.  Uebrigens 
besitzt  die  Sprache  in  der  absoluten  Wortstellung  ein  Mittel,  auch 
solche  Wörter  ebenso  wie  das  Objekt  an  die  Spitze  des  Satzes 
zu  befördern. 

39)  Dass  Objektivus  und  Adverbialis  sich  sachlich  mehrfach 
berühren,  war  von  vornherein  anzunehmen,  sind  doch  Beide  be- 
stimmendes Zubehör  des  Verbums.  In  der  That  waren  sowohl 
unter  §  34  als  auch  unter  §  37  Orts-  und  Zeitbestimmungen  auf- 
zuführen, weil  der  Formsinn  der  Sprache  für  Beide  eine  doppelte 
grammatische  Behandlung  zulässt. 

40)  Schott  hat  die  Casuslehre  seinen  beiden  Kapiteln :  Nenn- 
wort zum  Nennworte  und:  Nomina  und  Verba  zu  einander  ein- 
gestreut. Ich  gebe  zu  erwägen,  ob  ihrer  näheren  und  zusammen- 
fassenden Behandlung  nicht  besser  ein  besonders  Kapitel  zu  widmen 
sei,  welches  vielleicht  hinter  dem  letztgedachten  einen  passenden 
Platz  fände. 

Die  Wortkategorien. 

41)  Bei  Besprechung  von  Schott's  Sprachlehre  wurde  eines 
Stückes  der  chinesischen  Grammatik  gedacht,  welches  einer  ein- 
heitiichen   und   sachgemässen  Bearbeitung  noch  harret     Die   un- 


1)  Ztschr.   f.  Völkorpsych.  und    Sprach wisseiisch.  1869  S.  376—384,  1874. 
8.  129—165  und  300—338. 


V,  d,  GabeUnUf  Beibrag  zur  Geschichte  der  chinea.  OrammaÜken»  649 

geheuere  Mehrzahl  der  chinesischen  Wörter  kann  je  nach  der 
Stellung  im  Satze,  sei  es  vermöge  begleitender  HülfswÖrter,  sei  es 
ohnedem,  sehr  verschiedenen  grammatischen  Hedetheilen  angehören. 
Dem  Leser  chinesischer,  namentlich  älterer  Texte  erheben  sich 
fast  auf  Schritt  und  Tritt  Fragen  wie  die:  ist  dies  Wort  Adverb, 
Adjektivum  oder  Substantivum  ?  habe  ich  hier  ein  aktives  oder 
passives  Verbum  oder  ein  Verbalsubstantiv  vor  mir?  Man  ahnt, 
dass  es  zu  den  wichtigsten  Erfordernissen  der  Sprachkenntniss 
gehöre,  in  solchen  Lagen  sicheren  Blickes  das  Richtige  zu  treffen. 

42)  Es  handelt  sich  um  ein  Hauptstück,  welches  die  Lehren 
von  der  Wortstellung  und  von  den  Partikeln  als  nothwendig  voraus- 
setzt ,  und  auf  welches  diese  vorbereiten.  Kehren  wir  zu  dem 
Vergleiche  mit  der  Spirale  zurück,  so  bezeichnet  die  Lehre  von 
den  Hülfs Wörtern  gegenüber  den  Wortfolgegesetzen  einen  weiteren 
Umlauf.  Diese  Gesetze  erleben  hier  eine  neue  EntÜEdtung.  So 
sind  z.  B.  die  Präpositionen  transitive  Verba,  welche  sammt  ihren 
Objekten  zu  einem  anderen  Verbum  im  adverbialen  Verhältnisse 
stehen;  andere  Partikeln  werden  sich  als  Fürwörter  in  ver- 
schiedenen, aus  der  Stellung  erkennbaren  Casus  erweisen;  manche 
dienen  zu  schärferer  Kennzeichnung  der  Casus  oder  der  absoluten 
Stellung  u.  8.  f.  —  Die  Spirale  wird  jetzt  noch  einmal  umlaufen, 
ein  neues  Element  wird,  quantitativ  erweiternd,  qualitativ  enger 
bestimmend  hinzutreten.     Welches  Element? 

43)  Wilhelm  von  Humboldt,  dessen  Ansichten  über  die 
chinesische  Sprache  man  in  vielen  anderen  Dingen  nicht  mehr 
theilen  dürfte,  bemerkt:  „Dans  la  langue  chinoise  le  sens  du 
contexte  est  la  base  de  l'intelligence  et  la  construction  grammaticale 
doit  souvent  en  ßtre  d^duite.  Le  verbe  möme  nest  connaissable 
qu  ä,  son  sens  verbal.  La  m^thode  usit^e  dans  les  langues  classi- 
ques,  de  faire  pr^ceder  du  travail  grammatical,  et  de  l'examen  de 
lu  construction,  la  recherche  des  mots  dans  le  dictionnaire  nest 
jamais  appliquable  ä  la  langue  chinoise.  C'est  toujours  par  la 
signification  des  mots  quil  faut  y  commencer*  *)•  Hier  spricht 
sich  eine  Ahnung  dessen  aus,  was  später  Stanislas  Julien  mit  so 
glänzendem  Erfolge  auszubeuten  wusste.  Was  dem  deutschen 
Sprachforscher  wie  eine  Art  kluges  Errathen  erscheinen  mochte, 
wusste  der  französische  Meister  in  praktisch  klare,  nur  vielleicht 
etwas  zu  mechanisch  geformelte  Eegeln  zu  fassen;  sie  waren  der 
Stab  an  welchem  er  nie  strauchelnden  Schrittes  durch  soviele  hals- 
brecherische Partien  der  chinesischen  Literatxir  wandelte,  und  mit 
welchem  er  gelegentlich  den  armen  Pauthier  zu  prügeln  liebte. 
Seine  Streitschriften,  zumal  die  Exercices  pratiques  sind  gerade 
darin  vmgemein  belehrend;  nur  ab  und  zu  jedoch  geben  sie  all- 
gemein gefasste  Lehren,  oft  überlassen  sie  es  dem  Leser,  der 
einzelnen  Beobachtung  die  zu  Grunde  liegende  Kegel  zu  entnehmen. 


1)  Lettre  k  M.  Abel-B4musat  sur  le  g^nie  de  la  langae  chinoise  &c  pg.  42. 
Bd.  XXXU.  42 


650  V-  ^'  CMeUfUz,  BeUrag  zur  Gesthiehie  der  cTunes,  Cframmatäeen. 

Dass  er  dabei  keine  terminologische  Ünterscbeidnng  zwischen 
Wortkategorie  und  Redetheil  eingeführt  hat,  halte  ich  für  mehr 
anmethodisch  als  sinnverwirrend- 

44)  Diese  Julien  sehen  Regeln  sollten  in  keiner  altchinesischen 
Sprachlehre  fehlen,  am  Allerwenigsten  in  einer  von  mehr  prak- 
tischer Tendenz.  Wie  gesagt  aber  ist  der  Bau  noch  nicht  vollendet, 
und  ich  erblicke  im  Ausbau  dieser  Lehre  eine  der  wichtigsten 
Aufgaben  der  Grammatik.  Von  vornherein,  —  ich  meine  für  die 
Anlage  der  Collektaneen  —  dürfte  es  sich  empfehlen  unter  Zugrunde- 
legung sowohl  der  Natur  der  Sache  wie  der  Eigenart  der  Sprache 
soviel  als  möglich  zu  scheiden;  das  Zusammenfassen  und  Kürzen 
möge  der  Ausarbeitung  überlassen  bleiben.  Man  begreift,  dass 
jenes  Scheiden  zum  grössten  Theile  eine  Arbeit  logisch-encyklo- 
pädischer  Art  sein  wird. 

45)  Es  sei  mir  gestattet,  vorläufig  und  ganz  unvorgreiflich 
folgende  Wortkategorien  aufzustellen: 

a)  Ausrufwörter; 

b)  Schall-  (nachahmende)  Wörter; 

c)  Für-  und  Deutewörter; 

d)  Hauptwörter; 

e)  Theil-  und  Verhältnisswörter; 

f)  Zahlwörter; 

g)  Eigenschaftswörter; 
h)  Zeitwörter; 

i)  VemeinungswÖrter. 

Diese  Beihenfolge  ist  insofern  eine  absichtliche,  als  sie  von 
den  s.  g.  Naturlauten  (a  und  b)  ausgeht,  dann  unter  c,  —  soweit 
nicht  die  Pronominalpartikeln  hineinfallen  — ,  femer  d,  e,  f  und  g 
die  Nennwörter,  und  unter  g  und  h  die  sich  vielfach  berührenden 
Zustandswörter  aneinandergrenzen  lässt.  Ob  den  Eigennamen  in 
dieser  Lehre  ein  besonderes  Kapitel  gebühre,  bleibe  zur  Zeit  dahin- 
gestellt. Umstandswörter,  d.  h.  Wörter  von  wesentlich  adverbialer 
Bedeutung,  glaube  ich  ausser  den  Verneinungen  (i)  nicht  auf- 
führen zu  sollen;  die  übrigen  Adverbien  möchten  in  den  Kategorien 
b — h  unterzubringen  sein. 

46)  Die  Ausruf  Wörter  dürften  in  diesem  Hauptstücke  eine 
besondere  Berücksichtigung  nicht  verdienen.  Ich  wüsste  wenigstens 
nicht,  dass  eine  Wanderung  durch  verschiedene  Redetheile  bei 
ihnen  stattf^de;  denn  als  eine  solche  kann  es  sicher  nicht  auf- 
gefasst  werden,  wenn  gewisse  Finalpartikeln  zufällig  mit  denselben 
Zeichen  geschrieben  werden  wie  gewisse  Präpositionen.  Liwieweit 
die  einzelnen  Finalen  dieser  Kategorie  zuzurechnen,  inwieweit  sie 
etwa  von  Deut-  oder  Zeitwörtern  {yün  =  sage  ich,  u.  s.  w.)  her- 
zuleiten seien,  steht  mir  noch  nicht  fest.  Die  Partikellehre  wird 
diese  Wortkategorie  erschöpfend  mit  behandelt  haben. 

47)  Auch  die  schallnachahmenden  Wörter  werden  wohl  zum 
grössten    Theile   mit    entlehnten   Schriftzeichen   geschrieben,   ohne 


V.  d.  Oabel&ntz^  BeUrag  amr  Oesohichte  der  ehmes,  Ghrammaüken,  651 

dass  dies  ihrer  Selbständigkeit  Eintrag  thun  könnte.  Sie  treten 
keineswegs  blos  isolirt,  sondern  gern  auch  in  der  Satzverbindung 
auf;  für  ihre  Syntax  ist  indessen,  soviel  ich  weiss,  noch  nicht 
viel  geschehen.  Das  Schi-hing  mpimelt  von  Beispielen,  aber  auch 
in  prosaischen  Werken  finden  sich  a^^i^^j^enug. 

48)  Für-  und  Deutewörter.  Dass  die  Pronomina  sich  ver- 
möge einer  ihnen  eigenen  Wortstellungserscheinung  von  den  Sub- 
stantiven abheben,  wurde  bereits  bei  Besprechung  von  Schott's 
Sprachlehre  erwähnt;  nicht  minder,  dass  ein  bedeutender  Theil 
der  Partikeln  ihnen  seinen  Ursprung  zu  verdanken  scheine.  Bis 
auf  jenen  Punkt  schliessen  sie  sich  in  der  Casuslehre  eng  an  die 
Substantiva  an,  ohne  indessen  die  Hauptwörter  auf  deren  Wan- 
derung durch  die  Bedetiieile  zu  begleiten.  Ich  glaube  kaum,  dass 
diese  Klasse  in  der  Wortkategorienlehre  einer  besonderen  Be- 
sprechung bedürfe.  Eher  empfiehlt  es  sich,  auch  die  Pronomina 
in  der  Partikellehre  mit  zu  behandeln,  —  etwa  zu  Eingange  der- 
selben ,  sodass  sich  die  Pronominalpartikeln  unmittelbar  daran 
schliessen.  Es  wäre  dies  auch  der  chinesischen  Auffassung  mit 
nichten  zuwider^);  das  Chinesische  kennt  ja  v nur  Indeclinabilia. 
Man  vergleiche  übrigens  das  oben  unter  24)  Bemerkte. 

49)  Die  Hauptwörter,  d.  h.  Wörter  von  wesentlich  substan- 
tivischer Bedeutung,  berühren  sich  als  Substantiva 

a)  im  Genitivus  mit  dem  Adjektivum, 

b)  im  Adverbialis  mit  dem  Adverb, 

c)  im  Prädikativus  mit  dem  Verbum. 

Allein  sie  können  auch  vermöge  der  Wortstellung  zu  ächten 
Verben  mit  der  Bedeutung:  zu  x  machen,  für  x  halten,  als  x 
behandeln  oder  bezeichnen,  —  werden,  ja  es  geschieht,  dass  sie  in 
Passiva  solcher  Verben  übergehen;  z.  B.  wang  =  König;  k"ö  = 
können  mit  folgendem  passiven  Verbum:  k'h-tvang  =  kann  zum 
Könige  gemacht  werden.  Dass  manche  von  ihnen  höflichkeitshalber 
statt  persönlicher  Pronomina  eintreten,  ist  grammatisch  weniger 
erheblich. 

50)  Wie  in  der  Casuslehre  angedeutet  wurde,  ist  der  materielle 
Inhalt  des  Substantivums  vielfach  für  den  Sinn  seines  jeweiligen 
Casus  maassgebend.  Im  Adverbialis  z.  B.  werden  belebte  Wesen 
vorzugsweise  als  Urheber,  gelegentlich  als  Mittel  zu  verstehen, 
Namen  von  Stoffen  und  Werkzeugen  mittels  der  Präpositionen  aus, 
von,  bez.  mit,  durch  zu  übersetzen,  Ortsbezeichnungen  als  Locativ 
oder  Ablativ  aufzufassen  sein.  Aber  auch  für  die  Frage,  ob  Sub- 
jektivus  oder  Adverbialis,  ist  in  der  Regel  die  Bedeutung  des 
Substantivums  entscheidend.  Dies  Alles  ergiebt  sich  wohl  bei 
näherer  Betrachtung  mit  logischer  Nothwendigkeit  von  selbst,  will 
aber  doch  von  den  Lernenden  zur  Erlangung  der  nöthigen  Fertig- 


1)  Vgl.   Edkins,    A   Grammar   of  .  .  .  the   Shanghai   Dialect,    1.  Aufl.   pg. 
62—63. 

42» 


652  V*  ^'  GMdeniMj  Beitrag  zur  Otachichte  der  chine».  ChammaObem, 

keit  eingeübt,  und  will  den  Betrachtenden  behu&  Herstellung  eines 
wohlausgefohrten  Bildes  dargestellt  sein.  Ueber  den  Funktions- 
wandel der  Hauptwörter  vergleiche  man  Julien,  Syntaxe  nouvelle  I 
pg.  44 — 45,  46 — 47,  53,  54 — 55;  dess.  Examen  critique  No.  103. 

51)  Die  Theil-  und  Verhältnisswörter  stehen  nütten  zwischen 
den  Haupt-  und  den  Eigenschaftswörtern.  Die  Ausdrücke  für 
Ober-  und  Untertheil,  für  Mitte,  Innen-  und  Aussen-,  Vorder-  und 
Hinterseite  gehören  hierher.     Sie  sind 

a)  Substaniiva,  wenn  sie  von  einem  Genitive  regiert  werden 
und  in  einem  anderen  Casus  als  dem  Adverbialis  stehen,  oder  als 
Objekt  auf  ein  transitives  Verbum  folgen  (vgl.  b),  oder  wenn 
unmittelbar  hinter  ihnen  c^  =  is  qui  —  est,  id  quod  —  est,  steht ; 

b)  Adverbien,  wenn  sie,  ohne  von  einem  Genitiv  regiert  zu 
sein,  vor  einem  Verbum  stehen.  Auch  wenn  sie  im  Objektivus 
hinter  ein  Verbum  des  Wo  -  verweilens  oder  Sichfortbewegens 
treten,  sind  sie  wenigstens  adverbial  (oben,  hinauf;  unten,  hin- 
unter u.  s.  w.)  zu  übersetzen. 

c)  Postpositionen  (auf,  über,  unter  u.  s.  w.)  sind  sie,  wenn 
sie,  von  einem  Genitiv  regiert,  im  Adverbialis  stehen; 

d)  Adjektiva  (der  obere,  untere  u.  s.  w.),  wenn  ihnen  ein 
Substantivum  folgt,  welches  sie  näher  bestimmen,  und  mit  welchem 
zusammen  sie  einen  Satztheil  bilden; 

e)  endlich  Verba  transitiva,  wenn  ihnen  ein  Substantivum  im 
Objektivus  folgt.  Alsdann  ist  nicht  selten  ihre  Bedeutung  eine 
andere  als  die  im  §  49  angegebene,  näi^ch:  sich  nach  dem  und 
dem  Theile  des  Objektes  hin  bewegen  oder  ähnlich  z.  B.  ädng  = 
oben:  ääng-mh  ein  Pferd  besteigen.  Die  Anwendung  von  kih, 
Untertheil  als  eines  verbum  impersonale,  in,  htä-tüy  es  regnet  und 
ähnlichen  Redensarten,  wäre  schliesslich  noch  zu  erwähnen  ^). 

52)  Das  Eigenschaftswort  grenzt,  insofern  es  nach  chinesischer 
Ausdrucksweise  ein  ^volles",  dabei  „todtes*  Wort  ist,  an  das 
Hauptwort,  sofern  es  logisch  einen  Träger  der  Eigenschaft  erheischt^ 
an  das  Zeitwort,  welches  nicht  ohne  ein  Subjekt  gedacht  werden 
kann.  Die  Beobachtungen,  welche  Julien  in  seinen  Exercices  pra- 
tiques  pg.  12  und  an  mehreren  Stellen  der  Syntaxe  nouvelle  be- 
treffs der  Wanderung  dieser  Wortkategorie  durch  verschiedene 
Redetheile  verzeichnet  hat,  scheinen  mancher  Ergänzung  Baum  zu 
lassen.  Die  nachfolgenden  Begeln,  insoweit  sie  sich  nicht  aus- 
drücklich auf  Julien's  Angaben  beziehen,  sollen  nur  versuchsweise 
zur  weiteren  Prüfung  aufgestellt  werden.  Einen  solchen  Versuch 
erachte  ich  hier  für  erlaubt;  denn  diese  Partie  der  Grammatik  ist 
wie  wenige  dazu  angethan,  zu  Deduktivschlüssen  zu  ermuthigen. 

53)  Ein  Eigenschaftswort  ist 

a)  Adjektivum  in  zwei  Fällen: 

1)  Hierher    gehörigo    Beobachtungen    bei  Julien  ,    Exercices   pratiques    pg. 
175,  178,  183;  Syntaxe  nouveUe  I,  pg.  237,  253,  254,  269,  270,  272. 


V.  d,  GaMmdg,  BeUrag  amr  Geschichte,  der  chines.  OrammaÜken.  653 

a)  wenn  es  vor  einem  Substantiymn  steht,  welches  es 
näher  bestimmt,  und  mit  welchem  zusammen  es  einen  Satztheil 
bildet  (Ex.  prat.  §  2,  §  2  A,  §  22  E;  Syni  nouv.  I  pg.  11); 

ß)  wenn  es  als  Pi^dikat  auf  ein  verbum  substantivum  folgt; 

b)  Verbum  neutrum,  wenn  es  auf  ein  Substantivum  ohne  Da- 
zwischentreten eines  verbum  substantivum  folgt  und  zu  Ende  des 
Satzes  oder  Satztheils  steht.  Alsdann  ist  es  mittels  des  Verbums 
„sein*"  zu  übersetzen  (Ex.  prat.  §  2  A,  §  16  B,  Synt.  nouv.  I, 
pg.  38). 

c)  Adverb,  wenn  es  vor  (sehr  selten  auch  hinter)  einem  Ver- 
bum activum  und  eventuell  dessen  Regimen,  oder  neutrum  steht, 
mit  welchem  zusanmien  es  einen  Satztheil  bildet  (Ex.  prai  §  2  A); 

d)  Verbum  transitiviun  mit  der  Bedeutung  dazu  machen, 
dafür  halten, 

a)  wenn  ihm  als  Subjekt  der  Name  oder  die  Bezeichnung 
einer  Person  oder  ein  persönliches  Fürwort  vorausgeht  und  ihm 
ein  substantivisches  oder  pronominales  Objekt  folgt  (Ex.  prai 
§  2  A;  Synt  nouv.  I,  pg.  47 — 48); 

ß)  wenn  ihm  die  Partikel  sb  =  id  quod  unmittelbar  voraus- 
geht (Ex.  prat.  §  4  C).  Hier  könnte  auch  von  einem  passiven 
Verbum  die  Bede  sein,  wenn  man  sb  seiner  Stellung  zuliebe  als 
passives  Subjekt  auffassen  wollte; 

e)  Verbum  reflexivum,  wenn  es  auf  ein  Beflexivpronomen  folgt; 

f )  Verbum  passivum  (vgl.  auch  d,  ß),  wenn  unmittelbar  davor 
das  Hülfsverbum  &'(>  =»  können  steht; 

g)  Substantivum  in  den  FäUen: 

a)  wenn  es  von  einem  davorstehenden  Genitive  regiert  wird, 

ß)  wenn  es  hinter  einem  aktiven  Verbum  als  dessen  Ob- 
jekt steht  ^), 

y)  wenn  es  hinter  einem  Zahlworte  steht,  —  in  diesen 
drei  Fällen  ist  überdies  erforderlich,  dass  es  nicht  attributiv  vor 
einem  Substantivum  stehe  (vgl.  a,  a), 

S)  wenn  die  Partikel  c^  unmittelbar  darauf  folgt  (Synt 
nouv.  I  pg.  125,  no.  5  imd  6  scheint  die  Begel  nicht  ganz  correkt 
zu  fassen). 

Dem  Leser  werden  die  vielfachen  Analogien  mit  dem  von  den 
Theil-  und  Verhältnisswörtem  Bemerkten  nicht  entgangen  sein. 

54)  Betreffs  der  Zahlwörter  wären  die  Substantiven  Funktionen 
besonders  hervorzuheben.  Solche  können  sie  natürlich  nur  dann 
versehen,  wenn  sie  nicht  selbst  attributiv  vor  Substantiven  stehen. 
Dies  vorausgesetzt,  ist  ein  Zahlwort 

a)  substantivische  Cardinalzabl ,  wenn  ihm  ein  attributives 
Demonstrativpronomen, 


1)  Julien ,  Ex.  prat.  §  2  A ,   Synt.  nouv.  I ,   pg.  11    stellt  die  Bedingungen 
a  und  fi  cumulativ,  —  ich  sehe  nicht  ein,  mit  welchem  Rechte. 


654  V-  ^'  GabeleniB,  Beürag  zur  Gresehichte  der  chines.  ChammaÜken, 

b)  substantivische  Ordinalzahl,  wenn  ihm  ein  Oenitiv  unmittel- 
bar vorausgeht;  z.  B.  diese  Drei,  —  der  Dritte  von  ihnen.  Im 
üebrigen  wird  man  sich  an  das  zu  den  Eigenschaftswörtern  Be* 
merkte  halten  können. 

55)  Bei  den  Zeitwörtern  werden  sich  zunächst  gewisse  innere 
Unterschiede  geltend  machen.  Es  kann  nicht  einflusslos  sein,  ob 
ein  dfikhin  gehöriges  Wort  seiner  Natur  nach 

a)  kein  Objekt,  oder 

b)  ein  dingliches  oder  persönliches,  oder 

c)  zwei  Objekte,  sowohl  ein  dingliches  als  auch  ein  persön- 
liches (Dativ  und  Accusativ),  oder 

d)  ein  verbales  Objekt,  oder  endlich 

e)  ein  Attribut  des  Subjektes  hinter  sich  erheischt.  Als 
Verbum  wird  es  demnach  regelmässig:  zu  a  neutrum,  zu  b  und  c 
activum  oder  transitivum,  zu  c  mit  der  Bedeutung  des  Gebens, 
Nehmens  oder  Mittheilens,  zu  d  HtQfsverbum,  zu  e  verbum  sub- 
stantivum  sein. 

56)  Will  man  den  Funktionenwandel  dieser  höchst  beweg- 
lichen Wortgattung  darstellen,  so  dürfte  sich  folgendes  empfehlen: 

a)  Man  beschräiike  sich  auf  die  Beobachtung  des  einfachen 
Satzes  oder  Satztheiles.  Es  kann  nur  verwirren,  wenn  man  etwa 
die  Lehre  vom  Periodenbau  hier  mit  hineinziehen  und  z.  B.  das 
Hauptverbum,  weil  es  einem  Adverbialsatze  angehört,  als  adver- 
biales Particip  statt  als  verbum  finitum  bezeichnen  will. 

b)  Nur  das  verbum  finitum  und  allenfalls  das  verbale  Regimen 
eines  Hülfsverbums  bezeichne  man  als  Verbum.  Auch  dieses 
Begimen  liesse  sich  als  verbum  finitum  auffassen,  wenn  man  sich 
die  Hülfsverba  adverbial  denken  wollte.  Wo  Zeitwörter  als  Sub- 
jekt  oder  Objekt,  als  adverbiale  oder  adjektivische  Participien  an- 
gewendet werden:  da  bezeichne  man  sie  als  abstrakte  Substantiva, 
als  Adverbien  oder  Adjektiva,  oder  meinethalben  als  Participial- 
substantiva,  Infinitive  u.  s.  w.  Die  sogenannten  Präpositionen  wer- 
den sich  hierbei  je  nach  ihrer  Stellung  vor  oder  nach  dem  Haupt- 
verbum als  Adverbialparticipien  oder  als  Verba  finita  erweisen. 
Eine  sorgfältige  Durchsicht  der  beiden  ersten  Abschnitte  von  Juliens 
Syntaxe  nouvelle  dürfte  ziemlich  vollständig  ergeben,  was  in  dieser 
Lehre  zu  erklären  ist,  von  Aufstellung  eines  Schemas  möge  aber 
vorläufig  noch  abgesehen  werden. 

56)  (bis)  Wir  fassten  —  §  45  —  die  Eigenschafts-  und  Zeit- 
wörter unter  dem  Namen  Zustands Wörter  zusammen.  Der  Chinese 
wurde  frühzeitig  durch  eine  philosophische  Betrachtung  der  Dinge 
dahin  geführt,  einzelne  der  hierher  gehörigen  Begriffe  abstrakt, 
d.  h.  ohne  Rücksicht  auf  den  Träger  der  Eigenschaft  oder  auf 
das  Subjekt  der  Thätigkeit  zu  denken.  Solche  Begriffe  konnten 
dann,  im  Gegensatze  zu  anderen  der  nämlichen  Kategorie,  ohne 
Weiteres  zum  Gegenstände  der  Betrachtung,  zu  Subjekten  von 
Sätzen    gemacht    werden.     Hierin    berühren    sich    die    ihnen    ent- 


V.  d.  GabeUrUa,  Beitrag  zur  Geschichte  der  chines,  Grrammatiken.  655 

sprechenden  Wörter  (z.  B.  Tugend,  Weisheit,  Regierung)  mit  den 
Hauptwörtern,  und  insofern  dürfen  wir  von  einer  Kategorie  der  Zu- 
standshauptwörter  reden.  Der  Sprachgebrauch  allein  lehrt,  welches 
die  hierher  gehörigen  Vocabeln  seien. 

57)  Die  Vemeinungswörter  verhalten  sich  auch  dem  Sprach- 
geiste gemäss  zu  den  verbis  substantivis  gegensätzlich.  Beider 
Syntax  ist  meinen  Beobachtungen  zufolge  die  nämliche,  und  beiden 
dürfte  in  der  Hülfe  Wörterlehre  ein  Kapitel  zu  widmen  sein., 

58)  Der  Lehrer,  welcher  mir  bis  hierher  gefolgt  ist,  wird 
nach  den  mitgetheilten  Proben,  §  51,  53,  54,  einen  naheliegenden 
Einwand  erheben.  Gegeben,  d.  h.  durch  einfaches  Nachschlagen 
im  Wörterbuche  auf&ndbar,  ist  die  Wortkategorie;  unbekannt  und 
aus  dem  Zusammenhange  zu  ermitteln  ist  der  Bedetheil.  Aus 
welchem  Zusammenhange  aber  ?  Aus  dem  mit  anderen  Bedetheilen. 
Heisst  das  nicht,  ein  Unbekanntes  aus  anderem  Unbekannten  er- 
klären wollen?     Hiergegen  gilt  ein  Doppeltes. 

a)  Einmal  treffen  die  Wortkategorien,  wenn  ihnen  nicht  durch 
beigegebene  Hülfswörter  andere,  leicht  erkennbare  Stempel  auf- 
gedrückt sind,  vorzugsweise  mit  den  ihnen  entsprechenden  Bede- 
theilen zusammen;  und  wenn  wir  Eigenschaftswörter,  wo  sie  als 
Prädikate  auftreten,  verba  neutra,  Infinitive  und  Participien  der 
Zeitwörter  Substantiva,  Adjektiva  oder  Adverbien  nannten:  so 
bleibt  gerade  dem  Europäer  die  Verwandtschaft,  —  dort  mit  dem 
Adjektivum,  hier  mit  dem  Verbum  —  erkennbar  genug. 

b)  Zweitens  wird  die  Satzlehre,  soweit  sie  nicht  schon  ein- 
leitend die  nöthigen  Fingerzeige  gegeben,  in  dem  ihr  zu  widmenden 
folgenden  Hauptstücke  vor  Allem  anweisen,  die  Haupt-  und  Neben - 
theile  des  Satzes  aufzusuchen  und  zu  unterscheiden. 

59)  Beiläufig  noch  eine  andere  Frage:  Warum  unterscheiden 
wir  zwischen  Genitivus  und  Adjektivum?  Beide  sind  doch  nähere 
Bestimmimgen,  haben  die  nämliche  Stellung  und  gelegentlich  die- 
selben Hülfswörter?  Die  Unterscheidung  dürfte  in  erster  Reihe 
eine  logische  sein.  Von  zwei  Wörtern  A  +  B  sei  A  ein  Genitiv : 
so  gehört  B  dem  A;  statt  dessen  sei  A  ein  Adjektivum:  so  ge- 
hört die  Eigenschaft  A  dem  B.  Nun  ist  B  gleich  der  Gesanunt- 
heit  seiner  Eigenschafken.  Mithin  kann  man  das  Adjektivum  A 
durch  die  blosse  Umstellung  B  -f  A  zum  Prädikate  machen:  B 
ist  A.  Solche  Umstellungen  gehören  zu  den  gewöhnlichsten  Er- 
scheinungen. Eine  analoge  Verwandlung  des  (attributiven)  Genitivs 
in  ein  genitivisches  Prädikat  wüsste  ich  dagegen  nicht  mit  Bei- 
spielen zu  belegen.  Statt:  „dies  Haus  ist  des  Königs"  wird  der 
Chinese  lieber  sagen:  „dies  ist  des  Königs  Haus*.  —  Und  weiter, 
wenn  A  Adjektivum  ist,  so  kann  auch  die  Umkehrung  B  -f  A 
ohne  Weiteres  mit  der  Wirkung  geschehen,  dass  B  Genitiv  wird: 
das  grosse  Haus:  des  Hauses  Grösse,  War  aber  A  ein  Qenitiv, 
so  ist  natürlich  eine  entsprechende  Umkehrung  des  Verhältnisses 
nur  in  ganz  besonderen  Fällen  denkbar:  eines  Bechers  (=  ein  Becher) 


656  V*  ^'  Gabeleniz,  Beitrag  zur  Geschichte  der  chines.  OrammaÜhen, 

Wein    (vgl.  §  döa)    —    ein   Weinbecher;    ein    Topf  von    Kupfer 
(§  35  b)  —  das  Kupfer  des  Topfes  u.  s.  w. 

60)  Der  praktische  Werth  des  hier  besprochenen  Lehrstückes 
dürfte  auch  Femerstehenden  einleuchten.  Dafor  bleibe  denn  nicht 
verschwiegen,  dass  dieser  Werth  auch  die  wissenschaftliche  Be- 
deutung der  ganzen  Lehre  entschieden  überwiegt.  Diese  bietet 
Regeln,  deren  manche  nicht  ausnahmslose  Geltung  haben,  und  welche, 
soweit  sie  auf  den  allgemeinen  Wortstellungsgesetzen  beruhen,  sich 
aus  diesen  in  Verbindung  mit  der  Wortkategorie  folgerecht  er- 
geben, soweit  sie  aber  auf  Hülfswörter  Bezug  nehmen,  nichts 
weiter  als  Hinweise  auf  das  in  der  Partikellehre  dargelegte  zu 
enthalten  brauchen  ^). 

Li  einem  Elementarlehrbuche  —  §  14  a  —  wird  gerade  dies 
Hauptstüpk  sehr  kurz  zu  fassen  sein.  Wo  dagegen  der  Lernende 
zur  selbständigen  Textlektüre  vorbereitet  werden  soll  —  §  14  b  — , 
da  wünschte  ich  ihn  recht  gründlich  in  der  Verwerthung  der  Wort- 
kategorien unterwiesen  zu  sehen. 

Die  Satzlehre. 

61)  Mein  erstes  grammatisches  System  will  die  Frage  beant- 
worten: Welches  sind  und  was  bedeuten  die  Erscheinungen  der 
chinesischen  Sprache?  —  mit  andern  Worten:  Wie  kann  man  einen 
chinesischen  Text  oder  eine  chinesische  Rede  verstehen?  —  §  1 — 6  — . 
Dieses  System  will  ein  rein  analytisches,  die  Satzlehre,  in  welcher 
es  sich  vollendet,  darf  daher  keine  synthetische  sein.  Nicht,  wie 
man  Sätze  bilden,  sondern  wie  man  sie  zergliedern,  d.  h.  wie  man 
ihre  Gliederong  erkennen  soll,  will  sie  darlegen.  Ihr,  wie  diesem 
ganzen  Systeme  gilt  der  Ausdruck  als  das  Gegebene,  der  Gedanke 
als  das  zu  Suchende,  —  nicht  umgekehrt 

62)  Dieses  System  ging  aus  von  der  Betrachtimg  des  Satzes 
in  Büqksicht  auf  seine  hervorragendsten  Bestandtheile :  Subjekt, 
Prädikat,  Objekt,  Attribut,  Coordination,  imä  die  ihnen  anhaftenden 
Stellungsgesetze.  —  Vgl.  oben  bei  Besprechung  von  Schott's  Sprach- 
lehre. —  Damit  löste  es  die  Aufgabe  des  vorbereitenden  Ab- 
schnittes, welcher  den  Bau  der  Sprache  nach  seinen  obersten  Ge- 
setzen schildern  sollte  —  §  23,  24  — .  Es  wendete  diese  Gesetze 
auf  die  einzelnen  Redetheile  an:  das  war  der  Lihalt  des  ersten 
Hauptstückes ;  es  erläuterte  die  Einwirkungen  der  Hülfswörter  auf 
die  Rede-  und  Satztheüe:  dies  geschah  im  zweiten  Hauptstücke. 
Das  dritte  wurde  nach  Zweck  und  Lihalt  soeben  besprochen;  die 
Frage  ist:  was  bleibt  für  das  vierte  übrig? 

63)  Li   den    vorausgegangenen   Hauptstücken   war   der   abge- 


1)  jDer  Partikel  ci  habe  ich  im  Obigen  beim  Genitive  und  beim  attribativen 
A<iijektive  absichtlich  überall  nicht  gedacht.  In  einer  ausgearbeiteten  Grammatik 
wäre  sie  selbstverständlich  zu  erwähnen  gewesen. 


V.  d.  GabdeiUe,  Beitrag  tsur  Gesdihhie  der  ehinee.  ChammaHken.  657 

gränzte  Satz  das  Gegebene;  innerhalb  seiner  bekannten  Gränzen 
wnrde  seine  Analyse  gesucht.  Jetzt  sei  die  Scheidung  und  Ver- 
knüpfung der  Sätze  das  zu  Suchende,  so  entsteht  die  Frage:  an 
welche  Merkmale  muss  ich  mich  halten?  Gegeben  sei,  wie  leider 
nur  gar  zu  ofb,  ein  athemlos  ohne  Interpunktion,  ohne  Absatz  fort- 
laufender Text:  wie  soll  ich  ihn  abtheilen?  wie  föngt  es  der  Chinese 
an,  dass  er  ihn  versteht?  Ich  habe  das  Problem,  um  es  recht 
handgreiflich  hinzustellen,  etwas  schroff  formulirt;  diese  Schroff- 
heit wird  sich  im  Folgenden  von  selbst  mildem. 

64)  Es  gilt,  dass  ich  mich  so  ausdrücke,  distributive  Ge- 
rechtigkeit zu  üben  unter  den  vielen  Sätzen.  Um  dies  zu  können, 
muss  man  zunächst  wissen,  was  jedem  Satze  als  «solchem  noth- 
wendig  zukommt.  Die  Antwort  scheint  auf  der  Hand  zu  liegen : 
ein  Subjekt  und  ein  Prädikat,  —  nur  freilich  bleibt  im  Chinesischen 
das  Subjekt  oft  unausgedrücki 

65)  Um  so  gewisser  hat  man  sich  an  das  Prädikat  zu  halten. 
Wir  betrachten  solches  in  allen  Fällen  als  verbaler,  oder  doch 
zugleich  verbaler  Natur  —  §§  30  b,  49  c,  58  b  — .  So  erwächst 
die  Frage:  hat  dies  Verbum  ein  Objekt  oder  nicht?  erheischt  es 
logischerweise  ein  solches,  imd  beziehenden  Falles:  kann  das  logische 
Objekt  nicht  grammatisches  Subjekt,  das  Verbum  also  ein  Passivum 
sein?  Wo  die  Satzgränze  gefunden  ist,  ei*giebt  sich  die  Antwort 
hierauf  durch  das  Stellungsgesetz  von  selbst 

66)  Ist  das  Prädikat  gefunden,  so  wird  das  Subjekt  durch 
seine  Stellung,  vielleicht  auch  durch  Partikeln,  welche  es  charak- 
terisiren,  zu  ermitteln  sein.  Ninmit  ein  Verbalsubstantivum  (In- 
finitiv oder  Participium)  die  Subjektsstelle  ein,  so  kann  es  seiner- 
seits wieder  Objekte  hinter  sich  Miben,  und  alle  diese  Satztheile 
sind  der  Erweiterung  durch  nähere  Bestimmungen,  —  Genitive, 
Adjektiva,  Adverbien,  —  fähig.  Alle  diese  Dinge  sind  in  den 
früheren  Hauptstücken  vollkommen  vorbereitet.  Die  Satzlehre  wird 
sich  insoweit  begnügen  können,  das  dort  Enthaltene  unter  ihrem 
Gesichtspunkte,  d.  h.  in  Rücksicht  auf  die  richtige  Abgränzung 
der  Satztheile  und  Sätze  in  neuer  Ordnxmg  kurz  zusammenzufassen. 
Auch  der  absoluten  Wortstellungen  wird  sie  gedenken  müssen. 

67)  Als  Subjekt,  als  Prädikat  und  als  Objekt  können  ganze 
Sätze  dienen.  Das  Chinesische  besitzt  in  der  That  die  Gabe  eines 
sehr  entwickelten  Periodenbaues  mit  klar  erkennbaren  Gliedern. 
Wilhelm  von  Humboldt  freilich  sagt:  „Presque  toutes  les  phrases 
chinoises  sont  tr^s-courtes,  et  m^me  Celles  qui,  h  en  ixiger  par  les 
traductions,  paraissent  longues  et  compliqu^es,  se  coupent  facile- 
ment  en  plusieurs  phrases  trfts-courtes  et  trös-simples ,  et  cette 
mani^re  de  les  envisager  parait  la  plus  conforme  au  g6nie  de  la 
langue*  *).     Dieser  Auffassung  dürfte  indessen  eine  unvollkommene 


1)   Lettre   k  Monsieur  Abel-B^miuat  sur   le   g^nie  de   la   langue  cbinobe, 
pg.  44. 


658  V'  ^'  Gab^mUz,  Beitrag  zur  Gesehxchie  der  ehinee,  CrrammaÜken, 

Kenntniss  vom  Werthe  gewisser  Partikeln  zu  Grunde  liegen,  deren 
unter-  oder  überordnende  Bedeutung  für  die  Satzverbindung  raan 
noch  nicht  begriffen  hatte.  Gleich  der  Lehre  vom  einfachen  Satze 
wird  sich  die  vom  zusammengesetzten  zunächst  mehr  recapitulirend 
verhalten  dürfen. 

68)  Die  vier  vorigen  Paragraphen  behandelten  die  Mechanik 
des  chinesischen  Satzbaues,  von  deren  Darstellung  die  Satzlehre 
zweckmässigerweise  wird  ausgehen  müssen.  Der  zweite  Standpunkt 
der  Betrachtung  ist  der  ästhetische.  Er  ist  nicht  minder  wichtig 
als  der  erste,  ja,  insofern  er  nicht  nur  die  Dinge  von  neuen  Seiten, 
sondern  geradezu  neue  Dinge  zum  Gegenstande  hat,  noch  lohnender. 
Jener  hoch  entwickelte  Sinn  des  Chinesen  für  scharfe  Antithesen, 
für  Concinnität,  Bhythmus  und  Parallelismus  der  Sätze  und  ihrer 
Glieder  u.  s.  w.  muss  vom  Sinologen  verstanden,  analysirt  und  am 
Ende  möglichst  ins  eigene  Ich  aufgenommen  werden.  Vermöge 
dessen  erst  kommt  der  Leser  seinem  Schriftsteller  mit  ahnendem 
Verständnisse  entgegen.  Bei  Besprechung  von  Premare's  Notitia 
(No.  6  des  geschichtlichen  Theiles)  habe  ich  hiervon  soviel  ge- 
sagt, als  für  den  Zweck  der  vorliegenden  Arbeit  zu  genügen 
scheint  ^). 

69)  Das  ganze  Hauptstück  von  der  Satzlehre  wird  aus  einer 
Elementargrammatik  wegfallen  dürfen.  Die  Zwecke,  denen  es 
dient,  ragen  über  jene  eines  derartigen  Buches  weit  hinaus.  Wer 
die  da  vorzutragenden  Lehren  verstehen  und  voll  würdigen  will» 
der  sollte  sich  zuvor  durch  die  aufmerksame  Lektüre  sorgfältig 
gewählter  Texte  einen  gewissen  Vorgeschmack  erworben  haben; 
dann  wird  ihm  das  Lernen  dünken  nicht  wie  das  Erwerben  eines 
Neuen,  sondern  wie  das  Erwi^hen  von  Etwas,  das  schlummernd 
bereits  in  ihm  vorhanden  war. 

Um  so  unerlässlicher  ist  dieser  Lehrgegenstand  für  ein  aus- 
führlicheres grammatisches  Werk,  hier  erst  vollzieht  sich  jene,  der 
alten  Cultursprache  so  wesenseigene  Verquickung  des  stilistisch- 
ästhetischen mit  dem  grammatisch-mechanischen  Prinzipe. 

70)  Wir  stehen  am  Schlüsse  unsres  ersten  Systemes.  Un- 
gesucht und,  wenn  ich  nicht  irre,  lediglich  folgerecht  waren  wir 
nach  unserem  Ausgangspunkte,  dem  Satze  selbst,  zurückgelangt 
Wäre  Bundung  eines  Systemes  ein  Beweis  für  seine  Richtigkeit 
so  läge  dieser  Beweis  nun  vor.  Li  der  That  handelt  es  sich  nicht 
um  einen  Rücklauf,  sondern  um  einen  neuen  Umlauf.  Wir  konnten 
den  Satzbau  nicht  betrachten  ohne  einen  weithin  musternden  Blick 
zu  thun  in  ein  Gebiet,  welches  nicht  mehr  zum  Bereiche  des 
analytischen  Systemes  gehört.     Wenn  der  Chinese  seine  Gedanken 


1)  Hierzu  vergleiche  man  boüoiiders:  Premare,  Not.  1.  s.,  P.  I,  art.  HI:  d© 
figuris,  pg.  120  sqq.,  P.  II,  cap.  III,  pg.  188—218  (pg.  135  fg.,  226—306  der 
englischen  Uebersetzung) ;  auch  Edkins'  Mandarin  Grammar,  P.  III,  eh.  IX, 
X,  XI.     Eine  Probe  in  Ztschr.  f.  Völkerpsych.  X,  S.  230—234. 


V,  d,  Gabeletäst^  Beitrag  zur  Guchiehte  der  chhuee,  Ghrammaiiken.  659 

so  und  so  auszudrücken  pflegt:  wie  müssen  seine  Sätze  zu  ver- 
stehen sein?  —  so  förmelt  sich  am  Ende  die  Frage,  unsres  letzten 
Hauptstückes.  Wie  drückt  der  Chinese  seine  Gedanken  aus?  — 
Diese  Frage  beantwortet  das  zweite  granunatische  System,  in 
welchem  die  Satzlehre  ihre  Stützpunkte  zu  suchen  hatte. 

Es  lässt  sich  fragen,  ob  es  für  den  ünterrichtszweck  nicht 
gerathener  wäre,  diese  Lehre  wegen  ihrer  Feinheiten  und  Schwierig- 
keiten an's  Ende  der  ganzen  Grammatik  zu  verweisen?  Dies  mag 
ich  nicht  so  unbedingt  verneinen.  Nur  komme  man  mir  nicht  mit 
dem  logischen  Einwände  einer  petitio  principii.  Denn  die  Analyse 
konnte  ja  nichts  Anderes  ergeben,  als  was  die  Synthetik  verwerthen 
wird;  und  auch  die  Bedefiguren  erlauben  und  verlangen  die  doppelte 
Betrachtung  als  Spracherscheimmgen  imd  als  Mittel  des  Gedanken - 
ausdruckes.  Dass  die  Kunst  der  Composition  und  Disposition 
schriftlicher  Aufsätze  nicht  mit  hierher  gehöre,  bedarf  kaum  der 
Hervorhebung  *). 

Gesammtübersicht   des   ersten   grammatischen   Systems 

für  den  alten  Stil. 

71)  Mit  gegenwärtiger  Zugabe  zu  dem  Bisherigen  beabsichtige 
ich  ein  Doppeltes.  Einmal  wUl  ich  dem  der  Sache  femerstehenden 
Leser  meine  Ansichten  von  der  Entfaltung  der  Sprachfaktoren 
kürzer  und  übersichtlicher,  als  dies  seither  geschehen,  vortragen; 
und  zweitens  wünschte  ich  die  Prüfung  meines  grammatischen 
Systemes  in  Rücksicht  auf  seine  Folgerichtigkeit  und  Zulänglich- 
keit den  Fachgenossen  zu  erleichtem.  Es  wird  in  die  Augen 
fallen,  dass  dieses  Programm  in  seinen  verschiedenen  Theilen  von 
sehr  ungleicher  Ausführlichkeit  ist.  Man  wolle  indessen  diesen 
Uebelstand  als  einen  unvermeidlichen  hinnehmen,  da  ich  selbst  noch 
in  vielen  Einzelheiten  mit  mir  nicht  einig  bin.  Der  Plan  selbst 
gilt  zunächst  einer  ausführlichen  Sprachlehre;  was  nur  für  diese 
bestimmt  ist,  habe  ich  durch  Sternchen,  was  nur  in  einem  Ele- 
mentarbuche nothwendig,  durch  Einklammerung,  Zweifelhaftes  durch 
Fragezeichen  gekennzeichnet.  Eingeschaltete  Anmerkimgen  werden 
stellenweise  Näheres  besagen. 

Einleitung.     (I.)    Die  Grundgesetze  der  Wortstellung. 

a)  Subjekt  —  Prädikat. 

b)  Objekt. 

c)  N^ere  Bestinmiungen. 

d)  Coordination  und  Disjunktion. 

e)  Isolirte  Stellung. 

(n.    Uebersicht  der  Pronomina.) 
(HI.  Uebersicht  der  Zahlwörter.) 


1)  Primäre  und  nach  ihm  Perny,  sowie  Oon^alves  widmen,  wie  angedeutet 
wurde,  auch  diesem  Gegenstande  eingehende  Berücksichtigung. 


660  ^'  ^'  OabeUiUz,  Beitrag  zur  Guehiehie  der  tkinee,  Qrammatikeu, 

Erstes  Hanptstück.     Verbidtniss  der  Wörter  und  Satztheile,  sofern 
es  ans  der  blossen  Wortstellung  erkennbar. 
A.    Verdoppelung  der  Wörter. 
6.    Nomen  zu  Nomen. 

I.    Substantiva  bez.  Pronomina  zueinander. 

n.  Substantiva  und  Adjektiva  bez.  Numeralia  zueinander. 

C.  Verbum  zu  Verbum. 

D.  Nomina  und  Verba  zueinfmder. 

E.  Die  Casuslehre. 

F.  Absolute  Stellungen. 
*G.    Satzfolge. 

Zweites  Hauptstück.     Hülüswörter. 
*A.    Pronomina. 
6.    Pronominalpartikeln. 

I.    Den  pronn.  11.  pers.  entsprechende  {ri,  ndi,  iu,  iok). 
n.  Den  Demonstrativpronominibus  verwandte  (3f,  Ö,  tat, 

taek  u.  s.  w.). 
m.  Interrogative  {htb,  leih  u.  s.  w.). 

C.  Hülfsverba. 

D.  Verba  substantiva  und  Negationen. 

E.  Verbalpartikeln  (=  Präpositionen). 

*F.   Adverbien  (ob  besser  in's  2.  System  gehörig?). 

G.  Interjektionen  und  Finalpartikeln. 
Drittes  Hauptstück.     Die  Wortkategorien. 

A.  Einleitung  und  üebersicht. 

*B.  Schallnachahmende  Wörter. 

C.  Hauptwörter. 

D.  Theü-  und  Verhältnisswörter. 

(Hierher  die  Lehre  von  den  Postpositionen). 

E.  Eigenschaftswörter. 

F.  Zahlwörter. 

G.  Zeitwörter. 

*H.    Zustandshauptwörter. 
*Viertes  Hauptstück.     Satzlehre. 

A.  Ihre  Aufgabe. 

B.  Granmiatische  (mechanische)  Faktoren  (vgl.  vorläufig  §  64 
—67). 

C.  Stilistische  (ästhetische)  Faktoren  (§  68,  69). 

Das    zweite   (synthetische)   System. 

72)  Das  zweite  System  der  Grammatik  wird  man  sich  nach 
den  fiüheren  Erörterungen  nicht  anders  denken  können,  denn  als 
eine  geordnete  grammatische,  oder,  wenn  man  die  Hülfswörter  dem 
Wörterbuche  zuweisen  wollte,  —  grammatisch -lexikalische  Syno- 
nymik. Wie  kann  man  diese  Begriffs-  oder  Gedankenverknüpfungen 
ausdrücken?    wodurch  unterscheiden   sich    diese   Ausdrücke    ihrer 


V.  d.  CrabeleniZy  Beitrag  zur  Geaehichte  der  cßUnes.  GrammaUißen,  Qß\ 

Wirkung  nach  voneinander?  wann  habe  ich  also  den  einen,  wann 
den  anderen  zu  wählen?  So  stellen  sich  im  Allgemeinen  die  Auf- 
gaben, welche  ein  solches  System  lösen  will. 

73)  Die  Synonymik  soll  eine  geordnete  sein.  Frage  ich: 
welche  Ordnung  gebührt  ihr?  —  so  sehe  ich  mich  von  allem  An- 
fange an  vor  einem  Scheidewege.  Gegeben  ist  der  Gedanke,  ge- 
sucht wird  der  Ausdruck.  Die  Verknüpfung  und  Scheidung  der 
Begriffe  und  Gedanken  zu  ordnen  ist  Aufgabe  der  Logik.  Soll 
ich  also  bei  den  Logikern  borgen?  In  der  That  ist  nicht  nur  der 
auszudrückende  Gedanke,  sondern  auch  der  Wille,  ihn  auszudrücken 
gegeben.  Dieser  Ausdruck  bezweckt  eine  bestinmite  Einwirkung 
auf  den  Angeredeten,  nicht  um's  Selbst-Denken  ist  es  mir  zu  thun, 
sondern  darum,  dass  der  Hörer  mir  nachdenke,  wohl  auch  nach- 
empfinde und  das  und  das  sage  oder  so  und  so  handle.  So  und 
so  ist  mir  zu  Muthe,  darum  treibt  es  mich  nicht  nur  das,  sondern 
auch  es  so  auszusprechen.  Die  Form,  das  ist  der  Ausdruck 
welchem  der  Eindruck .  entsprechen  wird,  ist  nicht  weniger  als  der 
Inhalt  meiner  Bede  durch  mein  Aeusserungsbedür&dss  bedingt; 
jene  Beiden  müssen  diesem  Bedürfnisse  entsprechen.  Somit  er- 
weist sich  die  Macht  eines  anderen  Faktors:  des  psychologischen, 
welchem  nicht  die  Logik,  wohl  aber  die  Sprache  gerecht  zu  werden 
strebt.  Wie  vereinigen  sich  Beide  in  ihr?  mit  anderen  Worten: 
wie  wird  sie  richtig  angewandt? 

74)  Man  weiss,  das  sicherste  Mittel  richtig  zu  sprechen  ist, 
in  einer  Sprache  zu  reden,  deren  man  mächtig  ist.  Dies  wird  man 
in  der  Begel  keiner  in  höherem  Grade  sein,  als  der  eigenen  Mutter- 
sprache. Ist  doch  auf  der  untersten  Stufe  des  theoretischen 
Sprachunterrichtes  unsre  Handhabung  des  fremden  Idiomes  nichts 
weiter,  als  ein  üebersetzen  aus  dem  eigenen.  Und  unwillkürlich 
und  naturgemäss  fällt  auch  noch  bei  fortgeschrittenerem  Wissen 
die  Frage  nach  dem  richtigsten  Ausdrucke  für  einen  bestimmten 
Gedanken  gern  zusammen  mit  jener  nach  der  besten  Uebersetzung 
eines  bestimmten  Satzes  der  heimischen  Sprache  in  die  zu  er- 
lernende. Schon  hierin  finde  ich  eine  erste,  vorläufige  Recht- 
fertigung derjenigen  von  unsem  Vorgängern,  welche  bei  der  An- 
ordnung ihrer  Lehrbücher  das  ihnen  geläufigste  grammatische 
Schema  zu  Grunde  legten.  Hätten  sie  klar  begriffen,  dass  dieses 
Schema  nur  von  einseitigem  Werthe  sein  könne,  so  vrüsste  ich, 
einzelne  Ausschreitungen  etwa  abgerechnet,  —  nicht  was  man  dabei 
ernstlich  tadeln  könnte.  Solche  Ausschreitungen  habe  ich  in  dem 
geschichtlichen  Theile  dieser  Arbeit  an  mehreren  Orten  zu  tadeln 
gehabt.  Sie  sind  in  der  That  um  nichts  besser  als  Juliens 
Verhalten  gegenüber  den  Anwendungen  der  HülDswörter  (vgl.  §  7 
und  8). 

75)  Eine  andere  Erwägung  gesellt  sich  hinzu.  Jede  Sprache 
entspringt  und  entspricht  zugleich  dem  Bedürfhisse  und  der  Be- 
fllhigung   des   sie  redenden  Volkes.     Dieses   Sprachbedürfiuss   und 


gg2  ^'  ^'  OabelmtB,  Beitrag  zur  GeschiahU  der  chines,  Grammaüken. 

Sprachyermögen  kann  bei  zwei  Nationen  sowohl  quantitativ  als 
auch  qualitativ  sehr  verschieden  sein.  Sollen  sich  nun  meine  6e- 
dsLnken  in  ein  fremdes  Gewand  kleiden,  so  mögen  sie  sich  den 
ungewöhnten  Zuschnitt  gefallen  lassen,  wenn  nur  das  Maass  nicht 
zu  knapp  genommen  ist.  Es  ist  ja  bekannt,  wie  christliche  Send- 
linge  sich  bei  ihren  Verdolmetschungen  in  rohe  Sprachen  oft 
jänmierlich  wenden  und  würgen  müssen.  Umgekehrt  darf  aber 
auch  das  Gewand  nicht  allzi^weit  gemessen  sein,  sonst  füllt  es  der 
Geist  nicht  aus,  ehe  er  nicht  hinein  gewachsen  ist.  Wir  in  unserem 
Falle  haben  hoch  entwickelte  Cultursprachen  hüben  und  drüben 
und  sehen  es  vor  Augen,  wie  munter  die  Beiden  in  wechselseitigen 
Uebersetzungen  miteinander  ringen.  Da  vollzieht  sich  des  Glaukos 
und  Diomedes  Panzertausch  Jahr  für  Jahr  von  Neuem,  —  der 
Forscher  braucht  nur  zu  beobachten. 

76)  Man  bedenke  indessen:  was  ich  als  das  europäisch-gram- 
matische Schema  bezeichne,  ist  nicht  die  Schablone  einer  einzelnen 
Sprache,  sondern  ein  Rahmen,  etwa  von  der  Einrichtung  und  Weite, 
dass  Englisch  und  Deutsch,  Französisch  und  Russisch  sich  gleich 
gut  hineinschicken  würden.  Nicht  der  Deutsche  oder  Franzose, 
sondern  der  Europäer  tritt  dem  Chinesen  gegenüber.  Einen  solchen 
Rahmen  zu  zeichnen  ist  weniger  schwierig,  als  ihn  auszufüllen; 
aber  auch  minder  wichtig,  weil  hier  nicht  die  Ordnung  des  Ganzen, 
sondern  die  Vollständigkeit  an  Einzelheiten  als  die  Hauptsache  be- 
trachtet werden  muss.  Jene,  die  Anordnung,  dient  ja  zunächst 
nicht  einer  Erkenntniss,  sondern  einer  Anlemung;  die  Menge  und 
die  scharf  abhebende  Zeichnung  des  Stoffes  erst  wird  eine  theo- 
retische Aufgabe  lösen,  die  Aufgabe,  Reichthum  und  Feinheit  der 
Sprache  zu  bezeugen. 

77)  Von  dem  Verhältnisse  des  zweiten  Sjstemes  zum  ersten 
möge  ein  Beispiel  eine  klarere  Vorstellung  geben.  Es  handele  sich 
um  Ortsbestinunungen ,  so  gehören  der  Adverbialis  und  (gelegent- 
lich) der  Objektivus  (§§  34,  36)  der  Wortstellungslehre,  die  Prä- 
positionen der  Partikellehre,  die  Postpositionen  der  Lehre  von  den 
Wortkategorien  an.  So  kreuzen  sich  Aufzug  und  Einschlag,  oder, 
um  ein  anderes  Bild  zu  wiederholen:  so  wird  die  Tabelle  erst 
waage-  und  dann  lothrecht  abgelesen.  Ich  kann  es  für  keinen 
Zufall  halten,  dass  der  Ausdruck  immer  bestinmiter  wird,  einem 
je  späteren  Hauptstücke  des  ersten  Systems  er  angehört  Nicht  die 
didaktische  Darstellung  allein,  die  Sprache  selbst  hat  sich  entfaltet 

78)  Angenommen,  es  begegne  mir  die  Präposition  iä  in 
locativer  Bedeutung,  so  muss  ich  bei  ausreichender  Sprachkennt- 
niss  mit  Einem  Blicke  sowohl  alle  übrigen  Bedeutungen  dieses 
Hülfswortes  dls  auch  alle  anderen  möglichen  Ausdrücke  für  Orts- 
beziehungen überschauen  können,  —  sozusagen  von  jedem  Kreuzungs- 
punkte im  Gewebe  aus  die  beiden  sich  kreuzenden  Fäden  in  ihrem 
ganzen  Verlaufe.  Beide  Systeme  können  diese  Wechselseitigkeit 
nicht  wohl    zu   auffällig  in  die  Augen  springen  lassen,  indem  sie 


V.  d.  Gabdmiz^  Beitrag  zur  Geschüfhie  der  ehines.  Grammatiken.  ggS 

immer  und  immer  herüber  und  hinüber  auf  einander  verweisen. 
Die  Anhänger  vermittelnder  Methoden  verfahren  anders.  Sie  durch- 
laufen das  Gebiet  nur  nach  Einer  Richtung,  bleiben  aber  hin  und 
wieder  stehen  um  seitwärts  zu  blicken,  imd  müssen  dabei,  wenn 
sie  Acht  haben,  empfinden,  dass  man  nicht  mit  einem  Male  nach 
zwei  verschiedenen  Richtungen  hin  vom  Flecke  kommen  kann. 
Man  kennt  zu  viele  und  zu  ausgezeichnete  Grammatiken  von  solch 
combinirender  Verfassung,  als  dass  man  über  letztere  leichthin  ab- 
sprechen dürfte.  Für  den  praktischen  Lehrzweck  ist  diese  Ver- 
fassung längst  erprobt,  während  die  von  mir  befürwortete  erst 
noch  Probe  zu  bestehen  hat.  —  Ist  zu  erwarten,  dass  sie  be- 
stehen werde? 

79)  Ich  stelle  die  Frage  in  thesi  und  zaudere  nicht,  sie  also 
zu  bej^en.  Es  sei  eine  chinesische  Grammatik  nach  meinem  Re- 
cepte  gut  aus-  und  durchgeführt:  so  hat  der  Lernende  die  Wahl, 
ob  er  beim  ersten  Systeme  anfangen  will  oder  beim  zweiten. 
Beides  ist  zulässig,  Letzteres  vielleicht  dem  schwächer  begabten 
Anfänger  anzurathen.  Nehmen  wir  also  an,  ein  solcher  schlage 
diesen  Weg  ein:  so  wird  er,  am  Ende  des  synthetischen  Theiles 
angelangt,  eine  dem  Umfange  des  Buches  entsprechende  Fertigkeit 
in  Handhabung  und  Verständniss  der  Sprache  erworben  haben  und 
so  ausgerüstet  sich  doppelt  schnell  und  sicher  durch's  erste  System 
durcharbeiten.  Jetzt  wird  er  seine  Fertigkeit  sich  nicht  nur  ver- 
doppeln, sondern  auch  gleichzeitig  in  ein  wissenschaftliches  Be- 
greifen umsetzen  sehen,  er  hat  nicht  nur  Wissen  zu  Wissen  addirt, 
sondern  recht  eigentlich  sein  Wissen  potenzirt.  Möchte  er  wohl 
dieser  hohen  Schule  entrathen? 

Wer  schwungkräftigeren  Geistes  der  heimischen  Sprachvor- 
urtheile  sich  zu  entfesseln  vermag,  trete  ohne  Weiteres  in's  ana- 
lytische Lehrgebäude  ein  und  ernte  für  doppelte  Mühe  dreifachen 
Lohn.  Soll  ich  erst  sagen,  warum  er  des  zweiten  Systems  doch 
noch  bedarf,  wie  viel  Neues  er  aus  demselben  zu  lernen  hat? 

80)  Mit  diesen  letzten  Worten  habe  ich  einen  Gegenstand 
berührt,  hinsichtlich  dessen  ich  doch  nicht  sicherer  erscheinen 
möchte,  als  ich  es  bin.  In  der  That  ist  die  Gränze  und  das 
qualitative  Verhältniss  zwischen  den  beiden  Systemen  leichter  im 
Grundsatze  festgestellt,  als  in  der  Ausführung  richtig  zu  treffen. 
Gar  zu  weit  darf  und  mag  ich  mich  an  dieser  Stelle  nicht  in 
Einzelfragen  einlassen;  in  dem  Programme  §  71  musste  ich  selbst 
an  einer  Stelle  bezweifeln,  ob  ich  nicht  die  selbst  gezogene  Scheide- 
linie überschritte. 

Wollte  Jemand  vorschlagen,  zunächst  ein  kurzes  zweites,  und, 
darauf  folgend,  ein  ausführliches  erstes  System  zu  liefern,  so  wüsste 
ich  wohl  theoretisch  zu  antworten:  das  hiesse  zwei  halbe  Bücher 
schreiben  statt  eines  ganzen;  dass  aber  eine  solche  Zusammen- 
kittung  nicht  am  Ende  ein  ganz  brauchbares  Lehrmittel  ergeben 
könnte,  würde  ich  ohne  gemachten  Versuch  nicht  behaupten,  son- 


664  V*  ^*  OabeUniM^  Beitrag  zur  Geschichte  der  ehinee,  Gframmatäeem, 

dem  nnr  dies,  dass  günstigsten  Falles  der  Schüler  selbst  bei  nach- 
gängiger Ergänzung  des  benachtheiligten  Systemes  das  beste  Theil 
gethan  haben  werde. 

81)  Wie  unterscheidet  sich  rücksichtlich  dieses  Systemes  eine 
Elementargrammatik  von  einem  ausführlichen  Lehrbuche?  Ich 
greife  auf  §  14  zurück  und  antworte  nunmehr  conkreter:  Es  be- 
antwortet das  Elementarbuch  die  Frage:  Wie  wird  das  in  der 
Regel  ausgedrückt,  wie  kann  ich  es  also  ausdrücken?  —  Dagegen 
erörtert  eine  vollständige  Sprachlehre  die  Frage:  Welches  sind  hier 
alle  die  verschiedenen  Ausdrucksmöglichkeiten,  und  welche  von 
ihnen  verdient  im  einzelnen  Falle  den  Vorzug?  —  Mir  scheint 
fast,  wer  den  vorhin  besprochenen  Vorschlag  mache,  der  sage  dem 
Lehrer  zur  Unzeit  Ade. 

S  c  h  1  u  s  s. 

82)  Die  vorstehenden  Untersuchungen  mussten  allgemeiner, 
abstrakter  gehalten  werden,  als  der  Leser  nach  der  Ueberschiift 
gegenwärtiger  Arbeit  zu  erwarten  hatte.  Der  Grund  war  zunächst 
ein  äusserlicher,  die  Schwierigkeit  chinesische  Typen  in  den  Tert 
zu  erlangen.  Ich  gestehe  indessen,  dass  ich  nicht  ungern  aus  der 
Noth  eine  Tugend  gemacht.  Meine  chinesischen  Collektaneen  und 
Hülfsbücher  haben  mich  auch  so  auf  Schritt  und  Tritt  begleiten 
müssen,  und  die  mir  auferlegte  Beschränkung  war  mir  eine  heil- 
same. Sie  nöthigte  mich,  sorgsam  zu  beschreiben,  wo  ich  sonst 
mit  Hülfe  weniger  Federstriche  hätte  darstellen  dürfen.  Die  sino- 
logischen Leser  werden  es  zu  entschuldigen  wissen,  wenn  ich  um 
der  etwaigen  übrigen  wiUen  hierin  etwas  zuviel  gethan.  Ich  meines- 
theils  wüsste  kaum,  wie  dies  möglich  wäre.  Denn,  täusche  ich 
mich  nicht,  so  ist,  was  ich  einleitend  vorausschickte,  nunmehr  ein- 
getroffen: aus  dem  einzebprachlichen  Problem  ist  ein  eminent 
sprachphilosophisches  geworden,  dessen  endliche  Lösung  scharfes 
und  tiefes  Denken  nicht  minder  erfordern  wird,  als  umfassendes 
und  gründliches  Wissen. 

Wenn  ich  dies  anerkenne  und  ausspreche :  wie  konmie  ich  da 
zu  einem  solchen  Versuche  ?  Eben  weil  ein  Versuch,  ein  greifbarer, 
gemacht  sein  will,  damit  endlich  die  Frage  ernstlich  auf  die  Tages- 
ordnung konmie.  Nicht  Glauben  verlange  ich,  sondern  ich  bitte 
um  Prüfung  und  thunlichst  um  Berichtigung. 

83)  An  Ergänzungen,  wenn  sie  verlangt  würden,  wollte  ich 
es  selbst  nicht  fehlen  lassen.  Obenan  steht  mir  die  etymologische 
Aufgabe,  die  Untersuchung  nach  der  alten  Lautgestalt  der  chine- 
sischen Einsylbler,  nach  ihren  etwaigen  Bildungselementen  und 
deren  Werthe.  Hier  werden  wieder  Philologie  und  vergleichende 
Linguistik  Arm  in  Arm  zu  gehen  haben:  denn  auch  die  Sprach- 
geschichte fordert  nun  endlich  ihr  Recht. 


665 


Die  Lieder  des  Kurgvolkes. 

Von 

A.  Oraeter. 

Literatur.  —  Die  ^Coorg  Songs*^  wurden  im  Jahre  1869  von 
A.  Graeter  in  der  Kurgsprache  herausgegeben.  Mangalore,  Basle 
Mission. 

Mittheilungen  über  das  Kurgland  enthalten  die,  nun  ver- 
griflfenen,  „Coorg  Memoirs"  von  Dr.  H.  Mögling,  1855,  sowie  eine 
erweiterte  deutsche  Ausgabe  derselben  unter  dem  Titel :  Das 
Kurgland  von  Dr.  H.  Mögling  und  V.  D.  M.  Th.  Weitbrecht.  Basel, 
Missionshaus,  1866. 

Die  beiden  letztgenannten  Werke  sind  bei  Abfassung  des 
„Manual  of  Coorg**  von  Rev.  G.  Richter  benützt  worden.  Man- 
galore,  Basle  Mission,  1870.  Für  das  Manual  of  Coorg  hat  Verf. 
eine  metrische  Uebersetzung  von  einigen  der  ,  Coorg  Songs*  in 
englischer  Sprache  geliefert. 

Eine  etwas  ungenaue  gereimte  Umarbeitung  dieser  englischen 
Uebersetzung  befindet  sich  in  den  „Polk  Songs  of  Southern  India** 
von  Ch.  E.  Gover.     Madras,  1871. 

A.  C.  Bumell's  „Specimens  of  South  Indian  Dialects".  No.  3. 
Kodagu  (Mangalore,  1873)  enthält  einige  interessante  Bemerkungen 
über  die  Kurgsprache  ^). 

Die  kleine  britische  Provinz  Kurg  (eigentlich  „Ko4agu",  das 
„steile  Gebirge")*)  in  den  West-Ghatts  von  Ostindien  enthält  eine 
Bevölkerung  von  etwa  90,000  kanaresisch  sprechenden  Einwohnern 
verschiedener  Abstammung.  Die  herrschende  Classe  des  Landes 
ist  jedoch  seit  unvordenklicher  Zeit  ein  kriegerischer  Stamm  von 
Ackerbauern,  welche  als  eigentliche  „Kurgleute"  von  der  übrigen 
Bevölkerung  unterschieden  werden.     Die  Anzahl  derselben  belauft 


1)  Bei  Wiedergabe  von  indischen  Wörtern  ist  in  den  folgenden  Zeilen 
durchweg  die  gewöhnliche  Sanscrit-Transcription  befolgt  worden ;  also  c  =  tach, 
j  »=  dsch  etc. 

2)  Von  „kodi",  Spitze,  Oipfol. 

Bd.  XXXII.  43 


66g  OraeUr^  die  Lieder  des  Kurffvolke». 

sich  gegenwärtig  auf  ungefähr  30,000.  Ihre  Wohnsitze  befinden 
sich  hauptsächlich  in  der  südlichen  Hälfte  des  Landes,  im  Quellen- 
gebiete der  K&v^ri,  des  grössten  Flusses  in  Südindien.  Die  Spitzen 
der  Ghatts  erheben  sich  hier  bis  zu  einer  Höhe  von  6000  Fuss 
über  dem  Meere.  Der  grösste  Theil  des  Landes  ist  mit  dichten 
Wäldern  bedeckt.  Die  Bewohner  dieses  früher  fast  unzugänglichen 
Hochlandes  sind,  in  Folge  ihrer  abgeschlossenen  Lage,  Jahrhunderte 
lang  von  fremden  Einflüssen  verhältnissmässig  unberührt  geblieben. 
Sie  haben  eine  eigene  Sprache,  welche  aus  einer  Mischung  von 
Altkanaresisch  und  Maleyä}am  besteht.  Eine  besondere  Eigen- 
thümlichkeit  des  Kurgdialektes  ist  die  Abwesenheit  aspiriter  Con- 
sonanten,  welche  demselben  eine  gemüthliche,  angenehme  Weichheit 
verleiht.  Die  Sibilanten  9,  sh  und  s  werden  in  c  (tsch)  oder 
j  (dsch)  verwandelt  Das  neukanaresische  v  ist,  wie  im  Alt- 
kanaresischen ,  p.  Die  Kurgsprache  enthält  einige  Sanskrit- Aus- 
drücke, aber  meistens  in  sehr  entstellter  Form  *).  Der  Kurgdialekt 
ist  die  einzige  Umgangssprache  der  Stammesgenossen  unter  ein- 
ander; die  meisten  derselben  sprechen  jedoch  auch  das  Kanaresische 
geläufig,  und  bedienen  sich  desselben  ausschliesslich  zum  schrift- 
lichen Verkehr. 

Die  Kurgsprache  besitzt  keine  Literatur,  mit  Ausnahme  einer 
Anzahl  höchst  merkwürdiger  Volkslieder,  von  denen  sich  Manu- 
scriptsanmilungen  in  den  meisten  Kurghäusem  befinden.  Zwischen 
den  Jahren  1865  und  1870  hatte  ich,  als  Lehrer  an  einer  Be- 
gierungsschule in  Kurg,  Gelegenheit,  eine  Anzahl  dieser  Lieder  zu 
sanuneln,  mit  deren  Lihalt,  vor  jener  Zeit,  fast  niemand  als  die 
Kurgleute  selbst  bekannt  gewesen  waren.  Der  Kurgdialekt  hat 
mit  dem  Altkanaresischen  eine  Eigenthümlichkeit  gemein,  wodurch 
derselbe  sich  zur  Poesie  besonders  eignet  —  er  ist  kürzer  und 
gedrängter  als  das  Neukanaresische,  welches  in  seinen  metrischen 
Compositionen  stets  auf  altkanaresische  Sprachformen  angewiesen  ist. 

Die  Kanaresen  haben,  gleich  andern  dravidischen  Kulturvölkern, 
die  Kunst  des  Lesens  und  Schreibens  von  den  Ariern  empfangen, 
und  die  schönsten  Scböpfdngen  altkanaresischer  Dichtkunst  sind 
unter  brahmanischem  Einfluss  entstanden.  Es  ist  daher  nicht  zu 
verwundem,  dass  Sanskrit  -  Ausdrücke  in  diesen  Gedichten  fast 
häufiger  vorkonmien,  als  kanaresische,  und  dass  die  Versification 
derselben  sehr  complicirter  und  schwieriger  Art  ist.  Eines  der 
Hauptmerkmale  des  kanaresischen  Versbaues  ist  die  Alliteration, 
indem    die   zweite  Sylbe  (m&tre)   von  jedem  Vers  (pada)  mit  dem 


1)  This  language,  owing  to  the  retired  position  of  the  people  who  spoak 
it,  has  preserved  its  form  comparatively  free  from  changes.  That  tho  iiihabitants 
of  Coorg  early  sottied  in  the  monntains  of  the  Westeni  Ghatts,  is  shown  by  the 
primitive  Dravidian  custom  of  polyandry  which  thoy  still  foUow  (richtiger 
gesagt  —  which  they  followed  tili  quito  roceiitly).  A.  C.  BurnoU ,  S.  Indian 
Dialects. 


GraeteTf  die  Lieder  des  Kwrgvoüeee^  6g7 

• 
gleichen  Consonanten  beginnt.  Eine  lange  Sylbe  zahlt  für  zwei 
kurze  Sylben.  Eine  kurze  Sylbe  wird  lang,  wenn  ein  Doppel- 
consonEint  nachfolgt.  Auch  die  letzte  Sylbe  eines  Verses  oder 
einer  ganzen  Strophe  (ga^a-sälu)  ^)  wird  lang ,  wenn  der  darauf 
folgende  Vers  mit  einem  Doppelconsonanten  beginnt.  Die  Con- 
traction  der  Wörter  und  Sylben  geht  ins  Unglaubliche.  Sätze, 
welche  wir  durch  Semicolon  und  Punkte  von  einander  trennen 
würden,  fliessen  oft  in  Einer  aus  zwei  Wörtern  condensirten  Sylbe 
in  einander  über.  Auf  der  andern  Seite  werden  die  Wörter  oft 
unnatürlich  auseinandergerissen,  indem  ein  Theil  des  Wortes  eine 
Strophe  abschliesst,  und  der  andere  Theil  des  Wortes  die  folgende 
beginnt 

Die  Kurgsprache,  der  verachtete  Dialekt  eines  abgeschlossenen 
Bergstammes,  ist  dem  bildenden  Einfluss  der  Brahmanen  ent- 
^  gangen  *) ,  und  wir  haben  in  den  Kurgliedem  Proben  rein  dravi- 
discher  Volksdichtung  vor  uns,  in  der  die  künstlichen  Regeln  der 
vom  Sanskrit  beeinflussten  Hindumetrik  nicht  in  Anwendung 
kommen,  und  deren  Versmass  sich  nicht  nach  der  schwer  zu  er- 
kennenden Quantität  und  Position  bestimmt,  sondern  einfach  nach 
der  Zahl  der  Sylben. 

Der  Kurgvers  besteht  aus  vier  trochäischen  Füssen.  Jambische 
Verse  wären  in  der  Kurgsprache  unmöglich,  da  in  dieser,  wie  in 
anderen  dravidischen  Sprachen,  jedes  Wort  mit  einer  betonten  Sylbe 
beginnt.  Der  vierte  Fuss  ist  gewöhnlich  einsylbig.  Der  zweite  und 
dritte  Fuss  des  Verses  ist  nicht  immer  trochäisch ;  der  Accent  und 
die  Quantität  der  Sylben  kommt  mithin  gar  nicht  in  Betracht. 
Auch  Reim  und  Alliteration  sind  in  den  Kurgliedem  fast  unbekannt. 
Und  dennoch  legen  diese  schlichten  Verse  für  die  dichterische 
Begabung  ihrer  Verfasser  ein  rühmliches  Zeugniss  ab,  und  besitzen 
zugleich  einen  eigenthümlichen  Werth  als  anziehende  und  belebte 
Schilderungen  der  Sitten  und  Gebräuche  dieses  isolirten  Gebirgs- 
volkes.  Während  ein  Zug  gutmüthigen  Humors  in  den  meisten 
dieser  Lieder  vorwaltet,  erhebt  sich  der  Ton  in  einigen,  namentlich 
in  der  Todtenklage,  zum  ergreifendsten  elegischen  Pathos.  Aber 
die  bezeichnendste  Eigenthümlichkeit  der  Kurgpoesie  ist  ein  be- 
deutender Sinn  für  materiellen  Wohlstand,  häusliches  Glück  und 
geselliges  Vergnügen  im  Kreise  der  Stammesgenossen.  Der  Kurg 
ist  mit  sich  selbst  und  mit  der  ganzen  Welt  zufrieden.  Die  Erde 
ist  für  ihn  kein  Jammerthal.  Die  bestehende  Ordmmg  aUer  Dinge 
erfüllt  siein  Herz  mit  Freude  und  Bewunderung.  Er  beginnt  die 
meisten  seiner  poetischen  Ergüsse  mit  dem  Lobe  seines  Schöpfers, 
mit   dem  Lob    der  Sonne    und    des  Mondes,    die   am  Himmelszelt 


1)  Sans,  gana,  Fuss  und  Kan.  sUu,  Reihe. 

2)  Tboy    are,   as    yot,    vory   far   from    being  Brahmanized.     A.  C.  Bumell, 
S.  Iiidian  Dialocts. 


663  Oraeter,  die  Lieder  des  KurgvoUee». 

regieren,  und  mit  der  Verherrlichung  seines  reichgesegnet«ii  Hei- 
matMandes,  des  schönsten  Landes  unter  dem  Himmel  ^). 

Die  Kurglieder  werden  mitunter  als  „Palame*  oder  ,,aLte  Tra- 
ditionen* bezeichnet,  und  die  meisten  derselben  scheinen  schon  vor 
mehreren  Menschenaltem  entstanden  zu  sein.  Die  im  Hochzeitlied 
und  im  Lied  von  der  Käv^rifllhre  gelegentlich  erwähnte  £intheilung 
des  Landes  in  12  Districte  (kömbü)  und  35  Gaue  (nä^ü)  bestand, 
der  Yolksüberlieferung  zufolge,  zur  Zeit  als  Kurg  noch  von  ein- 
geborenen Häuptlingen  (Näyaks)  regiert  wurde.  Die  Nayaks  lebten 
in  beständiger  Fehde  miteinander,  und  kamen  allmälig  unter  die 
Grewalt  einer  Dynastie  von  lingaitischen  Bajas,  die  mit  der  Königs- 
familie von  IkkSri  oder  Bednore  im  Norden  des  Maisürlandes  ver- 
wandt waren.  Die  IkkSri-Könige  herrschten  von  1560  bis  1763. 
Wann  die  Herrschaft  der  Kurgräjas  begann,  ist  nicht  genau  bekannt. 
Muddur&ja,  der  Sohn  AppäjirSja's  und  Enkel  Viraraja's,  regierte 
ums  Jahr  1633  in  Haldri,  in  der  nördlichen  Hälfte  des  Landes, 
zog  aber  später  nach  Mercara  (Merkära,  eine  englische  Corruption 
von  Madik^ri),  etwa  zwei  Stunden  weiter  gegen  SW. ,  wo  er  im 
Jahre  1681  seinem  Sohn  und  Nachfolger  Siribäyi  *)  Dodda  *) 
Yirappa  einen  Palast  und  eine  Festung  baute.  Nachdem  Dodda 
Virappa  seine  feindlichen  Nachbarn  in  Maisür  und  Malabar  besiegt 
hatte,  regierte  er  mehrere  Jahre  lang  im  Frieden  und  befestigte 
die  Grenzen  des  Landes.  Sein  Enkel  Cikka^)  Virappa  herrschte 
von  1734  bis  1766  in  Mercara.  Aus  jener  Zeit  soll  auch  die 
jetzt  noch  bestehende  Eintheilung  des  Landes  in  6  Districte  (talüku) 
und  21  Gaue  (n&du)  herrühren.  Wenn  der  im  Hochzeitlied  und 
im  Lied  von  der  Käv^rif^hre  vorkommende  Ausdruck  ,Vo4ea* 
(Landesförst)  sich  auf  die  Bäjas  bezieht,  so  dürften  diese  Lieder 
während  der  siegreichen  und  glücklichen  Regierung  der  ersten 
Merkärakönige  entstanden  sein.  Die  Verfasser  dieser  Lieder  sind 
unbekannt.  Die  Sprache  derselben  ist  das  reine  Kurg  ohne  Bei- 
mischung neukanaresischer  Ausdrücke.  Dasselbe  gilt  auch  vom 
Erntelied  und  der  Todtenklage,  welche  derselben  Zeit  anzugehören 
scheinen*).     Andere    Lieder   sind   späteren   Ui^sprungs,    wie    z.  B. 

1)  Gott,  Sonne,  Mond  und  Erdo  werden  bei  feierlichen  Verträ^ren  als 
Zeugen  angerufen.  „God,  sun,  moon,  and  earth  be  witne»se5"  sind  die  letzten 
Worte  des  im  Jahre  1790  abgeschlossenen  Vertrages  zwischen  dem  Kurgküiiige 
Virar^a  und  der  Ostindischen  Compagnie.     Man.  of  Coorg  p.  253. 

2^  Kan.    Mit  der  Hasenscharte. 

3)  Kan.    Der  Grosse. 

4)  Kan.    Der  Kleine. 

ö)  Ihre  Uoberlieferung,  welche  in  den  „Pajame",  den  alten  Liedern,  die  bei 
festlichen  Gelegenheiten  gesungen  worden,  fortlebt,  reicht  in  eine  Zeit  zarück, 
wo  das  Kurgvolk  eine  Kriegerrasse  war.  Die  alte  Zeit  mit  ihren  Lobens- 
gewohnheiten    ist    dahin.     Jetzt    hat    der  Beamte    und    der  Kcichc    den    ersten 

Kang  in  der  Gesellschaft Das  Kurgvolk  ist  alt  geworden  und  erinnert 

sich  nur  noch  bei  jährlichen  Festen  der  glorreichen  Zeit  seiner  Jugend,  welche 
in  beständigem  Kampf  mit  der  Mannschaft  anderer  Niidu  (Bezirke^,  mit  benach- 
barten Fürsten  und  den  wilden  Thieren  des  Waldes  dahintioss.     Kargl.  p.  80. 


Graeter,  die  Ldeder  des  KurgvoUeet.  669 

das  Lied  auf  die  Königin  von  England,  das  ums  Jahr  1839  ver- 
fasst  wurde.  Bis  auf  den  heutigen  Tag  werden  bei  jedem  be- 
liebigen Anlass  Lieder  gedichtet  und  während  des  Bingens  neue 
Verse  improvisirt.  Li  diesen  Gedichten  sind  neukanaresische  und 
andere  Fremdwörter  nicht  ungewöhnlich.  In  dem  Kurg-B&m&ja^a, 
Mahabharata,  und  Kaveri  Puräiia  ist  brahmanischer  Einfluss  deut- 
lich bemerkbar.  Das  Lied  auf  die  Kj^nigin,  welches,  in  einer  den 
Engländern  unbekannten  Sprache,  seit  vielen  Jahren  bei  Kurgfesten 
gesungen  wird,  ist  ein  sprechender  Beweis  für  die  Loyalität  des 
Volkes.  Noch  wäre  eine  Anzahl  von  sehr  gemüthlichen  und  scherz- 
haften Ammen-  und  Kinderliedem  zu  erwähnen,  welche  mit  euro- 
päischen Producten  dieser  Art  die  grösste  Aehnlichkeit  haben. 

Die  klimatischen  Eigenthümlichkeiten  des  Landes  üben  auf 
das  Leben  und  Treiben  der  Bewohner  einen  bedeutenden  Einfluss 
aus.  Die  Kurgberge  sind  der  vollen  Gewalt  des  ^  W.  Monsuns 
ausgesetzt,  welcher  von  Juni  bis  August  das  Land  mit  schweren 
Regenfluthen  überschwemmt.  Sobald  die  ersten  Schauer  des  Mon- 
sun das  Erdreich  befeuchtet  haben,  pflügen  die  Kurgs  die  Beete, 
in  denen  der  Reis  gesät  wird,  um  einige  Wochen  hernach  in 
breiten  geraden  Reihen  versetzt  zu  werden.  Die  Reisfelder,  dem 
Lauf  der  Flüsse  und  Bäche  folgend,  erheben  sich  terrassenförmig 
über  einander.  Jedes  Feld  ist  vollkommen  geebnet  und  von  Erd- 
wällen eingefasst,  in  denen  das  Wasser  Monate  lang  wie  in  einem 
Becken  zusanunengehalten  wird.  Wenn  die  Frucht  reift,  wird  das 
Wasser  allmälig  abgelassen.  Zur  Erntezeit,  in  den  kalten  Monaten 
December  und  Januar,  sind  die  Reisfelder  trocken.  Die  Kurg- 
häuser  sind  auf  erhöhtem  Grund  in  der  Nähe  der  Reisfelder  gebaut, 
umgeben  von  Bananengärten ,  Weideland  und  Wald.  Die  Reis- 
thäler  bilden  zu  jeder  Jahreszeit  einen  lieblichen  Gegensatz  zu 
dem  dunkeln  Grün  der  sie  umgebenden  ausgedehnten  Wälder; 
während  und  nach  der  Regenzeit,  als  seenartig  erweiterte  Flüsse; 
in  den  Herbstmonaten,  als  Bänder  von  zartem  Smaragdgrün;  und 
zur  Erntezeit,  als  breite  Reihen  goldener  Kornfelder,  welche  in 
zahDosen  Terrassen  dem  Lauf  der  Flüsse  und  Bäche  folgen. 

Die  Aussicht  von  den  Spitzen  der  Ghatts  ist  ungemein  lieb- 
lich und  grossartig;  ringsumher  lange,  waldige  Höhenzüge,  steile 
schwarze  Felsen  und  grasige  Berggipfel;  im  Westen,  tief  unter 
den  Füssen,  die  weite  Ebene  von  Malabar,  in  welcher  silberhelle 
Bäche,  den  Kurgbergen  entsprungen,  in  weiten  Windungen  dem 
Meere  zuströmen,  das  in  einer  Entfernung  von  etwa  14  Stunden 
wie  ein  blauer  Gürtel  die  Landschaft  begrenzt.  Gegen  Osten  sieht 
man  die  Wälder,  Reisthäler  und  Kaffeepflanzungen  von  Kurg  und 
die  weite,  fruchtbare  Hochebene  von  Maisür. 

Die  Kurgs,  wie  alle  dravidischen  Stämme  Indiens,  verehren 
die  bösen  Geister  der  Abgeschiedenen  durch  wilde  Tänze  und 
blutige  Opfer.  Dass  früher  auch  Menschenopfer  vorkamen,  be- 
weisen verschiedene  Traditionen  des  Kurgvolkes.     Einst  hatte  sich 


670  Chaetery  die  Lieder  des  Kurgvolkea. 

ein  junger  Mann,  der  geopfert  werden  sollte,  in  die  Wälder  ge- 
flüchtet und  war  nicht  zu  finden.  Die  Priester  sagten  zur  Göttin : 
„üeber's  Jahr  &4^."  A^u  —  heisst  ,e8  geschehe",  aber  auch  ,eine 
Ziege.*  Das  Jahr  darauf  brachten  die  Kurgs  der  betrogenen 
Oöttin  eine  Ziege  dar,  und  das  Menschenopfer  war  abgeschafft 
Die  Kurgs  hatten  ein  eigenes  Priestergeschlecht,  Ammakurgs  *) 
genannt  Später  kam  das  unwissende  und  leichtgläubige  Volk 
mehr  und  mehr  unter  den  Einfluss  der  Brahmanen,  welche  die 
Ammakurgs  aus  ihrer  fixeren  Würde  verdrängten. 

Das  Kurgland  wurde,  wie  oben  erwähnt,  in  alten  Zeiten  von 
eingebomen  Häuptlingen  regiert,  kam  aber  später  unter  die  Herr- 
schaft eines  Zweiges  der  Königsfamilie  von  Ikkeri  im  Norclen  von 
Maisür.  Der  mohammedanische  Abenteurer  Haider  Ali,  welcher 
den  König  von  Maisür  abgesetzt  und  die  höchste  Gewalt  im  Limde 
an  sich  gerissen  hatte,  eroberte  im  Jahr  1762  Ikkeri,  und  im  Jahre 
1774  unterjochte  er  auch  das  Kurgland.  Die  Kurgs  erhoben  sich 
gegen  seinen  Sohn  und  Nachfolger  Tipu  Sultan,  und  vertrieben 
seine  Besatzungen  aus  dem  Lande.  Der  Kurgkönig  Viraraja  schloss 
in  CannaDore  ein  Bündniss  mit  der  Ostindischen  Compagnie,  welche 
damals  mit  T^P^i  Sultan  Krieg  führte.  Im  Jahre  1799  eroberten 
die  Engländer  Seringapatam ,  die  Besidenz  Tipu  Sultans,  welcher 
im  Kampfe  umkam;  und  ein  Nachkomme  der  alten  Maisdrkönige 
wurde  unter  dem  Schutz  der  englischen  Regierung  auf  den  Thron 
gesetzt. 

Da  der  Kurgkönig  Viraraja  keine  männlichen  Nachkommen 
hatte,  bestimmte  er  seine  älteste  Tochter  zur  Thronfolgerin.  Der 
Tod  seiner  Lieblingsfrau  versetzte  ihn  in  trostlose  Schwennuth. 
Aufgewachsen  unter  Verrath,  Mord  und  Blutvergiessen ,  wurde  er 
von  Jahr  zu  Jahr  argwöhnischer  imd  blutdürstiger.  Er  mngab 
sich  mit  einer  Leibgarde  von  afrikanischen  Scharfrichtern ,  und 
Eunuchen  von  Maisür  bewachten  seinen  Harem.  Während  des 
Jahres  1808  hatte  der  König  wiederholte  AnfUlle  von  Wahnsinn, 
und  zahlreiche  Opfer  seiner  Wuth  fielen  dann  durch  Kugelii  oder 
unter  den  Messern  seiner  Leibgarde. 

Er  starb  im  Jahre  1809,  und  sein  Bruder  Lingar&ja  briichte 
durch  verschiedene  Umtriebe  die  Herrschaft  an  sich.  Kurgleute 
sowohl  als  Engländer  hatten  sich  durch  seine  erheuchelte  Fried- 
fertigkeit und  Einfalt  berücken  lassen;  aber  bald  gab  er  unver- 
kennbare Beweise  von  tückischer  Grausamkeit  und  schnöder  Geld- 
gier. Den  Kurghäuptling,  durch  dessen  Einfluss  er  auf  den  Thron 
gekommen  war,  liess  er  lebendig  an  einen  Baum  nageln,  weil  er 
es  gewagt  hatte,  dem  König  über  sein  tyrannisches  Regiment 
Vorstellungen  zu  machen.     Lingaraja  starb  im  Jahr  1820. 

Sein  Sohn  und  Nachfolger  Virar&ja,  ein  Jüngling  von  20  Jahren. 


1)  Kurgs  im  I^enste  der  Käveri-Amma  oder  Mutter  Kaveri. 


Oraeter,  die  Lieder  des  Kurgvolkes,  671 

war  ein  launenhafter,  schwachsinniger  Despot  und  beging  Hand- 
lungen, welche  an  seinem  Verstand  zweifeln  Hessen.  Er  verband 
die  herzloseste  Grausamkeit  mit  der  niedrigsten  Sinnlichkeit.  Wer 
sich  seinen  Launen  widersetzte,  wurde  umgebracht,  sein  Haus  zerstört 
und  sein  Weib  einem  Sklaven  gegeben.  Greuliche  Verstümmlungen 
von  Männern  und  Frauen  waren  an  der  Tagesordnung.  Seine 
eigene  Schwester  floh  mit  ihrem  Gemahl,  um  Ehre  und  Leben  zu 
retten,  nach  Maisür,  und  flehte  den  Schutz  der  englischen  Regierung 
an.  Der  Räja  machte  verzweifelte  Anstrengungen,  die  Flüchtlinge 
wieder  in  seine  Gewalt  zu  bekommen,  und  dang  sogar  Meuchel- 
mörder, dieselben  in  Maisür  umzubringen.  Im  Jahre  1833  liess 
er  die  Tochter  des  verstorbenen  Viraräja,  die  rechtmässige  Erbin 
des  Kurgthrones,  im  Palaste  zu  Merk^ra  erdrosseln,  und  bemäch- 
tigte sich  ihrer  Eeichthümer.  Den  Vorstellungen  der  englischen 
Regierung  antwortete  er  durch  die  unverschämtesten  Drohbriefe 
und  forderte  sie  zum  Kampfe  auf.  Die  Ostindische  Compagnie 
säumte  denn  auch  nicht,  Executionstruppen  zu  schicken,  welche 
nach  kurzem  Kampfe  das  Land  eroberten.  Die  Kurgs  bewill- 
kommten  die  Engländer  als  Befreier.  Das  Land  wurde  von  einem 
britischen  Beamten  verwaltet,  und  der  Raja  nach  Benares  verbannt. 
Die  Kurgs  hielten  ihr  Land  von  den  alten  R4jas  zum  Lehen. 
Sie  hatten  nur  sehr  geringe  Steuern  zu  entrichten,  waren  her 
genöthigt,  Kriegsdienste  zu  leisten,  im  Palast  Wache  zu  stehen 
und  den  R&ja  auf  seine  Jagden  zu  begleiten.  Das  Pachtgut  der 
Kurgs,  welches  seit  uralten  Zeiten  der  Regierung  des  Landes 
gehört,  ist  unveräusserlich  und  unvertheilbar ,  was  den  Häuptern 
der  Familien  grosse  Macht  verleiht,  da  oft  50  bis  60  Personen  im 
gleichen  Hause  beisanmien  wohnen,  und  Schaaren  von  Sklaven 
und  Untergebenen  um  dasselbe  her  angesiedelt  sind.  Unter  der 
englischen  Regierung  bezahlen  die  Kurgs  immer  noch  die  firühere, 
unbedeutende  Steuer,  nur  halb  soviel  als  andere  Pächter,  haben 
aber  keine  Kriegsdienste  zu  leisten.  Dabei  erhalten  die  Kurg- 
beamten  schöne  Besoldungen,  mitunter  soviel  in  einem  einzigen 
Monat,  als  sie  früher  im  ganzen  Jahre  hatten.  Dass  die  Kurgs 
unter  solchen  Umständen  das  britische  Regiment  sehr  lieben,  ist 
natürlich.  Nur  wünschen  sie,  dass  die  Regierung  die  früher  in 
Kurg  bestandene  Sclaverei  anerkennen  möge.  Obgleich  nun  die 
Regierung  in  diesem  Punkt  ihnen  nicht  willfahren  kann,  so  ist  sie 
doch  bemüht,  in  jedem  andern  Stück  den  Häuptern  dieses  loyalen 
Bergvolkes  alles  zu  gewähren,  was  sie  wünschen.  Die  Kurghäupt- 
linge  machen  sich  auch  die  bestehenden  Verhältnisse  bestens  zu 
Nutze,  und  suchen  zugleich  ihre  alten  Sclaven  soviel  als  möglich 
in  der  alten  Botmässigkeit  zu  halten.  Die  Yeravas  imd  andere 
unwissende  Eingeborene  von  niedriger  Kaste  werden  in  betrunkenem 
Zustande  von  den  Kurgs  veranlasst,  unter  falsche  Schuldscheine 
ihr  Zeichen  zu  setzen,  und  kommen  so  in  die  Gewalt  der  letzteren, 
bis  sie  die  Schuld  tilgen  können,  was  nie  der  Fall  ist,  da  Arbeiter 


672 


ßroßier,  die  Lieder  des  Kurgtfolkei. 


dieser  Art  nicht  in  Geld^  sondern  in  Naturalien  bezahlt  werden. 
Trotz  dieser  und  anderer  kleiner  Unregelmässigkeiten  in  der 
Handlungsweise  der  Kurgs  ist  jeder  Regiernngsbericht  voll  von 
dem  Lobe  dieses  ^interessanten  Bergstammes**.  Es  ist  auch  in 
der  That  zu  verwundem,  wie  manche  der  edleren  Züge  des  Kurg- 
characters,  welche  dieses  kleine  Volk  vor  den  anderen  Hindus  aus- 
zeichnen, Menschenalter  der  schmachvollsten  Bedrückung  über- 
dauert haben. 


1.     Putteri  Pdtü. 


1.  B41o!  bälo,  nangada 
deva  0 1  b&lo,  M&d^va  «) ! 
patto^  b&lo,  cüriya'^)! 
kü4o  b&lo,  canijura'*)! 
bümi  bajo,  jabbümi*) 
jabbarancja  bümilü! 

2.  i  bümira  mida'lü! 
jambudvipatuUalü, 
yeccakuUa*  rajiya 

raj  iy  akkarej  äpa 
yedü  deja  ')  collulla  ? 
noti  nofi  k^baka, 
bümikelloyanda  ®)dü 
Maham^ru  parvata; 
pümarakkoyandadü 
manjappe®)ya  pümara; 
dejiücelloyandadü 
pommale  ^®)  Ko4avapa 
b&lenna^a  cangädi! 

3.  cangädi  mana'^)p61e  , 
cande^attü  c4yo4e 
koncjä^ittü  k6p64e, 
voppärattelattitü, 

vororü  mojiyeiji, 
irancjü  porale^i, 
ndittondü  kavi  *^)  ka^ti! 

4.  celü  pole  c^ro^e, 
cekkottü  cara^^)mb61e, 


mämbatti  **)  madipole, 
pacce  pattü  meipole, 
kembatt'i  narambole, 
birali  kuripöle, 
kannadi  nalapole, 
cüriya  ko^epole, 
bana  dumba  mimbole, 
tot»  dumba  püpole, 
pommale  Kodavülü, 
sime  **)  dumba  vokkalü, 
tangannane  ippaka, 
Apparandra  Aijijaya;   — 

5.  bümi  b&lo  jabbümi! 
jabbaran^a  bümina 

i  bümi  na4atitü, 

natta  boje  koyon^u,  — 

yende];ii  paranditü, 

6.  kärepaUi  Meisürü, 
Muttupäla  cettira 
comanippa  kottinji, 
punjüra  nadüwülü, 
nuppattärü  comana 
bendatti  bele  kejü, 
anje4a*tü;  —  Cömaya*, 
Nandiyana',  Muddana\ 
nucci  pole  Keccana*, 
core  pole  Comana*, 
anje4a'tü  kon4itü, 


1)  a'  —  iiachljissig  ausgesprochen,  wie  im  schwoizorschen  „drobba",  droben, 
oder  „dmnta",  drunten.  2)  Mahadeva.  3)  Sanscrit.  PatU,  Diadem,  Königps- 
würde.  4)  Sürya.  5)  Candra.  6)  janma  bhümi,  erbliches  Lehen.  7)  des«. 
8)    oyanda    s=    unnata,    das    Höchste.  9)    mfti\}appe    =    mahä     caxnpaka. 

10)  male  =  mala,  Kranz.  11)  manas,  Sinn.  12)  kavya,  kavitwa,  Gedicht. 
13)  sara,  Perlenschnur.  14)  mahä  und  Kan.  hatte,  Tuch;  prächtiges  Tuch. 
15)  Land;  einer  der  seltenen  Fälle,  in  denen  das  s  von  Sanskrit- Wörtern  bei- 
behalten wird,  anstatt  in  j  oder  c  verwandelt  zu  wurden. 


Oraeler,  die  Ldtder  des  Kurffvolketi 


673 


tanenna'  nenepala:  — 

7.  jabbümina  uppa^kü 
comangottü  mutt^n^n,  — 
yendeiii  paranditü, 
muttü  jödü  kutane, 
yennanendarivira  ?  — 
m^jappeya  nengutt«, 
pülira  pudiyäyi, 

batti  pane  päräyi, 
keimara  kalinoga, 
pätüra  to(][e  kattü, 
cerira*)  tamiyayi, 
penarira  nävülü 
kobbupani  tüetitü, 
penarira  woyipole 
kobbükäni  ittitü, 
ka  telatitippakka, 

8.  pon*)nädare')  tingatü, 
meluloga*)  d^j  •'^)inji  ^) 
temböle  male  pojja*, 
ayiranda  jabbümi 

bella  pole  bümiyü 

papole  padabudda'. 

andalla  pirnyändü^ 

köliküra*  pädira\ 

meiküra*  polecekkü, 

cüriy  and  ')udayakkü  ®), 

pannerandü  bälanga^), 

Cändäla'ii)  Pole  i')  makka  *«) 

bolli  mada  pa^tikkü, 

cömanippa  kot^inji 

nuppattaru  cömana, 

bendattitüjüpitü, 

atiyandü  pöyitü, 

ayiranda  bümilü, 

kannadiyekatülü, 

tekkora  moga  ' ')  becce, 

cöma  jödü  kat^itu, 

cälü  ittituttitü 

worandirandeQnane, 


kannadiyekatülü 
yöjü  cälü  nttitü, 
m&ra*ttü  t&yacitü. 
andalla  piniändü. 
keimuruwele  bäla 
kei  bittü  kanicitü. 
inagOQdü  pörandü 
ayiran4a  bümina 
ärü  cälü  nttitü 
bellapöle  bümiyü 
päpöle  pada  budda*. 

9.  ä  tinga  kayacitü, 
mSle  bappa'  tingatü, 
nalloräcenäläyi, 
cüriyandudayakkü 
pannerandü  yejeponga, 
mnlle  püvu  pongalü 
kannadiyanSkakkü 
meppu^ikkü  banditü 
küppunikkülinjitü, 
ponnage  pericitü, 
beirangatti  ka^titü, 
andalla  piniyändü, 
y^lü  müle  äkakü 
ka'ttü  n^ra*  beccitü 
andalla  piniyändü, 
pümanj  ip  olecekkü 
yelü  müle  äkülü 
calü  ittituttitü, 
m&ra'tt'ü  taya'citü, 
ka't'tü  n^ra*  bittitü 
ka}i  kali  na^a'tü. 
worandirandennane, 

ä  tinga  kayaca'ttL 
m^e  bappa'  tingatü 
beirangatte  **)  nattidü, 
kunyittü  boJandattL 

10.  woran4iran4e9nne 
k  tinga  kayacatü. 
m^le  bappa'  tingatü, 


1)  Engl,  coir;  Kokosnassbast.  2)  Kan.  Gold.  3)  mithuna,  Juni  —  Juli. 
4)  löka.  5)  di9,  Himmelsgegend,  Richtung.  6)  Ablativendung;  Kan.  melu 
loka  de9eyinda,    vom  Himmel  her.  7)  Genitiv  von  sdrya.  8)  Dativ  von 

udaya;  Kan.  süryana  udayakke,  beim  Aufgang  der  Sonne.  9)  Nom.  Plur. 
von  bäla,  Knabe,  Junge;  Altkan.  bälangal.  10)  Sanscr.  candila,  Auswürfling, 
kastonlos.  11)  holeya,  ein  Paria.  12)  Kan.  makka)u,  Kinder.  13)  mukha, 
14)  beira,  gross  und  katte,  Sans,  kanthe,  kante,  Garbe. 


674 


Oraeter,  die  Lieder  des  Kurgvolket. 


pongadü  kadandatü. 
pongadü  kadakane, 
mänika  ^)  Malenätü  «) 
Näyamma^)  tiruvülü, 
Näyamma(}a^)  makkakü, 
Cingiyära'*)  tingatü^ 
Wöni  banda  Putteri, 
Putten  kayacatü. 
inagon(}ü  pörandü 
pommäle  Eo^awülü, 
PS,(}im6  toraklQe 
Pädi  banda  Putteri. 
Ammanu  Eodavünu 
yßlu  näjoyappattü 
üru4a  nadÜYÜlü, 
püvalanda  Mandülü, 
üra4anga  küditü 
ken  •)davare ')  keiyoinjü 
patürera  köläyi, 
y^lü  n&loyappattäf 
kölä^ü  kaJikane, 

11.  pabolena  koiwakkü, 
iiiürütta^)kkü  n^räci. 
keimuruyelebäla, 
ponguli  kulicitü, 
majüti  madiyäyi, 
boll6(}üra  p4kutti, 
ponnari  neratitü, 
käma  deva  bill^)09(}a, 
äne  kombü  koi  katti, 
ponnerina  kat^t^tü, 
keikedattü  konditü, 
kombäyi  kolaläyi, 
sidda  räma  kot-t^yi, 
^yiraii^a  bümikü, 
ädi  pädi  pöyitü, 
y^lü  mt!Qe(}akatü, 


kuppunilü  ninditü, 
d^yara  nenatitü, 
tittü  bodi  beccitu, 
kali  ka]i  nettüna 
poli  poli  kojjatü 
tammanekkü  banditü 
boU6dira  kuttina 
nellekilü  beccitü 
kanni  ^®)kainba  ^  *)nallangü 
ponnerina  kattitü 
undu^ütitajäyi 
nät^*)fi.jära*^)  cammayi '*). 

12.  andalla  piniylLndü, 
Igüttappa  d^va^da 
appane  parakara**) 
üracjanga  küditü, 
ÜTU(}a  nacjüvulü 
püvalande  mandülü, 
pattüpole  üranda 
muttupole  bälanga 
deva  kölü  pojjatü. 
andalla  piniyandü, 
na^üda  na^üvulü 
nädümandü  naUälü, 
nada^anga  küditü, 
nädu  kolü  pojjatü. 

13.  kti(Jelata'  cangadi! 
Putterira  colläle 
ninga(}a  daya**^gonda**^) 
nänariva'  päcjune. 
nallengi  tudi  ^®)c6li, 
tiy^ngi  palinjöU, 

tappu  koppu  mädira! 

14.  n&  päcjiüva  beppino 
beppakkommecjüpakka:    — 
ädi  1»)  mtila  «»)  lellelo. 


1)  Rubin,  Karfimkol.  2)  Kan.  male,  Hügel;  nMu,  Gebiet;  MaleyäJA, 
Malabar.  3)  Kan.  Näyim&ra,  Flur.  Nayimäraru,  die  Näyer;  gleich  den  Kurgs 
ein  kriegerischer  Stamm  von  Ackerbauern.  4)  Genitiv  Plural;  Kan.  Nayimarara. 
5)  simha  mdsa,  August — September.  6)  Kan.  kempu,  roth.  7)  Kan.  tavaro, 
vom  Sans,  t^marasa,  Lotus.  8)  muhürtä,  die  günstige  Zeit.  9)  Kan.  billii. 
Bogen;  Kama  Deva*s  (Cupidos)  Bogen,  der  Regenbogen.  10)  Kauye,  Jungfrau. 
11)  Kan.  kambha;  Sans,  stambha,  Säule.  12)  natu,  Kan.  nädu,  Gau,  Land. 
13)  HcAra,  Gesetz,  Brauch.  14)  sama,  gemäss  und  kyi  oder  äyitü,  Kan.  &gi, 
geworden  seiend,  Adverbialendong.  lö)  S.  prakära,  gemäss.  16)   Ounst. 

17)  AbUtivendang.         18)  stuti,  Lob.         19)  Anfang.         20)  Ursprung. 


.Graeter^  die  Ldedcr  des  KurgvMes. 


675 


Erntelied. 


1.  Leb*,  0  lebe,  unser  Gott! 
Lebe,  grosser  Herr  und  Gott! 
Leb*  als  König,  Sonne  du! 
Leb'  als  Königin,  o  Mond! 
Land  der  Väter,  lebe  hoch, 
Land  als  Lehen  uns  vererbt! 

2.  Auf  der  Erde  weitem  Bund 
Li  dem  grossen  Jambudwlpa  ^), 
Wo  so  viele  Beiche  sind, 
Welches  ist  das  schönste  Reich, 
Welches  aller  Länder  Krön'? 
Schau  umher  in  aller  Welt: 
Ueber  allen  Bergen  thront 
Mahameru's  leuchtend  Haupt; 
Aller  Blüthenbäume  Zier 

Ist  der  edle  Campakbaum  ^) ; 
Aller  Königreiche  Krön* 
Ist  das  kleine  Bergland  Kurg. 
Lebe  glücklich  d'rin,  mein  Freund ! 

■ 

3.  Freunde     froh     beisammen 

sitzend 
Gegenüber  euch  in  Reihen'), 
Stimmet  an  den  Sang  des  Buhmes, 
Und  von  Anfang  an  erklärend 
Und     mit    Bilderschmuck    ver- 
schönend. 
Singet  Hunderte  von  Liedern! 


4.  Herrlich  lebte  und  in  Freuden, 
Schön  und  stattlich  anzuschauen ; 
Wie  ein  Kranz  von  edlen  Perlen; 
Wie  ein  Kleid  von  feinster  Seide, 
Prangend  in  der  Gluth  der  Farben, 
Und  gewirkt  mit  feinemSchmucke; 
Lieblich  wie  ein  Bild  imSpiegel ; 
Strahlend  wie  die  goldne  Sonne ; 
Und  sein  Haus  ein  Sternenhimmel, 
Ja,  ein  Garten  voller  Blumen,  — 
Also  lebte  froh  und  glücklich 
Apparandra  Anneya 

In  dem  schönen  Lande  Kurg. 

5.  Und  er  sagte  zu  sich  selber : 
Lebe  herrlich,  Land  der  Väter, 
Land  der  Häuser  und  der  Felder! 
Diese  Felder  zu  bebauen, 

Ist  die  Zeit  herbeigekommen, 
Soll  die  Ernte  draus  erwachsen. 

6.  Sprach's  und  wanderte  nach 

Maistlr, 
Voll  der  Flecken,  Stadt  und  Dörfer. 
In  den  reichgefüllten  Ställen 
Von  dem  Händler  Muttupäla*) 
Wählt  er  aus  der  Heerde  Mitte 
Sechsunddreissig  schöne  Ochsen*). 
Er  betastet  sie  und  handelt, 


1)  Indien,  dio  „Jambosinsel".  Der  Dschambu-baam  (Jambosa  vulgaris)  ge- 
hört zur  Familie  der  Myrtaceen. 

2)  Die  indische  Magnolie  (Micholia  Champaka) ,  Kanaresisch  „Sampige*', 
Kurg  „Jappe",  wird  wegen  ihrer  weissen,  duftenden  Blumen  allgemein  be- 
wundert. 

3)  Beim  Singen  der  Kurglieder  sitzen  vier  Männer  paarweise  einander 
gegenüber.  Das  erste  Paar  singt,  unter  Trommelbegleitung,  nach  monotoner 
Melodie  zwei  Verse;  die  zwei  anderen  Sänger  wiederholen  den  letzten  Vers 
und  fügen  noch  einen  hinzu.  Uiebei  wird  ofl  improvisirt,  was  bei  der  Einfach- 
heit der  Metrik  und  Sprache  sehr  leicht  ist. 

4)  Perlenkönig. 

5)  Kurg  hat  schöne  Viehweiden,  und  nahrhafte  Futtergräser  im  Ueberfluss. 
Aber  anstatt  dieselben  zur  Bereitung  von  Heu  zur  StallfUtterung  während  der 
Regenzeit  zu  benützen,  lassen  die  Kurgs  es  verdorren,  bis  es  von  den  Wald- 
feuem  vorzehrt  wird ;  wesshalb  das  schlecht  genährte  .Vieh  jährlich  massenwebe 
an  verschiedenen  Seuchen  dahinstirbt.  Die  Kurgs  ersetzen  diese  Verluste  durch 
jährliche  Einkäufe  in  dem  benachbarten  Maisdrlande,  das  den  Regenfluthen  des 
Monsun  weniger  ausgesetzt  ist. 


676 


Oraeter,  die  Lieder  des  Kurgvoiket, 


Gibt  das  Geld  und  kauft  die  Ochsen, 
Sechsunddreissig  schöne  Ochsen. 
Schaut,    sie    wandern   stolz  und 

stattlich 
Aus  dem  Stall  in  langer  Beihe, 
Schaut   den   Nandi  ^)    dort    und 

Muddu  «) ! 
Da  kommt  Kitscha,  der  gefleckt  ist 
Und  besprenkelt  wie  mit  Staub. 
Schauet  jene,  roth  wie  Blut! 
Und  der  schwarze  Ketscha  zieht 
Vor  dem  Beigen  her  als  Führer. 

7.  „Aber  nun*,  sprach  Anneya, 
„Fehlt    der    Pflug    mir    zu   den 

Ochsen". 
Weisst  du,  wie  er  diesen  machte  ? 
Campakholz  nahm  er  zur  Pflug- 
schar, 
Sagopalmenholz  zur  Stange, 
Macht  von  Püliholz  den  Griff, 
Macht    das    Joch    von    leichtem 

Eeiholz, 
Und  mit  Bändern  von  Botang  ') 
Knüpft  das  Joch  er  an  die  Stange. 
Palmenbast  ninunt  er  zu  Halftern, 
Und  der  Pflugschaar  Eisenkante, 
Dünn  als  wie  des  Tigers  Zunge, 
Wird  mit  Nägeln  angeheftet 
Spitzig  wie  des  Tigers  Klauen. 
Nun  setzt  er  sich  hin  xmd  wartet. 

8.  Als  im  Juni  Begenfluthen 
Süss  wie  Honig  niederströmten 
Aus  dem  wolkenschwerenHimmel, 
Ward  der  Boden  weich  wie  Brei; 
Darauf   schäumt  wie  Milch    der 

Begen. 


Morgens  um  den  Hahnenschrei, 
Als  imWald  die  Pfauen  kreischten. 
Eh*  die  Sonne  aufgegangen. 
Gingen  in  den  Stall  zwölf  Skla- 
ven *), 
Trieben  sechsunddreissig  Ochsen 
In  den  Ho&aum,  dessen  Boden 
Glatt  imd  glänzend  war  wie  Silber. 
Und  von  dort  hinab  in's  Beisfeld. 
Blank    und    leuchtend    wie    ein 

Spiegel. 
Gegen  Osten  schaun  die  Stiere. 
Paarweis  an  den  Pflug  gespannt 
Und  dem  Pältirappad^va  *) 
Opfert  Beis  und  Milch  der  Haus- 
herr, 
Breitet  himmelwärts  die  Hände, 
Die  gleich  Lotosblumen   glühen 
In  der  Morgensonne  Strahlen, 
Ziehet  seine  erste  Furche 
Auf  dem   spiegelhellen  Saatfeld. 
Siebenmal  ward  es  gepflügt 
Und  geebnet  mit  der  Egge. 
Und  ein  starker  Jüngling  streut« 
In  das  Beet  die  goldne  Saat. 

9.  In  dem  nächsten  Monat  kamen 
Aus  dem  Haus  zwölf  junge  Weiber, 
Lieblich  wie  des  Waldes  Blumen, 
Stiegen  nieder  in  das  Saatfeld, 
Bissen   aus  die  jxmgen  Pflanzen, 
Banden  sie  in  Eine  Garbe, 
Stellten   die  ins  grosse  Reisfeld. 
Das  zuvor  gepflüget  worden. 
Bis   der  Boden  weich  wie  BreL 
Setzten  dort  mit  flinker  Hand 
Beihenweis   die    zarten  Pflanzen. 


1)  Der  Stier  des  Siva. 

2)  Kan.  Kuss,  Wonne. 

3)  Spanisches  Rohr. 

4)  Holeyas,  eine  unreine  Kaste,  gleich  den  Parias  der  Koromandelküste. 

5)  Vor  alter  Zeit  lebten  in  Malabar  sechs  Brüder  und  eine  Schwester, 
welche,  mit  Ausnahme  dos  ältesten  Bntders,  nach  Kurg  auswanderten.  Sämmt- 
liehe  Geschwister  worden  als  Götter  vorehrt,  und  haben  Tempel,  theib  in  Kui^, 
tbeils  in  Malabar.     Palürappas  Tempel  ist  in  Pälüru  (Milchstadt)   in  Kurg. 


ChraeUr,  dis  Lieder  des  Kurgffoikee, 


677 


10.  Als  zwei  Monden  nun  ver- 

flossen 
Und  die  Aehre  reif  geworden 
An  der  Maleyälaküste, 
Hielt  man  dort  das  Erntefest 
Als  zwei  Monden  noch  verflossen  ^), 
Kam  das  Fest  der  neuen  Aehren 
Durch  den  Päijitorapass 
In  das  schöne  Bergland  Kurg. 
Kurgs  und  Anunakurgs  versam- 
meln 
Sich  im  Pädinälknft^tempel, 
Um  nach  Igüttappa's  *)  Ausspruch 
Zeit   und  Stunde   zu  bestimmen 
Für  das  Fest  der  neuen  Aehren. 
Abends,  als  der  Blüthenbäume 
Dunkle  Schatten  länger  wurden, 
Kamen  Alt  xmd  Jung  zusanunen 
Auf  des  Dorfes  grüner  Matte, 
Tanzend  und  mit  Stöcken  fechtend, 
Igüttappa's  Lob  verkündend; 
Sieben  Tage  währt  die  Feier. 

11.  Als  das  Feld  nxm  weiss  zur 

Ernte, 
Zogen  aus  die  jungen  Männer, 
Alle  festlich  angethan. 
In  ein  Milchgefäss   von  Bambus 
Steckten  sie  die  Sichel,  krumm. 
Gleich  dem  Zahn  des  Elephanten ; 
Zogen  mit  Schalmei  und  Pauken 
In  das  Feld,  das  reif  zur  Ernte, 


Schnitten  eine  Handvoll  Aehren 
Von  der  Frucht,  einst  dünn  ge- 
pflanzt, 
Nunmehr    hundertfach-  vermehrt 
»Segne  unsre  Felder,  Herr!" 
Schrieen  sie  nach  Hause  kehrend, 
Und  die  goldne  Erstlingsähre 
Hängten  sie,  geschmückt  mitLaub, 
An  des  Hauses  Nordwestpfeiler^). 
Dann,  nach  ihrer  Väter  Weise, 
Schmausten     fröhlich     sie    xmd 
tranken. 

12.  Tags  darauf  versammelt  sich 
Alt  und  Jung,  wie  Perlen  glänzend, 
Auf  der  Matte  dunklem  Grund 
Schwellend    weich    wie    grüner 

Sammet, 
Tanzten  wiederum  und  spielten. 
Und  beim  frohen  Friedensmahle 
Beichten  Feinde  sich  die  Hand. 
Und  des  ganzen  Gaus  Gemeinden 
Kamen  Tags  darauf  zusammen 
Auf  des  Gaus  Gemeindematte*) 
Tanzend ,     spielend ,     fröhlich 

schmausend  ^). 

13.  Nun,  mit  Eurer  Gxmst,   o 

Freunde, 
Und  nach  bestem  Wissen  hab*  ich 
Euch  das  Erntefest  *)  geschildert. 
War  es  recht,  so  mögt  Ihr  s  loben; 


1)  Die  Ernte  reift  an  der  heissen  Malabarküste  zwei  Monate  früher  ab  in 
den  kühlen  Thälem  von  Kurg,  die  zum  Theil  mehr  als  3000'  über  dem  Meere 
gelegen  sind. 

2)  Igüttappa,  Pdlürappa*»  Bruder,  hat  einen  Tempel  in  Pädinftlkn&d,  am 
Fusse  des  Tadiyandmol,  an  dessen  nördlichem  Abhänge  der  Pädipass  von  Malabar 
ins  Kurgland  Hihrt. 

3)  Die  Knrghäuser  sind  von  quadratischem  Gnmdplan.  Sie  haben  in  der 
Mitte  einen  kleinen  offenen  Hof,  der  auf  vier  Seiten  von  einer  Veranda  um- 
geben Lst.  Das  Dach  dieser  Veranda  ruht  auf  vier  starken  hölzernen  Säulen, 
die  den  vier  Ecken  des  Hofes  entsprechen.  Die  Säule  an  der  NW.-Ecke  des 
Hofes   wird  kannikamba  (kanyästambha)  oder  Ehrensäule  genannt. 

4)  Der  Sammelplatz  des  Dorfes  heisst  „ürU-mandü",  der  Sammelplatz  des 
Gaues  „nädU-maiidü**. 

5)  Bei  diesen  Mahlzeiten  werden  Streitigkeiten  zwischen  den  Bewohnern 
des  Gaues  geschlichtet,  und  die  Feinde  ermahnt,  sich  zu  versöhnen. 

6)  Kurg:  „Putteri**;  Kanaresisch:    „Huttari";  das  Fest  der  „neuen  Aehren". 


678 


QraeUr,  die  Lieder  des  Kurgvolkee. 


War  es  schlecht,  so  mögt  Ihr's 

tadeln; 
Findet  Fehler  Ihr  darin, 
Seid  so  gut,  sie  zu  verbessern. 


1 4.  Wie  am  Anfang  dieses  Lied's, 
Also  sing  ich  auch  zum  Schluss 
Immer  —  lello,  leUelo!  ^) 


2.   Mangala  P&tü. 


1.  BMo!  bajo,  nangada 
deva  !  b&lo,  Madßva  !  * 
patto  bälo,  vodevano! 

i  btimira  mida  lü 
pomm41e  Ko4ayülü 

2.  panneraQ^^  kömbülü, 
nuppatanji  nä4ülü, 
nädakd  pedaluUa', 
vokkaläpa  takkano, 

nllako4ik*)end^)o94a*  ), 
ä  takkai^da  kundülü 
änobba'  pedaluHa' 
cubbaräya*  *)  Manda^iia'  ^. 

3.  tämb^vala  kälatü, 
andü  bäva*  vo^evangü 
ponnarike  mä^itü 
äyiranda  jabbümi 
katti  jamme^atitü. 
Cagdala  Poley&ra 
pom  ^)ba9akk®)e4atitü 
jammeijitü  kon^a'tü. 
nüraccira  cömana 
pombanakke^atitü 
Yokkadünatüetitü 

4.  ta^nane  polavakka, 
cubbaraya'  Mandanna' 
ul}41ü  nenattitü, 

uUa'  b^ra  ko94^ui6, 
allattondü  allala;  — 


pattiattü  nellakki, 
xmdütüparalille ; 
pottilulla   cingara  ^), 
it>tanippa'  pongile, 
makkalillattokkame 
kejjinö  pala*®)ville, 
nirillatta   nlkere  **) 
tödinö  palaville; 
püvillatta'  pütöta 
mäcjino  palaville, 
mörillatta*  tangdlü 
undinö  palaville; 
kutti  b&vö  ajändu, 
vokkatü  jana*^)v&ndu, 
yendeni  nenattitü, 

5.  nallorace  n&r&ce, 
pümanje  polecekü, 
un4u4a'ttü  äl&yi, 
keimalengi  tottitü, 
käron*^)ara  dßvara 
nllälü  nenattitü, 
ponnarüva  bälana 
Cilayaci  käkitü, 
canadi  toneyai, 

6.  gejje  tan4ü  keil&yi, 
Kuttata'  maleyinji 
bottata'  maleyöla, 
pond^4i  na4anditü 
angalll4i  t6p6ci; 


1)  Das  Anstimmen  des  Liedes  mit  den  Sylben :  „LoU^-o  lo,  lell^e  lo ;  lell^-« 
lo,  lell6-e  lo;  lello  lello  lellelo'\  g^ebt  den  Sängern  Zeit,  sich  auf  den  Inhalt 
des  Liedes  ordentlich  zu  besinnen. 

2)  ayanda,  Kan.  avara,  derer.  3)  Mit,  von.  4)  Dem  Nilakodi  (S.  nila, 
blau  und  Kan.  kodi,  Knospe;  eine  fabelhafte  Blume,  deren  Besitz  Wohlstand 
verleihen  soll).  5)  S.  9ubha  rftya,  der  glückhafto  Prinz.  6)  S.  manda, 
sanft  und  Kan.  anna,  älterer  Bruder.  7)  Altkan.  ponnu,  Qold,  roth.  8)  Dativ 
des  Altkan.  pana,  Geld.  9)  9ringftra,  Schmuck.  10)  phala,  Frucht,  Erfolg. 
11)  S.  nira,  Kan.  ntru,  Wasser  und  Kan.  kero,  Teich,  Brunnen.  12)  Leute. 
13)  S.  k&rana,  Ursache;  Kg.  Vorfahr,  Ahne. 


Qraeter,  die  Lieder  de»  KurgvoJke»* 


679 


mandü  mandelattitü 
kuppiattadi  pöci; 
cullambeda'  paf^itä 
M^  mai^iJoQangici ; 
kökutti  nadanditü 
kömone  t^yanjatü. 

7.  Mandan^a  beimbanü 
\i^\A   keta'  ponga4a 
vokka  ceri  bandile; 
vokka  cSri  bandonda 
alü  c^ri  bandile; 

alü  ceri  bandonda 

•  •    • 

c6ma  ceri  bandile; 
coma  c^ri  bandoQ4^ 
bümi  cM  bandile; 
bümi  c^ri  bandonda 
bäije  cßri  bandile; 

ella  cM  bandoQ^A 
ponga  c^ri  bandile. 

8.  tänannan^  bävakka 
cinna*  cuddi  köötatü; 

Niklünä^ükendoQ^A 
vokkaläpa  takkan4a, 

Pat>taniä4a  vokkalo, 

&  vokka  maneyalü, 

ponnobba  pedalnHa* 

nila  ko4i  Cinnava* 

9.  1  bakü^)na   köSpaka 
Mandan^ia  beimbanü 
küttukottoräläyi 

täcu  melle  pönado, 
ä  vokka  maneyakü, 
mane  keri  kon4atü. 
tanannane  pöyitü 
kembalacindeimara 
benc&njittelatta'tü. 
i  cuddina  kö^kaiie 
nila  ko4i  Cinnava' 
dumba  ni  ^)  kalattinji 
bojli  k(in4i  nirayi 
cinnöle  palambäyi 
nirü  kon4ü  beccatü 
cinnole  palambü^ta*. 
nila  ko4i  Manda^i^a' 


kembalacindeimara 
bencänjittelattitü 

10.  Pat'tamä4a  Cinnava' 
Omare  pa4imüle 
oppärattü  ninditü 
t&mbäkü  parandado;  — 
vui!  enna4a  benduve'*), 
becca'  niredapile, 

mSle  nirü  köSpile? 
ende^i  pareyaije, 
tanenna  parandado;  — 
vui!  enna4a  ponga}e, 
indü  nirü  beccald 
endu  nirü  beccaka 
becca  nire4apin6, 
ende^  paranditü 
becca  nire4atitü 
naga  m6ga  kattici. 
möle  niru  köötüe. 

11.  buddi^)nalla  Mandan^a' 
kembalacindeimara 
benjlijijitte}attitü 

tänenna  parandatü;  — 
vui!  enna4a  pongaje, 
vui,  ninga4a  appeya' 
Mü  dßja  pöniya'?  — 
vui!  enna4a  appeya' 
mandü  küta  pöyitü.  — 
vui!  ninga4a  aweya' 
Mü  d^ja  poniya'?  — 
vui!  enna4a  aweya* 
kumbara^)n4a  körikü, 
mangalakkü  pöyitü.  — 
vui!  ninga4a  ani^eya' 
ßdü  döja  pöniya'?  — 
mä^ika'  Malenäfü 
cöma  pöri  pöyitü.  — 

12.  öraQ4i3raQ469ane, 
m&vü  bandü  kßrici. 
mävangottü  &jära 
kätoftü  tale  becca*. 
Öra]^4i^a9469^uie 
mavi  bandü  ninditü. 
mavikottü  äjära 


1)  vtLkya,  Wort.        2)  ntra.        3)  S.  bandha,  Verwandter. 
Weisheit.         b)  Töpfer,  vom  S.  kambha,  ein  Topf. 


4)  S.  buddhi, 


680 


Ghaeter,  die  Lieder  dee  Eurgvoikee» 


k&tottü  tale  becca*. 

bava   bandü  k^rici. 
bavangottü  äjära 
kei  malangi  totta'tü. 
nät^jära  c^mäci  ^).  — 

13.  vui!  enna4a  benduve, 
ettü  pole  pöyitü 
banda  pole  bandira? 
endeni  pareyane, 
t&nenna  paranda'do;  — 
Yni!  ennada  mäveya, 
1  Yokka  maneyalü 
m&ri  pöpa'  ettiuttdü, 
kü^i  b&va'  poi^^undü, 
endeni  pareyane, 
Yui,  enna4a  mS.veya' 
tänenna  paranda'tü;  — 
maripöpadettella 
ädire«)lü  "pöcüa? 
kü<]ü  bäva'  ponnella 
kumbe')yattü  pöcila? 
endeni  pareyai^e 
tänenna  paranda'tü;  — 
pönarella  blLla^ü, 
uUade  taran^ula? 
endeni  pareyai^e 
vui,  ennada  m&veya* 
tanenna  paranda'tü;  — 
vui!  ennada  benduve, 
cäce  becci  k&kuva? 


endeni  pareya^e 
buddinalla  Manda^^ 
tanenna  parandado;  — 
ponnü  nalla'  kaQ4^ 
cäce  becci  käkoiidu; 
cänji  mara  ka^^&ka 
kaimü  n6ti  bekkon4u; 
kokku  mara  ka^^^^ 
kannü  dura  bekkoQ«}^, 
endeni  pareyane, 
vui,  ennada  ra&veya*;   - 
tappi  kovvine^ci, 
inagon^ü  pörala, 
pong£&ü  teruvadü; 
keimu^ti  taran^ula? 

14.  endeiii  pareyane, 
ponnaruvä  baJana 
älayaci  käkitü 
acca4ici  poibä(}e 
ecco^iki  kon^itü 
pombojica  beccitü, 
c&lü  becci  ninditü 
keimuttü  ko^a'kaQe, 
inagondü  p6rala;  — 
mangala  kuriy&n(}u, 
endeni  pariyane, 
ärapccira  pommale 
idü  becci  koQ^a'tü. 
äcekäce  eftäce 
mangala  kuriyace. 


Hochzeitslied. 


1.  Lebe,  lebe,  unser  Gott! 
Lebe,  grosser  Herr  und  Gott! 
Leb'  als  König,  Landesfürst! 
Aller  Königreiche  Krön* 

Ist  das  kleine  Bergland  Kurg. 

2.  Dieses  Land  hat  zwölfDistricte 


Und  der  Gaue  fünfunddreissig. 
Doch  in  diesem  Gaue  blühet 
Gleich  des  Paradieses  Blume 
Apparandra's  edles  Haus, 
Dessen  Herr,  des  Volkes  Richter*), 
Weit   und   breit   mit  Böhm  ge- 
nannt wird. 


1)  S.  kühdma,  wohl,  recht  und  Kg.  äci,  wurde.  2)  mithuna,  Juni  — Jali. 
3)  kumbha. 

4)  Die  „Takkas"  oder  Aeltesten  (vom  Kan.  takka,  würdig  oder  tauglieh) 
wachen  über  die  Sitten  und  Qebräuche  des  Kurgvolkes.  Sie  halten  ihre  Ver- 
sammlungen in  dem  „Ambala",  einer  kleinen,  auf  der  Gemeindematte  errichteten 
Halle.    Die  Näd-Takkas  sind  ein  Ausschuss  der  Dorf-Takkas  des  betreffenden  Gaues. 


Graeter,  die  Lieder  des  Kurgvoüeee. 


681 


Und  in  diesem  Hause  wohnte 
Mandanna,  der  kühne  Held. 

3.  Dieser  bat  den  Landesfürsten, 
Dass  er  ihm  zum  Lehen  gebe 
Felder,  Weideland  und  Wald. 
Dann  erwarb  er  für  sein  Geld 
Sklaven,  ihm  das  Land  zu  bauen. 
Ochsen  auch,  den  Pflug  zu  ziehen ; 
So  bestellt  er  alles  wohl  *). 

•  4.  Als  er  nun  in  seinem  Haus 
Stattlich  eingerichtet  war, 
Dachte  er  in  seinem  Sinn: 
Meine  Speicher  sind  voll  Reis; 
Doch  wer  soll  sich  damit  nähren? 
Meine  Truhe   ist  voll  Schmuck; 
Doch  wer  soll  sich  damit  zieren  ? 
Müh  und  Arbeit  ist  verloren 
In  dem  kinderlosen  Hause. 
Freud-  und  nutzlos  ist  das  Leben, 
Wenn  die  Frau  es  nicht  verschönt. 
Wie  ein  Garten  ohne  Blumen, 
Wie    ein  Brunnen  ohne  Wasser, 
Schmacklos  wie  der  kalte  Reis 
Ohne  Milch  und  ohne  Salz  ^), 
Sühne  sind  des  Hauses  Stütze, 
Kinder    sind  die  Zier  der  Woh- 
nung — 
Also  sprach  er  zu  sich  selber. 

5.  Eines  schönen  Sonntag  Mor- 
gens 
Stand  er  auf,  als  noch  der  Thau 
Perlend  auf  der  Erde  lag, 
Kleidet  sich  in  Festgewand, 


Faltet  betend  seine  Hände 
Zu  den  Ahnen  und  zu  Gott, 
Sandte  seinen  Diener  aus, 
Liess  den  treuen  Nachbar^)  holen, 
Dass  er  ihn  als  Freund  begleite. 

6.  Li  der  Hand  den  Reisestab, 
Der  mit  Silberschmuck  behängt*), 
Wandert  er,  ein  Weib  zu  suchen. 
Weit  umher  durch  das  Gebirge, 
Wandert  sich  die  Sohlen  wund, 
Setzet  sinnend  oft  sich  nieder. 
Bis  die  Kleider  ^)  durchgesessen. 
Wandert,  bis  der  Kopf  ihm  glühte 
Li  der  Sonne  heissen  Strahlen, 
Wandert,  bis  der  Reisestab 
Kürzer  ward  in  seiner  Hand. 

7.  Wo  der  kühne  Mandanna 
Auch  nach  einem  Weibe  fragt. 
Da  gefällt  das  Haus  ihm  nicht; 
Oft  gefällt  das  Haus  ihm  wohl. 
Aber  das  Gesinde  nicht; 

Oft  gefällt  ihm  dieses  wohl. 
Doch  das  Vieh  gefällt  ihm  nicht; 
Oft  gefällt  das  Vieh  ihm  wohl. 
Doch  die  Emtefelder  nicht; 
Oft  gefielen  die  ihm  wohl. 
Doch  die  Waidematten  nicht. 
Und,  wo  alles  dieses  recht, 
Da  gefällt  die  Maid  ihm  nicht 

8.  Als  er  so  in  schwerer Noth  war. 
Hört  er  eine  frohe  Kunde: 

Li  dem  Gaue  Nalkunä<}u, 


1)  Untomehmondc  Kurgjünglingo  erwerben  »ich  mitunter  eigene  Felder, 
bauen  sich  Häuser  und  gründen  neue  Familien. 

2)  Die  Hindus  bereiten  ein  sehr  erfrischendos  Gericht  aus  geronnener  Milch 
und  Keis.  Dasselbe  wird,  mit  Zuthat  verschiedener  Gewürze,  kalt  verspeist  und, 
in  ISanancublätter  eingewickelt,  auf  Reisen  mitgenommen. 

3)  Aruva  (der  Wissende,  d.  h.  der  Vertrauensmann  des  Hauses).  Die 
Aruvfts  erscheinen  bei  allen  wichtigen  Lebensangelegenheiten  als  Abgeordnete 
und  Berather  von  Familien  und  Einzelnen. 

4)  Ein  achtscitiger ,  spitzig  zulaufender  langer  Stab  von  Ebenholz  mit 
silbernem  Knauf  und  silbernen  an  den  Griff  angehängten  Ringen,  durch  welche 
man  die  Finger  stocken  kann.     Der  Stock  endigt  unten  in  eine  Messingspitze. 

5)  Das  Hauptkleidungsstück  der  Kurgs  ist  ein  über  die  Knie  hinabreichender 
Ueberrock  mit  rothem  Gürtel. 


Bd.  XXXU. 


44 


^i 


Üräetms  die  Lieder  des  Kurfftfolhee, 


In  dem  Patt£unä4a  Hause 
Wohnt    ein    Mädchen    reich    an 

Tugend, 
X^inn^)awwa')  die  holde  Jungfrau. 

9.  Als  er  dieses  Wort  vernommen, 
Wandelt  Manda^na  der  Kühne 
Qenz  gemächlich  mit  dem  Frexmde 
Nach   dem  Haus  und  setzt  äich 

nieder 
Auf  die  Bank  in  der  Veranda*). 
Cinnawwa,  die  holde  Jxmgfrau, 
Hörte  schnell  von  ihrem  Kommen ; 
Aus  dem  vollen  Wasserkruge 
Füllte  sie  ein  Silherkännlein, 
Stellt's    auf  eine  Palmlaubmatte 
In  dem  Hofraum  vor  demHause^), 
Breitet  eine  Palmlaubmatte 
Auf  die  Bank  in  der  Veranda, 
DassdieFreunde  drauf^ich  setzen. 

10.  Sprach  die  holde  Jungfrau 

nun. 
Schüchtern     auf    der    Schwelle 

stehend. 
In  dem  Zimmer  halb  sich  bergend: 
Nehmt    Ihr    nicht    das    Wasser, 

Freunde, 
Das  ich  Euch  herausgebracht? 
Will  das  Kännlein  wieder  füllen. 
Drauf  erwiedert  Mandan^a: 
Gerne,  holdes  Mägdelein, 
Wenn  Ihr  stets  mir  Wasser  bringt, 
Wie  Ihr's  heute  habt  gethan. 
Sprach  die  Maid :  Ich  bring'  es  Euch, 
Wenn  Ihr  alle  Tage  kommt. 
Mandanna  wusch  sein  Gesicht, 


Füss'  und  Hände  mit  dem  Wasser 
Und  verlangte  keines  mehr. 

11.  Mandanna  der  Kluge  sitzt 
Nun  auf  die  Verandabank, 
Oeffiiet  seinen  Mund  und  spricht : 
Ei,  mein  holdes  Mägdelein, 

Wo  ist  Euer  Herr  Papa? 

—  Ei,  mein  Vater,  der  ist  fort, 
Er  ist  im  Versammlungshaus. 

—  Und  wo  ist  die  Frau  Mama? 

—  Mama  ist  im  Töpferdorfe 
Zu  'ner  Hochzeit  eingeladen. 

—  Und  wo  ist  der  Bruder  denn? 

—  Der  ist  fort,  die  Steig  hinunter 
Mit  den  Ochsen,  Salz  zu  holen. 

1 2.  Als  zwei  Stunden  nun  vorbei, 
Kam  des  Mädchens  Vater  beim ; 
Mandanna  verbeugte  sich 

Zu  des  alten  Mannes  Füssen. 
Als  zwei  Stunden  noch  vorbei, 
Kam  des  Mädchens  Mutter  beim ; 
Mandanna  verbeugte  sich. 
Als  zwei  Stunden  noch  vorbei. 
Kam  des  Mädchens  Bruder  heim ; 
Mandanna  begrüsste  ihn. 

13.  Und  der  Vater  fragte  nun: 
Lass  uns  wissen,  lieber  Freund, 
Was  ist  Eurer  Heise  Ziel  ? 
Reist  Ihr  nur  so  zum  Vergnügen  ? 
Ihm  erwiedert  Mandanna: 

Nim,  Herr  Vater,  wie  ich  höre. 
Sind  in  Eurem  Hause  hier 
Ochsen,  die  Ihr  wollt  verkaufen, 
Mädchen  auch,  die  Ihr  wollt  geben. 


1)  Gold. 

2)  Mütterchen. 

3)  Die  Häuser  der  Kurgs  sind  von  quadratischem  Grundplan  und  om- 
schliessen  einen  kleinen  offenen  Hof,  der  von  einer  inneren  Veranda  umgeben 
ist.  Eine  äussere  Veranda,  die  als  Empfangshalle  dient,  nimmt  die  I^Virnt  den 
Hauses  ein.  Die  Veranda  ist  mit  einer  breiten,  niedrigen  Mauer  oiiigefasst, 
deren  hölzerne  Bekronung  einen  bequemen  Sitz  bietet. 

4)  Für  Hindu-Besucher  wird  Wasser  zum  Waschen  der  Küsse  in  den  Hof 
vor  der  Empfangshalle  gestellt.  Ein  bedecktos  Portal  führt  in  diesen  Hofraum, 
der  von  Schuppen  und  Stallungen  umgeben  ist. 


Oraeter,  die  Lieder  des  Kurgvolkee^ 


683 


Sprach  daranf  der  alte  Mann: 
Alle  Ochsen  habe  ich 
In  der  Begenzeit  verkauft, 
Und  die  Töchter  haben  uns 
In  dem  Wonnemond  verlassen  *). 
Drauf  erwiedert  Manda^a: 
Mögen  alle  glücklich  leben, 
Welche  Euch  verlassen  haben; 
Mein  sei  was  zurückgeblieben. 
Sprach  darauf  der  alte  Mann: 
Vater  nennst  du  also  mich? 
Ihm  erwiedert  Manda^^a: 
Wer  ein  holdes  Weib  gesehen, 
Sucht  den  Vater  zu  gewinnen; 
Voll  Bewund'rung  weilt  das  Auge 
An    dem  Wuchs   der   schlanken 

Palme; 
Doch     die     Palme     kurz     und 

schm^htig, 
Die  vergisst  man  zu  betrachten. 
Sprach  zu  ihm  der  alte  Mann: 
Wer   ein  Mädchen  nehmen  will, 
Der   giebt  auch  ein  Unterpfand, 
Und  im  Beisein  treuer  Nachbarn 


Wird  ein  ew'gerBund  geschlossen; 
Willst  Du   drauf  die  Hand  mir 
geben? 

14.  Also  sprach  der  alte  Mann. 
Und  er  sandte  Diener  aus, 
Liess  die  treuen  Nachbarn  rufen. 
In  dem  frischgekehrten  Hause, 
In  des  Hauses  inn  rer  Halle, 
Wird  die  Lampe  angezündet. 
Welche  von  der  Decke  hängt 
Bei  des  Hauses  Nordwestpfeiler; 
Dort  stellt  man  sich  auf  in  Beihen 
Feierlich  die  Hand  sich  reichend, 
Und  besiegelt  das  Verlöbniss. 
Dann    bestimmt    man   Tag    und 

Stxmde 
Für  die  schöne  Hochzeitfeier, 
Und  der  Bräutigam,  beglückt, 
Legt  ein  goldenes  Geschmeide 
Als  der  ew'gen  Treue  Pfand 
Um  den  Hals  der  schönen  Braut. 
Als  acht  Tage  noch  vorbei, 
Feiert  man  das  Hochzeitfest 


3.    C&vu  Pätü. 


1.  Köttü  p6na*  kß^e  ajjaya! 
ninga  kött-ü  kßde  ajjayal 
^vadille  ajjaya; 

j6ga -)  poratacila? 
Närayana  *)  dSvan^a 
i\,{&   pacji  töngici, 
m^le  pa(}i  i\^e\ 

2.  C8bvakü  madicira, 
bavakü  kodicira; 
c&va*  U^iX  yettici, 
bäva*  kodi  yettile. 
cavodü  parapadü 
mülal6katu]]adü ; 
nangakkoradiyalla. 


kMa«)  töde  bätalla? 
kem^)bakki^  kürükota' 
bäna  cutti  bandonde 
bdmi  cutti  bandira. 

3.  vui,  ninga4a  makka4a 
cü^uvala  pommäle 
tun^i  eure  budda'tül 
nöfuvala  kanna^a 
kei  tappi  nela  budda'; 
buddo^ondü  p6n61e! 
Näräya](ia  d^va9(}& 
tittü  male  pojjitü 
kannibotto^anditü 
c41i  kü4i  p6nado, 


1)  Die   Kurghochzeiteu   finden   gewöhnlich  im  April   und  Mu  statt,    wenn 
die  Reisthäler  trocken  sind  und  die  Feldarbeit  ruht. 

2)  Kan.  yAgyato,  Werth,  Würde,  Verdienst;  vom  S.  yögya,  würdig.       3)  Das 
höchste  Wesen.         4)  S.  Zeit.         5)  K.  roth.  6)  S.  pakshi,  Vogel. 

44» 


684 


OraeUTj  die  Lieder  des  Kurgvolkes. 


engarinji  kondilel 

4.  vui !  nanga4a  catturü  *) 
kallapade  bandadü 
engarinji  kon4ile! 
kälaUata'  k&latü 
knmbeyära  kälatü 
Tumbe  male  m6l2)a1ü 
käya'  bedü  känjitü 
nellike')  cedinja'tü, 

neyi  pillü  tittäci; 
äne  p61e,  ajjaya, 
1  Yokka^a  knndülü 
ninga  eure  buddira! 
ponnadire  kälatü 
Käli*)kamme  ^)  dßvira  ß) 
k&likät')a4icitü 
mekiya*to(}iya'tü 
bäle  ctbre  buddonde, 
ninga  ctbre  buddira. 

5.  pullikottü^inj&ka 
vokkada  cani®)p61e; 
ambala  tarinjaka 
iira(}a  canipöle; 
tirike  tarinjaka 
d^ja4a  canipöle: 
&nap61e  ajjaya 

ninga  budda'  kovvane, 
ninga4a  canipöle 
vokkakü  bätülal 

6.  jati>allaio)  jötina'^) 
kei  biji  ke^a'tici, 
anapole,  ajjaya, 
Näräyana  dßveya* 
ningada'  keda'tici! 
ban»2Jgädüi3)  banatülü'^) 


kä^ükelloyandado 
pongöli  palü**)mara  *^ 
katti  mattü  todate 
berode  porinja'to, 
engarinji  kondile. 
ükä4ü>7)koyandado 
manjappeya  pümara 
pümaratta'  kombülü 
pattelakkü  kannele 
kottü  tun4i  p6n61e 
ninga  cattü  kon4ira! 

7.  vui!  enna4a  aj^jaya, 
ninga  banda'  kalatü 
c6nji  pöna*  vokkala 
tan4üttüta4ütira 
äyiran4a  jabbünii 

üna  tuetü  koii4ira. 
inagon4ü  porandü 
mannü  niki  konditü 

«    •  •   • 

raaccii)o4e  tuetira. 
beyamara  kettitü 
vokkapani  tuetira. 

8.  vui,  enna4a  ajjaya 
ninnändicca'  nerakü 
buddira  nerangira; 
indü  icca*  nerakü 
N&rayaija  devanda 
päda  ceri  kon4ira; 
näle  icca*  nerakü 
mö4atirolüva'lü 

nera  tandü  pönönde, 
ninga  tundü  popira! 
kottü  pona*,  ke4e  a^aya! 
ninga  köttü  ke4e  a^aya! 


1)  9atru,  Feind.  2)  Die  „Bienen-wnld-spitzo",  ein  luiher  Berp  in  SUdktir^. 
3)  Kan.  noUi  kÄj-i  (phyllanthus  emblica) ;  da»  Zerplatzen  dieser  IVucht  auf  den 
erhitzten  Felsen  der  Borge  soll  die  Ursache  von  Waldbränden  sein.  4)   Par- 

vati,  Gemahlin  des  ^Iva.  It)  amme  Kan.  amma.  Mutter;  S.  Ambikil,  Arabiko, 

Mutter;  ein  Name  der  PArvati.        6)  Genitiv  von  devi,  Göttin.       7)  Kali-wind, 
ein  zerstörender  Sturmwind.  8)   ^ani,  Saturn;    Missgcsohick.  9)  S.   Ka.ste. 

Art.        10)  Kan.  gut.  11)  Acc.  vom  S.  jyöti,  Lampe.  12)  S.  vana,  Wald. 

13)  Kan.   kAdu,  Wildniss.        14)  Locativ  von  vana;   Kan.  vanadalli.        15)   Eine 
Art  Ficus  indica,  S.  &la.        IG)  Kan.  Baum.        17)  ftru,  Stadt  und  kAdu.  Wald. 


Graeter,  die  Lieder  des  KurgeoUces. 


685 


Todtenlied. 


1.  Wehe,  Du  bist  hingeschieden, 
Wehe,  Du  dahin,  mein  Vater! 
Was    soll  noch  das  Leben  mir? 
Hin  ist  Deine  edle  Seele! 

Und  das  Theil,  das  Dir  gewährt 
Von  des  Allerhöchsten  Hand, 
Ist  dahin  und  aufgezehrt, 
Und  kein  weitres  Theil  beschieden. 

2.  Vor  dem  Tode  graute  Dir, 
Hiengest  liebevoll  am  Leben; 
Doch  umsonst  war  DeinVerlangen, 
Deine  Seele  ist  dahin! 

Alle,  die  geboren  werden, 
Sind  zum  Sterben  nur  geboren. 
Rastlos  eilen  hin  die  Jahre; 
Ach,  wie  schnell  entflohen  Deine ! 
Wie  der  stolze  Königsaar 
Stattlich  kreist  im  Himmelsraum, 
Schweiftest  Du  umher  auf  Erden. 

3.  Weh !  der  Kranz  der  schönsten 

Perlen, 
Unsrer  Kinder  Halsgeschmeide, 
Ist  zen'issen  und  verstreut. 
Weh !  der  Spiegel  klar  und  helle 
Ist  entfjillen  unsem  Händen, 
Ist  in  Stücke  nun  zerbrochen. 
Weh !  des  Höchsten  Feuerflammen 
Schlugen  an  der  Berge  Kiesen, 
Seinen  Gipfel  unversehens 
In  die  Tiefe  niederschleudenid. 

4.  Wie  der  Feinde  böse  Rotte 
Nachts    in    Fiiedensstätten    ein- 
bricht 

Und  die  Hausbewohner  tödtet, 
So  ist  Gott  der  Herr  gekommen. 
Wie  ein  Dieb  in  finstrer  Nacht. 
Wie  des  Berges  blum'ge  Triften 
In  des  Sommers  heissen  Tagen 


Leergebrannt  und  öde  stehn, 
So  ist  unser  Haus  verödet, 
Vater,  durch  dein  schnelles  Ende ! 
Wie  im  Juni  Sturmestoben 
Der  Bananen  saft'ge  Stämme 
Knickend  niederstreckt  zu  Boden, 
Also  wardst  du  hingerissen! 

5.  Wenn   des   Reg^s  schwere 

Fluthen 
Uns  die  Hütte  weggerissen. 
Drin  wir  unser  Brennholz  bargen, 
Ist  das  ganze  Haus  voll  Klage  *) ; 
Wenn  in  Trümmer  fällt  die  Halle, 
Drin  die  Bürger  sich  versammeln, 
Ist  die  ganze  Stadt  voll  Klage; 
Wenn  gebrochen  ist  der  Tempel 
Und  der  Vorhof  leer  und  öde, 
Ist  das  ganze  Land  voll  Klage: 
Also,  Vater,  hat  Dein  Tod 
Unser  Haus  erfüllt  mit  Klage! 

6.  Wie  der  Lampe  schönes  Licht 
Ausgelöscht  wird  mit  der  Hand  ^), 
Also,  Vater,  hat  der  Herr 
Ausgelöscht  Dein  Lebenslicht. 
Wie   des  Urwalds  stolzer  Riese, 
Den  das  Eisen   nie  berührt  hat. 
Mit  der  Wurzel  ausgerissen, 
Krachend  niederstürzt  zu  Boden ; 
Wie  das  schönste  Blatt  der  Krone 
Von  dem  Blütenbaume  Campak 
Abgebrochen  fällt  zur  Erde, 
Also  wai'dst  Du  hingerissen! 

7.  In  den  Tagen  Deines  Lebens 
Warst  Du  unsre  starke  Stütze; 
Unser  Feld  hast  Du  bepflanzt, 
Hast  des  Hauses  Grund  geleget, 
Und  den  edlen  Bau  vollendet 
Bis  zum  Dach  mit  feinem  Schnitz- 
werk. 


1)  Wenn  das  im  Sommer  gefällte  und  in  Schuppen  aufgespeicherte  Brenn- 
holz während  der  Kegonzeit  nass  wird,  ist  es  fast  unmöglich  dasselbe  wieder 
zu  trocknen.  2)  Die  Hindns  blasen  nie  ein  Licht  aus,  sondern  lösclien  das- 

selbe durch  Wehen  mit  der  Hand. 


686 


GraeUTy  die  Lieder  des  KurgvoUees. 


8.  Wehe !  Wehe !  gestern,  Vater, 

Sankest  stöhnend  Du  darnieder; 

Heute  stehst  Du  vor  den  Füssen 

Des     allmächt'gen     Herrn     und 

Schöpfers ; 


Morgen,  gleich  der  gold  nen  Sonne 
Scheidend  in  den  Abendwolken, 
Sinkest  Du  hinab  in's  Grab! 
Wehe!  Du  bist  hingeschieden! 
Wehe!  Du  dahin,  mein  Vater! 


1.  Bä]o!  balo  nanga4a 
d^va  !  balo  Madöva  ! 
patto  bäjo  curiya'! 
kü^o  bä}o  ca^Qura'! 

i  bümira  midalü 
bümi  b&lo  jabbdmi! 
jabbaraQ4&  bümilü 
pommäle  Kodavülü 
panneraQ4ü  kömbülü 
nuppatanji  nä4ülü 
naiüna  p&vuta'dü  ^) 
ärenditarivirö  ? 

2.  Bramagiri^)  mölulü 
müla  kanni  Kaveri 
hänge  p&re  midalü 
kimyi  kere  nallälü 
mamm&y')atte  *)  put-titü 
m&y*)ate  bolanda'tü 
dandü  kei  yo(}andatü 
Kaveri  Eanikeyo 

elli  bandü  kü^ici? 

P&ij4umä4a  pattilü 
bolji  kode  cangama'^) 
allinji  porafa'to 
tekkötü  mogabecci 
Kaveri  parinja'tü. 
melü  nalla  K&v^ri 
nä(}üna  p&vuta'tü, 
bollo  tengo(}atitü 
bägeraijdü*)  beccönde, 
corenge  muricitü 
kiterandü  beccönde, 


Kaveri  ka4u. 

nä4üna'  p&vüta'tü. 

3.  Kaveri  ka4akkondu 
ennane  kaijaläpa?  — 
ende^i  paranditü 
andü  bäva'  vo^evanü 
bßricittü  nötici. 
bßraktlra*  mandri^)na^ 
kö^tarinji  konda'tü. 
Tacc*®)äri**)ra  kunyikü 
väle  &layacitü:  — 
vui!  yendakka  Taccäri, 
Kaveri  ka^apükü 
peddö^i  pa^iyan^u,  — 
ma^iioyanda'  kundülü 
mänjappeya  pümara 
pümara  koranditü 
peddöiji  pa^iy&n^^ 
endappane  äkeQe, 
Tacc&rira  kunyiyü 
peddöni  pani  kejja*, 
kejji  pa^i  tüötitü. 

ürü  nä4ü  kü4itü 
patüra  balicitü 
dönirattolakküttü 
Käverikkü  tatüna . 

4.  döni  kot-t-i  kowakü 
ennän4ü  koraväpa,  — 
endeni  paranditü, 
manika  Malen^tü 
cipu^2)taai»»)  Mapale 
tänankü4i  b6n4ula? 
endeni  paranditü, 


1)  Vorthoilto,  vom  S.  hhnga,  Theil.  2)  Bnibmngiri.  3)  S.   inamate, 

Froado,  Liebe.  4)  Ablativendung.  5)  Ka^itloses  Forteilen.  6)  S.  sangama, 
das  Zusammenkommen,  die  Vereinigung.  7)  S.  bhftga,  Theil  und  Kg.  erandü, 
zwei.         8)  S.  mantri ,  Ministor.         9)  Accusativendung.  10)  taccü,  klopfen, 

hftmmem.  11)    Die    Aris    oder    Airis    aus    Mainbar   sind    Zimmerlonte    und 

Schmiede.        12)  Kamm.       13)  Bart;  ciputadi  Mftpale,  MApil|e  mit  strammem  Bart. 


t 

Cha/eter,  die  Ueder  des  KurgvoUeea. 


687 


Mapalera  kunyina 
alayaci  kaküna', 
alli  bandü  ninditü, 
andü  bava*  vocjevangü 
adda  budditedda'tü :  — 
vui!   endakka  vo4evane, 
doni  kottitoppakü 
sambala  *)  perijjandu,  — 
endeni  paranditü;  — 


cipü  tä4i  Mäpaje! 
adangenna  Mäpale! 
sambala  perijjaku, 

dö^i  kotti  kowan^ii, 
endappa^e  äcila? 
cipü  tädi  Mapa]e 
döni  kotti  kon^a'tü. 
Kaveri  kadappa'dü 
annane  ka4alapa. 


Die  Kavörifllhre. 


1.  Leb*,  o  lebe,  unser  Gott! 
Lebe,  grosser  Herr  und  Gott! 
Leb*  als  König,  Sonne  du! 
Leb'  als  Königin,  o  Mond! 
Aller  Königreiche  Krön 

Ist  das  kleine  Bergland  Kurg. 
Dieses  Land  hat  zwölf  Districte 
Und  der  Gaue  fünfunddreissig. 
Weisst  du,  wer  das  Land  zertheilt 
In  zwei  Hälften  schön  und  gleich? 

2.  Aus  des  Brahmagiri  Schooss, 
Aus  der  schroffen  Felsen  Kluft 
Springt  ein  Quellenpaar  ans  Licht, 
Kaveri  und  Kanake, 

Brunnen  klar  und  wundervoll. 
Und  die  Silberbächlein  zwei 
Treffen    sich  nach  kurzem  Lauf 
An  des  steilen  Berges  Fuss 
In  dem  grünen  Päi^duthal  *). 
Weiter  eilt  der  schöne  Fluss 
Und  zertheilt  das  Bergland  Kurg, 
Wie  man  eine  Kokosnuss 
In  zwei  gleiche  Theile  bricht, 
Wie  die  Goldorange  man 
In  zwei  gleiche  Stücke  trennt, 
So  zertheilet  er  das  Land. 


3.  Wie  baut  eine  Fähre  man 
üeber  diesen  grossen  Strom? 
Also  sprach  der  Landesfurst, 
Sinnend  stand  am  Ufer  er. 

Mit  dem  Kanzler  spricht  er  nun, 
Lauschet  seinem  weisen  Bath, 
Sendet  einen  Boten  aus 
Nach  dem  klugen  Zimmermann: 
„Höre,  Meister  Zimmermann, 
Mach'  ein  grosses,  starkes  Boot 
Für  die  Kav'rif&hre  mir! 
In  dem  hohen  Bergesforst 
Wächst  der  Campakblüthenbaum, 
Höhl'  mir  aus  den  Blüthenbaum, 
Mach'  ein  feines  Boot  daraus!*' 
Also  sprach  der  Landesfürst, 
Und  der  Meister  macht  das  Boot. 
Als  es  nun  vollendet  war. 
Strömte  alles  Volk  herbei. 
Rissen  Meerrohrstricke  aus. 
Banden  sie  ans  neue  Boot, 
Zogen's  an  der  Kav'ri  Strand. 

4.  „Aber  zu  der  Fähre  Werk 
Fehlt  mir  Eines  immer  noch; 
Holt  den  starken  Fährmann  mir, 
Holt  den  bärt'gen  M&piJle  »), 


1)  S.  HAmbala,  Lohn. 

2)  Einer  brahmanischen  Fabel  zufolge  sollen  die  Pandas  auch  nach  Kurg 
gekommen  sein.  Einige  brahmanisirte  Kurgs  behaupten  sogar,  dass  sie  selbst 
von  den  Pftndus  abstammen. 

3)  Die  Mftpilles  oder  Moplas,  Nachkommen  arabischer  Einwanderer  und 
indischer   Mütter,   sind   eine   sehr   unternehmende  und  ausdauernde  Klasse    mo- 


688 


Qraeter,  die  Ueder  des  KurgvoUcet. 


Von  der  Küste  Malabars!*" 
Also  sprach  der  Landesfurst, 
Sandte  seine  Boten  aus, 
Und  der  Mapijle  erscheint, 
Neigt  sich  vor  dem  Landesherm, 
Lauschet     seinem    Wort     und 

spricht : 
»Werni  ich  Eurer  Majestilt 
Diese  Fiihre  machen  soll, 
Bitte  gebt  mir  hohem  Lohn, 
Als    mir  bisher  ward  zu  Theil." 


Ihm  (»rwiedert  dVauf  der  Fürst, 
„Mapille  mit  strammem  Bart. 
Mapille,  für  dieses  Werk, 
Deinen  Lohn  hab  ich  erhöht; 
Geh*  und  mach'  die  Fähre  mir." 
Und  der  starke  Mapijle 
Spannt  das  dicke,  straffe  Seil, 
Dran  das  grosse  Einbaumscliifif 
Ttlglich  gleitend  hin  und  her, 
Uebersetzend  Boss  und  Mann 
Nun  die  Kaveri  befilhrt. 


5. 


Lell^la!  pädite, 
p6kana  nanga! 
lellela!  piidite, 
p6kano  nanü! 

1.  Cembü  dudikottü 
tölelli  konda?  '— 
bangädü  muccanda 
balambari  tolü, 
ükädü  kodanda 

•  •       •    • 

eda  bari  tolü; 
cembü  dudikottü 
töläci,  brila  ! 

2.  Cembü  dudikottü 
kerelli  konda? 
mekyi  todiyattü 
kinyolinjim; 

cembü  dudikottü 
keraci,  bäla*! 

3.  Cembü  dudikottü 


Batte  Pätü. 

kolelli  konda?  — 
kokka  mal^lü 
kodi  canja*  türa', 
kübbümi  notit^i' 

• 

berütta*  tura, 

•  •  > 

avija  ')  nötita* 
baugüna'  türa; 
cembü  dudikottü 

• 

kolaci,  bala'!  — 

4.  illinji  kottüna' 
kott-elli  köepa?  — 
nangada  vodevanda 
devadi  koepa.  — 
lilinji  pa<luna 
patelli  koApa?  - 
mani  Malenatü 
angadi  koi'pa. 
yengi  dvani  ^)  bar«), 
koli  korcMe! 


W  e  g  1  i  e  d. 

Choiiis. 

Lellela!    singet  eins,  lasset  uns  wandern! 
Lellela!    singet  eins,  lasset  mich  uiiigehnl 


hAmmcdnuischer  IlaiiduUIeuto  niul  Schifler,  welch«  haiipUäelilii'h  ciitljui«r  ,^,.r 
indischen  Küste  wohnen.  Einige  Mophtramilion  hekanion  zur  Zeit  der  Kajahs 
Ländereien  in  Kiirjr,  wo  >io  «lie   KafTeepfbinze  einführten. 

1)  i'ikiivi^  der  llimiucl.  2)  dlivnni.  Schall. 


,Graeiert  die  Lieder  des  KurgvoUee».  689 

1.  Wie  wird  das  Fell  gemacht  für  eine  Trommel?  — 
Rechts  eine  Haut  vom  Rothaffen  *)  des  Urwalds, 
Links  eine  Haut  vom  Grauaffen  ^)  des  Dorfwalds ; 

Das  wilr,  mein  Bursche,  das  Fell  für  die  Trommel! 

2.  Wie  macht  die  Schnüre  man  für  eine  Trommel?  — 
Suchet  Lianen  um  Bäume  sich  schlingend; 

Das  giebt,  o  Bursche,  die  Schnüre  der  Trommel! 

3.  Wie  macht  die  Schlägel  man  für  eine  Trommel? 
Meenohr  im  dichtesten  Jangel  gewachsen, 

Krumm  an  der  Wurzel  im  Erdreich  versinkend. 
Krumm  an  der  Spitze  gen  Himmel  gerichtet; 
Das  giebt,  o  Bursche,  die  Schlägel  der  Trommel! 

4.  Wo  wird  die  Trommel  gehört,  die  wir  schlagen? 
Bis  zum  Palaste  vom  Fürsten  des  Landes. 

Wie  weit  vernimmt  man  den  Sang,  den  wir  singen? 

Bis  in  die  Märkte  des  Malabarlandes. 

Singt  denn  aus  voller  Brust  liebliche  Lieder! 


6.     Ranira  Patü. 

1.  Bälo!  bäjo,  nangada  pommuttti  carambole 
deva!  balo,  Mädeva!  mullepüvu  pongalo 
patto  balo,  cüriya*!  räni  pa^ta  bavaka. 

küdo  balo,  carmura*!  3.  oera  dandü  **)  kattüna' 

bimii  bälo,  jabbümi!  Ligreji^)  bädara*) 

2.  i  bümira  midalü,  pon^)doppi*)  caradära^) 
jabbaranda  bümilü,  Lärda***)  säba**)  beimbanü 
Janibudv ipatülla'lü,  catturan *  -)adakitü  ^  ^) 
eimbattärü  räjiya  miturat*^)on  iy**)äyi'®) 
Kunti  devi  makkalo  katti  keiyü  meläci 

nija  patta  bända'tü.  pombävut»  na^titu, 

adangondü  ivara  gedda  gedda  simelü, 

devada  dayagoiula*  Ranira  dayagonda* 

oelü  nele  vilaiti  ^)  bäna  dumba  mimpole 

alli  pattu  bävado,  sime  dumba  vokkalü; 


1)  K^.  miicca,  Kan.  raiisyo,  ein  ^osser  brauner  Affe,  der  nur  in  den  Berj;- 
wjildorn  gefunden  wird;  sein  F'leisch  ist  ein  Leckerbissen. 

2)  Koda ,  der  graue  oder  Hanuraan-Atfe  (Somnopitliecus  entellus  Duff). 

;j)  Das  Vilayat,   Europa.         4;  S.  dandu,  lloor.       ö)  Euglish.        6)  Bahädar. 
7)  (Jold.         8)  Ilindustaui  topi,  Hut,  Helm.  9)  H.  »ardär,  Edelmann,  Herr, 

IJeamtcr.  10)  Lord.         11)  H.  sahib,  Herr.        12)  Die  Feinde.        13)  Unter- 

worfen  habend.  14;   Der  Freunde,   vom  S.  mitra.  15)  Schutz  K.  hone. 

16)  K.  ägi,  geworden  seiend. 


690 


OTa/BUBr^  die  Lieder  des  Kurgtfolket, 


t6ta  dumba  püp61e 
Yokka  dumba  makkalü; 
manjappea  püp61e 
kei  bäla  pera'tatü; 
pommuttu  carampöle 
mulle  pÜYÜ  pongalü; 
malligera  pt\p61e 
pongakella  keimakka; 
d6vak&4ü0  inlLm«)b61e»), 
puQ^^yi  perapa}a; 
K&y^ri  ma^apöle, 
nelakki  perapa]a; 
Rä^ira  dajago^^^' 
i  d^ja  janakella 
YondäQ^ü  koraville; 
taQQane  poleva]a. 

4.  pondoppi  caradära 
ken*)gudare*)  kunyikü®) 
ponjinü^  bigititü 
bendattittelattitü, 
dandü  ka^ti  ninditü, 


bümi  patta  b^da'tü. 
tanna^a  caturana 
keicere  pu^icitü, 
kü^üvale  küfitü 
tanna*)  p61e^  r&yan^a*®) 
iiay^*)adaki^*)  kowa}a; 
bepps4a  bo^ijella, 
kenga4avü*^)  kunyira 
mundöläkü  beccatü. 
beimbsline  padeyolü 
pennarinadakitü, 
g6vü")  cere  buttHtü. 
d^yi  patta  bs^vaka 
i  16ka  janakkella 
vond^Lnda  bhaya**)ville; 
anagondü  räniyü, 
deva^a  dayago^da' 
taniiane  polevacja'; 
pommale  kodava'ra 
katü  rakshe**)  ma^adü. 

Cökaijda  Appaya.   1839. 


Das  Lied  von  der  Königin. 


1.  Leb*,  0  lebe  unser  Gott! 
Lebe,  grosser  Herr  und  Gott! 
Leb'  als  König,  Sonne  du! 
Leb'  als  Königin,  o  Mond! 
Land  der  Vater,  lebe  hoch, 
Land  als  Leben  uns  vererbt! 

2.  Li  den  alten  Tagen  herrschte 
Kunti*^),  Mutter  der  fünf  Pai^4us, 
In  den  secbsundfiinfisig  Reiche^ 
Des  berühmten  Jambudwipa. 
Doch  in  unsem  Tagen  herrscht 
Durch  des  Allerhöchsten  Gnade 
Auf    dem    hehren    Thron    von 

England 


Unsre  edle  Königin, 

Strahlend  wie  ein  Kranz  vonPerlen 

Lieblich  wie  die  Jasminblome. 

3.  Und    der  grosse   Herr   imd 
Führer 
Ihrer  tapfem  Siegesheere 
Pflanzte  auf  in  jedem  Lande 
Seiner  Königin  Panier, 
Und,  das  Schwert  in  starker  Hand, 
Nahm  er  ein  die  Länder  alle, 
Und  erobert'  unser  Kurgland, 
Das,    dem  Sternenhimmel    glei- 
chend,   ' 
Voller  Dörfer,  voller  Häuser, 


1)  Vom  S.  dßva,  (Jott  und  dem  Kan.  kädii,  Wald;  ein  heiliger  Wald,  der 
nie  betreten  wird.  2)  mftnfi,  Damhirsch  (Axis  maculata).  3)  pole,  gleich, 
wie.  4)  Kan.  kern,  kempu,  roth.  5)  kudure,  Pferd.  6)  Dativ  von  kanyi, 
ein  Junges.  7)  H.  jinu,  jini,  jina,  Sattel.         8)  tftnQ,   Oen.  tanna,  er  selbst. 

9)  pole,  gleich.  10)  Genitiv  Plur.  von  rftya,  König.  11)  S.  nyäya,  Rocht. 

12)  adakü,  ausüben,  handhaben.  —  Er  sprach  Recht  über  Könige  gleich  ihm 
selbst.  13)  kon,   roth   und   kadavQ,    Elch    oder   Sambcr   (Rusa  Aristotclis). 

14)  S.  gö,  Kuh.  15)  Furcht.  16)  rakshÄ,  rakshana,  Schutz. 

17)  Konti  oder  Konti-devi. 


Graeter,  die  Lieder  des  Kurgvoikes. 


691 


Häuser  voll  von' schönen  Kindern 
Wie    ein  Garten  voller  Blumen, 
Jungen  Männern  schön  und  statt- 
lich 
Gleich  dem  Blüthenbaume  Cam- 
pak; 
Strahlend  wie  ein  Kranz  vonPerlen 
Sind  die  Frau'n,  die  Kinder  alle 
Lieblich  gleich  der  Jasminblume. 
Wie  das  Wild  im  heil  gen  Forste, 
Wo  man  nie  die  Flinte  feuert, 
Also  mehren  sich  die  Heerden. 
Unser  Land  hat  Reis  die  Fülle 
Gleich    dem    Sand    am    Kavri- 

strande. 
Durch  die  Gunst  der  Königin 
Leiden  keinen  Mangel  wir, 
Leben  alle  froh  und  glücklich. 


4.    Reitend     auf    dem    stolzen 

Streitross, 
Zog  des  Heeres  tapfrer  Führer 
Aus,  die  Lande  zu  erobern; 
Sitzend  auf  dem  Thron  der  Ehren, 
Richtet  er  die  Könige. 
Wie  das  Reh,  vom  Blei  getroffen, 
Fielen  vor  ihm  seine  Feinde. 
Als   der  Held  mit  starker  Hand 
Hingestreckt   den  Königstiger*), 
Lebten  alle  Heerden  glücklich. 
Sicher  leben  alle  Völker 
Weit  und  breit  in  den  Gebieten 
Unsrer  edlen  Königin. 
Lange  lebe  sie  und  glücklich 
Durch  des  Allerhöchsten  Gnade, 
Schirmend  unser  theures  Kurg- 

land! 


7.     Kinderlieder. 
Des  Raben  Hochzeit. 


Ruf  Rah!  Rab!   o  Schwester! 
Wann   ist  's  Raben   Hochzeit,    o 

Schwester? 
Morgen  früh;  s'ist  ein  Sonntag; 
Der  junge  Geier 
Ist  den  Fluss  hinab; 


Der  junge  Rab 

Ist  fort  und  holt  Dickmilch; 

Der  Brodfnicht«)-kari ») 

Kocht  ffCa^a  ca^a". 

Der  Kürbis-kari 

Kocht  „guda  gu^a**. 


Im  Original  scherzhafte  Alliteration: 

Kakü  kakeka!  mörükü  p6ci; 

ktikera  mangalek^ka?  cakke  kari 

näle  poläka  n&raci;  ca4a  ca^a  b^va, 

küdüvanda  kunyi  kumba^a  kari 

poje  kutta  pöci;  guda  gu^a  böva. 
kakera  kunyi 


1)  Tipu  Sultan.     Tipu  bedeutet  Tiger. 

2)  Jack-firuit,  Frucht  der  Artocarpus  intogrifolia. 

3)  Ein  würziger  Brei,  der  als  Zugabo  zum  Reis  gegessen  wird.  Die  ge- 
gowöhnlichsten  Bestandtheile  desselben  sind :  Cocosnuss ,  Ingwer ,  Coriander, 
Cayenne-PfoflTer  und  geschmolzene  Butter  mit  Gemfisen  oder  Flebch. 


692 


Chraeier^  die  lÄeder  des  KnrgvolkeM. 


Das  Kind  und  die  TurteltauHe. 


Turteltaub*,  kutt^'m,  kutta'ru ') ! 

Wieviele  Kinderlein  hast  denn 
du?  — 

Vier  oder  fünf  hab  ich  ausge- 
heckt — 

Wo  hast  du  die  denn  hin  ver- 
steckt? — 

Droben  im  Baume.  — 

Seh  keine  dort; 

Ist  wohl  der  Rab*  mit  ihnen  fort? 


Ku^tam,  kuttii'nx,  toreka! 
eccakü  makkala  pettiya?   - 
nälanji  makkala  pette.   — 
petta*  raakkalelliya  ?  — 
kombüra  ko^ilü  becce.   — 
alli  kambadilla; 
käke  kondü  p6coyenno  ? 


Halt  Regen,  halt! 

Hält  2)    ein  Mann   in  Bengünad;      B^ngülobba  benguva; 
Singt  ein  Mann  in  Pädina4:  Padilobba  pa^uva: 

Halt!    Regen,    halt!  bengü!  male,  bengü! 


Die  Finger  einer  Hand  zu  zählen. 

Man  gibt  vor,  an  den  5  Fingern  der  Hand  eines  Kindes  auf 
10  zu  zählen. 

Kleiner  Finger,  anibera, 

Gold  Finger,  konibera, 

Ringe  Reihe,  önakand  ^) 

Neune,  oimbadü 

Zehne.  pattü. 


Wiegenlied. 

Juva,  jüva^),  Kindelein!  juva,  jiiva,  Kindelein, 

Wenn   die   liebe  Mutter  kommt,      Wenn  der  liebe  Binder   kommt. 

Gibt  sie  ihrem  Kleinen  Milch.         Bringt  er  ein  hübsches  Vögelein. 


jüva,  jüva,  Kindelein! 

Wenn  der  liebe  Vater  kommt, 

Bringt  er  eine  Kokosnuss. 


jiiva,  jAva,  Kindelein! 

Wenn  die  liebe  Schwester  kommt. 

Bringt  sie  eine  Schüssel   Brei. 


1)  Naclinhmiing  dos  Flügolschlftgos,  oder  des  Girrons. 

2)  Wortspiel.  „Uengii**  hcisst  „halt";  „padii"  hcisst  ,.siiig".  Die  zwvi 
Distrikte  Bengünad  und  Padinful  sind  durch  den  K&veri-Fluss  von  einander 
getrennt. 

3)  Das  0  und  10  „derer  vom  Oiia"  (Maleyaji  Erntefest),  wo  im  Reigen 
getanzt  wird, 

4)  Kanaresisch  ,00)0" ;  französisch  „dodo";  deutsch  „aya  i>opaya*'. 


Oraeter^  die  Lieder  des  KurgvoUees. 


693 


jüva  jüva,  kunyiye!  ') 
kun3rir  awwa'  bappaka*) 
ceppu  mole  ^)  ko^daku. 

jüva,  jüva,  kun3riye! 
kunyir  appa*  bappaka 
kotta*)  tengi  kondaku. 


jüva,  jüva,  kunyiye! 
kunyir  anna*  bappaka 
citte  pakki  ^)  kondaku. 

jüva,  jüva,  kunyiye! 
kunyir  akka'  bappaka 
catt-e  puttü  kon(Jaku. 


Der  alte  Brahmane. 

Sag  ein  Mtlbrlein,  sag  ein  Mährlein,  Padimenna',  padimenna*, 

Alter  Priester,  sag  ein  Mährlein !  kundi  patt^,  padimenna  ! 

Was  soll  ich  sagen  denn  ?  nanenna  yennada'  ? 

—  Erdenklotz.  •     —  manganga^ti- 


Sing  ein  Liedlein,  sing  ein  Liedlein, 
Junges  Küchlein,  sing  ein  Liedlein ! 
Was  soll  ich  singen  denn? 
—  Pyong!    Pyong! 


Kunyi  köji,  kunyi  köji, 
nangorü  pa^ü  pada*! 
nanenna  p44a4a'? 
—  pyong!   pyong! 


Brahmanen  und  bittere  Gurken. 


Der  Priester  taugt  zum  Kampfe 

nicht ; 
Die  bittere  Gurke  zum  Kari  nicht. 
So  zur  Noth 

Gibt  das  bittere  Zeug  auch  Kari; 
So  zur  Noth 
Wird  auch  der  Priester  kämpfen. 


Pat-tama*  padekäga, 
pireke  karikäga. 
beppaneke  beccaka, 
pireke  karikiiku; 
poppaneke  poppaka, 
pattama*  padekäku. 


Räthsel. 

Die  Mutter  schwarz,  Awwa'  karata'dü. 

Die  Tochter  weiss,  möva  bolata'dü. 

Die  Enkelin  eine  gold  ne  Göttin.      m6va4a  möva  pondevi. 

Mussaenda  frondosa  Roxburgh,  von  der  Familie  der 
Rubiaceen,  Kurg  „Bolatele",  Weissblatt,  ein  grosser,  dichtbelaubter, 
dunkelgrüner  Busch,  der  überall  in  Kurg  wild  wächst.  Die  Krone 
dor  Blume  ist  goldgelb,  der  Kelch  derselben  hat  eine  weisse  Ver- 
längenmg  von  der  Form  und  Grösse  der  Blätter  des  Busches. 


1;  Vocutiv  von    „kunyi".         2)  Wenn  sio  kommt,  oder  kommen  wird;  alt- 
kanarcsisc'h    „b.ippÄga" ;    neukanaresiscli    „baruvAga".  3)  Eine    volle    Brust. 

4)  Faserig.  5)  S.  „pakshi". 


694 


Bemerkungen  zu  dem  Wortlaute  der  Emunot  we-Deot. 

Von 

M.  Wolff. 

Von  den  bedeutungsvollen  Schöpfungen  auf  dem  Boden  des 
Judenthums,  die  ihre  Anregung  und  Entfaltung  zum  grossen  Theile 
durch  die  Denkthätigkeit  des  griechischen  Geistes  und  insbesondere 
durch  den  speculativsten  und  universalsten  Genius  Griechenlands, 
Aristoteles,  empfangen  haben,  verdient  das  religionsphilosophische 
Werk  Saadia  Alfajjumi's ,  des  hochberühmten  Gaon  von  Sara  *), 
schon  deshalb  vorzügliche  Beachtung,  weil  es  für  die  Juden  des 
Mittelalters  die  Bahn  philosophischer  Forschung  eröffnet. 

Betrachten  wir  die  Zeit,  in  der  es  entstanden,  so  werden  wir 
von  Bewunderung  erfüllt  für  den  Wissens-  und  Fortschrittsdrang, 
der  mitten  im  tiefen,  nur  durch  einzelne  Strahlen  aus  der  zu  neuem 
wissenschaftlichen  Leben  erwachten  arabischen  Welt  erhellten 
Dunkel  muthig  und  freudig  die  Fackel  der  Philosophie  ergriff,  um 
damit  die  Pfade  des  Judenthums  zu  beleuchten,  und  den  Bekennem 
wie  den  Gegnern  des  mit  treuer  Liebe  umfassten  Glaubens  aufs 
Klarste  darzuthim,  dass  dieser  das  Licht  der  Vernunft  nicht  zu 
scheuen  habe,  vielmehr  im  Verein  mit  ihm  erst  seine  volle  segen- 
spendende Kraft  zu  offenbaren  vermöge. 

Das  gedankenreiche  und  sittlich  erhabene  Werk,  an  dem  frei- 
lich auch  der  Einfluss  der  Zeit  in  seinen  schwachen,  namentlich 
den  die  Eschatologie  betreffenden  Puncten  sich  kundgiebt,  ist  be- 
kanntlich arabisch  geschrieben  und  trägt  den  Titel:  c^ÜLo'^!  v^Lli' 
ol j'JiXfiyi^  j  der  am  besten  wohl  mit  „Schrift  der  Glaubenslehren 
und  der  Meinungen*  wiederzugeben  ist  ^), 


1)  Geboren  iu  Ft^jum  (Oberägypton)  892,  wurde  or  928  an  die  Spitze  der 
Academie  zu  Sura  berufen  und  starb  daselbst  942. 

2)  Hiermit  stimmt  auch  das  m^^im  m3173«n  'o  und  Munk's :  lo  lix-re 
des  croyances  et  dos  opinions  (M^langes,  p.  477  und  Guide  1,  336,  gegen  das 
frühere:  des  croyances  et  des  dogmes)  üborein. 


Wulffs  ßemerkunffen  zu  dem  WortknUe  der  Emwnot  toe-Deot.     695 

Durch  die  Güte  des  Herrn  Dr.  Neubauer  bin  ich  in  den 
Besitz  einer  von  ihm  für  eigenen  Gebrauch  angefertigten  Abschrift 
des  arabischen  Textes  gekommen,  von  dem,  soweit  bekannt,  in 
Europa  das  einzige  (doch  leider  nicht  ganz  correcte  und  an  mehreren 
Stellen  unleserliche)  Exemplar  auf  der  Bodleiana  in  Oxford  sich 
befindet  Mit  der  Transscription  derselben  (aus  der  hebräischen 
Currentschrift)  und  mit  möglichst  genauer  Feststellung  des  Wort- 
lautes seit  einiger  Zeit  beschäftigt,  finde  ich  bei  Vergleichung  mit 
der  Ihn  Tibbon  sehen  Uebersetzung  in  dieser  so  viele  Irrthümer 
und  Ungenauigkeiten,  dass  es  mir  geboten  scheint,  wenigstens  einen 
Theil  derselben  hier  zu  besprechen  ^). 

Meine  Absicht  hierbei  kann  natürlich  nur  die  sein,  falschen 
Auffassungen  der  Gedanken  unseres  Saadia  nach  Möglichkeit  vor- 
zubeugen, beziehungsweise  dieselben  zu  berichtigen;  dem  grossen 
Verdienste  des  Uebersetzers  um  die  Wissenschaft  soll  dies  jedoch, 
wie  ich  bereits  bei  Berichtigungen  nach  dem  Arabischen  des  Mai- 
monides  ^)  ausdrücklich  erklärt ,  in  keiner  Weise  Eintrag  thun  *). 
Auch  darf  nicht  vergessen  werden,  dass  viele  Fehler  auf  Bechnung 
der  Abschreiber  oder  Drucker  zu  setzen  sind.  Die  Schuld  dieser 
ist  es  wohl  auch,  dass  z.  B.  der  siebente  Abschnitt  (D*^n72ti  n"»'<nn) 
in  einem  ganz  verworrenen  Zustande  vor  uns  liegt. 

So  will  ich  denn  mit  den  einzelnen  Bemerkimgen  beginnen. 

In  der  Einleitung   (S.  3  der  Leipz.  Ausg.  v.  1859)  heisst  es 

unrichtig:  "ipors  ^?:tn  Kim;  die  Worte  JJ^LJ'u  vJüL-<0'  Jüj 
bedeuten  aber  nicht:    „er  spricht,   was  falsch  ist**,  sondern:    „er 

hält   das  Falsche   für  wahr*.   —   Dass  F.  V  von  oi>   g^g^^  den 

gewöhnlichen  Sprachgebrauch  mit  \^  (statt  des  blossen  Accusativs) 

construirt  ist,  sei  beiläufig  erwähnt 

Nion  n*:?:!  «iiaa  p'^mr,  was  nach  Fürst's  Uebersetzung:  „sie 
halten  wirklich  eine  Unwahrheit  fest,  die  sie  für  eine  andere  ün- 

Wahrheit  eingetauscht**  sein  soll,  lautet  im  Arabischen :  sS-m*.*^  j^ 
^yjiM*^\  wiji-Jj  *l.^b  „er  hält  an  dem  Verbotenen  fest  und  lässt 
das  Rechte  fahren**. 


1)  Unter  den  von  der  Petersburger  Bibliothek  vor  zwei  Jahren  angekauften 
Orient.  Handschriften,  über  die  Neubauer  in  seinem  „Report"  berichtet,  ist  auch 
ein  Fragment  unseres  Werkes  in  der  Ursprache  vorhanden  (s.  das.  S.  6,  No.  6); 
es  besteht  jedoch,  wie  Herr  Prof.  Harkavy  mir  freundlichst  mittheilte,  nur  aus 
3  bis  4  Blättchen,  deren  Benutzung  erst  später  ermöglicht  werden  könne.  Von 
einer  älteren,  handschriftl.  in  verschiedenen  Biblioth.  befindl.,  hebr.  Uebersetzung 
macht  Zunz  in  Geigers  Ztschr.  1872,  S.  4 ff.  ausfuhrliche  Mittheilung.  Stellen 
daraus  führt  auch  Bloch  in  Rahmer's  Literaturbl.  d.  J.  an. 

2)  In  Geigers  Zeitschr.  und  Berliners  Magazin. 

3)  Dasselbe  gilt  auch  von  der  verdienstvollen  Arbeit  Fürst's. 


696      ^oljf^  Bemerkungen  zu  dem  Warüaute  der  Emunat  we-Deoi. 

Durch  die  Worte  tib»  IN  rrspri-^tD  m?a  m«  -»n  riK-j^i 
!r!-i;ö"»n  b«  nS''©"»U3  npDiO»  (S.  4)  wird  der  Sinn  des  Originals 
vollständig  verkehrt:  von  der  Verbesserung  eines  Fehlers  und  der 
Zurechtlegung  eines  zweifelhaften  Wortes  ist  hier  gar  nicht  die 
Bede;  sondern  der  denkende  Leser  wird  beschworen,  falls  er  in 
der  Schrift   „etwas   Unrechtes  fUnde,    das  ihn   betroffen    (bestürzt) 

mm 

machte"  —  »,Js^  —  oder  „irgend  dinen  schwierigen  (unklaren) 
Punct,  den  er  nicht  billigen  könnte"    (iowN*^w>l  ^)  ^^  ns-o),    nicht 

in  dem  Gedanken  dabei  zu  verbleiben,  dass  es  ja  nicht  seine  (eigene) 
Schrift  sei. 

Seite  5  giebt  der  Uebersetzer  durch  ^'^ly:^^  n^p  yi^'^TiO  richtig 

das    arabische:    j.L*-»j5-yi  ^j;s*j  Ö^Ji^^    wieder;    die    hebraisirte 

Pluralform  von  DOS  (Körper)  hat  jedoch  dazu  Veranlassung  ge- 
geben, dass  dem  gelehrten  Fürst  statt  „Körper",  „Regen"  in  die 
Feder  fliessen  konnte. 

Auf  der  fünften  Seite  Z.  11  v.  u.  ist  das  Suffixum  in  cr-^ca 
dem  Arabischen  zufolge  auf  das  vorhergehende  mbip,  nicht  aber 
auf  DHN  ••rn  zu  beziehen.     Die  ganze  Stelle  lautet  folgendermassen: 

JLt  JJ"  Ltc^  ^i  ^Ji  KAo'wi>  oLaoI  ^ ,  und  soll  durch  Letzteres 

wohl  nur  ausgedmckt  werden:  „in  der  Art  der  Menschenlaute 
liegt  (darauf  beruht)  alles  Wissen".  Es  müsste  jedenfalls  das 
Feminin-Suffix  stehen  und  so  auch  "(HTa  heissen.  Statt  Nirs  na:« 
1 :  b  T  p ,  was  hier  gar  keinen  Sinn  hat,  ist  im  Original  zur  näheren 

Erklärung   des   Naturlauts   \\  0.-0  ^«^  <^^^    „welcher    der 

Laut  „a"  „a"  und  Aehnliches  ist"  hinzugefügt. 

In  den  Worten  b-^csn  n-'O''  b«  p  br  bis  mpsors  nb«  (S.  6 

Z.  5  V.  u.)  ist  Verschiedenes  zu  berichtigen.     Erstens  ist  m:3t^  Nin 

unverständlich;    sollte   miin   als  Epitheton  Gottes   gefasst   werden, 

so  müsste   doch  «m  wegfallen,   im  Arabischen  steht  das  gewöhn- 

«•         •• 
liehe   J.j>5    Iß   (der  Allmächtige  und  Hocherhabene);  dann  ist  vor 

'cDn  !lb«  etwa  1)  n^ON-^i  ausgefallen;   das  ^Jü    des    arab.    Textes 

muss  als    ^\s>   genommen  werden    „indem  er  sagte";    2)  ein  Satz, 

der  dem  arabischen   ^J  v^aj^äj  («hat  ihm  auferlegt")  entspräche,  also 

etwa  T»br  (oder  n;s)  2'i:  Nir:['^] ;  femer  müsste  dem  Arab.  gemäss 
imbDon  stehen. 


1)  So  ist,  wie  ich  glaube,  statt  ^J^MAi>•l      ^^  ^  ^'i^  <^io  H^-  ^'^^^  ^^^   statt 
y^  —  ^i  zu  lesen. 


Wolff^  Bemerkungen  zu  dem  Wortlaute  der  Emuftot  we-Deot,     697 

Statt  des  h^l'ü^  IM  TSDtDM^  (das.  Z.  6  v.  o.)  hat  das  Original 
(wenigstens    in    der    mir  vorliegenden  Abschrift)    nur    j|JlJL-a-j. 

Möglicherweise    war    noch    ein    anderer  Ortsname   genannt  und  ^t 

hinzugefügt;  T2Dtt5«  (besonders  in  der  Bedeutung  .Deutschland**, 
wie  es  das  Neuhebr.  gebraucht  und  auch  Fürst  hier  es  nimmt) 
hat  aber  sicherlich  hier  sehr  fem  gelegen.  Mag  man  bei  dem 
bibl.  Worte  wegen  des  askanischen  Sees  (aascavia  XifivPi) 
mit  Bochart  an  Phrygien  und  Bithynien  oder  wegen  des  novros 
ä^eii^og  (euphem.  €v^eivog)  mit  Anderen,  unter  den  Neueren  auch 
Bunsen,  an  die  Gegenden  des  schwarzen  Meeres  denken  —  Saadia 
selbst  giebt  nach  Gesenius*  Thesaurus  das  Wort  in  der  Völker- 
tafel der  Genesis  durch  >uJüL«  wieder  — ,  so  kann  man  doch  nur 
den  Ländernamen  neben  dem  Ortsnamen  Bagdad  unpassend  finden. 
Seite  7   ist   oLäXc^I  Lo  ungenau   mit  nsin»   M*»n  Mts   statt 

mit  nmn  «•'fi  S173  wiedergegeben,  was  hier  von  wesentlicher  Be- 
deutung ist,  und  so  auch  später,  wo  von  der  wahren  und  der 
falschen  Meinung  gehandelt  wird. 

In    in»3n    n  a  -^  •»  n  o   li'on    (Seite    8)    ist   das    zweite   Wort 

falsch;    im   Arabischen    steht    ^X^Jt  U^    ^von    dem,    womit    seme 

Weisheit  ihm  Schmerz  bereitet*. 

Statt  •».'^O''«  pbn73  (Seite  12)  muss  es  nach  dem  Arabischen 
pbn  IM  heissen;  hiemach  ist  auch  die  deutsche  Uebersetzung  zu 
berichtigen. 

In  bsn  yit73Ka  «in  -lO«  (das.  Z.  16)  kann  K")^  nur  Dmck- 
oder  Schreibfehler  sein:  ein  so  grosses  Missverständniss  betreffs 
der  auf  die  Erde  sich  beziehenden  Worte  (unzweideutig  ja  sagt  S. 


JJüt   ^-^  ^    ^äJ!)   ist  bei  I.  T.  undenkbar.     Irregeleitet   jedoch 

von  dem  unrichtigen  «m  (statt  K^n),  lautet  die  deutsche  Ueber- 
setzung: „dass  der  vorzüglichste  Mensch  den  Mittelpunkt  des  Landes 
bUdet".  —  Durch  die  Schuld  des  Abschreibers  oder  Druckers  hat 
sich  auf  derselben  Seite  (Z.  13  v.  u.)  noch  etwas  Unsinniges,  das 
auch    in   der  deutschen  Uebersetzung  wiederkehrt,   eingeschlichen. 


indem   statt  D-iömon  ""Soa©  bin:ia   (cr^^^***'^^^^  fJa^^  uT^) 

biaaa  steht:  bis  zu  einem  solchen  „Grenzpunkte*  falscher  Deutung 
konnte  sich  Ihn  T.'s  nicht  zu  leugnendes  Uebersetzertalent  unmög- 
lich verirren.  — 

Die  Worte  Ta-^Ta^n  mTanpn  ''©2K  ^73«733,  die  auch  syntactisch 
sich  nicht  rechtfertigen  lassen,  geben  zu  einer  schiefen  Auffassung, 
wie  sich  auch  aus  der  deutschen  Uebersetzung  ergiebt,  Veranlassung. 

Mit  '73Kn  (ar.  UjüJÄfct)  soll   der  Ausspruch   der   die  Ewigkeit  der 
m.  XXXII.  45 


698      ^^/«  Bemerkunffen  9U  dem  WortlofOe  dar  Eimwnot  toe-Deat. 

% 

4 

Dinge  Behauptenden  beginnen:  ^ wir  meinen,  dass  u.  s.  w.*  und 
der  ganze  Satz  ist  im  Arabischen  als  virtueller  Genitiv,  von  iysS^ 

—  wie  hier  von  ^73«73D  —  abhängig,  zu  betrachten,  üeber  einen 
solchen  Satz  s.  Fleischer  s  Bemerkungen  in  dieser  Zeitschr.  XXXI, 
S.  577.  —  Gelegentlich  dieser  Berichtigungen  der  Errata  auf  S.  12 
(der  Ausgabe,  nach  der  hier  immer  citirt  wird)  sei  auch  erwähnt, 
dass  daselbst  in  der  Anmerkung  i^iiD  (-  jä)  statt  n^d  zu  lesen  ist. 

Seite  13,  Z.  12   ist   nn«  Druckfehler  f.  •'^n«  (Jüu,  wie  es 

im  Arab.  richtig  heisst).  —  Wunderlich  ist  das  T»nr7  OT'b  lin^Ä'^a'' 
T  b  3  ^  (Z.  7  V.  u.),  das  in  der  deutschen  Uebersetzung  »den  fahren 
die   Füsse   zu   dem   schweren   Gerichtstage"   lautet.      Durch    "»bsn 

sollte   nämlich   das  Jj>-!.  des  Textes   wiedergegeben   werden,   was 

aber  nur  „zu  Fuss*  besagen  und  den  Gegensatz  zu  dem  im  Koran 
Sure  19,  88  den  Frommen  Verheissenen  ausdrücken  will.  Wie  in 
der  Tradition  die  Koran- Worte:  ,an  jenem  Tage  werden  wir  die 
Frommen  so  ehrenvoll  vor  dem  Allbarmherzigen  versanuneln,  wie 
die  Gesandten  vor  den  Fürsten  erscheinen*  gedeutet  werden,  s. 
meine  „muhammed.  Eschatologie"  S.  122.  —  Durch  die  hehr. 
Uebersetzimg  ist  der  eigentliche  Sinn  der  Worte  (was  freilich  für 
die  Gedankenwelt  Saadia's  von  keinem  Belang  ist)  ganz  verwischt. 

—  Ein  anderes,  vermuthlich  durch  einen  Druckfehler  veranlasstes, 
Curiosum   begegnet   uns    immittelbar   darauf  in   den  Worten  msn 

rby  piniöb   "»iK^   «i?TO;   im  Arabischen   steht  iJ^t 


und   so   hatte    wohl   auch   die  Uebersetzung   ursprünglich    richtig: 
pinttjb,  was  aber  auch  von  Fürst  nicht  bemerkt  worden  ist. 

Seite  14,  Z.  9  ist  Det  in  ^vy  bya  «m  DK   nur   dwin  richtig, 
wenn   es  wie  Jes.  10,  22  u.  a.  a.  Stellen    als   „wenn  auch*    gefasst 

wird;  im  Arabischen  steht    .A^    was  hier  durchaus  nicht  ohne  Be- 
deutung ist.  * 

Für    b«    Ti'üi^    (Seite    15,    Z.    6)    wird    ursprünglich,    dem 


Arabischen  gemäss  (  Jl  w  -^y^),  wohl  T73T1  oder  Tön   gestanden 

haben.  —  Die  Worte  ')0"»  ••3a  linn  vrr^'iD  «bi  bis  dstck:  (Z.  15 
und  1 6)  weichen  von  dem  auch  nicht  recht  klaren  arabischen  Texte 
in  so  vielen  Punkten  ab,  dass  ich  die  Stelle  ganz  mittheilen  muss. 


•  > 


Sie  lautet  folgendermassen :  JuLm-I     -Jü   OoX^  O-^^  o'  J^  -^^ 

und  hat,  soweit  ich  verstehe,  nur  diesen  Sinn:  „und  wenn  es  mög- 
1;  IHe  HS.  hat  ^0  ^  wa»  hior  keinen  Sinn  giebt. 


Wolfft  Bemerkungen  zu  tletn  Wortlaute  der  Emunot  we^Deot,     QQQ 

lieh  gewesen  wäre,  dass  die  Vorfahren  der  Israeliten  darin 
übereinstimmten,  in  Betreff  seiner  (des  Manna)  zu  lügen,  so  hätte 
bedingungsweise  jeder  wahre  Bericht  genügt",  nümHch  zur  Pest- 
stellung der  zu  glaubenden  Thatsache.(?)  Hiervon  steht  aber  kaum 
etwas  weder  in  der  hebräischen,  noch  in  der  deutschen  Ueber- 
setzung. 

•HS"©   (das.   Z.  4    V.  u.)    ist   vermuthlich   nur   Druckfehler   für 

^SÜ    (ar.    ,M^)   und  in  der  Bedeutung:    ^»Schaden**  zu  fassen.  -  - 

n^.snm   (Z.  2    v.  u.)    muss  wie   das    arabische   ».•.AiliLjj    auf  das 

Folgende  bezogen,  daher  das  i  in  yiO"^!  gestrichen  werden. 

Was  I.  T.  mit  den  Worten  in^in  n:^"'T»S  i:mN  r?  n  73 "»  d»  "^d 
tT'bs?  (S.  16,  Z.  5)  sagen  will,  ist  nicht  gut  abzusehen;  jedenfalls 

geben    sie   nicht   Saadia's   Worte:    L^-JLx:  xJLjJ  KijtÄ  ^j  \jJl^\    ..t 

,wenn  er  uns  in  der  Kenntniss  seiner  Religion  bei  ihr  (der  Spe- 
culation)  beruhen  liesse"  wieder.  Sollte  er  vielleicht  an  nn:*»  oder 
n*^r  gedacht  haben,    obwohl  auch  dies  nicht  recht  passen  würde? 

Vor  -ins  (das.  Z.   16)  fehlt  O,  da  im  Arab.  juj  »S^  steht.  - 

Statt  Tb  iain;ö  -^73  bD  (Z.  17)  hat  das  Original:  UJt  JJÜ  Lo    Jlt 

N-Jl  tlüXJ  Lo     Ac.^    i,weil   es   uns   überliefert   worden    und   wir   es 

ihm  (dem  Leser  od.  Hörer)  —  mit  dem  Beweise  wahrhaftigen 
Beinchtes  —  überliefern**. 


m  y 


D"»NnDn  (S.  17,  Z.  17)  ist  eine  ungenaue  Wiedergabe  von  JüJl 
,die  Schlaffen,  Geistesträgen** ,  wie  omKn  yiy^,  (das.  Z.  3  v.  u.) 
eine  solche  von  a^LoJ  .yA  ^  i,in  weltlichen  Gütern**,  und  mDb73 

(S.   18,  Z.  IB)  von  iü^j  ,Glück". 

Im  ersten  Abschnitte  zu  Anfang  (S.  19,  Z.  17)  fehlt  vor 
•nOND    ein    dem  arab.  loli    entsprechendes   i:    „wenn    er  nun"    und 

vor  ip''n'n!r:b  "»i«^  px  die  Uebersetzung  der  Wort«,  die  gerade 
die  Veranlassung  dieser  ^Beseitigung**  angeben  sollen ;  im  Arabischen 

.steht  Uj  »Juto     was    nur   mit  „sein   (des  gesuchten  Gegenstandes) 

Gegentheil  ist  darin"  (in  der  gefundenen  Form)  übersetzt  werden 
kann  und  wahrscheinlich  als  (scheinbar)  einen  innem  Widerspruch 
involvirend  aufzufassen  ist. 

Nach   den  Worten  in73D  ^a"»«-)  «b'lJ   (das-.  Z.  8  v.  u.)  fehlt  in 

der  Uebersetzung  ein  ganzer  Satz,  der,  im  Arabischen  mit  \jS  ol 

beginnend,  den  Gedanken  ausdrückt  ,dass  es  ja  von  Anfang  an 
unser  Streben  gewesen,    dass    sich  uns  etwas  ergebe  (wir  zur  Er- 

4r>  * 


700      y^o^ff^  Bemerkungen  zu  lUm  Wortlaute  lier  Emunoi  we-Deoi. 

kenntniss  von  etwas  gelangen),  dessen  Gleichen  wir  nicht  gesehen** 

Seite  20,  Z.  7  weicht  die  Uebersetzung  in  wesentlichen  Punkten 
von  dem  Original  ab.  In  diesem  heisst  es:  sLt^  jÄiü  Uit  ü^ 
j^kXj  (^ JJI  ^|tf^'  ''-^  »^^  betrachten  als  Himmel  nur  diesen 
Gegenstand,  der  sich  kreisförmig  bewegt*^,  es  fehlt  also  nach  D**b'^DV9T3 
das  Wort  D**Sis ;  ferner  steht  dort  am  Schluss  des  Satzes    «^cXj  ^ , 

während  das  Hebräische  331D  hat.  Dies  wäre  nur  dann  richtig, 
wenn  es  so  gefasst  werden  könnte,  dass,  weil  wir  von  dem  nsi 
*nnN  glauben,  er  sei  ein  Himmel ,  wir  auch  sagen,  dass  er  des 
Hinunels  Bewegung  habe.  Im  Arabischen  scheint  jedoch  der  Ge- 
danke der  zu  sein,  dass  wir  diesen  anderen  Gegenstand  f&r  einen 
Himmel  hielten  imd  dabei  doch  wähnten,  dass  er  sich  nicht,  wie 
dieser,  kreisförmig  bewege. 

isinn  *t73oa  (das.  Z.  4  v.  u.)  erweist  sich  schon  dadurch  als 
unstatthaft,  weil  ja  alle  Körper  als  solche  sinnlicher  Natur  sind  und 
es  ist  kaum  denkbar,  dass  I.  T.  in  der  That  den  Ausdruck  ge- 
braucht    Im  Arabischen  steht  .»«[^j^  f^^^-"*'^^  ^^^  ^^^  TDinn  wohl 

ein  Druckfehler  für  ^nn  oder  D"»''nn. 

D'>3'>73M73n  natpc  (S.  23,  Z.  9)   ist  jedenfalls  eine  ungenaue 

Uebersetzung  von  ^^Ljüt  ifaßu .    Dass  auch  Manche  der  „Gläubigen^ 

zu  den  „Denkern"  gehörten,  die  der  Atomenlehre  huldigten,   kann 
doch  aus  solchen  „Denkern*^  nicht  geradezu  „Gläubige*'  macheu. 
Seite  2ö,  Z.  16   leiden   die  Worte  rr^n   laopnaio  *ipy  "»D   bis 

niTS:^  ^p^  an  verschiedenen  Mängeln;   erstens  ist  ^L^^t  ^^«a^  «die 

Substanz  der  Dinge**  nicht  wiedergegeben;  statt  im»,  was  hier 
überhaupt  keinen  Sinn  hat,  müsste  es  D'^nsin  DX7   heissen;    dann 

fehlt  vor  mDi:'^  -^D  die  Uebersetzung  von:  üAJLc  ^wjücJI^  »und 
das   bei   uns   (allgemein)   Erkannte*"    ist,   dass   u.  s..  w.   und    nach 

m'myb    die    von:    LSJ^  s.  Ja^S    ..aaü  t  ,^1  ..^^  ä3Ua«w3    «und 

durch  sein  (des  Bildners)  Frühersein  als  die  Substanz  des  Dinges 
wird  das  Ding  ein  (zeitlich)  in  die  Existenz  tretendes*".  Hierauf 
folgt  im  Texte  das  gleichfalls  im  Hebräischen  Fehlende:  «wenn  wir 
aber  die  Substanz  für  ewig  hielten,  so  würde  der  Schöpfer  nicht 
früher,  als  das  von  ihm  Geschaffene  sein**,  wodurch  erst  die  Worte, 
die  auch  das  Hebräische  hat,  „und  Keines  von  beiden  geeigneter 
sein,  die  Ursache  der  Existenz  des  Andern  zu  werden  u.  s.  w.* 
verständlich  werden. 

Seite  26,  Z.  5  v.  u.  sagt  der  Ausdruck  «X733n  in  inv  «b;3 
fi(2:73:n  i3*ifi<D  n7:3  mehr,  als  Saadia  hier  beabsichtigt;  denn  o^L^ 


WoLff,  Bemerkungen  zu  dem  Wortlaute  der  Eknunot  foe-Deat,     701 

Js^LäJI  ^  Lo  heisst  ja  nur  „was  von  dem  in  der  sinnlichen  Er- 
scheinung sich  Darstellenden  (sinnlich  Wahmehmharen)  verschieden 
ist",  nicht  aher  „was  (überhaupt)  nicht  existirt*  ^). 

Die  Worte:  mn"io*^n  nK-'^iTa  n«in  «"^ntD  (S.  29,  Z.  5)  bis 
zum  Schlüsse  des  Satzes  zeigen  verschiedene  unrichiige  Auffassungen. 
«•'niö,  was  sich  nur  auf  fiTasn  beziehen  könnte  und  auch  von 
Fürst  darauf  bezogen  wird  („dass  sie  die  Schöpfung  der  Elemente 
bewirkt"),    ist    wohl   ursprünglich   nur  Schreib-    oder  Druckfehler 

für  HitW,  da  im  Arabischen  ^it  (d.  i.  Gott)  steht;  doch  ist  auch 
üO'in  falsch,  da  der  Text  L^^t  ,er  offenbarte  sie"  „manifestirte 
sie"  hat;  für  nM'^n^iQ  wäre,  wie  mir  scheint,  dem  arabischen  ,«%a^> 
yJiXs^  entsprechender  gewesen:   n«*^^S  n^a  oder  blos  n«^*iM  und 

80  hätten  auch  die  Schlussworte  b'DTi  MniaiSD  oder  genauer  bs 
r:b«n  0"»^ann  (oder  blos  n«T  hd)  lauten  und  für  das  auf  die 
Art    der    Kundgebung    der    göttlichen   Weisheit    sich 

beziehende  UX^    »in   klar    einleuchtender  Weise"    ein  passenderer 

Ausdruck  gewählt  sein  müssen,  als  das  auch  der  Form  nach 
ungeeignete  ipin73  (wenn  dies  hier  nicht  auch  ursprünglich 
als  Prädicat  von  bDM  gefasst  worden). 

Auf  derselben  Seite,  Z.  16  muss  nach  im«  p'^nnn  das  Wort 

b'D^'n   (JJuit  sJCu    heisst    es   im    Original)   ausgefallen   sein   und 

im«  auf  S&s  im  Nominativ  absol.  stehende  in«  bs  zurückbezogen 
werden.  Von  fünf  „Beweisen",  wie  Fürst  frei  übersetzt,  ist  hierbei 
nicht  die  Rede. 

Unbegreiflich  ist  das  DTKn  ril'^na  (das.  Z.  14  v.  u.),  wenn 
man  auch  nur  das  Hebräische  in  Betracht  zieht.  Fürst  hat  im 
richtigen  Gefühl  der  Schwierigkeit,  die  der  Ausdruck  hier  bietet, 
dem  ganzen  Satze  eine  andere  Wendung  zu  geben  gesucht:  es 
handelt  sich  aber  gar  nicht  um  die  freie  Selbstbestimmung  des 
Menschen,  sondern  \xm  den  über  allen  Wechsel  und  alle  Ein- 
wirkung   von    aussen    erhabenen,     in    ewiger   Freiheit   waltenden 

Gott,    den    All  weisen    (^*-JCÜ   .Ly^-l).  —  Das  fr^ti  vor  pin^  ist 

ZU   streichen ,    da   es    dem  'Arabischen   «v3^  .«w«  U^  ^j^  ^ ,    das 

zwar   auch   wegen  des  A  (mit  dem  Jussiv)  eine  Perfect-Bedeutuiig 

hat,  insofern  nicht  entspricht,  als  dies  das  in  Ewigkeit  Freisein 
(von  diesen  Dingen)  bezeichnet. 

Seite  32,  Z.  6  ist  statt  in«  ?i©iy73  zu  lesen  nn«  n«5r7a  wie 


1)  So   fasste    auch   Fürst  I.  T.'s*  Worte,    indem    er   übersetzt:    „die  Nicht- 
Annahme  eiiie^  in  Wirklichkeit  gar  nicht  vorhandenen  Gegenntandes". 


702     ^olffy  BemerlMnge7i  zu  dem   Wartlaute  der  Emwtat  loe-Dtot. 

im  Arabischen  lA^I^  ^äs.  Daselbst  Z.  3  v.  u.  ist  '',Hm:D  wahr- 
scheinlich nur  Druckfehler  f.  'n;DN3  nach  dem  arab.  u  J^c. 

Die  Worte  mKn  ^©nn  -»3  (Seite  34,  Z.  19),  in  welchen  -n»n 
jedenfalls    in   "iiKD   emendirt   werden   muss,   geben  das  Arabische 

unvollständig  wieder:  es  lautet   »jJI^  Juot  xJLk!!  .,1  und  auf  dies 

Juol  ^Ursprüngliches''  kommt  es  an  der  Stelle  gerade  an. 

Seite  37,   Z.  15  heisst   es    unrichtig:    tDüton    msr. la,    wo 

das  arabische  ,y,*w4-ÄJ!  ».(.>•  ..yo  wiedergegeben  werden  sollte. 

Für   ü'^yiv  om    (Seite  39,  Z.   lö)    muss  O-r-n""  ortn  gelesen 

werden;  der  arab.  Text  hat:    a^JIc  ^J  «3*^3 >  ^^  wohl  auch  mehr 

ausdrückt  als  das  Hebräische.  —  m  73  n  p  a  Tii^T^  (das.  Z.  4  v.  u.) 
ist   ein   unbegreifliches  Missverständniss    der  Worte  des  Originals: 

j^jJLj  Ojjdt    (ndas  in   der  Welt   bekannte*"),    das  zu  der  Ueber- 

setzung  Fürst's  „das  allgemeine,  die  Ewigkeit  der  Welt  be- 
hauptende" Veranlassung  gegeben:  diese  Behauptung  wird  erst  in 
den   später   folgenden  Worten   dargestellt   —    Unrichtig    ist    auch 

die  Wiedergabe  von  Uj.  durch  *iOC«,  was  ja  nur  „oft*  oder 
^bisweilen**  bedeutet  —  Die  schwerfällige  und  leicht  irrig  aufzu- 
fassende  Uebersetzung  von  n^X^^  j.9  Uj, *  («oft  tritt-  [diese  An- 
sicht] getrennt  für  sich  allein,  d.  h.  ohne  Anschluss  an  andere. 
damit  Berührung  habende  Ansichten  auf*")  mit:  nSTiic©U3  itödät 
nsb  i^b:  hat  auch  durch  Fürst's  „oder  auch  die  Ewigkeit  der 
Welt  für  sich  annimmt*"  keine  Klarheit  erhalten. 

Seite  41,  Z.  1  ist  in  den  Worten:  D^ir^tn  cid-^äit:  cn  •?«« 
Drsüa  ü'^fD'yy  Ülno  D''niDin  om  besonders  durch  imrichtigeii  Ge- 
brauch   der  SufBxa   und    das    unrichtige    ctl^    (st.  inTD)    der  Sinn 

des  arabischen  L£i>,;ti}  Jjiäj  l^I  ^^^^J^ääju  ^^  l-fJb  ^.j^^-»-c<=u  ^jJi 

ganz  entstellt  worden,  so  dass  auch  Fürst  die  letzten  Worte 
durch:  „auf  ihre  Natur  gut  einwirken**  (statt:  vermöge  ihrer 
[der  Arzeneien]  Natur  wirken)  wiedergiebt. 

Die  Worte:  bKT  bn^iTsn  b«  y-T»n  Tnnn  ^nD  D'^^scm 
yn::!^  b«i  ismTSn  (das.  Z.  16  v.  u.),  die  auf  diese  Weise  von 
einer   dreifachen  Wahrnehmung,    m i t   der   die    h.  Schrift    das 

Erkannte    verknüpfte,   sprechen,  sind  eine  falsche  Uebersetzung 

-  > 

von:     «-«iaJl  ij^j^^     ^t  JJUJ!    {•jJIa>»  o^/to  wXä  vyJXii^ ;     es    ist 

also  hier  nur  von  einer  Vereinigung  der  Verstandeserkennt- 
niss  mit  der  natürlichen  Sinneswahrnehmung  die  Rede. 


Woiff,  Bemerkungen  zu  ilem  Wortlaute  der  Emunot  we-DeoL    703 

—  Nach  0-atDin  nb«TD  «im  (das.  Z.  7  v.  u.)  fehlt  der  Satz, 
wodurch  erst  das  Folgende,  in  dem  die  Anhänger  der  neueren 

Academie    (diese    sind    wohl    unter    den    o^JuJl  u^L^!,    sonst 

XjjUäJI    genannt,    hier   gemeint)    die    Begründung   ihrer    Ansicht 

suchen,  verstanden  wird,  n&nlich:  y  f>  ^  Ä  '■^  L^  ^j,^  ^UwÄ^I    .,! 

^JüLü  wJLlij  L^JLß  {jj^.   —   Statt  m3TO«nü  (das.  Z.  2  v.  u.) 

muss  ni3*inK  n^tD^iS  gelesen  werden. 

Seite  42,  Z.  6  geben  die  Worte   bbs  y^y   ib   la-^TSKn  «bn 

nur  sehr  ungenau  die  des  Grundtextes:   Käj     Juuo  xS  LjüiÄju  A3 

(„so  dass  sie  durchaus  keine  Meinung  von  ihm  sich  bildeten**) 
wieder;  das  Verbum  na^öKJ^  ist  hier  sowohl  der  Form  wie  der 
Bedeutung  nach  unpassend. 

Statt  nynn«n   nb«T   (S.  43,  Z.  13)   heisst  es  im  Arabischen 

richtig  jJL«^  %jy^\  »Jc^ ,  da  ja  in  s  i  e  b  e  n  Punkten  die  Ansicht 

der  Pyrrhonisten  von  dem  0^3  (der    ino^^  =  wpaffia  und 

ccxatakfixfjiä)  widerlegt  wird.  —  In  liwnpn  (das.  Z.  15  v.  u.) 
ist  das  Tt  zu  streichen.  —  SlslMa  T^n"»  T«  (das.  Z.  4)  ist  falsch ; 
es  ist  hier  weder  von  ihnen  (mit  denen  discutirt  wird),  noch 
von   einer   „Verwirrung",   in   die   sie   gebracht  würden,    die  Rede, 

sondern    es  heisst :    vi>^  ^  ^^    «er   (der  mit  ihnen  Discutirende) 

treibt  etwas  Nutzloses".  —  «natn  onio  yi'»«  ly  (das.  Z.  3  v.  u.) 
ist   eine    sclavische,    im   Hebräischen   unverständliche  Nachbildung 

des  (jiJaÄJ!  ^^JL^  iJLo  ^P^  nbis  der  Durst  sich  ganz  ihrer  be- 
mächtigt", „sie  ganz  überwindet". 

In  mbna  o-^a^iTan  mbnnn  (Seite  46,  Z.  4)  wird  durch  das 

letzte  Wort  ungenau  und  impassend  KLJL:».  ,  was  hier  gleichsam  die 

Rohstoffe,  die  „rudimenta"  des  Wissens  bezeichnen  soll,  wiedergegeben. 

—  B0T3m,  worin  das  Suff,  sich  nur  auf  0''3^i73n  "^sm  (das.  Z.  12) 
beziehen    kann,    ist  jedenfalls  formell  zu  beanstanden;    im  Ära- 

bischen   steht   nur   (absol.):    ^Juü^   „\md  hat  unrecht  gebandelt". 

Sachlich  ist  das  Wort  wohl  wie  "»nmn  lOwn  (Ez.  22,2«)  ge- 
nommen. 

D"»«3ia    o:*'«    (Seite  48,  Z.  10)    kann    durch    einen  Druck- 
fehler entstanden  sein  (entw.  a:-»«  st.  or:,  oder  D'^iöin  st.  O'^^TaiN)  *) ; 

im   Arabischen    heisst    es :    jk4.A.»>^:f\Jü    ,.^^\*asu  'i    „ sie    sprechen 

1)  Währond    der  Correctur   ersoho  ich  aas  dem    ,,Magaz.  f.  d.  W.  d.  Jud." 
V,  49,  dRÄS  die  ed.  princ.  D^'üia  hat. 


704     y^olff,  Bemerkungen  zu  dem  Wortlaute  der  Emtmoi  woe-Deöi. 

seine  Körperlichkeit  (eig.  die  Auffassung  seines  Wesens  als  eines 
Körperlichen)  nicht  offen  aus*".  —  Auf  derselben  Seite  hat  sich 
(Z.  14  y.  u.)  ein  bei  der  Sorgfalt  des  üebersetzers  unbegreiflicher 
Irrthum  eingeschlichen,  der  auch  in  die  deutsche  Uebersetzung 
übergegangen  ist,  indem  y*inJi  ^y©a  T^«a  *nM  (welche  ^Pforte 
der  Erkenntniss**  in  dem  ganzen  Buche  gar  nicht  vorkommt)  statt 

des  richtigen  ül«J{  yS>X^  v^b  ^,  also  des  ersten  Abschnittes, 
geschrieben  und  so  „die  Welt*  in  „die  Erkenntniss*^  (/^^O  ^^^' 
wandelt  worden.  Die  Stelle,  auf  die  der  Autor  sich  hier  bezieht, 
ist  zu  Anfang  des  1.  Abschnittes  unseres  Buches. 

In  den  Worten    bbD    nnatp    br    mnyb   pn*^   «bü  ^y    (das. 
Z.  6  T.  u.)  ist  nnatp  unrichtig;    die  Stelle  lautet  im  Arabischen: 


» m 


>Üü  L^OxÄjy    JLc  \^JtÄA  ^{  Q^Ctu  ^  ^tfÄ>>;    es    handelt    sich    also 

um  die  Qualität  (der  frühem  Stufe  —  iüiJUJl  — ),  bei  der  der 

über  Alles  erhabene  Schöpfer  unmöglich  beharren  könne. 

0*^5«  va  m-^^Dö  K-^n»  ns^ü  bD  (Seite  50,  Z.  4  v.  u.)  was 
in  Fürst's  Uebersetzung:  «jede  Einwendung,  durch  welche  man 
das  Wesen  Gottes   in   zwei  Wesen   sondert**  lautet,   ist   eine    un- 


richtige Wiedergabe  der  Worte:    Q^Ja^l  ^^^  J   ^  :  *'  V  ^  JJ" 

(„jedes  Argument,  welches  das  Dasein  von  zwei  Schöpfern  als 
nichtig  hinstellt**)  und  gründet  sich  auf  eine  falsche  Auffassung 
des  Wortes  JJoaj  ,  als  wenn  es  mit  ^^  verbunden  gewesen  wäre. 

Uebrigens  ist  auch  tiarü  nicht  recht  passend.  —  Wie  aber  «•<n 
nnKb    n:3^C3,    das   dem  Sinne   nach   cV>|^  äj^j^    («ist    somit 

auch  ein  Argument  für  den  Einzigen**)  richtig  übersetzt,  bei  Fürst 
„ein  Angriff  auf  die  Einheit"  werden  konnte,  ist  nicht  zu  begreifen. 
Seite  51,  Z.  7  ist  in  i5b  ©•<  das  letztere  Wort  wohl  nur  Druck- 
fehler für  nb  (iJj) ,  wie  es  im  Arabischen  heissi  —  In  Sro  nbnm 
JT^by  nan^nn  na  bar«  (S.  54,  Z.  8)  kann  bano  rra  nur  dann 
eine  richtige  Uebersetzung  von  s^ä^^^jCümmu  L«  sein,   wenn  es  ^^työ 

(Fut.  apocop.  von  nba)  gelesen  wird.  Fürst  las  ban©  und  dem- 
gemäss  lautet  seine  Uebersetzung :  „das  Erste,  dessen  sich  die  Wider- 
legung ihrer  Ansicht  erfreut^  —  Das.  1.  Z.  ist  in  den  Worten 

Drtb    'n»N3«    nn   na:5   ia   Ti7»b   nm  ^iD«73a  ib-^nan  ^«   erstens 

ib'^tiar:  unrichtig;  das  Original  hat:  \y^y^^  was  nur  „simulavenint*" 
heisst;  dann  ist  von  einem  „gegen  das,  was  wir  ihnen  sagen** 
(oder  —  nach   dem   arabischen   ^  JuJj  L«  —  was   ihnen   gesagt 

worden)  gar  nicht  die  Bede,  sondern  es  handelt  sich  darum,  dass 
sie  das ,  was  ihnen  gesagt  (gelehrt)  worden,  durch  ihre  Bede  b  e  - 
stätigen  wollen  (w  L^jJLJ). 


MfiAff^  Bemerkunffm  zu  dem  WorUaiUe  der  Bnwmot  toe-Deoi,    705 

JuääJI  j»:A)ÜI  m5Ü3  U^3  wird  S.  55,   Z.  8   mit  O-'iann   fin 

0^n^B"i5a)rT  übersetzt;  hierin  ist  schon  die  Plnralform  unrichtig, 
dann  t3'^TiDi73M  (was  Fürst  als  „von  Gott  ausgesondert*  auffasst) 
wahrscheinlich  nur  durch  eine  falsche  Lesart:  JukoiXI  entstanden^); 

es  ist  hier  „dies  hocherhabene*  in  den  Mund  des  Propheten  gelegte 
Gotteswort  gemeint,  das  in  dem  angeführten  Verse  (2  Sam. 
23,  i)  durch  „Geist*  und  „Wort  Gottes*  bezeichnet  wird.  —  Das. 
Z.  10  V.  u.  geben  die  Worte  i«  la  ib  »iTaKS  ^«N  »nana  nt  isb  nttnsn 
l^D  riTia  na  nD3©  gar  keinen  Sinn;  bei  Fürst  sind  sie  ganz  frei 
in :  „diese  Auffassung  wird  klar,  wenn  die  Schrift  von  dem  Schaffen 
der    Dinge    durch    ein    Anhauchen    seines    Mundes    erzählt*    um- 

gewandelt.     Das  Arabische   lautet:  (^Jüt  ^^jSiJ\i  vi5ü3  Lü  J^jUIi^ 

Luö  ^pji  iuSsi  i^Jul  ^\  ^\jCi  ^i  ^jSt^  was  nur  „und  dies  wurde  uns 

[in  den  Psalmw.  38,5]  bildlich  wie  ein  Ding  dargestellt,  zu  dem 
wir  (oder:  wie  wenn  wir  zu  einem  Dinge)  sagen:  „erhebe  dich* 
(komm  hervor  oder  heran)  ^)  oder  das  wir  mit  dem  Hauche  unseres 
Mundes  anhauchen*  bedeuten  kann,  wobei  freilich  für  die  Er- 
klärung nur  wenig  herauskommt.  In  Betreff  Ibn  Tibbon's  ist  es 
möglich,  dass  er  Ma  und  la'^D  geschrieben,  und  in  und  1*^6  nur 
Druckfehler  sind. 

nKi^a  M*nO  Kb  nsittnp  nb»  (S.  56,  Z.  4)  ist  nur  als  eine 
contradictio  in  adjecto  enthaltend  zu  betrachten :  „ein  ewiges  Wort 
(ewiger  Logos)  das  immer  —  geschaffen  war*.  Fürst  gab  die  Worte, 
um  einen  vernünftigen  Sinn  darin  zu  finden,  durch:  „einen  Logos, 
der  nicht  wie  die  Schöpfung  geschaffen  wurde*  wieder.  Ln  Ara- 
bischen steht  aber:    UiL<a  ^ju«  ^y  ^  JUjJüj  »JS  äD  ^I  «Gott 

habe  ein  ewiges  Wort  (einen  ewigen  Logos),  der  mit  ihm  ewig- 
lich schuf*,  d.  h.  „der  Logos  war  ewiglich  bei  der  Schöpfung 
mitwirkend*. 

Seite  58,  Z.  8  ist  in  dem  Satze  in  1»in"»«  n»  Nbi  die  Sin- 
gularform des  Yerbums  falsch  und  dadurch  bei  Fürst  das  fast 
unvermeidliche  Missverständniss:  „womit  man  ihn  bezeichnen  kann* 

(näml.  Gott)  entstanden;  es  heisst  aber  im  Arabischen:  L«  ^^ 
^J  ..XMyj  und   dies   bezieht  sich  auf  j^y>'  und  (joj^  (hebr.  D^3^ 


1)  Da  das  Arabische  mit  hebräischen  Buchstaben  geschrieben  war  und, 
nach  unserer  Abschrift  des  Oxforder  Codex  zu  urtheilen,  die  diacritbcheu  Punkte 
nur   höclist   selten  hinzugefügt  sind,    konnten  im  Allgemeinen  Verwechselnngen 

wie    von    (jo   und    (jk>    (die  Oxf  H8.   hat  richtig   bk&n)    gar   zu  leicht  vor- 
kommen. 

2)  i\jü  ist  vJt*J  (al»  Imper.  d.  VI.  F.)  zu  lesen. 


utt 


706     Woffft  Bemer/eungen  zw  dem  WorÜatde  der  Emunot  wf^Dcai. 

und  n^np^a),  deren  beider  Eigenschaften  in  Gott,  als  dem 
Schöpfer  des  Alls,  ihre  bewirkende  Ursache  haben.  —  Das.  Z.  1 7  v.  u. 

ist  mb:>73Ji  wohl  nur  Schreib-  oder  Druckfehler  f.  mbnn  (^UJ^f, 

wie  unser  Mscr.  richtig  hat). 

Seite  59,  Z.  15  sehen  wir  in  finn  müan  D'^tt^ion  ün  eine 
knechtische   und   zugleich   unrichtige  Nachbildung  des  arabischen: 

L^aJLc  ^3^jlJI  (3y^^l  ^e^  (n^^^  ^6  Principien,  auf  die  sich  Gewiss- 
heit gründet*^,  „auf  die  man  mit  Zuversicht  bauen  kann'');  statt 
nits^M,  das  ja  nur  adjectivisch  gebraucht  wird  (was  auch 
Fürst,  der  freilich  den  ganzen  Passus  nur  frei  wiedergiebt,  dazu 
veranlasst  zu  haben  scheint:  ^die  sichersten*^  zu  übersetzen),  hätte 
nü^M,  finü35i  oder  iinüiti  und  davor  das  im  Hebräischen  noth- 
wendige  1©K  stehen  sollen.  —  In  tpW  «KD  Kin«  (das.  Z.  1 1  v.  u,), 
was  eig.  nur  eine  Tautologie  ist,  fehlt  das  wesentliche,  zur  Er- 
klärung  hier   nothwendige  Moment;    das  Original   hat:     \j^\S  w! 

ÜCLp  UdLju«  „er  ist  wie  das  Feuer  strafend,  vernichtend",  d.  i.  da 

er  straft,  vernichtet 

Seite  63,  Z.  16  V.  u.  begegnet  uns  ein  merkwürdiges  quid 
pro  quo  in  den  Worten  nsönwa  D'^bi^n  M^T^n  •'*nKn  *^«)D;  von 
„Furcht*"  ist  in  dem  ganzen  Stücke  überhaupt  nicht  die  Rede;  was 
aber  „die  andern  Eigenschaften  der  Furcht,  die  etwa  in  unseren 
Gedanken   aufkommen  können*^  bedeuten  sollten,    ist  nicht  zu  be- 

W  IT* 

greifen.     Der  Grundtext  hat   aber:     ^^^yUi\  \.äa)CI{  ^\Äf>o  j^L«, 

was  nur  heisst :  „die  andern  Eigenschaften  des  im  Geiste  erfassten 
(vorgestellten)  Quäle"  (der  aristotelischen  Kategorie  t6  noiov),  — 
Diese  Verwechselung  war  nur  dadurch  möglich,  dass  J.  T.  q^Db» 
in  Folge  davon,  dass,  wie  oben  bemerkt,  die  diacritischen  Punkte 
zumeist  fehlen,  als  C]nbb»  und  dabei  "^  als  t  las.  —  Das.  Z.  14  v.  u. 

ist  statt  nwwrrn  ^an  by  zu  lesen:  n»©ann  br  nai  i^J^  ^  c^ 

Seite  64,  Z.  11  lässt  sich  das  Wort  mü-^m  (das  Fürst  von 
TD*^  ableitend  durch  „als  Bezeichnung  seiner  Gegenwärtigkeit*  wie- 
dergiebt) mit  dem  Original  gar  nicht  vereinigen;  dies  hat:    *,i5ÜJlL 

ik^yt,  was  doch  nur  ,dieses  Volkes"  näml.  Israels,  Verherrlichung 
(^ftjJvvj)  bedeutet. 

Seite  65,  Z.  6  ist  Dn«b  mb«  ungenau;  es  heisst:  p'-x^bU  b.. 

—  In  D'^»n   ibrc    ist   das   letztere  Druckfehler  für  T^Tan,    lIj^o. 

••     » 

das  Original  hat. 


Wolfft  Bemerkungen  zu  dem  Wortlaute  der  Emunoi  we-Deot,    'Kfl 

Das.  Z.  8  V.  u.  giebt  Mtt):>73  iMy^c©  "^bn  einen  ganz  ver- 
kehrten Sinn;  für  Mtt33>73  muss  ursprünglich  ein  anderes  Wort 
gestanden    haben,    als    Gegensatz    zu    ti')v373,    aber    welches?    Im 

Arabischen   lautet   die    Stelle:    ^j*^\  "ifj  \J*^^\  *Ji^^^  ^,    worin 

wir  Gegensätze  haben:  „mit  Heftigkeit  erfassen^  und  (leise)  „be- 
rühren**, welche  beide  bei  dem  allein  durch  seine  Machtvollkommen- 
heit und  absolute  Willenskraft  schaffenden  Gotte  nicht  stattfinden 
können,  wogegen  die  „Thätigkeit  des  Schaffens''  gerade  ihm  zu- 
zuschreiben ist. 

Seite  67,  Z.  15   ist  ^ICSM   ungenau;    es  sollte  nTafitH  (wie  im 

Arabischen  v3X>äJI)  heissen. 

Seite  68,  1.  Z.  ist  UJLU»  Uj.^    unrichtig  mit  isb^tt-^Tö  ^TODKl 

übersetzt,  da  der  Satz  nicht  hypothetisch  gefässt  werden  kann. 

Seite  69,  Z.  3  v.  u.  drücken  die  Worte  ^cob  «in  ib-^ND 
n^ico    durchaus  nicht  den  Gedanken  des  Autors  aus,    der  drei  in 

einer  Eulogie   an   einander  gefügte   (in   der  KsUtot  stehende),    als 

Attribute  Gottes  angewandte  Nomina  (statt  des  einfachen  Gottes- 
namens), wie  in  dem:   imDbn  *nM  D©  *]')^3  damit  erklären  will, 

dass    er    sagt,    dies    sei:    »ajo^  \^fi^  y^Juoyi  iu^   „als    sollte   ein 

Attribut  seines  Attributs  durch  ein  Attribut  näher  bestimmt  wer- 
den**, also  nmDb^  durch  mnD  und  dies  wieder  durch  DTD.  Die 
Worte  der  hebr.  üebers.  erhielten  erst  einen  Sinn,  wenn  nach 
ncob  ein  niDO  hinzugefügt  würde.  — 

Um  jedoch  den  Raum  der  Zeitschrift  nicht  über  Gebühr  in 
Anspruch  zu  nehmen,  schliesse  ich  meine  Bemerkungen,  die  bis 
zum  Ende  des  2.  Abschnittes  reichen,  einstweilen  ab,  in  der 
Hoffnung,  sie  ein  andermal  fortsetzen  oder  auch  in  den  Stand 
gesetzt  werden  zu  können,  den  ganzen  Text  herauszugeben.  In 
Bezug  auf  die  nachgewiesenen  Irrthümer  der  Uebersetzung  ist  es 
mir,    als   wenn   ich  Saadia's  Buf  am  Schlüsse  des  erwähnten  Ab- 

Schnittes  vernähme :  \^Sh  Uj  JU  t  JOCP   -^^1  ^Ji  Ui .     Denn  nur, 

wenn  wir  seinen  eigenen  Worten  volle  Aufmerksamkeit  schenken, 
ist  uns  ein  rechtes  Erfassen  seiner  Gedanken  möglich. 


708 


ION,  ursprüngliches  Substantiv  zu  trennen  von  -=-0 
(-^O),  ursprünglichem  Pronominalstamin. 

Von 

Frtti  Hommel. 

Die  schon  Öfter  —  so  zuletzt  von  Stade  *)  —  vennnthiuigs- 
weise  ausgesprochene  Ansicht,  *^^^>  ^^  gewöhnliche  Pronomen 
relativuni   des  Hehr&ischen,    sei    ein  ursprüngliches  Suhstantivnm 

und    nach   dem    bekannten    semitischen  Lautgesetz  mit   arab.   ^ 

,Spur,  Ort%  äth.  ÄlUC:  »^P^"'  s^^*  *1^?  »-Ort,  Wohnsitz«,  «5o 

,nach*,  ^hinter  —  her*,  wozu  jetzt  noch  das  assytische  asru  ,Ort*  •) 
kommt,  zu  identificiren,  hat  neuerdings  durch  Dr.  A.  G.  Sperling  *) 
eine  ziemlich  eingehende  und  nicht  lugeschickt  durchgeführte 
Widerlegung  erhalten.  Theils  nun,  um  dieselbe  zu  entkräften, 
theils  um  der  Ansicht  Stades  einige  neue  zwingende  Beweise  aus 
dem  Assyrischen  zur  Bekräftigung  hinzuzufügen,  habe  ich  die 
folgenden  Ausführungen  zusammengestellt,  durch  welche  ich  die 
Sache  ihrem  Abschluss  näher  gebracht  zu  haben  hofife. 

Dass  das  weder  an  Zahl  noch  an  Geschlecht  gebundene  nvfit 
auf  den  ursprünglichen  unbestimmten  relativen  Begriff  ^wo*"  ^) 
zurückgeht,  der,  zumal  wenn  *-)V^K  als  Object  stehen  soll,  erst  durch 
zurückweisende  Pronominalsuf&xa  näher  bestimmt  werden  muss, 
konnte  wohl  nie  in  Abrede  gestellt  werden.  .,Zu  grosse  An- 
forderungen aber  würden*^  (sagt  Sperling)  ^an  die  geschichtliche 
Vorstellung  sprachlicher  Wandlung  der  Bedeutung  gestellt,  wenn 
man   den  üebergang   eines  Subst.    ^Ort**   in   den   relativen   Begriff 


1)  In  den  ,^orgenländischen  Fontchangon"  S.  1S7,  Anm.  2. 

2)  passim,  so  z.  B.  aiar  piristtSunu  „der  Ort  ihrer  Orakel"  Asurb.  VI,  48. 

3)  Die  Nota  Rolationis  im  Hebräischen.  £in  Beitrag  zur  hebrüischen 
Lexicographie  und  Grammatik.     Leipzig  1876. 

4)  Vgl.  das  schon  von  Stade  angeführte  analoge  „wo"  der  süddeutschen 
«nicht  blos  thüringischen)  Dialecte;  so  sagt  man  im  Fr&nkischen  allgemein  ,.der 
Mann,  wo  kommt*',  „der.  wo  jetzt  fortgeht"  etc. 


Hommel^  ^^^  urtprüngHches  SubsUtnliv  ete,  709 

„wo  u.  s.  w.^,  wie  ihn  ^tffij  repräsentirt ,  annehmen  wollte**.  Auf 
diese  Weise  ist  allerdings  die  Schwierigkeit  schnell  und  dictatorisch 
aus  dem  Weg  geräumt;  bevor  wir  aber  hier  beistimmen  können, 
müssen  wir  xms  drei  Fragen  beantworten.  Kann  ^i^K  etwa  der 
Form  nach  gar  kein  Substantiv  sein?  Haben  wir  nicht  etwa  in 
anderen  semitischen  Sprachen  Spuren  von  einem  ähnlichen  Gebrauch 
des  ursemitischen  (Uaru  „Orf*?  und  finden  sich  vielleicht  nicht 
auch  in  irgend  einer  derselben  schlagende  Analogien  zum  lieber- 
gang  eines  ursprünglichen  Substantivs  in  ein  Pronomen?  Diese 
Fragen  können  sänmitlich  mit  ja  beantwortet  werden. 

^tiK  kann  der  Form  nach  ganz  wohl  der  Status  constructus 
eines  vorauszusetzenden  ^;ri^  sein  (nti«  für  "it^K  wegen  des  Hauch- 
lauts, und  dies  für  ^TDM,   wie  der  regelmässige  st  c.  von  b^B  = 

Joe  lautet;  das  Pathach  hat  sich,  wie  so  oft  im  Hebräischen,  des 

häufigen  Gebrauchs  halber,  in  Segol  abgeschwächt).  Der  nach- 
folgende Genitiv  wird  durch  einen  ganzen  Satz  repiibsentirt  ^). 
Etwas  anderes  wäre  es,  wenn  ^;Z9fit,  so  wie  uns  seine  Punctation 
überliefert  ist,  eine  überhaupt  nicht  mögliche  Nominalform  dar- 
bieten würde  ^),  —  Das  Wort  aSru  ^  ist  im  Assyrischen  die  ge- 
wöhnliche Bezeichnung  für  Ort;  das  gewöhnliche  assyr.  Relativ- 
pronomen ist  m.  Nun  habe  ich  aber  bis  jetzt  6ine  Stelle  gefanden, 
die  klar  zeigt,  wie  im  Semitischen  eine  Verwendung  dieses  Nomens 
als  Relativpronomen  wirklich  vorkommen  konnte;  eine  andere  Er- 


f  *(if 


1)  Vgl  im  Arabbchen  Sätze  wie  ^jJijLo  »yj     Jt    »bis   zu  dem  Tag, 

(da)  sie  auferwockt  werden"  Kor.  7,13  u.  ö.,  und  im  Assyr.  den  gleich- 
zaerwähuenden  Satz  aus  dem  Sanherib-Cylinder. 

2)  Die  ursprüngliche  von  mir  soeben  vorausgesetzte  Form  1X^\^  oder  ^^M 
hat  uns  das  im  Samaritanischen  als  hebr.  Lehnwort  sich  findende  Relativ  '^^^^/i 
esdr  noch  aufbewahrt;  das  gewöhnliche  Relativ  im  Samar.  ist  ^  de  und  wenn 
Suffixe  dazukommen,   ^/^  ed.     Dass  eiar  im   Samaritanischen  Lehnwort  ist, 

sieht   man  aus  dem  Wort  '^^/i  atar  „Ort** ;  aber  auch  zugegeben,  ^tD^C  h&tte 

mit  Ji\  gar  nichts  zu  thnn,  sondern  wäre  etwa  (wie  Sperling  meint)  Weiter- 
bildung von  *«^  und  ^K,  so  würde  das  samarit.  eiar  keine  Beweisstütze  dafür 
sein,  denn  auch  19  geht,  wie  ich  weiter  unten  noch  darthun  werde,  auf  ein  ur- 
.semitisches  ta  (nicht  m)  zurück;  ^"^^^  muss  also  hebr.  Lehnwort  sein,  da 
es  sonst  ^^^ViV  ^^^  lauten  müsste. 

3)  Semitisches  Jutd  wird  im  Assyrischen  stets  zu  pa'lu  (stat.  constr.  |>a'cii), 

während  assyr.  pa*alu  immer  pa'äla  (v3^-A^)  auszusprechen  ist;  letzteres  ist  der 
gewühnliehe  Ititiiiitiv  im  A.viyriseheu. 


710  Hommel,  ^^K  vrsprünglicheM  SulAStantiv  etc. 

kläning  ist  in  jener  Stelle,  wie  Jedermann  zugeben  wird,  ganz 
ausgeschlossen.  Dieselbe  (aus  der  grossen,  sonst  auch  durch  E.  J. 
H.  bezeichneten  Nebukadnezarinschrifb,  I  RawL  59,  Col.  11  Z.  14  ff. 
genommen)  lautet:  14  äadi^  nisüti  15  ütu  tthamti  ilüi  16  culi 
fihamti  sapliti^  17  urhu'"^  astuti^,  18  padanV^  pihuti,  19  a^cw 
kibaüu  arrusu  20  sipila  tbdsu  ^),  21  hardna^  namrasa^,  22  uruh 
zumami  23  irtidi'^  d.  h.  „14  ein  Gebirge  der  Höhe  15  vom  obem 
Meer  16  bis  zum  untern  Meer,  17  Wege  der  Holprigkeit,  18  ein 
Terrain  der  Verschlossenheit,  19  dessen  Pfad  imd  Steg  20  hügelig 
war,    21    unzugängliche   Wege,    22   eine   Strasse   der  Verzäunung 

23  durchzog  ich".  Und  wie  man  sich  den  Uebergang  von  der 
ursprünglichen  Bedeutung  „Ort**  zu  der  rein  relativen  ("TOä)  zu 
vermitteln  habe,  zeigt  folgende  Stelle  (Sanherib-Cylinder  VI,  22 — 24): 
22  narkabdti  süsija  umähir  arkÜun  23  munnaribsunu  ^)  sa 
ana  napsdti  usüf  24  asar  tkdsadu  urasaapu  ina  kakki  d.  h. 
,22  Wagen  und  meine  Bosse  sandte  ich  hinter  ihnen  her;  23  ihre 
Flüchtlinge  (?),  welche  herausgegangen  waren,  ihr  Leben  zu  retten, 

24  am  Ort  (wo)  sie  (sie)  treffen,  da  durchbohren  sie  sie  mit  der 
Waffe".  Zu  beachten  ist  der  si  c.  asar,  während  der  st.  abs. 
ewfru  lauten  würde.  —  Aber  das  ursemitische  cUaru  ist  nicht  das 
einzige  Substantiv ,  das  als  Pronomen  verwendet  wurde.  Wenn 
der  erstarrte  Accusativ  eines  auch  noch  im  Nominativ  *)  vor- 
kommenden assyrischen  Subsi  mcUü  „Fülle**  («b»)  eines  der  ge- 
bräuchlichsten assyrischen  Indefinitpronomina  =  „alles  was*",  ,so- 
viel  als  nur*  ist  [z.  B.  IV  Rawl.  26,  nsa:  ina  ilani  mala  sum(a) 
nabü  „unter  den  Göttern,  soviele  einen  Namen  nennend  (sind)*: 
Xerx.  E.  9  gabbi  mala  ipiLsu  „alles  soviel  ich  od.  was  ich  gethan 
habe"  etc.],  so  kann  ebensogut  in  dem  ursprüngl.  Substantiv  -;cN 
die  ursemitische  Bedeutung  „Ort,  Spur"  (dann  in  seinem  relativen 
Gebrauch  vom  „Ort"  überhaupt  auf  die  „Beziehung"  übertragen) 
pronominal  geworden  sein,  üebrigens  hätten  wir  nicht  einmal 
nöthig,  zu  dem  scheinbar  so  grossen  Spnmg  von  Subst.  zu  Pro- 
nomen Analogien  zu  suchen;  denn  zunächst  ist  ja  blos  ein  Ueber- 
gang von  der  Bedeutung  „Ort"  in  die  des  relativen  Begriffs  ,wo" 
(was  Sperling  für  unmöglich  hält)  zu  postuliren,  dazu  aber,  als 
zum   Uebergang   eines   Substantivs   in   eine   Coiyunction   des    Orts 

1)  Orthogr.  ungenau  im  Original  ibaina  geschrieben;  arrtisu  für  arr^l-jiu. 

2 )  Im  Original  graphisich  ungenau  irticUJU.  —  Die  Beispiele  filr  obig©  An- 
wendung von  aSar  im  Assjt.  lassen  sich  jetzt  unschwer  vormehren. 

3)  Geschrieben  mun-narib'iiU'nu  (part.  nif.);  statt  rib  kann  auch  dan 
und  Ical  gelesen  werden.  Ersteres  (muunadantfunu)  lücsse  wörtl.  „die  dahin- 
gegebenen",  doch  ist  eine  part.  pass.-Form  mvjcattal  oder  munkatal  im  Ass. 
sonst   nicht   nachzuweLson. 

4)  So  malQ.  IV  Kawl.  69, 42  „Fülle,  Inhalt,  Wesen'*,  daher  synonymum  von 

banu  „sein",  otidbu  „wohnen"  (31Ü*)  und  känu  (..1^)^    alle  vier  =  sumei[isch 

GAL;   und   malü   gr.   Syll.    141    (dort   Synon.   von   SaA'dlu    „wägen",    „Gewicht 
einer  Sache")  sumerisch   LAL. 


Hoinmel,  *^^Vt  ursprüngliches  ßubstanUv  etc,  711 

(und  der  Zeit),  braucht  nach  Analogien  in  den  semitischen  Sprachen 
nicht  lange  gesucht  zu  werden. 

Ein  Grund,  den  man  Öfter  gegen  die  Zusammengehörigkeit 
von  im»  und  ataru  „Ort"  vorgebracht  *),  dass  nämlich  gerade  dem 
Hebräischen  sonst  das  entsprechende  subsi  ^)DK  «Ort''  fehlt,  spricht 
eher  für  dieselbe;  denn  dazu,  dass  sich  Nomina  der  semitischen 
Sprachen  in  einer  derselben  nur  noch  in  einer  erstarrten  Form, 
z.  B.  als  Präposition,  Adverbium  erhalten  haben,  giebt  es  Beispiele 
in  Menge,  vgl.  nur  im  „sehr*",  ebenfalls  nur  noch  im  st  constr. 
erhalten,  ursprüngL  „in'Menge  von",  „Ausdehnung  von",  von  einem 
im  Hebräischen  verloren  gegangenen  st.  absol.  ^iKTp,  der  dem  im 
Assyrischen  gewöhnlichen  Wort  für  Menge  mudu  (z.  B.  Asarh. 
1,  23  ana  mu'di  „in  Menge"  u.  ö.,  vgl.  auch  mä'du  „viel",  ma'dtUu 
,Menge",  adv.  ma'dü  „zahlreich")  entspricht  und  mit  dem  Stamm 
mfi<  nichts  zu  thun  hat,  sondern  zu  einem  Stanun  n«»  (W.  mad 
^ausdehnen")  gehört.  Auch  ist  hier  die  Analogie  des  oben  ange- 
führten assyr.  mcja  zu  beachten;  in  den  Texten  finden  wir  malu 
„Fülle"  nicht  mehr  *) ,  nur  noch  andere  Ableitungen  des  St  «b73 
(so  das  Verbum  selbst,  z.  B.  irnlü  „er  füllt",  dann  andere  Nomina 
wie  mttu  „Hochwasser"  u.  a.),  wie  wir  ja  auch  im  Hebräischen 
noch  andere  Ableitungen  des  Stammes  ncK  (so  das  Verbum  ^'»ö», 
dann  TICK  u.  a.)  haben. 

Im  HebiUischen  gibt  es,  wie  bekannt,  noch  ein  anderes  seltener 
vorkommendes  Relativpronomen,  das  Wörtchen  —  »  oder  -^^  (mit 
folgendem  Dagesch),  das  bereits  in  den  ältesten  Stücken  der  hebr. 
Literatur  vorkonunt  und  somit  sich  als  echt  hebräisches  Sprachgut 
ausweist  Es  lag  nun  nahe,  die  beiden  hebr.  Relativpronomina 
n;sK  und  ^  in  irgend  einen  Zusammenhang  bringen  zu  wollen; 
zwei  Wege  hat  man  dabei  eingeschlagen  und  entweder  -^;o  als 
Verkürzung  aus  ^;0N  (für  welchen  Fall  es  gleich  ist,  ob  *n;o« 
ui-sprüngl.  Subst  oder  ursprüngl.  Relativconjunction)  oder  umge- 
kehrt "i;»«  als  Weiterbildung  aus  ;o  zu  erklären  versucht,  in  welch 
letzterem  Fall  natürlich  die  Aufstellung  niCÄ  st.  constr.  von  ^CK  = 

J;|  etc.  „Ort"  ausgeschlossen  bleibt  Das  vermittelnde  phön.  Re- 
lativpronomen ;^M  giebt  beiden,  zumal  der  letzteren,  das  Dagesch 
forte  nach  ^s  der  ersteren  Ansicht  die  scheinbar  kräftigsten  Beweis- 
stützen,  und  doch  müssen  beide  Versuche,  jene  zwei  Relativ- 
pronomina zusammenzubringen,  als  verfehlt  gelten.  Betrachten  'wir 
zunächst  den  ersten. 

Gegen    die  Ansicht  Ewalds,    ^^N    (das    er   übrigens   für  ein 
Deutewort,    nicht   für   den  st  c.  eines  Nomens  „Ort"  hält)  sei  zu 


1)  ächrader   in   seiner  Uecension.  der   oben  erwähnten  Abhandlaug  Stade\«, 
nnd  Sperling  a.  a.  O.,   2.  Abschnitt. 

2)  Die    ä.    3,    Anni.    8    aufgefiUirt<*n    Beispiele    sind    aus    den    sumerisch- 
fissyrischen  NationallexiclH;  nur  malu  „vulV  kommt  aach  in  Texten  vor. 


712  Hommelf  ^^K  ursprür»glic?ies  Sab^lofiUv  eU. 


brDM,  dann  einerseits  (im  Phöniziscben)  mit  Yerwerfnng  des  b  zu 
ü»,  andrerseits  (im  Hebräischen)  mit  Wegwerfong  des  K  (wie 
bn  zu  --n)  zu  -ü  imd  •  ti  geworden ,  wird  von  Sperling  mit 
Erfolg  der  primäre  Oharacter  des  tD  nachgewiesen  ^),  ,da  letzteres 
sonst  aus  der  Entwicklung  der  Belativformen  der  semitischen 
Sprachen  herausgerissen  würde*^;  nur  ist  die  Aufstellung  eines 
ursemitischen  Deuteworts  ta  verfehlt  Wenn  Sperling  hier  Sanskrit- 
und  Zendanalogien  beibringt,  so  ist  das  wobl  ein  Lrrthum,  denn 
auch  im  Indogermanischen  nimmt  man  jetzt  zwei  von  Anfang  an 
neben  einander  bestehende  Deutestämme  aa  und  ta  an,  und  im 
Semitischen  sind  die  feststehenden  und  regelmässig  durchgeführten 
Lautgesetze 

ursemitisch       arabisch       äthiopisch       hebr&isch         assyrisch 


t 

vij 

fl 

xi 

»^    (««) 

l 

d 

• 

H 

T 

11  M 

• 

t 

o 

t- 

r 

==m  (/«) 

l 

d 

o 

J? 

n 

HKTIcfo) 

• 

s 

LT 

fl 

e 

m  (Sa) 

A 

* 

W 

TD 

Ul  (»«) 

5f 

s 


LT 


fl  0  flffM         3P 


die  allein  schon  jedes  Durcheinanderwerfen  von  s  und  t  verbieten, 
von  ihm  ganz  übersehen^.  Im  Ursemitischen  sind  i  und  d')  vom 
reinen  s  (resp.  i)  und  t,  z  und  d  streng  geschieden.  —  Die^  Haupt- 
stütze derjenigen,  welche  ^  aus  niDK  verkürzt  ansehen,  ist  das  Da- 
gesch  in  dem  auf  «?  folgenden  Consonanten  und  man  hat  sich  nach 
Analogie  der  durch  die  Yergleichung  des  arab.  Artikels  ziemlich 
sicher  gemachten  Entstehung  des  hebr.  Artikels  -^'n  aus  bn,  nun 
auch  ein  aus  'no(K)  entstandenes  bti^)  zu  obigem  -^^  construirt 
Es  ist  aber,  wie  Sperling  schlagend  bewiesen  hat,  kein  zwingender 


1)  A.  a.  O.,  2.,  3.  und  6.  AbschniU. 

2)  Die  Beispiele,  die  man  dafür  anführt,  dass  \^  und  O  auch  hie  und  da 

in    andern   semitischen  Sprachen  als    dem  Aramiüschen   als   t  und  d  auftreten, 
sind  alle  anders  zu  erklären. 

3)  Ihrem  Wesen  nach  (und  wohl  aach  ihrer  un»pr.  Aussprache  nach,  die 
wir  freilich  nicht  mehr  kennen)  Mittellante  zwischen  Zischlaut  und  Dental;  die 

arab.  Aussprache   des  v:^  und  O   (=  neugr.  &  und  J)   ist   natürlich  eine  ver- 

hfiltnissmässig  moderne. 

4)  Dies  so  construirte  bV)  stimmt  mit  dem  spätem  7^,  welches,  wie  das 
daneben  (und  schon  im  Althebr.)  vorkommende  j  *niDK  beweist,  aus  TS  und 
der  DatiTpräpoHitiou  b   zusammengerückt  int,  nur  zufällig  übereiu. 


Hammel,  'll^K  urtprüngliches  Substantiv  etc,  713 

Grand  vorhanden,  wegen  der  durch  "^  herbeigeführten  Dageschining 
des  folgenden  Consonanten  hier  irgend  welche  Assimilation  an- 
zunehmen. Dass  das  Dagesch  im  Hebräischen  keineswegs  stets 
Ausdruck  einer  Assimilation  oder  absoluten  Verdopplung  sei,  son- 
dern oft  nur  den  Zweck  habe,  den  Lautkörper  des  vorhergehenden 
Wörtchens  zu  erhalten  und  es  hervorzuheben,  ist  bisher  viel  zu 
wenig  berücksichtigt  worden.  Es  wäre  doch  zu  gewagt,  beim  Waw 
consecutivum  etwa  ein  wa-la  „und  fürwahr**  voraussetzen  wollen, 
nur  um  hier  nicht  zustimmen  zu  müssen.  Ob  aber  Sperling  zu 
weit  geht,  die  Nichtannahme  einer  Assimilation  auch  auf  den 
Artikel  auszudehnen,  ist  doch  fraglich ;  mir  steht  nicht  nur  wegen 

des  dialectischen  J^,  sondern  hauptsächlich  wegen  der  Gleichheit 

von   MjVrr  und  ^^Jüt,   die   nicht   so   schnell  bei  Seite  geschoben 

werden  kann  *) ,  die  Entstehiug  von  -=-ri  aus  einem  schon  fürs 
Ursemitische  anzunehmenden  Artikel  —  oder  (wem  ich  hier  zu 
weit  gehe)  unabhängigen  Demonstrativpronomen  —  hol  sicher. 
Dieses  hcU  übrigens  hat  sonst  Spuren  im  Semitischen  hinterlassen, 
vgl.  assyr.  uUu  dieser,  jener*),  hebr.  mV«,  arab.  ülüy  iüd'ika  und 
äth.  ellü  „diese"  (pl.). 

Der  zweite  Versuch,  ^i^K  und  ;&  zusammenzubringen,  findet 
sich  bei  Sperling*)  unä  hax  vor  dem  Ewald's  den  Vorzug  der 
Einfachheit  und  Originalität,  ist  aber  meiner  Ansicht  nach  ebenso- 
wenig zu  halten  wie  der  erstere.  Danach  soll  nun  \^  zu  V3M 
(phön.),  dessen  M  als  unabhängiger  Pronominalstamm  a  erklärt 
wird,  und  dies  vermehrt  durch  den  im  Semitischen  vorkommenden 
Deutestanun  la,  der  auch  im  arabischen  Relativpronomen  cdladi 
sich  findet,  zu  bv3K  weiter  gebildet  worden  sein;  das  b  der  so 
gewonnenen,  aber  auch  in  keiner  Spur  nachweisbaren  Form  b^M 
habe  sich  dann  schliesslich  zu  'n  verdichtet  oder  verhärtet.  Dass 
natürlich  in  diesem  Fall  von  der  ursprünglichen  Substantivnatur 
von  n;sK  keine  Bede  sein  kann,  ist  klar,  und  ich  könmte,  da  ich 
oben  gerade  das  Gegentheil  aufgestellt,  sofort  über  den  Versuch 
Sperling's   hinweggehen,    es   den  Lesern   überlassend,    ob   für  sie 


1)  Dass  unabhängig  von  einander  das  Hebräische  und  Arabische  beide  vor 
'ladt  (hebr.  lazä)  ihren  (nach  Sperling  nicht  identischen). Artikel  ha  und  al 
gesetzt  hätten  (so  dass  das  hebr.  _  ursprünglich  ha^ldzä  wäre,  das  dann  erst 
durch  das  Dagesch  coi\|unct.  haüäzä  gesprochen  wurde)  kann  ich  nicht  glauben. 
Auch  Wright  (Arab.  Gramm.  I,  p.  306,  rem.  c)  hält  Jene  beiden  für  ursprüng- 
lich identisch. 

2)  1  hat  im  Assyrischen  Vorliebe  für  den  n-Vocal,  vgL  id  „nicht*',  itUu 
„weibliche  Bnwt"  =  '^"^Ol»  '^^  **^  '"^^^  neben  iitu  „aus,  von"  (s  wird 
vor  Dentalen  leicht  zu  1,  ass.  Lautgesetz),  ulsu  „Frohlocken",  uldpu  „Ver- 
trautheit, Genossenschaft"  («a  aldpu*)  u.  a. 

3)  Schluss  des  2.  und  3.  und  4.  Abschnitt. 

Bd.  XXXn.  46 


7 14  Hommd,  ^fi^  ur^prüngUcJies  SubstcmJtiv  ete. 

durch  meine  obige  Beweisführung  die  Substantivnatur  von  'nofiC 
wirklich  bewiesen  scheint  oder  nicht  Doch  auch  wenn  ein  Sub- 
stantiv ataru  ,Ort*,  mit  welchem  ich  ^ton  identificirt  habe,  gar 
nie  im  Semitischen  existirt  hätte,  würde  ich  aus  zwei  Gründen 
hier  nicht  beistimmen  können,  nämlich  einmal,  weil  ich  den  Wechsel 
von  1  und  r  im  Semitischen  (ausgenommen  höchstens  den  dialec- 
tischen  Wechsel  in  einzelnen  der  semitischen  Sprachen,  vgl.  z.  B. 
die  Wörter,  die  Sujüti  fürs  Arabische  anfuhrt)  fitr  nicht  erwiesen, 
ja  einfach  für  unmöglich  halte,  und  dann  weil  wir  in  keiner 
Conjunction  oder  Adverbiatpartikel  irgend  einer  semitischen  Sprache, 
auch  des  Assyrischen  nicht,  ein  r  als  Pronominalstamm  verwendet 
finden  ^).  Nur  beiläufig  sei  hier  bemerkt,  dass  es  ein  Irrthum  ist, 
wenn  Sperling  behauptet,  das  Altägyptische  habe  für  1  und  r 
nur  ein  Zeichen  gehabt;  der  liegende  Löwe  ist  das  Zeichen  für  l 
imd  der  an  beiden  Seiten  zugespitzte  Mond  das  Zeichen  für  r. 

Meiner  Ansicht  nach  haben  ^\^  und  is  gar  nichts  mit  ein- 
ander  zu  thun.  Ueber  die  Substantivnatur  von  *n©K  wurde  schon 
oben  ausführlich  verhandelt,  und  so  bleibt  nur  noch  übrig,  das 
Belativum  \z;  näher  zu  besprechen  und  ihm  seine  Stellung  (resp. 
Verwandtschaft  mit  andern  Partikeln)  in  den  semitischen  Sprachen 
anzuweisen.  Die  ältere  Aussprache  ist  natürlich  xo.  Es  ist  von 
Sperling  verfehlt,  nVüin73  in  «11^73  (,Eigenthum")  c  und  nb  =  nr.b 
zu  zerlegen  und  daraus  die  Ursprünglichkeit  des  e-Vocals  in  d 
beweisen  zu  wollen;  Meämä€^el  (ein  rein  assyrisches  Wort:  mutu 
äa  iU  ,|Mann  Gottes*^)  und  Methuäilah  sind  dieselbe  Person,  folg- 
lich sind  auch  die  Namen  ursprünglich  dieselben,  nur  dass  letzterer 
hebrtlische  Volksetymologie  des  Elohisten  ist,  der  dabei  an  nbc 
„Geschoss**  dachte.  Dass  das  a  bei  \z;  das  ursprüngliche  und  ur- 
semitische ist,  beweist  ausser  dem  xo  in  den  von  Sperling  citirten 
Stellen,  deren  Alter  er  ja  selbst  verficht,  schon  hinreichend  das 
assyrische  Relativpronomen  ia,  sowie  die  Analogie  des  den  weichem 
Zischlaut  aufweisenden  äthiopischen  ^* 

Im  Ürsemitischen  haben  nun  nebeneinander  folgende  zwei 
(resp.  vier)  Belativconjunctionen  bestanden: 

a)  mit  der  weichem  Nuance  des  Dentalzischlauts 

da  (äth.  H;,  aram.  j,  "n), 

woneben  vielleicht  auch  schon  im  Ursemitischen  das  einfach  durch 
Umspringung   des  Vokals   entstandene   ad   (vgl.   samar.  ^/^   ed-. 


1)  Dts  r  in  ^  „wo  nur,  wo"  (neben  )0    »hier,  da"),  in  )0909  .,bior,  da*' 

p  r«  p 
und  in  jOJL^O)  „ebendaselbst"  ist  eine  specielle  Eigentbümlichkeit  des  Syriscben, 

welcbes  eine  besondere  Vorliebe  für  den  r-Laut  gehabt  zu  haben  scheint;    vgl. 


Hommel,  'W}^  ursprüngliche»  Substantiv  ete,  715 

wie  dort  das  Relativpronomen  mit  Suffix  lautet,  während  es  sonst 
^  de  heisst)  existirt  haben  mag. 

b)  mit  der  starkem  Nuance  des  Dentalzischlauts 

ta  (ass.  äa,  hebr.  w,  iD), 

woneben  (wahrscheinlich  auch  schon  im  Ursemitischen)-  ein  at  (vgl. 
phön.  "ö«)  sich  gefunden  hat  ^).    Dass  die  Grundform  von  J^  und  iD 

nicht  ^a,  sondern  ta  ist,  wird  durch  die  auffallende  Analogie  von 
da  (daneben  ad)  zu  ;»  (daneben-  ID«)  zur  höchsten  Wahrschein- 
lichkeit erhoben;  auch  ist  zu  bedenken,  dass,  während  wir  das 
reine  O  sonst  nie  in  Pronominalstämmen  verwendet  finden,    \^  in 

solchen  vorkommt  (^^  Jpl,  taiö,  ass.  himma). 


1)  Dass    wir    hior    einfach    eine  Umspiingung   des  Vokals   vor  uns  haben, 
beweisen  andre  Beispiele,  z.  B.  r|M  und  ö ,  ^9  ^^^  ^    {^  j  ^^^-  ^)>  ^^  (^0 

und    1     (^ ,    ass.    wd)    und    andere.     Einen   semitischen   Pronominalstamm    a 

(Sperling)    giebt    es    nicht;    man   darf  von  der  indog.  Sprachvergleichung  nicht 
ohne  weiteres  alles  aufs  Semitische  fibertragen.     Aus  demselben  Grund  ist  auch 

u3K  keine  „Weiterbildung*'  von   10. 


46* 


716 


Varena. 

Von 

Fr.  Spiegel. 

In  meiner  Anzeige  der  Darmesteter  sehen  Schrift  über  Ormazd 
und  Ahriman  (Jenaer  Lit.-Zi  nr.  19  von  1878)  habe  ich  geäussert, 
dass  mir  die  Gleichsetzung  von  Varena  und  Yaruna  bedenklich 
erscheine,  ohne  mich  jedoch  auf  weitere  Gründe  für  meine  Zweifel 
einzulassen.  Da  nun  solche  Zweifel  nicht  blos  mit  den  jetzt  all- 
gemein geltenden  Anschauungen,  sondern  auch  mit  meiner  eigenen 
früher  geäusserten  Ansicht  im  Widerspruche  stehen,  so  halte  ich 
es  für  nützlich,  sie  hier  mit  einigen  Worten  zu  rechtfertigen. 
Dabei  bemerke  ich  im  Voraus,  erstens,  dass  ich  die  Gleichsetzung 
von  Varena  und  Varupa  selbst  Jahre  lang  gebilligt  habe  und  erst 
durch  genauere  Untersuchiugen  bei  dem  Studium  des  oben  ge- 
nannten Werkes  an  meiner  früheren  Ansicht  irre  geworden  bin,  imd 
zweitens,  dass  ich  auch  jetzt  nicht  beabsichtige,  die  gewöhnliche 
Annahme  definitiv  zu  widerlegen,  sondern  nur  sie  als  zweifelhaft 
erscheinen  zu  lassen.  Dass  aber  zu  Zweifeln  in  der  That  Orund 
vorhanden  ist,  mögen  die  nachfolgenden  Bemerkungen  zeigen. 

Fragen  wir,  wie  oft  das  Wort  Varena  im  Awesta  vorkomme 
und  was  dasselbe  bedeute,  so  ist  die  Antwort  höchst  einfach. 
Es  findet  sich  Varena  an  folgenden  vier  Stellen: 

Vd.  1,  67 — 69.  cathruda9em  a9a^hämca  shoithranSmca  vahistem 
frr\thwere9em  azem  yo  ahuro  mazd&o  varenem  yim  cathrugaoshem 
yahmäi  zajata  Thraetaono  jaüta  azhois  dahakai.  Als  den  vier- 
zehnten besten  der  Orte  und  Plätze  schuf  ich,  der  ich  Ahura 
Mazda  bin,  Varena  mit  den  vier  Winkeln,  für  welches  geboren 
wurde  Thraetaona,  der  die  Schlange  Dahäka  schlug. 

Yt  9, 13.  täm  jazata  v590  puthro  äthwy&nois  vi^o  9Ürajao 
Thraetaono  upa  varenem  catiiru-gaoshem.  Ihr  opferte  der  Sohn 
des  athwyanischen  Clanes,  (der  Sohn)  des  starken  Clanes:  Thrae- 
taona bei  Varena  dem  viereckigen.     Ganz  gleichlautend  Yt.  1 5,  2S. 

Yt.  5,  SS.  Diese  Stelle  ist  ganz  identisch  mit  der  eben  an- 
geführten, nur  dass  am  Schlüsse  der  Plural  statt  des  Singulars 
steht,     upa  varenaeshu  cathru-gaoshaeshu.     Dieser  Plural  kann  bei 


Spiegel,  Varena,  717 

der  Gleichheit   der  Stelle  keinen  anderen  Sinn  haben  als  der  Sin- 
gular in  den  zuerst  angeführten  Stellen. 

Durch  diese  Angaben  haben  wir  bereits  die  zweite  der  oben 
aufgeworfenen  Fragen  beantwortet,  nämlich  was  Varena  im  Awesta 
bedeute.  Namentlich  die  erste  der  angeführten  Stellen  lässt  darüber 
keinen  Zweifel:  Varena  ist  ein  irdisches  Land,  welches  mit  dem 
Thraetaona,  einem  Helden  der  Vorzeit,  in  nahe  Beziehung  gesetzt 
wird.  Dies  ist  aber  auch  Alles  was  wir  aus  den  Grundtexten 
über  Varena  entnehmen  können;  um  zu  erfahren,  wo  dieses  Land 
lag,  werden  wir  uns  an  andere  Schriften  wenden  müssen.  Befragen 
wir  zuerst  die  Huzväresch-Uebersetzung  des  Vendid&d  (bei  Geiger 
p.  22.  59  flg.),  so  hören  wir,  dass  nach  Einigen  Varena  in  den 
Patashqarbergen ,  nach  andern  in  Kirmän  liegen  solle,  die  vier 
Winkel  werden  entweder  als  vier  Wege  gefasst,  die  zu  dem  Orte 
führten,  oder  auch  als  vier  Thore,  endlich  die  über  Varena  ver- 
hängte Plage  soll  nach  denen,  welche  Varena  im  Patashqar  suchen, 
die  Kälte,  nach  denen,  welche  es  nach  Kirmän  versetzen,  der 
Regen  sein.  Ich  wüsste  nicht,  aus  welchem  Grunde^ wir  die  Be- 
lehrung von  der  Hand  weisen  sollten,  welche  uns  diese  Nachricht 
zu  gewähren  im  Stande  ist.  Es  waren  also  schon  zur  Zeit  der 
SäslUiiden  die  Meinungen  getheilt,  wo  man  Varena  zu  suchen 
habe,  die  Einen  suchten  es  in  den  Patashqarbergen,  d.  i.  im 
heutigen  Elburj  (vgl.  Justi,  Beiträge  zur  alten  Geogr.  Persiens 
2, 3  und  meine  Alterthumsk.  1,  61  not.),  also  im  Norden  des  Landes, 
die  andern  in  Kirmän,  also  in  Südörän.  Grund  dieser  Abweichung 
ist  wahrscheinlich,  dass  es  m  Erän  zwei  Gebirgszüge  gab,  welche 
den  Namen  Patashqar  führten,  denn  während  nach  den  morgen- 
ländischen Quellen  dieses  Gebirge  in  der  Nähe  des  Demävend  zu 
suchen  ist,  weiss  Strabo  (15,72?)  auch  noch  von  persischen 
IlaxuaxoQiJQ  zu  erzählen,  und  aus  diesem  südlichen  Gebirge 
stammt  wohl  jener  Gobryas,  der  in  den  Keilinschriften  P&tishuvaris 
genannt  wird.  Die  Abtrennung  der  Provinz  Oaramania  von  der 
Persis  ist  spät,  weder  die  Keilinschriften  noch  Herodot  kennen 
sie,  es  mag  also  Patashqar  sehr  wohl  der  Name  jenes  Gebirgszuges 
gewesen  sein,  der  die  grosse  Wüste  im  Westen  begrenzt  und  von 
Teher&n  bis  nach  der  Stadt  Kirmän  läuft.  Eine  zweite  Möglich- 
keit, die  Entstehung  dieser  zwei  Ansichten  zu  erklären,  wäre  die 
folgende.  Varena  ist  nicht  der  Geburtsort  des  Thraetaona,  wenigstens 
nach  Firdosis  Angaben  werden  wir  annehmen  müssen,  dass  er  in 
Persepolis  geboren  war,  nach  dem  Tode  seines  Vaters  wurde  er 
zuerst  an  einen  einsamen  Ort  geflüchtet,  wo  die  Kuh  Purmäye 
(oder  Bermäje)  ihn  ernährte,  später,  als  er  auch  dort  nicht  mehr 
sicher  war,  flüchtete  er  mit  seiner  Mutter  an  den  Alborj.  Man 
könnte  nun  annehmen,  dass  in  Kirmän  das  erste,  am  Demävend 
das  zweite  Versteck  des  Thraetaona  gesucht  worden  sei.  Es  lässt 
sich  aber  auch  noch  ein  dritter  Ort  für  Varena  geltend  machen. 
Schon  Westergaard  hat  (indische  Studien  3,  415)  vermuthet,    dass 


718  Spiegel,  Varena, 

man  Varena  in  der  Gegend  von  Indien  suchen  müsse,  weil  gleich 
darauf  dieses  Land  als  das  fun&ehnte  genannt  wird,  dafür  spricht 
weiter,  dass  Firdosi  (1,  42. 7  ed.  Vullers)  den  Fr^dün  ausdrücklich 
nach  Indien  wandern  lässt,  und  auch  sonst  lässt  Firdosi  den  Alhorj 
in  Indien  liegen  (vgl.  Shähn.  1.  c.  135,  u.  136, 12  und  171,  ft).  Es 
ist  sehr  wohl  möglich,  dass  man  in  der  Umgegend  von  Ghazna 
und  seihst  schon  in  Tüs  den  Alhorj  im  Hindükush  und  im  Himalaya 
suchte,  doch  müssen  wir  sagen,  dass  nach  des  Firdosi  eigener  Er- 
zählung ein  indisches  Varena  nicht  recht  passt,  und  wir  werden 
festhalten  müssen,  dass  die  Thraetaonasage  in  der  Form,  in  welcher 
wir  sie  kennen,  am  Dem^vend  ihren  Sitz  hat.  Genaueres  üher  die 
Lage  des  dortigen  Varena  gieht  uns  die  Localsage  Taberistans, 
auf  die  ich  schon  öfter  aufmerksam  gemacht  habe.  Es  heisst 
nämlich  bei  Sehir-eddin  p.  11  ed.  Dom:  „der  älteste  Landstrich 
von  den  Landstrichen  Taheristans  ist  L^rjän,  wo  Afr^dün  in  dem 
Dorfe  Verek,  welches  ein  Flecken  in  jener  Gegend  ist,  gehören 
wurde.  Der  Grund  war,  dass  die  Familie  des  Jamsh^d,  nachdem 
der  Araber  Pahäk  den  Jamshed  in  Stücke  geschnitten  hatte,  vor 
ihm  (Dahak)  floh,  so  dass  das  Andenken  an  dieselhe  unter  den 
Menschen  schwach  wurde.  Die  Mutter  des  Afrödün  mit  ihren  An- 
gehörigen fand  Zuflucht  am  Fusse  des  Berges  Dunyahend  (d.  i. 
Demävend)  in  dem  genannten  Dorfe**.  Diese  Ansicht  widerspricht 
dem  Berichte  Firdosi's  nur  darin,  dass  sie  den  Thraetaona  in  Va- 
rena gehören  werden  lässt,  in  diesem  Punkte  dürfte  Firdosi  das 
Richtige   geben.     Sehir-eddin    erzählt  femer,    dass   sich   Afir^dün, 

nachdem  er  erwachsen  war,   in   den  District  Läpür  (  » j-J)  begah, 

welcher  am  Bobalflusse  südlich  von  Bärferüsh  liegt  (vgl.  Melgunof, 
das  südliche  Ufer  des  kaspischen  Meeres  p.  151.  195),  und  dass 
sich  zuerst  die  Bewohner  Taheristans  um  ihn  schaarten;  als  er 
mit  seinem  Heere  nach  Iräq  aufbrach,  stiess  in  Isp&hän  der  Schmied 
Käve  zu  ihm ;  vereint  überfielen  sie  den  Dahäk  in  seinem  Schlosse 
zu  Baghdäd,  nahmen  ihn  gefangen  und  brachten  ihn  nach  Verek, 
als  dem  Geburtsorte  des  Afr^dün.  In  späterer  Zeit  soll  dieser 
Fürst  in  Tamm^sha  seine  Residenz  aufgeschlagen  haben  ^). 

Nach  diesen  Nachrichten  haben  wir  also  das  Recht,  Verek 
oder  Varena  in  L&rjän  zu  suchen,  einem  Thale  unmittelbar  am 
Demavend,  das  nach  Ritter's  Angaben  (Asien  8,  501)  an  72  Dörfer 
umfasst,  von  welchen  eines  das  Dorf  Verek  sein  muss,  gegenwärtig 
ist  das  bekannte  Städtchen  Ask  der  Hauptort  des  Districtes.     Den 


1)   Cathru-gaosha  hat  sich   bei    Sehir-eddin    (1.  c.    p.  13)    in    dem   Namen 
Oosh   erhalten,   das   nach    seiner  Angabe    einen  Berg  und  ein  Dorf  im  District 

Kiyür  (\y^^)  nördlich  von  Amol  bezeichnet  (vgl.  Melgmiof  l.  c.  p.  152.  211). 

Ich  fieisse  cathru-gaosha  ab  \'iereckig  und  erinnere  an  den  Vftra  des  Tima,  von 
dem  es  heisst,  dass  er  caretu-drftjo  kemcit  paiti  cathrushanäm  sei,  also  wohl 
viereckig. 


Spiegel,  Varena,  719 

Weg,  der  nach  Lärj^  fahrt,    beschreibt  uns  Ritter   (L  c.  499  fg.) 
bei  Gelegenheit  der  Route   von  Amol  nach   der  Stadt  Demavend. 
Von  Amol  aus   führt   uns   dieser  Weg  am  Herhazflusse   aufwärts 
und  verlSsst  die  Ebene  sieben  Stunden  südlich  von  der  genannten 
Stadt.     ,,Der  Weg  steigt  auf  ganz  engem  Pfade,  der  oft  nur  3 — 4 
Fuss  breit  in  Felsstufen  gehauen,  oder  mit  Holz  und  Steinstücken 
belegt  ist,  wo  tiefer  Lehmboden  sich  zeigt ;  durch  fdrchtbare  Regen^ 
güsse    oft    aber   wieder   g&azlich    zerstört**.      Nach   fünf  Stunden 
Steigens  führt  der  Weg  wieder  an  das  Strombett  des  Herhaz  und 
man   gelangt  nach    einer   Stunde   nach  Parus,    einem    verfallenen 
Karvanseräi.     „Von  hier,  gegen  Süden,  wird  der  Weg  auf  hartem 
Fels,  im  trockenen  Klima,  schon  besser ;  doch  bleibt  er  immer  nur 
enger   Fusspfad,    der  nicht   selten  in   überhängenden   Felsen  ein- 
gehauen ist.  Unglück,  bei  Sturm  und  Regen,  ^urch  Felsstürze  u.  s.  w. 
ist   nicht   selten  ....     Zwei   Stunden   weiter    schliessen    sich   die 
Berge  zu  beiden  Seiten  des  Herhaz,  der  hier  zwischen  senkrechten 
Felsmauem  durch  die  Tiefe  dahin  tobt,  der  oft  nur  3  Fuss  breite 
Pfad  schwebt  200  Fuss  über  dieser  Tiefe  und  ist,  einer  Via  mala 
gleich,   in  Fels  gehauen,    eine   halbe  Stunde  lang.     Dieses  Defil^ 
soll  der  einzige  Eingang  zum  Districte  L4rj4n  sein*.     Nachdem  die 
Strasse   in   den   District   Lärjan    eingetreten  ist,    wird   sie   wieder 
besser  und  fuhrt  über  Väne  nach  Ask,  einer  kleinen  Stadt,  die  an 
dem  steilen  Ufer  des  Herhaz  auf  mehrere  Stufen,    einige  hundert 
Fuss  hoch  übereinander,   aufgebaut  ist,   zur  Seite  steigt   der  De- 
mÄvend  als  unüberwindliche  Gebirgswand  empor.     ^Doch  auf  allen 
Seiten  ziehen  hohe  Bergketten  umher,   und  nur  der  Fluss  wusste 
sich  den  Aus-  und  Eingang  zu  brechen.     Nicht  fem  von  der  Stadt 
verlässt  der  Weg  das  Flussufer,  und  man  hat  die  südliche  Schulter 
des   steilen   und  felsigen  Demavend   zu   übersteigen,  die   auf  der 
grössten  Höhe  wohl  1300  F.  engl,  über  den  Strom,  eine  absolute 
Höhe  von  6756  Fuss  Par.  erreicht*.     Weiterhin  heisst  es:   „Dieser 
Weg  ist  im  Winter  durchaus  nicht  passirbar;  keine  Reiterei  kann 
in  dieser  Jahresz^t  sich  dem  Gebirgsgau  Lärjän  auch  nur  annähern. 
Nur  dem  gewandten  Fussgänger  bleibt  es  möglich,  auch  dann  noch 
diese  Höhen  zu  erklettern  ....    Der  Hinabweg  ist  verhältnissmässig 
leichter,  und  auch   weit  kürzer,   als   der  Aufweg;   doch   war   er, 
Ende  April,  durch  halbgefrorene  Schneestellen  und  gewaltige  Fels- 
blöcke, ungemein  beschwerlich.     Nahe  am  Fusse  dieses  Berges  er- 
giesst   sich  vom   Demavend   herab    das  Bergwasser  des  Lär  zum 
Herhaz,   von   welchem  Zuflüsse  der  ganze  Gebirgsgau  den  Namen 
L^r  oder  Lärjän   zu  haben  scheint.     Eine  Steinbrücke  führt  über 
ihn.     Nun  geht  der  Weg  hinab   wieder  zum  Herhaz-Ufer  zurück; 
dieser  wilde,  mehr  östliche  Strom  ist  hier  aber  zum  Gebirgsbache 
verkleinert.      Man    steigt    seine    Engschlucht    wieder    empor    auf 
klippigen,    engen  Pfaden,   kaum   für  Maulthiere  gangbar,   bis  zur 
Culmination  des  Passes,  die   hier  6566  F.  Par.   über  dem  Meere 
Uegt*. 


720  Spiegel,  Varena, 

Man  sieht,  es  ist  ein  sehr  unnahbarer  Ort,  den  sich  Tfaraetaona 
zum  Vei-steck  ausersehen  hatte,  und  wenn  Westergaard  (1*  c.)  auf 
die  Frage,  was  varena  eigentlich  bedeute,  die  Antwort  giebt,  es 
bedeute  das  Abwehrende,  Hindernde,  Abgegränzte,  so  wird  er 
schwerlich  von  irgend  einer  Seite  einen  Widerspruch  erfahren. 
Es  ist  nun  auch  ganz  in  der  Ordnung,  wenn  Thraetaona  den  ge- 
fangenen Dahäka  in  seine  Burg  Varena  schleppt  und  den  benach- 
barten Demävend  als  sein  Burgverliess  benutzt  Keine  einzige 
Aeusserung,  weder  im  Awesta  noch  in  der  späteren  Sage  weist 
darauf  hin,  dass  man  jemals  diese  Vorgänge  anderswo  als  auf 
der  Erde  gesucht  habe  und  mit  der  Annahmt,  sie  seien  vom 
Himmel  auf  die  Erde  verlegt  worden,  muss  man  vorsichtig  sein, 
man  müsste  erst  wissen,  wie  sie  denn  an  den  Himmel  hinauf 
kamen.  Um  nun  zu  beweisen,  dass  Varena  früher  etwas  Anderes 
bedeutet  habe  als  das  irdische  Land  Varena,  von  welchem  wir 
soeben  sprachen,  muss  man  das  Gebiet  der  iranischen  Philologie 
vollkommen  verlassen  und  sich  auf  das  der  vergleichenden  Mytho- 
logie begeben.  Dort  wird  nun  behauptet,  dass  das  Wort  Varena 
dasselbe  sei  wie  skr.  Varuna,  griech.  oigavog.  Fragt  man  nun, 
wie  es  möglich  sei,  dass  man  das  eben  genannte  Sanskritwort  mit 
dem  griechischen  vergleiche,  da  das  erstere  in  der  mittleren  Sübe 
ein  u,  das  letztere  ein  a  zeigt,  so  erhält  man  die  Auskunft,  dass 
nicht  bloss  in  diesem  einzelnen  Falle,  sondern  sehr  häufig  im 
Sanskrit  hinter  einem  r  ein  u  statt  eines  geforderten  a  sich  ent- 
wickelt habe,  und  durch  diesen  Nachweis  werden  in  der  That  die 
Schwierigkeiten  einer  Vergleichung  von  varuna  und  oigavog  voll- 
komnien  beseitigt.  Will  man  zu  diesen  beiden  Wörtern  auch  das 
6r&nische  varena  hinzunehmen,  so  wird  man  zugeben  müssen,  dass 
aus  dem  mittlem  a  der  Grundform  varana  ein  e  wurde.  Es  lag 
Tun  so  näher,  diess  wirklich  anzunehmen,  als  sich  ja  in  den  End- 
silben a  vor  n  beharrlich  zu  e  abschwächt.  Nähere  ünt-ersuchung 
muss  indessen  bedenklich  machen,  in  der  Mitte  der  Wörter  finden 
wir  zwischen  r  und  n  die  verschiedensten  Vocale,  cf.  zairina, 
tauruna,  namentlich  aber  auch  a,  wie  akarana,  ädarana,  carana, 
endlich  auch  varana,  aiwivarana.  Es  fragt  sich  also,  ob  die 
Endungen  ena  und  ana  ganz  identisch  seien,  darüber  werden  uns 
nur  die  Wörter  Auskunft  geben  können,  die  auf  — rena  endigen, 
es  sind  dies  die  folgenden:  a^perena,  &o^fuharena,  upa9tarena, 
erenava,  karena,  karen^o,  qarena  (paitisqarena,  vi^poqarena,  haomoqa- 
rena^h),  ctcarena,  zarenumaftli;  1.  2.  darena  (avaderena,  ushidarena), 
paityärena,  parena  (parena^h,  parenu),  perena,  aperena,  perenäyus, 
perenin,  fra^parena,  barena,  barenus,  marenis,  1.  2.  3.  varena 
(aiwivarena,  tavarena,  duzhvarena,  yävarena),  varenya,  v^enva, 
Verena,  9karena,  ha^Tuharena,  haiidvarena,  bamerena,  hakurena,  huz- 
värena.  Aus  der  Zahl  dieser  Wörter  wollen  wir  nun  zuerst  die- 
jenigen ausheben,  deren  Erklärung  gesichert  erscheint: 

karena   Yi  11,2   bedeutet   sowohl   der   Tradition    als    dem 


Spiegel,   Varma,  721 

Zusammenhange  nach  soviel  als  nOhr**,  es  mass  also  mit  skr.  karna 
verglichen  werden. 

karenäo  Yi  5,93.  Eine  Tradition  ist  nicht  vorhanden,  aber 
der  Zusammenhang  zeigt  ganz  deutlich,  dass  das  Wort  „taub*'  be- 
deuten muss,  es  wird  wohl  wieder  das  durch  ein  Suffix  erweiterte 

karena  sein.     Im  Neupersischen   entspricht  S,   kar,   nach  Vullers 

soll  es  auch  erlaubt  sein  S  zu  schreiben,  die  Verdopplung  würde 

auf  die  Assimilation  eines  Consonanten  hindeuten,  am  wahrschein- 
lichsten auf  n,  doch  liesse  sich  auch  an  skr.  kharva  oder  kharba, 
schadhaft,  denken. 

1    darena  oder  derena  Yt.  10,38  Spalte,  Riss,   Schlucht, 

entspricht  dem  Ja^a  bei  Ptolemäus  (6,  i)  und  neup.  ^j^ ,    darra, 

Thal.  Im  Sanskrit  entspricht  dir^a.  Dieselbe  Bedeutung  lässt 
sich  auch  fOr  avaderena  festhalten. 


parena,   Feder,   ist  neup.  ^  parr,  skr.  par^a.     An  parena 

ist  auch  perenin,  beflügelt,  anzuschliessen. 

perena,  voll,  ist  natürlich  skr.  pürna,  mit  diesem  Worte  ist 
auch  noch  parenu  und  parena^h,  sowie  aperena  und  aperenäyus 
zu  verbinden. 

2  varena,  Bedeckung,  Bekleidung,  ist  skr.  varna,  was  in 
seiner  Grundbedeutung  gleichfalls  Decke  bedeutet.  Diese  Bedeutung 
passt  auch  für  aiwivarena.  Auch  3  varena,  das  Wort  welches 
uns  hier  vorzugsweise  beschäftigt,  wird  von  diesem  Worte  nicht 
zu  trennen  sein,  sondern  auf  die  nämliche  Grundbedeutung  zurück- 
gehn;  1  varena,  Wunsch,  Wahl  wird  die  nämliche  Grundform 
haben,  aber  auf  var,  wählen  zurückgehn.  Das  Adjectivum  varenya 
geht  natürlich  auf  eines  dieser  drei  varena  zurück,  nach  der  Tra- 
dition würden  wir  es  zu  2,  nach  der  am  meisten  verbreiteten  An- 
sicht zu  3  varena  zu  stellen  haben. 

In  allen  den  besprochenen  Wörtern  ist  e  die  sogenannte 
Svarabhakti,  das  Suffix  ist  nicht  — ana,  sondern  na.  Verschieden 
ist  also  4darana,  Name  eines  Berges,  eigentlich  wohl  Stütze,  upa- 
darana,  Bedeckung,  Schutz,  aiwivarana,  Schutz  und  auch  das  Y9. 
44,2  und  als  Citat  Y9.  19,42  vorkommende  varana,  das  activ  als 
das  Wählen,  Belieben  zu  fassen  ist,  varena  aber  als  das  Gewählte. 
Bei  den  nachfolgenden  Wörtern  ist  uns  die  Gleichsetzung  des  — ena 
mit  skr.  na  wahrscheinlich,  wenn  auch  nicht  gewiss. 

Ao<7uharena,  das  woraus  man  isst,  kann  man  auf  qar  +  a 
zurückleiten,  das  Wort  müsste  im  Sanskrit  etwa  äsvar^a  lauten. 

Upa9tarena,  Decke,  wird  von  Justi  und  Fick  auf  upastarana 
zurückgeleitet,  upastinja  würde  ebensogut  passen. 

qar  ena,   was   gegessen   oder   genossen   wird,   findet   sich   in 

avo-qarena,  das  übersetzt  ist  mit  syi^\  potationis  locus  d.  i.  der 


722  Spiegel,  Varena, 

Ort,  wo  getranken  wird,  dann  in  paitisqarena,  Gresicht  oder  Kinn- 
backen (vgl.  meine  Bemerkungen  zu  Vd.  3,  4«),  das  Wort  kann  von 
qar,  leuchten  oder  von  (^ar,  essen  abgeleitet  werden,  namentlich 
bei  der  letzten  Annahme  passt  die  passivische  Auffassung  sehr  gut 

qarena^h,  Glanz,  schon  das  neupersische  H^  khorra  macht 

es  ganz  sicher,  dass  das  Wort  vom  qar,  leuchten,  mit  einem  Suffixe 
na^  abgeleitet  werden  muss. 

paityarena  Yt.  8,59  kann  füglich  mit  ^entgegengesetzt' 
übertragen  werden,  der  Acc.  ist  von  paiti  abhängig. 

fra9parcna  Yi  14, 11  erscheint  als  Beiwort  des  Kameeis, 
das  Wort  kommt  bestimmt  von  Qpar,  gehen,  doch  wage  ich  die 
Bedeutung  nicht  mit  aller  Sicherheit  festzustellen. 

zaothro-barena  findet  sich  Vsp.  11,  s.  12,85  nnr  in  meiner 
Ausgabe,  Westergaard,  an  den  sich  Justi  anschliesst,  schreibt  an 
den  betreffenden  Stellen  zaothro-barana.  l^ch  habe  barena  mit 
dreien  meiner  Handschriften  geschrieben,  nur  eine  einzige  mir 
bekannte  giebt  barana,  eine  sogar  baremna.  Zaothro-barena  ist 
natürlich  das  worin  Weihwasser  getragen  wird. 

yävarena  und  tävarena  erkläre  ich  jetzt  mit  Justi:  von 
was  für  Glauben  und  von  solchem  Glauben,  schliesse  sie  also  an 
1  varena  an.     Dasselbe  gilt  auch  von  duzhvarena. 

ha^uharena.  Trotz  der  Bemerkungen  Hübschmann's  (s.  diese 
Zeitschr.  XXVUI,  78)  ist  es  auch  heute  noch  meine  üeberzengung, 
dass  Aspendiarji  Recht  daran  thut,  wenn  er  ha^xiharene  als  die 
beiden  Ohren    fasst   (Destdr  Daräb   wenigstens  als  das  linke  Ohr: 

v^^^c^  ijiiji)  weil  mir  scheint,  dass  es  hauptsächlich  die  Sinnes- 
organe sind,  die  in  den  Schutz  des  Haoma  gebracht  werden  sollen. 
Meine  frühere  Etymologie  gebe  ich  aber  auf,  erinnere  jedoch  dafür 
an  skr.  sasvar,  heimlich  imd  an  lat.  susurro.  Die  Wurzel  würde 
jedenfalls  svar,  tönen,  sein. 

Neben  diesen  Wörtern,  welche  dafür  sprechen,  dass  ihr  Affii 
na  und  das  vorhergehende  e  blose  Svarabhakti  sei,  giebt  es  auch 
einige,  die  für  die  Ansicht  sprechen,  dass  ena  eine  Entartung  des 
Suffixes  ana  sei. 

Ushidarena  wird  stets  mit  hösh-dashtar  übersetzt,  also  Halter 
des  Verstandes ,  ganz  wie  upa-darana  Vd.  8,  i.  Die  überwiegende 
Lesart  der  Handschriften  ist  gewiss  ushi-darena,  doch  geben  auch 
immer  einige  derselben  ushi-darana,  und  es  ist  die  Frage,  ob  nicht 
der  Uebersetzer  so  gelesen  hat 

haüdvarena,  das  Zusammenlaufen,  lässt  sich  doch  gewiss 
besser  =  haüdvarana  auffassen,  als  dass  es  an  der  Stelle  eines 
ursprünglichen  haiidvama  stehen  sollte. 

Endlich  hamerenem  steht  doch  gewiss  für  altp.  hamarana, 
und  dieses  ist  das  indische  samarai;ia. 

Dunkel  bleiben  noch  die  Wörter  a9perena,  erenava,  cicarena. 


Spiegel,  Varena,  723 

zarenumafit,  zarennmaini,  barenus,  marenis,  yerenva,  Verena,  ^karena, 
hakurena,  huzvärena. 

Auch  wenn  wir  varena  auf  var^a  zurückleiten,  mithin  von 
varuna  und  ovgavog  abtrennen,  fehlt  es  uns  nicht  an  vergleich- 
baren Wörtern.  Zuerst  ist  an  vära  zu  erinnern,  womit  wohl  der 
Name    der   von  Strabo  (11,523)   genannten  Festung  Ouiga,   sowie 

das   neuere   ».b^  Mauer,  in  Verbindung  steht.     Noch  näher  klingt 

an  der  Name  Aomos,  so  heisst  nämlich  nicht  bloss  eine  indische 
Festung  (Arrian  Anab.  4, 28. 1  fg.) ,  sondern  auch  eine  baktrische 
(Arrian  1.  c.  3, 29. 1).  Ich  habe  früher  im  Anschluss  an  Lassen 
diesen  Namen  durch  das  indische  ävarai^a  erklärt,  er  kann  aber 
ebensogut  eränisch  sein,  als  indisch.  Endlich  verweise  ich  noch 
auf  skr.  van^u,  dies  ist  nach  Panini  4,  2. 103  und  Ujjvaladatta  3,  38 
der  Name  eines  Flusses  und  der  an  ihm  liegenden  Gegend.  Da 
man  ohne  Anstand  skr.  Paryu  mit  dem  eränischen  Pär9a  vergleicht, 
da  wir  femer  im  Sanskrit  selbst  Turva9a  und  Turvasu  neben 
einander  finden,  so  steht  wohl  der  Vergleichung  von  varj^^u  mit 
varena  nichts  im  Wege.  Aus  dem  Beispiele,  welches  Panini  an- 
führt: yath4  hi  jätam  himavatsu  käntbakain,  darf  man  wohl  schliessen, 
dass  Var^u  im  HimMaya  zu  suchen  sei.  Zieht  man  die  Erklärung 
durch  varana  vor,  so  kann  man  an  Fa-la-na  i.  e.  Varana  denken, 
welches  Land  Hiouen-Thsang  im  Süden  von  K4bul  durchreiste. 


724 


Notizen  und  Correspondenzen. 
Veber  die  Endung  kari,  kert,  gird  in  St&dtenamen. 

Von 

A.  D.  Mordtmami,  Dr. 

Im  XXX.  Band  dieser  Ztschr.  S.  138  ff.  und  im  XXXI.  Bd. 
S.  495  ff.  haben  die  Hm.  Hübschmann  und  Blau  über  die  £ndung 
kart,  gird  in  Städtenamen  einige  ausführliche  Erläuterungen  ge- 
geben, welche  auch  mich  veranlassen  diesen  Gegenstand  einer 
weitem  Discussion  zu  unterziehen,  weil  ich  mich  früher  g^elegentüch 
darüber  geäussert  habe.  Es  ist  gewiss  eine  verdienstliche  Arbeit 
solche  Detailstudien  über  irgend  einen  einzelnen  Punkt  vorzunehmen, 
indem  sie  nicht  nur  geeignet  ist  gewisse  Lehrsätze  an  ihnen  zu 
prüfen,  sondern  meistens  auch  noch  zu  weiteren  Forschimgen  und 
zu  wichtigen  Resultaten  Anlass  giebt. 

Unter  dem  Titel  „Zur  vergleichenden  Geographie  Persiens* 
habe  ich  eine  kleine  Abhandlung  geschrieben,  welche  in  den 
Sitzungsberichten  der  k.  bayer.  Akademie  der  Wissenschafken, 
philos.-philol.  Classe  Jahrgang  1874  S.  231  ff.  abgedruckt  ist.  Da 
ich  nicht  annehmen  darf,  dass  diese  Abhandlung  jedem  Leser  der 
Ztschr.  zur  Hand  ist,  so  gebe  ich  hier  die  Stelle  wieder,  welche 
den    erwähnten  Gegenstand   betrifft;    sie  steht  S.  241  und  lautet: 

„Das   Burhan-i   Kati    sagt   (p.   520    ed.  Constani)    (gird)    O-^ 

^OOC^-O  (jä^La^  j^   i.Gird  Jui   bedeutet  Stadt,  Ortschaft^  z.  B. 

Darabgird,  Siaveschgird,  d.  h.  Stadt  des  Darab,  Stadt  des  Siavesch.* 

„Der  Name  Darius   lautet   bekanntlich   altpersisch  D4rajavus, 

und   „Stadt**   vardanam\    letzteres  Wort  ist  das  eben  besprochene 

neupersische  ö3  gird  (wie  Vista^pa  =  Guschtasp  ==  Hystaspes): 

es  hat  sich  in  seiner  archaistischen  Gestalt  noch  in  einigen  Namen 


Notizen  und  Correspondenxen,  725 

erhalten,  z.  B.  Abiverd;  auch  das  b  in  Darab  ist  eine  neuere 
Form.     Jakut  hat  also  ganz  recht,   wenn  er  sagt,    da$s  die  Stadt 

ehemals  Daraverd  (er  schreibt  Oj^ljO  und  cUuLjj  nicht  o^^Uj, 
OJu.to)  hiess,  und  dass  ein  Bewohner  der  Stadt  \^^j^\*^  heisse.* 

Hr.  Dr.  Hübschmann  bestreitet  die  Bedeutung  „Stadt**  und 
behauptet  kart,  gird  u.  s.  w.  bedeute  nur  „gemachf* ;  Hr.  Dr.  Blau 
dagegen  vertheidigt  die  Bedeutung  „Stadt"  in  Städtenamen,  hält 
jedoch  das  Wort  nicht  für  persisch  (oder  eranisch,  wie  man  seit 
einigen  Decennien  in  Deutschland  schreibt)  und  hält  es  eher  für 
ein  semitisches  oder  mit  noch  grösserer  Wahrscheinlichkeit  für 
ein  parthisches  oder  überhaupt  turanisches  Wort.  Da  Hr.  Dr.  Blau 
selbst  erklärt ,  dass  er  über  die  ethnographische  Stellung  der 
Parther  noch  nicht  völlig  im  Beinen  ist,  so  können  wir  die  Dis- 
cussion  dieser  Frage  hier  füglich  weglassen. 

Es  ergiebt  sich  aber  aus  dieser  Zusammenstellung,  dass 
meine  Ansicht  nicht  mit  der  Ansicht  der  beiden  genannten  Ge- 
lehrten in  Uebereinstimmung  ist;  ich  erkläre,  wie  obiges  Citat 
zeigt,  gird  für  ein  persisches  Wort,  welches  „Stadt*  bedeutet. 

Dass  diese  Bedeutung  in  Personennamen,  z.  B.  Jezdegird  nicht 
zulässig  ist,  versteht  sich  von  selbst;  da  bedeutet  es  augenschein- 
lich „gemacht*.  Aber  dieselbe  Bedeutung  auch  bei  Städtenamen 
anzuwenden,  scheint  mir  in  sehr  vielen  Fällen  ganz  unzulässig, 
wie  schon  Hr.  Dr.  Blau  erkannt  hat;  Kinar-i  gird  z.  B.  (in  Medien, 
s.  Morier,  Sir  R.  K.  Porter,  Dupr6  Voyage  en  Perse  11,  185, 
Brugsch  n,  275)  kann  gewiss  nicht  „vom  Rande  gemacht*  bedeuten, 
sondern  blos  „Rand  der  Stadt*,  üeberhaupt  aber  hat  das  Wort 
gird  „Stadt*  mit  dem  Zeitwort  kerden  „machen*  keinerlei  Zu- 
sanunenhang;  gird  bedeutet  nach  Aussage  der  persischen  Lexiko- 
graphen   „Stadt*   und  wird  abgeleitet  von    ..juJ^  gerdiden   „sich 

umdrehen*;  es  ist  also  dieselbe  Idee,  welche  die  Ableitung  des 
griechischen  Wortes  nokig  von  TtoXioj  „umdrehen*  veranlasste,  und 
das  lateinische  Wort  urbs  mit  ordis  in  Verbindung  brachte.  Sonst 
bedeutet  gird  auch  „rund*  „Kreis*,  offenbar  von  derselben  Wurzel. 
Die  älteste  Form  des  Wortes  finden  wir  in  der  Bihistun-Inschrift, 
vardanam,  und  zwar  in  der  ganz  zweifellosen  Bedeutung  „Stadt*, 
gerade  wie  das  Zeitwort  gerdiden  früher  (im  Zend)  varet  hiess; 
im  Pehlevi  existirt  vartaschna  „Kreis*  „Umdrehung*,  im  Parsi 
vardidan  „sich  umdrehen*,  sämmtlich  von  der  Sanskritwurzel  t^'itj 
welche  dasselbe  bedeutet,  und  im  Lateinischen  vertere  lautet. 
Der  Uebergang  des  Anlauts  v  in  g  ist  in  der  persischen  Sprache 
so  gewöhnlich,  dass  ich  mich  fast  schäme  dieses  hier  zu  wieder- 
holen; —  wie  ich  aus  dem  Aufsatze  des  Hm.  Hübschmann  sehe, 
hat  schon  Hr.  Justi  vardanam  mit  gird  verglichen.  An  und  für 
sich  bestreitet  Hr.  Hübschmann  es  auch  nicht,  sagt  aber  (1.  c. 
S.  140) :  „Aber  v  geht  doch  nur  im  Anlaut  in  g  über,  bleibt  aber 


726  Notizen  und  Oorrespondenzen. 

im  Inlaut   v,    wie    es  ja   auch    der  Fall   ist  in  den  von  Justi  an- 
geführten Städtenamen   auf  j.^   wie  o^^^l,     Justi    müsste    denn 

annehmen,  dass  aus  vardana  das  seihständige  gird  Stadt  geworden 
und  dies  fertige  gird  mit  den  Eigennamen  zusammengesetzt  wor- 
den wäre.  Dann  müssten  ührigens  die  Namen  alle  aus  der  späteren 
Sassanidenzeit  herrühren,  da  die  frühere  den  Uehergang  von  v  zu 
g  noch  nicht  kennt/  Zugleich  verweist  er  auf  eine  von  mir  im 
Vin.  Bd.  der  Ztschr.  veröffentlichte  Sassanidenmünze,  wo  der  Name 
der  Stadt  Darabkird  geschrieben  ist.  Die  Münze  war  im  Besitz 
des  verstorbenen  Borrell  in  Smyma,  jetzt  ist  sie  wahrscheinlich 
im  Britischen  Museum;  was  ich  damals,  vor  mehr  als  25  Jahren, 
für  ganz  sicher  hielt,  ist  mir  längst  zweifelhaft  geworden;  die 
Buchstaben  stehen  nicht  in  einer  einzigen  Beihe,  sondern  theils 
neben  der  Flamme,  theils  auf  dem  Altarschaft  u.  s.  w.  Im  BesiU 
des  verstorbenen  Generals  v.  Bartholomaei  war  eine  ganz  ähnliche 
Münze,  sie  ist  in'  der  von  Hm.  Dom  herausgegebenen  CoUection 
des  Monnaies  Sassanides  de  feu  le  Lieut.  General  J.  de  Bartho- 
lomaei T.  X,  No.  11  abgebildet;  dort  steht  neben  der  Flanmie 
links  dar,  rechts  Ät',  auf  dem  Altarschaft  .  .  st  (statt  rdst).  Die 
Legende  neben  der  Flamme  lautet  also  Ddrab\  was  dieses  Darab 
bedeutet,  werden  wir  sogleich  sehen;  zunächst  constatire  ich  nur, 
dass  ich  damals  irrigerweise  die  Buchstaben  auf  dem  Altarschaft 
mit  den  Buchstaben  neben  der  Flamme  zu  einem  einzigen  Worte 
vereinigt  habe. 

Nun  wird  es  doch  wohl  niemanden  einfallen  im  Ernst  zu 
behaupten,  dass  das  Anlegen  von  Städten  in  Persien  zu  einer 
gewissen  Zeit  aufgehört  habe,  und  dass  seitdem  keine  neuen  Städte 
mehr  angelegt  wurden;  selbstverständlich  bediente  man  sich  bei 
der  Benennung  neuer  Städte  allemal  desjenigen  Wortes,  welches 
gerade  damals  im  Gebrauch  war,  also  in  den  älteren  Zeiten  vard  oder 
verrf,  wie  Abiverd,  Bagaverdan,  Helaverd,  Sohraverd,  Navard  u.  s.  w. 
Später  sagte  man  gird,  und  so  hiess  es  Azadgird,  Ramgird,  Zigird, 
Chanigird,  Kulugird  u.  s.  w.;  jetzt  gebraucht  man  abad  z.  B.  Hus- 
seinabad,  Chosrevabad  u.  s.  w.  Was  nun  Darabgird  betrifft,  welches  ich 
in  den  so  eben  angeführten  Beispielen  absichtlich  wegliess,  so  belehrt 
uns  Jakut   in    seinem   geographischen  Wörterbuche  Bd.  11  p.  561 

ausdrücklich,    dass    diese  Stadt   ehemals  Daraverd  O.^tjJ    genannt 

wurde.     Und   zum   Beweis,    dass   diese  Behauptung  Jakut's    nicht 
aus  der  Luft  gegriffen  ist,    sondern  völlig  wahrheitsgemäss ,  citire 

ich  aus  Ihn  al-Athir's  JmoÜüI  ;^jLj  Bd.  VI,  pg.  58  (der  ägyptischen 

Ausgabe;    die   leydensche  Ausgabe   besitze   ich   nicht)   unter  dem 

Jahre  d.  H.  182  am  Schlüsse:  jjiaJI  cXaä oU  iuUJ!  »O^  ^5 


Notiun  und  CorreapoTuienzen,  727 

^^o^^ly  IpUö  L^t  sjUj^   \y}Jij:xJ3   vXäjI^Ij.     Hier  haben  wir 

also  zwei  unabhängige  Zeugnisse,  aus  denen  hervorgeht,  dass  die 
Stadt  früher  Daraverd  und  später  Darabgird  hiess,  dass  also  das 
alte  V  nicht  nur  im  Anlaut,  sondern  auch  im  Inlaut  in  g  überging, 
was  übrigens  nicht  das  einzige  Beispiel  ist ;  ich  kann  noch  mehrere 

aufführen,  altpers.  aiva,  Pehlevi  ayok,  neupers.  ,^50;   ...Jü^-o  und 

...JjJii^,     Ob   aber   die  Stadt  etwa  bis  zum  J.  800  n.  Ch.  Dara- 

verd,  und  dann  später  Darabgird  hiess,  ist  mir  sehr  zweifelhaft; 
ich  glaube,  sie  hat  weder  den  einen  noch  den  andern  Namen 
geführt;  in  der  Bihistun-Inschrift  heisst  sie  Taravä  und  jetzt  heisst 
sie  Darab  (vgl.  Sir  W.  Ouseleys  Travels  Vol.  11  p.  130). 

Hr.  Dr.  Blau  bezweifelt  den  indogermanischen  Ursprung  des 
Wortes  gird,  und  glaubt  nach  einer  provinzweise  vorgenonunenen 
Zusammenstellung  der  Namen,  welche  mit  diesem  Worte  zusammen- 
gesetzt sind,  eher  auf  einen  semitischen  oder  turanischen  Ursprung 
desselben  schliessen  zu  dürfen.  Zunächst  aber  ist  so  viel  sicher, 
dass,  ganz  abgesehen  von  der  ursprünglichen  Heimat  des  Wortes, 
die  Art  und  Weise  seiner  Zusanmiensetzung  mit  andern  Wörtern 
ausschliesslich  indogermanisch  und  zwar  speciüsch  iranisch ,  dass 
also  nicht  Semiten,  sondern  Arier  diese  Namen  bildeten ;  Zusammen- 
setzungen wie  Darabgird,  Chosrugird,  Tigranokerta  u.  s.  w.  haben 
doch  gewiss  nichts  semitisches  in  ihrer  Bildung  und  gegen  einen 
turanischen  Ursprung  erhebt  sich  das  gewichtige  Bedenken,  dass 
gird,  kerd  u.  s.  w.  auf  turanischem  Gebiet  entweder  gar  nicht 
oder  nur  äusserst  selten  vorkommt;  dort  sind  ganz  andere  En- 
dungen im  Gebrauch:  kend,  Iceth,  balikh  u.  s.  w. 

Dagegen  gehört  imser  vardj  gird,  karta  einem  Stamm  an, 
welcher  in  dem  ganzen  Gebiet  der  indogermanischen  Sprachen  die 
reichste  Entwicklung  zeigt.     Im  Sanskrit:  m'it  „umdrehen**;  vartis 

„Haus*.     Afganisch:  JjuiJ"    „sich   drehen"    „herumgehen*.     Zend: 

varei  „umdrehen* ;  Pehlevi :  vartaschna  „Kreis*  „Umdrehung* ; 
Parsi:    vardtdan    „sich    umdrehen*;    Neupersisch:     ..JuJ,i     „sich 

umdrehen*;   v-^bJ"  „Wirbel*  „Strudel*;   wO^  und  lujß    „Achse*. 

Armenisch:  ujuinn i_ntL(par  =  nsgi)  parurel  „umdrehen*;  urur 

„der  Geier*  (der  umherkreisende)  u.  s.  w. 

Um  die  turanische  (aniranische)  Herkunft  des  Wortes  gird 
noch  wahrscheinlicher  zu  machen,  hat  Hr.  Dr.  Blau  in  dem  pro- 
vinzenweise angeordneten  Verzeichniss  für  Persis  nur  Darabgird  und 
Valaschgird  ai^eführt  Ich  habe  schon  vorhin  bemerkt,  dass  auch 
Darabgird  mir  zweifelhaft  ist,  und  Valaschgird  in  Persis  ist  mir 
nicht  bekannt;  ich  kenne  nur  ein  Valaschgird  in  Kirman  und  ein 
anderes   in   Medien.     Aber  Persis  ist   mit  diesen   beiden   zweifei- 


728  NottMen  und  Corresponderuiefk. 

haften  Namen  noch  lange  nicht  erschöpft;  ich  führe  hier  nur  an: 
Azadgird,  Gerdebgird,  Bamgird  (eine  Stadt,  nicht  ein  Gebirge; 
s.  Isstachri  ed.  de  Goeje  p.  102.  117.  121;  Beladori  p.  390); 
Zigird  (Duprö,  Voyage    en  Perse,    I,  461);    Chanikerd  .n    <^  ;i    ^ 

(Ouseley  ü,  1 74) ;  Kulucherd  (C.  Niebuhr,  ßeisebeschr.  II,  110)  u.  s.  w. 
Femer  beschränkt  sich  Iran  doch  nicht  ausschliesslich  auf  die 
Provinz  Pars,  Persis ;  ich  denke,  Chuzistan,  Kirman,  Media  (Dschehal 
und  Azerbeidschan) ,  Chorasan,  Taberistan  u.  s.  w.  sind  gerade  so 
gut  iranischer  Boden  wie  Pars. 

Schliesslich   noch   die  Bemerkung,    dass   im  Armenischen  em 

Verbum    Ijtnififc-L  (gerdelj  kertel)   gar   nicht   existirt,    und    also 

weder  „machen**  noch  „bauen*  bedeutet;  für  „machen*  gebraucht 
man  amcJ,  band  (panet),  ynel,  hordzel  (gordeef)  und  für  „bauen* 
schinel;    von   letzterer  Wurzel    kommt    schon    ainula    {scAtnüla) 

„Gebäude*  in  den  Keilinschriften  von  Van  vor;  wogegen   I|fc-fnnti 

zwar  in  den  Wörterbüchern,  aber  nicht  in  den  Schriftstellern  sich 
vorfindet. 


Arabische  Aerzte  und  deren  Sehriften. 

Von 

M.  Steinsehneider ')• 

m. 

Ihn  ul-Gezzar's  Adminiculum. 

Dieses  Werk  aus  dem  X.  Jahrb.,  welches  ich  in  der  Münchener 
ehemal.  hebr.  HS.  116  und  dadurch  indirect  in  einer  arabischen 
HS.  in  Florenz  entdeckte,  hat  in  der  medicinischen  und  auch  in 
der  botanischen  Literatur  eine  gewisse  Bedeutung  erlangt.  Die 
Münchener  HS.  ist  leider  im  Zerfallen  und  daher  eine  baldige 
Benutzung  oder  Abschrift  sehr  wünschenswerth.  Die  gegenwärtige 
Notiz  soll  zimächst  nur  eine  genauere  Beschreibung  liefern.  Ein 
Inhaltsverzeichniss  sämmtlicher  Artikel  des  Originals,  verglichen  mit 
der  lateinischen  unedirten  Uebersetzung  und  der  Bearbeitung  Con- 
stantin's  habe  ich  vorbereitet*). 


Der    volle    Titel :     ,«*>  ^\  U^JLj  wJaJt  ^  oU^c^Jt   v-^UT 
^t^  ^b  vJi^ytJl    «)jJl>^I^I  ^U  ^t  J^^\  stand  wahr- 

1)  Vgl.  Bd.  XXXI  S.  758—761. 

2)  Dasselbe   erscheint    im  Deutschen   Archiv   für  Geschichte    der    Medicin. 
her.  von  Rohlis  Heft  4,  1878. 

3)  ibfiO,   2   für  ^   stets   ohne  diakritischen  Punkt,   wie  h&ofig    in  bebr. 
Handschriften. 


Notizen  und  Correspondenzen,  729 

scheinlich  am  Anfange  des  Werkes  wie  am  Anfang  der  ü.  Mak&la 
f  18b,  wo  daneben  von  Widmanstad's  Hand:  ^Tractatua  aecundus 
libri  Columnae  medicinae,  doctrina  Abi  Otaaphar  (so)  Achmed 
filii  Abrahimi  filii  Abi  Ohalid  honcrati  [für  cognominati]  filii 
Oiazar  [lies  Öezzar,  f  1004?  s.  Virchow's  Archiv  Bd.  52  S.  474; 
vgl.  358,  472,  493,  499].  Am  Anf.  der  HL  und  IV.  Mak.  f.  38,  57 
ist  der  Namen  verkürzt  In  Cod.  Medic.  256  (jetzt  374'),  nach 
Mittheilung   Prof.    Lasinio's   vom   Mai    1864,    s.  Virchow's  Archiv 

Bd.  37  S.  365)  ist  der  Titel:  oti'JU  ^j^aX^  s-JJl  j.  oUäc^I  oUT 
jäJl   (sie)  l)\Ji\^\  und  der  Anfang:    iJÜI   *)Joo3  nj^s>^  «JLS  Juil 

o^UUit  ^y»  L^  U*  i?Üül  J^UJI  ^^.xXil  (so)  ot^Liw  oIj^^  J 
v,j5LJaJ    «)«V-Ä-i-3   HJuaJJ    K-jy^uJI    (so)    si^wj^j:^!^  iuL.*-w^l 

^t  ws^^  ^Uo  ^.jUjOJI  Ui-jÜLÄ  ^t  ^1   x-j-^Üw  i    (so)  i^L-jl 

Dieser  ganze  Anfang  ist  höchst  verdächtig  und  vielleicht  zu 
einem  defecten  Codex  vorne  angefügt,  was  auch  das  Verhältniss 
der  Blattzahlen  (II  f.  88,  HI  f.  98,  IV  f.  163)  zu  bestätigen 
scheint*).  Die  HS.  München  hat  unmittelbar  nach  dem  halb  ab- 
gerissenen Titel  das  Register  der  behandelten  Mittel,  und  so  zu 
Anfang  jeder  Mak41e  (zu  U  und  IV  wird  die  Zahl  85  und  41 
angegeben,   I   hat   mehr   als    70,   UI  etwa  80).     Dann   folgt  eine 

Vorrede  f.  1  b,  an  deren  Anfang  noch  zu  lesen  ist :    •»*>  jjI  i^ 

^j^läS^  ^^^JuyUbj  (-730-)  ^_^i^  J^ JI  :il . .  . .  v-JaJl  ii^U^ 
also  ist  nicht  von  Hippocrates,  sondern  von  Dioscorides  und  Galen 
die  Rede  *).     Später  heisst  es :   /i  ^  ^t  \Sj>  ^  /:i\  Ji  IJls 

HJaJI   K-j^J^il  iLO  ^ Jl  v-^Uy  wäJläj  j^^I   (so)   LiJtutol   UL  U 

1)  Die  diakrit.  Pirnkto  fehlen  oft  in  dieser  HS. 

2)  Ich  gebe  diese  vielÜEUsh  corrupte  Stelle  nach  wiederholter  Vergleichung 
der  Mittheilang  Lasinio's  von  Mai  1864,  ohne  Aendorung  and  Ck>igectur,  sie 
bestätigt  meine  nachfolgende  Vermathung. 

3)  Prof  Lasinio  hat  mir  eine  nochmalige  Mittheilung  über  den  Cod.  ver- 
sprochen, wenn  seine  Geschäfte  und  seine  Gesundheit  es  gestatten  werden. 

4)  Das  bestätigt  auch  die  latein.  Ueberseteung  des  Stephanus,  in  welcher 
jedoch  die  beständige  Beziehung  auf  diese  beiden  nicht  deutlich  hervortritt. 

Bd.  XXXU.  47 


730  NoUaen  und  CorrespondenMen. 


ajüi  jü^'lL  i  iL^-Jt  s^\^sy^\  iL?aijuo  ^  i:Li>:it  ^UÄfij  i.£„.>  ^ 

Kij j  (so)  Li^  iL^^UöUJb  .  .  s-Aj^Ji^ülj  (so)  ^-Uy«  ^  ^  o^jäJU 
iULitJI^  iU>L:^  KjoUI!  .  .  ^jt  Ji  3\  ^^y^^\  ^\  ^^^\  ^'i\ 
...^   (so)  oUo^t   J^  iu^l^.* 

Das  Ende  der  Vorrede  ist  wiederum  kanm  leserlich,  es  ist  von 
der  Eintheilung  in  4  Ma^^ät  die  Bede.  Der  1.  Artikel  ist  dann 
O.^!    und    ebenso  Rosa   in  der  wörtiichen  Uebersetznng  des  Ste- 

phanus  de  Caesaraugusta  vom  J.  1233  unter  dem  Titel  Libet 
fiducias  in  dem  Müncher  Cod.  lat.  253  (nicht  ,e  grueco^^  s.  Sera- 
peum  1870  S.  297  und  über  andere  HSS.  ZDMG  XXVm,  454), 
wie  in  der  willkürlichen  Bearbeitung  des  Constantinus  Afer  ')  n. 
d.  T.  de  gradibus^  aus  welcher  wieder  (um  1197 — 9)  eine  hebräische 
(mb^üti    0,    s.    zu   Cod.  München    295,  lo)   gemacht    wurde.     Mit 

dem  Art  Ujy  (endend  Lö^t  v^.a>ö  ju^\  tili)  bricht  die  HS.  ab. 

Das  Werk  hat  ausser  dem  naturwissenschaftlichen  auch  noch 
ein  sprachliches  Interesse  durch  die  s.  g.  Synonymik,  d.  h.  die 
Benennung  der  Heilmittel  in  verschiedenen  Sprachen  oder  indirect 

durch  Angabe  des  Landes,  nämlich  iuJLi.j»*Jb.  iuu«*,LftJL  K-^^Ju 
(griechisch),  jkj^^b  (Berberisches  aus  dem  X.  Jahrh.  ist  wohl  mcbt 
häufig  zu  finden),  iULujJb  —  isÄ^b  (auch  mit  UXÄ^) ,  v-jUlII  j 
(auch  ÜJUß),  auch  ,j*^>j  [joj  ^  yjtjb  UXÄc.  Dabei  be- 
schränkt es  sich  nach  der  Vorrede  und  Vorbemerkung  zu  Mak.  Xu 
auf  leicht  und  in  allen  Gegenden  zu  findende  Mittel. 

Die  angeführten,  von  Constantin  ebenfalls  willkürlich  be- 
handelten Autoritäten  (Virchow's  Archiv  Bd.  37  S.  362,  Bd.  39 
S.  334)   sind   auch  hier  oft  verstümmelt,    aber  meist  aus  anderen 

Stellen  zu  restituiren;  es  kommen  vor:  y^^l  (Fledius  bei  Const, 

s.  Archiv  Bd.  42  S.  83,  Stephan  hat  Atulubis),  Aetios  von  Amida 
(■»i3NbK  0'«ü«SN),  Alexander,  Andromachos  (t5S«7ai*naN,  wahrschein- 
lich  aus   .j.   für   a),  Aristoteles,   wahrscheinlich    überall    aus   dem 

L^^v^^t  v-^Ijü',  —  vgl.  den  von  mir  abgedruckten  Artikel :  Magnet 

in  meiner  Abhandl.  Jniomo  ad  alcuni  pasai  . . .  relativi  alla  ccda- 
mitay  Roma  1871  p.  45  imd  p.  47  die  Uebersetzung  Stephan's  — 

Bedigoras  (oma-^nn),  Criton  X^ü^t  ^  k^\jS  j  (vgl.  Virch.  Arch.  37 


1)  Drss  Constantin    namentlich    die  Pflanzen-Beschreibnng   weggelassen, 
ist  in  Virchow's  Arch.  Bd.  39  S.  334  hervorgehoben. 


Notizen  und  CorreapondenMen.  731 

S.  373),  Dioscorides,  Galen  ^-^^^\  ^\  iOJU*j  J,  Hippocrates, 
Ishak  b.  Imran,  Junis  [=  Abnlwalid  bei  Dugat?],  el-Kindi,  Kleo- 
patra  (vielfach  verstümmelt)  xJu Jl  y^\jS  ^  ^  Ibn  Maseweih,  Bufos, 
Stephan    (-ictsat«    für    JiioL*o\)^    Tajadun    (Archiv   Bd.  42   S.  83, 

mein  Alfarabi  S.  127:   Thedocus  oder  Theodun). 

Da  eine  anderweitige  HS.  nicht  bekannt  ist,  so  lasse  ich  das 
Vorwort  nach  der  Uebersetzung  des  Stephanus  folgen.  Bei  der 
Auflösung  der  vielen  Abbreviaturen  ist  mir,  ausser  den  Besten 
des  Textes,  auch  die  Kunde  meines  Freundes  Valentin  Böse  zu 
Hilfe  gekommen.  Einige  bedeutende  Stellen  des  erhaltenen  Textes 
dienen  zur  Characteristik  der  Uebersetzung. 

In  dei  nomine  amen.     Incipü  Über  de  aimplici  medtcina. 

In  dei  nomine  verba  aburafar  (so)  hahmee  (so)  ubnisibrafin  id 
est  filii  abzain  filii  abieaht.  de  speciebus  et  herbis  et  earum  utilitate. 
dixit.  Non  inveni  aliquem  de  antiquis  aut  de  modemis  vel  aliquem 
qui  viam  eorum  secutus  sit  perfecte  locutum  esse  in  simplicibus 
prout  convenit  vie  curacionis  preter  dyascoriden  et  Galienum 
post  quos  nullus  melius  dixit  in  simplicibus  medicinis.  attamen 
invenimus  ipsos  diminutos  ^)  in  predictis  tripliciter.  unus  modus 
est  quod  D.  [Dioscorides]  nominavit  utilitatem  eorum  et  maliciam 
et  loca  ubi  nascuntur  et  que  a  quibus  locis  prevaleant  aliis 
et  non  dicit  eorum  naturas  neque  quantitates.  neque  gradus 
excessus  earum.  secundum  caliditatem  frigiditatem  humi^tatem 
et  siccitatem  ^).  G.  [Galenus]  vero  secundum  plurimum  earum 
virtutes  exposuit  set  (sie)  non  complevit  in  bonitate  et  malicia  et 
proprietate  earum.  dicimus  vero  ipsos  perfectos  in  operibus  suis. 
Nam  qui  bene  loquitur  super  aliquo,  ex(I)  quo  utile  sit  refe- 
rendum  est  ei  sicut  illi  qui  plenius  loquitpr').  Secundus  modus 
est  quod  magna  pars  eorum  de  quibus  locuti  faerunt  nobis  ignota 
sunt  et  multa  eorum  non  inveniuntur  ^).  Tercius  modus  est  quod 
quidam  praetermiserit  quedam  simplicia^)  que  medicine  [lies  nie- 
dicis,  oder  medico]  sunt  necessaria  in  operibus  suis  quorum  utili- 

2)  Diese,  mit  den  ersten  Buchstaben  bezeichneten  i  Wörter  entsprechen  den 
Abstract(onnen  B.!«^  u.  s.  w.  des  Textes. 

4)  jL^ij-Ju^    f-i:-i.    X-Jy^.-gC«  L»^t*<  ^   (sie   (tnttBbbK)    L^t 


^>^>*   /**   ^J*^   "^^  /Ä^i   Lf^.-*^'    O^-*^'   ^  • 


«• 


732  Notixen  und  Corretipandengen, 

tates  necessarie  sunt  que  in  diversis  libris  inveniuntur  et  diver- 
simodis.^)  et  quia  ita  est  fuitvoluntas  mea  componere  hfit.  [habent 
lies:  hc.  hunc]  libmm  in  quo  de  simplicibus  tractabo  quia  in  eis 
est  tota  vis  pisicorum  (am  Rand  conigirt  phisicomm)  in  curatione 
passionum.  voluntas  enim  et  dei  misericordia  duxerunt  me  ad  hoc 
ut  perficiam  hoc  opus  *)  in  quo  sapientes  et  qui  addiscere  desi- 
derant  consequantur  proficuum  et  inde  semper  proficiant.  Plato 
enim  vocavit  senectutem  matrem  oblivionis  *)  et  ideo  conpleam 
in  hoc  libro  quod  in  aliis  dispersum.  ünde  deum  iuvoco  ut 
michi  (so)  in  hoc  opere  subsidium  dignetur  impendere.  Liber  iste 
divisus  est  in  quatuor  partes  quia  antiqui  posuerunt  quatuor 
gradus-  in  simplicibus  et  hoc  dicemus  in  parte  quarta  quare  sub 
quatuor  gradibus  conprehenderunt  omnia  et  dicemus  in  qualibet 
parte  conplexiones  simplicium.  ut  facilius  lector  inveniat  et  non 
fuit  intencio  mea  prolongare  set  (so)  necessaria  compendiose  com- 
ponere. ut  liber  sit  mediocris.  inter  illos  qui  sunt  prolixi  et  illos 
qui  sunt  breviloqui.  —  Incipit  primum  cap. 

Die  Münchener  hebräische  HS.  bricht  unvollständig  ab,  es 
fehlen  3  im  Index  des  lY.  Grades  aufgezählte  Artikel,  auch  der 
£pilog,  dessen  wichtiges  Ende  ich  aus  der  lateinischen  üebersetzung 
des  Stephanus,  wo  möglich  nach  unserer  Schreibweise,  hier  mit- 
theile. 

Jam  praecesserunt  autem  nos  qui  locuti  sunt  in  natura  eibi 
et  invenerunt  rei  perfectionem  ad  libitum  suum  un[de]  posteriores 
[postremi]  eorum  non  possunt  contradicere  quia  perfecte  locuti 
sunt  nos  vero  jam  diximus  multa  sive  hc.(?)  in  libro  nostro  de 
animalibus  et  in  libro  nostro  de  preparacione  cibariorum 
sed  quomodo  venenum  sit  ortum  humane  ve[ro?]  jam  diximus 
perfectis  verbis  in  libro  nostro  de  venenis.  Et  voluntas  nostra 
fuit  in  hoc  libro  quem  nominavimus  librum  fiducie  nominare 
medicinas  simplices  quas  necessarium  est  omnem  medicum  cognos- 
cere  et  scire  et  nominavimus  cognitas  et  quae  ex  facili  (so)  inveni- 
untur in  multis  civitatibus  et  abbreviavimus  multa  ex  eis  secunduro 
species  suas  et  dimisimus  illas  quae  Omnibus  ignotae  sunt  et  in 
quibus  parva  utilitas.     Et  nos  Stephanus  etc. 


2)  liier  fehlt  die  wichtige  Angabo,  für  wen  das  Buch  verfasst  sei,  s.  oben. 

3)  Mit    diesem    Spruch    (ohne  Autorität)    beginnt    Bornard    de    Gordon's 
tracL  de  PrognOhticU,  hebr.  in  Cod.  München  85,4:  tlHDCrr  SÄ  N'TT  !l2pTn . 


Notizen  und  Correspondenzen.  733 

Das  Buch   de  preparatione  cibariorum   finde   ich   in   keiner 
QueUe   erwähnt;   Ihn  Awam  (französ.  Uebers.  I,  613)  erwähnt  ein 

j*L*k!l  W^   (?  ob  i^ÄA^?)')  von  „Ahmed  b.  abi  Khaüd,*  welches 
damit  identisch  sein  dürfte. 


Ammudates-Elagabalus. 

Von 

0.  Redslob. 

In  seiner  die  vorstehende  Ueberschrift  tragenden  Abhandlung 
Bd.  XXXI  S.  91  ff.  hält  sich  Herr  Dr.  Mordtmann  jun.  S.  92  für 
angewiesen,  die  Worte  des  Commodianus  Vs.  12  „deos  ligni  lo- 
queretnr**  in  ,deus  linguä  loqueretur"  abzuändern.  Die  vor- 
geschlagene Aenderung  empfiehlt  sich  aber  schon  an  sich  betrachtet 
wenig.  Denn  wer  wird  ohne  irgend  ein  Epitheton  zu  lingua,  wie 
hier  etwa  occulta,  submissa  passend  erscheinen  würde,  durch  welches 
der  Ausdruck  auf  den  Sinn  eines  Adverbiums  occulto,  submisso 
hinauslaufen  würde,  sagen:  lingua  loqui?  Zweitens  würde,  wenn 
der  Beisatz  „ligni*"  zu  „deus*^,  durch  welchen  der  Götze  Ammudates 
von  dem  christlichen  Dichter  im  Hinblick  auf  alttestamentliche 
Stellen  wie  5  Mos.  28,  S6.  64.  29,  it;  und  besonders  Hos.  4,  is 
spöttisch  als  ein  Holzgott  bezeichnet  werden  soll,  wegfällt,  der 
verhöhnte  Götze  von  dem  christlichen  Dichter  mit  dem  Prädikate 
deus  beehrt  worden  sein,  was  diesem  schwerlich  in  den  Sinn 
gekommen  ist     Lassen  wir  es  also  bei  dem  deus  ligni. 

Was  Herrn  Dr.  Mordtmann  zur  Verwerfung  der  überlieferten 
Lesart  bestinunt,  ist,  dass  Commodianus  im  Vorhergehenden  (Vs.  6) 
den  Götzen  als  golden  bezeichnet  habe  und  daher  ihn  nicht 
hinterher  als  hölzern  habe  bezeichnen  können.  Selbst  aber 
auch,  wenn  dieses  der  Fall  wäre,  würde  es  kein  Umstand  von 
Erheblichkeit  sein.  Denn  goldene  Götzenbilder  in  demjenigen 
Sinne  des  Ausdrucks,  dass  sie  aus  massivem  Golde  bestanden 
hätten,  möchte  es  wegen  Kostspieligkeit  des  Goldes  kaum  gegeben 
haben.  Polglich  waren  sie  nur  in  Goldblech  getrieben  und  somit 
inwendig  entweder  hohl  oder  von  Holz,  welches,  nach  der  Jerem. 
10,  8.  4  beschriebenen  Weise  nur  mit  aufgenietetem  Goldblech  be- 
schlagen, den  eigentlichen  Kern  und  Körper  des  Bildes  ausmachte. 
Bilder  dieser  letztem  Art  konnten,  je  nachdem  man  ihre  Ober- 
fläche oder  ihren  innem  Kern  ins  Auge  fasste,  ebenso  gut  golden 
als  hölzern  genannt  werden.  So  ist  auch  bei  den  in  der  an- 
geführten Hoseastelle  yy  und  bp^  genaimten  Holzbildem  der  Ge- 


1)  Wohl  U^J^.     Red. 


734  Notiasen  und  CorrespondenMen, 

danke  anch  an  solche,  bei  denen  das  Holz  ganz  oder  iheilweise 
mit  Gold  oder  Silber  belegt  war,  keinesweges  aasgeschlossen. 
Umgekehrt  ist ,  wenn  nach  Jes.  2,  20  die  «goldenen  und  silbernen 
Götzenbilder*  in  die  Brunpelkanmier  werden  geworfen  werden, 
dieses  schwerlich  so  gemeint,  dass  man  auf  jede  sonstige  nützliche 
Verwendung  des  an  ihnen  verbrauchten  Edelmetalls  verzichten 
werde,  sondern  dass  das  Loos  in  die  Bumpelkammer  zu  wandern 
nur  den  nach  vorhergegangener  Abnahme  der  kostbaren  Ueber- 
kleidung  zurückbleibenden  werthlosen  Stoff  (Holz)  der  Körper  der 
Bilder  treffen  werde. 

Nun  bezeichnet  aber  Conmiodianns  seinen  später  deos  ligni 
genannten  Anmindates  im  Vorbeigehenden  Vs.  6.  7  gar  nicht  ein- 
mal als  golden,  wie  es  durch  den  Ausdruck  deos  auri  hfttte  können 
geschehen  sein.  Im  Gegentheil  unterscheidet  er  sehr  deutlich  das 
numen  selbst  von  dem  Golde,  welches  der  Kaiser  von  demselben 
vorher  abgenonmien  habe  und  nach  dessen  Abnahme  der  Götze 
selbst  erst  später  abhanden  gekommen  sei.  Es  ist  demnach  angen- 
scheinlich ,  dass  das  von  dem  Kaiser  dem  Götzen  abgenommene 
Gold  nur  dasjenige  war,  mit  welchem  er  bis  dahin  bekleidet  ge- 
wesen war,  während  der  Götze  selbst  nach  wie  vor,  nur  seines 
werthvoUen  Schmuckes  entkleidet,  fortbestand,  bis  endlich  auch 
er  verschwand.  Natürlich  hat  derselbe,  abgesehen  von  seiner  Be- 
kleidung, aus  einem  werthlosen  Stoffe  bestanden,  weil  sonst  der 
Kaiser  sich  nicht  mit  der  blossen  Bekleidung  desselben  begnügt 
haben,  sondern  auch  ihn  selbst  mitgenommen  haben  würde.  Wird 
man  nun  schon  von  selbst  darauf  geführt,  dass  es  Holz  gewesen 
sein  werde,  aus  welchem  der  entkleidete  Körper  des  Götzen  be- 
standen habe,  so  deutet  Commodianus  selbst  dieses  geradezu  an, 
indem  er  sagt,  das  spurlos  verschwundene  Bildwerk  möge  ent- 
weder flüchtig  geworden  oder  in's  Feuer  gewandert  sein. 
Die  letzten  Worte  deuten  ganz  deutlich  die  Verbren nlichkeit, 
also  seine  Verwendung  als  Brennholz,  an. 


Miscelle. 

Von 

Th.  Anfreeht. 


In  dem  zweiten  Capitel  von  Vägbhata's  Gonmientar  (Alam- 
k&ratilaka)  zu  seinem  Kävyanu94sana  findet  sich  folgende  Stelle 
ausgehoben,  welche  die  technische  Bezeichnung  verschiedener  Töne 
und  Geräusche  angiebt.  Mehrere  derselben  sind  bisher  unbekannt 
geblieben.  Ich  benutze  das  Buch  nur  in  einer,  jedoch  verhältniss- 
mässig  alten  Handschrift  I.  0.  2543. 

Yad  äha  |  dhvanitam  m^idangadishu  |  garjitam  meghasa- 
mudrädishu  |  ranitaip   valayädishu  |   siüjitaip  nüpur&dishu  | 


Notizen  und  Corretpondenxen,  735 

ma^itaiii  surat^disbu  |  küjitaip  vibaOgädishu  |  vf'iähitaip 
vara^eshu  |  heshitaip  hayeshu  |  arava^  pa^aheshu  |  thetkj'itaip 
vpshabheshu  |  ravo  maQ^ükesbu  näda^  siAhesbu  |  pbtitkara\;L 
sarpesbu  |  bütk&ra^  (oder  cbü^)  kapishu  |  gbütkäro  gbü- 
kesbu  I  tra^atkaro  'gnispbulingesbu  |  ka^atkäro  bbangesbu  | 
sütkära^  säyakesbu  gumkäro  bb{ingesbu  |  gbamagbamä- 
ravo  gbargbaresbu  |  jbäipkäro  bberlsbu  |  kekarava^  kalapi- 
sbu  I  sitkära^  käminisbu  jbaipk&ra^  kinki^bu  |  ta^atkäro 
maorvisbu  |  psatkäro  jballarlsbu  |  g b o s b o  nadivicisbu  || 

Die  Kavyakalpalatä   siebt  mir  bier  nicbt  zu  Gebote.     Sie  ist 
reicb  an  solcben  Definitionen. 


Berichtigungen  nnd  Nachträge  zu  dem  Scholion  des  Jaliob 
Ton  Edessa  Ober  den  8chem  hammephorasch  ^). 

Von 

£.  Nestle. 

S.  475,  3  batte  icb  in  meiner  Abscbrifb  iLpDJLj}  ^Oi  jbufiLiS^ 
wp  Ö^^^QficiSk.1  1.;2d)1.J;  \^  «^69  •  Nacbber  kamen  mir  aber  Zweifel 
an    der  Bicbtigkeit   des   zweiten  LpDJLji,    das   eine   mir  zur  Last 

fallende  feblerbafte  Dittograpbie  scbien,  und  so  tilgte  icb  es,  um 
so  mebr  als  in  den  von  Pbillips  und  Martin  benutzten  Hand- 
scbriften  es  sieb  nicbt  findet.  Es  stebt  aber  wirklieb  in  der  Hand- 
scbrift,  wie  micb  scbon  ein  Blick  auf  Tafel  VI  in  Wrigbt's  Catalog 
bätte  belebren  können,  wo  die  betreffende  Seite  abgebildet  ist. 

S.  477,4  V.  u.  bat  die  Hands.,  wie  Wrigbt  micb  belebrt, 
ricbtig   den   im  Druck   feblenden  Punkt  unter   dem  Anüangsbucb- 

staben    des    ersten   Wortes    ^oof Lq^LQ-jl  .     Nacb    den    genauen 

Regeln  der  syriscben  Punktation  muss  ja  überall,  wo  ein  einfacbes 
griecbiscbes  Wort  (bier  axoivwvia)  durcb  zwei  syriscbe  wieder- 
gegeben wird,  je  unter  den  Endbucbstaben  des  ersten  und  den 
Anfangsbucbstaben  des  zweiten  ein  Punkt  gesetzt  werden. 

S.  478,22  ist  mit  der  Hds.  .1  zu  lesen:  damit  wird  die  Con- 

struction  plötzlicb  klar  und  erledigt  sieb  die  Bemerkung  Nöldeke  s. 


1)  S.  oben  S.  465 — 508.  —  Wir  sind  nachträglich  veranlasst,  im  Namen 
von  Herrn  Prof.  Nöldeke  zu  erUftren,  dass  seine  Bemerkungen  zu  diesem  Auf- 
satz, als  bei  rascher  Lecttire  gemachte  Randnotizen,  nicht  eigentlich  zum  Druck 
bestimmt  waren,  wie  wir  mit  dem  Herrn  Verf.  angenommen  hatten.  JedenfiJls 
wünscht  Herr  Prof.  N.  die  Anm.  zu  S.  498  wieder  aufgehoben  zu  sehen:  die 
Worte  des  Textes  besagen  nur:    ,4^  geheimer  Weise,  verborgen".         D.  Red. 


736  Notizen  und  Correspomlenzen, 

Das  eigenthüraliche  )^0^   i^KvD  S.  481,  le.  492,  Anm.  finde 

ich  noch  einmal  bei  Jakob  von  Edessa,  Wright's  Catalog  594,  a, 
unier  f. 

Zu  der  S.  501  Anm.  in  griechischer  Rückübertragong  mit- 
getheilten  Stelle  des  Scholions  ist  zu  vergleichen  was  im  Anhang 
der  dem  Athanasius  zugeschriebenen  Synopsis  Script urae 
Sacrae  über  die  Thätigkeit  des  Lucian  gesa^  wird:  oarig  xai 
avTog  räig  ngoyBygafifiivaig  kxdoöefft  (des  Aquila,  Synmiachas 
und  Theodotion)  xai  tois'Eßgaixotg  ivrvytiv  xal  hnonnvaag 
fiita  äxQißtiag  xä  Xtlnovra  ?;  xai  niQixra  xiig 
akrj&iiag  gtjfiaxa  xal  dioQ&wadfievog  kv  xoig 
olxeloig  xwv  yga^viv  t  onoig  k^iSoro  xolg  X.giaxiavolg 
aSeXtfolg, 

Für  den  S.  507  f.  nachgewiesenen  Zusammenhang  der  ambro- 
sianischen  Hexaplahandschrift  mit  Jakob  von  Edessa  mache  ich 
noch  auf  Bl.  106 r  dieser  Handschrift  aufmerksam,  wo  ein  Leser 
zu  der  am  Schluss  des  Buches  Jona  aus  Epiphanius  raitgetheilten 
biographischen  Notiz  über  jenen  Propheten  auf  den  Band  die  Worte 

geschrieben  hat:    •>^ia«^^A2D9  |k>)  |i^;OQJt ^\^; •     Unter  den  im 

Britischen  Museiun  erhaltenen  Briefen  des  Jakob  von  Edessa  be- 
handelt einer  eben  diese  biographische  Notiz  und  fUUt  über  sie 
das  gleiche  ürtheil. 


Zn  Nestle's  Aufsatz  8.  465. 

Von 

Q.  Hoffmann. 

1.  Zu  S.  503.     |:a.*Ol  =  txoifiov  =  ixvuov,    }VSi20J   j'^-^} 
=  ixoi/Äoloyia  =  kxvfioXoyia,  denn  o*  =  v. 

2.  Zu  S.  470.     Für    u-)U>ü!  oLsj    ist    überall    zu    schreiben 

v-^U>ü!  .Ldj,  die  Uebersetzung  von  jlib^j  );A«/.  Larsow  citirt 
in  seinem  Handexemplar  von  Castelli  lexicon,  das  ich  besitze :  Ass. 
B.  0.  I,  68.  ni,  1,327.  Dasselbe  ist  S.  489  |^KvD;  J^^Q^  ];<>-/ 
—  jK^OOd  pl.  \&3>  sind  die  Theile  der  Seite  joV^^  über  welche 
die  innere  Hand  beim  Schreiben  fährt,  der  Text.  Die  ,Ehre*  ist 
der  Rand.  —  Für  j-ouaii  ouäJI  ^  ist  vielleicht  zu  lesen :  0>u-iiJl  ^ 

j^uuaJl  (oLj-iJl  vulgär  nach  al-Muiut  =  öwa^I)  als  Uebersetzung 

von  J20lQfiD,  »am  Rand  an  kleiner  Vogelfessel,  Xv^ivlöxog^  vgL  S.  476. 


Notizen  und  Correspondenzen  737 

—  Ferner  S.  470  Z.  4  Hes  v,,.aXJl  oder  JUaJ!  .  —  Z.  6  hinter  dem 
ersten  »J^  lies  •',  hinter  dem  zweiten  »J^  lies  \  —  Z.  10  lies 
iyäj,  Z.  12  ^^]  für  j,|.  —  Z.  13  fehlt  fnn-»  hinter  J^^\.  — 
Z.  17  1.  (^ypj  LfjLÄi^^,  Z.  18  (jT;^;  doch  weist  mir  Loth  \^\jS 
als  fem.  nach  in  u^iljjül  \i>^ . 

3.    «aO«d  )Qjt   ist   nichts  weiter  als  ^insTS  D^  ohne  Artikel 

nach  dem  Gehör  geschriehen :  Waw  drückt  Qöme§  aus,  wie  z.  B. 
oft  bei  Birüni   und    auch    bei  Ilärit   bin  Sinän   in   ^ji^.La^l^  ^. 

73  D  =  )o .  Diese  Schreibung  zeigt  zur  Genüge,  dass  Ja^qöb^  die 
hebräischen  Buchstaben  nicht  vor  sich  hatte.  Andrerseits  ist  aus 
(^.U^l^   klar,    dass  Härit   eine    genauer  unterrichtete  (und  auch 

sonst  weniger  weitschweifige)  Quelle  als  den  Ja'qöb^  übersetzt  hat 
(gegen  Nestle  471).  Auch  Ja'qöb^  hat  wahrscheinlich  aus  altem 
Quellen  compilirt 


Zur  polemischen  Literatur. 

Von 

A.  Mlllier. 

Bei  Vergleichung  der  Leidener  Hs.  des  Ihn  Abi  U§eibi'a  — 
Cod.  Gol.  59  (b)  —  bemerke  ich,  dass  der  oben  S.  390  behandelte 
Büchertitel,  welcher  bei  de  Sacy  fehlt,  in  dieser  von  ihm  benutzten 
Hs.  sowohl  Bl.  58  b  Z.  3—4  als  151a  Z.  6—5  v.  u.  steht  De 
Sacy  muss  die  Worte  also  übersehen  oder  als  fehlerhaften  Zusatz 
weggelassen  haben,  obwohl  er  sie  in  diesem  Falle  unter  den- Va- 
rianten hätte  auffuhren  sollen,  da  sie  keinesfalls  als  irrige  Wieder- 
holung der  vorangehenden  erklärt  werden  können.  Doch  das  sind 
minima. 

Aus  Fihrist  1 62, 15   kann   man   noch  zwei  Schriften  von  Bisr 

b.  el-Mu*tamir  nachtragen:  o^t  v-^Lä^^  ^XjaJJ\  J^  O-Jl  u-jIJJ' 
O^^t  <i^j  welchen  dann  noch  ähnliche  polemische  Schriften  gegen 
muhammedanische  Sekten  folgen. 


738 


Bibliographische  Anzeigen. 

I  Oregorn  Bar  Ebhraya   in   evangdium  lohannis    cammen- 

tarius,  E  Thesauro  mysteriorum  desumptum  edidil 
R,  Schwär tz,  Gottingae,  in  aedibos  Dieirichianis. 
MDCCCLXXVm.     28  pp.     8. 

II  Oregorii  Abulfaragn  Bar  Ebhraya  in  actus  apastolorum 
et  episttdaa  catholicas  adnoiatiönea  Syriace  e  recognüione 
Martini  Klamroth,  Diss.  inaug.  Gottingae,  in  aedibus 
Dietrichianis.     MDCCCLXXVm.     30  pp.     8. 

Diese  Theile  des  bekannten  Magazins  der  Geheimnisse,  welches 
den  Kanon  des  P^Mtäiextes  commentirt ,  legen  zwei  Schüler  de 
Lagardes,  von  ihrem  Lehrer  auf  das  glücklichste  und  willkommenste 
inspirirt,  zum  ersten  Mal  in  hübschen  Ausgaben  nach  einer  Berliner 
und  einer  Göttingischen  Hs.  vor,  nachdem  sie  sie  zur  Grundlage 
von  Doctordissertationen  gemacht  haben.  Denn  wenn  der  hoch- 
würdige Mär  maferj&nä  als  simpler  Rabban  maqerjän&  auftritt,  da 
giebt  es  für  den  Anfänger  die  beste  Gelegenheit  Fleiss,  Aufmerk- 
samkeit und  Scharfsinn  anzustrengen,  und  wie  viele  von  uns  sind 
so  wenig  AnfiLnger  im  Syrischen,  dass  sie  die  Elemente  der  Gram- 
matik inne  hätten? 

Herr  B.  Schwartz  hebt  in  seiner  Ausgabe  die  Worte  des 
Pe^t^  durch  Gänsefüsschen  hervor  und  giebt  seine  Anmerkungen 
hinter  dem  Commentar  des  BH.  Diese  bestehen  in  Notirung  der 
varietas  lectionis  der  beiden  Mss.,  in  Vergleichung  des  Leusden- 
Schaaf sehen  Pe%ttätextes  mit  der  ^arqlensischen  üebersetzung,  in 
der  Citirung  von  Bibelstellen  und  einigen  Nachweisen,  zu  denen 
die  Citate  des  BH.  oder  die  Constituirung  des  Textes  ihm  Ver- 
anlassung bot.  Herrn  Klamroth's  Ausgabe  ist,  weil  ihr  Urheber 
seiner  Militärpflicht  zu  genügen  hat,  von  de  Lagarde  selber  ein- 
gerichtet und  durch  die  Presse  geführt.  Die  Bemerkungen,  die 
hier  etwas  bequemer  unter  dem  Texte  stehn,  geben  nur  die  varietas 
der  Hss.,  die  Bibelstellen  und,  eingeklammert,  mehrere  die  Realien 
betreffende  Nachweise  de  Lagarde's.  Natürlich  verleugnet  sich 
auch  in  diesen  beiden  Schriften  nicht  die  von  Letzterem  stets  dar- 
gebotene und  mit  Recht  empfohlene  ästhetische,  und  das  Studium 


Btbliographisehe  Anzeigen,  739 

erleichternde  Einrichtung  der  Ausgabe,  wie  sie  mit  Zuckermandel's 
Toseflft  folgenreiche  Eroberungen  zu  machen  beginnt  Als  Zeichen 
der  Sorgfalt  mit  welcher  die  Herausgeber  den  Text  durchgearbeitet 
haben,  führe  ich  an,  dass  mir  nicht  gelungen  ist,  mehr  als  folgende 
Desiderien  zu  entdecken.  Ev.  Jo.  8.  4, 12  sollte  w^mdje  It^aihön 
Yor  Jaun&jä  4, 11  stehn,  sodass  dann  hau  nuhr&  nicht  aufElLllt.  — 
S.  5, 16  vor  d  Jurdnän  vermisse  ich  b'ebhrä  nigav.  —  S.  9, 4  1. 
'ainaikdn  für  — ^hön.  —  10,27  streiche  hänau:  die  ganze  Zeile  ist 
P«Sit&text  —  11,11  1.  nethqan  fär  ntpn  (nat^pan?).  20, 19  1. 
bak^janhön  für  mkjn ...  21,  2  1.  net^t^uSün  für  ohne  u.  24,  s  1. 
w'erbß  für  w'brÄ.     24,4  1.  zab^nin  für  z[a]bhn[ä]n. 

Apg.  S.  2, 10.  In  Klamroth's  Correctur  sh&I^ä  d  älaf  streiche 
d,  das  erst  Von  2  ab  vor  den  Cardinalzahlen  stehn  kann.  — 
Gap.  1  V.  4  pargel  'ennön,  von  de  Lagarde  bezweifelt,  steht,  nach- 
gebildet wohl  dem  paqqed^  'enn6n  c.  4  v.  18  =  nagi^yyukav 
avtoJg,  bei  BH  zu  Matth.  10, 5  =  zahhar  'ennön.  Mit  1  aller- 
dings z.  B.  Wiseman  horae  Sjr.  237.  Daniel  hexapl.  8,4  vgl. 
2,18.  Lag.  Analecta  151,  2tf.  Zu  den  Fällen,  in  welchen  dem  Ob- 
jektssuffix dativische  Bedeutung  zukommt,  die  Nöldeke,  Mandäische 
Grm.  397  Note  1  einen  Augenblick  geleugnet  hat:  —  trotz  Agrell 
Suppl.  Synt.  S,  236,  Schaaf  Lex.  unter  haimen  —  gehört  dieser 
Fall  wohl  nicht.  S.  3,  S7  1.  statt  sÄb^^iln,  mit  Codex  B  s&b*»rin  mit 
^adl^e  =  phantasiren,  vgl.  Ephräm  11,  196  'n&Shi  s&b^rö,  delirantes. 
Ephräm  I,  116  sb^ärft  deliraüo.  Es  ist  n&mlich  1)  §bl^ar,  nesbar 
=  nelbadh  nach  Buch  des  Paradieses  bei  BB.  Castle  las  falsch 
ne*bedl>.  Davon  sbHrä  Congestion  des  Blutes  im  Auge,  im 
Kopfe  beim  Fieber.  Mithin  2)  sb^ar  nesbör,  mit  sabbürüthä  = 
al-wasw4s,  bei  Congestion,  im  Fieber  reden.  —  8.  4,  51  lies  med- 
dem  d  \äh^  für  d  ^h^L  —  S.  4,  87  lies  nat*>peh  mit  tau.  —  S. 
8,  61  vor  'eStaujaf»  ist  d  des  Cod.  G  unentbehrlich.  —  S.  9,  84  ist 
l&h  brik  gegen  l&h  lab^rä,  das  ich  vermuthete ,  allerdings  gesichert 
durch  BH  oeuvres  grammaticales  1,191,8.  —  8.  11,27  haben  die 
Hss.  das  Richtige,  da  'et^qarb  von  'ethqarab^,  wie  die  Nestorianer, 
oder  'ethqarb*»  wie  die  Westsyrer  vocalisiren,  unterschieden  werden 
soll.  —  8.  12,40  lies  mit  Cod.  B  wad**  methrag^änau,  vgl.  s&hd& 
Z.  41.  —  8.  12,62  1.  wie  BG  'asbel  vgl.  Schaaf  N.  T.  8.  685, 
Land,  Anecdota  m,  221,8,  mein  BA  989.  —  8.  13,66  '6nüf!6n 
der  Hss.  für  ovvxiov  kennt  schon  Bar  8r68owai,  vgl.  Payne  8mith 
thes.  74.  BH  hat  diesen  Fehler  vorgefunden.  —  8.  13, 69  lies 
1  metbnaqq&fü.  —  8.13, 84.  Entweder  im  Text  oder  der  An- 
merkung lies  einmal  met^haunen&na  mit  drei  n.  —  8.  1 Ö,  34  sollte 
heissen:  ^NiyBQy  mit  e  des  g  und  seinem  rukkäk^ft;  wie 
von  [lies  d  mit  Cod.  G]  g^^r  (==  yäg  nach  BH  falscher  Ansicht, 


O   o 


statt  =  .a:>)  und   von  'ewang^eliön   lautet  es    [das  y  nach  neu- 

griechischer  Aussprache  als  Spirant,  etwa  wie  g  in  Wagten,  Aug^'e 
in  Norddeutschland]   ebenso;   doch  gewöhnlich  [d.  h,   von  Leuten, 


740  Bibliographische  Anaeigen, 

die  keine  graecisirenden  Pedanten  sind]  wii*d  es  als  g  media  ge- 
sprochen\  Vgl  Apg.  18  v.  2  Gl»alli6n;  ebd.  5  v.  34  GbamaÜll 
nach  N.  T.  gegen  Gamli'il  nach  dem  Hebräischen.  —  S.  18,  m 
für  d  leh  (66)  vermuthet  de  Lagarde  ein  erforderliches  d  la: 
graphisch  näher  liegt  d  lau.  —  S.  18,  is  lies  die  PeSitliworte  etwa 
b^ti^ar  .  .  .  kad^  mqaijem.  —  22,  6. 7.  Die  Wörter  tau  und  mim 
haben  ihren  Platz  zu  tauschen:  'at^en  =  in  Ordnung  bringen, 
was  nie  in  einer  Ordnung  war;  taqqen,  iterativ,  wieder  in  Ord- 
nung bringen,  was  in  Unordnung  gerathen.  Taqqen  wird  hier  tod 
BH  bevorzugt 

Wohl  aus  Sparsamkeitsrücksichten  haben  die  Herausgeber  ihre 
Uebersetzung  und  sachlichen  Bemerkungen  unterdrückt,  um  einen 
langem  Text  drucken  lassen  zu  können.  Theils  um  beiden  für 
ihre  bescheidene  Entsagung  zu  danken,  und  zu  zeigen,  dass  sie 
mir  durch  dieselbe  die  Leetüre  dieser  Ausgab'^n  nicht  ohne  Nutzen 
erschwert  haben ,  theils  weil,  wenn  ich  nicht  irre,  man  mit  Aus- 
nahme von  ZDMG  XXIX,  247  in  ihnen  BH  zum  ersten  Mal  über 
das  neue  Testament  sprechen  hört,  sei  mir  gestattet,  auf  den  In- 
halt etwas  einzugehn,  und  daran  gelegentlich  Erörterungen  zn 
knüpfen,  wie  derselbe  sie  gerade  anregt. 

Die  Quellen  und  Gewährsmänner,  auf  welche  sich  BH  schon 
zu  dem  A.  T.  beruft,  und  über  welche  Jo.  Th.  W.  H.  Rhode  zu 
Ps.  5  und  18  1832  S.  20  bequeme  und  gründliche  Belehrong 
gegeben  hat,  tauchen  auch  in  diesen  Stücken  auf,  allen  voran  der 
Jaun4J£l  und  Harqeläjä.  Letzterer  stanmit,  namentlich  in  EhrwSgung 
von  BH  chron.  eccL  ed.  Lamy-Abbeloos  1,  267,  am  wahrschein- 
lichsten aus  dem  ^HgaxXua  bei  Strabo  XVI  p.  751 ,  vgL  das 
ygdxleiov  §  8,  nur  20  Stadien  ('/s  deutsche  Meile)  entfernt  von 
dem  Heiligthum  der  kyrrestischen  *jid'tjvä,  unter  welcher,  wenn 
man  nicht  geradezu  A&dQtig,  vgl.  Strabo  785.  Justin  36,  2,  f. 
ZDMG  XXI V,  109,  lesen  will,  doch  kaum  eine  andre  cds  die  Göttin 
von  Mabbog  verstanden  werden  kann,  vgl.  Lucian  de  Assyr.  dea  32, 
da  ein  nsy  n'»a  dort  nicht  nachweisbar  ist  Damach  wäre  l^arqel 
ein  Dorf  bei  Mabbog.  Das  'Hgdxkeia  =  rayalixij  i),  das  Assemani 
mit  Harqel  vergleicht,  und  das  man  vielfach  mit  dem  kyrrestischen 
identificirt,  lag  bei  Antiocheia  und  Apameia,  aber  nicht  dem  am 
Euphrat,  sondern  nach  Evagr.  IV,  26  (wo  schon  auf  den  Zug  von 
K^usrau  s  Peldherm  * AaSagfiävtjg  * ASSaQiidvrig  =  '^Sopf^acmis 
Theophylact.  HI,  17.  IQ,  10,  vgl  Land  Anecd.  11  Addenda  23,  i. 
=  [B&z?]-Adar-m4hän  hingewiesen  wird),  dem  am  Orontes  und 
ist  mithin  Heraclea  in  Pierien  Geogr.*  Grr.  min.  I,  474.  —  Be- 
achtung verdient  h  =  h  wegen  q,   gesichert  durch  Payne  Smith 

391  oben,   vgl.  äxga  =  Knpn  =  j^o/  =  y^.  —   Nun    scheint 

1)  Bei  Evag.  h.  eccl.  V,  10  [lies  PaßaXiHij^  nach  xa  FaßnXn  Geogr.  Grr. 
min.  ed.  Müller  I,  473]  al-Ja'qübi  112,4.  Dieses  öabala  zwischen  Laodicea  und 
Paltos  (Balda)  verwechselt  JuynboU  Marftsid  5,31  mit  Byblos. 


BihUographUehe  Anzeigen.  741 

zwar  Herrn  Schwartz*  Meinnng,  womach  Jo.  1,  7  und  47  die  herak- 
leische  Version  mit  der  griechischen  gleichgesetzt  wird,  bestätigt 
zu  werden  durch  BH  oeuvr.  grm.  1,  90, 19  „  ewangeliön  Harqlajä 
Jaunajä*^  und  dadurch,  dass  derselbe  ebenda  I,  187,22  der  map- 
paqta  Jaunäit&  beilegt,  was  er  zu  ev.  Jo.  19  v.  24  dem  Harq- 
lajä. zuschreibt.  Dennoch  bleibt  in  Anbetracht  der  überwiegenden 
materiellen  Identität  der  Philoxenischen  und  Thomanischen  Recen- 
sionen  zu  untersuchen,  ob  Jaunajä  nicht  vielmehr  die  unrevidirte 
Uebersetzung  des  Philoxenos  bedeutet ;  denn  zu  Job.  4, 6  stimmt 
BH's  Jaunäjä  in  einem  entscheidenden  Punkte  gegen  den  Harq- 
lajä überein  mit  dem  Codex  Adgelicus,  der,  wie  Bernstein  sehr 
wahrscheinlich  gemacht  hat,  die  ursprüngliche  Philo^ceniana  ent- 
hält: Bernstein  Ev.  Jo.  Harkl.  S.  28,  vgl.  Wiseman  hör.  Syr.  178, 
Joum.  As.  VI,  14,  Tafeln  der  notes  marginales.  —  Jo.  10  v.  11 
werden  „die  Armenier«*  citirt,  d.  h.  die  Syrer  in  Armenien, 
welche  eine  syrische  Uebersetzung  (vgl.  BH  Grm.  1,  181, 14)  der 
armenischen  Bibel  gebrauchten,  vgl.  die  Schule  der  Armenier  zu 
Edessa  in:  Kieler  Festschrift  für  J.  Olshausen  1873  S.  12,  40.  — 
Zu  Jo.  S.  16,  17  sind  die  Qandn^  wohl  die  der  Apostel  wie 
Apg.  S.  11,30  die  des  Paulus;  dagegen  Jo.  S.  9, 10  die  q&nöne 
xiwaßccQiq  die  des  Eusebius,  vgl.  Assemani's  Catal.  der  Medic. 
Cod.  I  und  Assem.  B.  0.  1,  58.  Catal.  Bibl.  Vat.  III,  295.  So 
heissen  sie,  weil  sie  mit  Zinnoberroth  im  Text  bezeichnet  werden, 
s.  Wright  Cat  Brit  Mus.  1,  45^,  55  ^  u.  s.  w.  —  Wir  finden  femer 
genannt  Epiphanius  de  mensuris  Jo.  6, 27 ,  Ephräm's  Commentar 
S.  16,10,  Eusebius  Jo.  S.  16,12.  Apg.  11, 15.  —  Theodoros  von 
Mopsuheste  Jo.  S.  20, 12.  —  M&r  Iwannts  (Chrysostomos)  zum 
Epheserbrief  Apg.  S.  5,  66.  —  Sevirä  von  Antiochien  Apg.  25,  45. 
Ja^qöbh  hasjä's  teS^it^ä  Apg.  S.  11,27.  —  Aus  dem  kt*»ab*»4  d^nuqzß 
des  Qonain  '4sj&  eine  Stelle  Jo.  S.  22,7,  vgL  Joum.  As.  1873, 
II,  149.  —  Daniel  aus  $ala\;L  Apg.  S.  21,  75.  Dieses  qasrä  d^i  §alah 
findet  man  auf  T.  G.  Taylor's  Karte  im  Joum.  Geogr.  Soc.  35 
S.  21.  1865:  Nord  wenig  Ost  von  Midj&d  in  T^^r  *AbMin.  Es 
ist  berühmt  als  {xo\  JSokdxfi>iv  Theophylact  IL,  .3  S.  72  Bonn., 
und  zu  unterscheiden  von  Salah  südlich  von  Mardin,  östlich  von 
QötStisär  =  Dunaisir  [Jäqüt;  Ritter,  Erdk.  11,  366.  369.  374,  mir 
wahrscheinlich  gleich  'AdtjvvfftQa  bei  Dio  Cassius  1.  LXVHI 
S.  781  B]  auf  Cemik's  Karte  im  Ergänzungsheft  no.  45  zu  Peter- 
mann's  geogr.  Mittheilungen  Taf.  2. 

Für  Palästinafreunde,  um  auf  die  von  BH  berührten  Sachen 
einzugehn,  ist  von  Interesse,  dass  nach  ihm  zu  Apg.  9  v.  11  die 
^grade  Strasse*^  in  Damask  zu  seiner  Zeit  „die  lange**  hiess:  mit- 
hin dürfte  das  moderne  derb  el-mustaqim  eine  Reprisünation  sein. 
—  Zu  Apg.  2  V.  13  wird  die  Voraussetzung,  dass  man  schon  zu 
Pfingsten  in  Jerusalem  Federweiss  ^)  getrunken  habe,  durch  die  Be- 


1)  Inzwischen   ist   mir   doch    wahrscheinlicher  geworden,    dass  meritl^ll  = 
ri^172  im  cod.  Ueuchlin  des  Targum,  identisch   mit   dem   griechischen  fiv^itrjs 


742  BihliograpkUehe  Ana&igen. 

merkung  erkl&rt:  ^pVielleicht  pflegte  man  von  'Uinqft  im  Gebiete 
von  Gaza  zu  Pfingsten  Trauben  nach  Jerusalem  zu  bringen*.  Welches 
Thal  oder  Ort  ist  gemeint?  Ist  die  syr.  Aussprache  ^aidän  Apg. 
27  V.  3  älter  als  die  JSidtiv?  —  Apg.  2  v.  9  ist  Klein- Asien  = 
Babel  [d.  i.  al-'Ir&q]  und  ^or&s&n;  und  Gross -Asien  «s  Ganz- 
Asien,  vgl.  ausser  Forbiger:  Ptolemaeus  im  Tetarabiblos  öfters, 
Payne  Smith  thes.  305,  J&qtLt  1,  63, 14,  Reinaud  Introd.  Aboulfeda 
I,  CCLVm. 

Zu  Apg.  2  V.  9  will  BH  unter  Part^w^'e  «Enphratenser*  ve^ 
standen  wissen  ^).  Wenn  aber,  wie  aus  einer  Anmerkung  ebenda 
zu  ersehn  ist,  christlicher  Ehrgeiz  die  Partber  mit  den  Orrhdje 
identificirte,'vgl.  Assem.  B.  0.  3,2,  CCCCXXV;  Ja'q6bh  von  S«nig*» 
bei  Gureton  Ancient  Syr.  doc.  94, 7.  106,  i2 ,  so  hat  das  guten 
historischen  Grund.  Bardais^  heisst  6  Iltig&o^z  Hilgenfeld,  B.  14 
Note  6.  Die  arabische  Phylarchendjmastie  der  Abgariden  weist 
nicht  bloss  arabische  Namen  auf  wie  Abgar,  den  ich  für  einen 
solchen  halte  (s.  Ihn  al-Athlr  Index  u.  d.  W.,  al-1?abaii  von  Kose- 
garten U,  26,  ZDMG  Xym,  791,  anders  de  Lagarde  Abhand- 
lungen 6),  sondern  auch  parthische.  Dass  Procdp.  bell.  Pers.  1,  n, 
vgl.  Dionys.  von  Teil  ma^e  ^)  65,  i7,  nicht  fehl  schiesst,  wenn  er 


olvos  (Soidas)  s=s  Mspaiiijs  Qeop.  5,8,10  »■  gewöhnUch  ß^v^af^ixtfg,  «ttisck 
ftvQpivitTie  Aelian.  Y.  H.  12,31  ist:  d.  i.  nach  Diosoor.  5,37  yi^iheog^  der  nh 
Myrtenzweigen  und  -Beeren  gekocht,  dann  gekUlrt  und  aufbewmlirt  wird. 

1)  Partaw  ist  einmal  im  Syrischen  das  persische  partaw:  Aas.  Act  mart 
Orient.  I,  229,  vgl.  mit  B.  O.  3,  i,  91a  s  bafemsA  j&me  'nA  wabhnürft  dh  U  di^kl, 
d'en  b  partaw(i)  'eqawe  thqaddmünÜ(hi)  1  b4(i)th  gumiAhft  (so  lies  ffir  gmhA). 
Hier  bedeutet  das  Wort  den  königlichen  Glorienschein,  kaum  verBchieden  tod 
kawadm  |iwarenö  s.  Spiegel,  Eran.  Alterthumskunde  2, 42.  3,  fies»  Kahn  a  Beitrie« 
5,39.  Kijfthura  bei  Istahri  124  h  =  Ihn  Hauqal  1951.  Die  Mftrtyrerakten  Sber- 
setzen  es  mit  gaddA  dh  malkä,  vgl.  West,  Mainyö-i-khard ,  OlosBar  167  Dorn. 
M^langes  Asiatiques  III,  286.  Man  schwor  ebenso  bei  der  tvx^  des  Seleokos 
und  des  Kaisers:  Lehrs,  Populäre  Au&ätze  S.  175  Note.  Unter  den  ^Bani'i'f", 
die  sich  mit  allerlei  heiligen  Wappenthieren  coiffirten,  findet  man  einmi  Soodmi- 
strahlenkranz   z.  B.    bei  Bahr&m  I:    ZDMO  VIU,  Tafel  X,   1.      Hierin  sehe  ich 


.-     o 


eine   aramäische   Paganisirung    des  soroastrischen  Symbols,    das  als  V  ^^  g  ^>^  dss 


Haupt  selbst  der  Chalifen  gekrönt  hat:  Ihn  al-Athir  10, 442,  s  nnten-  11  i36,it 
Die  Symbolik  König  =  Sonne  und  Sonne  ^=  König  (Molokli)  ist  in  Vordenukn 
ein  fester  Typus.  Bald  ist  der  Schutagebt,  Farvar,  gaddä  unter  seinem  Symbole 
praesent,  als  geflügelter  Sonnendiskus,  als  Lichtglans,  Flämmcben  jcn^*  vnoünf 
ütv  DlS )  bald  Maja  npoaeanov  D*^3C,  in  menschlicher  Gestalt  im  feflfiiralteo 
Sonnonrade,  gigl>lä  d>>semsä.  Dioss  wird  recht  deutlich  durch  Clermont  Ganneao. 
Joum.  As.  1878,  I  S.  259.  263,  verglichen  mit  der  Geschichte  bei  Assemani 
B.  O.  3,  I,  443  b:  der  Schutzgeist  konnte  eben  in  jeder  Gestalt  sichtbar  werden, 
auch  als  Widder,  ghurm,  Spiegel,  Eran.  Alterth.  HI,  599  oben.  Welchen  Sinn 
die  Gadd's  der  Götter  hatten,  zeige  ich  anderswo. 

2)  Teil  mahrai  oder  bahrai,  angeblich  =  Teil  al-Bali^  lag  bei  letxterem 
Flusse  zwischen  al-Raqqa  und  Hisn  Maslama,  d.  h.  auf  der  Seite  nach  Ras  al- 
'ain  zu:  vgl.  Jftqüt.  Maräsid  4,493.  al-Muqaddast  137,12.  Im  Sjr.  kenne  ich 
nur  die  Nbba;  mahro  wird  eine  Form  wie  maqre  thurn&ghlä,  masde  sein.  Bei 
der  Nisbabüdung   wird    der  letzte  Vokal  oder   Diphthong  nicht    berücksichtigt. 


Bibliographische  Anzeigen,  743 

'OoQOfjvi^  TOD  einem  König  hniawgAoq  Osroes  ableitet,  beweist  der 
procnrator  Chosdroe(nae)  auf  einer  Inschrift  bei  Marquardt  Böm. 
Staatsverwaltung  1,  280.  Durch  eine  dieser  Quellen  beinflusst,  las 
man  in  der  Erasmischen  Ausgabe  und  der  Marianaea  des  Hieronym. 
zu  Matth.  10  Chosdroenae  und  Chosidenae,  wie  Assemani  B.  0. 
1,  319a  bietet;  die  Hss.  haben  nach  Martianay  Hieron.  opp.  IV, 
1,  S5  oben  Osr(o?)enae.  Jenes  Chosroene  machte  erst  römischer 
Mund  zu  Osdroene  und  Orroene,  sodass  die  römische  Eparchie 
nach  Edessa's  parthischem  Namen  Chosrau- Stadt  wird  genannt 
worden  sein.  Orrhöi  (BH  Oeuv.  gram.  1,  263,  is)  transscribirten  und 
sprachen  dann  die  einheimischen  Christen  der  antiochischen  Diöcese 
den  Römern  nach  für  die  Stadt  *0(>(>oi?-v^,  vgl.  Oureton  Spicil.  *) 
S.  16  syr.  'OaQOtjvi^  =  B^th  Orrhöje.  S.  20,  i  *thgofjvfj  -  Orrhöi. 
Pq  tönte  mit  hörbarer  Aspiration.  Welches  üebergewicht  in 
jener  Gegend  in  frühester  christlicher  Zeit  die  parthische  Sprache 
über  die  griechische,  und  welchen  Einfluss  auf  das  Mesopotamische 
hatte,  ersieht  man  aus  qaitöneqänä  Apg.  12  v.  20,  einer  vor  hibrida 
mit  der  persischen  Adjektivendung  k&n,  wie  ^Srq&nft  Eseltreiber 
BA  3944  mit  nach  nestorianischer  Weise  verkürztem  a;  ausser 
vielem  vgL  Zr&d^a^tq&nd  bei  Josu6  le  stylite  ed.  Martin  S.  15  = 
B.  0.  1,  265  =  v:>-äj!^5  v^joc  B.  0.  3,  i,  402  b  den  Namen  der 
Mizdakiten:  denn  Mü^dak  [^Evangelium'']  führte  seine  communistische 
Lehre,  die  dem  orthodoxen  Magier  eine  Erfindung  des  BSvarasp 
schien  (Moses  von  ^onal  I  c.  32),  in  ähnlicher  Weise  auf  Zr&diiSt 
zurück,  wie  Karlstadt  und  Münzer  die  ihrige  auf  die  Bibel:  Ibn 
al-Athir  I,  297  al-Mas*üdt,  Murü^  I,  195. 

Die  Vorliebe  des  syrischen  Geistes  für  das  Dünmiste  was  der 
griechische  producirt  hat,  mag  bei  altem  Schriftstellem  allenfalls 
noch  stören,  im  13.  Jahrhundert  fällt  sie  nicht  mehr  auf  Man 
lese  die  Etymologien  von  'ItaXixtj  aus  ivrilkw  und  ixnxrj  zu 
Apg.  10  V.  1,  von  TvtpofPixog  aus  Tvnixog  27  v.  14;  Hübsches 
femer  gegen  die  „platonische  Lehre  von  der  Seelenwandrung**  zu 
Joh.  9  V.  3.     Zu  Joh.  10  v.  12  verunglimpft  der  Convertitensohn 


z.  B.  Matt^&,  aus  Dairft  db  Mär  Mattai  Ass.  B.  O.  2,2S7a  Mitte.  Sand-lJ^A  aus 
Sand  Ha  ebd.  2,a99a.  'Arbl^  aus  *Arbü  8,2,  DCCXIX  unt.,  vgl.  qunkhi^A  von 
qnnkhS  =  Mtiyxrj  (Kirchenchor).  Orrhl^ft,  vgl.  auch  'änw^i  von  'ändt^ä,  hka- 
wi^k  von  hinötbä  BH  Oeuv.  gramm.  2,  M,6.  1,19,11  neben  hftnWänA  bei  Bnx- 
torf ;  gftlw&jft  von  g&löth&.  —  Ebenso  bei  Anhängung  von  nä^k:  Bftm^A  aus  Bdth 
bürß  B.  O.  3,1,478  a,  in  Ninwe,  von  dem  NSnw^ft.  M&h6zniye  Mitglieder  der 
Schule  von  Mähdze,  al-MadftHn  bei  BB  unter  küllA.  So  ist  Mäh6znAje  vokalisirt  im 
Cod.  Mus.  Britann.  Add.  12,138  vom  Jahr  899  Chr.  fol.  116  ven.  am  Rande.  Mar- 
UnfitMv  bei  Magnos  von  Harrin  bei  Malalas  Chron.  p.  329,  mit  Hilfinrokal  a. 
Tegrit)>nl\)e  'finwardnije  B.  O.  ^2,  78  ^ ,  bS6^  zeigen,  dass  Sildn!,  S«ldmdni  nichts 
für  eine  Apocope  von  S«16m6,  Sil6  beweisen,  wie  neuerdings  selbst  noch  Kautzsch 
meint.     Vgl.  Nöldeke. 

1)  Dass  die  Bardaisanistische  Schrift  in   alter  Zeit  nach  dem  Griechischen 

bearbeitet  ist,  war  mir  keine  Frage.  Vgl.  z.  B.  das  bisher  verkannte  ^L^dll»/ 
B= 'At^onaxfjvfj  ebend.  14,19,  s.  Lagarde  Abhandl.  34,2. 


744  BibUographische  Anzeigen. 

zum  Besten   des  Christentliuins  die  Propheten  seiner  Ahnen.     Mit 
Job.  12   y.  41    argumentirt   BH  gegen    das    theopaschitische  Yer- 
ständniss  des  Trisbagion,  vgl.  B.  0.  2,  36. 180.     Apg.  1  v.  9  tadelt 
er  die,  welche  Christi  Körper  nur  bis  zum  Rande  des  Firmaments 
aufsteigen  lassen,  dem  himmlischen  Paradiese,  wo  die  Heiligen  bei 
der  Auferstehung  weilen  werden.  —  Wenn  ich  die  schwierige  Be- 
merkimg  zu  Apg.    2   v.  15   recht   verstehe,   so    setzt    da  BH  auf 
Seiten  der  Jakobiten  den  Standpunkt  des  Bar  §alibi  (B.  O.  2,  185) 
voraus,  nämlich,  ausser  der  Feier  der  Messe  um  die  dritte  Stunde, 
das  Stehn  bei  der  Gommunion  und  beim  Gebet  am  Sonntage  über- 
haupt, und  scheint  dann  an  gewissen  Leuten  dreierlei   zu  moniren, 
1)   die  Feier  der  Messe   um  neun  Uhr,  vgl.  BH  Chron.  eccl.  ed. 
Abbeloos-Lamy  H,  243,    2)   die  Kniebeugung   am  Pfingsttag  si^tt 
des   von   Alters  her  üblichen  rkh^4  ==  xviffi^   und    g^hanta,    s. 
Cassianus  bei  Bingham  Origines  ed.  Grischovius  9,  i2Sy   3)  dass  die 
Kniebeugung   sogar  beim  Abendmahl  Statt  fand,    wie  bei  Wright 
CataL  Br.  Mus.  234a  6.     Wer  aber  waren  diese  Leute?  —  BH  be- 
merkt Apg.  S.  2,  7,  dass  vor  der  Leetüre  der  Praxis  die  Gemeinde 
(von  dem  qarojä)  mit  «meine  Lieben'^,  vor  der  „des  Apostels*  mit 
„meine  Brüder*  titulirt  werde.   —    Aus  Apg.  12   v.   15    wird  der 
alte  chaldäische  Satz  bewiesen,  dass  Jedermann  seipen  Schutzengel 
hat;  zu  Ep.  Jak.  1,  i7  drei  Klassen  (pür^  unterschieden.     In  £p. 
Jak.  5  V.  16  und  Ep.  Jo.  1,9   findet  BH  die   Beichte  empfohlen 
(B.  0.   2,  170.  265).     Zu    Apg.  5,  4i    ist  Petrus   erste    christliche 
Autorität   für  die  Corona- Tonsur,  Johannes  für  die  Granz-Tonsur. 
Mutatis   mutandis   verdankt   man   diese  Moden  aber  den  Isis-  und 
Sarapispriestem,  vgl.  Hieronjm.  zu  Ez.  44  bei  Ass.  B.  0.  3,  s,  899, 
mit  denen   die  Christen   ja   auch   sonst  verglichen   werden:    Flav. 
Vopiscus  Satumin.  c.  8.     De  Lagarde's  Vermuthungen  in  Clemen- 
tina praef.  16.  17  bestätigen  sich  glänzend.     Uebrigens  stehenden 
christlichen  Theologen  die  arabischen  in  der  minutiösen  Behandlung 
der  Kopfschurfrage  (während  des  'ihram)  nicht  nach.  —  Bacdudes 
als  General  des  Antiochos  zu  Jo.  10  v.  22  stanmit  aus  Joseph. 
B.  Jud.   1,1,2,   vgl.   Dionys    von  Tellmatre  64,  is.      Zu    Apg.    25 
V.  13  vergleicht  BH  nicht  ungeschickt  den  Vorrang  der  römischen 
Procuratoren    vor   den   einheimischen  Fürsten  dem   ähnlichen   der 
mongolischen  Qsl4^'s  seiner  Zeit  0- 

Ungleich  wichtiger  als  solche  Spuren  allgemeiner  Bildung  bei 
einem  jakobitischen  Kleriker,  für  dessen  grossartige  Energie  es  uns 
indessen  nicht  an  Verständniss  fehlt,  sind  uns  seine  Stadien  der 
traditionellen   Aussprache   der   Bibelworte.      Ein   Vergleich    seiner 


1)  Ich  versage  mir  nicht,  zu  erwähnen,  dass  mir  bei  dem  aovSagiov^  mit 
welchem  das  Gesicht  des  todteu  Lazarus  bewickelt  war,  sowie  bei  Jesu  Schweis»- 
tuch  wieder  die  Todtenmaskcn  von  Mykenae  eingefallen  sind ,  vgl.  auch  I>iod. 
Sicul.  II,  15,  s.  Archäol.  Zeitung  1878  S.  25.  Ebenda  hfitte  ich  zu  al-H&iiüqi 
das  ippov^iov  nalatov  fierä  xo  KiQu^oiov  yivvoixag  övofia  bei  Procop  de 
aedif.  II,  6  Bonner  Ausg.  3,  227  anführen  können. 


ßiblioffraphische  Anzeigen,  745 

hierauf  bezüglichen  Bemerkungen  mit  den  Marginalien  nach  der 
Qarqafischen  Massora  bei  Wiseman  hör.  Syr.  220.  246  und  Abb6 
Martin  Joum.  As.  1869,  14.  Autographie  S.  10  f.  17,  lehrt,  dass 
diese  Notizen  aus  derartigen  jakobitischen  Werken  und  solchen 
nestorianischen  wie  der  Cod.  Mus.  Brit.  vom  Jahre  899  geschöpft 
sind.  Wenn  nicht  schon  desshalb  räthlicher  wäre,  Mühe  und  Kosten 
zunächst  auf  eine  Ausgabe  der  erwähnten  Hss.  zu  wenden  —  diese 
ist  für  die  syrische  Grammatik  ein  dringendes  Bedürfoiss  —  und 
wenn  wir  nicht  dieselben  Beobachtungen  der  Aussprache,  allerdings 
zuweilen  generalisirt ,  in  dem  ket^äb^^ä  d^  sem^e  wiederfanden:  so 
würde  ihretwegen  eine  vollständige  Ausgabe  des  'Au§ar  'räze  er- 
wünscht sein.  Bevor  ich  davon  diejenigen  mustere,  die  in  den  vor- 
liegenden Theilen  desselben  meine  Aufmerksamkeit  herausfordern, 
schalte  ich  ein,  dass  Abb^  Martin,  dem  wir  auf  diesem  Gebiete 
viele  Belehrung  verdanken,  dem  Wiseman  doch  nicht  ganz  mit 
Recht  bestreitet  (Joum,  As.  VI,  14,317),  dass  Tüb^lLnä  der  PeMt&- 
text  sei:  s.  Wiseman  S.  223.  221.  Dieser  war  es  allerdings,  soweit 
der  K©thibt»-Text  betroffen  wird;  ausschliesslich  zu  dieser  Ueber- 
setzung  lieferte  der  IMbl^&nä  einen  Qr^text:  vgL  die  Varr.  haimenin(i) 
statt  hainmin(i);  nappes,  das  BH  oeuv.  gramm.  1,  238,5  für  ost- 
syrisch erklärt,  statt  neppes  ^le(i)h  in  Joum.  As.  VI,  14,  Notes 
marginales  Tafel  S.  17,  vgl.  Wright  Catal.  Mus.  Britt  1,  109  Note. 
Gar  nicht  richtig  aber  ist  es,  wenn  Abb^  Martin  diesen  X^b^änä 
mit  dem  Rabban  T^eöd^ösi  identificirt,  der  ja  nur  E[losterbruder, 
kein  Patriarch  ist.  Denn  bei  Wiseman  S.  158  wird  die  Lesart  des 
Tüb^änä  der  des  Griechen,  mit  welcher  T^^eod^^ösi  s  übereinstimme, 
gegenübergestellt,  und  die  griechische  für  §arir  men  hanä  t^b^änä 
erklärt  Endlich  hat  sich  Abbe  Martin  nur  durch  einen  Fehler 
Land's  (vgl.  Wright,  Catäl.  Mus.  Brit.  1164a)  verleiten  lassen,  das 
Kloster  Qarqafb^si  bei  Amid  zu  suchen.  Es  lässt  sich  nach  der  von 
Martin  selbst  angeführten  Stelle  Ass.  B.  0.  11,  78,  wo  es  Qarqaft^^ä 
dh  Mag^deläje  heisst,  leicht  als  bei  der  Stadt  Mag^dal  am  I^äbk6r&- 
Fluss  gelegen  bestimmen:  über  diese  vgl.  BH  Chron.  ed.  Bruns 
S.  385,7.  =  Migdal  bei  Ista^ri  74  h;  Jäqüt;  Ritter  7,270;  offen- 
bar To  Mayäakä&wv  ((pgovQiov)  um  (sfeodoöiovnoXig  =  R4s  al 
^Ain  bei  Procop  de  aedif  11  c.  6.  Bonn.  Ausg.  m,  227,  24.  Durch 
A.  H.  Layard's  Reise  (Nineveh  und  Babylon  übers,  von  Zenker 
Leipzig  S.  237  f)   ist  nicht   allein   Midschdel   auf  den   Karten  zu 


O^  f 


finden,  sondern  auch  s.  ö.  davon  am  IJäb^^örä  in  Tenenlr  =  -aJuJj 

Istal3ri  a.  a.  0.,  das  syrische  Tannürin,  von  dem  Zacharias  Rhetor 
bei  Land  Anecd.  EI,  256 f  dasselbe  ausfuhrlicher  berichtet,  was 
Procop  in  der  angeführten  Stelle  von  QavvovQig  (Genetiv:  log), 
Jäqüt  s.  V.  unterscheidet  ein  oberes  und  ein  unteres,  wie  Procop 
ein  grosses  und  kleines.  ^  Von  diesem  verschieden  ist  der  gleich- 
niunige  Ort  Tannüri  auf  Cemik's  Karte  etwas  östlich  von  Nisibis. 

Bd.  XXXU.  48 


746  ■  Bibliographische  Anzeigen. 

Von  den  grammatischen  Angaben  des  BH  verdieirt  vorweg  be- 
sondere Beachtung  zu  Jo.  S.  5,  26,  vgL  mit  Oenv.  granun.  1,  207,  » 
die  Transscription  von  Krj^päg  durch  Gr^fas,  griechisch  x  =s  g  mit 
qu^^ijä.  BH  Oeuv.  gramm.  1,  212,  5  vgl.  mit  208,  i7,  sagt,  es  klinge 
griechisch  x,  geschrieben  qof,  wie  syrisch  g  mit  qa§^j&;  n,  ge- 
schrieben ^,  vgl.  ebd.  2,37,16,  wie  b  mit  qus&aja,   r^  geschrieben 

t^t^,  wie  d  mit  qu§§äj&.  Einen  Laut  wie  syrisch  tau  mit  qu^ji 
gebe  es  im  Griechischen  nicht.  Setzt  man  nun  als  feststehend 
voraus,  wozu  man  wohl  berechtigt  ist,  dass  x  n^  auch  persisch  p. 
T  reine  tenues,  wie  k  p  t  im  deutschen  Inlaut  sind,  so  entsprechen 
diese  desswegen  nibht  syrischem  kaf,  pe,  tau  mit  qa£^j4,  weil 
letztre  adspirirte,  mit  einem  vernehmlichen  Haachelement  ge- 
sprochene Laute  gewesen  sein  werden,  wie  k  p  t  im  deutschen  Aus- 
laut und  Anlaut,  z.  B.  in  Eond:  ich  verdanke  unserm  Linguisten 
Dr.  Möller  in  Kiel  den  fruchtbaren  Hinweis  auf  die  wichtige  Ab- 
handlung von  Kräuter  in  Kuhn's  Zeitschrift  f.  vergl.  Spi-achf.  Bd.  21, 
und  sehe  nachträglich,  dass  auch  Praetorius,  Tigriöagrammaük  S.  70 
Aehnliches  vermuthet  hat.  Für  die  echte  Adspiration  auch  der 
hebräischen  ddp  lässt  sich  allerlei  anführen,  z.  B.  Schwankungen 
der  Orthographie  wie  xavwvBQ  ^  ^avävsg  für  ^JD,  Doppelkaf  = 
x^  LXX,  Doppel-D  durch  n(f.  Dergleichen  bleibt  erst  noch  zu 
sammeln.  Vorausgesetzt  wird  dieselbe  auch  von  Rabbi  Sa'adji. 
wenn  er  von  einem  Laut  zwischen  hebräisch  D  und  p  spricht^  näm- 
lich von  k  tenuis,  welches  die  Hebräer  nicht  hatten:  Joum.  As. 
1870,  XVI,  515.  —  Da  nach  dem  Qarqafenser  Maqerj&n&  Tbeod>K)si 
bei  Wiseman  251,  das  Griechische  genau  genonmien  g  b  d  mit  qu^j& 
nicht  kennt,  so  ist  die  Verdeutlichung  von  x  n  t  durch  diese  bei 
BH  nur  approximativ  zu  verstehen.  Beider,  der  reinen  tenues  und 
der  reinen  mediae  entscheidende  Aehnlichkeit  beruht  auf  dem  voll- 
ständigen Mundverschluss  bei  ihrer  Artikulation,  also  dem  Mangel 
an  Hauch.  Vgl.  eine  ähnliche  Approximation  bei  Kräuter  S.  48 '). 
Ist  es  nun  richtig,  dass  nordsemitisch  g  p  t  hier  HauchmiÜauter 
sind,  so  begreift  sich  die  ältere  Transscription  (de  Lagarde,  Ab- 
handlimgen  255  f)  ^  =  D,  T  =  n,  x  =  D  aus  der  Annahme, 
dass  auch  die  semitischen  Laute  ehemals  reine  tenues  waren,  und 
zu  adspiratae  erst  im  Laufe  der  Zeit 'wurden,  um  endlich  aus 
diesen   nach   Vokalen  in  Spiranten,    d.  h.   in  Reibemitlauter  über- 


1)  Abgeselm    vuii  dor  iieagriechbchon  Aassprache  des  y  vor  e   und   t  ihn- 

ich    wie   7  BH  Oeuvr.  grra.  2, 37    werden   im    Syrischen    drei    g   neben    drei  t 

unterschieden:  Wright  Cat.  Mus.  Brit.  lila  oben  vgl.  Abb^  Marüu  Joum.  As. 
1872  S.  417.  418.  1875,  V,  199.  202.  Das  einzige  Beispiel  welches  nur  för 
g  da  ist:  Paioe  3  Jo.  1 ,  lässt  erkennen ,  dass  es  sich  nur  um  solche  Ffille 
handelt,  wo  syr.  gämal  in  griechischen  Wörtern  wie  k  tenuis  gespxx>cben 
werden  soll,  weil  man  so  in  einzelnen  Fällen  auch  im  Griechbchen  sprach :  mlso 
Caius ! 


ßibUographißche  Anzeigen.  747 

gehn  ^).  D&s  &  der  alten  Zeit,  eine  adspirata,  keine  spirans,  durch 
C3  zu  schreiben  war  ein  Nothbehelf ,  ebenso  wie  man  aus  Noth 
später   X   durch  p,    r  durch  C3    ausdrückte.     Dass   im  Arabischen 

^  und  o  wirkliche  adspiratae  waren,  ist  ganz  unzweifelhaft,  denn 

es  ist  dadurch  bezeugt,  dass  dieselben  gradewie  die  Reibelaute  t  f  ^ 
^  in  die  Klasse  der  al-mahmüsa  gehören,  und  dass  al-Zama^§ari  von 
KM  sogar  ausdrücklich  sagt,  im  Gegensatz  zum  stummen  Qäf  werde 
sein  Laut  von  dem  [durch  die  Verschlusslücke  streichenden]  Athem 
geleitet  und  getrieben:  189,  is  vgl.  Wallin  ZDMG  IX,  11.     Daher 

hat  man  in  dialektischen  Formen  wie  {»OCII  für  »y^\y  ^Xj  für 
«jü  u.  a.,  die  Freytag,  Einleitung  in  d.  arab.  Spr.  S.  67.  91.  95. 

66  anführt,  das  Kaf  für  die  reine  tenuis  zu  halten.  Eine  wirkliche 
t  tenuis  meint  al-Zama^^art,  wenn  er  von  einem  J?,  das  dem  o  gleiche, 

redet  S.  189,  lo.  Ebenso  deutlich  ist  die  Adspiraüon  am  nord- 
semitischen G.  Denn  wenn  schon  Hieronymus  sagt,  die  Hebräer 
kennten  griechisch-lateinisches  P  auch  im  Anlaut  nicht,  es  laute 
vielmehr  wie  F  (Lagarde,  Onomastica  Sacra  65, 19;  69, 7)  oder  wie 
Phi  graecum  (zu  Isaias  2,  5),  so  meint  er  damit  nicht  den  Reibe- 
mitlauter,  sondern  eben  zwischen  n  und  (p  stehendes  echtes  ph, 
vgl.  Journ.  As.  1870  XVI,  515.  Es  erklärt  sich  so  auch,  dass  in 
et^t^pls  die  heimische  sjr.  tau  adspirata  mit  t^th  geschrieben  ward, 
nachdem  sie  durch  Assimilation  an  die  folgende  n  tenuis  zu  r 
tenuis  geworden  war:  durch  \^\^  nur  annäherungsweise,  da  t^t^ 
und  q6f,  obschon  tenues,  noch  ein  besondres  semitisches  Plus  ent- 
halten, s.  BH  Oeuv.  gramm.  2,  37,  le  Journ.  As.  1872  366.  378. 

Jene  Notiz  des  BH  zu  Jo.  zeigt  übrigens,  dass  seine  genaue 
Definition  der  griechischen  Aussprache  mindestens  so  alt  ist  wie 
T^ömä  Harqeläjä;  vermuthlich  gehen  dergleichen  Beobachtungen 
von  der  Philoxenischen  Uebersetzerschule  aus.  Natürlich  macht 
sich  die  Aussprache  selber  schon  früher  bemerkbar  z.  B.  in  Magarfat 
(2.  Jahrb.!)  Ass.  B.  0.  1,  393  =  n.  pr.  Maxagtaxo^.     Dagegen 


1)  Unzureichend  ist  es  natürlich,  die  Reibelaute  •  =3  ;|f,  c  =>  neugriechisch 
V,  <3  s  neugriechisch  B,  neugriech.  ß  «=■  deutsch  w,  welches  die  Laute  der 
rukkäk^irten  Buchstaben  ^  ^.7  «^  ^^^^^  adspiratae  zu  nennen,  und  ich  bitte 

dringend,  meine  Bezeichnung  derselben  mit  nachgesetztem  h  nur  für  conventionell 
halten  zu  wollen.  -Die  qusslyirten  Buchstaben  haben  engen  Mundverschluss  und 
heissen  desshalb  „angepresste"  hS$4tt>ll  BH  Oeuv.  grm.  1,197, 8 f.  nach  dem 
arab.  al-sadida,  denn  ha^jes  »»  Saddada,  die  rukk&khirten  haben  unvollständigen, 
nur  lockern  Verschluss  und  heissen  darum  raQAtt>ä  bb  al-ri^wa,  s.  Zamahllarf s 
al-Mufassal  189, 19.  Vorangehender  Vokal  «=  offiier  Mund ,  und  Halbvokal  «= 
halb  offher  Mund,  verursachten  also  darum  Bukkäkba  »»  unvollständigen  Mund- 
verschluss, weil  ihnen  diese  Artikulation  näher  liegt  als  die  der  Verschlusslaute*, 
und  veranlassten  ihn  nicht,  sondern  beliessen  die  ||isäthä,  wenn  dieselben  doppelt 
d.  h.  mit  Teschdid  s=  hügäsä  gesprochen  werden  mussten. 

48* 


748  Bü4iograpküeke  Ansmgen, 

schreibe  ich  umgekehrt  der  Vulgäraussprache  des  qdf  mit  g  za: 
arab.    gätaliq  «=  xa&oJUxog.     Aas   dieser   erklärt   sich    auch    die 

Schreibung  des  viel  umstrittenen  (Dozy,  Supplement)  -^  ^%1.  if  >1 
=  syr.  grUpadl^in  =  ygaqiSiov  BB  unter  jv^oL  BA    2989  Payne 

o 

Smith  779.  1519,  ii  unten,  vgl.  oJö  v3JüU  =  syr.  g«dl»af  rudern 

BA  2715.  2734.  2735  (das  meiste  fehlt  bei  Payne  Smiih);  und 
Tiy^S'  ist  nur  griechische  Metathese  für  JixliT-  ==  Deqlat»  wie 
jBQXiTw,  Dercetis  für  Teg/tTw,  ygvip  für  xgvßg  =  annD,  Ocnpa- 
xog  für  Ta(faax',  <l>a(SBX  LXX  =  nOD  für  naae^;  ganz  griechisch 
aber  Kaggai  für  Xccpphoi,  K{/)ia6i0i  für  Ou^iot. 

BH ,  welcher  die  Aussprache  griechisch  n  zu  Jo.  3,  s«.  A)^. 
S.  9,  s  notirt,  vrill  <Poivixa  Apg.  27  v.  12  Püniks  mit  syrischem 
P  gesprochen  haben,  aramaisirend ;  empfiehlt  femer  für  svvovx(K 
'ewnüksa  Apg.  8  v.  23  nach  Analogie  der  Aussprache  von  kaf 
semkat^,  welches  das  Syrische  von  der  alten  Transscriptionsmethode 
für  ^  ererbt  hat  *).     Zu  Jo.  19  v.  13  soll  gfifta  zwar  gescbriebecu 


1)  Dergleichen  Erbstücke  sind  nftmentlich  in  solchen  Fremdwörtern  nicht 
selten,  die  aus  der  yorchristlichen  Volkssprache  in  die  edesseniicho  Literatur- 
sprache übergegangen  sind.   Vgl.  ma^ritl^ä  ss»  fAtrffijioef  qtbh6thft  plar.  qibWrfttkl 

B.  O.  2,  9i5  ^  aus  Hißmiog^  das  seinerseits  fttr  rißwi6^*j  ans  DlS^n,    mit  der 

umgekehrton  Dissimilation  steht,  wie  fit73t3^lb!l  Nöldeke,  Mand.  Crramm.  XXX  für 
yXataaoxnßiov.  —  qan(r6p6s  B.  O.  3, 1, 170^  2  >»  arab.  qutrub  (BB)  =  inntdr&pm- 
nog^  qartalwAt^ft  xd^talioit  tag^ima  tny/Aa^  pinkiift  niva^  Bernstein  in  Spe- 
cimen  ad  BH  S.  29.  Wright  Catal.  Mus.  Brit.  1,  isa;  dameben:  penqldt4  Laiid 
Anecd.  I  Tab.  IV  ponqtttä  =3  ntvnxid-ioy  Codex,  Volumen ,  z.  B.  Ass.  B.  0. 
3, 1,  230^  7;  3, 1,  256.  268.    Wright,  Catal.  1,  5a,  plaquntftre  niaxovt^a^M   Wright, 

Catal.  I,  31  a  3  unt.  —  Kraz  =  Krj^vaa^  worin  rs  zu  rz  wie  in  Td^€H>e  =«  T*ir. 
Dass  ich  gegen  de  Lagarde  in  meinen  Hermeneutica  154  die  Ableitung  von 
'äd>)slL  aus  eldoe  mit  Unrecht  bestritten  habe,  sehe  ich  ein,  seitdem  ich  ans  Tb. 
Mommsens  lesonswerther  Auseinandersetzung  im  Corp.  Inscr.  Lat.  III  $.  68 
Col.  1  und  aus  Boissonade  Anecd.  Graec.  5, 78  Note  2  erfahren,  wie  sehr  speci« 
und   eJSoe  auch  in  der  Bedeutung  Feld  fruchte,   vgl.  „Spezereien'' ,  verbreitet 

waren.  Man  muss  also  wohl  das  «Jt  statt  CO  aus  dem  Einfluss  des  vorangehen- 
den 3  im  Munde  dos  syrischen  Bauern  erklären.  Die  Mandäer  sagten  allerdings 
fii'^U^UM ,  Nöldeke,  Grm.  42 ;  qaddesa  =  xnSSof  arab.  qadas  hat  quss^A.      Vgl. 

aber  ,jä  =  s  in  ^jiJajj5|  =  KQijrrjs  Jaqüt  und  sladd^L  =  oxeXn6v  Nöldeke. 

Mand.  Grm.  75.     Dagegen  -oNQ^^^^^  =:  fioaxntov  vgl.  du  Cango  fAoaxnrili 

latein.  du  Cange  muscatum,  das  BB  nach  Bar  Srösowai  und  aus  dem  Kunn&s  de<) 

Masih,   der  tlieils  ^^ybliUwjO  ^  theils    .^^^L^^Umw«  schreibe,  mittheilt,  steht  unter 

dem  Einfluss  des  syrischen  und  persischen  musk.  Auch  nausi,  nausftthA  wie  nach 
BB,  in  dem  IMalekt  von  Trihän.  das  arab.  al-nftwüs,  al-nawftwis  heisst,  gehört  nicht 
hierher;  denn  es  ist  nicht  va6i  Castle  543,  sondern  >=  natsi  t=:  Sarg,  Mauso- 
leum B.  O.  1,389  Act.  apust.  apocr.  ed.  Wright  174,8  de  Vogü^,  8yrie  centrale. 


Bibliographische  Ansteigen,  749 

aber  kfiftä  gesprochen  werden,  vgl.  g^ür^  zu  k&ürä  BA  4890, 
Nöldeke  mand.  Grm.  4 1 :  die  media  vor  dem  Reibelaut  und  vor  Schln 
wird  zur  tenuis,  vgl.  BH  Grm.  1,  206, 19  und  s.  Kräuter  in  Zeitschr. 
f.  vergl.  Sprachforsch.  21,  89,  2.  —  Zu  Jaqob.  ö  v.  5  soll  man  in 
'et^la'ab^ton  auf  b  mit  rukkäkhä  achten,  wohl,  weil  nach  dem 
les§än&  t^josajä  wat^rajl^  ')  b  oder  vielmehr  bt  leicht  wie  pt  ge- 
sprochen werden  könnte,  s.  BH  Grm.  1,  208, 1  Joum.  As.  1872, 
1,  338.  —  In  nergemün  Apg.  14  v.  5  und  tesb^lün  1.  Petr.  3  v.  17 
vgl.  'asbel  9  v.  13  ist  die  Einschärfung  des  qi]ä&4jft  von  g  und  b 
wohl  nur  motivirt  durch  die  Voraussetzung  einer  Neigung  nereg^mün 
teseb^lün  nach  hugg4j&  mit  rukkak^ä  zu  sprechen:  s.  BH  Grm. 
1,  199  f. 

Wichtig  ist  die  Bemerkung,  dass  im  P'al  l)zitb&kh  Jo.  6  v.  6 
mit  dem  Beibelaut  t^,  aber  im  Pa^el  Ijauwitk^ön  Jo.  10  v.  32, 
ebenso  im  Af  el  aumitak^i  BH  Oeuvr.  Granun.  1,  220,  %b  mit  t  [ad- 
spirata]  zu  sagen  ist.  Diesen  unterschied  könnte  man  geneigt  sein, 
einer  ursprünglichen  Differenz  in  der  Betonung  zuzuschreiben,  auf 
die  man  Fälle  wie  im  Af  el  akkil ,  äkkin  ^) ,  neben  gewöhnlichem 
ad^il,  n^tteb^,  '^ddün,  '^kkatteb^,  ^bbänne,  qappjan(i)  Jo.  21  v.  20 
Harql.,  femer  attana,  Nöldeke  mand.  Gramm.  121  (vgl.?  leSSanä: 
lis4nun)  und  bättim  ^)  wird  zurückführen  müssen.  Da  indessen 
sö\)ith,  mich  dürstete  [nach  Analogie  von  kefneth],  sich  unterscheidet 
von  seljit,  dich  dürstete  [nach  Analogie  von  k©fent],  s.  BH  Oeuv. 
Grm.  1,  110, 19 f.,  so  ist  wahrscheinlicher,  däss  in  den  suffigirten 
ersten  Personen  aumiteh,  ^auwitk^on  die  Analogie  von  'id^»a*tokhön 
(1.  pers.)  BH  zu  Jo.  5  v.  42,  abbeb^tekl^ön  BH  zu  Jo.  14  v.  13 
befolgt  ist;  und  von  derselben  unabhängig  nur  das  suffigirte  P*al 
des  schwachen  Verbi  seinen  eignen  Weg  ging.  Jedenfalls  verräth 
auch  hier  bei  der  Rukk&khirung  die  Analogie,  oder  gar  ein  Calcul 
der  Maqerjäne,  sein  oft  schwer  zu  ergründendes  Dasein.  Aehnlich 
wird  man  se'bet^,  s&'bä,  sä'ban  zu  erklären  haben,  BH  Grm.  1,  224,  «4, 
kaum  aus  Consonanz  des  'alaf. 

Zu  Apg.  12  V.  8,  1  Petr.  5  v.  8  wird  bemerkt  die  Erhaltung 
von  Alaf  consonans  und  'e   in  der  Aussprache   der  Nestorianer  in 


Inscriptions  S.  90,  38.     Dagegen  ist  arab.  n&wüs  wirklich  syr.  |qDCÜ  =  vaog^ 

vgl.  Castle  542  und  Act.  apost.  apocr.  ed.  Wright  185,  IS.    Auch  ^Oit^»  ^"X"^ 
Jo.  4  V.  5  gehört  kaum  hierher. 

1)  So  nennt  der  nest.  Patriarch  £lij&  die  syrische  Vulg&rsprache  im  An- 
fang seines  Türäs  mamllä  im  Berliner  Ms.  Petermann  9.  Vgl.  die  maslmänüt^ft 
'atbrÄnidt»»Ä  bei  BH  Grm.  1, 206, ». 

2)  Meine  der  nestorianischeu  Aussprache  angepa^ste  Orthographie  folgt  der 
Kegel,  dass  die  Ostsyrer  jedes  Quss^ä  wirklich  verdoppeln,  wie  alle  andern 
doppelten  Buchstabon,  mit  Ausnahme  von  r  und  'e  (w  und  j?),  wfthrend  die 
Westsyrer  bekanntlich  keine  Verdopplung  kennen. 

3)  Dieser  Plural,  sowie  O'^'H^,  D*»»; ,  O:»,  D^?«,  erklärt  sich  nach 
mftlükim*  mit  regelrechter  Contraction. 


750  Biblioffraphische  Anzeigen, 

was'an  und  waliad*»(u),  vgl.  zu  Jo.  11  v.  30.  Joam.  As.  1869, 
14,  267.  Analog  sagen  die  Westsyrer  1  Petr.  5  v.  8  wÄhadK^X 
die  Nestorianer  wa^had^u)  mit  hörbarem  %  —  In  wa*tSd*»  lautet 
gegen  die  sonstige  Regel  (s.  BH  Grm.  1,  240,  s)  t  mit  qnä^äjä,  wohl 
durch  dissimilirenden  Einfluss  des  folgenden  Dental,  da  'e  bei  den 
Westsyrem  unausgesprochen  bleibt:  =  wätidl»,  vgl.  in4^m6dditba, 
BH  Grm.  1,  220,  lo;  und  ähnlich  j&16ddeth&,  bäkhett^thä  ?;  igi»og, 
BH  Grm.  1,217,5;  wäddedh^b^feethä,  witted»»aij&,  Uttedbaija,  BH 
1,  219,  16;  waddedhfimekh,  wadd©thajekl»,  wattodl»üs(i),  wattolMb^i), 
BH  1,  221, 17,  vgl.  Ungenaueres  bei  Bernstein  Jo.  HarqL  S.  AVIL 

Betreffs  des  perf.  von  hwä  notirt  BH  sehr  häufig^,  wann  das- 
selbe mit  (selbständigem  Accent  und)  h;  viel  seltner  (wohl  weil 
diess  schon  gewöhnliche  Sprechneigung  war),  wann  es  enklitisch 
ohne  h  zu  sprechen  sei.  Die  Regeln,  die  ich  aas  den  sich  vor- 
findenden Beispielen  abstrahire,  stimmen  nicht  ganz  zu  denen,  die 
BH  Grm.  1, 106  f.,  vgl.  Payne  Smith  thes.  s.  v.,  befolgt  wissen  will. 
Ich  beobachtete:  Hwä  lautet  das  Perfect  immer  1)  als  hyivBTO  etc., 
2)  in  der  Bedeutung  iari,  i]v  u.  s.  w.  als  käna  al-tänima;  sowie 
als  Hilfsverbum,  sobald  dieses  seinem  Particip  oder  dem  Prftdikat 
vor  an  steht,  3)  in  lä  hwa  =  nicht  ist,  war  etc.  —  II.  Wl 
wait,  wit*»  etc.  lautet  es  1)  hinter  einem  Worte  mit  logischem  Ton 
z.  B.  dem  Prädikat,  2)  in  la  wll  =  lau.  Statt  vieler  nur  diese 
Beispiele:  Jo.  20  ^v.  24  la  wä  t^amman  wk  *ammekMn.  —  Jo.  15 
V.  19  weM  men  'alma  wait6n,  ü  ix  rov  xocfiov  ^rc  zu  ver- 
gleichen mit  'ellä  Ik  hwait6n  men  *alm&,  oti  Si  kx  rov  xociwv 
ovx  iazL 

hüparkbia,  Apg.  23  v.  34,  soll  üpark^ia  nach  hnagxia?  lauten. 
—  Jo.  15  V.  20  spreche  man  den  imper.  von  *ehad*>:  hadb(u). 

Zweimal  findet  sich  die  Interpunktion  des  taljt&jlk  als  Frage- 
zeichen angemerkt:  Jo.  18  v.  11  vgl.  26  v.  27,  s.  Joum.  As.  1869, 
XIV,  294. 

Unter  den  Nominalbildungen  wird  t^esd^  Schimpf,  von 
tesd^ä  Huld  geschieden  zu  Jo.  5  v.  2.  —  Zu  Apg.  16  v.  33 
wird  neghdehön  =  nXtiyri  buchstabirt,  nämlich  im  Gegensatz  zu 
neggedhß  =  almadd&dün  Treckschiffer:  Bar  SröSowai  bei  BB  und 
BA  S.  30, 18,  wo  mrakkek^a  d^aladh  statt  ghämal  zu  lesen  ist,  vgl 
BA  754  Buxtorf  1294  extr.,  wohl  nach  'ellefß  gebildet  (vgl.  sepp«ra, 
*emmer&,  temm«rö,  ßXkffaQo) :  „Trecker*  konnte  leicht  auch  für  den 
Danek  =  olxäg  gesagt  werden,  den  er  schleppt,  vgl.  Domenico 
Sestini,  Viaggi  u.  a.;    eliq&re  wie  'ellefäre,  olxccgioi*. 

Apg.  23  V.  10  msa^t^hön  mit  a  des  s;  der  ^arql&jä  mes'at^hön 
mit  e  des  m,  vgl.  Joum.  As.  1869,  14,  Tafeln  Notes  marginales 
S.  8.  11.  BH  Grm.  1,  55,34,  je  nachdem  nämlich  der  stat.  emph. 
m8a*th&  oder  m6ssa*th&,  mit  huggäja  des  %  lautet,  wie  der  "J^b^ana 
bei  Wiseman  hör.  Syr.  219  liest.  In  diesen  beiden  Varianten  des 
einen  Wortes  spiegelt  sich  eine  weit  verbreitete  Zwieföltigkeit  der 
Vokalisirung  der  Feminina  von  Wortstämmen  mit  einem  oder  zwei 


Bibliographische  Anzeigen,  75]^ 

kurzen  Vokalen,  ein  Gegensatz,  der  in  dem  Bleiben  des  Accents 
auf  seiner  urspiünglichen  Stelle  und  seinem  Fortrücken  auf  die 
zweite  Sylbe  besteht ;  derselbe ,  den  man  wahrnimmt  zwischen 
TDVn  und  Dfc^n,  izSnp  und  q©dMs,  berök^»,  reljöq  Joki^fi  und 
Dlükh ,  züzßl  '  und  f/fi;<p-as  0 ,  vgl.  Wetzstein  in  ZDMG  XXII, 
182.  184  Note  2,  schon  im  Altarabischen  im  Beim  erhalten  al- 
qa§abb&  ^dabbä:  Wright,  Arab.  Grm.  II  §  238,  E.  Prym  de 
enuntiation.  relativis  1868  S.  61;  derselbe  wie  in  bötent^k^on 
und  betnat^khon  BH  Grm.  1,  75,  27,  vgl.  n*^»«  Dan,  ö,  10  zu  iTiTD« 
Luzzatto,  Caldeo  Biblico  1865  §  51.  53.  96,'  Dan.  7,  is,  nämlich 
in  Nominibus  wie :  Ijad^uthä  Freude,  mit  l^&t^f  p&t^at,  vgl.  t^jüthä, 
möhot^a  nach  Analogie  von :  Ij^b^artH  Genossin,  seb^art^Jä  Mädchen, 


«    b 


rewä^thä  Weite  e^.,  'iqarta  Tross,  'it^^b^tÄ  Gespei,  regheltÄ,  iJL^j  , 

'gh^lta  Kälbchen,  rogh^Stä  Empfindung,  l)ett&  1)  Börse,  2)  Brücken- 
querbalken für  «mn«*,  sattä  Weinsetzling  von  no'^;  (aber  woher 
setta  und  asett&  Mörser  BB,  BH  Grm.  1,  213, 10  =  «n"»D«  »ns-^OK?) 
smurta  Quetschzahn,  Ijmurtä  durchbohrter  Stein,  Wirbel  u.  s.  w.  — 
gegenüber  von:  ^^düth&  Komgrube,  wie  mä^tüthä  BA  5785 
von  hed^ä  =  ünn  (oder  ^©dä  mit  Qu^§aj&  perpetuus  *)  ?) ,  Prov. 
25,  2»  vgl.  Rom.  12,  20,  beides  Formen,  wie  parst^a,  'abhdt*»&,  sauktl»&, 
malkt^ä,  *enbtH,  seg^dthä,  burkt^ä,  sulpt^ä,  qud^^t^ä  etc.,  süljljithä, 
küllith^,  deren  i  wie  jener  ü  so  entstand  wie  das  in  gabl»i  „mein 
Erwählter"')   statt  nestorianisch  gabhj(i)  BH    1,  54,  uf.;   'asiw&tH 


1)  Hier  möchte  ich  auch  n^sk  =  arab.  nafsujun,  statt  uefs&,  wie  bosrä  u.  s.  w., 
ziehen,    s.    Nöldeke    mand.    Grm.    116,    vgl.    Ibhistä    BH    Grm.    1,816,12    mit 

^amistÄ'sar  BH  zu  Jo.  11  v.  18  ^1299  ntp73n  und  ^amsata  'asara.  Dagegen 
prakka  Kapellchen  und  praggft  Hirse  sind  unsicherer  Herkunft. 

2)  Die  mir  bekannten  Fälle,  in  welchen  Rukkftkliä  ursprünglich  einen 
Sonderlaut  bezeichnet,  deutlich  nur  da,  wo  nicht  sonst  nach  der  Regel  Kukkäkl^A 
zu  erwarten  steht,  sind: 

1.  'emkör  ich  verlobe,  Inf.  mekl>uij&  BA  824  gegenüber  'emkbör,  denominativ 

von  makl»r*j4*  =  ?^'!3??  ?  Inf.  m«kh|Lrli  d^  'ar'A,  woraus  arab.  (jto  .^t  r^^ :  Be- 
wässerung, wahrscheinlich  periodische,  des  Landes  vermittelst  Durch  grab  ung 
der  Deiche,  die  das  Wasser  des  Hanptstroms,  des  Euphrat  und  Tigris,  trennen 
vom  Zweigkanal.     Vgl.  Alexander  am  Pallacopas. 

2.  'est6r  ich  bedecke  ^nD ,  Juw,  BA  1058  (aber  besetbrä),  gegenüber  'estl>6r 
ich  reisse   ein,   ^DTD,    JCam,    JLww,   BA  ebd.;    wo   t^  durch  das  vorhergehende 

ursprüngliche    W   entstand. 

3.  Vielleicht   zeflNhä,    pl.   zefTe  Haare,    wofür  nach   BB  Kabban  (Honain) 

auch  zemmc<thä  liest,  BH  1,  814, 8,  «=»  ^'^D'^T  Buxt.,  sofern  es  &=  arab.  ziffun  sein, 
und  nicht  eine  Entstehung  haben  sollte  wie  teppct^ä,  pl.  teppe  ^^s  KPIC^CS 
(oder  mit  Knkkdkha?)  Josef  bar  Malk6n  im  KsidtA  d^^  nuqze  Ms.  Peterm.  9  von 
n^f  vgl.  tupp«tbft. 

3)  Garn  wie  im  Arab.  in  Pausa  Wright  Ar.  Gramm.  U  §  229, 


752  BihUagraphuche  Anmgmi. 

BH  1,  35,  4,  maitiw&thä  1,  35, 12  ').  Ebenso  slötb&  aus  selw«iha,  vgl. 
seg^dth^  [ar.  sal&tun  halte  ich  für  entlehnt],  mn&th4  etc.,  g^bMt^Ä  et^». 
Dieselbe  Accentverschiedenheit  erzeugte  im  Plural:  1)  *ahwat*>4 
und  Analoga  gegenüber  kn^wat^^ ,  2)  nürwat^ia  g^enüber  ^ailäw- 
&tb&,  während  in  den  Singularen  gegenseitig  die  gleiche  Betonung 
herrscht.  In  mehrsylbigen  Wörtern  ist  femer  analog :  for  Had^jab*». 
*A8tttßrjvf],  [IJ]d^aijab*»  mit  genübl\j&  des  h^th  wie  in  BB;  kr^fsl 
ptHkrä  aus  pat^kerli,  qraffülä,  Trödel  BH  1,219, 11,  ^«b^^ndü^i 
lässig,  'üqb^rä  neusjr.  'akiiwrä;  aus  gau  t^hrä  neusjriscb  kj&witn 
Mittag;  aus  Ijad^  'sar*  l;d4*sar;  aus  'ad^  m&:  'd^ammft;  aus  kte 
mk  K^S;  aus  Hiugar  Qumair:  'Ofir^Qizai  (u  wegen  m);  tr^wit^i, 
nestorianisch  mit  ^atef  paf^alj :  'arawtt^a,  Schüttelfrost  beim  Fieber, 
nur  scheinbar  Form  wie  ^al&dhith^;  *näwit^4  oder  nestor.  'anä¥ritH 
tiwavQOV,  ZDMG  IV,  215,  wahrscheinlich  aus  Fonnen  wie  beltit'»! 
behqith&,  ^erit^ä,  Wurzel  -»nn,  Buxtorf  211  hat  freilich  pL  «t^'w, 
darum  von  ^aret^,  Pa*el? 

Die  Ableitung  von  messa't^^  anlangend,  so  ist  es  doch  wohl 
IA%aü6xrig,  <t  =  s  wie  in  par§6pa,  vgl  BH  Grm.  I,  208,  i4,  und 
r  =  ny  wie  in  arab.  ^a'Umin,  za'tarun  aus  •»nnx,  Buxtorf  1948 
vgl.  syr.  §athrß  =  satureia  BB  mit  Ribbui,  vgl.  de  Lagarde 
Prov.  84.  Das  Ribbui  bezeichnet  scheinbar  den  Plural,  wie  u.  a. 
in  bet*>  qank^e  und  qunk^ö,  das  ich  in  der  Kieler  Festschrift  für  J. 
Olshausen  1872  S.  93,  i6s  falsch  =  xa;^x^AAa^  setzte:  es  ist  xd/jj;, 
vgl  Waddington,  Inscriptions  no.  2218.  B.  0.  3, 1,  525  b  cap.  2.  531a, 
cap.  3.533  Zeile  4  und  cap.  18.  537b;  176  Note  3  =     ^  <  :_p  t|^ 

B.  0.  3, 1,  564b  4  unt.  Davon  qank^^äja  Sakristan  B.  O.  3,  1,  519a; 
125b;  =  Glöckner  89a  »;  qünkHja  Wright  Catal.  16b;  164a  e, 
B.  0.   1,28  Mitte  =  j,bCjüül,  B.  0.  3, 1,  549b  2  im  arab.   Text 

Zu  Jo.  15  V.  11  wird  badl»wat*i(i)  meine  Freude  mit  Becht 
zu  rebmath(i)  in  Analogie  gestellt,  vgl.  ljaiwatl>(i)  BH  Gramm. 
1,  56,  S4.  —  £p.  Jaq.  5  v.  12.  Das  auch  als  sing.  fem.  gebrauchte 
maumät^a  ist  schwerlich  eine  Form  maqtalta  [denn  von  sing. 
maum&th&  wäre  der  Plural  maumawät^a]  oder  maqtftlt&,  vgl.  Nöldeke 
mand.  Grm.  S.  130.  168,  sondern,  wie  mir  wahrscheinlich,  ur- 
sprünglich ein  Plural  von  maumit^ä*,  singularisch  gebraucht  wie 
l^aije  Leben  und  Smaij&,  vgl.  'aimunull^:  der  Verlust  des  j  wie 
in  'äswäthä,  in  *ä^^he  von  bj^»  wie  von  w  in  nh^,  nS6,  ntM,  n\k  für 
nehwe,  neSwe,  net^we,  net-we  BH  1,  107,  21.  Unmöglich  wäre  nicht, 
dass  jaminun,  Eid,  von  derselben  Wurzel  ein  ursprünglicher  Plural 
von  jämätun*  wäre,  etwa  wie  sininun  von  sanatun,  mi'inun  von 
mi'atun;  *aumi  beweist  noch  kein  ursprüngliches  w  im  Anlaut  (vgl. 
wama'a),  s.  'aubeS  und   auneq  neben   aineq  BH  Gramm.   1,  126. 


1)  Aehnliches  im  Vulgärarabiscben  qÄhwa:  qhaiiwe  ZDMG  XXll,  173.  In 
andern  Fällen  hält  sieb  w  consonantisch  mit  vorhergebendem  buggl^a  BH  Grm. 
1, 200, 3  uut.  ganz  wie  altarab.  bei  Gutturalen  al-nahawu  für  al-nabwu  etc. :  Ibn 
HiSlim  ed.  Wüstenfeld  H,  118,1,  vgl.  170,3—4. 


BibUographiiche  Ansagen,  753 

Ep.  Jaqob.  3  v.  14  monirt  BH  im  PeSitÄdialekt  lebbaik>»6n, 
das  er  bei  Bhode  zu  Ps.  4, 5  S.  32  zur  bürütbä  dieser  Version 
rechnet,  und  wünscht  lebbaw&tJ>k^6n.  Trotzdem  ist  lebb^  das  ältere, 
wenn,  wie  ich  glaube,  nahräwHtl)&,  'at^wät^ä,  hailäw&thj^  einer- 
seits, &thwät*»&,  nürwät^ä  andrerseits  als  pluralia  pluralis  von  nahr^, 
at*»r^*,  hailö,  'ät^e*,  nürß  superfoetiätiv  gebildet  sind,  denn  auf  ^, 
ä,  ai  ausgehende  Wörter  haben  äuwat^a  oder  mit  anderm  Accent 
ewath&.  1)  Z^nUcht,  abgesehen  von  der  nur  accentuellen  Dopplung^), 
oder  vielmehr  nestorianischen  Dehnung  (s.  unten),  in  4wath&,  dass 
Erhaltung  eines  kurzen  a  oder  andern  Vokales  in  offner  Sylbe 
wegen  des  Formcharakters  möglich  ist,  zeigt  n^figSa,  bjad^eh  Ev. 
Jo.  Harql.  1  v.  7,  der  Impör.  mit  Suffixen,  z.  B.  *b^»^d*»ain(i)  BH 
Grm.  1,  74,  21  f.  haimen!n(i)  neben  haimn!n(i)  Joum.  As.  VI,  14, 
Notes  marginales  zu  Jo.  4,  21  S.  1 7  —  rabb®jaU»eh  BH  zu  Apg.  7 
V.  21  etc.  leSäana:  ycs^  und  lis&n;  und  die  oben  angefahrten 
Fälle  wie  nedda*,  n^tteb^»  etc.  —  2)  Das  w  ist  phonetischer  Ein- 
schub,  wie  man  deutlich  sieht  aus  m'äwat^ä,  aus  m'el  100,  analog 
nmäwath&  etc.,  aus  t^ewjä,  \pN^  (formell  mascul.  zu  l^aijatun),  pl. 
hwäwatb^  etc.,  in  denen  keineswegs  auf  einen  Radikal  zurück- 
gegriffen wird,  sondern  auf  den  stat.  abs.  apocop.  sing.;  und  aus 
praep.  *el4wai  (wie  *eqarb^)  nach  westsyrischer,  oder  ^alswai  (wie 
*aqÄrb^)  nach  ostsyrischer  Aussprache:  BH  1,  237,  xd.  1,  85,23.  83,4: 
ba*law^  adverb.  stai  det.  plur.,  nur  scheinbar  sing.  abs.  —  wenn  dieses 
ist  *lai  +  ai  superfoetativ  *) :  derselbe  Einschub  im  Arab.  in  dawü, 
dawätu  etc.  vom  Thema  da;  himawäni  (Wright  Arab.  Gramm.  1,  212); 
dunjawijun  u.  s.  w.  1, 171  ebd.,  s.  auch  Fleischer  zu  de  Sacy  I,  310,  2 
S.  238.  Mit  aw  wird  also  ^  und  a  vor  ät  nur  aufgelöst;  vgl.  end- 
lich 6  zu  a  in  had^ai  für  had^^e  hi,  wie  die  Nestorianer,  oder  in 
höd*»6i,  wie  die  Ja*qobiten  contrahiren:  BH  Grm.  1,  230,  7.  —  Hier- 
her gehören  auch  die  verkannten  Präpositionen :  Iw&t^,  statt  *^lwät*» 

mit  Aphaerese  ^,  Plur.1  von  ^b.,  J    (wie  bainMh);  und  '^M^ 
von  kai,  vgl.  k^t*»,  vi^wxi',  h&k^^l,  mekkel  u.  a. 


1)  Der  Casseler  Codex  schreibt  fi^PJ^^K  Dan.  6,  8  und  oft,  Ijby  Ezra  6,  9; 
s.  Jo.  Dav.  Michaelis  Grammatica  Chaldaica  Gottingae  1771  S.  129,  also  die 
alte  westaramäische  Aussprache   gegen   die   babylonische   im    gewöhnlichen  Qre, 

wie  KnT»^«  Luzzatto,  Caldeo  Biblico  §  30. 
TT  :-  •  '' 

2)  Es  könnte  'elAwe  freilich  auch  stat.  abs.  sing,  mit  vorgerücktem  Accent 
Crgl.  S.  752)  statt  *dlwd,  wie  *esre  10,  sein;  und  'eliwai  dann  st.  cstr. 

3)  Diese  Einbusse  haben  namentlich  eine  Anzahl  qtaltal-Formen,  die  schein- 
bar vom  Palpel  abgeleitet  sind,  erlitten;  z.  B.  'ä'j&th&,  Zinnen  =:  MIK^K^*, 
D'^MStM^K   von   'i'ä:    „Vorsprünge'':    nachzutragen   zu   Nöldeke,   mand.  Grm.   17 

o 

Note  5;  ebenso  füge  man  dort  hinzu:  hannä  Busen  =  ^^H  c=  ..yoa^'*  wogegen 

in  dem  fthnlich  contrahirten  JL^mm  Zeltgasse,  Xnvga  bb  dem  ägyptisch -arabischen 
Lehnwort   B.L.^ ,    eine   besondere  Art   einer   abgeschlossenen   Seitenstrasse  =s 


754  ßibUographüche  Anaeigen, 

Zu   Apg.    25    V.    11    wird    für    die    westsyrische    Aussprache 
beghenau(hi)  die  ostsyrische  bogh&nati(hi)  angegeben :  vgL  BH  Grm. 
1,85, 17  f.,    BA  2244.     B«gheii,  von   der  Wurzel    gnn,    ist  1)  Ex- 
clamativpräposition  •=  zum  Schutze,    zur  Hut  von  NN  mit  genet 
obj.    Vgl.  Act.  aposi  apocr.  ed.  Wright  152,  7;  154,  7  (Payne  Smith 
thes.  744);    ähnlich   t^bbau(hi),    tieb^älau(hi)  wehe  ihm!     Mit    dem 
Gebrauch  des  stai  cstr.  plur.  hierin,  vgl.  den  der  präpositionelleii  sub- 
stantiva    mag^&hai   (so  BH  Grm.  1,216,26;    mit    qu^^jä:    Wright 
Qat.  1, 184a  no.  61),  ma'älai,  mairäb^ai  westlich  von:  Wright  CstaL 
I,  21b,  mad^na^iai,  wie  bainai  BH  Grm.  1,85.     Bezüglich  der  Prä- 
position b  vgl.  deren  Gebrauch  in  baqtir^  u.  s.  w.,  femer  in  beb*>4*'ii 
men  pelan,  yn  iCSTan  Buxt.  1191    vgl.  BA.2268.     Bedentmig  also 
pro.    2)=rpropterin  v^^  Buxtorf  424.    3)  Der  Amrafsgebrauch 
von  beghen  schuf  das  Verbum  baggen,  vgl.  vaa!i,  auch  pc.     Die 
angeblichen  P^als  bei  Payne  Smith  447  und  Buxt.  1695  ^d  können 
Panels    sein.     4)  Der  ursprünglich  vielleicht  nur   westaramäischen 
Präposition   standen  die   nestorianischen  Leser   wie  einem   Fremd- 
worte gegenüber  und  vokalisirten  k   wie  in  grap&d^ln,    -^jJbt-äf, 

YQatfdSiov,  in  braSit^:  Wiseman  horae  Syr.  208,  BH  Grm.  1,  233; 
auch  könnte  eine  Eiymologie  von  bog^äiiä  im  Spiele  sein.  Wie 
wenig  mitunter  die  Leser  des  P^Sita  seit  Ephräm  von  einzelnen 
Wörtern  darin  wussten,  zeigt  nicht  bloss  qudl»^^etha,  abgesehn  von 
Is.  29,  6 ,  überall  ein  alter  Fehler  für  qurbeth|t  =r  rrn^p  (Wise- 
man 132),  und  Qentürä  für  r^^'tbp,  sondern  auch  gaib^S  (so  BH 
zu  Ez.  16,  24)  für  "^jai ,  ein  Fehler  wohl  für  westaramäisch  ganh^e, 
die  Auflösung  von  gabbS,  von  dem  yaßßa&a  Jo.  19  v.  13  der 
richtige  Singular  sein  kann. 

Jo.  7  V.  47  ta*yit6n:  IJarqlajä,  te*ait6n  beweist,  dass  das  Verbal- 
adjektiv qattil  der  Litransitiva  im  Gegensatz  zu  qäfel  und  zu  deb^^ir, 
führend,  u.  dgl.  die  Bedeutung  eines  wirklichen  aus  dem  Praeteritum 
in  die  Gegenwart  dauernden  Perfekts  hat,  vgl.  malfe  dhal4h4  = 
jallife  d^alahä  Jo.  6  v.  45,  danmiik^  eingeschlafen  Jo.  11  v.  11. 
'atti'tn  kkfjXvd'eiaav,  pariq  geschieden  Apg.  1,12,  hawi  geworden, 
maijltli  gestorben,  Gegeniheil  von  nok^is;  jattib^  geblieben,  vgl. 
zu  jät^eb  sitzend  Act.  aposi  apoc.  ed.  Wright  182, 11,  vgl.  12  und 


e    ^ 


formell   fem.   zu  ^^H   und   zu   yja>-   die  Aussprache  hirt  k  voransziisetsen  ist, 

vgl.   die  Nisba  ^  .L^  von  al-Hira,  die  freilich  auch  eine  andere  Erklfimng  zu- 

lässt,  und  die  persische  Nbba  Herthikan  bei  Sebeos  in  H.  Hübschmann ,  Zar 
Geschichte  Armeniens  u.  s.  w.  Leipzig  1875  S.  14  =  Herthidjan  bei  Patkanian, 
Essai  d'une  histoire  .  .  des  Sassanides  CJoum.  As.  1866,  U)  Extrait  S.  128. 
Ueber    den    üebergang    des    Nomaden    zur    Sesshaftigkeit    in    der    Umgebung 

von  Städten  vgl.  Doxy  im  Supplement,    de  Go^e  zu  al-BeUdori  unter 


vgl.  J&qüt  3,498,22;  2,281,22.     Al-Bekri  58,21.     Pietro  della  Valle,   De'  viaggi, 
Roma  1663.     4.     m  S.  397. 


BihUograjjhi9che  Ansagen.  755 

14,  ebenda  175  paijil^  ausgehaucht  habend  =  duftend  und  vieles 
andre.  Eine  Fülle  derartiger  Erscheinungen  an  Nominibus  legt  die 
Yermuthung  nahe,  dass  die  Tempusunterschiede,  dass  Activ- Affectiv 
und  Passivbegriff,  ja  dass  einige  modale  Nuancen,  wie  z.  B.  der 
Imperativ,  den  Verbalstammformen  bereits  zukamen,  ehe  diese  noch 
die  Pronomina  separata  hinter  sich  enklitisirten. 

1  Petr.  3  V.  8  lesen  die  Ja*qobiten  iicnXayxvoi  rahmet^a- 
nin*,  und  leiten  es  richtig  von  ra^me  und  t^än  ab,  vgl.  BH  Grm. 
1,  218, 12.  Obgleich  t^an  mit  seinem  beständigen  Rukkäk^a  seine 
Abstammung  von  fem.  at  +  adj.  ka  an  der  Stime  trägt,  so  ist 
es  doch  im  Syrischen  als  Gkinzes  ein  selbständiges  Wortbildungs- 
suffix, das  in  zahlreichen  Fällen  auch  an  Themata  ohne  Feminin- 
endung gehängt  wird,  z.  B.  an  Substantive  wie  j^ailt^llnä,  k^röm- 
th^na,  von  xQ^f^^i  purstf^anÄ,  von  nogog,  b*irth&n&,  von  b*!r& 
tüb^t^ana  u.  a.  und  an  Adjective  namentlich  der  Form  qattul.  — 
Die  Nestorianer  lesen  r^bnit^änin  von  re^mt^ä.  — 

Jo.  16,21.  22  wirft  BH  dem  Harql&jä  und  den  Nestorianem 
mit  Unrecht  als  Fehler  vor,  dass  sie  karjä  l^k^ön  statt  karja 
l«kh6n  in  der  Bedeutung  „schmerzlich*  sprechen,  denn  karjüt^ä 
Schmerz  sichert  diese  Aussprache.  BH  (vgl.  seine  Grm.  1,  229  f.) 
ahnt  nämlich  die  Möglichkeit  nicht,  dass  die  Nestorianer  a  von  a 
quantitativ  unterscheiden  konnten,  da  er  nur  den  qualitativen 
Unterschied  von  a  und  6  (zqöfö)  kennt.  Darum  hört  er  eine  Ver- 
schiedenheit zwischen  nestorianisch  mabbe,  er  belebt,  und  mal^e,  er 
schlägt,  nur  aus  der  Anwendxmg,  bezüglich  dem  Fehlen  des  Tesdid  = 
büijäsä  heraus:  von  mäbe  weiss  er  nichts.  Mithin  klingt  ihm  barja, 
wo  die  Dopplung  nicht  hörbar  ist,  wie  bärjä,  Sauj&  wie  Säwjä;  denn 
er  erwartet  Söwjö.  Aus  dieser  letzten  Klasse  von  Beispielen 
(1,  229,  2s)  geht  deutlich  genug  hervor,  dass  die  alten  Nestorianer 
nicht,  wie  behauptet  worden  ist^),  nach  Weise  der  Neusyrer  in 
geschlossener  Sylbe,  den  Diphthong  au  wie  6  oder  6w  gesprochen 
haben,  ö  zu  bezeichnen  hatten  die  Ostsyrer  ja  den  Cholempunkt, 
der  sich  nie  für  au  findet  —  wenn  die  Westsyrer  ausnahmsweise 
6räit4  und  t6rtä,  Kuh,  sprechen,  so  gehört  das  nicht  hierher  und 
grade  die  Neusyrer  sagen  t&wirtä  —  und  noch  viel  weniger  setzen 
sie  zq&fä,  wo  der  Ö-Punkt  seine  Stelle  hat:  überhaupt  um  6  zu 
bezeichnen,  wäre  ihr  regelmässiges  zq&fä  =  ä  vor  wau  die 
schlechteste  Aushilfe  gewesen.  Auch  Abb^  Martin  theilt  die  An- 
sicht vom  nestorianischen  &u  =  6,  s.  Joum.  As.  1872  I  S.  453, 
wiewohl  er  S.  445  Note  2  selber  mit  Becht  das  Gegentheil  be- 
weist. Dort  nennt  BH  das  orientalische  zq&f&  in  äu  ein  occiden- 
talisches  pet^aljä,  also  a,  nicht  6.  Der  Grund,  warum  die  West- 
syrer das  Zweipunkt-A  für  ihr  Omikron  gebrauchten,  den  Martin 
vergeblich  sucht,  ist  einfach  der,  dass  sie  diese  Punkte  in  den 
meisten  Fällen  da  geschrieben  fanden,  wo  sie  o  lasen.  —  Vielmehr 


l;  Von  Morz,  Gramm.  Syr.  S.  42  und  PhiUp|»i,  ZDMG  XXXU,  78. 


756  ßiblioffraphUehe 

entspricht  die  Schreibung  an  einer  Aussprache,  bei  der  das  U-Element 
des  Diphthongs  in  dem  Verhältniss  schwand,  in  welchem  die  Deh- 
nung des  k  mehr  hervortrat,    und  sie  mochte  mit  Aufhebung  der 
Dopplung   bei  Doppelwau,    dessen   double  w  in  deutsches  w  ver- 
wandeln.    Zur  Bestätigung   dieser  Ansicht,   dass    man   also  &<^tebb 
etsi^wes  \^i^  gesprochen,  dient,  dass  nach  BB  auf   aramäisch, 
d.    h.    nicht    sowohl     nur    bei    dem    aramäischen    Liandvolk    als 
namentlich    in    den    mat^le    d^Arm^je,    d.    i.    den    mytho- 
logischen   Schriften   der   heidnischen  Qarränier,    die 
zwar    das    beste    Syrisch    schrieben,    aber    doch    manche    Wörter 
aus  der  Volkssprache  au&ahmen;  so  wie  femer  in  X'rihlüi  [==  Tri- 
dhllna'*'    etwa  ==    einem  BSt^  Neb^ü],   der  Gegend    von  Qatxa  ao 
am  Tigris   abwärts   bis  Teg^rit^    und  S&marr&:   für    mauSe,    arab. 
mau£   (s.  unten),   mkle   gesagt  worden  sei,   vgl.  BA   5588.     Hier 
entstand   also    ä   aus    äu   durch   nestorianisch  äu.     So   sprach  man 
auch    wohl    nnn    r^reb^.      Da    schon    in  .altarabischen    Dialekten 
au   und   ebenso    ai,   letzteres   analog   wie   bei  den  Masoreten   der 
bibelaram.  Stücke,    in    &   übergeht,   wie   in  j&galu  j4ta^du   etc.,  s. 
Fleischer,  Beiträge   zu  de  Sacy's  Grm.  I,  238.  240,  und  da  diese 
Lautgewohnheit  sich  nach  Wetzstein  ZDMG  XXU,  172  h)  his  heute 
erhalten  hat,  so  ist  Boedigers  maddata  neben  maddidta,   wo  nicht 
aus  letzterem,  aus  maddauta  zu  erklären,  und  dieses  für  die  Grund- 
form   von   nil^   anzusehen,    sodass    erst    auf   diesem    Wege    hier 
von  einem  Sprung    aus    der   einen  Yerbalklasse   in    die    andre  die 
Bede    sein    darf.      Hierher    gehören    aber    nicht    Lehnwörter    mit 
Schreibungen,  wie  sal&tun  Gebet  (selwatf**  wie  seg*»dath),  ^4nätun, 
da  durch  sie  nur  aram.  sel6th&,  ^L^öt^ll  wiedergegeben  wird.    Eher 
in    diese  Kategorie  als  in  die  vorige  ist  Samarr&  zu  rechnen,    das 
J&qüt  3,  82  letzte  Zeile  Sämirä  L  äämira,  Barbahlül  u.  d.  W.  j;aDQjt, 

Ammianus  Sumere,  Zosimus  2ovfJLa  schreibt:  also  wird  es  §6men 
gelautet  haben.  Solche  Ersatzdehnung  ursprünglichen  a's  ist  bei 
den  Nestorianem   wohl   auch   vor   r  und  ^  anzunehmen,    die    sie 

nicht  doppelt  sprachen  BH  Grm.  l,  132, 1 7.  Wie  weit  hei  ihnen 
die  ursprüngliche  Scheidung  von  a  und  &  in  einzelnen  Fällen  schon 
vor  BH  nicht  mehr  festgehalten  wurde,  zunächst  wohl  im  lesS4na 
'at^räjä,  sodann  durch  dessen  Einfluss  auf  die  Maq^ij^e  auch  in 
der  Schrift  nicht,  darf  man  aus  ausdrücklichen,  aber  nur  ausdrück- 
lichen Angaben  Bar  *Ali's  und  BH's  (vgl.  Grm.  1,  238  letzte  Zeile) 
entnehmen. 

Zu  Apg.  28  v.  9  wird  qarbin,  und  Ep.  Jaq.  3  v.  17  p&lgiftt*Ȋ 
befohlen,  obgleich  grade  päl©g*»in  zu  den  Ausnahmen  von  dieser 
Regel,  —  die  auch  den  dritten  Radical  des  Afel  mit  umfasst  [vgl. 
mas^hdinan  Jo.  Harql.  3, 12  wie  'asohdet'»  1,84]  —  gehört:  s.  BH 
Grm.  1,224,  in  f.  Die  übrigen  Ausnahmen  sind:  §al«bhin  *äsebMn. 
läb^edMn;  und   1,  222,  21 :  häjegMn,  säjeghin. 

um  zu  den  Verben  überzugehn,  zu  l  Petr.  4  v.  7  hält  BH 
die  westsyrische  Yokalisation  metjat^  l&h  (ebenso  1  Corinth  1, 10. 11) 


BibUographischß  Anxeiffe»,  757 

für  schlechter  als  die  nestorianische  mattjath,  da  m\\  nicht  vor- 
komme, was  nicht  grade  Beweiskraft  hat  Dergleichen  ist  dia- 
lektisch. Uebrigens  findet  BH  den  ursprünglichen  Unterschied  der 
Synonyme  m.{k  und  matti  (s.  Grm.  1,  106,  20)  nach  Ab^dok^os  = 
Eudox,  in  plötzlichem  und  allmäligem  Erreichen;  BA  5772  da- 
gegen in  contigit  gegen  pervenit,  indem  letzterer  aber  übersieht, 
dass  P'al  nicht  nur  von  Dingen  (als  contigit)  gebraucht  wird,  vgl. 
u.  a.  Sachau  s  Inedita  Themist.  30, 3  m\k :  «mit  dem  Verstände 
eine  grosse  Entfernung  abreichen*^. 

1  Petr.  3  V.  20.  *allö(i)n  3  p.  f.  pl.  perf.  —  Ich  stelle  in  Abrede, 
dass  Formen  wie  q^^ün,  selbst  wenn  so,  und  nicht  q«t^6n 
gesprochen  sein  sollte  —  bei  BH  1, 112,  17  in  qraon  steht  wau  mit 
oberem  Punkt,  vgl.  Z.  24  —  femer  qe^all^n  und  qe^öllün  qetöUßn 
und  gar  g^lawun  gelaij6n  relativ  alt  seien  ,f  und  erkläre  sie  viel- 
mehr für  die  Singulare  -f-  h6n  und  h^n,  fast  ganz  so  wie  man  im 
ägyptischen  Arabisch  katabum,  ^xun,  für  katabü  und  gü  mit  hum, 
spricht,  wie  uns  Fleischer  einmal  gesagt  hat.  Denn  1)  sollte  man, 
wemi  die  Formen  alt  wären,  qätt©lün,  'aqt^lün  iL  s.  w.,  g^lön,  gelgn 
erwarten.  2)  wäre  der  Bukkak^^ä  in  p4kb6n,  p4k^Sn,  pök^on,  pok^^n 
nach  Vorschrift  des  BH  1,222,  24.  25  unerklärbar,  da  er  sich  nur 
als  ursprünglicher  Singularauslaut  begreifen  lässi  Dieser  Einwand 
bleibt  auch  angesichts  dessen,  dass  BH  zu  Ps.  18,  9  ]^abbe(i)n  mit 
qu§§äj&  vorschreibt.  3)  Wie  kann  qrajö(i)n  2  p.  pl.  imp.  fem.  (BH 
Grm.  1,  108,  21.  112, 19)  anders  als  durch  qräi  fem.  sing.  +  he(i)n 
erklärt  werden?  4)  Wirklich  hatte  die  3.  p.  fem.  plur.  auch  im 
Syrischen,  wie  in  den  Targumen  und  im  Aethiopischen  ein  ä,  wie 
hervorgeht  aus  *^b^ddn(i)  BH  1,  75,  s,  z.  B.  Anton  Bhetor:  wt^ar^jÄ- 
t^a  lä  gli^ime  paltai(hi)  ebd.  1,  76,  26:  dieses  ä  ist  in  glai  3  fem. 
perf.  regelrecht  abgefallen.  5)  Zur  Bestätigung  dient  endlich,  dass 
nach  Nöldeke  mand.  Grm.  S.  223.  229  die  Mandäer  nicht  bloss 
im  pl.  Perf.  und  Imperf.  ün  und  ^n  (an)  *)  kennen ,  sondern  auch 
ein  ^1^  und  ]«•>,  das  offenbar  nur  ein  componirtes  Pronomen  se- 
paratum  ist,  mit  dessen  Jod  man  das  im  babyl.  talmudischen  i^T^fi< 
er,  "»Jl^K  sie,  vergleichen  kann.  Eine  entscheidende  Parallele  ist 
nun  aber,  wenn  dieses  yi'^  und  ^«"^  auch  im  Imperf.  neben  den 
regelmässigen  Formen  auftritt,  allein  hier  deutlich  an  das  Sin- 
gularis- Thema  gehängt,  s.  Nöldeke  S.  227.  249.  Wenn  diese 
Ausführung  richtig  ist,  und  jene  Formen  nur  entstanden  sind,  um 
von  neuem  deutlich  den  Plural  und  Singular  zu  unterscheiden,  so 
ist  von  vom  herein  im  Hebräischen,  wo  diese  Unterscheidung  auch 
ohnedies  bestand,  ein  ]^'p:l  Isaias  26, 16  nicht  wahrscheinlich;  und 
gar  als  äna^  liyofievov ,  da  Deut.  8,  s.  16  nichts  beweist ,  ist  es 
für  diese  Bildung  nur  eine  gebrechliche  Stütze. 

Da  dieses  Vpat,  für  uralt  gehalten,  der  Meinung  Vorschub 
geleistet  hat,  dass  die  3.  pers.  des  perf.  ein  reines  Nomen  sei,  so 

1)  Doch  vielleicht  diese  letzteren  nicht,  denn  Nöldeke  giebt  kein  Beispiel, 
obgleich  er  es  zu  sagen  scheint. 


758  Bäfliographisehe  Amseiffen. 

erlaube  ich  mir  bei  dieser  Gelegenheit  einige  Ansichten  über 
die  Verbalbildung  vorzutragen,  die  nur  als  solche  betrachtet 
werden,  aber  doch  zur  Erwägung  empfohlen  sein  mö^en. 

1)  Aus  Vergleichung  des  Fron.  pers.  separ.  mit  den  Sofiäxen 
und  Praefixen  des  Verbi  ergiebt  sich,  dass  im  Perf.  und  Impf,  meist 
dieselben  langsylbigen  Pronomina,  weiland  separata,  verwandt 
sind,  nämlich:  nä  wir,  tä  du,  at  imd  tä  sie,  j4  er;  impf.:  &  [vgl 
'an  +  &i),  und  im  Mehr!  hö  ZDMG  XXV,  210]  ich. 

2)  Wahrscheinlich  ist  die  Hypothese,  dass  dem  jetzt  vokal- 
losen ersten  Radikal  nach  allen  Praefixen  einst  ein  kurzer  Vokal 
folgte,  vgl.  Nif  al :  inqatala. 

3)  qatil  -|-  at  und  qatil  4~  t4  u.  s.  w.  sind  nach  demselben 
Prinzip^  zusammengesetzt ,  wie  die  Nominalstämme  mit  ihren  Ge- 
schlechts- und  Casusaffixen:  vgl.  äth.  qatalka;  qatalnS  £.  mit  der 
nominalen  Abstractendung  na,  Dillmann  Aeth.  Grm.  206.  VgL  daher 
imper.  q^tüli*  mit  arab.  Fem.  qatäli;  zu  t  vgL  ti  2.  pers.  perf. 

4)  Da  die  Pronomina  j&  er,  t4  sie,  nicht  bloss  im  Impf 
sondern  auch  im  Nomen  als  Praefixa  auftreten,  so  ist  kein  Grund 
vorhanden  zu  der  Annahme,  dass  auch  ihre  Praefigirong  erst  um 
der  Imperfectbildung  willen  eingefiihrt  sei,  vielmehr  wird  sie  mit 
der   Post£girung    im   Perf.    gleichzeitigen    Ursprungs    sein ;    d.    h. 

V 

jaqtulu  ist  =  (j&  4"  qa-tul  ^) )  -J-  u,  nicht  =  j&  -f-  qatolo. 

Die  Genesis  der  Formen  wäre  denmach 

I.  a)  qatül,  qatül-t,  Imperat 
b)  qatul  +  ja,  +  at,  -f  ta,  -f  ti,  +  na,  +  hü,  +  nä  fem., 
•j-  ha  (aram.  äth.,  im  Arab.  als  Dual)  zu:  qätulä  etc. 

n.  ja  er,  tä  du,  t4  sie,  k  ich,  nä  wir,  +  enklitisch  qatul  zu 
jaqtul  etc. 

Der  Jussiv  sing,  ist  der  älteste  Theil  des  Impf.  Analog  sind 
Nominalstänmie  wie  janbü*  ja*qid  maqtül  =  m&  +  qatül  u.  s.  w. 

m.  An  den  fertigen  Stamm  jaqtul  hängte  sich,  der  Analogie 
folgend,  die  Plural-  und  Dualendung  des  Perf.  und  Imper.  und  es 
entstanden  die  entsprechenden  Formen  des  Conjunctivs-Jnssiv,  vgl 
jaqtulnä:  qatalnä,  äth.  jengera  nach  nagarä. 

rV.  Nach  Vollendung  von  11  -f-  HL  entstanden  die  Modi  so- 
wohl dadurch,  dass  Pronomina,  die,  je  nach  der  Syntaxis  ver- 
schieden, diesen  Formen  folgten,  enklitisch  wurden,  als  auch  da- 
durch, dass  zuweilen  keine  folgten.  Es  waren  vielleicht  nicht 
in  jedem  semitischen  Dialekt  dieselben:  1)  an  Consonanten  ü,  a, 
an,  anna  im  Arabischen,  ä,  e  (i),  ai,  im  Nordsemitischen  (s.  unten). 
2)  an  die  Vokale  hing  sich  na,  ni.  — 

Die  alte  syrische  Pluralendung  ü  blieb  übrigens  ebenso  hör- 
bar wie  in  \^za,\i  auch  in  meliu:  BH  Grm.  1, 108,  as.    Diesen  Diph- 


1)  Die  Verkürzung   dos    a  in    der   arab.  Aussprache  und  im  Aetbiopischen 
ist,  wie  dort  im  Auslaut  häufig,  sekundär. 

2)  MatQrlich  bt  der  erste  Stammvokal  unbestimmbar. 


BihUographuche  Anzogen.  759 

thong  !u  schrieb  man  iv^  Wiseman  hör.  Syr.  193;  später  in  den 
SufF.  Impf,  i^v,  s.  Bernstein  Jo.  Harql.  S.  IX.  Der  Casseler  Codex 
zu  Daniel  vocalisirt  ebenfalls  haghliü  ür^miü,  s.  Jo.  Dav.  Michaelis 
Grammatica  Chaldaica  1771  S.  121. 

Jo.  15  Y.  25  steht  im  Text  (nach  Schaaf's  Ausgabe)  sna'ün(i), 
während    die  Hss.  beide    sna'wün(i)  haben,    d.  h.  die  Orthographie 

von  c^\^  und   mLq.     Die  Geschichte   dieser  Formen   ist  analog 


der  von  sajem:  s&'em:  säjem.  Es  sind  die  pll.  snau,  snai  als 
Themata  betrachtet,  und  nach  Analogie  von  qatlün(i)  qatlan(i) 
qet^l4n(i)  gebildet  snawün(i),  mit  Hiatus  sna'ün(i),  snaijän(i).  Ebenso 
ganz  deutlich  im  Imperativ :  sing.  m.  göli  +  (ai  +  ni) ;  f.  g^läi  + 
(i  +  ni),  plur.  f.  gol&i  +  (&  +  ni)  von  den  singg.  gell  und  gel&i 
aus.  Aehnlich  im  Hebr.  t^nba,  indem  an  galat  die  Sendung  von 
rttap  gehängt  wird.  Zu  diesen  aram.  Neubildungen  rechne  ich 
auch  den  stat.  abs.  fem.  plur.  an.  Nachdem  die  stat.  absol.  von 
at  und  ät  durch  Auslaut- Apocope  in  H  zusanmien  gefallen,  unter- 
schied man  wieder,  indem  man  das  n  von  In  an  ä  anhängte. 

Nach  BH  hat  man  in  der  3.  p.  f.  pf.  das  t^  vor  SufQxen 
mit  Rukkäk^Ä  zu  sprechen,  vgl.  BH  Grm.  1,  75,6.7;  76,26; 
131,12  u.  s.  w.,  so  im  P*al:  ntart^eh  Jo.  12  v.  7.  'elastl^an  Apg. 
16  V.  15  qabbeltheh  Apg.  1  v.  9.  'eskatt^eh  ebd.  7  v.  21.  — 
rabbojatheh  Apg.  7  v.  21.  In  der  ersten  Person  natürlich  t,  wie 
in  idhaik^ön  Jo.  5  v.  42;   atitebHkhön  Jo.  13  v.  34. 

Wo  der  PeMtadialekt  die  Objektssuffixe  ohne  Bindevokal  an- 
hängt, lesen  die  Maqerjäne  und  namentlich  die  Philoxenianer  die 
andre  Bildung  mit  Bindevokal,  vgl.  Joum.  As.  XVI,  14,  Notes 
marginales  S.  11;  und  BH  erklärt  die  erste  Form  durch  die  zweite, 
z.  B.  'appoqeh  durch  *^ppeqiu(hi)  Jo.  6  v.  37,  dat^^rimüneh  durch 
„der  Grieche  dathrimtjLn&i(hi)*.  Diese  Art  Suffigirung  ergreift  sogar 
den  Infinitiv:  l©messebMu(hi)  de  Lagarde,  Analecta  154,25.  — 
Bei  beiden  werden  die  langem  Formen  eher  nach  einer  Schul- 
doctrin,  als  einem  lokalen  Sprachgebrauch,  zum  Theil  wohl  dess- 
halb  bevorzugt  sein,  weil  von  den  kurzem  manche  sich  äusserlich 
für  das  Auge  nicht  von  den  Perfektformen  unterscheiden. 

Da  malkau(lii)  =  hebr.  T^sbtJ  +  syr.  hl  ist,  also  =  (malkai 
+  hü)  +  hi,  so  wird  auch  teqt®liü(hi)  =  hebr.  «mbtapn  -|-  syr. 
hi  sein.  Aber  wie  hängt  mit  diesem  aus  betontem  i  entstandenen 
g  =  syr.  i,  bei  dem  man  schüchtern  an  das  arab.  Jussiv-1  im 
Reime  und  in  jamuddi  denkt,  der  Bindelaut  &i  des  syrischen  Im- 
perativs und  des  prohibitiven  (kälöja)  und  adhortativen  (mlabb^läna : 
BH  Grm.  1, 151,  5.  19)  Imperfects  zusammen?  nämlich  in  qo01äi(hi) 
und  tettel&i(hi)  BH  Grm.  1,  76,  19,  aus  (tett^lai  -f  hi)  -f  ht.  Sollte 
hier  nicht  jener  Bindelaut  i  an  jenes  alte  Adhortativ  auf  a  (vgl. 
Hebr.)  getreten  sein,  aus  welchem  Nöldeke  bereits  die  Imperative 
der  syrischen  Verba  "^"b  auf  ä  erklärt  hat? 


760  BMiographüche  Ataeigen. 

Zu  Jo.  7  y.  7  giebt  fiir  Schaafs  handscbriftenwidriges  l^mes- 
n^jäk^dn  BH  und  Bernsteins  Qarqläjä  das  allein  richtige  l^mes- 
n&k>^n.  Den  Fehler,  den  A.  T.  Ho£fmann  vermieden,  hat  Merx 
wieder  eingeführt. 

Zu  Apg.  22  V.  8  soll  der  Imper.  'estar^hb^  mit  ruhendem  h 
gesprochen  werden;  ebenso  wie  der  Imp.  'eStrag*i©rg^» :  (BH  Grm. 
1,  155,  24)  aber  natürlich  doch  mit  vorangehendem  hugg&jä  imd 
folgendem  rukkäk^a.  Denn  die  Schule  von  Örrhöi  befahl  auch 
im  Imp.  Et*Jpa*al  die  Aussprache  'et^paqd^,  während  die  von  §üb^ 
(==  Nesib^in)  'ethpaqqad*»  las;  allein  BH  weist  nach  (ebd.  154  oben), 
dass  die  alt«n  ostsyrischen  Hss.  den  westsyrischen  Recht  geben  '). 
Daher  sagt  er  zur  Apg.  27  v.  36,  es  sei  'etbbaija'(u)  zu  lesen: 
mt^annjänä'iti^  ccno(f  avuxcig  (vgl.  BH  Grm.  1,  128,  10),  weil  das 
zweite  a  auch  huggäjä- Vokal  vor  Alaf  consonans  sein  könnte,  für 
den  die  Nestorianer  e  schreiben  (ebd.  1, 129,  25),  und  weil  in  diesem 
Falle  also  die  Form  ein  Imp.  wäre. 

Von  nicht  geringem  Werthe  für  die  Lexikographie  und  Be- 
deutungslehre sind  im  Magazin  der  Geheinmisse  die  natürlich  nicht 
seltenen  Angaben  wann  P*al,  Pa*el,  Afel  oder  eins  ihrer  Derivate 
zu  lesen  sei.  Die  Nöthigung  hier,  sich  zu  entscheiden,  hat  die 
Maq^rjane  zu  Synonymikem  gemacht,  und  nichts  illustrirt  die 
Synonymik  mehr  als  die  Diflferenzen  zwischen  der  graziösen  P^'Sit^- 
Version  und  der  stockgelehrten  hölzernen  Harqlensischen. 

Ich  gebe  aus  BH  einige  Proben. 

s^hedh,  Zeuge  sein;  'ashedh  denom.  von  s4hdüt^ä  Zeugnissen, 
Zeuguiss  ablegen:  daher  nashed^^  =  neshadh  Jo.  1  v.  7.  Von 
beiden  stets  verschieden  ist  nsahhed^,  als  Zeugen  anrufen,  Sia- 
fiaQxtQMä-ai  Apg.  18  v.  5;  10  v.  42;  20  v.  21  u.  s.  w.  — 
kot^ab*»,  iyfjaipBP,   ak^^teb^,  ^vviyQaipeVj  d.  h.  denom.  Buch  machen: 

vgl.  'assa^^    =    copiren  =  ^u«io,  Ji*.     Dies   kommt,  meine  ich, 

von  'ansab,  Denominativ  von  «n0l5  (Buxtorf)  dem  arab.  xÄ.*«J, 
dessen  Femininendung  wie  so  oft  aus  dem  aram.  stai  emph.  ent- 
stand*).    Von  'assat  kommt  assa^ta  BA  1379;  Ass.  B.  O.  3, 1,  327 

1.)  Vgl    indessen  Nöldeke,  mand.  Gramm.  S.  229  Note  2. 

2 )  Ich  keime  freilich  im  Syr.  nur  die  Sclireibimg  |2fiDQi :  Wright,  CaUl. 

1,206b,  5  unt.  Itosen,  Cat.  Mus.  Br.  95  b,  BH  Grm.  2,9,2  unt.  Allein  diess 
beweist  nur  für  verschiedene  Zeit  der  Entlehnung  der  betreffenden  Noxnina  vom 
pers.  nu.sk ,  s.  de  Lagarde  Abhandlungen  196.  Da«  persische  k  und  g  muss 
nicht   bloss  im  Anlaut,    wie   heute  in  Farsistan,   wo  französische  und  englische 

Reisende  Khoh  =  Berg,  u.  dgl.  hörten,  stark  adspirirt  worden  sein;  vgl.  vJkXiiJ>, 
kanda;    arab.    hazzun  =  qaz,  Äj|^X>  zu  gan^,  gaza;    sondern  ebenso  im  Aas- 


laut, vgl.  mnsk  ==  uoaxoe,  pars^hä,  und  arab.  ^ymJ^  aus  m&s6gh&  BA  6771  s= 

mftsü:    Vullers  2, 1119  a.     Dieser  Plural   kommt  häufig  f&r  mbh  vor;    vgl.  J&qftt 
2,492,5.     Ihn   al-Atir  10,216   Note  2.     Ibn  Hisäm   ed.  Wüstenfeld   ^fA^  6  nnt 


ßibUograjJäsche  Anaeiffen.  761 

(nestorian.  für  'asslJ;^tä  ?).  Nun  ward  von  assa^ji  nach  falscher 
Etymologie  s^äl^ä  gebildet  nach  kth&b^ä,  und  s^äl^ä  bedeutet  wie- 
derum, ähnlich  wie  nusk,  auch  einen  Bibelabschnitt. 

Apg.  1  V.  6  änoTca&iaravug  ßaaikiiav  entweder:  mfanne 
a(n)t,  du  giebst  zurück  mit  eigner  Anstrengung,  wie  z.  B.  eine 
Antwort  BA  1291;  oder:  mafiae  a(n)t  du  dirigirst  zurück,  mittel- 
bar, mühloser  BA  1293,  vgl.  taqqen  und  'athqen  (oben).  — 

sebhar,  meinen;  'asbar  1)  denom.  von  sohMrüt^ä  Apg.  S.  4,  i 
Verdacht  hegen.  2)  glauben  machen,  simuliren  Jo.  16  v.  2  wo 
dolp  steht,  vgl.  de  Lagarde  Analect.  190,  28.  —  pot^ah,  die  Augen 
aufschlagen;  patta^  geblendete  mit  Anstrengung  ö&en;  glä  offen- 
baren, leicht  heraus;  galli  1)  entblössen,  mit  Anstrengung,  vgl. 
'ethgallai  BH  zu  Ps.  18,  i6  Böm.  10,  is  bei  Rhode.  2)  exiliren 
denom.  BH  1,  94,  5.  —  sk^^ar  1  Petr.  2,  v.  15  (pifiovVj  auch  sakkar, 
mehrfach.  —  db*>ar,  führen  voranschreitend;  dabbar  leiten,  aus  der 
Feme,  mittelbarer.  —  'eU^mli  erfüllt  werden,  auf  einmal ;  'etl»malli(ü) 
jaumät^eh,  einzeln  und  allmälig,  obgleich  natürlich  auch  mlai  leh 
änin  Apg.  7  v.  30  gesagt  werden  konnte ;  daher  mall!  ==  ergänzen. 
met*>happkhin  Apg.  4  v.  13  reflexiv,  verkehren  zum  Unterschiede 
von  met^hafkin  umgekehrt  werden.  —  'et*»nappas  men  *aM  sich 
den  Staub  abschütteln;  et^nfes  vom  Staube  gesagt,  abgeschüttelt 
werden BHGrm.  1, 154.  —  'et^paraq  men,  sich  trennen  von:  'et^preq 
erlöst  werden.  —  ^\sS,  'ei^'\ef  zurückkehren,   *attef,  'et^^'a^taf  sich 


o  ^ 


ein  Kleid,    vgl.  v^j^,    überziehen;    ähnlich  krakh  'et*»krekh  umher- 

gehen,  karakh,  'et^karakl»  sich  umwickeln.  'et*»beni  aufgebaut  wer- 
den von  benjäna  Bau;  'et^banni  moralisch  auferbaut  werden,  denom. 
von  benj^ä  d^naßan;  vgl.  rmä  werfen  zu  ranmii  verleumden  oft 
in  Sachau  s  Inedita,  Lucian,  vgl.  Hebr.  —  rmä  und  *armi  zuweilen 
in  denselben  Redensarten,  wie  rmä  id^ä  und  'arm!  td^ä,  letzteres 
denom.  von  rmäi  (oder  armäi  mit  prosthetischem  a)  id^ä.  Das 
Afel  ist  unsinnlicher,  mittelbarer,  z.  B.  Jo.  13  v.  2  ßeßktjxoTOg 
PSita :  rme  (h)wä  leh ;  der  Grieche :  'arm!  (h)wä  =  hatte  eingegeben. 
Auf  dem  Gebiete  der  Syntax  fiel  mir  auf,  dass  BH  zu  Jaq. 
5  V.  16  für  audi  mit  Accus.  ==  bekennen,  'audi  mit  Praep.  b  setzt: 
Ebenso  'ak^rez  b:  Galat.  5  v.  11,  vgl.  im  Arab.  jaqülu  bilma*ädi, 
er  behauptet  die  Auferstehung:  BH  in  Caspari-Müller's  arab.  Grm., 

U,  74,6  unt.  385,4.  411,9.  Ass.  B.  O.  3,1,444  b  Mitte.  Zu  musüh  ist  mish  der 
neu  gebildete  Singular,  ebenso  wie  zu  'anb&r  =  pers.  hambAr  der  sing,  nibr;  xu 

^   ;V  ^  =  pers.  tall^a   tar&ja ,  der  sing.  jütAÜr»  *  zu  Farädis  =  na^dSaiaoe, 

der  sing.  Firdaus,  nach  l^^aulun,  vgl.  ^imausun  =  hinnau^un  [das  ich  bei- 
läufig in  seinen  syr.  Formen  fiir  ein  das  Grunzen  ausmalendes  Schmeichelwort 
von  ^inzir ,  mit  Abkürzung  dos  Themas  in  ^n$  ■»  l^nz  halte.  In  neusyrischen 
Kosewörtern  sind  solche  Abkürzungen  sehr  häufig];  zu  arab.  afwäh  (aflLw\ja),  ent- 
lehnt aus  äthiop.  [und  südarab.?]  a&u,  Gewürze,  der  Singul.  ffth.  —  'afä'un  zu 
fau'atun  scheint  I>oppelgänger  des  Worts  zu  sein. 

Bd.  XXXU.  49 


762  Bibliographimike  Ameigtm. 

vgl.  Hebr.  a  nsn  von  etwas  reden  und  Ewald  Grm.  §  217  S.  562.  — 
nefaq  rü)^&  [transitiv,  vgl.  Sachaus  Inedita  Ifil,  i?]  »s  n^aq  b  rü^ 
gute  Gesinnung,  die  nicht  wahrnehmbar  schien,  äussern  ==  ent- 
schuldigen; mlä  bleb^  pel&n,  Jemandes  ausgelaufenen  Math  nach- 
fallen >=  labbeb^.  —  nesab^  b'app^,  die  Person  annehmen;  hW 
b'äqth&  statt  bla'  '^qt^si.  Es  ist  daher  allerdings  mit  dem  per- 
sischen ^amm  ^urd,  und  nicht,  wie  ich  in  GOtting.  geL  Anz.  1871 

S.  1231  that,  mit  v^  ;^JLj  zu  combiniren.     Wohl  'argeS  b,    nicht 

aber  kfar  b,  'nft  b^,  gehört  hierher. 

Zuletzt  noch  ein  paar  lexikalische  Notizen. 

1  Petr.  2,11  '&rse  =  na(}Oixoi,  eigentlich  «Eindringlinge*. 
Die  Wurzel    j^  möchte  ich  nicht  mit  de  Lagarde,   Semiüca  1878 

S.  21  mit  (jtoji  zusammenbringen.  Wahrend  ^i/  wie  (j^jt  nur 
begegnen,  sich  dem  Anblicke  darbieten,  heisst,  liegt  in  allen  mir 
vorliegenden  Beispielen  der  Wurzel  ^  die  Bedeutung  des  schreck- 
haften, feindlichen,  gewaltsamen,  plötzlichen,  unangenehmen  Zu- 
stossens:  '^cl'it^  =  adixat^  Sachaus  Ined.  Lucian  14, 1 6  ba^risüt^ä 
vniQ  dixijp  ebd.  60,  lo  'r^&h  da'n&na  vewovg  ä'XlWig  Analecta 
142,  2;  und  ^a§  'al  zustossen  von  einer  nagdoo^og  o^x^oaai^Sachau 

Ined.  10,10,  von  ^ju«  etc.  1  Petr.  5,9  u.  s.  w.,  so  dass  sie  dem 
hebr.  "^^9,  das  doch  mit  fjo^^  kaum  etwas  zu  thun  haben  kann, 
und  durch  dessen  Vermittiung  dem  jj^-c  zucken,  schwanken, 
zittern,  näher  steht. 

Zu  Jo.  4  V.  11  erkennt  BH  richtig  an,  dass  die  Wurzel  von 
daula  in  arabisch  dalwun  hervortritt.  Vgl.  mau^&  d^^eSkäre  BA 
5588;  nach  BB  =  arab.  mau§  und  (lasaf  Nachlesestoppeln  und  Nach- 
lesedatteln. Es  steht  statt  maSw&  von  mS&,  vgl.  BA  6788,  eigent- 
lich der  vernachlässigte  Abstrich.  mS&j&,  der  Infin.  =  v5'-«^«^j  ist 
das  Abstreichen  des  Maasses  nach  BH  zu  Arnos  8,  6,  w&hrend  ni^j& 

das  Abgestrichene,  der  Abfall  wohl   ^Ljc  ist.    Femer  arab.  qausun 

für  qaswun,  wie  Plur.  qusijun  zeigt.  Analog  sind  auch  die  Fslle 
wie  'aurem  dialektisch  für  'arira  xmd  dass  die  Pluralendung  ü  im 
Talmudischen  (Nöldeke,  Mand.  Grm.  24  n.  1)  xmd  im  Mehrt  vor 
den  letzten  Radikal  dringt:  sachbdr,  sefFiir  ZDMG  XXV,  203  f. 
In  kaddü  li  Jo.  14  v.  8  sehe  ich  jetzt  (unabhängig  von  Schaaf, 
Lex.  Concord.  259)  enthalten  das  hebr.  ■^n«.  Aus  diesem  ward  mit 
Vorwärtsziehung  des  Accents  kaddai,  unä  dabei  fiel  ai  ab,  vgl. 
kadl»  aus  "«ns,  6mmat(j)  zu  "»nio  •»«;  *Vd^  =  '^n'»«.  An  kädd  hängte 
sich  dann  \A  ==  grade,  eben,  aijTwg.  Im  Talmudischen  '•^*td  "»ktd 
(Levy's  Wörterbuch  11,  296  scheint  noch  die  Nisbaendung  äi  damit 
verschmolzen  zu  sein,  vgl.  D^KID,  Ixavol  S.  297).  — 


BibUograpkuehs  Angeigm,  7g3 

So  habe  icb  denn  die  Erstlingspublikationen  der  Herrn  Schwartz 
und  Klamroth  mit  grossem  Vergnügen  gelesen,  und  spreche  die 
Hoffnung  aus,  dass  es  ihnen  noch  fernerhin  gefallen  werde,  Schätze 
der  syrischen  Literatur  heben  und  die  Geheimnisse  ihrer  Sprache 
entschleiern  zu  helfen. 

KieL  Georg  Hoff  mann. 


Carl  Abdy    Koptische    ünterauchungen,     Berlin    ISlßJ!.     8. 

842  SS. 
Derselbe,     Zur  aegyptischen  Etymologie,     Berlin    1878.     8. 

17  SS. 

Die  letzten  Jahre  sind  f&r  das  Studium  des  Koptischen 
bedeutungsvoll  gewesen.  Vor  allem  durch  Bevillouts  geniale 
Forschungen  hat  sich  uns  unerwartet  ein  Einblick  in  den  wunder- 
baren Mönchsstaat  des  mittelalterlichen  Aegyptens  geöffiiet  und  in 
die  religiösen  und  mystischen  Strömungen,  die  ihn  bewegten.  Erst 
jetzt  erkennen  wir  ganz,  welche  Schätze  die  koptischen  Hand- 
schriften unserer  Bibliotheken  und  die  Papyrusurkunden  unserer 
Museen  bewahren.  Jemehr  wir  deshalb  hoffen  dürfen,  dass  das 
Interesse  an  der  jüngsten  Epoche  ägyptischer  Oultur  auch  bei  uns 
ein  allgemeineres  wird,  um  so  freudiger  müssen  wir  auch  jede  Arbeit 
begrüssen,  die  wie  die  vorliegenden  „Koptischen  Untersuchungen* 
unsere  noch  immer  so  geringe  Kenntniss  der  koptischen  Sprache 
zu  vermehren  unternimmt.  Dazu  kommt,  dass  dieses  Buch  für 
den  Grammatiker  noch  ein  besonderes  Interesse  hat:  es  soll  eine 
neue  Art  sprachwissenschaftlicher  Studien,  die  „semasiologischen 
Forschungen*^  in  die  Wissenschaft  einführen.  Was  sich  von  dem 
Geiste  des  Volkes  aus  der.  Grammatik  erkennen  lässt,  sagt  der 
Verf.,  sind  nur  die  einfachsten  Denkgesetze.  Voll  offenbart  sich 
dagegen  die  ganze  Gedankenwelt  des  Volkes  in  seinem  Wort- 
schatze. Wenn  ich  alle  die  verschiedenen  Worte,  die  die  Deutschen 
für  Tugend  und  Bechtschaffenheit  besitzen,  zusammenstelle,  an 
einander  abwäge  und  gegenseitig  ihre  Begriffsweite  begrenze,  wenn 
ich  die  Modificationen  betrachte,  die  der  Begriff  eines  jeden  im 
Laufe  der  Zeiten  erlitten  hat,  so  erkenne  ich  daraus,  wie  unser 
Volk  die  Tugend  auffasst.  —  Gewiss  eine  interessante  Unter- 
suchung, der  jeder  mit  Theilnahme  folgen  wird,  auch  wenn  er  im 
übrigen  die  ihr  zu  Grunde  liegenden  sprachwissenschaftlichen  An- 
schauungen des  Verf.  nicht  zu  theilen  vermag.  Aber  ob  die  Wahl 
Abels  eine  glückliche  war,  als  er  ztun  Gegenstande  der  semasio- 
logischen  Untersuchung  sich  das  Koptische  erwählte,  darüber  bleiben, 
auch  nach  der  eigenen  Rechtfertigung  des  Verf.  in  der  Einleitung, 
noch  Zweifel  gestattet  Ich  glaube,  jede  der  modernen  romanischen 
oder  germanischen  Sprachen  hätte  mit  ihrem  voll  und  genau  be- 
kannten Wortschatz,  mit  ihrer   gründlich   erforschten  Geschichte, 

49» 


764  BibUographiaehe  Anseigen. 

mit  ihren  trefflichen  grammatischen  Vorarbeiten    sich   besser  zum 
Versuchsfeld  geeignet  als  das  Koptische^  ganz  davon  zu  gesebweigen, 
dass   bei  jeder  lebenden  Sprache   die   sonst  unvenxieidlicben   Irr- 
thümer   in    der   Bestimmung   des   Begrifiisinhalts    der    Worte    fort- 
fallen.    Ja  ich  möchte  sogar  sagen,    dass  sich  kaum  eine  weniger 
passende  Wahl  treffen  Hess  als  diese.     Wir  kennen   das  Koptische 
nur  aus  der  Bibelübersetzung  und  der  fast  ausschliesslich  religiösen 
und  martyrologischen  Mönchsliteratur  —  einige  medicinische  Recepte, 
eine  Anzahl  Urkunden  und  Briefe  sind  alles,  woraus  wir  die  Sprache 
von  ihrer  rein  weltlichen  Seite  sehen.     Wie  sehr  eine  Untersuchung, 
die   doch   gerade   die   volle  Eenntniss  des  Wortschatzes    in    allen 
seinen  Anwendungen  voraussetzt,  imter  diesem  Mangel  leiden  muss, 
liegt   auf  der  Hand.     Aber   vielleicht   liesse  sich  auch   dieses  ver- 
schmerzen, wäre  dafür  das  Koptische  und  seine  Alteren  und  Sltesten 
Formen,  bis   zum  Altägyptischen  des  dritten  Jahrtausends    hinauf^ 
genau  bekannt  und  erforscht.     Aber   gerade  das  Cregentheil  ist  ja 
leider   der  Fall.     Keine   der  semitischen  Sprachen  ist  in  Formen- 
lehre  imd  Syntax   so   unvollkommen  bekannt  wie    das    Koptische, 
und    dass    wir   trotz    aller    ,,hierogl3^hischen   Gh:unimatiken*    vom 
Aegyptischen  und   seiner  Grammatik  noch  nicht  viel  mehr  wissen, 
als  ein  Quintaner  vom  Latein,  ist  ja  kein  Geheimniss.     Und  doch 
ist  es  gerade  dieses,   was   den  Vf.   zur  Wahl  des  Koptischen  ent- 
schieden hat,  da  er  es  hier  am  ehesten  zu  zeigen  hoffte,  wie  ^die 
Sprachwissenschaft  im  weiteren  psychologischen  Sinne  auf  die  heiden 
speciell  grammatischen  Schwesterzweige  zurückzugehen  hat,  wo  die 
letzteren  zum  Zweck  der  ersteren  erst  geschaffen  zu  werden  haben*! 
Auf  die  eigentlichen   semasiologischen  Untersuchungen    nSher 
einzugehen  scheint  hier  nicht  der  Ort;  es  wäre  dies  ohne  eine  aus- 
führliche  Erörterung    der    einzelnen   Punkte   nicht   m^lich.       Mit 
grossem  Scharfsinn  und  Fleiss  hat  es  der  Vf.  verstanden,  die  Be- 
deutungsnüancen  der  besprochenen  Worte  innerhalb  der  koptischen 
Literatur  festzustellen  und  künftige  Lexikographen  werden  ihm  für 
diese    werthvollen  Untersuchungen   Dank    wissen,    auch    wenn   sie 
vielleicht  hier  und  da  seine  Scheidungen  etwas  subtil  finden  sollten. 
Ob  es  mm  auch  berechtigt  ist,    aus   den  gefundenen  Nuancen  der 
Bedeutungen  auf  entsprechende  Unterschiede  in  den  Anschauungen 
des  Volkes  zu  schliessen,  ob  beispielsweise  aus  den  das  Wahre  be- 
zeichnenden Worten  sich  wirklich  ein  beträchtlicher  Culturonterschied 
zwischen  Ober-  und  Unterägypten  ergiebt,  wie  der  Vf.  dies   meint 
—  lasse  ich  dahingestellt.      Aber  wo  die  Untersuchungen  des  Vf. 
über   das   engste  Gebiet  der  Bedeutungsbestimmung   hinausgehen, 
wo  Etymologie   imd  Formenlehre   ins  Spiel  konmien,    da  hat  sich 
leider  die  Wahl  des  Koptischen  fast  stets  schlimm  gerächt.    Durch 
die  kühnsten  Zurückführungen  koptischer  Wörter  auf  altägyptische 
oder  demotische,  die  der  Vf.  mit  ihren  doch  oft  noch  sehr  zweifel- 
haften Bedeutungen  aus  dem  Brugsch'schen  Wörterbuch  entnonunen 
hat,   wird  die  Grundbedeutung  des  zu  untersuchenden  Wortes  ge- 


BäfUograpkitehe  Aruieigen,  765 

Wonnen.  So  gebt  ihm  denn  Jute,  aihi  „wahr*^  zunächst  zwar  auf 
die  Wurzel  yn  zarück,  diese  aber  dann  auf  Ma  „Stock";  oyikk 
^rein*^  nicht  nur  auf  ^,  sondern  auch  auf  p!3  «Morgen"  und  ähn- 
liches mehr.  So  ist  schon  oft  von  vornherein  die  ganze  Unter- 
suchung der  Bedeutungsentwicklung  verficht. 

Nicht  minder  wichtig  wie  die  Kenntniss  der  älteren  Bedeutung 
des  Wortes  musste  fiir  die  semasiologischen  Forschungen  das 
genaue  Verständniss  seiner  Form  sein,  und  in  der  That  hat  der 
Vf.  hierauf  das  grösste  Gewicht  gelegt.  Aber  auch  noch  hier  war 
fast  alles  zu  thun  übrig,  und  auch  hier  zeigt  es  sich  wieder,  wie 
misslich  es  ist,  koptische  Formen  ohne  Kenntniss  der  älteren  er* 
klären  zu  wollen.  Wie  grossen  Fleiss  auch  der  Vf.  angewandt 
hat,  die  analogen  Bildungen  zusanunenzustellen ,  schon  jetzt  kann 
es  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  viele  dieser  Erklärungen  irrig  sind. 
Nehmen  wir  z.  B.  die  Erörterung  über  die  Passivbildungen,  deren 
Abel  nicht  weniger  als  sieben  zählt.  Wirklich  existiren  von  diesen 
Passiven  eigentlich  nur  das  erste ,  das  durch  crfT  —  oy  oder  cit 
gebildet  ist,  sowie  das  zweite  mit  innerem  h  bei  Bilitteralstämmen, 
mit  innerem  o  bei  Trilitteralen.  Die  letzteren  Formen  sind  frei- 
lich auch  nur  bei  transitiven  Verben  hierherzurechnen,  ob  die  ähn- 
lichen Formen  der  Intransitiva ,  die  eine  ganz  eigene  Bedeutung 
haben,  überhaupt  hierher  gehören,  wäre  noch  zu  untersuchen. 
Die  Passivbildung  mit  innerem  «w  ist  nur  eine  Abart  der  mit 
innerem  o,  durch  die  Einwirkung  eines  folgenden  2.  bewirkt  z.  B. 
^in^c  —  ^^£C;  ^oi^ejut  —  ^«^^caI;  no^^jut  —  n«^^jut;  alles  was 
Abel  sonst  als  Beleg  för  ihre  Existenz  anfuhrt  —  sogar  110^0111 
„erschrecken*,  nA.u|iiHpi  „Vogelscheuche*  soll  eine  solche  Passiv- 
form sein  —  gehört  gar  nicht  hierher.  Völlig  monströs  sind  die 
Belege  für  die  Passiva  mit  innerem  in;  was  der  Vf.  übrigens 
als  „Intensivformen*  bezeichnet,  gehört  meist  zu  den  eigenthüm- 
lichen  „Dauerformen*  der  Intransitiva,  die  im  allgemeinen  das 
Andauern  einer  Handlung  im  Gegensatz  zu  ihrem  Eintritt  be- 
zeichnen. Wenn  nun  bei  derartigen  Untersuchungen  es  schliesslich 
sich  findet,  dass  %x^t  ursprünglich  nicht  „gerechtfertigt*  bedeutet, 
sondern  „einer  der  gerechtfertigt  werden  wird*,  „der  Aussicht  hat 
gerecht  zu  werden*,  und  daraus  auf  den  ernsten  Sinn  der  Aegypter 
geschlossen  wird,  so  fällt  es  doch  zu  sehr  in  die  Augen,  auf  wie 
thönemen  Füssen  die  semasiologischen  Untersuchungen  im  Koptischen 
stehen.  Ein  weiterer  Excurs  behandelt  die  Verbalformen  auf  c, 
wie  T«.Ac  von  t«.Ao,  und  die  ähnlichen  Formen,  die  vor  dem 
unvermittelt  folgenden  Object  gebraucht  werden.  Was  über  ihre 
Entstehung  sowie  über  die  der  Causativbildungen  gesagt  wird, 
wird  auch  durch  die  langen  Listen  *)  der  angeblichen  Suffixbildungen 


1)  Diese  Listen  grammatischer  Formen  sind  an  und  für  sich  höchst  dankens- 
werth;    nur    sind    sie   leider  ofl   angesichtete    Zusammenstellungen    aus   Peyron, 

sogar  die  angeheuerliche  Reduplication  oq^reiqT  (bei  Zoega  steht  e^T  CI&'X 
„einen  Nagel  eiiuchlagen")  wird  zweimal  angeführt 


766  Bibiioffra]^i$Gke  JUumiffetL 

schwerlich   einleuchtender  werden.     Vollends   wo    nun    gar   hiero- 
glyphische oder  demotische  Formen  herangezogen  werden,  beginnen 
die  wildesten  Speculationen.     Da  erfahren  wir,  dass  die  Mehrzahl 
der  Wurzeln  anfangs   wahrscheinlich   nur   mit  unfixirten    dumpfen 
Lauten   versehen   gewesen  ist,   dass    «den  Umstftnden   des  Augen- 
blickes gemäss  ihr  ein  sie  erläuternder  vokalischer  Q^fühlsausbruch" 
folgte,   dass   dieser  dann  in  späterer  Zeit  in  den  Stamm  getreten 
ist    und    ihn    vokalisirt    hat   —   und   was   dieser    unerquicklichen 
Phantasien  mehr  sind.     Ich  glaube,  es  ist  genug  an  diesen  Proben 
der  Formenlehre  des  Vf.,  die  übrigens  vielleicht  noch  nicht  einm^ 
die  ärgsten  sind. 

Zum  Glück  behandelt  AbeFs  Buch  auch   andere    Seiten    der 
Sprache,    zu   deren   richtiger  Beurtheilung  es  nicht  der  Kenntniss 
älterer  Sprachperioden  bedurfte,    und   da   zeigt   sich  denn  der  Vf. 
als  einen  ebenso  feinen  als  genauen  Beobachter.     Durch  das  ganze 
Werk  sind  einzelne  interessante  Bemerkungen  zur  Syntax  zerstreut, 
und  grössere  Untersuchungen,  vor  allem  die  über  den  Unterschied 
im    Gebrauche   von   -»jut^^ie   und   ^Jut«^io,   *r«^Ae   und   *r«^Ao  sind 
musterhaft.     Nur  wäre  die  Frage  wohl  richtiger  so  zu  stellen  ge- 
wesen: was  ist  der  Bedeutungsunterschied  zwischen  der  unmittel- 
baren Anknüpfung  des  Objects  und  der  Anknüpfung  mittelst  Prä- 
position.    Denn  nicht  in  ^«^Ae  und  ^«^Ao,  nicht  in  cwr  und  ccr 
liegt  ein  verschiedener  Sinn,  sondern  in  der  directen  oder  indirecten 
Construction   des  Verbums,   und   es  ist  nur   eine   zuMüg   hinzu- 
kommende  Erscheinung,   dass   im   ersteren  Falle   durch    die  Ver- 
rückung   der    Betonung    das   Vezbum    eine    lautliche   Verkürzung 
erleidet.     Hier  auf  syntactischem  Gebiet  liegt  die  Begabung  Abels 
und   es   wäre    zu   wünschen,    dass  er  sich  ganz  diesem  dankbaren 
Felde  zuwende.     Leider  scheint  dazu  wenig  Aussicht,  seine  neueste 
Schrift   bewegt   sich  vielmehr  ganz  auf  dem  Gebiet,   das  ihm  das 
verhängnissvollste   ist,    auf  dem   der  Etymologie.     Was    er  hierin 
in  den  betreffenden  Theilen  der  „Koptischen  Untersuchungen*  und 
in  der  erwähnten  Brochüre  vorbringt  ist  derart,  dass  es  eine  ernst- 
hafte Besprechung    nicht    verlohnt     Die   angeblichen  Lautgesetze, 
der  polarische  Bedeutungswechsel  mit  oder  ohne  gleichzeitige  Meta- 
these  der  Wurzelconsonanten  und  ähnliches  mehr  erinnern  an  die 
schlimmsten  Leistungen  früherer  Jahrhunderte  auf  diesem  Gebiete. 

Berlin. 

Adolf  Erman. 


767 


Ueber  die  Frage  dos  Metrums  and  des  Reimes  in  der 

Inschrift  yon  Carpentras 

(vgl.  oben  S.  187) 

habe  ich  auf  der  Generalversammlnng  der  D.  M.  6.  in  Gera  am 
2.  Oct.  d.  J.  einen  Vortrag  gehalten  und  zwar  verbunden  mit 
Untersuchungen  über  die  verschiedenen  Grundprincipien  der  Metrik 
im  Arabischen,  Hebräischen  und  Aramäischen.  Ich  berücksichtigte 
dabei  die  sachlichen  Einwendungen  des  Hm.  Lagarde  (in  den  Gott. 
Nachrichten  Nr.  10  d.  J.),  während  ich  selbstverständlich  das 
Nichtsachliche ,  was  er  nach  seiner  Weise  einmischt ,  bei  Seite 
Hess.  Mein  Vortrag  wird,  wie  dies  herkömmlich  ist,  erst  im 
nächsten  Jahrgange  der  Zeitschrift  erscheinen.  Ueber  Einen 
Punkt  nur  seien  mir  schon  hier  einige  Bemerkungen  gestattet.  — 
Von  der  Inschrift  lagen  die  zwei  Copien  von  Barth^lemy  und 
Lanci  vor.  Die  Zuverlässigkeit  beider  Männer  ist  bekannt. 
Ueberdies  hatte  Gesenius  zwei  Abzeichnungen  eines  in  Paris 
aufbewahrten  Gypsabdruckes  der  Inschrift  vor  sich  (monum.  p. 
228).  Unter  diesen  Umständen  durfte  man  voraussetzen,  bei 
dem  Erklärungsversuch  nicht  durch  einen  ganz  unsichem  Text 
irregeleitet  zu  werden.  Dennoch  hatte  ich  in  Betreff  einiger 
Minutien  eine  Vergleichung  des  Originals  als  wünschenswerth  be- 
zeichnet (s.  oben  S.  193).  Hierdurch  veranlasst  hatte  Hr.  Prof. 
Bruston  in  Montauban  die  Güte,  mir  die  Notizen  zur  Verfügung 
zu  stellen,  die  er  sich  3  Jahre  vorher  bei  einer  CoUation  des 
Originals  gemacht  hatte.  Hr.  J.  Derenbourg,  an  den  ich  mich  zu- 
gleich wandte,  hatte  den  von  Gesenius  erwähnten  Gypsabdruck 
nicht  auffinden  können,  schrieb  mir  aber,  dass  er  unlängst  eine 
vorzügliche  Photographie  benutzt,  die  er  augenblicklich  nicht  zur 
Hand  habe,  und  veranlasste  deren  Besitzer,  Hm.  Clermont-Ganneau, 
dass  er  dieselbe  mit  sehr  dankenswerther  Bereitwilligkeit  mir  zur 
Benutzung  übersandte,  so  dass  ich  sie  in  Gera  den  Fachgenossen 
vorlegen  konnte.  Alle  diese  CoUationen  haben  keine  Modification 
meiner  Auffassung  der  Inschrift,  ihres  durch  die  Sprache  Kanaans 
stark  beeinflussten  Dialektes  (s.  oben  197)  und  ihrer  dichterischen 
Form  nöthig  gemacht.  Freilich  zeigt  die  Photographie  hinter  yy} 
ri'^Dn    nur  eine   starke  Beschädigung   des   Steines.      Hr.   Bruston 


768 

hatte  sich  angemerkt,  dass  nach  dem  Eindrack.  den  das  Original 
mache,  das  Ganze  mit  jenen  Worten  zu  schliessen  scheine.  Aber 
das  ist  dem  Sinne  nach  schlechterdings  nicht  möglich.  Lanci's 
Zuverlässigkeit  hat  sich  schon  in  einem  früheren  Falle  der  Skepsis 
gegenüber  bewahrt  (vgl.  Ztschr.  XVm  633,  XXIV  232  f.).  Dass 
er  wirklich,  wie  er  ausdrücklich  versichert,  ganz  ohne  Rücksicht 
auf  seine  Deutung  der  Worte,  die  noch  schwach  erkennbaren 
Spuren  der  letzten  Buchstaben  mit  der  scrupulösesten  Genauigkeit 
festgestellt  hat  (s.  seine  von  Ges.  citirte  Schrift  p.  16.  43),  das 
ist  gegenüber  jedem  etwaigen  Verdacht  besonders  auch  dadurch 
zweifellos,  dass  er  selber  den  einfachen  Sinn  der  betreffenden  Worte 
völlig  missverstanden  hat,  wie  das  schon  der  scharfsinnige  Beer 
als  sicheres  Kriterien  der  graphischen  Richtigkeit  hervorhob.  Lanei 
fand  die  Inschrift  in  einer  fJBuchteu  Wand  eingemauert:  sie  scheint 
eben  seitdem  nicht  unbedeutend  gelitten  zu  haben.  Sollte  er  da- 
her in  der  That  hinsichtlich  jener  letzten  Buchstaben  unser  einziger 
Gewährsmann  bleiben,  so  wird  doch  Gesenius  Recht  behalten, 
wenn  er  sagt:  Lancius  litterarum  octo  vestigia  animadvertit  et 
satis  feliciter  supplevit. 

Schlottmann. 


Zar  Nachricht 

Der  S.  584  dieses  Bandes  von  Hm.  Prof.  Kuhn  geäusserte 
Wunsch,  über  den  Verbleib  der  von  Hm.  G.-C.  Dr.  Blau  ZDMG 
Vn,  400  ff.  besprochenen  HS.  unterrichtet  zu  werden,  veranlasst 
die  Unterzeichnete  zu  dem  Hinweis,  dass  gedachte  HS.  mit  der 
von  Hm.  Blau  der  Gesellschaft  geschenkten  und  Bd.  XVIII  S.  394 
sub  No.  301  verzeichneten  identisch  ist 

Halle.  Bibliothek   der  D.  M.  G. 


769 


Namenregister  0. 


*Abel                            763 

Aufrecht 573.  575.  734 

Dcocko 271 

Erman 766 

Fleischer 225 

Fraukl 221 

Gabelentz  (v.  d.)  ....      153.  601 

♦Gauticr  222 

Goldschmidt  99 

Goldzihor 341 

Graoter 665 

*Guieys.so 595 

Haldvy 167.  206.  395 

Ilimly                                            397.  399 

Hoflfmann  (O.)       ....      736.  763 

Holtzmann    . 290 

Hommel  ......      177.  708 

Jacobi 509 

♦Kaufinann  . 213 

*Klamroth    . 738 

*Kosut 597 

Kuhn  (E.) 584 

*Ijagarde  (de) 401 

Leblois    .     .     ! 597 


*Leftbure 595 

Loth 581 

Mordtmann  (A.  D.) 724 

Mordtmann  (J.  H.)   .     .  200.  203.  552 

Müller  CA.) 388.  737 

Müller  (D.  H.>      .     .     *203.  542.  585 

Nestle 465.  735.  *736 

Nöldeke  ....  199.  410.  570.  595 

PhiUppi 21 

Redslob  (G.) 733 

Reinisch        415 

Schindler 535 

Schlottmann 187.  767 

*Schwartz 738 

Spiegel 716 

Sprenger 1 

Steinschneider       ....      392.  728 

♦Strauss  (v.) 153 

Thorbecke 223.  600 

Weber 212.  414 

•Wellhausen 586 

Wiedemann  (A.) 113 

Wiedemann  (E.) 675 

Wolflf  (M.) 694 


Sachregister. 


Aitareyäranyaka,  über  eine  Stelle 

des 573 

Ammudates-Elagabalus   .     .     .     .  733 

ana 90 

Apollo,  der  semitische    .     .     .     .  552 
Arabbche     Aerzte     und      deren 

Schriften 728 

a^er,  ursprüngliches  Substantiv  etc.  708 

Berichtigungen.     .     .  ^vor)  1.  414.  600 


Bibliotheca  Indica  (angoz.)     .     .  411 
Chemie  der  Araber,  zur     .     .     .  575 
Chinesischen  Grammatiken,  Bei- 
trag  zur  Geschichte  der,   etc.  601 
^bhana    stutayas    des    ^bhana 

muni,  die 509 

Druckfehlergcschichte.  eine  106 
Egyptischen  Dynastie,  Geschichte 

der  XVm 113 


1)  Die  mit  *  Bezeichneten  sind  nicht  Verfasser. 


49 


770 


SachregiBter. 


Emunot  we-Deot,   Bemerkungen 

sum  WortUute  der  ....  694 
Epigraphik,  zur  semitischen  ..  .  187 
Hin^juucher  Fund,  ein  neuer  200 

Ibn  ul-6eBsar*s  Adminiculum  728 

Indra  nach  den  Vorstellungen  des 

Mahftbhftrata 290 

Inschrift    (ägyptisch  -  aramäische) 

von  Carpentras 206 

—    — ,   Metrum    und   Beim    in 

der 187.  767 

Inschriften,   christlich-palästliien- 

sische 199 

Inscriptions  du  Safa,  le  ddchiffire- 

ment  des 167 

Jakoh  von  Edessa  üher  den  Sehern 
hammephorasch  u.  a.  Gottes- 
namen       465.  735 

Kijftnier  im  AwestA       ....     570 
kart  kert  gird,  über  die  Endung, 

in  Stidtenamon 724 

Keilschrift,    Ursprung    der    alt- 

I>ersbchen 271 

kiUm  r=:  klam 107 

Kurgvolkes,  die  Lieder  des    .     .     665 
Mfinze  von  der  malaiischen  Halb- 
insel      899 


Mythologische  Miscellen      .     .  552 

Nunation  und  Mimation      .     .     .  542 

Pandit,  the  (angez.)       ....  208 

parinta 110 

Polemik,  muhammedanische,gegen 

Ahl  al-kit&b 341 

Polemischen  Literatur,  zur      388.  737 

Prakrtica 99 

Rückerts  Grammatik,  Poetik  und 

Khetorik  der  Perser,  zu      .     .  225 

Sahosprache 415 

Schi-king-Uobersetzung ,    Proben 

aus  einer 153 

Schulßicher   und   Scholastik    der 

Muslime 1 

Ssemnanischen    Dialect,    Beriebt 

über  den 535 

Sumerischen      Forschung ,        die 

neueren  Resultate  der  177 

sumir  =  smar 107 

Tabari -Handschrift,  über  eine  581 

futmes  III 113 

vahutta 104 

Varena 716 

vimbhi  =»  vismi 109 

Zwei,    das   Zahlwort,    im    Semi- 
tischen        21 


Erklärung. 

In  Bezug  auf  die  dem  letzten  Hefte  der  ZDMG  beigelegte 
MittheUvmj  des  Hrn.  Prof.  Chwolson,  deren  Inhalt  gegen  meine 
ausführliche  Auseinandersetzung  im  CutÄlog  der  hiesigen  hebr. 
Handschriften,  und  namentlich  in  den  „Altjüdischen  Denkmälern 
aus  der  Krim**  (Memoires  der  hiesigen  Akademie  der  Wissen- 
schaften) gerichtet  ist  —  sehe  ich  mich  zu  erklären  veranlasst, 
dass ,  obwohl  ich  schon  jetzt  im  Stande  bin  nachzuweisen ,  dass 
die  Folgerungen,  die  Chwolson  aus  seinen  angeblich  neuen  Fluiden 
ziehen  will,  nicht  stichhaltig,  ja  unmöglich  sind,  ich  dennoch 
warten  will,  bis  die  neuaufgefiindenen  Grabsteine  nach  Petersburg 
kommen  und  mir  zugänglich  sein  werden. 

St.  Petersburg  1.  Nov.  1878. 

Dr.  Albert  Harkavy. 


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